Prof. Wellmer Epilepsien und andere Anfallserkrankungen · •02.09.2017 •2 Epilepsie Problem der...

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•02.09.2017 •1 J. Wellmer Ruhr-Epileptologie, UK KKH Bochum Epilepsien und andere Anfallserkrankungen Anfallsfreiheit durch welche Therapie? Epileptische Anfälle Graubereich artdiagnostisch unklarer Anfälle ? ? Worum geht es?

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•1

J. WellmerRuhr-Epileptologie, UK KKH Bochum

Epilepsien

und andere Anfallserkrankungen

Anfallsfreiheit durch welche Therapie?

Epileptische Anfälle

Graubereich artdiagnostisch unklarer Anfälle

??

Worum geht es?

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•2

Epilepsie

Problem der Diagnostik anfallsartiger Erkrankungen/Zustände

Überlappung der Symptomatik mit anderen Erkrankungen

Epileptischer AnfallSynkopeTIA, cerebrale Ischämie, Transiente Globale AmnesiePsychogener Anfall (PNES) PanikattackeTics, Tourette-SyndromMigräneNarkolepsieSonambulismus, REM-Schlaf-VerhaltensstörungVertigo anderer Ursacheparoxysmale Bewegungsstörungphysiologisches Phänomen (Einschlafmyoklonien)Metabolische Störungetc.

DD anfallsartiger Erkrankungen/Zustände

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•3

1 Arztbesuch = 30 Minuten

Der Arzt sieht die Anfälle in der Regel nicht!

Unsichere Diagnose epileptischer Anfälle

5 komplex-partielle Anfälle/Monat1 Anfall 2 Minuten

= 10 Minuten iktuale Symptomatik

1 Monat = 43.200 Minuten

Diskontinuierliche Symptomatik

Überlappung der Symptomatik mit anderen Erkrankungen

Häufig Detektivarbeit erforderlich!

Diskontinuierliche Symptomatik

Überlappung der Symptomatik mit anderen Erkrankungen

Unschärfe eigen- und fremd-anamnestischer Angaben

Vorsichtmit

Z-Wörter

„Zittern“

„Zucken“

„Zappeln“

„Krampfen“Verboten!!!

Unsichere Diagnose epileptischer Anfälle

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•4

Therapeutisches Polylemma

Jede der Differentialdiagnosen wird anders und von anderen Ärzten behandelt

Häufig entscheidet der erstaufnehmende Ambulanzarzt über die Karriere eines Patienten

Neurologen/EpileptologenInternisten/KardiologenPsychiater/PsychosomatikerSchlafmediziner

Epilepsien: Definition, pathophysiologische Grundlagen und Diagnostik

Agenda

Therapie epileptischer Anfälle

Differentialdiagnose anderer anfallsartiger Erkrankungen und Zustände

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•5

Störung des Gehirns

Neigung zur Entwicklung epileptischer Anfälle

Ein epileptischer Anfall ≠ Epilepsie

Definition der Epilepsien

Krankhaft synchrone Aktivität großer Nervenzellverbände.

Anfall

normal

Was passiert bei Anfällen im Gehirn?

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•6

Synchrone Aktivität von Nervenzellen im EEG

Verändertes intrinsisches neuronales Entladungsverhalten

Normal epileptisches Neuron

Elektrophysiologische Grundlage

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•7

Nonburster (NB)

Verändertes neuronales EntladungsmusterLow-threshold burster (LTB)

300pA

20mV

40ms

20mV

20ms

High-threshold burster (HTB)

BurstendesNeuron

Drittes Neuron

Netzwerk

Zweites Neuron

Synchronisation des Netzwerkes

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•8

Normal

Veränderte synaptische Übertragung

Elektrophysiologische Grundlage

Epileptische Synapse

GABAA-R↓

BenzodiazepinesGABA transaminaseVigabatrin

GABA transporterTiagabine

Stiripentol

↑↑↑↑ GABA turnoverValproate

Felbamate

KA/AMPATopiramate

Ethosuximide↑↑↑↑ GABA turnoverGabapentin

Levetiracetam

Phenobarbital

Pregabalin

Rufinamide

Lacosamide

Eslicarbazepine acetate

Kv7 (KCNQ)Retigabine

GABA release ↑↑↑↑Zonisamide

(Fos)Phenytoin

Carbamazepine

Oxcarbazepine

Lamotrigine

OtherGlutamate receptors

GABA system

Sodium channelCompound Calcium channel

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaP

INaP

INaP

INaP

HVA

HVAHVA

HVA (α2δ)

HVA (α2δ)

HVA

HVA

T-Typ

T-Typ GABA-release↑

GABA-turnover↑

GABAA-R

GABAA-R

GABA-turnover↑

GABA-Modulation

GABAA-R

GABAA-R

GABA-TransaminaseGABA-Transporter

GABA-release u:uptake↑

NMDAKA/AMPA

AMPA

SV2A

Kv7 (KCNQ)

HCN

INaS

T-Typ

Verschiedene Wirkmechanismen gegen Anfälle

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•9

Normal epileptisches Netzwerk

Verändertes neuronales Netz

Elektrophysiologische Grundlage

Ursache der Epilepsie beim Individuum?

In der Regel unbekannt!

(Zumindest auf zellulärer, Rezeptor/Kanal oder Netzwerk-Ebene)

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•10

Klinische Anfallsklassifikation„generalisierte“ EpilepsienFokale Epilepsien

1 2

3 4

Fokaleinfach fokal

Jackson-March

R

Klinische Anfallsklassifikation

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•11

NachsprechenBenennen

Negativ SMA

SMA

Sehen

R LSensibel

Funktionelle Neuroanatomie

Bei Anfällen neuroanatomisch-reziprok denken

Höhere funktionelle Neuroanatomie

Autoskopie

Enthemmung/Hypermotorik

Motorisches Lachen

Angst

Depression

AmnesieSzenische Vertrautheit

(déjà-vu)

Komplexe visuelleSzenen

Epigastrische Aura

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•12

Fokal mit Propagation

einfach fokal →komplex fokal →sekundär generalisiert

L ?

Klinische Anfallsklassifikation

Wichtigstes generalisiertes Syndrom: Juvenile myoklonische Epilepsie

Generalisiert

Tonisch-klonischAbsenceKlonisch, TonischMyoklonisch (+(a)tonisch)

1234

1 2

3 4

Anfallsklassifikation (ILAE-Proposal 2010)

Absence Myoklonigeneralisiert

ton.-klon.

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•13

Therapie einer Grunderkrankungz.B. Entzündung

Antikonvulisva

fokal ≠ general.

Epilepsiechirurgie

Warum Anfallsklassifikation ?

KindheitHypoxie, intrakranielle Blutung, kongenitale Anomalien,

Phakomatosen, Speicherkrankheiten, intrakranielle Infektion, genetische Disposition

Adoleszenz, frühes ErwachsenenalterSchädel-Hirn-Trauma, Entzündungen, Hirntumor, kortikale

Dysplasien

SeniumTumore, cerbrovaskuläre Erkrankungen, Entzündungen

Ursachen für Epilepsien nach Lebensalter

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•14

Wichtig: nach erstem Anfall umfassende Diagnostik durchführen

primär Epilepsie?oder

behandlungsbedürftige Grunderkrankung mit symptomatischen Anfällen?

!Diagnostik bei epileptischen Anfällen

CCT/MRTRoutine-

EEG/Video-EEG

Anamnese/Fremd-A./

Semiologie/Neurostatus

Labor

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

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•15

Spezielle semiologische Anamnese inkl. Fremdanamnes e

Einfach-partielle, komplex-partielle Anfälle, GMA?Absencen, Myoklonien?Epigastrische Aura, déjà vu, autonome, olfaktorische, sensible,

motorische, visuelle Phänomene?Einfache oder komplexe Automatismen? Bewusstseinstrübungen oder “Lücken“?Rezidivierende Desorientiertheit? Iktuale oder postiktuale Sprachstörungen, iktuale Sprache?Indirekte Anfallszeichen wie Einnässen, Muskelkater, ZungebissTageszeitliche Bindung? Dauer der Ereignisse?Alter bei Erstmanifestation?

Aktive Anamnese erforderlich

Semiologische, neuroanatomische Anamnese

Epilepsie-prädisponierende FaktorenSchwangerschaft, Geburt, frükindliche Entwicklung Fieberkrämpfe, Schädel-Hirn-Trauma, entz. ZNS-Erkrankung Infarkte, Blutungen, IschämienFamilienanamnese

Begleitsymptome bei Erstmanifestation der Anfällemnestische Störungen, emotionale Instabilitätkognitiver Abbau, Schwerhörigkeit, Sehstörungen

Begleiterkrankungen/-symptomeTrisomie 21, Hemiparese, Adenoma sabaceum, Angiomatose

Aktive Anamnese erforderlich

Syndromale Anamnese

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•16

Limbische Encephalitis

Mitochondriale Störungen:MERRF, Unverricht-Lundborg

LOMEDS: late onset myoclonic epilepsy in Downs Syndrome

Sturge-Weber vs. Klippel-Trenaunay

Syndromale Diagnose

29.11.2007 18.12.2007 03.01.2008 31.3.2008

Urbason-StoßIVIG

Ohne Therapie

Limbische Encephalitis

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•17

CCT/MRTRoutine-

EEG/Video-EEG

Anamnese/Fremd-A./

Semiologie/Neurostatus

Labor

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

CCT: überall verfügbar, schnell, billig

Intracerebr. Blutung

Primärer ZNS Tumor

ZNS Metastase

Schlaganfall

Z.n. SHT

Neurochirurgie

Stroke-Unit

0.5/1T-MRIX-ray VentrikulographieAngiographie CT 1.5T-MRI 3T-MRI 7T-MRI

40 pack-years

Tumor-Board

Bildgebung bei akut-symptomatischen Anfällen

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•18

Bildgebung

Diagnostik bei Epilepsie

CCT MRT

Standard-MRT ist i.d.R. nicht ausreichend

Problem: MRT „o.p.B.“

1,5 Tesla MRT

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•19

16.3.10: 0,95T- MRT, 9mm Schichtdicke.

27.9.11: 3T-MRT, u.a. 3D-FLAIR 1x1x1mm

T2 cor 2mm

Negativ-Beispiel MRT

Schichtdicke

1mm 10mm3mm

0,5T 1T 1,5T 3T

Vorhandensein 6 relevanter Sequenzen (essential six )

3D-1 Hämo-sens

T2/STIRaxial

T2/STIRcor

FLAIRcor

FLAIRaxial

Feldstärke

Epilepsiespezifische MRT !!

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•20

CCT/MRTRoutine-

EEG/Video-EEG

Anamnese/Fremd-A./

Semiologie/Neurostatus

Labor

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

CKProlaktin ElektrolyteGlukoseAlkoholAntikonvulsiva-Spiegel

Liquordiagnostik

Spezialdiagnostik (z.B. Antikörper)

Labordiagnostik bei epileptischen Anfällen

Epileptischer Anfall?

Warum epileptischer Anfall?

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•21

**

*

**

**

** ** **

Willert et al., Acta Neurol Scand 2004

Anstieg PRL NSE CK

Epilepsie 91% 34% 19%

PNEA 42% 0% 0%

PRL10min : PPV 88%, NPV 58%

Labordiagnostik bei epileptischen Anfällen

CCT/MRTRoutine-

EEG/Video-EEG

Anamnese/Fremd-A./

Semiologie/Neurostatus

Labor

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

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•22

EEG

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

EEG

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

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•23

EEG

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

Anamnese/Fremd-A./

Semiologie/Neurostatus

GMA

4. Anfall

Immer C2-Entzug

Ø FND

Ø fok. Beginn

42 J, w

Drei Kasuistiken

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•24

GMA

1. Anfall

Keine Prov.

Parese rechts

Beginn re. Bein

65 J, w

Anamnese/Fremd-A./

Semiologie/Neurostatus

CCT/MRT

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

CCT/MRTCCT/MRTLaborEEG

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

GMA

„1. Anfall“

Party, C2 früher

Myoklonien

Ø FND

Ø fok. Beginn

15 J, mCK 467U/lProlaktin 47ng/ml

Sonst o.p.B

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•25

Wichtig: nach erstem Anfall umfassende Diagnostik durchführen

primär Epilepsie?oder

behandlungsbedürftige Grunderkrankung mit symptomatischen Anfällen?

oder

nicht epileptische Anfälle?

Diagnostik bei epileptischen Anfällen

!

Epilepsien: Definition, pathophysiologische Grundlagen und Diagnostik

Therapie epileptischer Anfälle

Differentialdiagnose anderer anfallsartiger Erkrankungen und Zustände

Agenda

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Bis Sekunden½ Minute

TIA (Hirnstamm), Synkopen unterschiedl. GeneseSynkopen unterschiedlicher Genese > epileptischer AnfallEpileptischer Anfall, Synkope b. höhergradige Arrhythmie, PNESEpileptischer Anfall (iktual), PNESEpileptischer Anfall (postiktual, Status), Synkope + Commotio, Stroke, metabol. Störung (z.B. Hypoglykämie), dissoziativer StuporNCS, epilept. Anfall (älterer Patient), metab. Störung, StrokeMetab. Störung (E-Lyte, hepat. Encephalop.), NCS, Intox, Stroke Metabolische Störung, Ischämie (Thalamus), NCSDegenerative Erkrankung, Prionen

Arzt - Arzt +

tsek min Std Tag Wo Mo

Dauer der Symptomatik (Bewusstlosigkeit)

1 Minute3-5 Minuten

15-30 Minuten

60-180 Minuten1/2 Tag

Tage bis WocheWochen bis Monat

Epileptische Anfälle

• „Epileptische“ motorische Entäußerungen: typische Dynamik, typischer Verlauf

• Anatomisch-funktionelle Logik in den Anfällen

• Häufig zwischen Anfällen Stereotypie bzgl. Beginn und ggf. Propagation

• In der Regel nicht situativ gebunden

• Oft postiktual Desorientiertheit für einige Minuten

Charakteristika epileptischer Anfälle

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•27

• Un-epileptische motorische Entäußerungen

• Zugekniffene Augen bei Versuch des Öffnens

• Ungewöhnliche Haltungsschablonen

• Lange Anfallsdauer

• Lange bewegungslose Episode

• Induzierbar/unterbrechbar bei suggestiver Provo

Charakteristika psychogener Anfälle

• Häufig aus dem Stehen, dann Sturz, oder provoziert durch Schmerz, Miktion

• Oft Präsynkopen: Schwindel, Tinnitus, Schwarzwerden vor Augen

• Objektive Zeichen: Blässe, Schwitzen

• Augen i.d.R. geöffnet

• Tonisierung, Kloni, Enuresis und Zungebiss möglich

• Rasche Reorientierung

Charakteristika von Synkopen

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•28

Nicht alles was fällt und zuckt ist Epilepsie!

Zusammenfassung

Als Zeuge von Anfällen möglichst präzise Details der Semiologie dokumentieren

Wenn nicht selber Zeuge, dann Zeugen befragen und Kontaktadresse notieren

Sofern V.a. epileptischen Anfall/Epilepsie: Basisdiagnostik 1. sympt. Anfall oder Ursache Epilepsie

Epilepsien: Definition, pathophysiologische Grundlagen und Diagnostik

Agenda

Therapie epileptischer Anfälle

Differentialdiagnose anderer anfallsartiger Erkrankungen und Zustände

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•29

Bei jedem Menschen kann es zu Anfällen kommen - die Schwelle hierfür ist aber

unterschiedlich hoch.

Syn

chro

nizi

tät

Zeit

Anfallsschwelle

Medikamentöse Therapie: die „Anfallsschwelle“

Medikamentöse Therapie: die „Anfallsschwelle“

1) Ursache der Sturmfluten beseitigen (= Epilepsiechirurgie)

2) Deich höher bauen (= Antikonvulsiva)

0) Sturmfluten = Anfälle

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•30

Für jeden Patienten muss

das richtige Antiepileptikum

gefunden werden.

Anfallsprophylaxe = Dauertherapie!!

Prinzipien der medikamentösen Therapie

Wechselwirkungmit anderen

Medikamenten

Wirksamkeit Nebenwirkungs-profil

Wonach AED aussuchen?

Einnahmeart

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•31

VPA

LTG

TPM

LEV

CLB

LEV, CBZ,

OXC, LTG,

PHT, TPM,

LCM, RTG,

ZNS, GBP,

PGB, VPA,

PB, PRM

Pragmatisch: idiopathisch generalisiert oder fokal?

Prinzipien der medikamentösen Therapie

Wirksamkeit

Cave: Teratogenität

LevetiracetamValproat

Lamotrigin

Individuelle Therapie der Epilepsiepatienten

Epilepsieart?Pille?

Leberkrank?

Übergewicht?

Nierenkrank?

Nierensteine?

Schwanger?

Vor einer OP?Marcumarisiert?

Untergewichtig?Aggressiv? Sehr anspruchsvoller Beruf?

Glaukom?Psychotisch?

Asthma?

Chemotherapie?

Lupus?

Schluckstörung?

Ulkus?

ASS?

Prinzipien der medikamentösen Therapie

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•32

GABAA-R↓

Therapie nach Wirkmechanismen?

Benzodiazepines

GABA transaminaseVigabatrin

GABA transporterTiagabine

Stiripentol

↑↑↑↑ GABA turnoverValproate

Felbamate

KA/AMPATopiramate

Ethosuximide

↑↑↑↑ GABA turnoverGabapentin

Levetiracetam

Phenobarbital

Pregabalin

Rufinamide

Lacosamide

Eslicarbazepine acetate

Kv7 (KCNQ)Retigabine

GABA release ↑↑↑↑Zonisamide

(Fos)Phenytoin

Carbamazepine

Oxcarbazepine

Lamotrigine

OtherGlutamate receptors

GABA system

Sodium channelCompound Calcium channel

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaF

INaP

INaP

INaP

INaP

HVA

HVA

HVA

HVA (α2δ)

HVA (α2δ)

HVA

HVA

T-Typ

T-Typ GABA-release↑

GABA-turnover↑

GABAA-R

GABAA-R

GABA-turnover↑

GABA-Modulation

GABAA-R

GABAA-R

GABA-Transaminase

GABA-Transporter

GABA-release u:uptake↑

NMDA

KA/AMPA

AMPA

SV2A

Kv7 (KCNQ)

HCN

INaS

T-Typ

Ursache des Versagens einerAntiepileptikatherapie

• Unterdosierung der Antiepileptika

• Fehldiagnose

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•33

8Uhr 14Uhr 20Uhr 8Uhr

BlutspiegelNebenwirkungsschwelle

Untere Wirkdosis„therapeutischer Bereich“

Nicht retardiertes Präparat

8Uhr 14Uhr 20Uhr 8Uhr

Retardiertes Präparat

Unterdosierung durch zu kurze Halbwetzeit

Malcompliance oder „OP-Vorbereitung“

Syn

chro

nizi

tät

Zeit

Anfallsschwelle

Ausgelassene Medikation

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•34

Cave: Interaktionen zwischen Antiepileptika sowie zwischen Antiepilpetika und anderen Medikamenten

Absorption, Distribution, Metabolisierung und Elemination

Cytochrom P 450 System (glattes endoplasmatisches Retikulum)

CYP1A2 – CYP2A6 – CYP2B – CYP2C8 – CYP2C9 –CYP2C19 – CYP2E1 – CYP3A4

Unterdosierung durch Wechselwirkung

Patsalos et al., Epilepsia 2002www.epileptologie-bonn.de

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•35

Spezielle Pharkamologie

Patsalos et al., Epilepsia 2002

22-38 14-15 70

Sehr problematische Kombinationen:

Marcumar + Enzyminduktoren

CYP-induzierbare AED + Johanniskraut

Spezielle Pharmakologie

Bei Anfallshäufung Blutspiegel bestimmen

Viele Unterdosierungen sind iatrogen bedingt!!

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•36

• Unterdosierung der Antiepileptika

• Mangelnde Einnahmetreue

• Ungünstige Medikamenteninteraktion

• Unzureichende Wirkung bisher existierender Antiepileptika

• Fehldiagnose

Ursache des Versagens einerAntiepileptikatherapie

Kardinalfehler der Antiepileptikatherapie

Ein Antiepileptikum durch ein anderes, gerade auf Station verfügbares Antiepileptikum ersetzen

(„Montag haben wir dann ja wieder Apotheke“)

Statusgefahr!!!

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•37

EpilepsiechirurgieWarum?

anfallsfreimit 1. AED

anfallsfreimit 2. AED

anfallsfreimit 3. AED oder Poly-therapie

nicht anfallsfrei

47%

13%4%

36%

Kwan P, Brodie MJ. N Engl J Med. 2000;342(5):314-319.

• Gesicherte Epilepsie, fokale Epilepsie

• Anfälle beeinträchtigen die Lebensqualität in

nachvollziehbarem Maße

• Relative Pharmakoresistenz

• Gutes Risiko-Nutzen-Verhältnis

Neues Konzept

Alternative: Epilepsiechirurgie

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•38

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„leichte“ „schwierige“ „sehrschwierige“

2

10

Zeit

Identifikation des Zeitpunktes einer prächirurgischen Epilepsiediagnostik mittels MRT

Wellmer and Elger, 2009

Leichte Kandidaten:sehr hohe Chance auf Anfallsfreiheit (80%)geringes Risiko auf post-Op Defizite

OP

früh

Schwierigere Kandidaten:hohe Chance auf Anfallsfreiheit (60%)gewisses Risiko auf post-Op Defiziteschwierige Abklärung

später

Sehr schwierige Kandidaten:geringe Chance auf Anfallsfreiheit (< 50%)großes Risiko auf post-Op Defizite

sehrspät

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Ammonshornsklerose

• Klinischer Ablauf der Anfälle• EEG in der Anfallsaufzeichnung• Neuropsychologische Testung

Gute epilepsiechirurgische Kandidaten

Minimal-invasive Epilepsiediagnostik

44 Jahre, mBeginn: 9 JahreSemiologie: SMA>20 Anf/Tag

EEG: F4MAP, PET und7T-MRI:Rechts frontale FCD IIB

Keine unmittelbare Läsionektomie möglich

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Multimodales work-up –läsionsorientiertes minimal invasives work-up –

knapp erweiterte Läsionektomie

Minimal-invasive Epilepsiediagnostik

Minimal-invasive Epilepsietherapie

Patientin nach Läsions-fokussierter Thermokoagulation einer fokalen kortikalen Dysplasie jetzt 60 Monate anfallsfrei

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0 3-5 Jahre

Anfallskontrolle [%]100

50

Pharmaka OP

Pharmakotherapie Epilepsiechirurgie> 20 Jahre- 15 Jahre

15-20 Jahre

Verkürzung der Epilepsie-Dauer

Lebensqualität

Soziale Chancen

Morbidität

Therapieziel: Anfallsfreiheit und:

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Nicht alles was zuckt und fällt ist eine Epilepsie

Im Zweifelsfall Video-EEG-Monitoring

Epilepsien sind häufig gut medikamentös behandelbar

Bei Pharmakoresistenz an OP-Abklärung denken

Epilepische Anfälle sind sehr heterogen –symptomatische Epilepsien erkennen

Zusammenfassung

Danke!

www.ruhr-epileptologie.de