Proseminar: Lehrerrolle: Zwischen Autorität und...

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Prof. Dr. Rose Boenicke Institut für Bildungswissenschaft Universität Heidelberg Proseminar: Lehrerrolle: Zwischen Autorität und Gruppendynamik Texte und Materialien zum Seminar Wintersemester 2006/07 Di. 16.15 – 17.45 R. 005 und Gruppenräume 1

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Prof. Dr. Rose Boenicke Institut für Bildungswissenschaft Universität Heidelberg Proseminar: Lehrerrolle: Zwischen Autorität und Gruppendynamik Texte und Materialien zum Seminar

Wintersemester 2006/07 Di. 16.15 – 17.45 R. 005 und Gruppenräume

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Inhalt

1. Informationen zum Seminar

1.1 Ziele des Seminars

1.2 Semesterplanung

1.3 Bibliographie: Literatur und Links

2. Seminarmethoden

3. Einführung in das Thema:

Interview mit einer Schülerin

4. Texte und Informationen für die Arbeit in Gruppen

4.1 Themenfeld 1: Einführung/Begriffsbestimmungen

4.2 Themenfeld 2: Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht

4.3 Themenfeld 3: Soziale Lernprozesse in der Gruppe

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1. Informationen zum Seminar

1.1 Ziele des Seminars Gelegentlich sagen Lehramtsstudierende, dass ihnen ein spezielles Persönlichkeitsmerkmal für den Erfolg als Lehrer/-in als besonders wichtig erscheint: „Ein Lehrer muss Autorität ha-ben.“ Aber was heißt das genau? Sicher ist nicht nur Sachautorität im Sinne fachlicher Kom-petenzen gemeint – das ist eine notwendige, aber sicher nicht hinreichende Bedingung erfolg-reichen Unterrichtens.

In diesem Seminar soll diese grundlegende Vorstellung von Lehrerverhalten präzisiert und erweitert werden, aber auch in Bezug auf ihre Grenzen und auf alternative Sichtweisen unter-sucht werden. Eine solche alternative Sichtweise könnte darin bestehen, „dass die einzigen Lerninhalte, die Verhalten signifikant beeinflussen, selbst entdeckt, selbst angeeignet werden müssen“ (C. Rogers) und dass die Aufgabe des Lehrers darin besteht, Bedingungen bereitzu-stellen, in denen solche Lernprozesse möglich sind. Wenn wir uns mit Lehrerverhalten be-schäftigen, kommt zudem eine persönliche Sphäre ins Spiel, für die es kein im Voraus festge-legtes „richtig“ und „falsch“ gibt – keine Rezepte. Aber natürlich ist eine Unterscheidung zwischen „angemessen“ und „weniger angemessen“ sinnvoll, und darüber lässt sich nur ent-scheiden, wenn man das Zusammenspiel zwischen Lehrer und Schülergruppe zu analysieren vermag. Deshalb soll es in diesem Seminar auch um das Verständnis von Gruppenprozessen gehen.

Gleichzeitig wollen wir Ihnen mit der Form der Seminargestaltung eine Möglichkeit verschaf-fen, selbst aktiv mit Unterrichtssituationen Erfahrungen zu sammeln. Mit anderen Worten geht es nicht nur um Informationen über alte und neue Vorstellungen von Lehrer-Schüler-Interaktion und Vorschläge zu deren Umsetzung, sondern auch um eigene Erfahrungen mit solchen Vorschlägen in den Seminarsitzungen. Es geht nicht nur um die Diskussion von Beg-riffen wie Unterrichtsstile, Führungsaufgaben und die Entwicklung von Eigenständigkeit, sondern auch um das eigene Experimentieren mit Lehr-Lern-Formen, die den Aufbau eben dieser Kompetenzen zum Ziel haben.

Deshalb wird es einen Wechsel von Plenums- und Arbeitsgruppensitzungen geben, und Sie werden in den Arbeitsgruppen zwischen der Rolle der Lernenden und Lehrenden wechseln, indem Sie die Moderation einer Arbeitsgruppensitzung planen und durchführen (vgl. Kap. 4). Dazu bekommen Sie von uns eine Reihe von Hilfestellungen (vgl. Kap. 2).

Rose Boenicke

Olga Seewald

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1.2 Semesterplanung: PS Lehrerrolle: Zwischen Autorität und Gruppendynamik (WS 06/07) Datum/Thema Texte/Materialien Arbeitsform Themenfeld 1: Einführung/Begriffsbestimmungen 17.10. Einführung in das Thema

Vortrag: Geschichte der Interakti-onsstile

Plenum

24.10. Einführung in die Arbeitsformen Bildung von Arbeitsgruppen

Vortrag: Ziele und Methoden der Seminararbeit AGs: Impulstext? Oder nur Frage-stellung?

Plenum: Vortrag und Brainstor-ming AGs: Vorstellung/ Brainstorming zum Thema/Erstellung eines Ar-beitsplans

31.10. Begriffsbestimmung: Lehrerrolle

Wellhöfer (1993), Hollweg (2003), Schuere (2004), Steins (2005)

Arbeit in den Gruppen

07.11. Begriffsbestimmung: Autorität

Oesterreich (2000), Böhm (2005), Reichwein (1989)

Arbeit in den Gruppen

14.11. Autorität und Autonomie: Paradoxien des Lehrerberufs

Vortrag: Autorität und antiautori-täre Bewegungen: Der Wunsch nach dem starken Anderen

Plenum Diskussion

Themenfeld 2: Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht 21.11. Lehrer-Schüler-Interaktion

Ulich (2001), Fend (2006), Brö-ckelmann (2002)

Arbeit in den Gruppen

28.11. Klassenführung

Helmke (2003), Kiper/Mischke (2004)

Arbeit in den Gruppen

05.12. Offener Unterricht

Schumacher (2003), Peschel (2003)

Arbeit in den Gruppen

Gruppe 1 und 2: Nachbe-sprechung zu Themenfeld 2

Plenum für Gruppe 1 und 2 12.12.

Gruppe 3 und 4: Ablösung und Eigenständig-keit: Entwicklungspsycholo-gische Stadien

Montada (1994) Kohlberg (1996)

Arbeit in den Gruppen 3 und 4

19.12. Gruppe 1 und 2: Ablösung und Eigenständig-keit: Entwicklungspsycholo-gische Stadien

Montada (1994) Kohlberg (1996)

Arbeit in den Gruppen 1 und 2

Gruppe 3 und 4 Nachbesprechung zu The-menfeld 2 Gruppe 3 und 4

Plenum für Gruppe 3 und 4

Themenfeld 3: Soziale Lernprozesse in der Gruppe 09.01. Gruppenprozesse in der Schulklasse

Rosemann/Bielski (2001), Wellhö-fer (1993), Fend (2006), Steins (2005)

Arbeitsgruppen

16.01. Modelle der Konfliktregelung

1. Gordon-Methode 2. Konstanzer Trainings-Modell 3. Trainingsraum-Methode 4. Mediation

Arbeitsgruppen zu unterschiedli-chen Formen der Konfliktregelung

23.01. Modelle der Konfliktregelung

Plenum: Präsentation der Gruppen 1 und 2

30.01. Modelle der Konfliktregelung

Plenum: Präsentation der Gruppen 3 und 4

Nachbesprechung und Evaluation 06.02.

Plenum

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1.3 Bibliographie: Literatur und Links Vorbemerkung: Eine Reihe der Buchpublikationen ist im Umkreis der anitiauoritären Bewegung der sechziger Jahre entstanden und setzt sich mit dem Thema „Führen und verführen“, d.h. mit den schädlichen Folgen der Bindung an Autoritäten auseinander. Da dies auch heute noch eine relevante Fragestellung ist, werden einige dieser Texte hier aufgenommen. Gleichzeitig ist sichtbar, dass sich für die Autoritätsthematik eine neue Kon-junktur anbahnt, und zwar unter dem Gesichtspunkt der „Guten Autorität“ und der Rollenverteilungen in Grup-penprozessen, zu denen auch Leitungs- und Führungsaufgaben gehören.

Auswahlbilbiographie: Becker, E. E. (2006), Lehrer lösen Konflikte. Handlungshilfen für den Schulalltag. Weinheim, Basel (Neuausgabe) [Fn 81.1]

Bergmann, W. (2004), Gute Autorität. Grundsätze einer zeitgemäßen Erziehung. Wiesbaden [Ds 2004.3]

Bovet, G./Huwendiek, V. (2004), Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psychologie für den Lehrerberuf. Berlin [Fl 94.8]

Brunner, E.J. (2001), Lehrer-Schüler-Interaktion. In: Rost (Hg), Handwörterbuch Pädagogi-sche Psychologie, Weinheim, 2. Aufl. [AC II 2.1]

Fend, H. (2006), Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssyste-men. Wiesbaden [Fa 2006.1]

Fend, H. (1994), Die Entdeckung des Selbst und die Verarbeitung der Pubertät. Bern, Göttin-gen [C II Jd 90.1]

Fend, H. (1971), Konformität und Selbstbestimmung. Weinheim [C III G 71.4]

Frey, V. (2005), Mut zur Macht. Starke Schulen brauchen starke Lehrer. Baltmannsweiler [Fl 2005.9]

Furck, C.-L. et al. (Hg.) (1967), Zwang - Autorität – Freiheit in der Erziehung. Weinheim, Berlin [Dek 67.1]

Gamm, H.-J. (1964), Führung und Verführung. Pädagogik des Nationalsozialismus. München [Bu 64.1]

Geißler, E. E. (Hg.) (1977), Autorität und Freiheit. Bad Heilbrunn, 5. Aufl. [Dek 70.1]

Geißler, E.E./Wollersheim, H.-W. (1991), Autorität und Disziplin. In: L. Roth (Hg.), Pädago-gik. Handbuch für Studium und Praxis. München [AD 1.11]

Horkheimer, M. et al. (1968), Der autoritäre Charakter. 2 Bde. Amsterdam [Dek 68.2]

Miller, R. (1999), Beziehungsdidaktik. Weinheim, Basel [Ea 99.1]

Ripp, S./Seipel, Ch./Kindervater, A. (Hg.) (2000), Autoritarismus. Kontroversen und Ansätze der aktuellen Autoritarismusforschung. Opladen [Dek 2000.1]

Sennett, R. (1990), Autorität. Frankfurt/M. [Dek 80.1]

Spranger, E. (1958), Der geborene Erzieher. Heidelberg [C II C 58.1]

Steins, Gisela (2005), Sozialpsychologie des Schulalltags. Stuttgart [C II Ka 2005.1]

Ulich, K. (2001),Einführung in die Sozialpsychologie der Schule. Weinheim, Basel [C II Jc 2001.1]

Wellhöfer, P. (1993), Gruppendynamik und soziales Lernen. Theorie und Praxis der Arbeit mit Gruppen. Stuttgart [Nmb 93.1]

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Internet-Adressen Elektronischer Semesterapparat zum Seminar: http://esem.uni-hd.de Arbeitseinheit Schulpädagogik des IBW (Materialien zu Lehrveranstaltungen und Schul-pädagogik allgemein) http://www.ibw.uni-heidelberg.de/~aeschule/ Zentrum für Lehrerbildung Uni Heidelberg http://zlb.uni-hd.de Landesbildungsserver Baden-Württemberg www.bw.schule.de Literaturdatenbank www.fachportal-paedagogik.de/fis_bildung www.swr2.de/wissen(insbesondere Samstags-Sendungen zu Bildungsthemen) Weitere Links: http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za242/osa/http://www.bildung-staerkt-menschen.de/

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2. Seminarmethoden In diesem Seminar versuchen wir Ihnen zwei unterschiedliche Wissensformen gleichzeitig zu ver-mitteln: Theoriewissen und Handlungswissen. Pädagogisches Theoriewissen ist für Studierende, die Lehrer werden wollen, wichtig, um eine Kategoriensystem zur Beurteilung von Schule, Unterricht und eigenen Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und dies auch formulieren zu können. Ohne Begriffe lässt sich die eigene Position weder klären noch begründen. Insofern kann man wirklich sagen, dass eine gute Theorie praktisch ist.

In gewissem Umfang wird jedoch auch in diesem Seminar auch zum Erwerb von Handlungswissen angeregt: durch die Planung, Durchführung und Auswertung einer Arbeitsgruppensitzung. Ziel der Arbeitsgruppen ist nicht die Erarbeitung der „einen“, „richtigen“ Position oder Lösung oder Ant-wort, sondern das Kennenlernen eines Diskussionsstands und die Entwicklung einer eigenen Hal-tung (die begründet werden muss, wozu man Begriffe, Kategorien etc. braucht, s.o.). Ziel der Ar-beitsgruppen ist auch, die Schülerrolle zu verlassen und Verantwortung für den gemeinsamen Lern-prozess zu übernehmen. Deshalb gibt es keine Tutoren, die in die Rolle des Lehrers schlüpfen, son-dern jeder Teilnehmer ist im Laufe des Semesters selbst einmal Lehrperson.

2.1 Moderation von Arbeitsgruppen Für jede Arbeitsgruppensitzung übernimmt ein Moderator oder besser noch ein Moderatoren-Tandem, d.h. zwei Studierende, die Verantwortung. Moderator sein heißt: Sie planen die Sitzung, führen sie durch und werten sie aus. Planung und Auswertung ist Grundlage des Leistungsnachwei-ses. Moderatorinnen und Moderatoren sind keine Experten für das Thema und wissen darüber nicht mehr als die anderen. Aber sie haben Verantwortung für den Ablauf der Seminarsitzung übernom-men. Ihre Aufgabe ist es, die gemeinsame Arbeit zu strukturieren, eine Diskussion zu ermöglichen und am Ende eine Ergebnissicherung vorzunehmen.

Als Moderator lesen Sie Texte und weitere Materialien, auf die Sie in diesem Reader Hinweise er-halten. Dabei handelt es sich zum großen Teil um Texte, die in der Bibliothek des Instituts für Bil-dungswissenschaft vorhanden oder über das Internet zugänglich sind. Einige Texte haben wir auch in den elektronischen Semesterapparat der UB (ESEM) eingestellt. Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie Schwierigkeiten bei der Textbeschaffung haben! Ihre Aufgabe ist es, aus diesen Materialien auszuwählen. Wichtig ist, dass Sie sich ein eigenes Urteil bilden, was Sie für „Ihre“ Sitzung benut-zen wollen: Sie überlegen, welche Materialien und Textpassagen für ein Verständnis des Themas besonders wichtig sind und wie sie erarbeitet werden können:

Zum Beispiel können Sie besonders zentrale Passagen den Teilnehmern vorher zum Lesen als Hausaufgabe austeilen oder Sie können Textteile in „Ihrer“ Sitzung gemeinsam erarbeiten und dis-kutieren oder Sie können einzelne Textpassagen in Form eines kurzen Vortrags selber einbringen. Sie können die verwendeten Materialien ausschließlich als Ihre eigene Hintergrund-Information benutzen und auf dieser Basis eine Unterrichtssequenz entwickeln. Wahrscheinlich ist eine Mi-schung aus all diesen Elementen oft am sinnvollsten. Sie können auch Experten, z.B. Lehrer, die Erfahrung mit dem behandelten Thema haben, einladen. Als Moderator legen Sie fest, was an Inhal-ten auf jeden Fall vermittelt bzw. erarbeitet werden sollte und wählen geeignete Methoden dazu aus. Sie überlegen, in welche Phasen sich die Sitzung gliedern soll, wie lang die einzelnen Phasen dau-ern, wer welche Rolle übernimmt und welche Aufgaben die Teilnehmer gestellt bekommen.

Die meisten Materialien, die Sie für die Durchführung der von Ihnen moderierten Arbeitsgruppen-sitzung brauchen, erhalten Sie im Arbeitszimmer der Seminarleitung R 131 (Folien und Folienstifte, Plakate und Eddings, Mindmap-Karten, Klebeband, Kreide, Overheadprojektor. Auf Vorbestellung Beamer etc. Außerdem gibt es in der Bibliothek des IBW einen Medienkoffer. Es empfiehlt sich,

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ihn vorzubestellen). Wir sind ab ca. 15.00 Uhr da, um Materialien auszugeben, und stehen Ihnen auch gerne zur Verfügung bei inhaltlichen Fragen und zur Besprechung Ihrer Planung.

Zur Anregung schlagen wir folgende Strukturierung einer Arbeitsgruppensitzung vor: • Einstieg: Eigene Einführung ins Thema oder gemeinsames Brainstorming: In welchem Zusam-

menhang steht das Thema zur vorangegangenen Diskussion? Welche Aspekte sind daran beson-ders interessant/relevant/aktuell? Gibt es praktische Beispiele zur Verdeutlichung des Themas?

• Erarbeitung neuer Informationen: Zusammen in Gestalt eines Kurzvortrags oder anhand ausge-wählter Textpassagen? Oder arbeitsteilig in Zweiergruppen zu jeweils einer Textpassage? Oder in Einzelarbeit zu unterschiedlichen thematischen Aspekten? Was tun, wenn eine Grup-pe(Person früher fertig ist? Zusatzfrage? Wie sollen die Ergebnisse festgehalten werden? (Stichwörter, Thesen, Sammlung von Pro-/Contra-Argumenten? Als Folie, Mindmap, Plakat?)

• Sammlung der Ergebnisse: Wie soll die Visualisierung aussehen? (Bei Folien und Plakaten An-gaben zu Lesbarkeit und Schriftgröße machen!) Wie kann der Einstieg in die Diskussion ausse-hen? (evtl. dazu vorher Fragen überlegen) Was tun, wenn die Diskussion nicht in Gang kommt?

• Rückmeldung an die Moderatorinnen/Moderatoren: Blitzlicht/Feedback-Runde: Wie zufrieden sind wir mit dem Ablauf?

• Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Themenschwerpunkte und Diskussionsergebnisse nach dem Ende der Sitzung (ca. 1 Seite als Handout für die Teilnehmer, s.u.).

Tipps zur Diskussionsführung • Vorher überlegen, welche Aspekte so wichtig sind, dass sie auf jeden Fall angesprochen werden

müssen. • Wichtige Aussagen und Fragen von Zeit zu Zeit zusammenfassen. • Vom Thema wegführende Beiträge als solche kennzeichnen. Notfalls unterbrechen! • Deutlich machen, dass Sie nicht Experte sind und nicht unbedingt mehr wissen als die anderen.

Deshalb Fragen an die Gruppe zurückgeben und gemeinsam nach Antworten suchen. • Darauf achten, dass möglichst alle zu Wort kommen. Für Schweigende kann es hilfreich sein,

sie auch mal direkt anzusprechen: „Wie siehst du das?“ – „Siehst du das auch so?“

Das Handout mit den wichtigsten Themenschwerpunkte und Diskussionsergebnissen der Arbeits-gruppensitzung soll zur Orientierung der Teilnehmer dienen. Möglicherweise sind Fragen entstan-den, die Sie mit der Seminarleitung klären und die Resultate in diese Zusammenfassung einarbeiten können. Sie ist zugleich Teil des Moderatorenberichtes (vgl. 2.7). Die Moderatoren sollten dieses kurze Handout den Teilnehmern und die Seminarleitung möglichst zeitnah nach der Sitzung per E-Mail zukommen lassen oder zumindest in die folgende Sitzung mitbringen.

2.2 Wie komme ich an Literatur? • Einige Materialien liegen in elektronischer Form in ESEM vor. • Fast die gesamte angegebene Literatur finden Sie in der Bibliothek des IBW. Wir haben sie

nicht in den Semesterapparat eingestellt (außer einige wenige Grundlagentexte), weil sie dann eher ausleihbar ist (Ausleihe über das Wochenende; bitte setzen Sie sich mit den Moderatoren der Parallelgruppen in Verbindung, um sich nicht gegenseitig die Texte „wegzuschnappen“). Diese Literatur finden Sie ggf. auch in der UB bzw. der PH-Bibliothek.

• Für den Notfall (Bücher an allen verfügbaren Standorten vermisst, ausgeliehen etc.) haben wir einen Ordner im Raum 131 (Büro von Prof. Boenicke) angelegt, in dem alle Literaturtitel als Kopiervorlage hinterlegt sind. Die Erfahrung zeigt leider, dass Texte, die als Kopiervorlage in einem öffentlich zugänglichen Ordner im Semesterapparat der IBW-Bibliothek stehen, früher oder später verschwunden sind.

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2.3 Arbeitstechniken für Gruppen

Plenum Methode: • eine (Groß-)Gruppe beschäftigt sich im Plenum („Vollversammlung“) mit demselben Thema • zwei Möglichkeiten: Vortrag eines Einzelnen oder Diskussion der gesamten Gruppe • Diskussion: die Moderatoren versuchen, die Diskussion zu leiten (Leitfragen formulieren!) • Vortrag: kurz und prägnant, wichtige Punkte visualisieren; Ziel: strukturierter Überblick Pro/Contra: • Gefahr: einzelne (ggf. viele) Teilnehmer der Gruppe schalten gelangweilt ab (Frontalunter-

richt) • zurückhaltende Personen können sich gut in der großen Gruppe hinter anderen „verstecken“,

und extrovertiertere Teilnehmer reißen die Diskussion an sich und verstärken diesen Effekt • eignet sich gut zum Zusammentragen wichtiger Informationen (jeder Teilnehmer hört dassel-

be). Kleingruppe Methode: • man bildet Gruppen von maximal 4 Personen, die sich mit einem Thema auseinandersetzen • jede Kleingruppe bekommt Materialien (z.B. ein Arbeitsblatt) bzw. eine konkrete Fragestel-

lung • dabei können alle Gruppen dasselbe Thema bearbeiten oder verschiedene Teilbereiche • im Anschluss werden die Ergebnisse aller Kleingruppen im Plenum zusammengetragen (wich-

tig da Gruppen mit derselben Fragestellung auf völlig unterschiedliche Lösungen kommen können)

Pro/Contra: • in Kleingruppen können sich zurückhaltende Personen weniger verstecken: jeder trägt etwas

bei • der Lernprozess verläuft individueller als im Plenum (trägt zu nachhaltigerem Lernen bei) • nicht jede Kleingruppe funktioniert reibungslos (evtl. Spannungen oder mehrere „Spaßvögel“) • der Moderator kann nicht bei jeder Gruppe gleichzeitig sein, um eventuelle Fragen zu klären Mindmap Methode: • das Papier wird im Querformat genutzt! In die Mitte der Seite wird ein Schlüsselwort gestellt,

ein einprägsames Bild oder eine kleine Skizze gezeichnet, die das behandelte Thema darstellt • vom Zentrum aus wird für jeden tiefergehenden Gedanken / Unterpunkt eine Linie gezeichnet • auf diese Linien werden Schüsselworte zu den Unterpunkten geschrieben (in Druckbuchstaben) • von den eingezeichneten Linien können wiederum Linien ausgehen, auf denen die einzelnen

Hauptgedanken weiter untergliedert werden (von diesen aus wiederum andere usw.) • unterschiedliche Farben erhöhen die Übersichtlichkeit und betonen Zusammenhänge • Symbole jeder Art sind so oft wie möglich zu nutzen; sie erleichtern die Erfassung des Inhalts Pro/Contra: • ein Mindmap kann organisch wachsen; durch weitere Verästelungen lässt es sich leicht erwei-

tern • es wird schnell deutlich, wo Klarheit über das Thema besteht bzw. wo noch Lücken zu füllen

sind • ein Mindmap verdeutlicht Strukturen und Zusammenhänge (gut für Wiederholung des Stoffes) • es kann jedoch keine tiefergehenden Inhalte aufzeigen (begrenzter Platz; weniger ist mehr!)

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Grundlagen

Einsatzfelder

Vorzüge

Mind-Mapping

Technik

Gehirnforschung

Beide Gehirnhälf-ten

wie kreative Denkvorgänge

Leicht zu ergänzen

Kaum Wiederholun-gen

vor/in Gruppen

visualisieren präsentieren

moderieren

individu-

Pläne

Redeunterlagenen

Briefe Manuskripte

Entwürfe

Lernen

Wandplakat Methode: • auf einem großen Plakat (mind. DIN A2, eher DIN A l) wird ein Thema strukturiert dargestellt • bevor man das Plakat beschriftet, sollte man sich Skizzen anfertigen, was wohin gehört • Überschrift: groß und deutlich, damit man rasch erkennt, um welches Thema es geht (Buchsta-

bengröße vorher testen – sich ans Ende des Raumes stellen!) • Kürze / Prägnanz: nur wenig Text, kurze Sätze (lassen sich leicht lesen, prägen sich besser ein) • Gliederung: in Abschnitte (gleiche Inhalte unter gleicher Zwischenüberschrift zusammenfassen) • Bilder: (gute) Bilder machen vieles klarer; aber: sparsam damit umgehen (kein Fotoalbum!) • Ordnung schaffen: Farben und Symbole helfen, um den Platz auf dem Plakat zu strukturieren • Zeichnungen helfen erklären: manches lässt sich weder mit Worten noch mit Fotos beschreiben • keine Langeweile bitte: auch ungewöhnliche Dinge sind erlaubt (falls Bezug zum Thema) • weniger ist oft mehr: ein Plakat darf nicht zu voll und überladen sein (leere Flächen sind nötig) Pro/Contra: • ein Plakat kann schnell einen strukturierten Überblick über ein Thema verschaffen • wie in einem Museum / einer Ausstellung können die Betrachter von Plakat zu Plakat wandeln • dabei kann jeder sich soviel Zeit nehmen wie er braucht (jeder hat ein individuelles Lerntem-

po) • ein „Experte“ für das Thema kann beim Plakat stehen und offene Fragen der Betrachter klären • Gefahr: manchmal geht es den Herstellern mehr um die Form ihres Plakats als um dessen In-

halt Blitzlicht Methode: • die Teilnehmer sagen reihum jeder ein, zwei Sätze zu einem bestimmten Thema (klare Frage-

stellung) • es wird nichts (!) kommentiert; jedem wird schweigend zugehört, bis alle an der Reihe waren • erst im Anschluss fasst der Moderator wesentliche Punkte zusammen oder es wird diskutiert

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• es ist jedoch auch möglich, dass gar nicht mehr über das Gesagte diskutiert wird (vorher klä-ren!)

Pro/Contra: • eignet sich gut als Eröffnung für ein freies Brainstorming (Sammlung unkommentierter Ideen) • da jeder etwas sagen muss, werden auch Ideen von sonst eher zurückhaltenden Leuten gehört • weil erst mal nichts kommentiert wird, können auch unangenehme Punkte vorgebracht werden,

ohne dass man sich sofort für eine geäußerte Meinung den anderen gegenüber rechtfertigen muss

• eignet sich gut, um ein Thema / eine Sitzung abzuschließen („Was haben wir heute gelernt?“) • führt häufig zu Wiederholungen (kann sehr positiv sein, da es zeigt, was besonders wichtig ist) Aktives Zuhören Methode: „aktives Zuhören“ ist die wichtigste Grundlage für eine gute Zusammenarbeit; hierzu zählt: • nicht bloß mit „ja“ und „nein“ antworten, sondern Sätze des Gesprächpartners in eigenen Wor-

ten aufgreifen und so den Gesprächsfaden weiterspinnen (zeigen, dass man versteht) • aufmerksam zuhören, bei Unklarheiten nachfragen, zwischen den Zeilen hören • den Partner entspannen durch freundliche Zuwendung (Blickkontakt halten!) • durch Vorwürfe und Kritik nicht aus der Ruhe bringen lassen (nichts persönlich nehmen) • das Interessante und Wichtige herausfinden, sich in die Situation des Partners versetzen • sich auf den Gesprächspartner konzentrieren und dies durch Körperhaltung ausdrücken • Geduld haben und nicht unterbrechen; sich nicht in den Vordergrund drängen • das Positive am Partner erkennen; sich nicht zu sehr von negativen Dingen einnehmen lassen Pro/Contra: • aktives Zuhören ist in jeder Gruppe-Situation nötig, egal ob im Plenum oder der Kleingruppe • man muss sich aufsein Gegenüber einlassen und eine ehrliche, offene Kommunikation führen Rollenspiel / „Pro-Contra-Debatte“ Methode: • die Teilnehmer werden in zwei Gruppen aufgeteilt, die gegensätzliche Standpunkte diskutieren • sie bekommen Material mit Informationen und filtern aus diesem die Argumente für die von

ihnen zu vertretende Position (evtl. reicht auch ein reines Brainstorming zur Ideensammlung) • anschließend diskutieren sie die erarbeiteten Positionen (Redezeit sollte strikt festgelegt sein) • Rollenverteilung: mehrere reden, manche beobachten nur die Gegenseite (Varianten denkbar!) Pro/Contra: • eignet sich v.a., um umstrittene (d.h. bildungspolitische) Positionen miteinander zu vergleichen • i.d.R. sehr lebendige Diskussionen, Teamwork wird gefördert, Moderatoren bleiben neutral • man muss ggf. auch mal eine andere als die eigene Position vertreten (dafür gäbe es allerdings

auch Pro-Argumente…) • Schwächung der Ernsthaftigkeit einiger Argumente durch den Spiel-Charakter der Debatte

2.4 Beratungsbedarf Falls Sie Unsicherheiten bezüglich Ihrer Planung mit uns durchsprechen wollen: Wir sind immer vor der Seminarsitzung ab 15.00 Uhr in R. 131 zu erreichen.

Beratungsbedarf entsteht aber häufig auch in den Arbeitsgruppensitzungen selbst; z.B. wollen Sie wissen, was die richtige Lösung eines Problems ist. Dabei ist zu bedenken, dass es in pädagogi-schen Fragen selten um „richtig“/“falsch“ geht. Dementsprechend sehen wir die Aufgabe der Ar-

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beitsgruppen auch eher darin, sich mit dem jeweiligen Diskussionsstand zu einem Thema vertraut zu machen und eine möglichst große Spannweite von Positionen dazu kennen zu lernen. Dennoch kann dies als verunsichernd erlebt werden. Hinzu kommen gelegentlich echte Informationsfragen und Unklarheiten – all dies möchten Sie mit der Seminarleitung klären.

Wir „wandern“ zwar in jeder Arbeitsgruppensitzung durch die Gruppen, tauchen aber bezüglich eines möglichen Diskussionsbedarfs in der Regel nicht zum richtigen Zeitpunkt auf, der Zufall will es eher, dass Sie sich gerade in einer Arbeitsphase befinden, wo unser Erscheinen ablenkt und keine Zeit für Ihre Fragen ist. Folgende Lösungsmöglichkeiten können wir anbieten zur Bewältigung die-ses Problems:

• Die Gruppe sammelt diesbezügliche Fragen. Für den 12. und 19. Dezember sind „kleine“ Teilplenen mit jeweils zwei Arbeitsgruppen vorgesehen, um solche Fragen zu besprechen.

• Die Moderatoren der Folgesitzung planen eine Diskussion der aufgetauchten Frage in ihr Pro-gramm ein und laden die Seminarleitung dazu ein.

• Einer der beiden Moderatoren verständigt die Seminarleitung im Laufe der Sitzung. An deren Ende wird dann die Frage gemeinsam diskutiert.

2.5 Möglichkeiten der Rückmeldung für Moderatoren Die Moderatoren bekommen aus der Gruppe eine Rückmeldung, wie die Sitzung gelaufen ist. Wir schlagen vor, dass dies zunächst als Blitzlicht der gesamten Gruppe stattfindet und dann von den Moderatoren der vorangegangenen Sitzung ergänzt wird, und zwar zu folgenden Fragen:

• Was war gut? • Was hättet Ihr anders gemacht? • Woran sollten wir arbeiten?

2.6 Formblatt für Arbeitsgruppen-Protokolle Außerdem sollten die Moderatoren möglichst direkt nach ihrer Sitzung das Protokollblatt auf S. 13 ausfüllen. Es dient zum einen dazu, das Feedback der Teilnehmer festzuhalten, und sollte in ihren Moderationsbericht einfließen. Zum anderen gibt es auch der Seminarleitung wichtiges Feedback. Bitte kopieren Sie es daher nach dem Ausfüllen für Ihre eigenen Unterlagen und geben Sie es dann bei uns ab, bzw. werfen Sie es ins Postfach von Prof. Boenicke am Ende des Gangs im 1. Stock.

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Protokoll der Arbeitsgruppen-Sitzung am:

Thema der Stunde:

Das war gut: (warum?) (Bsp.: Beteiligung, Atmosphäre, Informationsgewinn, Zeitplanung etc.)

Das hat mir nicht gefallen: (warum?) (vgl. oben)

So schätze ich die Qualität der von mir verwendeten Texte ein: (Bsp.: informativ? oberflächlich? zu viel Redundanz im Vergleich zur letzten Sitzung?)

Darüber sollte sich die Seminarleitung unbedingt Gedanken machen:

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2.7 Arbeitsgruppen und die Rolle der Seminarleitung Das Seminar besteht aus einem Wechsel zwischen Plenums- und Arbeitsgruppensitzungen. In der Mehrzahl haben sowohl die Studierenden als auch wir in den zurückliegenden Semestern mit der Arbeitsform der moderatorengeleiteten Gruppe gute Erfahrungen gemacht. Wir möch-ten über diese Seminarmethode den Studierenden die Möglichkeit geben, sich selbst in der Rolle des Lehrenden zu erproben und Erfahrungen damit zu sammeln. Im Gegensatz zur übli-chen Arbeitsgruppe basiert diese Seminarmethode auf einer genauen Planung und Absprache der Rollen bzw. Verantwortlichkeiten jedes einzelnen.

Gleichzeitig ist diese Arbeitsweise auch aus der Not zu großer Seminare geboren: Die neue Prüfungsordnung bedeutet eine Verdopplung der Leistungsnachweise. Die zugesagte Ver-dopplung der Stellen ist jedoch nicht eingetreten und somit eine angemessene Aufstockung des Angebots an Lehrveranstaltungen nicht möglich. Es hat keinen Sinn, Zulassungsbe-schränkungen auszusprechen, da damit das Problem für Sie nicht gelöst ist.

Durch gute Planung erleben die meisten Studierenden die Arbeitsgruppen-Sitzungen als ef-fektiv, aber für die Seminarleitung ist es schwierig, während dieser Phasen eine sinnvolle Rol-le zu spielen. Der Gang von Arbeitsgruppe zu Arbeitsgruppe wird von den Studierenden doch eher als Kontrolle erfahren und lähmt insofern oft die Diskussion. Bestenfalls wirkt die An-wesenheit der Seminarleiterin nicht allzu störend. Andererseits gibt es bei den Studierenden durchaus ein Bedürfnis nach sporadischer Anwesenheit der Seminarleitung für Rückmeldun-gen oder Klärung von Fragen. Wir haben uns deshalb dafür entschieden, präsent zu sein, in-dem wir durch die Gruppen gehen, uns aber gleichzeitig eher im Hintergrund zu halten, wenn nicht gerade ein Problem ansteht. Wir sind jederzeit ansprechbar und freuen uns auch darüber, wenn die Moderatoren uns einbeziehen. Das kann spontan geschehen, sie können aber auch eine Diskussion- oder Fragerunde mit uns einplanen, sie können uns um einen eigenen Bei-trag zu einem Thema bitten oder sie können mit uns zusammen die Sitzung planen.

2.8 Leistungsnachweise (Bericht, Hausarbeit, Fehlquote) Um einen (Teilnahme- oder Leistungs-) Schein zu bekommen, dürfen Sie nicht öfter als drei Mal im Verlauf des Semesters gefehlt haben.

Ein benoteter Leistungsnachweis wird dadurch erworben,

• Dass Sie entweder an der Moderation einer Seminarsitzung teilnehmen und einen Bericht dazu schreiben (s.u. 3.7). Wenn Sie den Bericht allein verfassen, sollte er ca. 5 bis 6 Sei-ten lang sein, wenn Sie ihn zusammen verfassen, sollte er etwas umfangreicher sein (ca. 8 Seiten), indem Sie entweder den Diskussionsverlauf genauer darstellen oder Ihre persönli-chen Einschätzungen und Erfahrungen;

• oder zu zweit die Präsentation der Ergebnisse Ihrer Arbeitsgruppe im Plenum am 23.1. oder 30.1.2007 übernehmen und dazu einen kurzen Bericht (ca. 6-8 Seiten) schreiben;

• oder dass Sie eine Hausarbeit zu einem der Themenschwerpunkte des Seminars verfassen (ca. 15 Seiten).

2.9 Leistungsnachweis der Moderatoren Über die Moderation der Sitzung wird ein Bericht geschrieben. Da Sie schon viele Energien in die Planung und Durchführung der Sitzung investiert haben, braucht er nur ca. 5 Seiten (allein verfasst) bzw. 8 Seiten (zu zweit verfasst) zu umfassen. Für den Bericht sollten Sie die folgenden Gliederungspunkte verwenden:

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Name: Fächer, Studiengang, Semester: Thema der Stunde/Datum: 1. Einführung • Stellenwert des Themas für die Fragestellung des Seminars • Vorstellung der verwendeten Literatur 2. Kompetenzen, die Teilnehmer erwerben sollen: • Sachkompetenz – Verfügbarkeit von Wissen: • Methodenkompetenz – Verfügung über folgende Arbeitsmethoden: • Sozialkompetenz – Kommunikationsformen: • Personale Kompetenz – Klärung eigner Einstellungen, Bewertungen, Positionen 3. Darstellung der Stunde • Planung der Vorgehensweise • Tatsächlicher Ablauf und Gründe für Veränderungen gegenüber der Planung • Darstellung der Diskussion • Handout/Zusammenfassung: Die wichtigsten Themenschwerpunkte und Diskussionser-

gebnisse 4. Bewertung der Stunde • Umsetzung der Kompetenzbereiche • Was folgt inhaltlich aus der Sitzung? Was muss noch klarer werden? • Einschätzung: Das war für mich eine gute Erfahrung/Das sehe ich eher kritisch

Auf jeden Fall muss Ihrer Arbeit ein ausgefülltes Scheinformular beigelegt werden (erhältlich in der Bibliothek) – sonst wird Ihre Arbeit nicht gelesen!

2.9 Themenvorschläge für Hausarbeiten Sie können grundsätzlich jedes Thema wählen, das Gegenstand einer Seminarsitzung war. Ebenfalls können Sie jeden der Texte der Auswahlbibliographie wählen und zur Grundlage einer intensiveren Beschäftigung machen – z.B. in Form eines Vergleichs mit der Position eines anderen Texts oder in Gestalt einer Rezension des Buches. Außerdem können Sie auch ein Thema frei wählen, sofern es in ersichtlichem Zusammenhang mit den thematischen Schwerpunkten des Seminars steht. Es muss dann aber mit der Seminarleiterin abgesprochen werden.

2.10 Wie komme ich zu meinem Leistungsnachweis? Nachdem Sie eine der Formen eines Leistungsnachweises erbracht haben:

• Moderation + Bericht oder

• Hausarbeit

geben Sie Ihren Text bei mir ab – entweder persönlich oder bei Frau Langkopf (Zi. 133, tägl. 9.00-12.00 Uhr) oder Sie werfen ihn in mein Fach (1.Stock, Ende des Ganges). Bitte legen Sie auf jeden Fall ein ausgefülltes Scheinformular bei und benutzen Sie bitte nach Möglichkeit

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keine aufwändigen Plastikmappen – sie nehmen zu viel Platz weg. Eine einfache Prospekthül-le reicht aus.

Nach ca. einem Monat sollte Ihr benoteter, abgestempelter Schein im Kasten bei der Biblio-thekswache zum Abholen bereit liegen. Leider geht es nicht schneller, da es sehr viele Arbei-ten sind. Ihre Arbeit sollten Sie bei Frau Langkopf (s.o.) abholen, was ich Sie sehr bitte, tat-sächlich auch zu tun. Denn ich habe sie aufmerksam gelesen und einen Kommentar dazu ge-schrieben.

Wenn Sie wollen, können Sie gerne zu einer Nachbesprechung Ihrer Arbeit in meine Sprech-stunde kommen.

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3. Einführung in das Thema Ein Interview mit einer Schülerin1

Aus: Gisela Steins (2005), Sozialpsychologie des Schulalltags – Das Miteinander in der Schule. Stuttgart, S. 10-18. L: Wer ist eigentlich dein Lieblingslehrer?2

S.: Das ist eigentlich schwer, weil alle Lehrer nett sind. Aber auf eine andere Art und Weise. Ich mag Herrn M., Herrn K. und Frau W. und Frau B.

L: Was magst du denn an denen so? S.: Also Frau B. und Herr K., die verstehen auch mal Spaß, aber bei Herrn K., bei Frau B.

und Frau W. ist das so, dass sie es nicht zu weit treiben mit dem Spaß. Herr M. übertreibt manchmal. Aber der ist zu jedem Schüler gleich nett und deshalb mag ich ihn.

L: Was heißt denn „Spaß" machen? Nenne mal ein Beispiel. S.: Ja, wenn jetzt Irgendwas passiert, wenn jetzt einer mit dem Stuhl umkippt, dann ist das

nicht unbedingt witzig, aber wenn demjenigen nichts passiert ist, dann kann man da auch drüber lachen.

I.: Und was heißt übertreiben? S.: Wenn man die ganze Stunde nur Scherze macht. L.: Was ist daran nicht so toll? S.: Ja, das ist ja Unterricht. L: Was ist denn noch nett an den Lehrern? S.: Dass die überhaupt kommen und uns unterrichten. L: Aber das gehört ja zu deren Beruf. Du sagst du findest es nett, wenn der Lehrer auch mal

einen Spaß machen kann. Was findest du an denen denn noch nett? S.: Das weiß ich nicht. L: Machen die besonders interessanten Unterricht? S.: Ja, ich finde schon. L: Was machen die denn da gut? Was ist denn daran besonders interessant? Liegt das

am Fach oder liegt das am Lehrer? S.: Ich glaube das liegt auch am Lehrer. L: Was machen die denn da so interessant? S.: Mein Musiklehrer, der bemerkt nicht mal, der weiß nicht mal, wann er zum letzten Mal,

wann er zuletzt die A-Moll-Tonleiter gemacht hat und wiederholt die dann fünfmal in der Woche und die anderen Lehrer, die haben einfach Übersicht über das, was sie gemacht ha-ben.

L: Und was machen die noch besser am Unterricht als die anderen Lehrer? S.: Die Klasse einfach ruhiger halten. L: Wie machen die das denn? S: Also, ich weiß nicht. Man respektiert die mehr. L: Warum? Nenne mir mal ein Beispiel von einem Lehrer, den ihr überhaupt nicht

mögt. S.: Herrn T. L: Warum respektiert ihr den nicht? S.: Weil der, na ja, das ist so. Ich respektiere den schon, aber viele aus der Klasse halten den

eh für homosexuell und verachten den deswegen, weil die sich davor ekeln. L.: Wie kommen die darauf, dass Herr T. homosexuell sein soll?

1 Beim vorliegenden Text handelt es sich um ein „Interview, das ich 2004 mit einer Schülerin der sechsten Klasse eines koedukativen Gymnasiums geführt habe.“ (G. Steins, S. 10, Anmerkung R. Boenicke) 2 Alle Namen wurden geändert.

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S.: Weil - das weiß ich auch nicht, aber -, ich weiß es nicht. I.: Meinst du, die würden auch Herrn K. so behandeln, wenn sie denken, der ist ho-

mosexuell? S.: Nein. L.: Woran liegt das noch? S.: Er kann sich nicht richtig gegen die Klasse wehren, die ist mächtiger als er. Also, er kann

Klassenbucheinträge verteilen, aber, wenn er das gemacht hat, dann finden die anderen das toll.

L.: Warum finden die das denn toll? S.: Weil das als besonders cool gilt. Schätze ich mal. L.: Was heißt das denn, den zu respektieren? S.: Na, Respekt heißt ja, das man einem anderen Menschen auch zuhören kann und auch die

Ideen der anderen Personen entgegennimmt und sich nicht immer sofort dagegenstellt. L: ...? S.: Ich glaube, weil der Sebastian, der ist bei den Jungen relativ beliebt und der hatte von An-

fang an Schwierigkeiten mit Herrn T., glaub' ich. Und weil der eben bei den Jungen immer ein großer Hecht ist, denke ich, dass die anderen Jungen auch gegen den was haben und das hat sich dann bis zur 6. Klasse so als Hass entwickelt, weil, die hassen Herrn T. richtig.

L: Was könnte denn Herr T. tun, damit das aufhört? S.: Also, wenn ich er wäre, würde ich aufhören zu unterrichten. L: Ja? Der sollte gar nicht mehr unterrichten? Der kann also gar nichts mehr machen,

damit die Schüler ihn mehr respektieren? S.: Selbst wenn, also einmal hat sich Frau B. dazu gesetzt und der Lärm hat trotzdem nicht

aufgehört. Und Herr K. hat sich auch einmal dazu gesetzt und der Lärm hat nicht nachge-lassen.

L: Was hätte Herr T. denn vielleicht vor zwei Jahren anders machen sollen? S.: Keine Ahnung. L: Na gut, aber war das da auch schon so schlimm wie jetzt? S.: Ja. Ja, genauso schlimm. Sogar noch schlimmer. L: Hast du vielleicht noch anderen Ideen, was er noch machen könnte, damit es leiser

wird? Ist es denn jede Musikstunde gleich laut? Oder gab es schon mal Ausnahmen? S.: Es gab auch einmal, es gab zwei bis dreimal eine Ausnahme. Das waren nämlich die Wo-

chen, wo er „Usher" gemacht hat. L: Was heißt das? S.: Zum Beispiel, dass er seinen Unterrichtsstoff abgewechselt hat, also, Montags gab es im-

mer Klassik und Tonleitern und so was, was er unterrichten wollte, aber am Mittwoch, was die Schüler eigentlich haben wollten. Und er hat sich eben nicht an unsere Abmachung gehalten und deswegen mag ihn jetzt niemand mehr.

L: Wieso hat er sich denn nicht mehr an die Abmachung gehalten? S.: Herr T. hat gesagt, er habe 25 Jahre klassische Musik studiert und möchte nichts anderes

machen, weil er mit der modernen Musik von heute, weil er sich damit nicht auskennt. L: Und was war eure Vereinbarung? Habt ihr eine wirkliche Vereinbarung getroffen? S.: Ja. L.: Wie sah die denn aus? S.: Die Abmachung? L: Ja. S.: Wie die ablief? L: Inhaltlich. S.: Dass wir das so machen, dass eben ein Kompromiss gemacht wird. L: Zwischen euren Interessen? S.: Genau.

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L: Und von wem ging diese Anregung aus? Diese Vereinbarung zu treffen? S.: Von uns allen. Weil Frau B. hat das geraten, als das einmal ziemlich schlimm wurde. Da

hat Herr T. auch geweint, glaub ich, vor Anstrengung und Stress, denk ich mal und Ver-zweiflung. Da hat Frau B. gesagt, dass wir doch mal ein Klassengespräch mit Herrn T. füh-ren sollen. Das haben wir dann auch in Angriff genommen und haben das auch besprochen mit den beiden Klassensprechern und in der Stunde waren wir auch sehr zurückhaltend und haben erst unsere Meinung gesagt, also ganz offen, und dann hat Herr T. ganz offen seine Meinung gesagt. Und dann haben wir das eben abgemacht, also diesen Kompromiss zwi-schen „Usher" und Klassik.

L: Ein paar Wochen habt ihr dann den Kompromiss ausprobiert? S.: Ja. Zwei Wochen bis drei Wochen und, nee, einen Monat, aber in diesem Monat hat er

zwei Wochen Klassik gemacht und nur zweimal „Usher", also viermal Klassik und zwei-mal „Usher".

L: Und in der Zeit war der Unterricht ruhiger? S.: In den Klassikstunden war es ruhiger, weil alle wussten, wenn sie sich ruhig verhalten

würden, dann würde „Usher" auch weitergehen. Das haben wir zumindest gehofft. Weil, er hatte vorher einmal „Usher" abgebrochen und als wir dann wieder ruhig waren, da waren wir eine Woche ganz ruhig im Unterricht, da wollte er trotzdem „Usher" im Unterricht nicht mehr weitermachen.

I.: Hat er das begründet, warum er das nicht mehr weiter machen wollte? S.: Ja, ich habe ihn gefragt und er hat gesagt, wir müssen endlich mit dem richtigen Unter-

richtsstoff weitermachen. Aber ich weiß ja nicht, was er unter richtigem Unterrichtsstoff versteht. Ich denke mal das, was er über seinen Musikstil weiß.

L: Er hat doch bestimmte Themen, die muss er im Unterricht durchnehmen. S.: Ja, aber er kann doch nicht fünf Wochen hintereinander die A-Moll-Tonleiter machen,

obwohl wir die schon alle haben. L: Das heißt, ihr habt nicht vereinbart, wie lange ihr „Usher" durchnehmt? S.: Doch, bis zum Ende des Schuljahres. L: Ach so. Das hat er dann einfach beendet? S.: Ja. I.: Und seitdem ist es in der Klasse schlimmer geworden? S.: Ja, weil jetzt alle wissen, dass Herr T. sich nicht an unsere Abmachung gehalten hat und

dann wollten sich ein paar Leute auch nicht an die Abmachung halten, dass wir ruhig sind. I.: Und wie geht Herr T. jetzt mit Kindern um, die in den Unterricht reinreden? S.: Zu einem Jungen, der sehr laut war, ist er hingegangen und ist krebsrot angelaufen und hat

ihn angebrüllt, richtig angebrüllt, dass er ihm noch eine 5 auf das Zeugnis gibt. I.: Hat denn nur ein Junge gebrüllt oder auch andere? S.: Auch andere. L: Was macht er dann? S.: Also, er, also er provoziert sie auch irgendwie, ohne das zu wissen. L: Was macht er denn? S.: Er geht zu denen hin, die gar nichts getan haben, zum Beispiel zu Sebastian - und der hat

sich in letzter Zeit ziemlich angestrengt in Musik - weil er vorher immer so laut war. Der ist jetzt nicht mehr laut. Und Herr T. denkt immer, dass Sebastian das alles wäre und be-schuldigt deshalb immer Sebastian. Den Sebastian ärgert das ziemlich, da er ja ungerecht behandelt wird und dann schreit er auch rum, der will sich das eben nicht gefallen lassen.

L: So dass der ständig laut losbrüllt? S.: Ja. I.: Ist denn die Musik interessant, die Herr T. macht?

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S.: Also ich finde das schon ganz o.k., ich hab da nichts gegen, was er macht, aber ich finde, er sollte sich eben an unsere Abmachung halten. Damit alle Spaß am Unterricht haben und nicht nur er und ein paar andere.

L.: Aber er hat ja auch keinen Spaß. S.: Ja, aber, ich finde das schon. Wenn er das nicht gewollt hätte mit dem „Usher", dann hätte

er uns das ja ruhig sagen können und dann hätte er ja nicht sagen dürfen, ja o.k., dass ma-chen wir dann. Da hat er uns ja auch ein bisschen angelogen.

L: Gibt es noch einen anderen Lehrer, den du nicht so besonders toll findest? S.: Eigentlich nicht, nur, ach ja, genau, Herr R. L: Warum? S.: Weil der immer so blöde Sprüche ablässt. L: Nenn mal ein Beispiel. S.: „Das interessiert jetzt hier keine Sau!" L: Zu wem sagt er das denn? S.: Er meint damit natürlich eine bestimmte Person, die etwas gesagt hat, das nicht zum Un-

terrichtsthema passt. L: Meinst du, er macht sich dann über dieses Kind lustig? S.: Ja. Ja, heute zum Beispiel war wieder so ein Beispiel. Wir haben ja sehr viele Brillenträger

bei uns in der Klasse. Der Simon zum Beispiel, der ist ein ganz starker Außenseiter und der tragt auch 'ne Brille und die hat er heute, aus welchem Grund auch immer, abgelegt und vor sich auf den Schreibtisch gelegt. Und da hat jemand aus dem Buch vorgelesen und da kam der Herr R. zu dem Simon, der sitzt hinten, und hat die Brille vom Schreibtisch ge-nommen und hat die sich selber aufgesetzt.

L: Und was fandest du daran doof? S.: Ja, ich finde, der sollte den Simon schon fragen, ob er die Brille aufsetzen darf und

außerdem darf er im Unterricht nicht einfach da hinten hingehen. Es ist schließlich Unterricht.

L: Hat jemand in der Zeit ein Referat gehalten? S.: Nein, da hat jemand vorgelesen. L: Was findest du denn an dem so doof? Dass er sich so lässig benimmt? S.: Ja. I.: Warum benimmt er sich denn so lässig? S.: Weil er, weil es bei den Jungs aus meiner Klasse, weil es bei denen gut ankommt. L: Wie kommst du denn darauf, dass es ausgerechnet bei denen gut ankommt? S.: Ich weiß nicht. Das ist so mein Eindruck. L: Hat Herr R. gesagt, er möchte gut bei den Jungs ankommen? S.: Nein, aber... wenn er zum Beispiel dieses T-Shirt mit dem Totenkopf vorne trägt, dann, als

er das zum ersten Mal an hatte, da schrie Bastian in die Klasse, „Das ist aber cool, Herr R." und am nächsten Tag hatte er das dann wieder an.

L: Warum, denkst du, hat er das gemacht? S.: Weil er genau dieselben Sprüche ablässt wie unsere Jungs. L: Was denn zum Beispiel? S.: Das habe ich doch eben schon gesagt! L.: Das mit dem „Das interessiert hier keine Sau?". Das sagen die Jungs in eurer Klasse

auch? S.: Ja. L: Und was gefällt dir daran nicht? S.: Ja, er ist unser Lehrer und er müsste eigentlich ein Vorbild für uns sein. Also für mich ist so ein Lehrer kein Vorbild. L: Stört das denn auch andere? S.: Ja, viele.

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L: Ja? S.: Ja. L: Auch die Jungen? S.: Ja, aber die tun, wenn der Herr R. da ist, dann tun die so, als ob sie den Herrn R. total cool

finden würden. L: Warum tun die denn dann so? S.: Ich weiß es nicht. Aber, viele von denen sind nicht so gut und kriegen vielleicht auch eine

4 oder eine 5 aufs Zeugnis und ich glaube, dass manche aus meiner Klasse denken, wenn sie sehr nett zu dem Herrn R. sind und den eben als cool bezeichnen, dann kriegen die eine bessere Note aufs Zeugnis.

L: Ist das denn so? Kriegen die eine bessere Note deswegen? S.: Nein. L: Das heißt, Herr R. kann das durchaus unterscheiden? S.: Ja. L.: Wer ist denn dein Lieblingslehrer? Dein absoluter Lieblingslehrer oder Lehrerin?

Ich weiß, die Entscheidung fällt dir schwer, aber versuche es mal. Bei wem fühlst du dich am wohlsten?

S.: Bei Frau B. L.: Erklär mal warum. S.: Die hat alles im Griff. Also, bei der verdrehen wir nicht die Augen, wie beim Herrn K.

und die ist auch irgendwie, die kann gut mit uns umgehen. L.: Was heißt das? Nenne mal ein Beispiel. S.: Der Herr K., wenn jemand die Hausaufgaben bei Frau A. nicht gemacht hat, dann kommt

der in die Klasse und schreit uns an und sagt, dass das sehr respektlos wäre und so. Aber wenn Frau A. das der Frau B. sagen würde, bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass die Frau B. nicht so reagieren würde wie der Herr K.

L: Was nimmst du denn an, wie die reagieren würde? S.: Ich denke, sie würde auch in die Klasse kommen, das dann aber in einem ruhigen Ton halt

sagen und nicht so ausflippen. L: Das heißt, sie reagiert in einem ruhigen Tonfall? S.: Ja. L: Ist das alles, was du so toll an ihr findest? S.: Die macht auch einfach ihren Unterricht interessant. Bei der verstehe ich das alles sehr gut

in Mathe. L: Ist Mathematik dein Lieblingsfach? S.: Schriftlich ist es ganz bestimmt nicht mein Lieblingsfach, aber seitdem ich bei Frau B.

bin, find ich das alles viel interessanter. Weil sie das alles sehr gut erklärt und man merkt, dass sie sich auch dafür interessiert und ich denke, das steckt auch einfach an und deshalb gehört es schon zu meinen Lieblingsfächern.

L: Ist es das Fach, wo du am besten bist? S.: Nein. I.: Welche Note hast du denn in Mathematik? S.: Auf dem Zeugnis? I-: Ja. S.: Eine 3. L: Aha. Das heißt, obwohl es nicht dein bestes Fach ist, hast du es bei ihr sehr gern? S.: Ja. L: Wie schafft sie das? S.: Wenn sie zum Beispiel von dem Koordinatensystem redet, dann wirkt sie immer sehr be-

geistert. L: Was heißt das? Was macht sie denn dann?

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S.: Dann kriegt sie auf einmal gute Laune, wenn sie vorher schlechte Laune hatte. Und sie macht das dann alles auf einmal mit Schwung. Und wenn jemand das dann nicht versteht, dann macht sie sehr viele Beispiele an der Tafel. Und was ich allerdings nicht so gut an ihr finde ist, dass sie nicht alle Dinge richtig erklärt. Also, sie erklärt es schon, aber wenn manche das nicht verstehen, dann macht sie zwar Beispiele an der Tafel, aber wenn einige es dann immer noch nicht verstehen, dann sagt sie „macht das einfach" und das finde ich nicht so gut, denn es ist ja ihr Unterricht und den sollte sie schon richtig unterrichten kön-nen.

L: Das heißt, perfekt ist sie nicht? S.: Nein. L: Und wie geht sie sonst so mit euch um? Macht sie auch mal Spaße? S.: Ja, aber nicht zu viele. Das finde ich ganz gut, weil man sollte das ja nicht übertreiben. L.: Ihr geltet ja als ziemlich schwierige Klasse? Das sagen die Lehrer ja. Findest du

denn, dass sich die Lehrer angemessen verhalten bei Schülern, die sich daneben be-nehmen?

S.: Nein. L: Warum nicht? S.: Weil Lehrer, also wenn ein Schüler oder eine Schülerin häufig die Hausaufgaben verges-

sen hat und wenn diese schon früher aufgefallen sind durch Hausaufgabenvergessen oder Klassenbucheinträge, dann werden die immer runtergemacht. Wenn jemand anders die Hausaufgaben zum zweiten Mal in der Woche vergessen hat, dann sagen die Lehrer „Du wirst ja schon wie der oder die!" und die machen das eben auf Kosten anderer und das fin-de ich nicht in Ordnung.

L.: Was sollten die denn stattdessen machen? S.: Ich finde, die sollten die Eltern benachrichtigen, dass der Sohn oder die Tochter die

Hausaufgaben schon so oder so oft vergessen hat. Ja und dann sollten sich die Eltern dar-um kümmern und die Lehrer sollten vielleicht auch nachgucken, ob die Person die Hausaufgaben auch in das Hausaufgabenheft eingetragen hat. Das kann die Lehrer ja auch nerven, aber wenn den Lehrern auch wirklich was daran liegt, dann sollten sie es auch ma-chen.

L: Wie ist es denn, wenn ein Kind ein anderes Kind beleidigt oder sich total daneben benimmt? Reagieren dann die Lehrer, wenn sie das mitbekommen?

S.: Ja, also beim Herrn K. gefällt mir das gut, wenn er darauf reagiert. Weil, wenn die Mela-nie zu mir zum Beispiel sagen wurde „Du Schwein!", dann reagiert er genauso darauf, wie wenn der Sebastian zur Melanie sagt „Du Idiot!". Das finde ich gut. Das ist so Gleichbe-rechtigung.

L: Was sagt er denn? Oder macht er dann irgendwas? S.: Nein, aber er steht dann eben immer noch vorne und sagt „Sebastian, musste das jetzt

sein?". Bei der Melanie sagt er das dann eben auch. I.: Und dann passiert aber nichts weiter? Dann muss man sich nicht entschuldigen? S.: Doch. Oder nein - muss man nicht. L: Es gibt dann keine Strafe? S.: Nein. Wir haben mal eine Strafe erfunden, in unseren Klassenstunden. Und die lautet,

dass, wenn man ein anderes Kind beleidigt, dann muss man eine Woche lang Ordnungs-dienst machen und an die wird sich aber nicht gehalten.

L: Warum nicht? Hat Herr K. das nicht eingeführt? S.: Nein. L: Die habt ihr also aufgestellt und dann wurde sie nicht eingehalten? S.: Ja. L: Wie findest du das?

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S.: Ja, doof natürlich. Auch wenn ich jetzt ein anderes Kind beleidigen würde und eine Wo-che lang Ordnungsdienst machen musste, dann find ich das natürlich auch doof für mich, aber im nachhinein ist es ja berechtigt, dass ich das eine Woche machen musste. Aber es ist dann auch nicht besser geworden, weil man hat ja seine Freunde dabei und man wusste ja, dass einen die Freunde nicht gleich verpetzen, dann hat man das ein bisschen ausgenutzt.

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4. Texte und Informationen für die Arbeit in Gruppen • Alle Texte, die auf den folgenden Seiten fett gedruckt sind, finden Sie auf ESEM, dem

Elektronischen Semesterapparat der UB • Die ergänzende Literatur ist – so weit wir sie gescannt haben – in Teilen ebenfalls auf

ESEM zu finden • Texte mit Signatur (z. B. [Eb 2001.4]) finden Sie in der Bibliothek des IBW • Von weniger gut zugänglichen Texten gibt es außerdem eine Kopiervorlage, die aber

nur in R. 131 zum Zeitpunkt der Materialausgabe vor den Gruppensitzungen oder danach erhältlich ist

• Außerdem gibt es einen (schmalen) Semesterapparat mit wenigen Grundlagentexten in der Bibliothek des IBW (s.o. 2.2)

• Außerdem lohnt es sich natürlich auch, im Bestand der UB und/oder in der Bibliothek der PH nachzusehen.

Rose Boenicke ESEM steht für Elektronischer Semesterapparat. Für diejenigen unter Euch, die noch nie das Vergnügen hatten, hier eine kurze Bedienungsanleitung:

1) ESEM stellt ein Portal der Universitätsbibliothekhomepage für die Unterbringung von Unterrichts- bzw. Seminarmaterialien. Lehrpersonen der Universität Heidelberg können hier ihre zu den Veranstaltungen gehörigen Unterrichtsmaterialien ablegen.

2) Um die Seminarmaterialien anzusehen, müssen sich die Universitätsangehörigen auf der Seite des Portals mit ihrer UB – Identifizierungsnummer einloggen.

3) Auf der Suche nach ESEM empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: a. Zuerst geht man auf die Homepage der UB –Heidelberg:

www.ub.uni-heidelberg.de b. Auf der linken Seite Elektronische Medien einklicken, hier ist dann auch E-

SEM zu finden. c. Es gibt noch eine weitere schnellere Möglichkeit auf ESEM zu gelangen,

nämlich direkt über http://esem.uni-hd.de d. Zu unseren Seminarmaterialien gelangt man über den Menüpunkt

Fakultät für Verhaltens- und Empirische Kulturwissenschaften e. Unter Boenicke /IBW sind die zu lesenden Texte angelegt.

4) Vergesst nicht Euch einzuloggen, die Texte sind nur für die Universitätsangehö-rigen zu sehen.

Olga Seewald

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4.1 Themenfeld 1: Einführung/Begriffsbestimmungen

Vorstellung – Erstes Brainstorming zum Thema – Erstellung eines Arbeitsplans (24.10.2006)

Aufgaben dieser ersten Arbeitsgruppensitzung ist die gegenseitige Vorstellung und die Erstel-lung eines Arbeitsplans, indem Sie festlegen, wer welche Arbeitsgruppensitzung moderiert. Bitte nehmen Sie in der Vorstellungsrunde Stellung zu den acht Kompetenzbereichen des Schaubilds. Sagen Sie etwas zu Ihrer Person und den Fächern, die Sie studieren. Wählen Sie eine der acht Kompetenzen aus und sagen Sie etwas darüber, was hier „Vor einer Person Re-spekt haben“ bedeuten könnte. Zu welchen Kompetenzbereichen ist Ihnen viel eingefallen, zu welchen wenig?

Die acht Kompetenzbereiche

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Autorität

Fachliche Kompetenz

Handlungs-kompetenz

Persönliche Kompetenz

Sozio-emotionale Kompetenz

Kommunikative Kompetenz

Diagnostische Kompetenz

Erzieherische Kompetenz

Didaktisch- methodische Kompetenz

Graphik A.1: Die acht Kompetenzbereiche Frei, Bernadette (2003): Pädagogische Autorität. Eine empirische Untersuchung bei Schüle-rinnen, Schülern und Lehrpersonen der 5., 6. und 8. Schulklassen. Waxmann Verlag GmbH, Münster. S. 46.

Page 26: Proseminar: Lehrerrolle: Zwischen Autorität und Gruppendynamikaeschule/pdf.08/Reader-Lehrerrolle_ws0607.pdf · 1.1 Ziele des Seminars Gelegentlich sagen Lehramtsstudierende, dass

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4.1 Themenfeld 1: Einführung/Begriffsbestimmungen (31.10.2006) Lehrerrolle: Begriffsbestimmung

Ziel dieser Sitzung ist, sich Gedanken darüber zu machen, welche Vorstellungen von der Rol-le des Lehrers in unserer Gesellschaft häufig anzutreffen sind und wer diese Erwartungen hat. Welche unterschiedlichen Formen, selbst als Lehrer seine Rolle zu definieren, werden deut-lich, was gehört andererseits unaufhebbar zur Rolle des Lehrers im staatlichen Schulsystem? Basistexte: Text 1 Aus: H. Hollweg/K.-H. Uhlmann (2003), Lernen macht Schule – Neue Wege zur Unter-richtsgestaltung, Leipzig et al., S. 27-32 [Ea 2003.4]3

Text 2 Aus: P. Wellhöfer (1993), Gruppendynamik und soziales Lernen. Theorie und Praxis der Arbeit mit Gruppen, Kap. 2: Rollenverhalten und Rollentheorie S.19-20 [Nmb 93.1] Zur Vertiefung:

Text 3

Aus: Steins, Gisela (2005), Sozialpsychologie des Schulalltags – Das Miteinander in der Schule. Stuttgart, S. 120-121 [CII Ka 2005.1] Text 4 Schuere, Frank (2004), Liebe, Diskretion, Respekt. Von der Schönheit des Lehrens. SWR2 Wissen – Manuskript. Sendung: Samstag 26.08.2006, 8.30 Uhr, SWR 2. Eine Wiederholung aus dem Jahr 2004

3 Der Text von Hollweg/Uhlmann stammt aus einem Band für Lehrer in den ersten Berufsjahren. Er setzt inso-fern Erfahrung mit den Problemen der eigenen Rollendefinition voraus, hat aber zugleich einführenden Charak-ter.

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4.1 Themenfeld 1: Einführung/Begriffsbestimmungen (07.11.2006) Autorität: Begriffsbestimmung

Ziel dieser Sitzung ist zu konkretisieren, welche Eigenschaften mit dem Autoritätsbegriff ver-bunden werden und wie sinnvoll er für die Charakterisierung der Lehrer-Schüler-Beziehung ist. Gibt es sinnvolle, gibt es problematische Formen von Autorität in der pädagogischen Situ-ation? Wo verläuft die Grenze? Basistext: Text 1 W. Böhm (2005), Autorität. In: Das Wörterbuch der Pädagogik, Stuttgart, 16. Aufl., S. 54-55 [AD 3.1] Text 2 D. Oesterreich (2000), Autoritäre Persönlichkeit und Sozialisation im Elternhaus. Theo-retische Überlegungen und empirische Ergebnisse. In: S. Ripp./Ch. Seipel/A. Kinderva-ter (Hg.), Autoritarismus. Kontroversen und Ansätze der aktuellen Autoritarismusfor-schung. Opladen, S. 69-90 [Dek 2000.1] Zur Vertiefung: Text 3 R. Reichwein (1989), Autorität. In: D. Lenzen (Hg.), Pädagogische Grundbegriffe, Bd. 1, Reinbek, S. 140-149 [AD 3.6] Geissler, E.E./Wollersheim, H.-W. (1991), Autorität und Disziplin. In: L Roth (Hg.), Pädago-gik. Handbuch für Studium und Praxis. München. S. 906-917 [AD 1.11] Köck, P. (1994), Autorität. In: P. Köck/H. Ott, Wörterbuch für Erziehung und Unterricht. Do-nauwörth. S. 64-66 [AD 3.3] Hoppe-Graff, S. u.a. (1998), Lehrerautorität – Aus der Sicht der Schüler. In: Seibert, N. (Hg.), Erziehungsschwierigkeiten in Schule und Unterricht. Bad Heilbrunn [Fn 98.1] Appleton, Matthew (2000), Summerhill – Kindern ihre Freiheit zurückgeben. Hohen-gehren [Ddd 2000.1]

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4.2 Themenfeld 2: Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht (24.10.2006)

Ziel ist eine möglichst differenzierte und reichhaltige Wahrnehmung der Abläufe zwischen Lehrern und Schülern im Unterricht. Im Folgenden ein paar mögliche Fragestellungen: Welche Kategorien treten in diesen Texten an die Stelle des Autoritätsbegriffs? Unterscheidet sich die Interaktion im Unterricht eigentlich von außerschulischen Kommuni-kationsformen? Wenn ja – ist das sinnvoll? Welche Interaktionsformen unterstützen Schüler und helfen ihnen, ein positives Selbstwertge-fühl aufzubauen? Welche Kategorien lassen sich aus den Texten ableiten, um einen Beobachtungsbogen für Unterrichtssituationen im Praktikum zu erstellen? Basistext: Text 1

H. Fend (2006), Schüler-Lehrer-Beziehungen – die Grundlagen der Autorität. In: Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Verlag für So-zialwissenschaften. Wiesbaden. S. 63 – 69 [Fa 2006.1]

Zur Vertiefung: Text 2 Bröckelmann, W. / Felten, M. (2002), „Sind Sie streng?“ Zum Wandel von Abstand und Differenz in pädagogischen Beziehungen. PÄDAGOGIK Heft 11/2002, S. 23-26 Ingenkamp, K. (Hg.) (1973), Lehrer und soziale Interaktion in der Unterrichtsforschung. Weinheim [Ea 73.2] Textauszüge zur Inhalts- und Beziehungsebene der Kommunikation (P. Watzlawick et al. 1969, Schulz v. Thun 1989, H.S. Rosenbusch 1986) Ulich; K. (2001): Die Lehrer/innen-Schüler/innen-Interaktion. In: Des., Einführung in die Sozialpsychologie der Schule. Weinheim, Basel. S. 76 – 115 [C II Jc 2001.1]

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4.2 Themenfeld 2: Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht (28.11.06) Klassenführung Ziel dieser Sitzung ist es, sich einen Überblick über ein zentrales Handlungsfeld des Lehrer-berufs zu verschaffen: seine Führungsaufgaben. Hier ist er weniger als fachlicher Experte oder als Didaktiker gefragt, eher als Pädagoge und Organisator von Gruppenprozessen. Wel-che Dimensionen des Unterrichtsgeschehens müssen Lehrer dazu beachten? Sind dies erlern-bare Fähigkeiten? Oder muss man dazu der „geborene Erzieher“ (Spranger 1958) sein? Basistext:

Text 1

Kiper, H. / Mischke, W. (2004), Leiten einer Schulklasse. In: Dies. Einführung in die Allgemeine Didaktik. Weinheim, Basel 143-152 [Ea 2004.5] Zur Vertiefung: Text 2 Helmke, A. (2003), Klassenführung. In: Des. Unterrichtsqualität. Erfassen, Bewerten, Verbessern. Seelze, S.78-85 [Eb 2003.7] Kounin, J.S. (1976), Techniken der Klassenführung. Bern [UB: 76 B 2282] Glöckel, H. (2000), Klassen führen – Konflikte bewältigen. Bad Heilbrunn [Eb 2000.5] Apel, H. J. (2002), Herausforderung Schulklasse. Klassen führen – Schüler aktivieren. Bad Heibrunn. [Ea 2002.6]

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4.2 Themenfeld 2: Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht (05.12.06) Offener Unterricht Ziel dieser Sitzung ist es, sich mit Gegenmodellen eines lehrerzentrierten Unterrichts vertraut zu machen. Wie verändert sich hier die Rolle des Lehrers, der Lehrerin? Ist der Verlust sei-ner/ihrer „Zentralstellung“ gleichbedeutend mit Autoritätsverlust? Woher erhalten die Schüle-rinnen und Schüler in diesem Unterricht die nötige Orientierung? Welche Rolle spielen die Mitschüler? Basistext: Text 1 Schumacher, E. (2003), Gründe für die Öffnung von Unterricht. PÄDAGOGIK Heft 2/2003, S. 35-37. Zur Vertiefung: Peschel (2006), Offener Unterricht: Idee – Realität – Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept in der Evaluation. Baltmannsweiler, 2. Aufl., S.1-5+S. 128-150+S.166-176 [Eb 2003.3] Bohl, Th. (2004), Leitbilder des Offenen Unterrichts an Sekundarschulen. In: Ders., Prüfen und Bewerten im Offenen Unterricht. Weinheim, Basel, 2. Aufl., S. 13- 30 [Fh 2004.3] Jürgens, E. (1995), Die „neue“ Reformpädagogik und die Bewegung Offener Unterricht. The-orie, Praxis, Forschungslage. St. Augustin. [Eb 94.2]

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4.2 Themenfeld 2: Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht (Gruppe 3 und 4: 12.12.06, Gruppe 1 und 2: 19.12.06) Ablösung und Eigenständigkeit – Entwicklungspsychologische Sta-dien

Konzepte des Offenen Unterrichts problematisieren in der Regel nicht die entwicklungspsy-chologischen Gegebenheiten. Ziel dieser Sitzung ist es, sich einen genaueren Überblick über die Entstehung von Eigenständigkeit zu verschaffen. Wie lange spielt die Bindung an Autori-täten für Heranwachsende normaler Weise eine Rolle? Wann beginnt der Ablösungsprozess und über welche Stadien verläuft er? Mit der zunehmenden Instabilität der familiären Beziehungen muss davon ausgegangen wer-den, dass diese Ablösungsprozesse nicht immer so idealtypisch verlaufen, wie dies in den Psychologielehrbüchern steht. Was geschieht, wenn das Bedürfnis nach verlässlicher Bindung in der Familie nicht befriedigt wird und in den Schulalltag hinein getragen wird? Basistexte:

Text 1.

Montada, Leo (1994), Die Sozialisation von Moral. In: Enzyklopädie der Psychologie: Psychologie der Erziehung und Sozialisation. Göttingen et al.

L.Kohlberg (1976), Moralstufen und Moralerwerb: Der kognitiv-entwicklungstheoretische Ansatz. In: L. Kohlberg (1996): Die Psychologie der Moral-entwicklung. Frankfurt a.M., S. 123-136. Zur Vertiefung: Adalbjarnardóttir, Sigrún (2001), Zur Entwicklung von Lehrern und Schülern: Ein soziomora-lischer Ansatz in der Schule. In: Moralische Erziehung in der Schule. Edelstein, W. & a. (Hg.) Beltz. Weinheim und Basel. S. 213-232. [Dej 2001.2] Dürr, Rolf (2004), Moralerziehung – Erziehung zur Demokratie. In: Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psychologie für den Lehrerberuf. Bovet, Gislinde & Huwendiek, Volker (Hrsg.). 4. Aufl., Berlin. S. 444-458. [Fl 94.8] Edelstein, Wolfgang [Hrsg.](2001), Moralerziehung in der Schule. Entwicklungspsychologie und pädagogische Praxis. Weinheim : Basel. Beltz. [Dej 2001.2]

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4.3 Themenfeld 3: Soziale Lernprozesse in der Gruppe (09.01.07) Gruppenprozesse in der Schulklasse Ziel dieser Sitzung ist, sich die ganze Komplexität des sozialen Beziehungsgeflechts in einer Schulklasse zu verdeutlichen. Autorität kommt in der Regel nicht alleine Erwachsenen zu, sondern auch einzelne Schüler verfügen über so viel Ansehen, dass sie Autorität haben (oder eher Macht?). Gruppendruck kann ebenfalls diese Funktion ausüben. Welche Lernprozesse durchlaufen Schüler in diesem Erfahrungsfeld? Was sind wichtige und notwendige Erfahrun-gen und wo beginnen sie problematisch und wenig förderlich zu werden? Welche Aufgaben kommen dabei dem Lehrer zu? Basistext:

Basistext 1

Gisela Steins (2005), Sozialpsychologie des Schulalltags – Das Miteinander in der Schule. Stuttgart. S. 66 – 78 [CII Ka 2005.1] Zur Vertiefung: Text 2 Peter R. Wellhöfer (1993), Gruppendynamik und soziales Lernen. Theorie und Praxis der Arbeit mit Gruppen. Stuttgart. S. 51-62 [Nmb 93.1] Fend, H. (2006) zur sozialen Dynamik von Schulklassen. In: Neue Theorie der Schule – Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Kap. 1.4.2.2 – 1.4.3.3. Wiesbaden, S. 69-84 [Fa 2006.1] Rosemann, B./Bielski, S. (2001), Gruppenpsychologische Aspekte im Schulunterricht. In: Dies., Einführung in die Pädagogische Psychologie. Weinheim, Basel, S. 145-157 [CII A 2001.1] Abele, U. (2004), Die Schulklasse als Gruppe. In: Bovet, G./Huwendiek, V. (Hg.), Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psychologie für den Lehrberuf. 4. Aufl., Berlin, S. 387-408 [Fl 94.8]

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4.3 Themenfeld 3: Soziale Lernprozesse in der Gruppe (16.01.07) Modelle der Konfliktregelung Ziel dieser Sitzung ist, unterschiedliche Methoden der Konfliktregulierung zu erarbeiten, die in den letzten Jahren in die Schulen Eingang gefunden haben. Vor dem Hintergrund der ge-leisteten Arbeit in diesem Semester ist es wichtig, sie darauf hin zu überprüfen, welche Leh-rer-Schüler-Beziehung hier jeweils vorgeschlagen wird und wie realistisch das Menschenbild ist, das den jeweiligen Vorstellungen der Konfliktregulierung zu Grunde liegt. Gruppe 1: Das schülerzentrierte Beratungsgespräch Dick, M. (2000), Zum Umgang mit Konflikten im Schulalltag. In: Bovet, G./Huwendiek, V. (Hg.), Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psychologie für den Lehrberuf. Achtung!!!: 3. Aufl., Berlin, S. 346-360 408 [Fl 94.8] Nolting (2002), Das konstruktive Konfliktgespräch nach Gordon. In: Ders., Störungen in der Schulklasse. Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung. Weinheim, S. 109-114 [Dek 2002.2] Gruppe 2: Selbstreflexions-Training für Lehrer: Das Konstanzer-Trainings-Modell Humpert, W./Dann, H.-D. (2001), KTM-Kompakt. Basistraining zur Reduktion und Gewalt-prävention für pädagogische und helfende Berufe auf der Grundlage des „Konstanzer Trai-ningsmodells. Bern, Göttingen [Eb 2001.4] Gruppe 3: „Arizona“: Ein Trainingsraum für Schüler Bründel, H./Simon, E. (2003), Die Trainingsraum-Methode. Umgang mit Unterrichtsstörun-gen: Klare Regeln, klare Konsequenzen. Weinheim Gruppe 4: Schüler helfen Schülern: Mediation und Streitschlichter-Programme Walker, J. (Hg.) (2001), Mediation in der Schule. Konflikte lösen in der Sekundarstufe I. Ber-lin, S. 9-29 + 85-115 [ Jb 2001.12] Kaeding, P./Richter, J./Siebel, A./Vogt, S. (Hg.) (2005), Mediation an Schulen verankern. Ein Praxishandbuch. Weinheim, S.14-22 + 55-61 [2005.2] Überblicksliteratur zum Thema: Becker, G- E. (2006), Lehrer lösen Konflikte. Weinheim, Basel (Neuausgabe) [Fn 81.1]

Miller, R. (1999), Beziehungsdidaktik. Weinheim, Basel [Ea 99.1]

Nolting (2002), Das konstruktive Konfliktgespräch nach Gordon. In: Ders., Störungen in der Schulklasse. Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung. Weinheim [Dek 2002.2]