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Proliferation – das geht uns an! Proliferation – was versteht man darunter? Proliferation – immer noch eine reale Gefahr Warum Beschaffung in Deutschland? Wie werden Massenvernichtungswaffen beschafft? Woran kann man illegale Geschäfte erkennen? Welche Bedeutung hat Wissenstransfer für die Proliferation?

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Proliferation – das geht uns an!

Proliferation – was versteht man darunter?

Proliferation – immernoch eine reale Gefahr

Warum Beschaffung in Deutschland?

Wie werden Massenvernichtungswaffen beschafft?

Woran kann man illegale Geschäfte erkennen?

Welche Bedeutung hat Wissenstransfer für die Proliferation?

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IMPRESSUM

Herausgeber: Bundesamt für

Verfassungsschutzfür die Verfassungsschutz-

behörden in Bund und Ländern

Druck: Vereinigte Verlagsanstalten,

Düsseldorf

Stand: Januar 2001

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2 Proliferation

Vorwort 3

Proliferation – was versteht man darunter? 4

Proliferation – immer noch eine reale Gefahr 5

Warum Beschaffung in Deutschland? 6

Welche Folgen hat Proliferation? 7

Wie werden Massenvernichtungswaffen

beschafft? 8

Woran kann man illegale Geschäfte

erkennen? 10

Welche Bedeutung hat Wissenstransfer

für die Proliferation? 12

Was bieten die Verfassungsschutzbehörden an? 14

Hinweis auf gesetzliche Vorschriften 15

Internet-Fundstellen zum Thema Proliferation 16

Glossar 17

Ansprechpartner 18

PPRROOLLIIFFEERRAATTIIOONN::

Weiterverbreitung von Massenvernich-tungswaffen bzw. der zu ihrer Herstellungverwendeten Produkte, einschließlich desdafür erforderlichen Know-how sowie vonentsprechenden Waffenträgersystemen.

Inhalt

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Proliferation 3

Vorwort

Nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich die sicherheitspolitische Lage auf derWelt verändert; sie ist jedoch nicht sicherer geworden. Um ihre politischen Absichtendurchsetzen zu können, bemühen sich Länder aus Krisenregionen (sogenannteKrisenländer)* darum, in den Besitz von nuklearen, biologischen oder chemi-schen Massenvernichtungswaffen* und der zu deren Einsatz benötigten Träger-technologie* zu gelangen. Da sie zur eigenen Entwicklung und Herstellung häufignicht in der Lage sind, versuchen sie, sich notwendiges Wissen, Ausgangsprodukteund Güter illegal zu beschaffen.

Die Verbreitung derartiger Technologien und Mittel stellt weltweit eines dergrössten Sicherheitsrisiken dar.

Die Bundesrepublik Deutschland ist als eine der führenden Industrienationen einbevorzugtes Ziel der an Proliferation interessierten Länder. Da diese die gesetzlichenAusfuhrbestimmungen umgehen müssen, bedienen sie sich ihrer Nachrichtendien-ste oder anderer Beschaffungsorganisationen, wie z. B. Tarnfirmen, um in den Besitzdes erforderlichen Wissens oder der benötigten Güter zu kommen.

Die Verfassungsschutzbehörden haben neben anderen Institutionen im Rahmender Spionageabwehr den gesetzlichen Auftrag, diese illegalen Geschäfte aufzuklä-ren und zu deren Verhinderung beizutragen.

Darüber hinaus wollen sie präventiv bei Unternehmen und Forschungseinrichtun-gen den Blick für die Risiken durch Proliferation schärfen. Von besonderer Bedeu-tung sind hierbei Informationen über die Missbrauchsmöglichkeiten von Gütern, diescheinbar für zivile Anwendungen exportiert werden, aber tatsächlich für die Waffen-herstellung Verwendung finden.

Aus diesen Gründen bieten die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und derLänder den Unternehmen, Forschungseinrichtungen und wissenschaftlichen Insti-tuten, im Zusammenhang mit dieser Broschüre, individuelle und vertrauensvolle Zu-sammenarbeit an.

Abwehr von Gefahren beginnt mit Vorbeugung!*Begriffserläuterung siehe Glossar

Krisenländer: Es handelt sich um Länder, von denen zu befürchten ist, dass von dort aus ABC-Waffen in einem bewaffneten Konflikteingesetzt werden oder ihr Einsatz zur Durchsetzung politischer Ziele angedroht wird.Derzeit Iran, Irak, Libyen, Syrien, Nordkorea, Pa-kistan, Indien (in anderer Literatur teilweise auch als Schwellenstaat und/oder besorgniserregender Staat bezeichnet).

Nukleare, biologische oder chemische Massenvernichtungswaffen: Hiermit sind ABC-Waffen (aatomare, bbiologische und cchemi-sche) gemeint; auch der Begriff Massenvernichtungsmittel wird gebraucht.

TTrrääggeerrtteecchhnnoollooggiiee:: Das internationale Vertragswerk zur Trägertechnologie (Missile Technology Control Regime, MTCR) versteht da-runter gelenkte Raketen und sonstige vollständige Flugkörper (als auch Drohnen oder Artillerieraketen), wenn deren Sprengköpfeatomare, bilogische oder chemische Komponenten beinhalten.

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4 Proliferation

Proliferation – was versteht man darunter?

Die illegale Verbreitung solcher Waffen und/oder Technologien zu deren Her-stellung bezeichnet man als Proliferation. Darunter fällt auch die Bereitstel-lung von wissenschaftlichem und technischem Know-how.

Seit Jahren sind Bemühungen der Krisenländer

festzustellen, sich in den Besitz von atomaren,

biologischen und chemischen Massenvernich-

tungswaffen und der zu ihrem Einsatz erforder-

lichen Trägertechnologie zu bringen.

Männer in Schutz-anzügen vor Fäs-

sern mit dem Gift-gas Schwefellost

(wegen seines Ge-ruchs auch Senfgas

genannt). Derzeitbesitzen weltweit

vermutlich mehr als30 Staaten Chemie-waffen, die auch als

„Atombombe deskleinen Mannes“

gelten, da sie ver-hältnismäßig ein-

fach und billig her-zustellen sind.

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Proliferation 5

Proliferation –immer noch eine reale Gefahr?

Irak setzte im Krieg mit Iran (erster Golfkrieg, 1980–1988) chemische Kampfstoffeein und beschoss im zweiten Golfkrieg 1991 Israel mit SCUD-Raketen. Libyen hat ei-ne Chemiewaffenproduktionsanlage bei Rabta errichtet.

Nordkorea ist heute Lieferant von Raketen in andere Länder. Iran besitzt Chemiewaf-fen und weitreichende Raketen. Pakistan und Indien schließlich testeten im Mai1998 mehrere nukleare Sprengsätze.

Obwohl diese Länder bereits in Teilbereichen über Massenvernichtungswaffen ver-fügen, lassen sie in ihren Zielen nicht nach. Bestehende Arsenale sollen komplettiertsowie die Waffen in Lagerfähigkeit, Einsetzbarkeit und Wirkung perfektioniert wer-den. Auch sollen noch bestehende Abhängigkeiten von Zulieferungen von Knowhow und technischen Bausteinen aus anderen Ländern abgebaut werden. Dabeiwird es für diese Staaten immer wichtiger, Verfahren, Güter und Technologien für ei-ne eigene Infrastruktur zur Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungs-waffen zu schaffen. In der Regel ist somit die wirkliche Zweckbestimmung zur Waf-fenproduktion nicht erkennbar. In solchen Fällen ist ein Proliferationshintergrundnormalerweise nur an besonderen Beschaffungspraktiken und dem eventuell er-kennbaren tatsächlichen End-User* abzuleiten.

End-User*: Endverbraucher; Stelle im tatsächlichen Empfängerland (Person, Firma, Institutionen etc.), bei der das Gut letztlich ver-bleibt.

Die Folgen von Proliferation in

Krisenländer sind belegt.

Rauchschwaden überTel Aviv nach dem Angriff einer SCUD-Rakete, welche vomIrak abgeschossenwurde. Israel wurdeneben Saudi-Arabienwährend des Golfkrie-ges, welcher am 15. Januar 1991 begann, angegriffen.

Ausgebrannte Autosund zerstörte Häusersind alles, was nacheinem irakischenSCUD-Angriff über-blieb.

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6 Proliferation

Warum Beschaffung in Deutschland?

Auch die Bundesrepublik Deutschland

bleibt weiterhin ein Zielgebiet für

Beschaffungsbemühungen

Trotz schon verbesserter Infrastruktur in den Krisenländern und ungeachtet an-derer Anbieterländer sind bestimmte hochwertige Technologien und Know-hownur in den Industrienationen zu beziehen. Sicherlich spielen auch traditionellegewachsene Beziehungen eine wichtige Rolle.

* vor dem zweiten Golfkrieg** Forschungs- und Entwicklungsprogramm erwiesen oder vermutet

Massenvernichtungswaffen und Trägertechnik in einigen Krisenländern

Iran

Irak*

Syrien

Libyen

Pakistan

Indien

Nordkorea

A-Waffen

Nein**

Nein**

Nein**

Nein

Ja

Ja

Nein**

B-Waffen

Nein**

Ja

Nein

Nein

Nein**

Nein**

Ja

C-Waffen

Ja

Ja

Ja

Ja

Nein**

Ja**

Ja

Raketen

Ja

Ja

Nein**

Nein**

Ja

Ja

Ja

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Welche Folgen hat Proliferation?

Die Auswirkungen für die unmittelbar betroffenen Menschen sind grausam. DieBilder aus den Golfkriegen sind noch gegenwärtig. Als Mitglied der internationalenStaatengemeinschaft ist die Bundesrepublik Deutschland internationale Verpflich-tungen* eingegangen, die die Bekämpfung und Verhinderung der Proliferation unddamit das friedliche Zusammenleben der Weltbevölkerung zum Ziel haben. Aktivitä-ten von deutschem Boden aus, die die Proliferation fördern, schädigen nachhal-tig die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. Dies gilt inbesonderem Maße für die politische Glaubwürdigkeit unseres Landes und dasAnsehen deutscher Außenpolitik. Erkannte Zulieferungen zu Proliferationspro-grammen führen bei den betroffenen Firmen zu Reputationsverlusten und finan-ziellen Einbußen. Fälle aus der Zeit nach Ende der Kuwait-Krise belegen den Ruinvon Firmen, weil deren Produkte, ihre Maschinen, ihre Ersatzteile in den For-schungseinrichtungen und Produktionsbetrieben des Irak gefunden wurden.

internationale Verpflichtungen*: Dazu zählen: Atomwaffensperrvertrag, Konvention zum Verbot von biologischen und Toxinwaffen,Konvention zum Verbot von Chemiewaffen

Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

bedroht den Weltfrieden und birgt die

Gefahr eines militärischen Flächenbrandes, der

regional nicht mehr kontrollierbar ist.

Lybische Giftgasfa-brik in Rabta: Mit Hil-fe eines deutschenIndustrieunterneh-mens konzipierteund gebaute Farbrik-anlage in der Kompo-nenten zur Produk-tion chemischerKampfstoffe herge-stellt werden sollten.

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8 Proliferation

Wie werden Massenvernichtungswaffenbeschafft?

Massenvernichtungswaffen und die entsprechende

Trägertechnologie sind auf dem freien Markt

nicht erhältlich. Sie müssen entwickelt und

hergestellt werden. Die strenge Gesetzgebung und

die wirksamen Exportkontrollen in Deutschland

setzen bei der Beschaffung einschlägiger

Güter eine hohe Hürde.

IMHAUSEN CHEMIE

Freiheitsstrafe vonfünf Jahren gegen

den Geschäftsführerder Firma wegen Ver-

gehen gegen dasAussenwirtschaftsge-

setz und Steuerhin-ter-ziehung.

(LG Mannheim vom27.6.1990)

FIRMA HAVERTFreiheitsstrafe

von drei Jahren undzwei Monaten gegenden Geschäftsführer

der Firma wegenVerstoßes gegendas Aussenwirt-

schaftsgesetz in 14Fällen.

(LG Darmstadt vom23.1.1998)

FIRMA RHEIN-BAYERN

FAHRZEUGBAUFreiheitsstrafe

von fünf Jahren undsechs Monaten ge-

gen den Geschäfts-führer der Firma

wegen zweier Verbre-chen gegen das

Kriegswaffenkontroll-gesetz in Tateinheit

mit einem Vergehengegen das Aussen-wirtschaftsgesetz. (LG Augsburg vom3.1.1995, bestätigt

durch das Revisions-urteil des BGH vom

23.11.1995)

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Proliferation 9

Um diese Hürde zu umgehen, bedienen sich die Krisenländer verschiedener Methoden:

■ Sie beschaffen mit Hilfe von Geheimdiensten, deren Mitar-beiter als Besteller oder Käufer agieren.

■ Sie beschaffen über teilweise geheimdienstlich gesteuerteStaatsfirmen, wobei das Vorschieben einer Handelsfirma zur Täu-schung des Verkäufers über den steuernden Geheim-dienst eine klassische nachrichtendienstliche Methode ist.

■ Sie beschaffen über konspirativ arbeitende Beschaffungs-netze*.

■ Sie verschleiern den End-User durch den Gebrauch von harm-los klingenden Firmennamen.

■ Sie nutzen neutrale oder in die Irre führende Projektbezeich- nungen.

■ Sie nutzen Universitäten als vermeintliche End-User.

■ Sie gründen kleine Firmen im eigenen Land oder im Ausland nurfür die Abwicklung eines einzigen Geschäfts und schließen sie da-nach wieder; als Drehscheibe für solche Geschäfte und als Sitz sol-cher Firmen sind Singapur, Zypern, Malta oder Dubai festgestelltworden.

■ Sie missbrauchen im Export unerfahrene Lieferanten.

■ Sie nutzen Firmen im Hersteller- bzw. Lieferland, die illegale Be-schaffungen unter einer Masse an legalen Geschäften verbergen.

■ Sie teilen die erforderlichen Beschaffungen in viele, für sich alleingesehen unverdächtige Einzelpakete auf, so dass die Proliferations-relevanz des gesamten Geschäfts schwer erkennbar wird.

Ein Lieferant hat es daher schwer, eine unbeabsichtigte, in der Folge eventuell mitSchwierigkeiten für sein Unternehmen verbundene Endverwendung seiner Warenzu erkennen. Ein besonderes Problem sind dabei solche Güter, die sowohl zivil alsauch militärisch verwendet werden können, also DDuuaall--UUssee**-Charakter haben.

Beschaffungsnetze*: Staatlich initiierte Struktur (Firmen, Institutionen, Organisationen), die vom Empfängerstaat vorgegebene Zie-le verfolgen, dabei jedoch ihrem äußeren Erscheinungsbild nach privatwirtschaftlich tätig sind (Tarnfirma).

Dual-Use*: Der Begriff „Dual-Use Güter“ = „Güter mit doppeltem Verwendungszweck“ bezeichnet Güter, einschließlich Datenverar-beitungsprogramme und Technologie, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke verwendet werden können. Darin einge-schlossen sind alle Waren, die sowohl für nicht explosive Zwecke als auch für jedwede Form der Unterstützung bei der Herstellungvon Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern verwendet werden können.

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Woran kann man illegale Geschäfteerkennen?

Nach Erfahrungen der Verfassungsschutz-

behörden aus Bund und Ländern können

folgende Anhaltspunkte auf ein prolifera-

tionsrelevantes Geschäft hindeuten:

Panzerfahrzeugemit SAM-Luftab-

wehrraketen passie-ren während einerMilitärparade zum

10. Jahrestag der je-menitischen Einheit

am 22. Mai 2000 inder jemenitischenHauptstadt Sanaaeine Propaganda-tafel mit dem Por-

trät des PräsidentenAli Abdallah Salih.

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■ Der tatsächliche Endverbleib der Güter ist unklar (Plausibilitätskon-trolle).

■ Der Kunde kann nicht erklären, wofür das Produkt gebraucht wirdbzw. der beabsichtigte Verwendungszweck weicht erheblich vonder vom Hersteller vorgegebenen Produktbestimmung ab.

■ Angaben werden verweigert, wo das Produkt zum einsatz kommensoll (Verwendungszweck).

■ Der Kunde handelt normalerweise mit militärischen Gütern.

■ Der auftretende Käufer verfügt nicht über das erforderliche Fachwissen.

■ Die tatsächliche Identität eines Neukunden ist nicht bekannt.

■ Zwischenhändler werden ohne erkennbaren Grund einge-schaltet. Der Kunde wünscht eine außergewöhnliche Etikettierungoder Kennzeichnung/Beschriftung (zur Neutralisierung der Güter).

■ Angebotene Zahlungsbedingungen sind besonders günstig (Barzahlung, hohe Vorauszahlungen, ungewöhnliche Provisionen).

■ Der Käufer verzichtet auf Einweisung in die Handhabung, auf Servi-celeistung oder auf Garantie.

■ Firmenangehörige werden zu Ausbildungszwecken zur Hersteller-firma in Deutschland geschickt (obwohl eine Einweisung vor Ortpraktischer und sinnvoller wäre).

■ Mitglieder von Besucherdelegationen werden namentlich nicht vor-gestellt.

■ Zu weiteren Geschäftskontakten in Deutschland wird geschwiegen.

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12 Proliferation

Welche Bedeutung hat Wissenstransferfür die Proliferation?

Internationale Zusammenarbeit in

Wissenschaft und Forschung ist

gewünscht und darf grundsätzlich nicht

behindert oder kontrolliert werden. Anders

ist es aber, wenn diese Freiheiten im Interesse

von kritischen Ländern missbraucht werden.

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Proliferation 13

Diese nutzen den freien Austausch von technologisch-wissenschaftlichen In-formationen und verschaffen sich so das Know-how, das sie für ihre Ziele zurEntwicklung von Technologien für Massenvernichtungswaffen und Raketenbenötigen. Auch dafür setzen sie mitunter ihre Geheimdienste oder geheim-dienstliche Methoden ein, indem sich Mitarbeiter oder angeworbene Perso-nen auch in Deutschland entsprechendes Fachwissen verschaffen.

Der Missbrauch von Wissen, das im Rahmen einer grundsätzlich gewünsch-ten wissenschaftlichen Zusammenarbeit gewonnen wurde, ist nur sehrschwer zu erkennen und sicher nicht vollständig über Gesetze und Verord-nungen einzudämmen. Zum Schutz geheimhaltungswürdiger oder sonstigerproliferationswichtiger Informationen, aber auch zur Minimierung des Risikoseigenen Reputationsverlustes, gilt es, sich des Problems bewusst zu sein. Beider Entscheidung über die personelle Besetzung an Forschungsprojekten isterhöhte Vorsicht geboten.

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14 Proliferation

Was bieten die Verfassungsschutzbehörden an?

Sachkundige Behörden, wie das Bundesausfuhramt für Wirtschaft und Ausfuhr-kontrolle und die Zolldienststellen, können in Zweifelsfällen bei Fragen von Ge-nehmigungspflichten helfen oder beraten .

Da Wissenschaft und gewerbliche Wirtschaft jedoch die wahren Absichten ihrer”Partner” aus den proliferierenden Ländern häufig nicht erkennen können, laufensie Gefahr, sich unbeabsichtigt strafbar zu machen oder unbewusst eine nach-richtendienstliche Verbindung einzugehen.

Die Verfassungsschutzbehörden im Bund und in den Ländern unterstützen diezuständigen Stellen wie z.B. den Zoll, Proliferation zu erkennen und zu verhin-dern. Proliferationsabsichten, die häufig konspirative, also geheimdienstliche Zü-ge aufweisen, sollen möglichst früh erkannt und aufgeklärt werden. Sie sind da-bei nicht Strafverfolgungsbehörde wie der Zoll oder die Polizei, die dem Legali-tätsprinzip* unterliegen. Da für die Verfassungsschutzbehörden das Opportu-nitätsprinzip* gilt, ist es im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zulässig,durch vertrauliche Behandlung von Hinweisen und Fragen auch auf dem Proli-ferationssektor zu informieren, zu sensibilisieren, zu beraten und letztlich der Wis-senschaft und der gewerblichen Wirtschaft eine partnerschaftliche Hilfe anzu-bieten.

Dazu dient auch diese Broschüre. Sie soll Hilfestellung leisten, über Gefahren in-formieren und sensibilisieren.

Ihre Verfassungsschutzbehörde bietet Ihnen eine Sicherheitspartnerschaft an,die Information und vertrauensvollen Dialog beinhaltet. Adressen finden Sie amEnde dieser Broschüre.

Legalitätsprinzip*: Gesetzmäßigkeitsgrundsatz; Strafver-folgungsbehörden sind prinzipiell verpflichtet, bei Vorliegen tatsächlicherAnhaltspunkte Straftaten zu verfolgen.

Opportunitätsprinzip*: Ermessensgrundsatz; eine Strafverfolgung kann, wenn es zweckmäßig erscheint, ausnahmsweise unter-bleiben.

für Wissenschaft

und Wirtschaft

Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen

sind für die Einhaltung der Vorschriften des Außen-

wirtschaftsrechts immer selbst verantwortlich.

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Das deutsche Außenwirtschaftsrecht ist im Wesentlichen bestimmt durch■ das Außenwirtschaftsgesetz (AWG),■ die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und ■ das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG).

Nach AWG (§1) ist der Außenwirtschaftsverkehr grundsätzlich frei, sofernBeschränkungen oder Genehmigungspflichten dem nicht entgegenstehen.Entsprechende Verbote und Beschränkungen ergeben sich aus der AAWWVV.

Die Ausfuhrliste (AL) zur AWV enthält Waren und Technologien, deren Aus-fuhr genehmigungspflichtig ist. Da es auch eine Rolle spielt, in welches Be-stimmungsland exportiert werden soll, ergeben sich Regelungen dazu ausden Länderlisten zum AWG bzw. zur AWV.

Das KKWWKKGG regelt die Herstellung und den Umgang mit Kriegswaffen. Wasdarunter zu verstehen ist, ergibt sich aus der Kriegswaffenliste (KWL) alsAnlage des Gesetzes.

Wer sich an Proliferation beteiligt, kann sich – auch unwissentlich – strafbarmachen, z. B. des Landesverrats oder der geheimdienstlichen Agententätig-keit.

Strafrechtliche Aspekte sind im Strafgesetzbuch (StGB, z.B. § 99) dar-gelegt.

Proliferation 15

Hinweis auf gesetzliche Vorschriften

HINWEIS:Gesetzestexte und ausführliche Hinweise zum Außenwirtschafts-recht und zu Genehmigungsfragen sind im „Handbuch der deut-schen Exportkontrolle“ (HADDEX) zusammengefasst, zu beziehenüber:Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbHAmsterdamer Straße 19250735 KölnTel.: 0221/97668-0, Fax: 0221/97688-278. Herausgeber ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrol-le, Eschborn, als die für Genehmigungsfragen zuständige Behörde.

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Internet-Fundstellen zum Thema Proliferation

Unter folgenden Adressen sind informative Zusammenstellungen zum ThemaProliferation zu finden.

Die Aufzählung erfasst auch nicht annähernd alle einschlägigen Fundstellen undsoll nur eine Hilfestellung zur Information bieten. Mit der Auswahl ist keine Wer-tung verbunden.

http://www.fas.org/irp/threat/missile

FAS Federation of American Scientists

http://www.ceip.org/files/nonprolif/default.ASP

Carnegy Endowment for International Peace

http://www.weu.int/institute/chaillot/chai 24e.htm

Institute for Security Studies-Western European Union

http://www.bafa.de

Homepage des Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

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Proliferation 17

Glossar

BBeesscchhaaffffuunnggssnneettzz Staatlich initiierte Struktur (Firmen, Institutionen, Organisatio-nen), die vom Empfängerstaat vorgegebene Ziele verfolgen,dabei jedoch ihrem äußeren Erscheinungsbild nach privatwirt-schaftlich tätig sind (Tarnfirma).

DDuuaall--UUssee GGüütteerr Der Begriff „Dual-Use Güter“ = „Güter mit doppeltem Verwen-dungszweck“ bezeichnet Güter, einschließlich Datenverarbei-tungsprogramme und Technologie, die sowohl für zivile alsauch militärische Zwecke verwendet werden können. Darineingeschlossen sind alle Waren, die sowohl für nicht explosiveZwecke als auch für jedwede Form der Unterstützung bei derHerstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkör-pern verwendet werden können.

EEnndd--UUsseerr Endverbraucher; Stelle im tatsächlichen Empfängerland (Per-son, Firma, Institutionen etc.), bei der das Gut letztlich ver-bleibt.

IInntteerrnnaattiioonnaallee VVeerrppfflliicchhttuunnggeenn Dazu zählen:

■ Atomwaffensperrvertrag■ Konvention zum Verbot von biologi-

schen und Toxinwaffen■ Konvention zum Verbot von

Chemiewaffen

KKrriisseennlläännddeerr Es handelt sich um Länder, von denen zu befürchten ist, dassvon dort aus ABC-Waffen in einem bewaffneten Konflikt einge-setzt werden oder ihr Einsatz zur Durchsetzung politischer Zie-le angedroht wird.Derzeit Iran, Irak, Libyen, Syrien, Nordkorea,Pakistan, Indien (in anderer Literatur teilweise auch als Schwel-lenstaat und/oder besorgniserregender Staat bezeichnet).

LLeeggaalliittäättsspprriinnzziipp Gesetzmäßigkeitsgrundsatz; Strafverfolgungsbehörden sindprinzipiell verpflichtet, bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunk-te Straftaten zu verfolgen.

MMaasssseennvveerrnniicchhttuunnggsswwaaffffeenn Hiermit sind ABC-Waffen (aatomare, bbiologische und cchemi-sche) gemeint; auch der Begriff Massenvernichtungsmittelwird gebraucht.

OOppppoorrttuunniittäättsspprriinnzziipp Ermessensgrundsatz; eine Strafverfolgung kann, wenn eszweckmäßig erscheint, ausnahmsweise unterbleiben.

TTrrääggeerrtteecchhnnoollooggiiee:: Das internationale Vertragswerk zur Trägertechnologie (MissileTechnology Control Regime, MTCR) versteht darunter gelenkteRaketen und sonstige vollständige Flugkörper (also auch Droh-nen oder Artillerieraketen), wenn deren Sprengköpfe atomare,bilogische oder chemische Komponenten beinhalten.

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Ansprechpartner

Bundesamt für Verfassungsschutz Tel. 0221-7920Abteilung IV Fax 0221-798365Postfach 10 05 53 e-Mail:[email protected] 445 Köln www.verfassungsschutz.de

Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Tel. 0331-2700230-Abteilung V- Fax 0331-2700230Postfach 60 11 2614 411 Potsdam

Senatsverwaltung für Inneres Berlin Tel. 030-901290-Abteilung II- Fax 030-90129844Postfach 62 05 60 [email protected] 795 Berlin www.berlin.de/verfassungschutz

Landesamt für Verfassungsschutz Tel. 0711-954400Baden Württemberg Fax 0711-9544444Postfach 50 07 00 [email protected] 337 Stuttgart www.baden-wuerttemberg.de/

verfassungsschutz

Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz Tel. 089-312010Postfach 45 01 45 Fax 089-3120138080 901 München [email protected]

www.verfassungsschutz.bayern.de

Landesamt für Verfassungsschutz Bremen Tel. 0421-53770Postfach 28 61 57 Fax 0421-537719528 361 Bremen [email protected]

Landesamt für Verfassungsschutz Hessen Tel. 0611-7200Postfach 39 05 Fax 0611-72017965 029 Wiesbaden [email protected]

www.verfassungsschutz-hessen.de

Freie und Hansestadt Hamburg Tel. 040-244443Behörde für Inneres Fax 040-428393838Landesamt für Verfassungsschutz www.hamburg.de/behörden/LfV/homepage.htmJohanniswall 4 III20 095 HambrugW

ir in

form

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n Si

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per FAX

per INTERNET

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Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern Tel. 0385-74200Postfach 11 05 52 Fax 0385-71443819 055 Schwerin [email protected]

Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Tel. 0511-67090Postfach 44 20 Fax 0511-670938830 044 Hannover [email protected]

Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Tel. 0211-8712821Abteilung Verfassungsschutz Fax 0211-8712980Postfach 10 30 13 [email protected] 021 Düsseldorf www.verfassungsschutz.nrw.de

Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz Tel. 06131-163772-Abteilung 6- Fax 06131-163688Postfach 32 80 www.verfassungsschutz.rlp.de55 022 Mainz

Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Tel. 0391-5673900-Abteilung 5- Fax 0391-5673999Postfach 18 49 [email protected] 008 Magdeburg www.mi.sachsen-anhalt.de/min/abt.5/index.htm

Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein Tel. 0431-9883500Abteilung IV 7 Fax 0431-9883503Postfach 71 2524 171 Kiel

Landesamt für Verfassungsschutz Saarland Tel. 0681-30380Postfach 10 20 63 Fax 0681-303810966 020 Saarbrücken

Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen Tel. 0351-85850Neuländer Straße 60 Fax 0351-858550001 129 Dresden [email protected]

www.sachsen.de/verfassungsschutz

Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz Tel. 0361-44060Postfach 10 15 06 Fax 0361-440625199 015 Erfurt

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