Probleme empirischer Sozialforschung & Überblick Variablen und Hypothesen Quantitative Methoden...

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Probleme empirischer Sozialforschung & Überblick Variablen und Hypothesen Quantitative Methoden (Methoden I) Dr. Regina Dittrich Lisa Gärber, Phillip Nell, Oliver Csendes 24.10.2005

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Probleme empirischer Sozialforschung& Überblick Variablen und Hypothesen

Quantitative Methoden(Methoden I)Dr. Regina Dittrich

Lisa Gärber, Phillip Nell, Oliver Csendes24.10.2005

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Die empirische Sozialforschung „kämpft“ mit drei Problembereichen

Probleme der Wahrnehmung

Probleme der Hypothesenprüfung

Probleme des Werturteils

Überblick: Variablen und Hypothesen

1

2

3

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Kap. II

Kap. IV

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Probleme der Wahrnehmung (1)

1

• Wahrnehmung ist ein Konstrukt

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Probleme der Wahrnehmung (2)

1

• Wahrnehmung basiert auf Hypothesen

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Probleme der Wahrnehmung (3)

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• Wahrnehmung lebt vom Kontext

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Unsere Wahrnehmungen gestalten die „Realität“… und führen uns oft in die falsche Richtung

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Vier Bereiche von Wahrnehmungsproblemen

Probleme der Wahrnehmung

Erwartungsabhängige Beobachtung

• Alltagsbeobachtungen werden beeinflusst– Vorurteile und Erwartungshaltungen

Soziale Wertschätzung– Normen und Konformitätsdruck (z.B.

in Gruppen). Beispiel: Experiment von Asch

Selektive Wahrnehmung

• Dreifacher Selektionsprozess • Methode zur „Dissonanz-Reduktion“• Bestätigungs-Bias sowie self-fulfilling

prophecy• Beispiel: Experiment Autokauf

Deduktionsfehler

• Intuitives Denken unterliegt häufig irrtümlich Schlussfolgerungen… v.a. bei Wahrscheinlichkeiten

• Beispiel: AIDS-Test

Pseudo-Regelmäßigkeiten

• Der Mensch neigt dazu, Regelmäßigkeiten zu suchen und zu finden

• Starker Drang zur Verteidigung der (falschen) Regelmäßigkeiten

• Beispiel: Experiment vielarmigerBandit

A B

C D

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Menschen versuchen stets Regelmäßigkeiten zu suchen und zu finden…

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Beispiel Zahlenreihen:• 1,1,2,3,5,8,13• 3,12,35,36,44,48

Beispiel Vielarmiger Bandit: Das Experiment von Wright und Bavelas.• Die Unterstellung: Eine bestimmte Druck-Kombination der Knöpfe ergibt „Treffer“• Der Versuchdurchgang: 325maliger Tastendruck• Die Versuchsanordnung:

– Tastendruck 0 bis 250: zufällige Treffer– Tastendruck 251 bis 300: kein Treffer– Tastendruck 301 bis 325: Jeder Druck ein Treffer

Versuchspersonen entwickeln Theorie über erfolgreiche Druck-Kombinationen… und lassen sich fast durch nichts mehr davon abbringen

A Pseudo-Regelmäßigkeiten

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… und erkennen Dinge auch früh und „fehlerlos“

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„Erkennen“ von Dingen als vorschnelles Urteil

Irving Biederman: Das Prinzip des komponentenbasierten Erkennens.

B Erwartungsabhängige Beobachtung

„(Re-)Konstruieren“ von Dingen gemäß der Erwartungshaltung

General Jaruzelski mit seiner berühmten Sonnenbrille

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Beispiel-Video

1 B Erwartungsabhängige Beobachtung

invading.wmv

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Konformitätsdruck und Normen führen ebenfalls zu Fehlentscheidungen

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Beispiel: Das Experiment von Asch

B Erwartungsabhängige Beobachtung

• Unter der Bedingung, dass alle Helfer Fehlurteile abgaben, haben nur 13 von 50 Versuchspersonen ein richtiges Urteil abgegeben

• In der Kontrollgruppe war die Fehlerrate minimal (35 von 37 Personen)

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Selektive Wahrnehmung ist allgegenwärtig

1 C Selektive Wahrnehmung

Warum wird selektiert?

Wie wird selektiert?

• Im Alltagsleben hohe Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung unserer Handlungsfähigkeit

• Da unsere Aufmerksamkeit ein knappes Gut ist, beschränken wir uns auf Themen, die uns hier und jetzt beschäftigen und auf Sichtweisen, die uns unsere Situation nahe legt

• Theoretischer Erklärungsansatz: Kognitive Dissonanz

• Stichprobenselektion: Beobachtungsobjekte werden ausgewählt• Wahrnehmungsselektion: nur bestimmte Aspekte werden

wahrgenommen• Erinnerungsselektion: man erinnert sich nur an bestimmte Teile

Konsequenz? • Bestätigungsbias (Bsp. Autokauf)• Self-fulfilling Prophecy (Bsp. Richter-Urteile)

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Der Begriff der kognitiven Dissonanz enstammt der Psychologie

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Kognitive Dissonanz

Begriff der psychologischen Theorie über die Verarbeitung relevanter Informationen nach einer Entscheidung. Die Theorie geht von dem Sachverhalt aus, daß gelegentlich Informationen ausgewählt werden, die eine getroffene Entscheidung als richtig erscheinen lassen, während gegenteilige Informationen abgewehrt oder nicht beachtet werden. Dissonanz heißt sowohl die Nichtübereinstimmung bzw. Unvereinbarkeit zwischen verschiedenen Wahrnehmungen, Meinungen oder Verhaltensweisen als auch die daraus abgeleitete Spannung (z.B. ein Unlustgefühl). Gemäß der Theorie der kognitiven Dissonanz besteht im Individuum eine starke Tendenz (eine Motivation), nicht miteinander übereinstimmende kognitive Elemente zu vermeiden, das heißt, die erlebte kognitive Dissonanz zu reduzieren.

Quelle: http://www.medpsych.uni-freiburg.de/OL/glossar/body_kognitive_dissonanz.html

C Selektive Wahrnehmung

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Beispiel

1 D Deduktionsfehler

Der Erdbeer-Großhändler

• Ein Erdbeerhändler kauft 300 t Erdbeeren

• Die Erdbeeren bestehen zu 99% aus Wasser

• Er lagert die Erdbeeren ein, weil er sie nicht sofort weiterverkaufen kann

• Nach 3 Wochen, misst der, dass der Wassergehalt nur noch 98% ist – Wasser ist also während der Lagerung verdunstet

• Wieviel t Erdbeeren kann er noch verkaufen ?

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Wahrscheinlichkeitsrechnung „nach Gefühl“ ist nicht unbedingt eine menschliche Stärke

1 D Deduktionsfehler

Beispiel: Die Falsch-Negativ-Fehlerquote bei einem AIDS Test

• Der AIDS-Test zeigt mit 100% Sicherheit „positiv“ an, wenn jemand AIDS hat… hat jedoch eine 1%ige Falsch-Positiv-Fehlerquote. D.h. wenn jemand kein AIDS hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit 99%, dass der Test „negativ“ anzeigt

• In der Gesellschaft von 1.000.000 Personen sind 1.000 tatsächlich krank.• Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Nichterkrankung, wenn man ein „positiv“

bekommt?

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In jeder Phase einer Untersuchung lauern Probleme, die die Hypothesenüberprüfung erschweren (1)

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Beispiel: Einfluss von Gewaltszenen auf das Verhalten von Jugendlichen

Phase: Selektion der Jugendlichen (Sampling)

• Selbstselektion führt zu systematischen Selektionsfehlern (Missdeutung als Kausaleffekt)

• Im Beispiel:– Hypothese: Konsum von Horrorvideos (H) führt zu

erhöhtem Aggressionslevel (A)

– Gruppe 1: Jugendliche, die häufig Gewaltvideos anschauen

– Gruppe 2: Jugendliche, die andere Hobbies haben– Ergebnis: Gruppe 1 ist aggressiver

• Weiteres Beispiel: Gefährlichkeit von Betten• Lösung: Strikt experimentelle Untersuchungs-

anordnung (Zufallsaufteilung der Jugendlichen auf die Gruppen)

H A

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In jeder Phase der Untersuchung lauern Probleme, die die Hypothesenüberprüfung erschweren (2)

2

Beispiel: Einfluss von Gewaltszenen auf das Verhalten von Jugendlichen

Phase: Messung des Effekts von Gewaltszenen:

• Versuchsleitereffekte oder Bekanntheit der zu prüfenden Hypothese führen zu Fehlinterpretationen

• Im Beispiel:– Erwartet der Versuchsleiter ein bestimmtes Ergebnis,

dann kann er durch unbewusste Reaktionen das Verhalten der Jugendlichen beeinflussen

• Lösung: Doppelblindversuch– Die zu überprüfende Hypothese ist weder dem

Versuchsleiter noch den Jugendlichen bekannt

• Validität des Messverfahrens ist äußerst wichtig!

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Hypothesen müssen systematisch und kontrolliert überprüft werden (2)

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Weitere Beispiele:

• Bei nicht-experimentellenStudien: Vielfalt der Variablen

• Nicht berücksichtige Drittvariablen führen zu Schein-korrelationen bzw. stark verzerrten Interpretationen

• Beispiel: Zahnbürstennutzung und Herzinfarktrisiko• Lösung: Anwendung (multivariate) statistische

Methoden

Zahnbürsten-Nutzung

Herzinfarkt-Risiko

?

Zahnbürsten-Nutzung

Herzinfarkt-Risiko

Gesundsheits-schädlicher Lebensstil

?

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So what ?

2

Zwei abschliessende Aussagen zur empirischen Sozialforschung

• Einzelne Studien können nie alle Fehlerquellen unter Kontrolle halten

• Lösung: Replikationen (Wiederholung von Studien)

• Jedoch werden Replikationen von Studien noch zu selten durchgeführt (Streit mit Kollegen, geringe Originalität,… )

• Wissenschaftliche Beobachtungen sind genauso vorurteils- und hypothesenbeladen und genauso anfällig für Wahrnehmungsfehler wie Alltagsbeobachtungen…

• … aber die empirische Wissenschaft versucht Vorkehrungen zu treffen, die die Verzerrungen und Komplikationen kontrollieren können (z.B. Signifikanz)

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Werturteilsproblem der wissenschaftlichen Forschung

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• Empirische Aussagen sind deskriptiv, sie beschäftigen sich mit der Frage „Was ist?“

• Werturteile enthalten normative Aussagen, welche eine Empfehlung oder Wertung abgeben. Sie widmen sich der Frage „Was soll sein?“.

Sind auf Empirie basierende Aussagen frei von Einflüssen?

Gibt es die wertfreie Wissenschaft?

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Werturteilsproblem der wissenschaftlichen Forschung

Vier Aspekte des Werturteilsproblems:

Aspekte desWerturteilsproblems

Die Wertbasis der Wissenschaft• Generelle Ziele und Verpflichtungen• 3 Probleme:

- Kontrolle und Sanktionen- Anwendung der Ergebnisse nicht

vorhersehbar &- Verschiedene Möglichkeiten der

Nutzung der Ergebnisse (z.B. Schießpulver, Census)

Das Relevanzproblem• Auswahl von Forschungsfragen

Werturteile in Aussagen• Eigentliches Werturteilsproblem

- Gezielte Manipulation- Einfluss von Ideologien und

Interessen auf die materiellen Ergebnisse

Werte im Objektbereich der Wissenschaft• Werturteile als Gegenstand

sozialwissenschaftlicher Forschung- z.B. Meinungsumfragen

A B

C D

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Werturteilsproblem der wissenschaftlichen Forschung

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“Seit dem 1. April entstehen täglich 1500 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze” (Gerhard Schröder)

“Die Zahl der Arbeitslosen sei nicht gesenkt worden, Deutschland verliere jeden Tag 1100 sozialversicherungspflichtige Jobs” (Angela Merkel)

Quelle: Handelsblatt, 8. Sept. 2005

Durchschnittseinkommen in der deutschen Industrie:

Männer: DM 4.500,-- Frauen: DM 3.000,--

Männer verdienen 50% mehr als Frauen.

Frauen verdienen 33% weniger als Männer.

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Werturteilsproblem der wissenschaftlichen Forschung

Vier Aspekte des Werturteilsproblems:

Aspekte desWerturteilsproblems

Die Wertbasis der Wissenschaft• Generelle Ziele und Verpflichtungen• 3 Probleme:

- Kontrolle und Sanktionen- Anwendung der Ergebnisse nicht

vorhersehbar &- Verschiedene Möglichkeiten der

Nutzung der Ergebnisse (z.B. Schießpulver, Census)

Das Relevanzproblem• Auswahl von Forschungsfragen

Werturteile in Aussagen• Eigentliches Werturteilsproblem

- Gezielte Manipulation- Einfluss von Ideologien und

Interessen auf die materiellen Ergebnisse

Werte im Objektbereich der Wissenschaft• Werturteile als Gegenstand

sozialwissenschaftlicher Forschung- z.B. Meinungsumfragen

A B

C D

3

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Werturteilsproblem der wissenschaftlichen Forschung

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• Explizite Trennung von objektiven und subjektiven Aussagen

• Transparenz methodischer Schritte gewährleisten

• Intersubjektive Nachprüfbarkeit ermöglichen

• Tatsächlicher Einfluss auf die materiellen Ergebnisse durch:– Entscheidung über Untersuchungsdesign– Auswahl der Stichprobe– Bestimmung der Messverfahren– Auswahl statistischer Tests– …

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Typen von Variablen

Eine Variable bezeichnet ein Merkmal oder eine Eigenschaft von Personen, Gruppen, Organisationen oder anderen Merkmalsträgern.

Man unterscheidet:

• Variable (Geschlecht, Bildungsgrad, Einkommen, Haarfarbe etc…) • Ausprägung der Variablen (Kategorien, Merkmalsausprägungen) • Merkmalsträger (Person, Organisationen, Staaten)

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Variablen und Merkmalsausprägungen

Eine Variable muss mindestens zwei Ausprägungen haben!

Variable Merkmalsausprägungen, Kategorien

Einkommen „monatliches Bruttoeinkommen“Geschlecht Mann, FrauSchulbildung Kein Schulabschluss (1), Hauptschulabschluss (2),

Maturaabschluss (3)

Ist die Ausprägung mit Zahlen verkodet spricht man von Variablenwerten.

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Konstruktion von Variablen mit Ausprägungen (Kategorien)

Bei der Konstruktion von Variablen ist zu beachten, dass die gewählten Kategorien disjunkt (nicht überlappend) und erschöpfend sind!

Beispiele: • Variable monatliches Bruttoeinkommen (in EURO):

(1) 1000 - 2000,- ; (2) 2000 - 3000,- ; (3) 4000 – 5000,- • Sind die Kriterien disjunkt und erschöpfend ausreichend erfüllt?

• Variable Freizeitaktivität: (1) Lesen; (2) Sport; (3) Reisen; (4) Vereinsaktivitäten; (5) Sonstiges

• Wo ist eine Person einzuordnen, die ihre Freizeit in einem Segelclub verbringt?

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Variablen können diskret oder kontinuierlich sein!• Diskrete Variablen werden nach der Anzahl ihrer Kategorien unterschieden

Dichotom & Polytom)• Kontinuierliche Variablen sind stetige Variablen mit unendlich vielen Ausprägungen,

die fließend ineinander übergehen (Blutdruck, Intelligenz)

Die Ausprägungen diskret und kontinuierlich dürfen nicht mit quantitativ und qualitativ verwechselt werden! • Diskrete Variablen können sowohl qualitativ (Geschlecht, Blutgruppe) als auch

quantitativ (Körpergröße, Körpergewicht) sein. • Die Eigenschaft quantitativ hängt vom Mess- oder Skalenniveau ab!

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Differenzierung von Variablen nach Kategorien

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Differenzierung von Variablen nach Skalenniveau

• Ordinalskala – ein kategoriales Merkmal wird auf einer Ordinalskala gemessen, wenn zwischen seinen Ausprägungen eine natürliche Anordnung besteht (Reihung bei einem Wettbewerb: 1,2,3,4)

• Nominalskala – ein kategoriales Merkmal wird auf einer Nominalskala gemessen, wenn zwischen seinen Ausprägungen keine natürliche Anordnung besteht (Blutgruppe: A, AB, 0)

• Intervallskala – die Messwerte einer Intervallskala spiegeln nicht die Rangordnung der Ausprägungen wider, sondern die Größe der Merkmalsunterschiede (Körpergewicht)

• Ratioskala – die Ratioskala hat im Unterschied zu einer Intervallskala einen Nullpunkt.

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Differenzierung von Variablen nach Merkmalsebene

Individualmerkmale können absolut oder relational sein

• Absolute Variablen (Geschlecht, Alter, Bildung, Nationalität einer Person).

• Relationale Variablen werden durch ihre Beziehung zu anderen Merkmalsträgern definiert– Intensität einer Freundschaftsbeziehung– Statusdifferenz zwischen X und Y

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Differenzierung von Variablen nach Merkmalsebene

Kollektive Merkmale:

• Merkmalsträger stellt eine Personenmehrheit bzw. ein Kollektiv dar (Durchschnittseinkommen der EU-Länder).

• Kollektivmerkmale beziehen sich auf Mengen von Elementen, die wiederum Mengen von Elementen einer tieferen Ebene repräsentieren können!

– Bsp.: (1) Beschäftige Personen in einer Firma (2) Das Unternehmen selbst (3) Die Menge der Unternehmen eines Landes

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Hypothesen

Hypothesen sind Aussagen über vermutete Merkmals- oder Variablenzusammenhänge ("wenn – dann ", " je - desto ") d.h. sie stellen eine Beziehung zwischen zwei (oder mehr) Variablen dar.

– Unabhängige Variable – Abhängige Variable

Man unterscheidet: • Deterministische und probabilistische Hypothesen• Wenn-dann Hypothesen • Je - desto Hypothesen • (Individual-, Kollektiv-, und Kontexthypothesen)

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Wenn – dann Hypothesen

Wenn A auftritt, dann wird B erwartet. Bei ~A (Nicht A), kann B oder ~B auftreten (Implikationsbeziehung)

• Wenn Tom zuviel trinkt (A), dann fährt er nicht mit dem Auto (B)• Wenn Tom nicht trinkt (~A), dann fährt er (~B) mit dem Auto oder er fährt nicht mit

dem Auto (B)

Wenn A auftritt, dann wird B erwartet. Gilt ~A wird ~B erwartet (Äquivalenzbeziehung – wenn –und - nur wenn-dann Beziehung)

• Wenn Tom zuviel trinkt (A), dann fährt er nicht mit dem Auto (B). • Wenn Tom nichts trinkt (~A), dann fährt er mit dem Auto (~B).

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Wenn-dann-Hypothese

Die probabilistische Hypothese „wenn A, dann B“ kann transformiert werden in dieErwartung:

• [Wahrscheinlichkeit B bei Auftreten von A] > [Wahrscheinlichkeit B bei Auftreten von ~A]

formuliert werden in der Notation bedingter Wahrscheinlichkeiten:• P ( B I A) > P ( B I ~A)

Beispiel: • Frühehen-Effekt auf das Scheidungsrisiko

A = Frühehe, B = Ehe geschieden, ~A = Spätehe, ~B Ehe nicht geschieden

P ( B I A) > P ( B I ~A)

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Wenn-dann-Hypothesen und Kreuztabelle

K K

F K

K F

F K

A wenn ~A

B

dann

~B

A wenn ~A

Wenn-dann-Hypothese

Deterministische Implikation

Wenn-und-nur-wenn-dann-Hypothese

Deterministische Äquivalenz

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Je – Desto Hypothesen

Bei Je - Desto Hypothesen sind die Kategorien der abhängigen und unabhängigen Variablen als Rangfolge (ordinal) interpretierbar.

• Positiver Zusammenhang, monoton steigend – Anstieg von A und B nimmt durchgehend zu – Je höher der Schulabschluss, desto größer die Zahl der Zahnarztbesuche

• Negativer Zusammenhang, monoton fallend– Bei Anstieg von A fällt B – Je höher der Zigarettenkonsum, desto geringer die Lebenserwartung

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Je – Desto Hypothesen

Bei nicht monotonen Zusammenhängen treten u-förmige bzw. umgekehrt u-förmige Zusammenhänge auf. • Bsp.: Lafferkurve aus der Finanzwissenschaft Bei einem Steuersatz von null ist das Steueraufkommen des Staates ebenso null

wie bei einem Steuersatz von 100%. • Es besteht ein umgekehrt u-förmiger Zusammenhang zwischen dem Steuersatz

(unabhängige Variable, und dem staatlichen Steueraufkommen)

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Entwicklungs-Trendhypothesen

Kausalhypothesen (Ursache – Wirkung) • Wenn-dann Hypothesen

Trendhypothesen • Hypothesen über Zusammenhänge, wobei die Zeit den Platz der unabhängigen

Variablen einnimmt. • Bsp.: Wachsende Arbeitslosigkeit in den EU Staaten

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