Psoriasistherapie in Kindheit, Jugend und Schwangerschaft · 2018 ärztliches journal dermatologie...

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Foto: Colourbox Zertifizierte Fortbildung Psoriasistherapie in Kindheit, Jugend und Schwangerschaft Autoren: Dr. med. Athanasios Tsianakas, Fachklinik Bad Bentheim Dr. med. Dagmar Wilsmann-Theis, Universitätsklinikum Bonn Dr. med. Lisa Marie Braun, Universitätsklinikum Bonn

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Zertifizierte Fortbildung

Psoriasistherapie in Kindheit, Jugend und Schwangerschaft

Autoren: Dr. med. Athanasios Tsianakas, Fachklinik Bad Bentheim

Dr. med. Dagmar Wilsmann-Theis, Universitätsklinikum BonnDr. med. Lisa Marie Braun, Universitätsklinikum Bonn

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CME: PSORIASISTHERAPIE IN KINDHEIT, JUGEND UND SCHWANGERSCHAFT

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Therapie der Psoriasis in Kindheit und JugendDie Prävalenz der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen von 0 bis 17 Jahren liegt in Deutschland bei 0,71%. Dr. Athanasios Tsianakas, Chefarzt der Abteilung Dermatologie der Fachklinik Bad Bentheim, beschreibt die Besonderheiten der Psoriasistherapie im Kindes- und Jugendalter.

Die Genetik scheint bei der Psoriasis in der Kindheit und Jugend eine noch größere Rolle als bei Erwachsenen zu spielen; Bis zu 71% der betroffenen Kinder und Jugendlichen haben ei-nen Verwandten 1. Grades, der ebenfalls unter einer Psoriasis leidet. Ebenso wie bei Erwach-senen zeigte sich auch in den letzten Jahren bei Kindern und Jugendlichen, dass das Thema der Komorbiditäten wie Adipositas, arterieller Hypertonus, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, aber auch chronisch-inflammatorische Erkran-kungen wie die juvenile idiopathische Arthritis oder auch der Morbus Crohn doppelt so häufig vorkommen wie bei Kontrollpatienten des glei-chen Alters ohne Psoriasis. Die Adipositas er-scheint zudem ein Risikofaktor für das Auftre-ten einer Psoriasis zu sein. Auch besteht für an

Psoriasis leidende Kinder und Jugendliche ein er-höhtes Risiko, an Angst-störungen sowie Depres- sionen zu erkranken. So-mit verwundert es nicht,

dass in einer niederländischen Studie gezeigt werden konnte, dass die Lebensqualität der Kin-der und Jugendlichen mit Psoriasis deutlich be-einträchtigt ist (Verwendung des CDLQI, Child-rens Dermatology Life Quality-Index).

Topische Therapie der milden PsoriasisIn Anbetracht der Erkrankung selbst, des gro-ßen Leidensdrucks, der Stigmatisierung sowie der gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch das Auftreten der genannten Komorbiditäten, stellt die effektive Therapie der Psoriasis im Kindes- und Jugendalter eine wichtige Aufgabe

des Dermatologen dar. Zur Therapie der mil-den Psoriasis (PASI < 10, BSA < 10%, DLQI < 10) kommen in erster Linie topische Therapeutika in Frage. Hierzu zählen Lokalsteroide, topische Vitamin-D-Präparate, Cignolin sowie im off-label Gebrauch topische Calcineurininhibitoren wie Pimecrolimus oder Tacrolimus. Zusätzlich sollte eine tägliche Basistherapie mit Emollien-tien erfolgen, welche nachweislich schon bedeu-tende Therapieeffekte erzielen kann. Dies wird leider oftmals im Rahmen der Beratung nur un-genügend oder gar nicht angesprochen.Im Falle eines ungenügenden Therapieanspre-chens bzw. bei einem stärkeren Ausprägungs-grad der Psoriasis (moderat bis schwergradig) steht in Addition zur Lokaltherapie, wie bei Er-wachsenen, die Phototherapie zur Verfügung. Trotz hervorragender Belege zur Wirksamkeit ist die Frage, ab welchem Alter eine heute zu be-vorzugende UVB-Schmalbandtherapie (311nm) einzusetzen ist, in Fachkreisen umstritten. Hier dominiert die Ansicht, dass ein Einsatz ab einem Alter von 12 Jahren durchaus zu rechtfertigen ist, da es nach einem erfolgreichen Zyklus (An-wendungen z.B. 2x/Woche bis 3 Monate) durch-aus zu sehr langen Remissionszeiten von bis zu mehreren Jahren kommen kann. Der noch frühere Einsatz ab einem Alter von z.B. 6 Jahren kann in Einzelfällen erwogen werden, sollte aber nach ausführlicher Aufklärung der Eltern erfol-gen, und eine Beschränkung der Frequenz und Dosis sollte unbedingt beachtet werden, um et-waige Langzeitfolgen zu minimieren.Die Option einer Ganzkörper (Bade)-PUVA ist im Kindes- und Jugendalter auf Grund des dadurch ggf. gesteigerten Risikos für die Entwicklung von Hauttumoren in der Regel kontraindiziert.

Die Lebensqualität der an Psoriasis leidenden Kinder und Jugendlichen

ist deutlich beeinträchtigt.

Dr. med. Athanasios Tsianakas,

Fachklinik Bad Bentheim

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und Jugendlichen umfassten bisher lediglich eine Fallserie sowie Fallberichte. Im klinischen Alltag werden die Fumarsäureester aber auch häufig bei Kindern und Jugendlichen off-label eingesetzt und zeigen eine gute Wirksamkeit (bis dato keinerlei Erstattungsprobleme, da an-dere zugelassene Präparate erheblich höhere Kosten verursachen). Die Durchführung einer Zulassungsstudie für Kinder und Jugendliche von 10–17 Jahren ist bereits abgeschlossen und zeigte ein gutes Therapieansprechen sowie ein sicheres Nebenwirkungsprofil. Die Möglichkeit des Auftretens der bekannten gastrointestinalen Nebenwirkungen sowie der Flush-Symptomatik sollte im Vorfeld eingehend mit den Patienten und Eltern besprochen werden, bei Unverträg-lichkeit sollte frühzeitig ein Therapieabbruch erfolgen. Bislang ist das Medikament noch nicht bei Minderjährigen zugelassen, die Verfügbar-keit der Fumarsäureester als orale Therapiemög-lichkeit bei Kindern und Jugendlichen ist jedoch wünschenswert. Die Dosierung erfolgt analog zum Erwachsenenschema mit einer 3-wöchigen Aufdosierung, anschließend wöchentlicher Stei-gerung von 120 mg Dimethylfumarat, aber nur bis zu einer Maximaldosis von 3x täglich 120 mg (bei sehr guter Verträglichkeit und noch nicht ausreichendem Therapieeffekt maximale Dosis-steigerung auf 4x täglich 120 mg möglich).

Moderate bis schwere Psoriasis: SystemtherapeutikaIm Falle einer moderaten bis schwergradigen Psoriasis vulgaris sowie Versagens bzw. Kon-traindikation einer Phototherapie besteht die Indikation zur Systemtherapie und sollte auch in Anbetracht des hohen Leidensdrucks der be-troffenen Patienten offen mit den Eltern bespro-chen werden. Die verschiedenen zur Verfügung stehenden Systemtherapeutika lassen sich grob in 2 Klassen aufteilen: zum einen in die klas-sischen Systemtherapeutika, zum anderen in die Gruppe der Biologika.

Methotrexat: Gute Verträglichkeit und hohe AnsprechratenDas im Konsens mit den Pädiatern weltweit als Mittel der Wahl angesehene Erstlinienpräparat zur Systemtherapie der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen ist Methotrexat (MTX). Hier besteht seit den 1950er Jahren eine weitrei-chende Erfahrung bei zahlreichen Kindern und Jugendlichen, die eine hervorragende Wirkung und vor allem gute Verträglichkeit zeigen konn-te. Die Dosis richtet sich nach der Körperober-fläche bis zu einer maximalen Wochendosis in der Regel von 22,5 mg (Dosis 10–15 mg/m2 oder 0,2–0,4 mg/kg). Die Gabe erfolgt 1x wöchent-lich oral oder subkutan. In Anbetracht der im Kindes- und Jugendalter oftmals fehlenden He-patopathien und Komedikationen, ist die MTX-Therapie oftmals deutlich besser verträglich als bei Erwachsenen und zeigt hervorragende Ansprechraten von über 80%. Zwar ist eine Sys-temtherapie mit MTX bei der Psoriasis offiziell off-label (kein ökonomisches Interesse der Her-steller an einer Zulassungsstudie), jedoch ist sie bereits ab dem 3. Lebensjahr zur Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis zugelas-sen. In Anbetracht der extrem niedrigen Thera-piekosten gibt es bis zum heutigen Tag keinerlei Erstattungsprobleme.

FumarsäureesterIn Deutschland stellt die bei Erwachsenen am häufigsten bei Psoriasis verwendete Systemthe-rapie die Behandlung mit Fumarsäureestern dar. Publizierte Daten zur Anwendung bei Kindern

Die effektive Psoriasis-therapie bei Kindern und Jugendlichen ist eine wichtige Aufgabe der Dermatologen.

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Ciclosporin-A: Einsatz in der KriseninterventionDas für die Therapie der schwergradigen Psoria-sis bei Erwachsenen zugelassene Ciclosporin-A findet ebenfalls Anwendung bei der Systemthe-rapie der Psoriasis im Kindes- und Jugendalter (offizielle Zulassung von Ciclosporin für Kinder in der Transplantationsmedizin und beim ne-phrotischen Syndrom). Es gibt zahlreiche publi-zierte Daten zu Fallserien und Fallberichten mit eindrücklicher Wirksamkeit. Generell gilt, dass Ciclosporin-A von Kindern und Jugendlichen gut toleriert wird (u.a. langjährige Anwendungser-fahrung im Rahmen der Transplantationsme-dizin). Aber in Anbetracht potenzieller Neben-wirkungen wie Nephrotoxizität, dem Auftreten eines arteriellen Hypertonus sowie der erhöhten Infektanfälligkeit sollte das Präparat eher als Krisenintervention (Notfallpräparat) nur für einen begrenzten Zeitraum (bis 1 Jahr in der Regel) vorbehalten sein. Im Alltag wird es bei-spielsweise nach Versagen von Vortherapien und sehr hohem Leidensdruck sowie Notfallsitua- tionen wie einer Erythrodermie oder einer gene-ralisierten pustulösen Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt.

Retinoide in Kombination mit Phototherapie: Gute TherapieeffekteDer Einsatz von Retinoiden (Acitretin) hat in den letzten Jahren abgenommen und bleibt in der Regel Fällen einer pustulösen Psoriasis bzw. von stark hyperkeratotischen Varianten (Psoriasis palmoplantaris) vorbehalten. Es führt vor allem in Kombination mit einer Phototherapie zu guten Therapieeffekten und sollte nicht aus Angst vor etwaigen Nebenwirkungen wie Skelettanoma-lien (diese sind nur vom Vorgängerpräparat Etre-tinat bekannt) ausgeschlossen werden. Das aktu-ell am meisten angewendete Retinoid Acitretin hat auch bei Langzeitanwendungen (in niedriger Dosis) keinerlei derartige Nebenwirkungen wie skelettale Hyperostosen, Ligamentkalzifizie-rungen und Ähnliches gezeigt. Zugelassen sind Dosen von 0,5 bis max. 1 mg/kg Körpergewicht. Im klinischen Alltag genügen jedoch meist we-sentlich niedrigere Dosen.

Systemtherapie mit BiologikaIn den letzten Jahren sind mehrere Präparate aus der Familie der Biologika für die Systemthe-rapie der mittel- bis schwergradigen Psoriasis vulgaris bei Kindern und Jugendlichen zuge-

Präparat Dosis Anmerkung

Methotrexat (MTX), off-label, ab dem 3. Lebensjahr zur Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis zugelassen

Nach der Körperoberfläche bis zu einer maximalen Wochendosis in der Regel von 22,5 mg, 1x wö-chentlich oral oder besser subkutan (nach Körper-oberfläche 10–15 mg/m2 oder nach Körperge-wicht 0,2–0,4 mg/kg)

Ansprechraten von über 80%

Fumarsäureester, off-label, Zulassung bei der Therapie der Psoriasis von Kindern beantragt

3-wöchige Aufdosierung; anschließend wöchent-liche Steigerung von 120 mg Dimethylfumarat bis zu einer Maximaldosis von 3x täglich 120 mg (bei sehr guter Verträglichkeit und noch nicht ausrei-chendem Therapieeffekt maximale Dosissteigerung auf 4x täglich 120 mg möglich)

Gutes Therapieansprechen; häufige gastrointestinale UNW und Flush

Ciclosporin-A, off-label, Zulassung bei Kindern in der Trans-plantationsmedizin und beim nephrotischen Syndrom

Die Dosierung entspricht 2,5 bis max. 5 mg/kg Körpergewicht

Eher als Notfallpräparat für einen begrenzten Zeitraum einzusetzen (bis 1 Jahr)

Retinoide (Acitretin), zugelassen Zugelassen sind Dosen von 0,5 bis max. 1 mg/kg Körpergewicht; meistens genügen jedoch wesent-lich niedrigere Dosen

Bei pustulöser Psoriasis bzw. stark hyperkeratotischen Varian-ten (Psoriasis palmoplantaris)

Systemtherapie der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen:

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Die Lebensqualität der an Psoriasis leidenden Kinder und Jugendlichen ist deutlich beeinträchtigt.

lassen worden. Bereits ab dem 6. Lebensjahr zu-gelassen ist beispielsweise der lösliche TNF-a- Rezeptor Etanercept in einer Dosis von 0,8 mg/kg Körpergewicht in einer 1x wöchentlichen sub-kutan verabreichten Dosis bis zur maximalen Einzeldosis von 50 mg. Wie bei den Erwachse-nen, so auch vor der Anwendung im Kindes- und Jugendalter sind entsprechende Laborsicher-heitsuntersuchungen einschließlich Ausschluss einer (latenten) Tuberkulose sorgfältig durchzu-führen. Im Falle des Auftretens von schwereren Infektionen sollte eine Pausierung erfolgen. Er-freulicherweise zeigt sich bis zum heutigen Tag genau wie auch bei den Erwachsenen ein gutes Sicherheitsprofil. Etanercept ist das am längsten verwendete Biologikum bei Kindern und Jugend-lichen und stellt somit einen Vorreiter dar. Die Daten der Phase-III-Zulassungsstudie zeigten das Erreichen eines PASI 75 nach 12 Wochen Therapie bei 57% der Patienten. Aus klinischer Erfahrung und den Studiendaten der Erwachse-nen ist bekannt, dass der Therapieeffekt bis Wo-che 24 bei Etanercept weiter zunimmt.

TNF-a-Antikörper Adalimumab vs. MTXNeuerdings zugelassen zur Systemtherapie der Psoriasis vulgaris bei Kindern und Jugendlichen ab dem 4. Lebensjahr ist der TNF-a-Antikörper Adalimumab, der in einer großen Phase-III-Stu-die im Vergleich zu MTX geprüft wurde. Dabei erhielten 114 Patienten entweder Adalimumab in verschiedenen Dosierung bis maximal 40 mg Einzeldosis oder Methotrexat p.o. (0,1 bis 0,4 mg/kg Körpergewicht). Die Steigerung des MTX erfolgte nach Therapieansprechen. Zu Wo-che 16 zeigte die höhere Adalimumab-Gruppe (0,8 mg/kg) ein PASI 75-Ansprechen von 58% im Vergleich zu 32% in der MTX-Gruppe. Es zeigte sich insgesamt eine gute Verträglichkeit von Adalimumab, so dass die Zulassung erfolgte. Bis heute erweist sich erfreulicherweise wie auch bei Erwachsenen das Sicherheitsprofil als gut. Auch hier sollte im Falle des Auftretens schwere-rer Infektionen eine Pausierung der Medikation erfolgen.

Ustekinumab: Hohes PASI 75-AnsprechenDas zuletzt für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis zugelassene Biologikum stellt der IL-12/IL-23-Antikörper Ustekinumab dar. In einer Phase-III-Studie mit 110 Patienten im Alter von 12 bis 17 Jahren er-hielten die Patienten entweder Ustekinumab versus Placebo. Den Patienten im Placebo-Arm wurde nach 12 Wochen im Studienverlauf eben-falls Ustekinumab verabreicht. Die Dosierung von Ustekinumab erfolgte gewichtsabhängig mit 0,75 mg/kg bis zu einem Körpergewicht von 60 kg, danach 45 mg als maximale Einzel-dosis bis 100 kg Körpergewicht, darüber 90 mg. In Woche 12 erreichten 80,6% der Patienten mit Ustekinumab-Standarddosis (im Rahmen der Studie gab es noch einen halbierten Dosis-Arm) den PASI 75. Der Placebo-Arm erreichte dies nur in 10,8%. Auch bei dieser Studie zeigte sich ein gutes Sicherheitsprofil, so dass die Zulassung für Ustekinumab ab dem 12. Lebensjahr erfolgte.

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jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen kann, steht in der Regel zu Beginn einer Systemthera-pie bei Kindern und Jugendlichen immer noch die klassische Systemtherapie. Hier sind nicht zuletzt auch gesundheitsökonomische Aspekte zu beachten (hohe Kosten der Systemtherapie mit Biologika).

FazitZusammenfassend steht heute zur Therapie der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen ein breites Spektrum an therapeutischen Möglich-keiten zur Verfügung. Neben der Basistherapie mit Emollientien und der gezielten topischen Therapie steht die Phototherapie mit UVB 311nm vor allem bei Jugendlichen zur Verfügung. Er-gänzend kann der Dermatologe erfreulicherwei-se auf eine Vielzahl an systemischen Präparaten aus den Bereichen der klassischen Systemthera-peutika, aber auch bereits aus der Familie der Biologika zurückgreifen. Die Fragestellung der Länge einer Therapie – Therapiepause nach längerer Beschwerdefreiheit – ist noch nicht abschließend geklärt und muss individuell mit dem Patienten bzw. den Eltern besprochen werden. n

Kontakt:Dr. Athanasios TsianakasFachklinik Bad Bentheim

E-Mail [email protected]

Stellenwert der Therapien bei Kindern und JugendlichenNach jahrzehntelanger Zurückhaltung der Phar-maindustrie bei der Entwicklung und Durch-führung von klinischen Studien für Kinder und Jugendliche in Anbetracht der ökonomischen Inattraktivität – kleiner Markt, geringe Ver-kaufszahlen, geringer Umsatz – gewährt die Europäische Zulassungsbehörde EMA heute den Pharmafirmen eine Patentverlängerung und so-mit einen längeren Schutz des Präparates, wenn es zur Durchführung einer klinischen Studie auch für Kinder und Jugendliche im Falle einer sinnvollen Indikation kommt. Dies erklärt die Studiendurchführung und letztlich Zulassung der genannten drei Präparate in den letzten Jahren. Aktuell laufen Zulassungsstudien bei Kindern und Jugendlichen für das small mole-cule Apremilast, den IL-17A-Antikörper Secuki-numab und den IL-17A-Antikörper Ixekizumab. Erste Ergebnisse sind in den nächsten 2 Jahren zu erwarten. Die oben genannte Entscheidung der EMA hat somit zu einer deutlichen Auf-wertung des Stellenwertes der therapeutischen Möglichkeiten der Psoriasis, aber auch zahl-reicher anderer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen geführt. Da das Thema Therapiesi-cherheit gerade bei der Zielpopulation von Kin-dern und Jugendlichen einen besonders großen Stellenwert hat und der Erfahrungshorizont mit den klassischen Systemtherapeutika auf teils

Präparat Dosis Anmerkung

Etanercept, löslicher TNF-a-Rezeptor, zugelassen ab dem 6. Lebensjahr

0,8 mg/kg Körpergewicht in einer 1x wöchent-lichen subkutan verabreichten Dosis bis zur maximalen Einzeldosis von 50 mg

Das am längsten verwendete Biologikum bei Kindern und Jugendlichen

Adalimumab, TNF-a-Antikörper, zugelassen ab dem 4. Lebensjahr

0,8 mg/kg Körpergewicht (bis zu einer Maximaldosis von 40 mg)

Ustekinumab, IL-12/IL-23-Antikörper, zugelassen ab dem 12. Lebensjahr

0,75 mg/kg bis zu einem Körpergewicht von 60 kg, danach 45 mg als maximale Einzeldosis bis 100 kg Körpergewicht, darüber 90 mg

Zulassungsstudien für die Therapie der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen werden derzeit durchgeführt für das small molecule Apremilast, den IL-17A-Antikörper Secukinumab und den IL-17A-Antikörper Ixekizumab.

Biologika für die Therapie der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen:

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in der Schwangerschaft nicht nur zur Leidens-minderung der Patientin, sondern auch zur Pro-tektion des Kindes notwendig zu sein. Dennoch muss das Risiko für die Schwangere und das un-geborene Kind in Relation zum möglichen Nutzen der Therapie gesetzt werden. Zudem gibt es keine antipsoriatischen Systemtherapeutika, die wäh-rend der Schwangerschaft zugelassen sind.Orientierend an der Risikoeinteilung in der „Roten Liste“ von 1-11 und ebenso an der online-verfügbaren Datenbank des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxiko-logie der Charité Berlin können sicherlich viele Entscheidungen zusammen mit der Patientin und ihrem Partner getroffen werden. Weiterhin ist der Konsensus von 2012 der National Psoriasis Foun-dation (NPF) hilfreich. Hier werden topische Ste-roide als Mittel der ersten Wahl dargelegt, eine begleitende Lichttherapie mit UVB 311 sei zudem möglich. Falls diese Methoden nicht ausreichend sind, kann eine systemische Therapie mit bei-spielsweise TNF-a-Blockern oder Ciclosporin, zu deren Einsatz bereits zahlreiche Erfahrungen aus der Gastroenterologie und der Transplantations-medizin bestehen, in Erwägung gezogen werden.

TNF-a-Antagonisten:Konzentration im NabelschnurblutDie europäischen Leitlinien von 2015 favorisieren den Einsatz von Etanercept aus der Gruppe der TNF-a-Blocker. Etanercept, ein Fusionsprotein, geht nur in geringem Maße diaplazentar über; es wurden ca. 6% der mütterlichen Konzentration im Nabelschnurblut gefunden. Aufgrund der Erfah-rung in der Gastroenterologie besteht noch mehr Evidenz für die TNF-a-Antikörper. Auch hier sollte die Lebendimpfung nicht in den ersten 5 Monaten nach letzter Applikation beim Säugling

Es ist bekannt, dass TH1- und TH17-Zellen eine große immunologische Rolle in der Pathoge-nese der Psoriasis darstellen. Außerdem konnte beobachtet werden, dass in der Schwangerschaft eine reduzierte TH1-/TH17-Antwort stattfindet, vermutlich aufgrund des erhöhten Estradiolspie-gels. Daten weisen darauf hin, dass sich bei 55% der Psoriasis-Patientinnen eine Verbesserung des Hautbefundes im Rahmen der Schwangerschaft zeigt, während in 21% keine Veränderung und in 23% eine Verschlechterung festgestellt wurde. Postpartum geben nur 9% der Patientinnen eine Verbesserung an. Hohe Östrogen- bzw. Estradiol-spiegel korrelieren also mit einer Verbesserung der Psoriasis, während ein erhöhter Progesteron-spiegel alleine nicht mit einer Psoriasisverände-rung einhergeht.

Negativer Impact der PsoriasisDas Vorliegen einer Psoriasis scheint auf das Schwangerschaftsergebnis eher einen ungüns-tigen Einfluss zu haben. So konnte in einer Studie von Powers et al. 2012 gezeigt werden, dass bei Patientinnen mit ≥35 Jahren signifikant gerin-gere Schwangerschaften und Lebendgeburten stattfanden als bei gesunden Kontrollpersonen. Einige Beobachtungen ergaben, dass Patien-tinnen mit Psoriasis öfter frühgeborene Kinder entbinden, häufiger Kinder mit geringerem Ge-burtsgewicht zur Welt bringen und ein erhöhtes Kaiserschnittrisiko besitzen. Dieses wird dadurch erklärt, dass das fehlgesteuerte Immunsystem ei-nen negativen Einfluss auf die Schwangerschaft und den Fetus bei betroffenen Frauen haben könnte – ein Konzept, dass bei anderen autoim-munologischen Erkrankungen, wie zum Beispiel dem Morbus Crohn, bereits anerkannt ist. Daher scheint eine adäquate Therapie der Psoriasis auch

Psoriasis in der Schwangerschaft – „Was wir wissen und empfehlen“Gemäß des WHO-Global Reports hat die Psoriasis eine Prävalenz von 2,3% in Deutschland. Aufgrund der multiplen Begleiterkrankungen oder in bestimmten Lebenssituationen, wie z.B. während der Schwangerschaft, kann sie therapeutisch eine große Herausforderung darstellen.

Dr. med.Dagmar Wilsmann-Theis,Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie,Universitätsklinikum Bonn

Dr. med.Lisa Marie Braun,Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie,Universitätsklinikum Bonn

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stattfinden, da die IgG1-Antikörper bei reiferer Plazenta zunehmend diaplazentar übergehen.Als neuester Wirkstoff, der zunächst nur für die Psoriasisarthritis und nun seit 2018 auch für die Plaque-Psoriasis zugelassen ist, scheint Certo-lizumab hier eine sehr viel versprechende Thera-piealternative zu sein. Dieser TNF-a-Antikörper enthält nicht den klassischen Fc-Teil, der für den aktiven Transport durch die Plazenta benötigt wird. Deshalb zeigen Beobachtungen, die im Be-reich der Gastroenterologie mit Schwangeren un-ter Certolizumab durchgeführt worden sind, bei den Neugeborenen dieser Patientinnen nur eine geringe bis kaum messbare Konzentration im Nabelschnurblut. Ähnliche Ergebnisse liefern die Studien zur Messung der Substanz in der Mutter-milch von therapierten Stillenden.

Psoriasis vor Eintritt einer Schwangerschaft stabilisierenAktuell erscheinen immer mehr Daten von be-handelten Schwangeren mit Ustekinumab, dem Interleukin-12/-23 Antagonisten, der neben der Behandlung zur Psoriasis auch eine Zulassung zum Morbus Crohn besitzt. Auch wenn diese Therapie selbstverständlich nach Ausschluss ei-ner Schwangerschaft und mit dem Hinweis, eine entsprechende Verhütung einzuhalten, verordnet wurden, ist die Möglichkeit einer Schwanger-schaft nicht gänzlich gebannt. Laut einer Stu-die des „Sozialwissenschaftlichen Frauen For-schungsinstituts“ (SoFFIF) der Evangelischen Hochschule Freiburg, bei der rund 4000 Frauen befragt wurden, gaben knapp 30% der Frauen zwischen 20 und 44 Jahren eine ungeplante Schwangerschaft an. 52% der Frauen seien trotz hormoneller Kontrazeption schwanger geworden. Deshalb sollte bei Patientinnen im gebärfähigen

Orientierungshilfe bei der Therapiewahl bietet die Datenbank des Pharmakovigilanz- und Beratungs- zentrums für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin: www.embryotox.de

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Alter durch eine entsprechende Systemtherapie die Psoriasis schon vor Planung einer Schwanger-schaft langfristig stabilisiert sein. Dabei ist der Einsatz von Acitretin aufgrund seiner Teratogeni-tät zu vermeiden. Sofern diese Substanz dennoch zum Einsatz kommt, sollte der Empfängnisschutz drei Jahre nach Absetzen der Therapie weiter be-trieben werden.

Therapiealternative MTX und Fumarsäure?Ob Methotrexat (MTX) bei gebärfähigen Frauen eine Therapieoption ist, muss individuell ent-schieden werden. Zumindest sollte die sichere Schwangerschaftsverhütung nach Absetzen des MTX noch drei weitere Monate gewährleistet sein. Als mögliche Systemtherapie bei jungen Frauen mit Psoriasis sollen auch Fumarsäure-ester berücksichtigt werden, da diese aufgrund ihrer geringen Halbwertszeit bis kurz vor Abset-zen der Verhütung bei einer geplanten Schwan-gerschaft eingesetzt werden können. Bislang sind jedoch nur wenig Daten zur Therapie in der Schwangerschaft publiziert; es gibt lediglich eine Untersuchung mit 39 Schwangeren mit Multipler Sklerose im ersten Trimenon, wo sich keine nega-tiven Signale zeigten.Zusammenfassend erweitert sich unsere Erfah-rung bei dem Einsatz von antipsoriatischen Sys-temtherapien, die insbesondere interdisziplinär genutzt werden. In guter Risiko-Nutzenbewertung kann ein Einsatz insbesondere von TNF-alpha- Inhibitoren auch während der Schwangerschaft nach umfänglicher Aufklärung der Betroffenen überlegt werden. n

Kontakt:Dr. med. Dagmar Wilsmann-Theis

E-Mail:[email protected]

Zum Wohl von Mutter und Kind sollte

idealerweise vor Eintritt der Schwangerschaft

zunächst die Psoriasis gut eingestellt sein.

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