Prüfungsfragen Politik Und Recht SS2013
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Prüfungsfragen Politik und Recht SS2013 1. Was ist der Unterschied zwischen formellem und materiellem Recht?
Formell: -‐Verfahren zur Rechtsdurchsetzung von den dafür zuständigen staatlichen Behörden -‐ Realisierung von materiellen Rechtsvorschiften -‐ Regelt die Zuständigkeiten der Gerichte oder Verwaltungsbehörden,
Verwaltungsverfahrensgesetze, Zivilprozessordnung Materiell: -‐ NormenàInhalten der menschlichen Zusammenlebens
-‐ Vorschriften, die Rechte und Pflichten der einzelnen Rechtssubjekte regeln -‐ Regelnàwelche Voraussetzungen jemand bestraft wird à Strafrecht
2. Verhältnis von Recht und Politik? Gemeinsamkeiten und Differenzen Politik ist durch das Recht vorskizzierten Handlungsspielräume Schöpferin von Recht. Ziel des Politischen Prozesses ist die Erzeugung einer Rechtsnorm, diese Norm dient als Antwort auf gesellschaftliche Fragestellungen, als Entlastung des politischen Systems. Politik und Recht behandeln Fragen nach Macht und Herrschaft. Recht ist niemals unpolitisch und gute Politik ist niemals ohne Rechtskenntnisse zu betreiben.
3. Verschiedenen Definitionen von Recht. Welche Eigenschaften eint diese? o Recht ist eine normative Ordnung, eine präskriptive Beschreibung von Verhalten, Recht
als Sollensordnung, Erwartung allgemeiner Verbindlichkeit o Logisch, systematisch und Rational. Rechtsbegriffe müssen präzise und genau formuliert
werden. Konditionalität des Rechts (wenn-‐dann-‐konsequenz) o Recht besitzt Faktizität. Als System von Regeln besitzt es innerhalb der
gesellschaftlichen Strukturen tatsächliche und faktische Geltung. Rechtssystem als Werteordnung. Recht ist Resultat und Regulator gesellschaftlicher Prozesse
4. Integrationsfunktion und Entlastungsfunktion des Rechts? Konfliktlösungsfunktion von Recht? (Friedenssicherung)
o Entlastungsfunktion = Reduzierung von Entscheidungsdruck Kognitive Restriktionen bei den Rechtsunterworfenen. Es bietet seine Hilfe an und offeriert dabei Handlungsvorschläge. Es ist eine Hilfestellung bei Routinevorgängen. Normen bieten bewährte Verhaltensmuster und entlasten somit von der Notwenigkeit eines Übermaßes an Entscheidungsempfindungen. Kauf von Lebensmittels: Zivilrecht, Steuerecht, Konsumentenschutzrecht...
o Integrationsfunktion: Zustandekommen von Werte und Leitideen in Gesellschaften, dies führt zur einer gemeinsamen Weltanschauung. Da es diesen Wertekodex gibt, dient er dazu um sich an gewisse Regeln zu halten um in verschiedenen Gruppen aufgenommen zu werden. Gesellschaft als Rechtseinheit mit gemeinsamen Rechtsbewussten und übereinstimmenden Rechtsüberzeugungen wird zur Politischen Gemeinschaft.
o Friedenssicherung = Konfliktlösungsfunktion Materielles recht dien bereits der Konfliktvermeidung, indem es einzelne potentielle Konfliktszenarien vorwegnimmt und bereits im Voraus Interessengegensätze präventiv zu regeln versucht, eben durch die verschiedenen Rechtsvorschriften. Dient auch um gewaltsame Selbstjustiz zu vermeiden, indem es eine Letztentscheidungsfunktion hat. Konflikte entstehen wenn:
-‐ Konfliktsituation durch das Recht nicht geregelt ist -‐ Betroffener sich bewusst oder aus Unachtsamkeit über das Recht hinwegsetzt -‐ das Recht einem Betroffenen nicht bekannt ist
o Andere Funktionen: -‐Erwartungssicherheit -‐Verhaltenskoordination – Steuerungskapazitäten des Rechts -‐ Freiheitssicherung – Privatrechte – Grundrechte -‐ Gewährleistung rechtlicher Gleichheit – allgemeine Regeln – Handlungsimplikation
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-‐ sozialer Ausgleich – soziale Sicherung – Wohlfahrtsstaat -‐ Sozialstaatprinzip 5. Vorteile bzw. Problemstellungen verbindlicher Präjudizen?
Eine Präjudiz ist eine gerichtliche Entscheidung eines Falles, die für spätere gleiche oder ähnliche Fälle maßstabsbildend wird. Bedeutsam im angloamerikanischen Case-‐Law, das ein Großteil nicht in Gesetzen verfasstes Recht zur Vorrausetzung hat. Im europakontinentalen Recht, gilt die Bindung des Richters an Gesetz und Recht, nicht an Präjudizen, das Heißt der Richter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich an die Entscheidungen zu halten, die andere Gerichte in ähnlichen Fällen getroffen haben.
Vorteile Nachteile • Dienen zur Rechtssicherheit, im Sinne von
Vorhersehbarkeit und Rechtskontinuität, nehmen eine Entlastungsfunktion ein und tragen maßgeblich zur argumentativen Überzeugungskraft bei
• Der Fall gesetzlich nicht geregelt ist, einen Präzedenzfall heranziehen um zu vergleichen
• Ein Präzedenzfall wird nicht hinterfragt, sondern herangezogen und mit dem Sachverhalt verglichen, also keine Neuauslegung oder Interpretation des Gesetzes
6. Radbruch’sche Formel
Radbruch versucht den Konflikt zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zu lösen: Solange positives Recht nur einfach ungerecht ist, ist es gültig und einzubehalten. Sollte es unerträglich Ungerecht werden (Unerträglichkeitsformel) muss es der Gerechtigkeit weichen, soll also nicht mehr eingehalten werden. Wenn das positiv gesetzte Recht schon in der Entstehung keine Spur von Gerechtigkeit aufweist, so kann man es nicht als recht bezeichnen, da das Recht im Kern immer Gerechtigkeit aufweisen muss. Daher ist es nicht als recht zu definieren und somit auch nicht einzuhalten (Verleugnungsformel).
7. Welche Funktion hat das Recht in der Systemtheorie nach Niklas Luhmann? Das Recht selbst wird als ein Subsystem des Gesellschaftssystems verstanden, das sich neben anderen Subsystemen, wie Politik, Ökonomie, Gesundheit, Erziehung usw. innerhalb des Gesellschaftssystems anhand von spezifischen Funktionen, die es selbst für die Gesellschaft erfüllt, ausdifferenzieren konnte. Das Recht übernimmt dabei für die Gesellschaft eine zentrale Stabilisierungsfunktion hinsichtlich normativer Erwartungshaltungen, indem es diese in zeitlicher, sachlicher und auch sozialer Hinsicht generalisiert. Recht bietet den Mitgliedern der Gesellschaft Erwartungssicherheit an. Daneben offeriert das Recht für andere soziale Subsysteme der Gesellschaft funktionale Leistungen, insbesondere jene der Verhaltenssteuerung sowie Konfliktlösung.
8. Allgemeine und besondere Gerechtigkeit bei Aristoteles? Allgemeine Gerechtigkeit: Identität von Gesetzestreue/ Gesetzesloyalität (aber Rechtskanon ist bei Aristoteles nicht nur positiv gesetztes Recht, sondern auch moralische, ungeschriebene Gesetzlichkeit) Besondere Gerechtigkeit: besteht aus Verteilungsgerechtigkeit (soziale Güter, können je nach Verdienst ungleich verteilt werden, jedoch perfekt verhältnismäßig/proportional)
9. Beschreiben Sie grob das Gewohnheitsrecht. Wo hat es heute noch Relevanz? Gründe, positives Recht im Rahmen moderner gesellschaftlicher Strukturen durchsetzte? Positives Recht = Gewohnheitsrecht , Gesetzesrecht Gewohnheitsrecht: befolgt Regeln aus Grund von Gewohnheit, dadurch werden sie mit der Zeit zu Normen. Zwei Faktoren zur Qualifikation eines Brauches zur Gewohnheitsrecht: längerer Zeitraum, heute müssen überzeugt sein, dass damit tatsächlich Recht befolgt wird. Heute noch Relevanz im Unternehemensrecht (Bräuche) und im Völkerrecht (Volksgewohnheitsrecht)
10. Welche Zusammenhänge gibt es im Stufenbau der Rechtsordnung? • Entstehungszusammenhang: -‐ höherrangige Norm gibt Erzeugungsbedingungen für die
niederrangige Norm vor
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-‐ Verhältnis zwischen Normgebundenheit und Ermessensspielraum der normerzeugenden Organe
• Inhaltszusammenhang: höherrangige Norm ist inhaltliche Bedingung für die rangniedriger Norm
• Derogationszusammenhang: Abändern oder Aufheben niedriger, zeitlich ältere oder allgemeiner normen durch höhere, zeitlich später erlassene oder spezielle Normen
11. Was ist Rechtskultur? Innbegriff der in einer Gesellschaft bestehenden, auf das Recht bezogenen Wertvorstellungen, Normen, Institutionen, Verfahrensregeln und Verhaltensweisen und damit die Gesamtheit aller Erscheinungen des Rechts und Rechtslebens verstehen. Man unterscheidet zwischen Deskriptive und funktionale Dimension der Rechtskultur. Aspekte der Rechtskultur sind Zugang zum Recht, Kosten des Zugangs zum Recht, Verfahrensdauer, Ausbildung und Akzeptanz der Juristen und Transparenz der Gesetzgebung.
12. 5 Säulen des Rechtsstaates / Nennen Sie 5 Determinanten des Rechtsstaates und Beschreiben sie diese kurz.
• Volkssouveränität: Souveränität liegt einzig und alleine beim Volk. In demokratischen Verfassungsstaaten wird die Volksouveränität durch das Prinzip der Repräsentation realisiert sowie durch Elemente der direkten Demokratie ergänzt.
• Gewaltenteilung: Aufteilung der Staatlichen Macht auf einzelne Gewalten, der Exekutive, Judikative und Legislative.
• Soziale Sicherung: Recht als Instrumentarium sozialer Sicherung und der (Re-‐) Distribution sozialer Güter.
• Rechtsgleichheit: Eine der wichtigsten Aufgaben des Rechts, Gleichheit wird verwirklicht durch den Umstand, dass Recht die Form allgemeiner Regeln annimmt
• Rechtssicherheit: In Form von Erwartungssicherheit und als Garant der Sicherung individueller Freiheit
13. „Der europäische Menschenrechthof ist das wichtigste Organ der EU“. Nehmen Sie dazu Stellung. Es ist kein Organ der Europäischen Union, es ist ein Eigenständiger Gerichtshof. Ihre zentrale Kompetenz ist die Überwachung der Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle. Es können Staaten und Individualbeschwerden eingelegt werden.
14. Was ist der Unterschied zwischen materiellem und formellem Gerechtigkeitsverständnis? Materiell: Es enthält (inhaltliche) Vorgaben des menschlichen Zusammenlebens. Es ist Kontextabhängig und dient zur Reflexionsfläche aktueller gesellschaftlicher Moralvorstellungen. Es basiert auf den Gleichsatz. Formell: enthält die formelle Grundarchitektur des gerechten Handelns. Es ist universell, gibt selbst nur wenig konkrete Prämissen, wie z.B das Prinzip der Fairness vor. Es basiert auf Verfahrensgerechtigkeit.
15. Warum wird das Verfassungsrecht das „politischste“ aller Rechte genannt? Das Verfassungsrecht ist die Verfassungsgebundene Gewalt des Volkes. Die Verfassunggebende Gewalt ist der Kristallisationspunkt, welcher Politik, Recht und Gesellschaft miteinander verbindet. Es ist einerseits der politische und historische Ursprung der Verfassung und begründet anderseits ihren normativen Geltungsanspruch. Die Verfassung ist die rechtliche Grundordnung des Staatsverbandes. Das Verfassungsrecht setzt sich aus Spielregelverfassungen und Werteverfassungen zusammen.
16. Rechtsinstitute als politikwissenschaftliche Analyseinstrumente? Rechtsinstitut ist ein Analyseinstrument der sozialen Wirklichkeit, eine Gesamtheit aller funktionalen Bestimmungen, die ein Rechtsverhältnis oder einen Lebenssachverhalt regelt. Man verwendet sie zur Umschreibung und Untersuchung von grundlegenden Rechtsfunktionen.
17. Was sind die Konsequenzen von der Verrechtlichung in politischen Systeme? Zunehmende Regelungsdichte und Regelungstiefe. Kennzeichen der Verrechtlichung, immer speziellere Gesetze (Kompliziertheit), kleinerer Normadressatenkreis, immer kurzfristigere Gesetze.
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Gefahr der Überregulierung und somit Verlust der Steuerungsmöglichkeit der Gesellschaft durch das Recht. Überforderung der Bürger, Unübersichtlichkeit der Gesetzeslage führt zur Rechtsunkenntnisse der BürgerInnen.
18. Welche Funktionen hat das Steuerrecht für den Staat? Finanzierungsfunktion: Steuern finanzieren die Staatsausgaben und tragen damit zur Erfüllung staatlicher Aufgaben bei Umverteilungsfunktion: Wirtschaftliche Macht wird von einzelnen abgezogen und in die Dispositionssphäre der Politik transferiert. Es kommt dabei zu einer Redistribution der Wirtschaftsmacht von der Privat-‐ zur Staatsautonomie Lenkungsfunktion: Steuern lassen sich auch dahingehend operationalisieren, um gesellschaftliche bzw. wirtschaftliche Desirate durchzusetzen
19. Welche Funktion erfüllt das Strafrecht? General-‐ und Spezialprävention? Generalprävention: Mitglieder der Gesellschaft von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werden, ihnen soll ins Bewusstsein gelangen, dass inkriminierte Handlungen zu Strafen führen. Es soll gesamtgesellschaftliches Vertrauen in die Strafrechtsordnung wiederum hergestellt werden. Es dient zur Bewahrung des Rechtsfriedens. Spezialprävention: TäterIn soll für die Zukunft abgehalten werden, strafbare Handlungen zu begehen, soll mithilfe von Strafen erleichtert werden, sich wieder mit der Gesellschaft zu resozialisieren.
20. Kollektivvertrag? Wesen und Funktion des dazugehörigen Rechtsinstitut? Zum Kollektivvertrag gehört das Institut des Arbeitsrechts. Es ist ein Sonderrecht der unselbständig Erwerbstätigen und es dient zum Schutz der ArbeitnehmerInnen. Dazu gehören Bestimmungen über das Arbeitsverhältnis, Arbeitsverfassungsrecht und Arbeitnehmerschutzrecht.
21. Was sind die Grundelemente bei Verwaltungsrecht? Das Legalitätsprinzip, die Aktivitäten der Verwaltung brauch eine gesetzliche Ermächtigung. Das Weisungsprinzip, ein hierarchisches Verhältnis der Verwaltungsorgane. Amtsverschwiegenheit, Auskunftspflicht und Amtshilfe, Willkürverbot
22. Habermas-‐ was ist Recht? Wie sieht optimales Zustandekommen aus? Recht ist Form kulturellen Wissens, beinhaltet moralische Elemente, reguliert handeln, ermöglicht Reproduktion der Gesellschaft, sichert Handlungsfreiheiten und eine solidarische Gesellschaft, entlastet Einzelne, regelt sein eigenes Entstehen. Herstellung einer idealen Diskurssituation, durch Begründungsdiskurse, bezieht sich auf Geltung von Normen, diese gelten wenn sie positiv gesetzt, rational vereinbart werden können und durch Anwendungsdiskurse, nur richtige Entscheidungen, die unparteiisch und rational argumentiert sind, fügen ins Rechtssystem ein.