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Protokoll des „Think Tank Klimawandel“ vom 13.-14. Januar in Berlin

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Protokoll des „Think Tank Klimawandel“ vom 13.-14. Januar in Berlin

Think Tank Kl imawandel

Protokol l Januar 2010 2

Inhalt

1 Einleitung ........................................................................................................................ 4

2 Methodik des Think Tank ................................................................................................ 5

2.1 Teilnehmer / Teilnehmerauswahl ............................................................................. 5

2.2 Ablauf des Workshops ............................................................................................. 6

3 Themenfindung ............................................................................................................... 6

4 Bearbeitung der Schwerpunktthemen ............................................................................. 7

4.1 Persönliches Umdenken (Zukunftsvisionen / Herausforderung) ............................... 7

4.2 Gesellschaftlicher Wandel (Zukunftsvisionen / Herausforderung) ............................. 8

4.3 Markt und Technologie (Zukunftsvisionen / Herausforderung) ................................. 9

5 Präsentation der Themenarbeit und Bildwelt ................................................................. 10

5.1 Umdenken ............................................................................................................. 10

5.2 Gesellschaft ........................................................................................................... 11

5.3 Markt / Technologie ................................................................................................ 12

6 Themen der Zukunft ...................................................................................................... 13

6.1 Energie .................................................................................................................. 13

6.2 Wohnen ................................................................................................................. 13

6.3 Mobilität ................................................................................................................. 14

6.4 Freizeit ................................................................................................................... 14

6.5 Neue Produkte / Dienstleistungen .......................................................................... 15

6.6 Kommunikation ...................................................................................................... 15

6.7 Vorbilder ................................................................................................................ 16

6.8 Werbung der Zukunft ............................................................................................. 16

7 Arbeit an Metathemen / Bedürfnisprofilen in Kleingruppen ............................................ 17

7.1 Unsicherheiten / Ängste ......................................................................................... 17

7.2 Bedürfnisse / Wünsche .......................................................................................... 18

7.3 Aufmerksamkeit / Sensibilität ................................................................................. 19

8 Vertiefung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Plenum ............................................ 20

8.1 Was fällt auf? ......................................................................................................... 20

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8.2 Gemeinsamkeiten / Trends (Megatrends) .............................................................. 20

8.3 Widersprüche ......................................................................................................... 21

9 Zusammenfassung und Ergebnissicherung ................................................................... 21

9.1 Diskussion zum Thema Sicherheit und Versicherungen ......................................... 21

9.2 Anforderungen an verschiedene gesellschaftliche Akteure .................................... 23

9.2.1 Versicherer ..................................................................................................... 23

9.2.2 Wirtschaft ........................................................................................................ 24

9.2.3 NGOs .............................................................................................................. 24

9.2.4 Wissenschaft................................................................................................... 24

10 Zusammenfassung des gesamten Workshops .......................................................... 25

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1 Einleitung Der Klimawandel gilt als eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.

Gerade in Zusammenhang mit extremen Wetterereignissen, wie z. B. Stürme, Starkregen,

Hagel, Überschwemmungen und Dürren wurde das Thema seit Jahren in den Medien for-

ciert. Der Klimaschutz sowie der Schutz vor klimabedingten Effekten rücken nicht nur in der

Politik sondern auch in der Öffentlichkeit immer mehr in den Blickpunkt. Umfragen zeigen,

dass der Klimawandel als Thema in der Öffentlichkeit gut verankert ist. Das Thema der Ei-

genvorsorge und Verhaltensänderungen auf der individuellen Ebene zeigt hingegen einen

interessanten Effekt: Während für die Mehrheit der Bevölkerung Klimawandel ein wichtiges

Thema ist, wurden bisher kaum eigene Konsequenzen des Handelns in Sachen CO2 Minde-

rung oder des Schutzes vor klimabedingten Effekten (eigene Prävention oder Versiche-

rungsschutz für den Schadenfall) gezogen. Die Zahlen der Versicherer zeigen z.B., dass,

obwohl klimabedingte Naturgefahren jeden treffen können, es nicht zu mehr Nachfrage an

Versicherungsprodukten kommt.

Im Vorfeld des Projektes wurden verschiedene Hypothesen aufgestellt:

Hintergrund könnte eine mangelnde Risikowahrnehmung (Betroffenheit) für das persönliche

Umfeld sein oder eine mangelnde Verknüpfung zwischen der hohen (theoretischen) Rele-

vanz des Klimawandels auf der einen Seiten und der Bereitschaft konkret etwas für die Prä-

vention und Schadenvorsorge zu tun. Eine nicht minder relevante Variable, die sich auf die

Nachfrage von Versicherungsprodukten auswirkt, könnte der grundlegende soziale Wandel

sein. Eine steigende soziale Mobilität durch häufige Wohnorts- und Arbeitgeberwechsel so-

wie Brüche in den Arbeits- und Lebensbiographien prägen zunehmend das Gesellschafts-

bild. Ohne eine feste lokale Verankerung (Häuslebauer) könnte der Schutzgedanke weniger

präsent sein. Denkbar wäre auch, dass die jetzigen Produkte rund um die Frage der Sicher-

heit nicht gut genug auf die Wahrnehmungs- bzw. auf die Kommunikationsmuster und Be-

dürfnisse der Kunden abgestimmt sind.

Vor diesem Hintergrund hat die Stiftung Risiko-Dialog, St. Gallen das Projekt „Think Tank –

Klimawandel“ initiiert, welches vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

(GDV) finanziell unterstützt wurde. Ziel war es, einen offenen, neutral moderierten Dialog mit

Vordenkern oder Querdenkern der „jungen Generation“ anzubieten, um jetzige und zukünfti-

ge Einstellungsmuster rund um dem Klimawandel und mögliche Konsequenzen für das Han-

deln der Einzelnen nachzeichnen zu können. Es sollte frei von produktspezifischen Vorga-

ben der Branche überlegt werden, wie die Bedürfniswelten der Zukunft aussehen könnten,

welche Ideen und Lösungsansätze zum Umgang mit dem Klimawandel skizziert werden und

welche Anforderungen zukünftig zum Thema „Sicherheit“ entstehen. Wenn möglich sollten

Hinweise für wichtige Themenfelder, Bilder oder Assoziationen für die Kommunikation her-

ausgearbeitet werden.

Das Format eines Think Tanks wurde ausgewählt, um – im Gegensatz zu einer Befragung –

mit relativ geringem Kostenaufwand intensiv in einen Dialog mit der Zielgruppe treten zu

können und gemeinsam an den Ideenfeldern der Zukunft zu arbeiten.

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2 Methodik des Think Tank

2.1 Teilnehmer / Teilnehmerauswahl

Im Think Tank Klimawandel haben sich 15 Studierende im Rahmen eines zweitägigen Work-

shops vom 13.-14.1.2010 mit der Thematik Klimawandel auseinander gesetzt.

Die Teilnehmerauswahl erfolgte jeweils zu einem Drittel aus verschiedenen naturwissen-

schaftlichen Fachbereichen, geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen sowie

künstlerisch-kreativen Fachbereichen deutscher Hochschulen. Ziel der Auswahl war es, eine

interdisziplinäre Gruppe von herausragenden Studierenden oder Doktorierenden zusammen

zu stellen, die sich aus ihrem jeweiligen Blickwinkel mit dem Thema Klimawandel bereits

befasst haben und dennoch als Querdenker in der Lage sind, an übergreifenden Lösungsan-

sätzen zu arbeiten. Im ersten Schritt der Rekrutierung wurde jeweils der Kontakt zu dem ver-

antwortlichen Lehrstuhlinhaber hergestellt. Im Rahmen dieses Erstkontakts wurden die An-

forderungen und Ziele des Think Tank dargelegt. Die ProfessorInnen wurden jeweils um

zwei bis drei Empfehlung gebeten.

Im weiteren Vorgehen wurde mit den empfohlenen Studierenden ein Telefoninterview über

spezifische Erfahrungen und die eigene Motivation einer Teilnahme durchgeführt. Auf die-

sem Wege wurden 15 Teilnehmende für den Workshop ausgewählt. Folgenden Hochschulen

und Fachrichtungen waren vertreten:

• Freie Universität Berlin: Fachbereich Sozialwissenschaften und Fachbereich Meteo-

rologie

• Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd: Fachbereich Produktgestaltung und

Produktdesign

• Humboldt Universität Berlin: Fachbereich Philosophie

• Ludwig-Maximilians-Universität München: Fachbereich Geographie

• Bauhaus Universität Weimar: Fachbereich Produktdesign, Visuelle Kommunikation

• Universität Köln: Fachbereich BWL, VWL, Regionalwissenschaften, Energiewirtschaft

• Leuphana Universität Lüneburg: Fachbereich Nachhaltigkeitsforschung

• Charité Berlin: Fachbereich Medizin

• Universität Karlsruhe: Fachbereich Bauingenieurwesen

• Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Forschungsbereich Klimawirkung und

Vulnerabilität.

Die Verteilung von Alter und Geschlecht gestaltete sich wie abgebildet:

Alter 25 26 27 28 29 30<

Männlich 1 2 1 5 - 1

Weiblich 3 - 1 - - 1

Die ungleiche Geschlechterverteilung konnte trotz intensiver Bemühungen von Seiten der

Stiftung Risiko-Dialog nicht aufgefangen werden. Sie liegt in den Empfehlungen der Profes-

sorInnen begründet.

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2.2 Ablauf des Workshops

Das Workshop-Design sah zwei Workshop-Tage vor. Am ersten Tag startete der Think Tank

nach einer kurzen Begrüßungs- und Einführungsrunde mit der Themenfindung bezüglich des

Klimawandels durch die Teilnehmenden. Die vorgeschlagenen Themen bezüglich des Kli-

mawandels wurden in der Clusterphase von der Gruppe strukturiert und Schwerpunktthemen

gebildet. Die Bearbeitung der Themen erfolgte durch die Diskussion von Zukunftsvisionen

und Herausforderungen für Themen wie Energie, Wohnen, Mobilität, Freizeit, Neue Produk-

te, Kommunikation, Werbung. Zugleich wurden Bildwelten in Form von Collagen ausgearbei-

tet, die eher die assoziative Ebene ansprechen. Der zweite Tag des Workshops startete mit

der Bearbeitung von Metathemen rund um die Sicherheit. Persönliche Unsicherheiten und

Ängste, Bedürfnisse und Wünsche sowie sensible Themenfelder und der persönliche Fokus

der Aufmerksamkeit wurden diskutiert. Am Ende des Workshops skizzierten die Teilneh-

menden Anforderungen und Empfehlungen an die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure

im Themenfeld Klimawandel.

Dieser kurze Abriss des Programms wird in den folgenden Ausführungen ausführlich darge-

stellt.

3 Themenfindung Die Teilnehmenden wurden gebeten ihre jeweils wichtigsten Themen, die sie mit dem Kli-

mawandel verbinden zu notieren. In dieser Clusterphase stellten sich die drei Schwerpunkt-

themen: Aspekte des persönlichen Umdenkens, notwendiger gesellschaftlicher Wandel so-

wie Herausforderungen für die Wirtschaft und Technologieentwicklung heraus.

Unter dem Schwerpunktthema Persönliches Umdenken wurden Forderungen nach einer

verstärkten Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung und einer erhöhten persönlichen Ver-

antwortlichkeit zusammengefasst. Eine Veränderung des Konsumverhaltens und daraus

resultierende Lebensstiländerung sowie der Bedarf nach einem Wandel in der Kommunikati-

on und Bildung wurden unter diesem Punkt gebündelt.

Das Schwerpunktthema Gesellschaftlicher Wandel subsumierte Forderungen nach einem

Wechsel von nationalem Denken zu globalem Denken, einer Verteilung der Kosten zur Ver-

meidung und Anpassung an den Klimawandel und die Klärung von Fragen des Umgangs mit

klimabedingter Migration. Des Weiteren wurden hier Themen der internationalen

Akteursvernetzung und daraus resultierendem gemeinsamen Handelns gebündelt.

Den dritten Schwerpunkt bildete Wirtschaft und Technologie. Hierbei nannten die Teilneh-

menden zum einen marktrelevante Themen, wie z.B. langfristige, nachhaltige Planung und

Market Building, mit dem Ziel Klimaschutz als Geschäftsfeld zu etablieren. Zum anderen

postulierten die Teilnehmer aus technologischer Perspektive die Wichtigkeit der Förderung

von erneuerbaren Energien, der Wasserversorgung und der CO²-Reduktion. Unter beiden

Aspekten wurde eine nachhaltige Konzeptionierung der Produktwelt unter Gesichtspunkten

bezüglich Material, Herstellung und Nutzen gefordert.

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4 Bearbeitung der Schwerpunktthemen Nach der Herausstellung dieser drei Kernthematiken bearbeiteten die Teilnehmer in Gruppen

von fünf Personen jeweils eines der Themen. Dabei standen die Zukunftsvisionen der Teil-

nehmer in Bezug auf das Thema und die daraus resultierenden Herausforderungen im Vor-

dergrund.

4.1 Persönliches Umdenken (Zukunftsvisionen / Heraus-forderung)

Betroffenheit erzeugen

Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass die Reichweite des Umdenkens stark von der subjektiven

Betroffenheit abhänge. Ergo werde es in Deutschland zur zentralen Herausforderung, Be-

wusstseinsveränderungen voran zu treiben, weil die Auswirkungen des Klimawandels in

Deutschland kaum spürbar sind. Das Problem bleibe, dass die vermeintlichen Verursacher

des Klimawandels vorerst selber nur geringfügig betroffen sind, so die Studierenden. Ange-

führt wurde, dass die Präsenz des Klimawandels in der breiten Öffentlichkeit mit einer Viel-

zahl von Engagierten und großer Medienwirkung eine wesentliche Voraussetzung sei um

Umweltbewusstsein in Umwelthandeln zu übersetzen. Wesentliches Argument könnte dabei

sein, dass eine Anpassung an den klimatischen Wandel kostengünstiger ist als eine Kom-

pensation der Schäden. Zusätzlich müsse aber der bisher bestehende Zusammenhang

Öko= teuer entkoppelt werden. Es sollte gezielt, nach nachhaltigen und zugleich preiswerte-

ren Varianten (lokal, weniger Verpackung, weniger Transport) gesucht werden. Dennoch

formulierte die Gruppe, dass ökonomische Anreizsysteme alleine nach Ansicht der Gruppen

nicht ausreichen.

Kollektives klimabewusstes Handeln stärken

Die Zukunftsvisionen seitens der Teilnehmenden stellten die Kombination von individuellem

und kollektivem klimabewussten Handeln (Vorbild Ameisenhaufen) in den Vordergrund. Die

Vision ist eine aufgeklärte und aufklärungswillige Gesellschaft. Ein frühzeitiges Gegensteu-

ern der Verursacher könne trotz „schwarzer Schafe“ den Verlauf des Klimawandels positiv

beeinflussen, so der optimistische Blick der Gruppe. In der Zukunft sollten Nachhaltigkeits-

Argumente mehr im Vordergrund des Life-Styles stehen z.B. bei der Wahl der Lebensmittel,

Fortbewegungsmittel und Art der Energieversorgung. Neue klimafreundliche Statussymbole

und Belohnungssysteme müssten sich entwickeln. In diesem Zusammenhang wird ein ge-

sellschaftlicher Diskurs über die Definition von Nachhaltigkeitskriterien als unerlässlich be-

trachtet, der schnell vorangetrieben werden sollte. Ergänzend müsse Umweltbildung in der

Schule sowohl für Schüler als auch für Lehrer intensiviert werden.

Role Models und Slogans eines neuen Life-Styles

Verstärkende Mittel zur Bewusstseinsbildung könnten gesellschaftliche Vorbilder und Role

Models sein („Hansi Hinterseher auf dem Fahrrad“, „Tokio Hotel pflanzt Bäume“ oder „Ali G

auf dem Bonanza-Rad“). Die Gruppe arbeitete intensiv an Slogans wie „Pimp my Bike“, „Ich

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fahre Tretauto“, „Meiner ist kleiner - und verbraucht nur 1l“, „Die Zeit läuft“, „Bio ist schick“,

„Sylt statt Seychellen“, „Ammersee statt Amazonas“, „Rügen statt Rio“. Im Laden könnten

Äpfel im Jutesack dieses Umdenken zusätzlich unterstrichen und eine Rückbesinnung auf

regionale und traditionelle Werte unterstützen.

4.2 Gesellschaftlicher Wandel (Zukunftsvisionen / Heraus-forderung)

One World Vision

Die idealisierte gesellschaftsspezifische Zukunftsvision der Teilnehmenden ist Gleichheit im

Sinne von Gerechtigkeit. Realisiert werden soll dies durch finanzielle und technologische

Hilfe, Bildung sowie Bewusstseinsbildung. Das Motto hierbei ist: „Alles hängt mit allem zu-

sammen.“ Ein solches Vorgehen dürfe aber nicht paternalistisch sein, vielmehr müssen die

Industrieländer eine Vorreiterrolle für den Klimaschutz übernehmen, um die Ernsthaftigkeit

des Vorhabens zu unterstreichen. Auch entsprechende Marktmöglichkeiten müssten inte-

griert und genutzt werden. Supranationale Institutionen müssten stärker steuernd eingreifen,

wobei dies eine ungewollte Machtkonzentration mit sich ziehen könne. Alternativ könnten die

Stimmenverhältnisse in UN-Gremien und der Weltbank auf Parität ausgerichtet werden.

Ebenso stellte sich die Frage der Finanzierung zur Bekämpfung des Klimawandels. Durch

Implementierung eines Weltklimafonds könnten Gelder zur Anpassung an den Klimawandel

anonymisiert werden, was die klassischen Geber-Nehmer-Verhältnisse entkräften würde.

Der umfassende Handel mit Emissionszertifikaten auf der Basis eines CO²/Kopf-Verbrauchs

würde die realen Verhältnisse widerspiegeln. In der idealen Zukunft existiert die Kopplung

von Klimaschutz und Forschungskooperation sowie der weitere Ausbau von Clean Deve-

lopment Mechanisms (CDM). Weiterhin müssen versteckte Kosten aufgedeckt und internali-

siert werden, d. h. der Preis muss die tatsächlich in der Umwelt verursachten Kosten abbil-

den. Die Frage der Kostenberechnung und der Kontrolle der Klimaziele blieb offen.

Maßnahmen der Industrieländer

Eine große Herausforderung stelle das Konsumverhalten der Industrieländer dar, welches

maßgeblich ausschlaggebend für die globalen Umweltschäden sei. Die Vermeidung falscher

Anreizstrukturen und daraus resultierender Fehlsteuerungen sei hierbei immanent wichtig.

Weiterhin gelte es, eine Abwanderung von emissionsintensiven Produktionen ins Ausland zu

vermeiden und die derzeitigen Regelungen des CO2-Handels zu überarbeiten. Um tatsäch-

lich CO2 zu reduzieren mache es wenig Sinn, Einsparungen am Markt zu handeln. Die größ-

te Herausforderung wird sein, ein klimawandelspezifisches Weltziel zu formulieren und die

Verantwortungen zur Zielerreichung zu definieren und anschließend zu kontrollieren, so die

Gruppen. Eine mögliche Lösung könnte die Verteilung von weltweiten Budgets für CO2-

Emissionen nach einer Art „Kuchenprinzip“ auf Basis der sozio-ökonomischen Strukturdaten

der Länder sein. Beeinträchtigt werden diese Ansätze durch die Problematik der ungleich-

gewichteten Interessenvertretung und dem fehlenden fairen Willensbildungsprozess. In die-

sem Zusammenhang müssen wirtschaftliche Ambitionen hinten angestellt und neue Prioritä-

ten in Richtung Klimawandel gesetzt werden.

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4.3 Markt und Technologie (Zukunftsvisionen / Herausfor-derung)

Von der Wegwerfgesellschaft zur Kreislaufwirtschaft: Nutzen statt Besitzen

Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe Markt und Technologie gliederten die Zukunftsvisionen in

die Gesichtspunkte Mitigation, also Minderung der Auswirkungen des Klimawandels, und

Anpassung. Hierbei wurde der Markt als Makroebene für die wirtschaftlichen Rahmenbedin-

gungen betrachtet. Die visionären Vorstellungen zielen bei der Mitigation darauf ab, den

Trend der „Wegwerfgesellschaft“ einzudämmen und eine „Kreislaufwirtschaft“ verstärkt zu

fördern. Eine Eindämmung der Müllproblematik ließe sich nur mittels eines zirkulären Stoff-

kreislaufes realisieren. Durch eine verstärkte Förderung von Dienstleistungen können Pro-

dukte nach dem Motto „Nutzen statt Besitzen“, ähnlich dem Beispiel von „Carsharing“, für

Endverbraucher zur Verfügung gestellt werden. Das Prinzip der Rückführung sollte auch die

Produktionsweise von einer Massen- in eine Maßproduktion wandeln und auf Langlebigkeit

abzielen.

Einpreisen von Umwelteffekten und innovative Technologien

Als unerlässliche Voraussetzung spiele die Rahmensetzung seitens der Politik in Richtung

einer „grünen Marktwirtschaft“ eine maßgebliche Rolle. Dies müsse ebenfalls in Schwellen-

ländern umgesetzt werden. Die Internalisierung von sozialen und Umweltkosten in die Pro-

dukte, generell in den Markt, können die Denkprozesse der Konsumenten zusätzlich positiv

beeinflussen. Durch eine solche „Einpreisung“ wird automatisch die Transparenz und Ge-

rechtigkeit erhöht. Das „Cradle-to-Cradle“-Prinzip müsste die ökoeffektive Produktherstellung

und eine Rückführung der verschlissenen Produktionsmaterialien an die Natur oder den Pro-

duktionskreislauf beinhalten. Vorhandene Technologien müssten schneller auf Veränderun-

gen in Umgebungssystemen reagieren können. Genannt wurden nachhaltige Energieträger

wie Wasserstoff, Wind, ein intelligentes Stromnetz und Solarenergie zur autarken Selbstver-

sorgung. Hierfür würden intersektorale und räumlich kommunizierende Systeme auf der Ba-

sis von Informations- und Kommunikationstechnologien benötigt.

Neue Netze braucht das Land

Die Herausforderungen zur Realisierung der eben geschilderten Visionen sind mannigfaltig.

Um die Potentiale für die Kreislaufwirtschaft zu erkennen, muss sich eine Vielzahl von Akteu-

ren vertikal, horizontal, multidimensional und interdisziplinär vernetzen. Zielführend können

an dieser Stelle strategische Allianzen sein, unter Nutzung eines gemeinsamen Ressour-

cenpools nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Aus einer solchen Vernetzung würde sich auf

der Produzentenseite eine Optimierung der Reaktionszeit ergeben. Weiterhin müsse eine

globale und sektorale Umverteilung der Kosten stattfinden. Die wohl größte Herausforderung

sei die institutionelle Neuordnung, also Schaffung und Reorganisation von steuernden und

verwaltenden Institutionen gemeinsam mit der Wirtschaft. Ohne eine wirtschaftliche und poli-

tische Unterstützung zugleich wären alle Anstrengungen zum Scheitern verurteilt.

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5 Präsentation der Themenarbeit und Bildwelt Im Anschluss visualisierten die Teilnehmenden in ihren Arbeitsgruppen die zentralen inhaltli-

chen Punkte in einer Collage. Hierfür standen den Teilnehmern eine Vielzahl von Zeitschrif-

ten und Fotos zum Thema Klimawandel zur Verfügung. Im Folgenden werden die Ergebnis-

se dieser kreativen Darstellungen abgebildet und erläutert.

5.1 Umdenken

In dieser Darstellung sollen sich die notwendigen Aspekte einer neuen Zeit widerspiegeln.

Die häufige Verwendung der Farbe Grün verdeutlichte die ökologische und optimistische

Sichtweise für einen Neustart aufzeigen. Die Sportgeräte symbolisieren eine neue umwelt-

bewusste Mobilität. Eine grüne Schule impliziert den Fokus auf die umweltspezifische Bil-

dung, Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft im grünen Garten stehen für ein positi-

ves Signal in Richtung klimafreundlicher Lebensweise. Die Ergebnisse des neuen Denkens:

Umweltfreundliches Verhalten macht Spaß!

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5.2 Gesellschaft

Die plakative Visualisierung der gesellschaftlichen Zukunftsvisionen und Herausforderungen

stellt die kooperative Politikgestaltung ins Zentrum. Es soll veranschaulicht werden, dass der

Erfolg von weltweiten Klimaanstrengungen auf politischen Entscheidungen basiert und viel-

fältige politische Verflechtungen existieren. Das Gesamtbild bringt zum Ausdruck, dass es

um ein existentes, zu lösendes Umweltproblem geht. Stattdessen wird um monetäre Größen

und Arbeitsplätze anstelle von Umweltschutz und –sinn verhandelt. Dem zentralen Thema

Umweltschutz gelingt es nicht, ins Zentrum der Betrachtung zu gelangen, denn auf diesem

Ohr sind wir taub, symbolisiert durch den Euro, der das Ohr „verstopft“. Durch einen leeren

Einkaufswagen wird die dunkle Seite des Geldes symbolisiert, was in Industrieländern ein

unbekanntes Problem ist. Unser derzeitiges Verhältnis zu den Entwicklungsländern basiert

auf Korruption. Dies wird durch die karikative Darstellung von einer leicht verärgerten Angela

Merkel und einem Robert Mugabe, welcher der Bundeskanzlerin das Geld aus der Tasche

zieht, unterstrichen. Die derzeitige CO2-Emissionsdebatte gleicht einem Verhandlungskarus-

sell und einem Tauziehen, in welchem der symbolische CO2-Kuchen nicht gerecht aufgeteilt

wird, sondern jeder versucht, sich das beste Stück rauszunehmen und der Kuchen plattge-

trampelt wird. Auf der Südhalbkugel wird Prosperität gefordert, was durch Transfermecha-

nismen wie z.B. Technologietransfer (Joint Implementation Mechanismen) realisiert werden

könnte. Aber es besteht die Angst vor leeren Regalen in den Industrieländern, durch das

Abwandern von Industrien, den Verlust von Arbeitsplätzen und Weltmarktanteilen. Für einen

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gerechten Interessenausgleich müssen alle an einem Strang ziehen und man muss von Ko-

penhagen zu einer Kooperativen Politik kommen. Nur wenn alle zusammen helfen, freut sich

der Globus bzw. die Umwelt und Klimaschutz wird realisiert. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

5.3 Markt / Technologie

Die Darstellung von markt- und technologiespezifischen Anforderungen erfolgte durch einen

„Klima-Flipper“. Diese spielerische Abbildung des Ziels, eine bessere Welt zu erschaffen,

basiert auf dem Gedanken, dass ein Zusammenwirken von Politik, Forschung, Wirtschaft

und Gesellschaft die Grundlage bildet, um ein effizientes Ergebnis zu erreichen. Wie bei ei-

nem richtigen Flipperautomaten ist es hier zwingend erforderlich, mit der Kugel und viel

Glück die Anforderungen an Markt und Technik im Ping-Pong spiel zu meistern um in die

höheren Scoring-Regionen zu gelangen und zu gewinnen (vgl. Kapitel 4.3). Für den Fall,

dass dies nicht gelingt, fällt die Kugel, welche durch einen Miniaturerdball symbolisiert wird,

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in das „Weltende“ – Game over. Im Nachgang zur Veranstaltung wurde eine Umsetzung

dieser Form eines Flippers als Applikation für Smartphones empfohlen oder ersatzweise als

Computerspiel auf dem Internet. Auf diesem Wege könnte der Anwender in spielerischer

Form auf die dringende Thematik des Klimawandels, auf das notwendige Wechselspiel der

Akteure und Maßnahmen aufmerksam gemacht werden.

6 Themen der Zukunft Gemeinsam befassten sich die Teilnehmer mit diversen Zukunftsthemen. Dies erfolgte in

Form eines schnellen Brainstormings, bei dem die Teilnehmer ihre Vorstellungen von einer

visionären und klimafreundlichen Zukunft mit möglichst vielen Adjektiven skizzieren sollten.

6.1 Energie Die Energiemodelle der Zukunft sollten regenerativ, dezentral, speicherbar, wireless und

kostenlos sein. Der Idealfall wäre eine in Wohnräumen einfach zu installierende Selbstver-

sorgung. Futuristischer Strom stammt aus integrierten, transnationalen, europaweiten Net-

zen und wird transparent auf einem Spotmarkt angeboten.

6.2 Wohnen Wünschenswerte Elemente des zukünftigen Wohnens sind gekennzeichnet durch Heiztech-

niken aus erneuerbaren Energien, wenn möglich „Geothermie im Kleinen“ kombiniert in ei-

nem Plusenergiehaus. Eine große Rolle spielt der Gedanke der autarken Selbstversorgung

durch beispielsweise frische Lebensmittel aus eigenem Anbau, falls nötig auf dem Dach. Die

Hauptelemente bestehen aus Naturmaterialien und sind dementsprechend recyclebar, bein-

halten biologische Schadstoffreinigungssysteme, wie eine Filterfunktion durch Moos an den

Wänden, Kläranlagen auf Schilfbasis, Wasserkühlungen statt Klimaanlagen und eine natürli-

che Dämmung.

Der Wohnraum der Zukunft muss vielerlei Ansprüchen genügen, so zum Beispiel der gesell-

schaftlich geforderten Flexibilität durch unkomplizierte, transportable, überall integrierbare

Modulbauweise oder durch einen 3D-Drucker mit jederzeit abrufbaren Profilen. Diese

Modulierbarkeit geht soweit, dass die Elemente stets ergänzt werden können. Auf diesem

Wege ist es möglich die Eltern im Rentenalter unkompliziert an den bestehenden Wohnraum

anzuschließen. Dieses Konzept ist erweiterbar durch Module, die Kinder-, Tier- und Senio-

renfreundlichkeit in einem Mehrgenerationenhaus gewährleisten. Idealerweise also eine

Wohnkultur mit gemeinschaftlicher Nutzung von Fitness- und Freizeitbereichen, mit einer

daraus resultierenden langen Wohntradition.

Während einerseits vorgeschlagen wurde, Wohn- und Arbeitsstätte zu kombinieren, wurde

andererseits eine räumliche Trennung der Bereiche gefordert. Auch der Wunsch nach Pri-

vatsphäre ohne Überwachung konkurrierte mit dem Interesse an Vollautomatisierung durch

installierbare Software im Wohnbereich. Dem Sicherheitsgedanke soll durch eine wetterre-

sistente Bauweise Rechnung getragen werden, die Starkwetterereignissen stand hält und

Sturm und Flut trotzt. Bedingt durch den demographischen Anstieg der Weltbevölkerung

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erfordert die Bauweise in naher Zukunft eine vertikale Ausrichtung. Durch Begrünung von

Dächern und Einsparungen von Versiegelungsflächen kann das vollständige Verdrängen der

Natur aus den Innenstädten vermieden werden.

6.3 Mobilität Die Mobilität der Zukunft spielt eine maßgebliche Rolle bei der Reduktion von Schadstoffen

und damit bei der Eindämmung des Klimawandels. In den Augen der Teilnehmenden sollten

hierbei generelle Kriterien, wie Emissions-, Lärm- und Unfallreduktion oberste Priorität ha-

ben. Alternative Antriebstechniken wie Elektro-, Hybrid- oder Brennstoffzellenfahrzeuge oder

auch „Carsharing“ sind hier bereits bekannte Lösungsansätze. Der Idealfall ist die Fortbewe-

gung zu Fuß oder via Fahrrad. Da dies oft nicht realisierbar ist, kann das Angebot von kos-

tenlosem Nahverkehr, Autoreisezügen oder einer Dienstleistung, die Mobilität anbietet (Bsp.

100.000 Stunden Mobilität statt einem eigenen PKW), eine Option sein. Weiterhin könnten

Konzepte der Mitfahrgelegenheiten technisch und gesetzlich ausgebaut werden. Mittels GPS

sollten Mitfahrern Zustiegsmöglichkeiten angezeigt und im Idealfall verpflichtend für die

PKW-Besitzer sein. Der strukturelle Ausbau von Park & Ride-Systemen und Sammelstatio-

nen in Großstädten kann hier zielführend sein. Für den Bereich der Wirtschaft müssen

grundsätzliche Erwägungen von Videokonferenzen anstelle von Dienstreisen eine zentrale

Rolle spielen.

6.4 Freizeit Zukünftige Freizeitgestaltung darf das Anliegen der Nachhaltigkeit ebenso wenig vernach-

lässigen wie alle anderen Teilbereiche der Gesellschaft. Das Prinzip des Naturschutzes

muss wieder stärker in den Vordergrund rücken. Im Rahmen der Realisierung spielt die Be-

sinnung auf regionale und lokale statt globaler Urlaubsziele eine wichtige Rolle. Der Touris-

mus selber muss Nachhaltigkeit internalisieren. Nicht minder bedeutend sind die individuelle

Entscheidungsabwägung bei der Wahl der Art und Weise der Freizeitgestaltung. Um dem

visionären Gedanken der Marktveränderung auch in die Freizeit zu tragen, können vermehr-

te und intensivere Angebote von Leihartikeln förderlich sein. Solch ein Angebot kann die

ganze Bandbreite von Hobbies bedienen, vom Heimwerkerbedarf bis zu Sportartikeln kann

auf diese Weise durch einen geringeren Produktbedarf die Umwelt entlastet werden.

Im Bereich des Tourismus müssen unbedingt stärkere Eingriffe in die Natur vermieden wer-

den. Der Tourist selber kann in seiner Freizeit direkt und bewusst auf die Umweltproblemati-

ken hingewiesen werden. Da Naturraum ein öffentlicher Raum ist, soll dieser auch von der

Allgemeinheit geschützt werden. Dementsprechend sind private Naturparks unerwünscht.

Mögliche Ansätze um diese Forderungen zu unterstützen und umzusetzen, sind die Umlage

von Kosten des Naturschutzes in die Preise für die Freizeitgestaltung oder die direkte Teil-

nahme der Touristen an Aufforstungsprojekten.

Generell gilt, dass Aktivitäten ohne Schadstoffausstoß stärker beworben werden sollten, so

z.B. „Radtour statt Autoreisen“, „Paddeln statt Motorboot“ oder „Segeln statt Kreuzfahrt“. Ein

Umdenken muss stattfinden, weg vom derzeit nahezu überall propagierte Action-, Funsport-

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und Abenteuerurlaubstrend hin zur Natur und individuellen Entspannung. Dadurch kann

auch ein Burnout seitens der Individuen und der Natur verhindert werden.

Abschließend sei noch der fiktionale Gedanke der animierten Umwelten für die Freizeitge-

staltung erwähnt. Gelingt es technisch, jedes gewünschte Freizeitumfeld via Hologramm zu

erstellen, kann die Umwelt um ein Vielfaches entlastet werden.

6.5 Neue Produkte / Dienstleistungen Die Konsumentenwünsche der Zukunft werden einen entscheidenden Einfluss darauf haben,

wie ökologisch die Produktpalette demnächst gestaltet sein wird. Für die Teilnehmenden

bedienen die neuen Produkt- und Dienstleistungsinnovationen exakt die individuellen Wün-

sche. Hierfür stehen jedem Haushalt multifunktionale 3D-Drucker, Maschinen und generative

Miniaturproduktionssysteme zur Verfügung, welche im Stande sind, jedwedes Produkt zu

generieren. Das Produktdesign wird stark auf die Lebensdauer und Zeitlosigkeit ausgerich-

tet. Notwendigen Erledigungen im Privathaushalt werden durch Robotik gewährleistet. Ins-

gesamt müssen zukünftige Produkte einem für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren, nachhal-

tigen Produktionsprozess entstammen, in welchem die Produzenten für alle sozialen und

ökologischen Konsequenzen des Produkts haften. Dieser muss für den Endverbraucher im

Produkt alle ökorelevanten Daten visualisieren (Bsp. Spotmarktpreise für Strom). Auf Basis

solcher Informationen können Belohnungssysteme für umweltgerechtes Handeln mittels

Gutschriften initiiert werden.

Die Tendenz im Dienstleistungssektor geht ebenfalls stark in Richtung Individualisierung. Es

gibt persönliche Manager, welche Internetrecherchen über Preisvergleiche durchführen, die

bei Kaufentscheidungen die Grundlagen bilden und alle relevanten Informationen zur Verfü-

gung stellen. Auch die Versicherungssysteme werden dynamischer ausgerichtet. Die Kran-

kenkasse der Zukunft zahlt künftig Beiträge zurück, wenn man keine Leistungen in Anspruch

nimmt, stellt im Bedarfsfall Personal Trainer zur Verfügung oder ist gar kostenlos.

6.6 Kommunikation Im Zeitalter der Globalisierung nimmt Kommunikation eine zentrale Rolle ein, wobei die Teil-

nehmer sich insbesondere mit der Selektion, Kontrolle, Erleichterung und Übermittlung der

Vielzahl von Informationen befassten.

Grundsätzlich müsse das Internet und Digitalfernsehen qualitativ hochwertig und kostenlos

sein. Die derzeitige Entwicklung von Multifunktionsgeräten verstärkt sich und ermöglicht

durch einheitliche Normen die Konzentration und Reduktion auf einen Kanal oder Medium.

Universelle Übersetzungstools machen internationale Kommunikation unabhängig von er-

lernten Sprachkenntnissen. Durch entsprechende Technik kann der horrende Informations-

fluss auf Wunsch ausgeblendet oder intensiviert werden. Als Beispiel wird hier eine Brille

genannt, die auf Knopfdruck jegliche Information ausblenden oder auf Wunsch Information

zu allem was betrachtet wird, liefern kann.

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Protokol l Januar 2010 16

Es kommt zu einer Integration von Kommunikationstechniken in Textilien (smart textiles) und

nicht zuletzt den menschlichen Organismus mittels Mikroelektronik. Auf diese Weise kann

zum einen der Warenfluss mit dem tatsächlichen Verbrauch synchronisiert werden. Dies

birgt jedoch auch die große Gefahr der totalen Überwachung.

6.7 Vorbilder Um in der Gesellschaft das Bewusstsein für nachhaltiges Handeln langfristig zu implementie-

ren, bedarf es Vorbildern, die positives Verhalten vorleben und kommunizieren. Der Begriff

des Vorbilds hat aus Sicht der Teilnehmer kein Erfordernis von Popularität oder Aktualität.

Vielmehr ist das Handeln ausschlaggebend und kann durch den „kleinen Mann“ bzw. die

Teilnehmenden und jeden selber, die Elterngeneration sowie Freunde und Bekannte symbo-

lisiert werden. Es steht aber außer Frage, dass Popularität und die Ausstattung mit den not-

wendigen Ressourcen, einen größeren Erfolg im Hinblick auf die Erreichbarkeit der breiten

Masse hat.

Die Vorbildfunktionen können von Musikern und Bands (Kiss, Sting, U2, The Kinks), Autoren

(Philipp K. Dick, Stanislav Lem, Douglas Adam, Jule Verne, Joey Goebel), Journalisten

(Günter Wallraff), Aktivisten (Greenpeace, Sven Giegold, The Yes Men) Künstlern, Religiö-

sen Vorbildern, Wissenschaftlern (Paul Krugman), Sportlern und wünschenswerter Weise

Politikern (Hermann Scheer) übernommen werden.

Eine besondere Rolle wird den Vertretern des Wirtschaftssystems abverlangt. Unternehmen

oder Einzelpersonen, die im Rahmen der Prävention des Klimawandels tätig sind, müssen

verstärkt in den medialen Vordergrund gerückt werden. In diesem Kontext erwähnten die

Teilnehmer vor allem die Bedeutung der Vertreter der Energiewirtschaft. Auch Vorzeigepro-

jekte müssen stärker bekannt gemacht werden wie z.B. die Übernahme von Energienetzen

durch Bürgerinitiativen oder die Planung klimafreundlicher Gebäude (McDonough, Prof. Mi-

chael Braungart).

6.8 Werbung der Zukunft Die Werbung der Zukunft hat nicht nur aus ökonomischer Sicht eine wichtige Bedeutung, sie

wird in gleichem Maße für die klimapolitische Aufklärung relevant sein. Es ist wichtig den

Argumentationsstrang der Werbung zu ändern. So sollte nicht der Nutzen über die Moral

gestellt werden, sondern die moralische Seite des Nutzens hervorgehoben werden. Auch im

Bereich der Werbung steht der individuelle Zuschnitt auf den Empfänger im Vordergrund.

Der Gedanke einer digitalen, interaktiven und selektierenden Brille wurde hier wieder aufge-

griffen. Durch persönliche Empfängerprofile kann umweltgerechtes Verhalten durch die Wer-

bung unterstützt werden (ausschließliches Angebot von nachhaltigen Produkten).

Kampagnen, die auf den Klimawandel abzielen, müssen drastische, authentische und aufklä-

rende Bilder vermitteln. Vor allem aber muss die Übermittlung von Werbung sich ändern, da

hier oft eine Verschwendung natürlicher Ressourcen stattfindet (Bsp. Papierprospekte).

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Protokol l Januar 2010 17

7 Arbeit an Metathemen / Bedürfnisprofilen in Kleingruppen

Nach einer kurzen Feedbackrunde zum Vortag wurde am zweiten Tag mit der individuellen

und emotionalen Ebene in Bezug auf den Klimawandel, und daraus resultierenden gesell-

schaftlichen Veränderungen, begonnen. Hierbei ging es um drei Themenblöcke, bestehend

aus Unsicherheiten und Ängsten, Bedürfnisse und Wünsche sowie Aufmerksamkeit und

Sensibilität. Die Umsetzung erfolgte wieder in drei Arbeitsgruppen. Damit im Ergebnis die

Gedanken eines jeden Teilnehmers in die Themenblöcke einfließen konnten, kam es zur

Anwendung des Rotationsprinzips. Nach einer gewissen Zeit wechselten die Arbeitsgruppen

die Tische und ergänzten und diskutierten jeweils die Gedanken ihrer Vorgänger.

7.1 Unsicherheiten / Ängste Welchen Unsicherheiten und Ängsten sehen sich die Teilnehmenden in den nächsten Jah-

ren ausgesetzt? Diese Frage kann in die Kategorien persönliche und gesamtgesellschaftli-

che Bedenken aufgeteilt werden.

Persönliche Ebene

Auf der persönlichen Ebene spielt die Sorge um individuelle Entfaltung, Einsamkeit, die Fa-

milie, das Berufsleben und finanzielle Sicherheit eine große Rolle. Jeder hat ein individuelles

Streben nach persönlicher Entfaltung, es ist allerdings sehr bedenklich ob dieses in der heu-

tigen Berufswelt noch möglich ist. Weiterhin wird befürchtet, dass die stets steigenden An-

forderungen an den Beruf und damit verbundene Mobilität zu einer Vereinsamung, Bezie-

hungsunfähigkeit und dem Verlust von Freunden führen kann. Der Verlust des Arbeitsplatzes

nimmt eine nicht mindere Rolle ein. Die in der letzten Finanzkrise aufgezeigte Anfälligkeit

des Wirtschaftssystems macht Sorgen um die freie, adäquat vergütete Berufswahl durchaus

nachvollziehbar. Hieraus und aus den möglichen klimatischen Veränderungen resultieren

Bedenken eine Familie zu gründen, da der eigenen Familie ein mögliches Höchstmaß an

Sicherheit und Entwicklungsperspektiven geboten werden soll. Die Absicherung im Alter ist

ebenfalls ein von Unsicherheiten geprägtes Thema. Es wird davon ausgegangen, dass

Fonds zur Altersvorsorge heutzutage nicht mehr sicher sind, reale Werte (Immobilien) be-

deuten aber einen hohen Grad an aufzubringenden Ressourcen.

Gesellschaftliche Sorgen

Die Sorgen aus gesamtgesellschaftlicher Sicht beziehen sich auf Politische Stabilität, un-

überschaubare Komplexität, klimatische Veränderungen und gerechte Ressourcenverteilung.

Die TeilnehmerInnen sehen die Möglichkeit von politischen Eruptionen durch zu hohe

Staatsverschuldung, zunehmenden Terrorismus, Einschränkungen der persönlichen Freiheit,

den Verlust des derzeitigen Wohlstandes, zunehmende Ungerechtigkeit, einen Rückgang

von unabhängigen Informationen und nicht zuletzt Krieg, als eine reale Bedrohung an.

Die globale Zunahme von Starkwetterereignissen und einhergehenden Schäden kann zu

einer Steigerung individueller Egoismen führen, die sich auf der nationalen und internationa-

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Protokol l Januar 2010 18

len Ebene widerspiegeln. Infolgedessen kann ein extremer Solidaritätsverlust zu einer Auf-

kündigung jeglicher Kooperation führen. Ein starker Rückgang der politischen Akzeptanz

zieht den Verfall von Bürgerrechten und folglich eine Atomisierung der Gesellschaft nach

sich. Für den Einzelnen werden solche Themen in der heutigen Zeit zunehmend unüber-

schaubarer, die Komplexität mache Entscheidungen immer unsicherer und erzeuge dadurch

die Angst vor dem Verlust der Kontrolle.

Die Befürchtungen bezüglich des Klimawandels haben eine hohe Bandbreite. Dabei geht es

um die negativen Veränderungen der Natur, allerdings aus sehr unterschiedlichen Perspekti-

ven. Es wird klar zwischen der bedrohlichen und ästhetischen Veränderung unterschieden.

Das heißt, persönliche Betroffenheit entsteht erst, wenn die Auswirkungen bisherige Lebens-

verhältnisse verschlechtern. Mögliche Ursachen für persönliche Betroffenheit wären globale

Instabilität durch Nahrungs- und Ressourcenknappheit, Flüchtlingsströme, Völkerwanderun-

gen und daraus resultierende Konflikte zwischen Ethnien und Religionen. Der Verlust der

natürlichen Umwelt durch die Ausbreitung von Megacities geht mit der Angst vor weiter vo-

ranschreitendem respektlosem Umgang mit der Natur einher. Nicht weniger bedenklich ist

die Interessenlosigkeit in großen Teilen der jungen Generation, welche oft der „Virtuellen

Welt“ den Vorrang lässt und reale Umweltprobleme ausblendet.

7.2 Bedürfnisse / Wünsche Ökonomischer Wandel

Unter ökonomischen Wandel wird das Überdenken der bisherigen Wirtschaftsordnung gefor-

dert. Die Option der Kreislaufwirtschaft kann die weltweiten Ressourcen schonen und ein

entscheidender Schritt weg von der „Wegwerfgesellschaft“ sein. In diesem Zusammenhang

muss die Intention der wirtschaftlichen Produktion neu definiert werden, damit sind die

Hinterfragung der Notwendigkeit vieler Produkte und die Einstellung der Konsumenten die-

sen gegenüber gemeint. Die Verteilung von Kapital muss gerechter gestaltet sein, Qualifika-

tion muss adäquat vergütet sein, Arbeit muss unter allen Arbeitswilligen aufgeteilt werden,

die Relation zwischen Arbeit und Privatleben soll sich zugunsten des Privatlebens verän-

dern. Hierbei wurde der Gedanke des gesicherten Grundeinkommens als Lösungsansatz

genannt. Generell muss der Effizienzgedanke durch den der Effektivität ersetzt werden. Je-

der schafft es sich von der Dauerberieselung durch Werbung zu befreien und erreicht einen

Punkt der Selbstbestimmung im Konsum. Der Begriff des Wohlstands muss neu und materi-

ell unabhängig definiert sein.

Ein neues Fairnessverständnis

Die Natur muss global umfassend geschützt werden um den Klimawandel zu stoppen. In

diesem Zusammenhang ist eine Neudefinition des Fairnessverständnisses im Bezug auf

weltwirtschaftlichen Handel unabdingbar. Im Idealfall sind weltweit alle Menschen umfassend

aufgeklärt und können die Konsequenzen von Missbrauch der Natur exakt einschätzen. Die

weltweite, kulturübergreifende Verständigung wird stärker forciert. Der Austausch zwischen

den Kulturen, Kenntnis anderer Bedürfnisse und Orientierung an positiven Handlungsbei-

spielen, kann interkulturell zuträglich sein. Hierunter fällt auch das Verständnis zwischen den

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Protokol l Januar 2010 19

Generation, in dem eine bessere gegenseitige Akzeptenz gefordert wird. Wenn eine solche

Verständigung funktioniert, stehen Möglichkeiten der gemeinschaftlichen Risikoaufteilung

und dementsprechend die solidarische Behandlung von Risiken offen.

Die neue Politik

Im Bereich der Politik wird sich vor allem innere und äußere Stabilität und Sicherheit ge-

wünscht sowie der Erhalt des bestehenden politischen und sozialen Systems. Der Staat

muss die Schutzfunktion gegenüber den Bürgern wieder ernst nehmen, er soll z.B. Daten-

speicherungen verhindern anstatt sie zu fördern. Der zeitliche Ablauf von Entscheidungspro-

zessen muss beschleunigt werden sonst geht das politische Engagement und Interesse der

Bürger in Kleingruppen unter. Die Politik muss wieder langfristige Ziele verfolgen und nicht

mit kurzfristigen Wählerinteressen arbeiten. Hier könnte die Auslagerung von Entscheidun-

gen an selbständige transparente Organisationen helfen. Der augenscheinliche Zweifel der

Überforderung von Politik durch die Komplexität der Agendathemen muss von ihr selber ent-

kräftet werden.

Ein großer Teil der Wünsche und Bedürfnisse zielt auf mehr Lebensfreude, Glück und Ge-

sundheit ab. Keine Angst mehr haben zu müssen, gilt als erstrebenswert. Die Gründung ei-

ner Familie und die Entscheidung zum Nachwuchs braucht mehr Sicherheit. Ein individuelles

Verantwortungsgefühl motiviert die Menschen zu proaktiver gesellschaftlicher Beteiligung.

7.3 Aufmerksamkeit / Sensibilität Aufklärung

Die Lösungsansätze zum Generieren von Aufmerksamkeit und Sensibilität sehen persönli-

che Betroffenheit, Bildung, Transparenz und Richtlinien als probate Mittel. In erster Instanz

wird eine Aufmerksamkeit und Sensibilisierung bezüglich des Klimawandels durch persönli-

che Betroffenheit ausgelöst. Solange diese nicht durch eigene Erfahrungen gemacht wird,

könnte sie anhand von Worst-Case-Szenarien simuliert oder lokal erfahrbar gemacht werden

(Bsp. Waldsterben in der BRD). Die Umweltbildung nimmt an dieser Stelle eine Sonderstel-

lung ein. Sie sollte frühzeitig einsetzen und kann im Kindesalter auf spielerischem Wege, im

Erwachsenenalter als Bestandteil von Schul-, Aus- und Weiterbildung realisiert werden. Zur

Unterstützung des Bildungsaspektes ist transparente Kommunikation im Idealfall auch durch

gesellschaftliche Vorbilder unabdingbar. Sie muss unter Vermeidung von Polemik offen, ehr-

lich und unabhängig Aufklärung über die aktuellen Kenntnisstände betreiben, da sich der

Empfänger sonst der Zugänglichkeit verschließt. Hierbei ist die Komplexität zu reduzieren,

da so eine leichtere Vermittelbarkeit möglich ist. Offizielle Handlungsrichtlinien, ähnlich den

Hygienerichtlinien im Falle der Schweinegrippe, können zusätzlich hilfreich sein. Das Ver-

braucherbewusstsein wird durch Transparenz geschärft, dafür ist es auch erforderlich, dass

Produkte eindeutig mit Klimagütesiegeln ausgezeichnet sind.

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Protokol l Januar 2010 20

8 Vertiefung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Plenum

Die gerade geschilderten Themenkomplexe wurden im Anschluss im Plenum vorgestellt und

unter den Gesichtspunkten Auffälligkeiten, Gemeinsamkeiten und Widersprüchen von den

TeilnehmerInnen diskutiert.

8.1 Was fällt auf? Seitens der TeilnehmerInnen wurden zwei Arten von Naturperspektiven identifiziert. Erstens

die Natur als Rohstoff und wirtschaftlichen Faktor und zweitens die Natur als ästhetisches

Erlebnis und Landschaft zum Erfreuen. Auch sind zwei verschiedene Weltbilder zu erken-

nen. Zum einen eine anthropozentrische Ethik mit dem Menschen als Mittelpunkt der Welt

und zum anderen eine holistische Ethik mit dem Menschen als Teil der Natur. Ebenso exis-

tiert ein starkes Spannungsverhältnis in der Vertikalen und Horizontalen der Mikro- und Mak-

roebene, hiermit ist die Verantwortung durch den Einzelnen und das System gemeint.

Die Aufmerksamkeitserhöhung auf den Klimawandel durch Bildung und Kampagnen wird

immer wieder verstärkt gefordert. Die Annahme der Sensibilisierung durch Betroffenheit kon-

kurriert mit einem gewissen Fatalismus durch Übersensibilisierung in den Medien, in Form

einer Gleichgültigkeit durch Übersättigung.

Insgesamt sehr auffällig ist die Diskrepanz zwischen teilweise sehr konservativen und ande-

rerseits sehr radikalen Wünschen mit Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen. Häufig

wird das derzeitige Wirtschaftssystem in seiner Funktionalität und Sinnhaftigkeit hinterfragt,

aber auch in seinen positiven Möglichkeiten den Klimawandel zu begrenzen, unterschätzt.

8.2 Gemeinsamkeiten / Trends (Megatrends) Der generalisierende Trend geht in Richtung eines Bewusstseinswandels und wird in vielen

Ansätzen fokussiert. Dieser impliziert den Wunsch nach einem Wandel in den Werteinstel-

lungen. Dabei geht es um eine Distanzierung vom Materialismus und die Rückbesinnung auf

alte Werte, wie lokale Wurzeln und Familie. Um Vorhandenes zu wahren müssen jedoch

einige Handlungsweisen verändert werden.

Trotz der Nennung diverser Punkte mit solidarischen Ansätzen geht der Trend in Richtung

einer Atomisierung der Gesellschaft mit starker Eigenverantwortung. Eine verstärkte Öffent-

lichkeitsarbeit soll den Klimawandel im Kleinen, wie im Großen sichtbar machen und die

Aufmerksamkeit wieder erhöhen.

Die TeilnehmerInnen sind der technischen Komplexität des Klimawandels gegenüber ambi-

valent eingestellt. Die Gesellschaft muss sich wandeln, damit der bisherige Lebensstandard

gehalten werden kann, zudem ist die Übernahme von Verantwortung unabdingbar.

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Protokol l Januar 2010 21

8.3 Widersprüche Aus den vorangegangen, geschilderten Auffälligkeiten und Gemeinsamkeiten können leicht

diverse Widersprüche identifiziert werden. Auf der persönlichen Ebene widersprechen sich

das Verlangen nach Freiheit und Sicherheit. Die Aufrechterhaltung des bisherigen Lebens-

stils und eine Verbesserung der Umwelt sind ebenfalls schwerlich vereinbar. Der Wunsch

nach Aufklärung und die Aversion gegenüber einer Informationsflut lassen die Notwendigkeit

der Reduktion von Komplexität erkennen.

Die Begriffe der Effizienz und Suffizienz sind im Rahmen von erfolgreichem Klimaschutz und

ökonomischen Wachstum nur schwer zu vereinen. Der Wunsch nach totaler Aufklärung und

umfangreichem Wissen über die Verursacher des Klimawandels durch Emissionskontrolle

und Labeling im Produktbereich, passt nicht zu den Bedenken vor einem Überwachungs-

staat.

Die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln ist nach wie vor hoch, da kein spürbarer

Handlungsdruck herrscht. Einerseits wird eine konkrete Handlungsfreiheit gefordert, ande-

rerseits sind eingeschränkte Handlungsspielräume gewünscht.

9 Zusammenfassung und Ergebnissicherung Abschließend seien die Ergebnisse der Arbeitsgruppen des zweiten Tages noch einmal zu-

sammengefasst.

Im Kern geht es um darum kleinere Strukturen zu erschaffen, dennoch bleibt die individuelle

Sicherheit stets abhängig von der globalen Sicherheit. Das Bewusstsein der Menschen für

Wechselwirkungen und Abhängigkeiten kann durch Vertrauen in eine positive Kooperation

übertragen werden. Eine stärkere Vernetzung von Daten- und Netzwerkströmen schafft die

Grundlage für eine effiziente und weltweite Bekämpfung des Klimawandels. Dass diese

Komplexität der Vernetzung nicht zu sicherheitstechnischen Instabilitäten führt, verhindert

derzeit die globale Wirtschaftssicherheit, welche aus der hohen Interdependenz der einzel-

nen Akteure resultiert.

Die Förderung inklusive des Zugangs von Bildung und Aufklärung mittels Vernetzung stabili-

siert diese Sicherheit zusätzlich. Solche Informationen müssen allerdings verständlich aufbe-

reitet und in ihrer Komplexität reduziert sein. Eine verständliche Sprache und Interpretations-

sicherheit sind notwendig, da andernfalls Desinteresse seitens der Empfänger alle Bemü-

hungen einer Aufklärung zerstört. Die Politik spielt hier eine wichtige Rolle, sie soll Sicherheit

vermitteln und eine Vorbildfunktion übernehmen. Das kann aber nur gelingen, wenn die Poli-

tik das Vertrauen zurückgewinnt und ihre Führungsrolle durch eine einheitliche Linie unter-

streicht.

9.1 Diskussion zum Thema Sicherheit und Versicherungen Der vorangegangen häufig verwendete Begriff der Sicherheit bedarf einer genaueren Klä-

rung. Die Assoziationen im Plenum definierten diese als Vertrauen, Geborgenheit, Zuver-

sicht, Akzeptanz, Eigenbeteiligung, Mitgestaltungsmacht oder einen Raum für Verantwor-

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Protokol l Januar 2010 22

tung. Kennzeichnend ist die Subjektivität der Wahrnehmung von Sicherheit. Im Zeitalter des

ständigen Fortschritts ist die Wagniskultur eine Basiskomponente und muss bereits in der

Schule gefördert werden. Die Bereitschaft und das Selbstbewusstsein zu gewagten Schritten

in welcher Form auch immer braucht eine Garantie oder Versicherungen als Gegengewicht.

Es existiert eine Vielzahl von Bedürfnissen, welche sich durch den Wunsch nach Sicherheit

auszeichnen.

Die Sorgen der jungen Generation

Neue Krankheitsbilder prägen unser Zeitalter, so sind seit neuestem Burnout-Erscheinungen

und Depressionen keine Seltenheit. Die Herausforderungen einer Familiengründung führen

oft zu Zukunftsängsten für die es keine Sicherheit gibt. Die Angebote müssen die Siche-

rungswünsche von Mann und Frau separat berücksichtigen, wenn es um die Entscheidung

des Ausstiegs aus dem Berufsleben zur Realisierung des Kinderwunsches geht. Ähnlich

gestaltet es sich beim Start in das Berufsleben und in die Selbständigkeit, welcher mit wichti-

gen Entscheidungen und nicht weniger Ängsten behaftet ist. Die heutzutage häufig abver-

langte Mobilität im Berufsleben geht mit Unsicherheiten einher. Eine 100% Absicherung wird

nie möglich sein, aber das subjektive Sicherheitsgefühl kann zufriedengestellt werden.

Allerdings gibt es oft das Gefühl der persönlichen Verunsicherung durch das große Angebot

an potenziell möglichen Schutzmechanismen zur Steigerung des eigenen Sicherheitsemp-

findens. Das Interesse in jüngeren Generationen an Versicherungen hält sich derzeit in

Grenzen, begründet wird dies mit dem Mangel an Eigentum, welches zu versichern wäre. So

fürchtet man z.B. in Mietwohnungen kaum die Schäden von Starkwetterereignissen.

Weg von der klassischen Versicherung?

Es existieren durchaus einige Überlegungen, welche Alternativmodelle zur Verfügung stün-

den. Der Gedanke des Selbstversorgers wird hier wieder aufgegriffen, im Mittelpunkt stehen

dabei die Stärkung der Einzelvorsorge durch Kapitalanhäufung oder kapitalbildende Lebens-

versicherung. Der Fokus dieser Gedanken liegt auf der Rückerstattung bei Nichtinanspruch-

nahme, dabei wurden Optionen wie höhere Schadensfreiheitsklassen oder flexible Auszah-

lungs- und Ansparungsmodelle als Lösungen genannt. Die Versicherung wird also nicht

gänzlich ausgeblendet, sollte aber nur für geringe Wahrscheinlichkeiten involviert sein.

Die Rolle der Versicherer beim Klimawandel

Die Debatte um den Klimawandel ist geprägt durch Angstszenarien mit teilweise weltunter-

gangsähnlichen Prognosen. Ein Gefühl von Sicherheit kann durch Gegenszenarien und öf-

fentliche Aktivitäten zur Prävention geschaffen werden. Generell gilt, dass auch die Versiche-

rungen den Klimawandel im Alleingang nicht stoppen können. Dennoch besitzen sie einige

wirkungsvolle Instrumente um Einfluss auf andere Akteure auszuüben. Hierfür ist es notwen-

dig öffentlichkeitswirksam die Einflussmöglichkeiten von Versicherern nach außen zu kom-

munizieren. Sobald ein Wirtschaftsakteur augenscheinlich Aktivitäten im Bereich der

Mitigation initiiert, kann daraus ein positiver Wettbewerb erwachsen. Die Maßnahmen der

Anpassung müssen aber gemeinsam umgesetzt werden. Der wohl wichtigste Kooperations-

partner ist die Politik, in Zusammenarbeit mit den Versicherern sind klimaspezifische Ver-

Think Tank Kl imawandel

Protokol l Januar 2010 23

besserungen der gesetzlichen Rahmengebung, die Steuerung von Forschungsgeldern und

die Überarbeitung des Emissionsrechtesystems zumindest in der Bundesrepublik Deutsch-

land durchaus denkbar. Zusätzlich können auf bilateraler Basis gemeinsam mit Unterneh-

men Anreizsysteme für proaktiven Klimaschutz implementiert werden. Der radikalere Ansatz

wäre die Versicherung von mit einem Produkt verbundenen klimatischen Auswirkungen. Auf

diese Weise können Unternehmen monetäre Konsequenzen bezügliche ihrer Produkte direkt

spüren. Dieser Gedanke folgt dem Ansatz der Internalisierung von externen Kosten.

Unabhängig von den eben genannten Argumenten sollten Versicherer aktiv an der Aufklä-

rung und Beratung zu Präventionsmaßnahmen sowie der Unterstützung dieser teilnehmen.

9.2 Anforderungen an verschiedene gesellschaftliche Ak-teure

Der Klimawandel ist mit vielfältigen Anforderungen an verschiedene gesellschaftliche Akteu-

re verbunden. Im Folgenden werden diese Anforderungen aus Sicht der TeilnehmerInnen

dargestellt.

9.2.1 Versicherer

Eine zentrale Frage in Bezug auf Versicherungsunternehmen ist, wie eine klimafreundliche

Wagniskultur unterstützt werden kann. Die Gestaltung der Preispolitik hat dabei einen „Stell-

schraubencharakter“. Durch die Intensivierung der Beiträge für klimaunfreundliches Verhal-

ten, kann die Lukrativität von Optimierungen und Investitionen in umweltfreundliche Neue-

rungen gefördert werden. Eine Umkehrung des Kerngedankens von Versicherungen - die

Schadenskompensation - könnte durch Anreizsysteme für Wagniskompensation bei Investi-

tionen im Bereich der Fortschrittstechnologien ersetzt werden. Ein weiteres denkbares Re-

sultat kann eine Versicherung gegen Überanpassung an den Klimawandel sein, für den Fall,

dass sich die Investitionskosten nicht amortisieren. Die Einführung von Bonussystemen, die

den CO²-Ausstoß berücksichtigen, ist ebenfalls denkbar, allerdings von einer Unmenge an-

derer Schadens- und Kostenparameter abhängig, besonders im Kfz-Segment. Für die Reali-

sierung bedarf es vielfältiger Rahmenbedingungen und gesetzlicher Vorschriften ergo politi-

scher Steuerung. Die Gegenfinanzierung eines solchen Bonussystems, mit stärkeren Belas-

tungen anderer Versicherungszweige, wird sich ebenfalls schwierig gestalten.

Zum Abschluss des Themenblocks der Versicherungen wurde erneut ein Brainstorming über

sonstige innovative Versicherungsideen durchgeführt. Die hier gesammelten Vorschläge

zielten beispielsweise auf Möglichkeiten der Versicherung von Dienstleistungen (Bsp. car2go

in Ulm), Anreizsysteme für eine freiwillige Motorabriegelung ab 120 km/h im PKW (Senkung

der Schadenswahrscheinlichkeit und des CO²-Ausstoß), Versicherungen gegen Brüche in

Biographien (Bsp. Eheversicherung), Versicherung im Bereich des Web 2.0 (für Avatare,

Imageschäden durch Dritte, Datenverlust bei cloud computing und Identitätsdiebstahl) und

zuletzt Versicherungen für Rendite im Rahmen von Börsenaktivitäten.

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Protokol l Januar 2010 24

9.2.2 Wirtschaft

Von den Akteuren der Wirtschaft wird die Übernahme von Verantwortung und Förderung von

umweltfreundlichem Verhalten erhofft. Integration und Kooperation zur Verbesserung der

Umweltbedingungen müssen gerade von der Wirtschaft als einem der Hauptverursacher

gewährleistet werden. Ihren Beitrag kann die Wirtschaft über eine Abwendung von der Mas-

sen- und Überproduktion leisten. Es muss eine Entwicklung zu „products on demand“ geben,

in der nur tatsächlich Benötigtes produziert wird. Der Prozessablauf sollte sich verstärkt in

Richtung des Lean-Management entwickeln und lediglich ein Minimum an Abfallstoffen ver-

ursachen. Hierfür müssen qualitativ hochwertige, langlebige, funktionale, vor allem aber

nachhaltige und recyclebare Produkte, intensiver beworben sein.

Der Dienstleistungsmarkt muss verstärkt harmonisierte Produkte anbieten, so sollte z.B. im

Rahmen eines Servicecontracting Wärme statt Energie angeboten werden. Auf diesem We-

ge wäre eine Kopplung des Wärmekaufes mit den Klimazielen leicht realisierbar. Das wohl

beste Mittel bleibt aber die Internalisierung externer Umweltkosten, wofür entsprechende

Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden muss.

9.2.3 NGOs

Bei der Prävention in Sachen Klimawandel kommt den NGOs große Bedeutung zu, da sie

eine wichtige Aufklärungs- und Überwachungsfunktion haben. Eine Verstärkung des Enga-

gements im Bildungsbereich liefert Informationen aus erster Hand und wird durch die oftmals

inhärente Vorreiterrolle auf dem Gebiet des Klimawandels zusätzlich unterstützt. Deshalb ist

hier eine stärkere Präsenz in den Massenmedien zwingend erforderlich. Als Vertreter der

Stakeholder-Interessen sind sie gerade im Bereich der Vernetzung und Kooperation unterei-

nander stärker gefordert. Nicht weniger wichtig ist die konstruktive Zusammenarbeit mit an-

deren gesellschaftlichen Akteuren im Rahmen der Politikgestaltung. Das alte Klischee des

erhobenen Zeigefingers sollte durch positive Verstärkung abgebaut werden. Dies kann im

Rahmen des Fundraising hilfreich und damit den Aktions- sowie Forschungskapazitäten zu-

träglich sein.

9.2.4 Wissenschaft

Die Wissenschaft nimmt eine Sonderstellung im Feld des Klimawandels ein. Die größte An-

forderung ist es, die neuesten Erkenntnisse der breiten Masse zugänglich zu machen. Hier-

bei kann durchaus auf populärwissenschaftliche Sprache und Methodik zurückgegriffen wer-

den. Die Übersetzung von Grundlagenforschung in verständliche Kommunikation entspricht

dem breiten Gesellschaftsverständnis von angewandter Forschung. Hierfür sind konsequen-

teres Handeln und ein Umdenken im eigenen System erforderlich. Vernetzungsstrukturen,

die auf Kooperation mit Stakeholdern und interdisziplinäre Zusammenarbeit ausgerichtet

sind, müssen stärker forciert und realisiert werden. Trotz des Spannungsfeldes der Unab-

hängigkeit von Wissenschaft, muss die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft

noch weiter intensiviert werden. Die Basisinformationen über Verbraucherinteressen, welche

der Wirtschaft aufgrund ihrer Produkte vorliegen, sollten der Wissenschaft zugänglich ge-

Think Tank Kl imawandel

Protokol l Januar 2010 25

macht werden. Das Thema Klimawandel muss verstärkt auf die Agenda der Forschungsein-

richtungen gesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, die Fachrich-

tungen ein stückweit neu zu erfinden, wobei die interdisziplinäre Vernetzung oberste Priorität

haben muss. Eventuell sind hierfür gänzlich innovative Ansätze im Hinblick auf die Gestal-

tung des universitären Forschens und Lernens nötig (Bsp. Summer Unis, Palomar 5).

10 Zusammenfassung des gesamten Workshops Im Rahmen des „Think Tank Klimawandel“ brachten sich die TeilnehmerInnen mit großem

Engagement ein und entwarfen zahlreiche Visionen und Lösungsansätze in Sachen Klima-

wandel. Gerade der interdisziplinäre Charakter des Workshops bewährte sich hierbei in vol-

lem Maße. Bei einer zusammenfassenden Betrachtung werden 6 Schwerpunktthemen deut-

lich, die sich durch die gesamte Veranstaltung zogen.

Neuausrichtung des Wirtschaftsystems hin zur Kreislaufwirtschaft

Da ein Großteil der Schadstoffemissionen durch die Produktion von Gütern verursacht wird,

ist es zwingend erforderlich, diesbezüglich Anstrengungen zur Reduktion von umweltschädli-

chem Verhalten anzugehen. Unter dem Begriff der Kreislaufwirtschaft erhoffen sich die Teil-

nehmer eine Verringerung der derzeitigen Ressourcenverschwendung. Durch eine nachhal-

tige Veränderung der Produktwelt kann es gelingen, Materialien mehrfach zu verwenden

oder der Natur zurückzuführen. Maßgeblich entscheidend ist die Veränderung von der aktu-

ellen Kurzlebigkeit der Produkte, hin zu einer langfristigen Lebensdauer. Produkte, die durch

Teilkomponenten auf den neuesten Stand der Technologie gebracht werden können, wären

ein probater Lösungsansatz.

Internalisierung externer Kosten

Die Internalisierung von externen Kosten in einem Produkt meint die Berücksichtigung aller

durch ein Produkt entstehenden Umweltbelastungen und -schäden. Demnach müssen so-

wohl der Schadstoffausstoß, wie auch die Konsequenzen für die Umwelt durch den Abbau

der Produktkomponenten und deren umweltgerechte Entsorgung in der Kalkulation enthalten

sein. Der hierdurch entstehende Kostenanstieg wirkt direkt auf die Verbraucherentscheidun-

gen und die Produktionsweise in den Unternehmen.

Bewusstseinswandel

Sollte es in absehbarer Zeit nicht zu einer Einstellungsveränderung und einem Bewusst-

seinswandel hinsichtlich Konsum und Verantwortlichkeit bei jedem Einzelnen kommen, wird

es kaum möglich sein den Klimawandel einzudämmen. Diese Veränderung muss verstärkt

durch gesellschaftliche Akteure gefördert werden, wobei der Aufklärung der Öffentlichkeit

eine besondere Stellung Bedeutung zukommt. Es ist wichtig, die Kenntnisse über den Kli-

mawandel und Möglichkeiten der Prävention in eine der breiten Masse zugängliche Sprache

zu transformieren und diese über die Kommunikationsmedien zu transportieren.

Vernetzung zwischen den Akteuren

Think Tank Kl imawandel

Protokol l Januar 2010 26

Die Vernetzung zwischen den Akteuren, welche an der Prävention des Klimawandels arbei-

ten, ist von höchster Priorität. Dies ist von zentraler Bedeutung, da in jedem Fall konträre

Handlungsansätze vermieden werden müssen. Das Ziel einer zügigen und breit akzeptierten

Lösung bedarf der Kooperation von gesellschaftlich anerkannten Instanzen. Außerdem ist

auf der Suche nach Lösungen der permanente Austausch von Wissen unerlässlich.

Spannungsfeld Individualisierung und Sicherheitsbedürfnis

Der letzte Schwerpunkt zeichnet sich durch den Widerspruch von Individualisierung und dem

gleichzeitigen Bedürfnis nach Sicherheit aus. Hierbei ist auffällig, dass der Trend zur Atomi-

sierung der Gesellschaft teilweise gewünscht ist. Das Streben nach individueller Unabhän-

gigkeit und Autarkie durchzieht die ganze Bandbreite gesellschaftlicher Themen. Dennoch

besteht nach wie vor ein großes Verlangen nach Sicherheit, welche primär kollektiv gewähr-

leistet werden muss. Herausforderungen an den Einzelnen und die Gesellschaft werden wei-

ter zunehmen und müssen, um erfolgreich zu sein, durch ein Mindestmaß von Sicherheit

gestützt werden.

Die hier gewonnen Erkenntnisse zeigen einen deutlichen gesellschaftlichen Wandel auf, der

mit dem Klimawandel verbunden, jedoch nicht ausschließlich durch den Klimawandel bedingt

ist. Perspektivisch ist zu erwarten, dass sich der Wunsch eines nachhaltigen Lebensstils fest

in unserer Gesellschaft verankert, wodurch sich die Produktwelt stark verändern muss. Im

Rahmen des Workshops gewonnene Erkenntnisse beruhen jedoch lediglich auf einem klei-

nen Ausschnitt der Gesellschaft: jungen AkademikerInnen. Um festzustellen, ob die Einstel-

lungen, Forderungen und Wünsche bezüglich des Themas in der breiten Bevölkerung ähn-

lich gelagert sind, wären weitere Workshops mit anderen Teilnehmergruppen sinnvoll. Von

großem Interesse wären hierbei die Altersgruppen zwischen 35 – 55 Jahren sowie 50< Jah-

re. Auf diese Art und Weise könnten die hier gewonnen Erkenntnisse bei gleichbleibendem

Workshop-Design auf Regelmäßigkeiten und Muster untersucht werden und ein breiteres

gesellschaftliches Gesamtbild erstellt werden.