Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

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Gesicht und Charakter Wie zuverlässig ist der erste Eindruck? Lernen Muss Schule wirklich Spaß machen? Ehrlichkeit Der Betrüger in uns 40. JAHRGANG HEFT 3 6,50 SFR 10,– März 2013 www.psychologie-heute.de D6940E PSYCHOLOGIE HEUTE PSYCHOLOGIE HEUTE

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Leserprobe der Ausgabe 03/2013

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Gesicht undCharakterWie zuverlässig ist der erste Eindruck?

LernenMuss Schule wirklich Spaß machen?

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PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

Auf den ersten BlickBuchstäblich auf den ersten Blick bilden wir uns binnen Sekundenbruchteilen ein Urteil über den Charakter einer Person. Wir „lesen“ dabei in ihrem Gesicht. Die-se Art Schnelldiagnostik ist zwar fehler-behaftet, aber alles in allem erstaunlich aussagekräftig. Der erste Eindruck ba-siert auf einem der schnellsten und meist auch präzisesten Erkenntnissyste-me, die wir in unserem Kopf tragen. Doch woran genau orientieren wir uns, wenn wir Gesichter lesen?

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4 In diesem Heft

Titelthema

! Jena Pincott

Was uns ein Gesicht verrät 20! Dan Ariely im Gespräch

Alltagslügen: Wie wir es schaffen könnten, ehrlich zu bleiben 32

! Eva Tenzer

Motivation: Weiter, immer weiter! 38

! Gabriele Oettingen im Gespräch

Lässt sich Motivation trainieren? 44

! Andreas Huber

Gegen das Grübeln: Auf Abstand zum Ich 46

! Barbara Knab

Schule ist nicht nur Spaß 60

! Arlie Hochschild im Gespräch

„Der Trend geht zu einer Alles-kann-man-kaufen-Welt“ 64

! Anne-Ev Ustorf

Chronische Schmerzen: Die Folter, die nicht enden will 70

! Christiane Funken im Gespräch

Frauen und Karriere: „Will ich mich weiter kränken lassen?“ 76

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In diesem Heft 5

Der SchummelfaktorWir alle tragen den „Schummelfaktor“ in uns: Lügen durchziehen unseren Alltag. Der Verhaltensökonom Dan Ariely hat drei Rahmenbedingungen ausfindig ge-macht, die uns zum Täuschen verführen: Interessens-konflikte, schwammige Spielregeln und gute Ausreden. Unglücklicherweise bündeln sich diese drei Kräfte be-sonders bei Bankern und Finanzberatern … 32

Immer nur SchmerzenSchmerzen zeigen uns eine Verletzung an, und wenn die verheilt ist, sind sie verschwunden. Wenn es doch nur so einfach wäre! Jeder Zehnte leidet unter ständi-gen Schmerzen, für die sich keine plausible Erklärung findet. Schmerz kann sich verselbständigen, er wird dann selbst zur Krankheit. Sogar die Therapie verlangt den Patienten Geduld und Leidensfähigkeit ab. 70

8Themen & Trends! Selbstdisziplin: Der Versuchung widerstehen

! Arbeitslosigkeit: Man gewöhnt sich nicht daran

! Zeitvermehrung: Gib – und dir wird gegeben

! Erinnerungen: Mit jedem Abruf mehr Dichtung

Und weitere Themen

52Gesundheit & Psyche! Schizophrenie: Diagnostik per Sehtest

! Langlebigkeit: Mit 100 hast du noch Pläne

! Herz: Wann ist der Schmerz „psychisch“?

! Historie: So war der Doktor Eisenbarth

Und weitere Themen

82Buch & Kritik! Rudy Simone und die autistische Welt der „Aspergirls“

! John Gray und die Ideologieanfälligkeit von Wissenschaft

! Douwe Draaisma und die Ehrenrettung des Vergessens

! Gisela Hötker-Ponath und die Kultur der guten Paartrennung

Und weitere Bücher

Rubriken 6 Briefe 8 Themen & Trends19 Impressum52 Gesundheit & Psyche82 Buch & Kritik93 Im nächsten Heft94 Cartoon95 Markt

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20 Titel

Was uns ein Gesicht verrät

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22 Titel

PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

Ob wir wollen oder nicht: Bei jeder Begegnung mit einem anderen Menschen fällen wir blitzschnell Ur-teile über ihn. Das Gesicht gibt die erste, manchmal auch die beste Auskunft über wesentliche Eigen-schaften des anderen. Aber wie verlässlich ist diese „schnelle Diagnos-tik“ wirklich?

! Jena Pincott

Als soziales Wesen war der Mensch schon immer darauf angewie-sen, im Gesicht seiner Mitmen-

schen lesen zu können: Die Gefühle, Absichten und Stimmungen der anderen richtig zu deuten erwies sich als wich-tige Überlebenstechnik. Gesichter lesen ist nicht nur in der unmittelbaren Um-gebung der eigenen Familie, des eigenen Clans wichtig und vorteilhaft. Auch bei der ersten Begegnung mit Fremden kann eine schnelle Diagnose hilfreich sein: Ist jemand vertrauenswürdig, gesund, do-minant oder verträglich? Wie alt, wie klug, wie aggressiv ist der andere?

Dass sich in einem Gesicht nicht nur Emotionen wie Wut oder Freude ablesen lassen, sondern auch religiöse Einstel-lungen oder sexuelle Präferenzen, Ver-trauenswürdigkeit oder Dominanzstre-ben, haben die Psychologen Nalini Am-bady und Nicholas Rule festgestellt. Sie sind in ihren Forschungsarbeiten dem Thin-Slicing bei der Gesichtsinterpreta-tion auf die Spur gekommen. Mit diesem Ausdruck beschreiben sie die Fähigkeit, auf sehr geringer Datenbasis etwas Wichtiges über den Charakter und die Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen zu erfahren, also aufgrund eines sehr, sehr kurzen Blicks. In unse-rem Gehirn gibt es einen Schaltkreis, der offenbar zu solchen Blitzurteilen befähigt: Der Gyrus fusiformis (ein spin-delförmiger Zellverband) kann in Zu-sammenarbeit mit der Amygdala „Ge-sichtsdaten“ schnell erkennen und be-werten. Diese Spezialfunktion des Ge-hirns dient unserer Sicherheit und dem Überleben.

Wenn wir Gesichter deuten, können wir uns tatsächlich schon nach Zehn-telsekunden ein vorläufiges Urteil über die Intelligenz, die Vertrauenswürdig-keit, die Neigung zur Dominanz und viele andere Eigenschaften bilden. Aus Erfahrung wissen wir, dass dies in vielen

Fällen kein endgültiger Befund sein wird und manche Urteile später – im Lichte des realen Verhaltens eines Men-schen – korrigiert werden müssen. Ganz gemäß der Maxime: „Beurteile den In-halt eines Buches nie nach dem Um-schlag!“

Sollten wir also nicht lieber ganz auf solidere Daten vertrauen – auf die Taten, auf den erst längerfristig erkennbaren Charakter –, wenn wir andere beurteilen? Nein, meinen Psychologen, die unsere Wahrnehmung von Gesichtern intensiv erforscht haben: Auf die Aussagekraft des ersten Eindrucks zu verzichten wür-de bedeuten, eines der schnellsten und meist auch präzisesten Erkenntnissys-teme in unserem Kopf zu ignorieren. Unsere Fähigkeit, Gesichter richtig zu lesen, mag fehlerbehaftet sein. Aber es wäre umgekehrt geradezu leichtsinnig, diese Informationen außer Acht zu las-sen, vor allem in Augenblicken, in denen Krisen oder Gefahren eine schnelle Ent-scheidung verlangen. Und eigentlich können wir das auch gar nicht – wir re-agieren automatisch auf Gesichter, das Gesichtsradar schaltet nie wirklich ab.

Wenn wir den Charakter oder wich-tige Schlüsseleigenschaften des Gegen-übers schnell erkennen wollen, interpre-tieren wir bestimmte Merkmale in sei-nen Gesichtszügen – und kommen der wahren Identität des anderen meist sehr nahe. Das gilt gerade auch dann, wenn ein Gesicht „ausdruckslos“ ist, also kei-ne klar erkennbaren Emotionen spiegelt. In zahlreichen Experimenten zeigte sich, dass die Urteilssicherheit etwa bei „ver-trauenswürdig – nicht vertrauenswür-dig“ 60 Prozent oder mehr beträgt und damit deutlich über einem Zufallstref-fer liegt.

Es stellt sich also die Frage: Ist das Gesicht tatsächlich mit dem Charakter und dem Verhalten eines Menschen ge-koppelt? Sind im Gesicht die Signale für

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PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

32 Psychologie des Gewissens

Wie wir es schaffen könnten, ehrlich zu bleibenIn Hollywood-Filmen gibt es zwei Arten von Menschen: die Bösen und die Guten. Die ei-nen brechen Gesetze, die anderen retten die Welt. Und zu welcher Sorte gehören wir? Genau dieser Frage widmet sich die Arbeit des Psychologen und Ver-haltensökonomen Dan Ariely. Im Interview mit Psychologie Heute spricht er darüber, wie kleine und große Lügen unseren Alltag begleiten – und welche ver-borgenen Kräfte uns alle zu Betrügern machen können

Dan Ariely hat wenig Zeit. Normaler-weise hält er Vorlesungen für Verhal-tensökonomie an der Duke University in North Carolina. Doch seine Bücher über die Irrationalität des menschlichen Verhaltens haben ihn ein bisschen be-rühmt gemacht – mit dramatischen Auswirkungen auf seinen Terminkalen-der. „Seit 2008 habe ich vielleicht zehn Wochen zu Hause verbracht“, sagt Ari-ely und parkt seinen Rollkoffer in die Sitzgruppe eines kleinen Cafés am Frankfurter Flughafen. In zwei Stunden geht seine Maschine nach Buenos Aires. Also dann los!

PSYCHOLOGIE HEUTE Herr Profes-sor Ariely, Sie beraten inzwischen Fir-men und Regierungen auf der ganzen Welt. Was wollen diese Leute von Ihnen? Welche Fragen bekommen Sie dabei zu hören? IL

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Psychologie des Gewissens 33

DAN ARIELY Die Firmen, die mich an-rufen, wünschen sich weniger Beschiss in ihrer Branche. Sie wollen ehrlichere Mitarbeiter haben. PH In Ihrem aktuellen Buch haben Sie zu diesem Thema eine eigene Theorie entwickelt. Sie sprechen von einem „Schummelfaktor“, der in uns allen wirksam ist (siehe Kasten Seite 34).ARIELY Das stimmt. Meine Studien zeigen, dass es vor allem die Rahmen-bedingungen sind, die uns ehrlich oder unehrlich handeln lassen. Unterm Strich sind es vor allem drei Faktoren, die uns verführbar machen. Erstens: Interessen-konflikte. Zweitens: schwammige Spiel-regeln. Drittens: das Rationalisieren – also gute Ausreden finden. Bei Bankern und Finanzberatern fallen alle drei Fak-toren zusammen, dort ist die Gefahr besonders groß. PH Sie erzählen denen also, was Sie übers Schummeln, Lügen und Tricksen rausgefunden haben – und dann?A R IELY Dann nicken erst mal alle. Trotzdem habe ich bis heute noch keine Firma gesehen, die an Punkt eins, also die Interessenkonflikte wirklich range-hen möchte. PH Was meinen Sie genau mit „Inter-essenkonf likte“? Mein Bankberater möchte mir einerseits den bestmögli-chen Rat geben, andererseits aber auch einen größtmöglichen Bonus von sei-nem Arbeitgeber kassieren?ARIELY Richtig. Also könnte man doch einfach sagen: Als Bank zahlen wir nur noch feste Gehälter, keine Boni! Damit schaffen wir unsere Interessenkonflik-te aus der Welt. Aber das geschieht nicht. Die Banken glauben zu sehr an die Kraft der Boni. Sie meinen, dass ihre Mitar-beiter dann engagierter sind und besser arbeiten. Dafür gibt’s zwar keinen em-pirischen Beleg, aber bitte. PH Reden wir über den zweiten Punkt: unklare Regeln.ARIELY Nun, viele Unternehmen ha-ben ja schon Verhaltensregeln, einen code of ethics, aber meist sind die Gebo-te zu allgemein formuliert. Mein Ein-druck ist jedoch, dass viele Firmen in

diesem Punkt gerade dazulernen. Sie verstehen, dass es wichtig ist, sehr spe-zifische, sehr klare Regeln aufzustellen. PH Wie ist es mit dem dritten Punkt: gute Gründe für unmoralisches Han-deln finden, also das, was Freud Ratio-nalisieren genannt hat?ARIELY Auch in dieser Frage lernen viele Firmen dazu. Ein gutes Beispiel ist der Faktor distance from money: Je wei-ter weg das Geld ist, desto leichter ist es, kleine Betrügereien zu rechtfertigen. Wir können das im Labor ganz gut nach-weisen. Wir machen ein Experiment, das die Studenten zum Betrügen ver-führt. In einer ersten Version bezahlen wir sie mit Bargeld. In einer anderen bekommen sie Spielgeld, das sie erst im Zimmer nebenan in echte Scheine um-tauschen. PH Eigentlich sollte das keinen Unter-schied machen.ARIELY Das stimmt, in einer völlig ra-tionalen Welt wäre es dasselbe. Aber so ticken wir Menschen nun mal nicht. In der Spielgeldvariante ging der Schum-melfaktor deutlich nach oben. Es fiel den Studenten offenbar leichter, ihren Betrug vor sich selbst zu rechtfertigen. Ist ja nur Spielgeld, es schadet niemandem … PH Und was raten Sie nun den Firmen? Wie setzt man dieses Wissen praktisch um? ARIELY Der größte Gegenspieler der guten Ausrede ist das schlechte Gewis-sen. Nehmen wir einen Berater bei der Bank: Ich würde ihm zeigen, wer seine Kunden sind. Er soll sich ihre Namen merken. Er soll einen persönlichen Ver-trag mit ihnen unterschreiben, in dem drinsteht, was er tun wird und was nicht. Ein paar Zahlen nach oben oder unten korrigieren, ist eine Sache. Einen Men-schen, den man kennt, um sein Geld zu betrügen, ist etwas völlig anderes.PH Was ist mit dem Betrug im Alltag? Etwa wenn jemand seinen Partner be-trügt? ARIELY Übers Fremdgehen habe ich nicht geforscht. Interessant ist das The-ma trotzdem. Ich kann Ihnen etwas da-zu erzählen, wenn Sie wollen. IL

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38 Motivation

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Können Sie sich noch an Ihre gu-ten Vorsätze des Neujahrsmor-gens 2013 erinnern? Haben Sie

sie vielleicht sogar umgesetzt und die Veränderungen bis heute konsequent beibehalten? Falls ja, herzlichen Glück-wunsch! Falls nein, keine Panik, denn es geht Ihnen wie Millionen anderer Menschen. Zu den persönlichen und globalen Krisen, die unsere Aufmerk-samkeit von wichtigen Vorhaben und Plänen abziehen, kommen die zahlrei-chen kleinen Ablenkungen des Alltags, die oft nur einen Mausklick entfernt liegen. Und wenn dann noch die Moti-vation fehlt …

Ohne Motivation funktioniert nichts wirklich gut: Schüler und Studenten ler-

nen zu wenig, Erwachsene bringen im Job kaum Leistung, erst recht keine Spit-zenleistung. Extrem demotivierte Mit-arbeiter gelten mittlerweile als tickende Zeitbombe für viele Unternehmen. Schätzungen zufolge verursachen sie al-lein in Deutschland durch Fehlzeiten und mangelnde Produktivität jedes Jahr über 100 Milliarden Euro Folgekosten. Aber auch Hobbys, regelmäßige Bewe-gung und gesunde Ernährung setzen Motivation voraus, ebenso wie ehren-amtliches Engagement, Erziehung oder die Pflege von Angehörigen.

Manchen Menschen gelingt es, über Jahre hinweg mit beeindruckender Ener-gie ambitionierte Ziele zu verfolgen. Was zeichnet diese besonders Motivierten

aus? Und lässt sich Motivation trainie-ren und vielleicht schon mit kleinen Tricks verbessern?

Motivation ist der Anreiz zu jeder Art von Handeln. Die Motive können dabei sehr existenziell und instinktgetrieben sein wie zum Beispiel das Bedürfnis nach Essen, Wärme, Sexualität oder Sicher-heit, aber auch hochkomplex wie das Streben nach Selbstverwirklichung oder Prestige. Im engeren Sinne meint Mo-tivation die Fähigkeit, persönliche An-liegen zu verfolgen und Ziele zu errei-chen. Wie gut wir darin sind, hängt zum einen von der Persönlichkeit und dem angeborenen Temperament ab, zum an-deren von unserer Biografie: Alles, was uns im Laufe des Lebens passiert – Er-

Weiter, immer weiter!Angesichts der täglichen Hiobsbotschaften über Eurokrise, Arbeitslosigkeit oder die Zukunft der Rente kann man durchaus den Mut verlieren. Wozu soll man sich überhaupt noch anstrengen? Doch manche Menschen lassen sich von äußeren Faktoren nicht beirren. Allen Krisen und Ablenkungen des modernen Lebens zum Trotz verfolgen sie hartnäckig ihre Ziele. Was treibt sie an?

! Eva Tenzer

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44 Motivation

Lässt sich Motivation trainieren? Seit Jahren erforscht die Psychologin Gabriele Oettingen, was Menschen an treibt und wie man sich und andere wirksam motivieren und bei der Verfolgung von Zielen unterstützen kann

PSYCHOLOG IE HEUTE Fällt es uns angesichts der Herausforderungen des modernen Lebens und der 1000 Mög-lichkeiten, die uns täglich offenstehen, schwerer, unsere Ziele im Auge zu be-halten und uns zu motivieren?G A B R I E L E O E T T I N G E N Manche Menschen leben unter eher normativen Bedingungen; ihre Ziele sind überschau-bar und oft von außen gesetzt. Andere dagegen haben in vielen Lebensberei-chen große Entscheidungs- und Gestal-tungsspielräume und häufig sehr viele Projekte am Hals. Daher brauchen sie manchmal Hilfe, um die Spielräume auch zu gestalten. Sie brauchen Strate-gien und Werkzeuge, die helfen, sich machbare Ziele zu setzen, gangbare We-ge zu wählen, und diese dann auch kon-sequent zu gehen. PH Was zeichnet besonders motivierte Menschen aus, woran erkennt man sie in leichten und vor allem in schwierigen Zeiten?OET TINGEN Menschen in einem mo-tivierten, zielorientierten Zustand er-kennt man an Signalen, die auch bei zielorientierten Tieren zu beobachten sind: Sie sind oft voller Energie, sie hal-ten durch, suchen nach Mitteln, wie sie ihre Ziele erreichen können, und setzen nach Unterbrechungen immer wieder neu an. Bei Schwierigkeiten oder Rück-schlägen wird sich eine zielorientierte Person noch mehr bemühen, ihr Ziel zu erreichen. PH Lässt sich Motivation tatsächlich trainieren, oder ist sie am Ende doch eher Teil der Persönlichkeit, also eine stabile Charaktereigenschaft? OET TINGEN Selbstwert oder Tempe-rament beispielsweise beeinflussen das Energieniveau, auf dem wir starten. Aber die Frage ist doch: Wie können wir uns selbst regulieren, unabhängig da-von, auf welchem Energieniveau wir be-

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Professionelle Psychologen und Psychoamateure haben eine Über-zeugung gemein: Es gibt kein

gutes Leben ohne ein reflektiertes Ich. Wer wir sind und was uns als Person mit all unseren Stärken und Schwächen ausmacht, erschließt sich uns erst durch kritische Selbstbetrachtung. Erkenne dich selbst bedeutet vor allem, sich auch seinen weniger angenehmen Emotionen und Erlebnissen zu stellen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Gelingt die Verarbeitung, kommen wir – so die The-orie – auch mit belastenden Erfahrungen und Gefühlen besser klar.

Dieser Anspruch ist einfacher formu-liert, als in die Tat umgesetzt. Viele Men-

schen wissen aus eigener Erfahrung: Beleidigungen und Demütigungen können oft ein Leben lang nachwirken. Das gilt auch für eigenes Fehlverhalten, Scheitern oder Versagen. Es gibt jedoch auch Menschen, denen es gelingt, solche Erlebnisse hinter sich zu lassen – ganz ohne Traumatisierung, Albträume oder Grübeleien.

Warum ist das so? Diese Frage stand am Anfang der Forschungen des ame-rikanischen Psychologen Ethan Kross. Ihn beschäftigt das sogenannte „Selbst-reflexionsparadox“: Viele Studien bele-gen, dass Ref lektieren dem Ich nur manchmal hilft, Negativerlebnisse zu bewältigen. Es kann die Situation durch Grübeln sogar noch verfestigen und ver-schlimmern. „Wir bleiben durch be-stimmte Reflexionen in der Negativität gefangen“, so Kross.

Die wegweisende Antwort des Psy-chologen von der University of Michigan besteht aus zwei Differenzierungen: Man muss sowohl die Form der Refle-xion als auch den Fokus der dabei be-teiligten Gefühle genau unterscheiden. Beides hätten Psychologie und Psycho-therapie bisher weitgehend vernachläs-sigt. Denn Reflexion ist nicht gleich Re-flexion. Kross verdeutlicht das mit ei-nem Beispiel: Tom hat einen Korb von seiner Angebeteten bekommen. Er denkt nun ständig an diese „Niederlage“ und möchte das Geschehen verstehen. Rückt er sich dabei selbst ins Zentrum seiner Betrachtung, erinnert er sich an die Zurückweisung quasi durch seine eigenen Augen. Er durchlebt die unan-genehmen Gefühle noch einmal, ge-winnt aber wenig neue Einsichten dazu. Kross nennt diese Haltung „ich-versun-ken“ (self-immersed). Tom kann in sei-nen Erinnerungen aber auch „einen Schritt zurücktreten“ und versuchen, sich wie einen anderen zu sehen. So wür-de er einen Blick auf das große Ganze erhalten. Kross spricht bei dieser Be-trachtungsweise von „ich-distanziert“ (self-distanced).

PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

46 Emotionale Intelligenz

Auf Abstand zum IchManchmal drehen sich unsere Gedanken im Kreis, wir durchleben Kränkungen und Enttäuschungen wieder und wieder. So kann gut gemeinte Reflexion leicht in einem gedanklichen Teufelskreis enden. Mehr Distanz zu uns selbst würde uns helfen, sagen Sozialpsychologen

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Emotionale Intelligenz 47

Kross’ Selbstdistanzierungsexperi-mente zeigen: Einfache Vorgaben genü-gen, um diese beiden Erinnerungsfor-men zu aktivieren. Nachdem Versuchs-personen aufgefordert werden, sich an einen Konflikt voller Ärger oder Trau-rigkeit zu erinnern, wird die Gruppe der Ich-Versunkenen angewiesen: „Gehen Sie in die Zeit und an den Ort des Er-lebnisses zurück, erleben Sie es so, als ob es Ihnen wieder geschehen würde.“ Die Distanzgruppe bekommt dagegen die Vorgabe: „Treten Sie nun innerlich einige Schritte zurück … und beobach-

ten Sie Ihr Erlebnis wie eine andere Per-son aus der distanzierten Perspektive einer Fliege an der Wand.“

Der Unterschied ist enorm. Das ver-deutlichen zwei Teilnehmerprotokolle aus Kross’ Studien: Ich-versunken: „Adrenalindurchflutet. Angepisst. Verraten. Wütend. Opfer. Ver-letzt. Beschämt. Gedemütigt. Aufgege-ben. Nicht gewürdigt. Weggeschoben. Grenzen wurden mit Füßen getreten …“ Ich-distanziert: „Ich dachte an die Tage und Monate, die dem Konflikt voraus-gingen, all den universitären Stress und emotionalen Aufruhr, die große Unzu-friedenheit im Allgemeinen. All das machte mich reizbar und brachte wegen einer im Grunde genommenen Kleinig-keit das Fass zum Überlaufen …“

Neben der fly on the wall-Perspektive sind im Alltag auch andere „Standpunk-te“ möglich: Man kann beispielsweise von einem Boot aus das „Geschehen am Ufer“ beobachten, aus einem Heißluft-ballon oder von einem „inneren Feld-herrenhügel“, wie der Psychosomatiker Dietmar Hansch vorschlägt. Oder man ersetzt das Ich durch ein einfaches Di-stanz-Er oder -Sie.

Warum ist Selbstdistanzierung so wirkungsvoll bei der Verarbeitung von Verletzungen, Niederlagen oder Krän-kungen? Kross erklärt das mit unter-schiedlichen Mechanismen der beiden Reflexionshaltungen. Im ich-vertieften Was-Modus fragen Menschen: Was ist passiert, was fühlte ich? Sie konzentrieren sich auf die kon-kreten Erlebnisse und Emotionen, wer-den von ihnen (wieder) gefangen und rutschen so ins oft chronische Grübeln. Das Beobachter-Ich und das Erlebnis-Ich sind ungeschieden. Die heiße Emo-tion glüht spürbar nach. In der selbstdistanzierten Warum-Per-spektive fragt man sich dagegen: Warum kam es dazu, warum fühlte ich mich so? Aus diesem Blickwinkel kommen grö-ßere Zusammenhänge in den Blick. Das konkrete, distanzlose Wiedererzählen und -erleben wird durch ein Rekonst-ruieren abgelöst. Dieses ich-distanzier-te „Neuschaffen“ relativiert das, was war. Und es hilft, mit dem Problem abzu-schließen. Das beobachtende Urteiler-Ich und das Erlebnis-Ich sind psycholo-gisch unterschiedlich – die ehemals hei-ße Emotion kühlt sich merklich ab.

Nur die ich-distanzierte Haltung zeigt die positiven Wirkungen gelungener Selbstreflexion für Seele und Leib. Nur wenn Menschen aus ihrem eigenen Film heraustreten und ihre Erlebnisse relati-vieren, verlassen sie ihre Opferrolle. Da-bei geht es nicht darum, im Rückblick die Erfahrungsinhalte zu ändern, son-dern deren Kontext und Stellenwert neu zu bewerten. Wem das gelingt, der fühlt sich nicht nur psychisch, sondern auch physisch besser.

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60 Lernen

Schule ist nicht nur SpaßDass Schule Spaß machen muss, ist heute ein Allgemeinplatz. Nachhilfe studios heißen „Lernspaß“, denn nur spaßiges Lernen sei „gehirngerecht“, wie uns eine Armada von Medienexperten verkündet. Doch Schule kann nicht immer vergnüglich sein. Zum Lernen gehören Anforderungen. Nicht Entertainment, sondern Erfolgserlebnisse sind der Schlüssel zu gutem Unterricht

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Zur Einschulung hatten Elisabeth und Wolfgang Meister* ihre Tochter Marie noch erwartungs-

froh begleitet. Doch Marie und ihre Lehrerinnen passten schlecht zusam-men. „Es war verheerend. Nach vier Jahren hatte Marie Angst zu versagen, und ihr Selbstwertgefühl war im Keller. In unserer Verzweif lung suchten wir eine Schule, die Spaß macht.“

Die Suche war erfolgreich. Seit drei Jahren besucht Marie eine Privatschule, und, ja, „sie hat viel Spaß dort“. Aber darüber sind die Akademikereltern in-zwischen ganz und gar nicht mehr glücklich: „Die Frage nach dem Spaß in der Schule wühlt uns total auf“, erzäh-len sie. „Unserer Schule ist es nämlich nicht gelungen, Lernen und Spaß zu ver-binden. Momentan sieht es so aus, als würde Marie nicht einmal den Haupt-schulabschluss schaffen.“

Tatsächlich wollten die Meisters nur das, was sich alle Eltern wünschen: dass ihr Kind gut durch die Schule kommt, ohne dabei unglücklich zu sein. Spielen sich im Unterricht Dinge ab wie bei Ma-rie, beginnen die meisten Eltern, nach Alternativen zu suchen. In vielen Fällen erfahren sie dann, dass die herkömm-liche Schule das natürliche Lernbedürf-nis der Kinder zerstöre. Das kehre erst zurück, wenn die Schule Spaß biete und Begeisterung; dann lernten die Kinder nicht nur freiwillig, mühelos und nahe-zu automatisch. Sie speicherten das Ge-lernte sogar nachhaltiger. Belege für die-se Annahme liefere „die Hirnforschung“.

Diese Sicht der Dinge hat sich durch-gesetzt. Unter dem Stichwort „Spaß in der Schule“ findet die Suchmaschine fast 300 000 Einträge. Fast täglich kommen in den Medien allerlei Experten zu Wort, die Spaß in der Schule zum Schlüssel moderner Bildung erklären. Das kommt an. So hält etwa Ilka Schreiner*, Mutter zweier halbwüchsiger Töchter, den Spaß für die „Basis nachhaltigen Lernens“. Habe man Spaß beim Lernen, dann blei-be „das Erlernte in den Hirnwindungen hängen. Dann erinnert man sich auch noch nach Jahren daran.“

Das ist richtig und auch wieder nicht. Es stimmt: Ereignisse, die unsere spon-tane Aufmerksamkeit geweckt oder uns aufgewühlt haben, bleiben leichter im Gedächtnis haften. Doch Lebensereig-nisse werden in einem eigenen Erinne-rungssystem gespeichert, dem „episo-dischen Gedächtnis“. Hier geht Lernen tatsächlich meist mühelos vonstatten. Jahrelang und intensiv erinnern wir uns an Ereignisse unseres eigenen Lebens, die wir uns nie aktiv und angestrengt eingeprägt haben. Viele können wir je-derzeit erzählen, am besten solche, die damals von den stärksten Gefühlen be-gleitet waren, von Wut oder Trauer oder Begeisterung. Das episodische Gedächt-nis ist sehr menschentypisch. Es baut Lebensgeschichte in Identität ein.

Von guter Laune allein bleiben die Vokabeln nicht hängen

Allerdings geht es in der Schule nicht vorrangig um biografische Ereignisse, jedenfalls nicht, was den zu vermitteln-den Lehrstoff angeht. Zwar ereignen sich dort ständig Episoden, die Schülern sehr gut im Gedächtnis bleiben. Es gibt wit-zige und tragische Begebenheiten, Freu-de und Leid, Theateraufführungen und Schulausflüge. Ein Kind behält diese Erlebnisse umso genauer, je älter es ist. Sicherlich, angenehme Erinnerungen dieser Art tragen dazu bei, dass das Kind gern in die Schule geht. Das ist wichtig. Doch die Vokabeln bleiben dann noch lange nicht hängen.

Es ist deshalb fraglich, ob Begeiste-rungsepisoden im Zentrum guter Schu-le stehen können. „Die Schule hat ein-fach nicht die Aufgabe, Spaß zu ma-chen“, gibt die Kognitionspsychologin und Lernforscherin Elsbeth Stern zu bedenken, Professorin an der Universi-tät Zürich. „Die Schule hat die Aufgabe, den Kindern Kompetenzen zu vermit-teln. Außerdem müssen die Kinder wis-sen, was sie können und was nicht, sie brauchen ein angemessenes Selbstbild. Das nennen wir Kompetenzerleben, und genau darauf hat jeder Schüler, jede Schülerin ein Recht.“

Diese Art von Lernen erlebte Marie bis heute nicht, weder in der Grundschu-le noch in der Einrichtung, die ihre El-tern heute „Spaßschule“ nennen. Damit Kinder nachhaltig Kompetenzen lernen, müssen ihre Lehrer mehr bieten als schö-ne Erlebnisse; und auch Eltern sollten etwas beitragen.

Doch wie lehrt und lernt man so, dass etwas haften bleibt? Wie Lernen und Gedächtnis funktionieren, ist ein klas-sisches Forschungsthema der Psycho-logie. Es begann 1885 mit Hermann Ebbinghaus. Er wollte wissen, wie das Gedächtnis arbeitet, wenn es keine Eselsbrücken nutzen kann. Dafür kon-struierte er sinnlose Silben wie „kel“ oder „pir“ und lernte sie selbst in Blö-cken von 13 Stück auswendig. Das be-trieb er inbrünstig. Schließlich wollte er unbedingt herausfinden, was passiert.

Die Begeisterung half nichts: Bis auf Fragmente vergaß er die gelernten Silben-reihen restlos, grundsätzlich und nach spätestens 30 Tagen. Die Konsequenz gilt noch heute: Blindes Büffeln bis zum Anschlag – etwa von englischen Voka-beln – ist nie nachhaltig, sondern Zeit-verschwendung; in jeder Gefühlslage. Nachhaltig behält man Inhalte, die man systematisch wiederholt; nach einem Tag, nach zweien und nach einer Woche.

Lernen und Gedächtnis sind ein Pro-zess. Man sollte sich das Gedächtnis nicht vorstellen wie eine Bibliothek oder wie eine Computerfestplatte: Im Gehirn wird höchstwahrscheinlich nichts „ab-gelegt“ wie Buchstaben oder Bits.

Außerdem gibt es zwei große Spiel-arten von Gedächtnis, die sich jeweils noch unterteilen lassen. Die erste ist das explizite Gedächtnis, der Hort des be-wussten Wissens und Erinnerns. Ein Teil davon ist das schon erwähnte epi-sodische Gedächtnis, das die gefühls-begleiteten Ereignisse unseres Lebens aufbewahrt. Ein anderer Teil ist das se-mantische Gedächtnis. Hier werden „Fakten“ bereitgehalten, keine Gefühle. Das semantische Gedächtnis ist für ei-nen großen Teil des Schulwissens zu-ständig.* Alle Namen von Eltern, Kindern und Lehrern sind geändert

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Page 18: Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

64 Lebensbewältigung

PSYCHOLOGIE HEUTE Frau Professor Hoch-schild, heute werden viele Tätigkeiten des Pri-vatlebens von professionellen Helfern ausge-führt. Für Ihr aktuelles Buch The Outsourced Self haben Sie diesen expandierenden Markt un-ter die Lupe genommen. Können Sie uns eine Vorstellung von der Breite der Angebote geben?ARLIE HOCHSCHILD Ich habe Dienstleister für alle Lebensphasen gefunden. Da gibt es einen Liebescoach, der einem für 60 Dollar die Stunde bei allen Aspekten von der Erstellung eines Pro-fils auf einer Online-Partnerschaftsbörse bis hin zum Heiratsantrag hilft. Danach kommt der Hochzeitsplaner. Bei Unfruchtbarkeit kann ein

„Der Trend geht zu einer Alles-kann-man-kaufen-Welt“Ob es um die Suche nach einem Lebenspartner geht, um Hilfe bei Erziehungs fragen oder um die Versorgung von Alten und Kranken – für all dies und viel mehr werden Dienstleistungen kommerziell angeboten. Diese zunehmende Ökonomisierung des Privat lebens, sorgt sich die Sozio lo gin Arlie Hochschild, hinter lässt tiefe Spuren in unseren Beziehungen und unserer Psyche

Page 19: Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

Lebensbewältigung 65

PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

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PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

70 Chronische Schmerzen

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Chronische Schmerzen 71

Es gab Tage, an denen Regina Ball vor Schmerzen nicht das Bett ver-lassen konnte. Das Kniegelenk,

die Schulter, der Fuß – alles tat weh. Waren die Gelenkschmerzen endlich auf dem Rückzug, kam die Migräne. Mit-unter drei Wochen am Stück, mehrere Attacken pro Tag. Sieben Jahre lebte Regina Ball mit starken Schmerzen, die sich wechselnd über den Körper verteil-ten, begleitet von gelegentlichen Taub-heitsgefühlen und Konzentrationsstö-rungen. Sieben Jahre, in denen die Sach-bearbeiterin beruf lich immer mehr zurückschrauben musste, bis sie irgend-wann ihrer Arbeit in einer Versicherung gar nicht mehr nachgehen konnte.

Im achten Jahr intensivierten sich die Schmerzschübe so sehr, dass sie vollends unerträglich wurden. „Unter diesen Be-dingungen wollte ich nicht mehr leben“, erinnert sich Regina Ball. „Kein Arzt konnte mir sagen, was mit mir los war. Und die Krankenkassen machten Druck, dass ich wieder arbeiten solle. Ich fühlte mich nur noch hilflos und ausgeliefert.“

Ein letztes Mal raffte sie sich auf und ging zu einer Rheumatologin. Die fand tatsächlich eine Diagnose: Fibromyalgie, eine Form der chronischen Schmerzstö-rung mit psychischen und somatischen

Anteilen. Doch auf die Erleichterung folgte die Ernüchterung. Denn gegen Fibromyalgie hilft kein Medikament. Regina Ball fiel in eine Depression. „Ich hatte das Gefühl für mich verloren“, er-innert sich die Hamburgerin. „Wer bist du schon, wenn du dauernd Schmerzen hast, nicht mehr arbeiten kannst und allen zur Last fällst? Und dich dann noch mit Krankenkassen herumschlagen musst? Ich war kurz vor dem Suizid.“ Erst der Besuch bei einer Psychiaterin und ein Antidepressivum halfen ihr kurzfristig wieder auf die Beine.

Schmerzen zermürben. Sie zehren an den Nerven, stören das Denken und be-einträchtigen den Alltag. Sie nehmen den Menschen die Lebensfreude und manchmal auch die sozialen Kontakte. Schätzungsweise 15 Millionen Men-schen in Deutschland leiden an wieder-kehrenden Schmerzen, häufig am Kopf, am Kreuz, den Gelenken oder Nerven. Acht bis zehn Millionen Bundesbürger sind so schwer betroffen, dass sich ihr Schmerz verselbständigt hat und zur chronischen Schmerzstörung geworden ist. Bei ihnen hat der Schmerz also sei-ne eigentliche Funktion als Warnhin-weis verloren und einen eigenen Krank-heitswert erhalten.

Dennoch ist die chronische Schmerz-störung bei weitem nicht so bekannt wie etwa Diabetes, woran genauso viele Menschen in Deutschland leiden. Erst seit 2009 ist sie als Krankheitsbild an-erkannt, erst seit diesem Jahr findet das Thema Schmerzmedizin als Pflichtfach Eingang in die Ärzteausbildung. Und noch immer gibt es keine spezielle Qua-lifikation für die komplexe Behandlung von Menschen mit chronischer Schmerz-krankheit. Kein Wunder, dass Schmerz-patienten wie Regina Ball jahrelang von Hausarzt zu Hausarzt und Orthopäde zu Orthopäde irren, bis sie die richtige Diagnose erhalten. Wer in Deutschland an einer chronischen Schmerzkrankheit leidet, braucht trotz seiner Schmerzen bisweilen Beharrlichkeit, um den Weg zur passenden Behandlung zu finden.

Das liegt auch daran, dass die Fach-welt erst seit gut 15 Jahren über ein ge-naueres Verständnis des Schmerzes und der Schmerzbekämpfung verfügt. Die Erkenntnis, dass Schmerzen auch ohne körperliche Ursache bestehen können, ist noch relativ neu. Früher dachten Me-diziner, dass Schmerzreize – beispiels-weise nach einem Schnitt in den Zeige-finger – wie auf einer Einbahnstraße von den Schmerzrezeptoren am Finger über

Die Folter, die nicht enden willAcht bis zehn Millionen Deutsche leiden an chronischen Schmerzen. Ihr Auslöser ist längst abgeklungen, doch die Schmerzen wollen nicht mehr weichen. Es be-darf Geduld und einer spezialisierten Leib-Seele-Therapie, um den Teufelskreis aus Schmerz und Stress zu unterwandern

! Anne-Ev Ustorf

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PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

76 Frauen und Karriere

„Will ich mich weiter kränken lassen?“Die Zufriedenheit von Frauen in höheren Positionen sinkt, je älter sie werden. Ab dem 45. Lebensjahr resignieren viele und geben ihre Karriereambitionen auf, stellt die Soziologin Christiane Funken in einer Studie mit Managerinnen fest

Page 23: Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

Frauen und Karriere 77

PSYCHOLOGIE HEUTE Frau Funken, die unsichtbaren Mechanismen, die Frauen daran hindern, in die Chefetagen zu kommen, sind gut erforscht. Sie ha-ben nun 30 mittel und hoch positionier-te Managerinnen mittleren Alters inten-siv befragt. Was ist das Neue an Ihrer Studie?CHRISTIANE FUNKEN Es ist die erste Studie, die sich dafür interessiert, wie es den Frauen geht, die sich nach oben gekämpft, zahlreiche Hürden überwun-den haben, im gehobenen Management angekommen sind und mit Ende 40, Anfang 50 eine erste Bilanz ziehen. Ich

wollte wissen, wie die erste Generation erfolgreicher Führungsfrauen in Deutschland in der Lebensmitte auf ih-ren Beruf schaut. Die Jahre zwischen 45 und 55 gehören heute zu einer aktiven Lebensphase. Früher wurde mit 55 der Vorruhestand eingeläutet. Das ist vor-bei. Mit 50 haben diese Frauen noch ei-ne lange aktive Phase vor sich, die sie gestalten möchten. Diese Veränderung ist bisher ein blinder Fleck in der For-schung. Ich wollte wissen: Wie bewerten die Frauen das, was sie bisher erreicht haben? Wie schätzen sie ihre Work-Life-Balance und ihre Zukunftsaussichten

ein? Und welche Konsequenzen ziehen sie daraus für ihre weitere Lebenspla-nung?PH Was haben die Managerinnen, die Sie für die Studie ausgewählt haben, ge-meinsam?FUNKEN Alle haben die Angebote der Bildungsoffensive der späten 1960er und frühen 1970er Jahre systematisch genutzt und sich hervorragend ausbil-den lassen, oft besitzen sie mehrere Ab-schlüsse. Auffällig ist, dass in dieser Ge-neration die meisten Frauen erst in der zweiten Hälfte ihrer Berufsphase be-schlossen haben, Karriere zu machen.

Page 24: Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

78 Frauen und Karriere

Mit Mitte 40 mussten sie dann feststel-len, dass ihre Karriere stagniert. Das übereinstimmende Fazit aller von mir befragten Frauen lautet: No return on investment, die Investition steht in kei-nem Verhältnis zum Gewinn. Sie haben Energie, Ehrgeiz, Kompetenz, Leiden-schaft und viel Lebenszeit in das Unter-nehmen gesteckt, im Privatleben Abstri-che gemacht und sind frustriert, weil ihre Investition nicht gewürdigt wird. PH Ist es vor allem das Gefühl, nicht weiterzukommen, das für den Frust ver-antwortlich ist, oder gibt es noch ande-re Faktoren?FUNKEN Die Frauen beklagen, dass sie nicht ihren Qualifikationen, Kom-petenzen und ihrem Engagement ent-sprechend eingesetzt werden. Sie treten auf der Stelle, während vergleichbar qua-

Karriereende in der LebensmitteViele Frauen steigen auf dem Höhepunkt ihrer Karriere aus. „No return on investment“ (die Investitionen stehen in keinem Verhältnis zum Ge-winn) lautet ihr ernüchterndes Fazit. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Managerinnen 50 plus – Karrierekorrekturen beruflich erfolgrei-cher Frauen in der Lebensmitte“, die Christiane Funken, Professorin am Institut für Soziologie der Technischen Universität Berlin im Auftrag des internationalen Managerinnen-Netzwerks EWMD durchgeführt hat. In Tiefeninterviews befragte sie 30 mittel und hoch positionierte Manage-rinnen aus unterschiedlichen Branchen im Alter zwischen 45 und 55 zu ihrer privaten und beruflichen Vergangenheit und Zukunft.

Die zentralen Befunde ihrer Studie lauten:! Frauen um die 50 sind sehr gut qualifiziert.! Die befragten Managerinnen leben überwiegend in Doppelkarrieren,

alternativen Partnerschaftsmodellen oder als Singles.! Nur wenige Frauen haben ihre Karriere geplant oder gesteuert.! Karriereambitionen, die bis in die Chefetagen führen, entwickeln die

meisten Frauen erst in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens.! Nur wenige weibliche Führungskräfte wurden in der zweiten Hälfte ih-

rer Karriere für den weiteren Aufstieg gefördert.! Die Karriere stagniert oft erstmals in der Lebensmitte auf hohem Niveau.! Die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation sinkt bei den Frauen mit

zunehmendem Alter. Ihr Fazit: Ihre Investitionen stehen in keinem Ver-hältnis zum Gewinn.

! Sämtliche Frauen durchliefen etwa ab dem 45. Lebensjahr eine mehr oder minder krisenhafte Reflexionsphase.

Funken unterscheidet drei Reaktionstypen: 40 Prozent der Frauen führen einen erbitterten Kampf um Anerkennung in ihrem Unternehmen. Obwohl ihre Karriere stagniert, sie sich nicht wertgeschätzt fühlen, bei Beförde-rungen nicht berücksichtigt oder sogar gemobbt werden, arbeiten sie weiter verbissen an ihrem Aufstieg und versuchen die „gläserne Decke“ zu durchstoßen. 30 Prozent der Frauen resignieren und kündigen innerlich. Da sie häufig die Ernährerrolle übernommen haben, können sie nicht aus-steigen. Sie fühlen sich jedoch aufgrund der zahlreichen Frustrationen und der oft uneingestandenen Doppelbelastung den Herausforderungen nicht länger gewachsen und prüfen Alternativen wie den Wechsel in den Be-triebs- oder Aufsichtsrat.

Weitere 30 Prozent der Frauen entscheiden sich für einen radikalen Kurswechsel und planen den Ausstieg in die Selbständigkeit und/oder in das Ehrenamt. Als Grund für ihren Frust geben alle Frauen übereinstim-mend an, dass sie in ihrem Engagement keine angemessene Wertschätzung erfahren und aus dem Beförderungssystem für die oberen Etagen weit-gehend ausgeschlossen bleiben. Sie erkennen, dass sie von der irrigen Annahme ausgegangen sind, allein Leistung, Präsenz, Qualität und Fleiß seien für den Weg nach oben entscheidend.

„Das Potenzial, das der deutschen Wirtschaft verlorengeht, ist enorm – und daher handelt es sich hier auch nicht um ein individuelles Problem der Managerinnen, sondern um ein Phänomen, das ökonomische, volks-wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Auswirkungen hat“, schlussfol-gert Hermann Kues, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministe-rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das die Erstellung der Stu-die gefördert hat.

! BIRGIT SCHÖNBERGER

Page 25: Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

Frauen und Karriere 79

PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

lifizierte Männer an ihnen vorbei in die Vorstände und Aufsichtsräte ziehen. Über Jahre hinweg füllen die Frauen ei-ne Position aus, die sie irgendwann un-terfordert oder sogar langweilt. Sie ha-ben Ideen, wollen Neues leisten, wün-schen sich mehr Herausforderung und trauen sich andere Positionen zu. Aber sie dringen damit nicht durch. Und es gibt noch einen zweiten markanten Punkt: Für diese engagierten Führungs-frauen ist es schwer zu ertragen, wenn in ihren Augen Fehlentscheidungen ge-troffen werden oder sie mit dem Füh-rungsstil der Vorstandsebene nicht ein-verstanden sind. Sie leiden darunter, dass sie nicht in den Machtzentren sitzen und von Entscheidungsprozessen aus-geschlossen sind. Hoch positionierte Frauen – das wissen wir aus anderen

Studien – sind sehr stark werte- und sach orientiert. Sie machen ihre Arbeit nicht wegen des Postens, was wir bei Männern viel häufiger beobachten. Sie identifizieren sich in hohem Maße mit den Inhalten, wollen neue Produkte ent-wickeln, Märkte analysieren, Marktpo-sitionen besetzen.PH Interessant. Frauen wird doch oft vorgeworfen, sie seien viel zu wenig sach-orientiert und zu emotional. Wie passt das zusammen?FUNKEN Das ist in der Tat absurd. Wir können in vielen großen, internationa-len Studien nachweisen, dass Frauen hochgradig sachorientiert sind. Das Abstruse ist, dass die anderen Kompe-tenzen, die gemeinhin als weiblich be-zeichnet werden – Empathie, Kommu-nikationsstärke, Kooperationsfähigkeit,

Team orientierung –, heute zu den soft skills gehören, die lautstark gefordert werden. Die angeblichen Schwächen, die man Frauen jahrzehntelang vorgehalten hat, sind heute erlernbare Schlüsselqua-lifikationen.PH Aber offensichtlich konnten die Frauen, die Sie befragt haben, daraus keinen Vorteil ziehen. Warum nicht?FUNKEN Die Frauen haben verstan-den, dass soft skills sehr wichtig sind, und spielen sie entsprechend stark aus. Doch dadurch werden sie erst recht als Frauen wahrgenommen, was ihnen wiederum negativ ausgelegt wird. Dann heißt es plötzlich: Die ist ja so weiblich, die ist zu soft für diese Position. Wenn ein Mann sich neu bewirbt oder befördert werden will, wird er wahrgenommen als jemand mit Stärken und Schwächen. Das Unternehmen schaut, welche Stär-ken für die zu besetzende Position rele-vant sind. Eine Frau wird in erster Linie als Frau wahrgenommen. Im Hinterkopf der Personaler rattert sofort der Film ab: Die Bewerberin könnte wegen Kin-dern ausfallen oder weil sie ihre Eltern pf legen muss. Wahrscheinlich ist sie nicht durchsetzungsfähig und produk-tiv genug. Wir können all diese Vorur-teile wissenschaftlich widerlegen, aber es nutzt nichts. PH Wurden die Frauen, die Sie befragt haben, tatsächlich mit solchen Äuße-rungen konfrontiert? Oder passiert das eher hinter vorgehaltener Hand?FUNKEN Den Frauen ist ganz konkret gesagt worden: Diese Gehaltserhöhung oder diese Stelle kann ein Mann fordern, aber keine Frau. Einige mussten sich an-hören, dass man ihnen die nächsthöhe-

Das Fazit der resignierenden Frauen: No return on investment.

Sie haben Energie, Kompetenz, Leidenschaft ins Unternehmen gesteckt – ohne Würdigung

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82 Buch & Kritik

REDAK T ION : K ATR IN BRENNER- BECKER

Buch & Kritik

„Asperger ist keine Behinderung, son-dern eine Gabe.“ Mit diesem mutig-selbstbehauptenden Satz beschließt Ru-dy Simone die Einführung zu Aspergirls, ihrer Studie zur „Welt der Frauen und Mädchen mit Asperger“. Das Buch re-agiert auf die von männlichen Forschern hartnäckig aufrechterhaltene Behaup-tung, dass Männer drei- bis viermal häu-figer als Frauen an Asperger erkranken. Und das nur, weil Hans Asperger, der Namensgeber dieser abgeschwächten Form des Autismus, in seiner das Sym-ptom begründenden Forschungsarbeit seinerzeit ausschließlich Jungen und Männer untersucht hat.

Ein gemeinsames Motiv der drei Ver-öffentlichungen ist, deutlich zu machen, dass Frauen, die an Asperger leiden, wirklich leiden. Die Autorinnen wollen aufklären und Mut machen. Aufklären zum einen jene, die mit Mädchen oder Frauen mit einer Aspergersymptomatik leben, als Eltern, Freunde, Kollegen, Partner, oder die in Institutionen wie Schule oder Behörden mit ihnen kon-frontiert sind. Aufklären wollen die Au-torinnen aber auch die Betroffenen selbst. Viele erhalten erst nach einer Odyssee durch verschiedene Praxen und Therapien die richtige Diagnose. Ohne diese aber wissen sie meist über quälen-

de Jahre hinweg nicht, was eigentlich mit ihnen los ist, wie sie ihre Andersar-tigkeit einschätzen, verstehen und auch nach außen vertreten können.

Alle drei Autorinnen schreiben vor dem Hintergrund der eigenen Krank-heitserfahrung. Alle drei Bücher sind auch für Laien interessant, weil sie auf je eigene Weise viele anschauliche, nach-vollziehbare Informationen und Bei-spielgeschichten zusammentragen, die eine Ahnung von der Welt der „Asper-gerfrauen“ vermitteln.

Rudy Simone verbindet ihre persön-liche Erfahrung mit einem weit ausho-lenden Überblick. Ausführlich be-

Die Welt der „Aspergirls“Drei Autorinnen beleuchten das Aspergersyndrom, unter dem deutlich mehr Frauen leiden, als bisher angenommen

Page 27: Psychologie Heute 03/2013 Leseprobe

PSYCHOLOGIE HEUTE März 2013

Homöopathie ist im Trend, und das nicht nur bei Patienten. Etwa 7000 Ärz-te hierzulande besitzen schon eine Qua-lifikation zum Homöopathen, und Apo-theken erzielen mit den oft extrem ver-dünnten Tinkturen und Kügelchen ei-nen Umsatz von über 400 Millionen Euro jährlich. Doch folgt man den bei-den Wissenschaftsjournalisten Christi-an Weymayr und Nicole Heißmann, wird dabei in erster Linie mit unbegrün-deten Hoffnungen gehandelt.

Ihr Buch Die Homöopathie-Lüge zeigt bereits im Titel an, dass sie in dem etwa

zwei Jahrhunderte alten Naturheilver-fahren keineswegs eine ernsthafte Al-ternative zur wissenschaftlichen Medi-zin der Moderne sehen. Sie berichten von atemberaubenden Fehlbehandlun-gen bekannter Homöopathen wie Luigi Monsellato, der seinen an Lungenent-zündung erkrankten Sohn vier Wochen lang mit Fenchel behandelte – bis er ihn endlich einer Klinik überstellte, die den Jungen dann nur noch beim Sterben be-gleiten konnte. Die Autoren entlarven den Vater der Homöopathie, den deut-schen Arzt Samuel Hahnemann, als De-magogen mit Allmachtsfantasien, und natürlich kennt das Autorenteam auch

die diversen Studien der letzten Jahre, in denen sich das beliebte Heilverfahren ein ums andere Mal genauso präsentier-te wie ein Placebo. Was aber wohlge-merkt, wie Heißmann und Weymayr betonen, keinesfalls für eine komplette Wirkungslosigkeit steht: „Denn zahlrei-che Studien haben inzwischen belegt, dass Placeboeffekte in der Lage sind, handfeste biologische Veränderungen auszulösen, die sich messen lassen.“ Doch dafür brauche man nicht unbe-dingt die Homöopathie. Anstelle der Globuli, in denen sich mitunter kein Wirkstoff mehr nachweisen lasse, kön-ne man auch gleich pure Milchzucker-kügelchen nehmen.

Viele von Heißmanns und Weymayrs Vorwürfen in Richtung Homöopathie lassen sich auch auf andere Therapien übertragen. Wie etwa das Schönreden von Misserfolgen („Ist nur eine Erstver-schlimmerung“) und die Neigung, na-türliche Selbstheilungskräfte des Körpers als Verdienst der betreffenden Therapie zu interpretieren. Doch dies schmälert das Verdienst des Buches keineswegs.

Wer detailliert und trotzdem ver-ständlich über Lug und Trug in der Ho-möopathie informiert werden will, ist bei Heißmann und Weymayr an der richtigen Adresse. Und er erfährt auch etwas über die Motive, die einen Men-schen zum Anhänger dieser Heilmetho-de machen. Viele Anhänger der Homöo-pathie möchten sich nicht anonym in irgendein therapeutisches Räderwerk einspeisen lassen. Sie wollen als Indivi-duum ernst genommen werden und Kontrolle über ihr eigenes Leben zurück-gewinnen. Und das hat ja durchaus eine politische Dimension. ! Jörg Zittlau

Buch & Kritik 89

„Ist nur eine Erstverschlimmerung“Homöopathie hat viele Anhänger – doch das liegt nicht daran, dass ihre Wirksamkeit nachgewiesen wäre

Christian Weymayr, Nicole Heißmann: Die Homöopathie-Lüge. So gefährlich ist die Lehre von den weißen Kügelchen. Piper, München 2012, 332 S., V 16,99

Die erfahrenen Therapeuten beschrei-ben die Innenwelten von Demenz-kranken, die oft so unerreichbar scheinen. Sie geben Rat, wie wir zu den Erkrankten ! nden, und kommen dabei zu erstaunlichen Schlussfol-gerungen. Für sie ist Demenz mehr als nur Gedächtnisverlust. Sie beein-" usst die Gefühle, die gesamte Art, wie Menschen sich und ihre Welt erleben. Über ihr Herz können wir sie erreichen, wenn wir nur wissen, wie. Ein Abschlusskapitel lenkt den Blick auf die P" egenden und auf das, was sie zu ihrer eigenen Unterstützung brauchen.»Ich wünschte, ich hätte dieses Buch schon vor fünf Jahren lesen können, als die Demenz meiner Mutter begann.« Eine Angehörige

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Im nächsten Heft

D I E A P R I L A U S G A B E V O N P S YC H O L O G I E H E U T EE R S C H E I N T A M 13 . M Ä R Z

T I T E L T H E M ADie Lust am SchreckenWarum lesen wir so gerne Krimis, delek-tieren uns an Gruselfilmen? Warum sind wir gebannt von Unfällen, Katastrophen, Verbrechen? Tod und Schrecken, Unheil und Bedrohung faszinieren uns offen-sichtlich wie kaum sonst etwas im Leben. Es scheint, als würde die eigene Angst uns Lust bereiten – vorausgesetzt, es geht uns nicht wirklich an den Kragen. Woher rührt diese seltsame Angstlust?

Die Psychopathen sind unter uns Sie sind rücksichtslos, charmant, dabei eiskalt und maßlos von sich überzeugt. Sie treffen aber auch Entscheidungen, vor denen andere sich drücken, setzen neue Ideen durch und werben dafür. Men-schen mit psychopathischen Zügen sind oft erfolgreich in dem, was sie tun. Wir können uns einiges von ihnen abschau-en, meint der britische Psychologe Kevin Dutton.

Das vermessene SelbstEin Medium der Selbstdarstellung ist das Internet seit langem. Der neuste Trend heißt Selbstvermessung. Bei einer wach-senden Zahl von Webdiensten können User Daten über ihre Gesundheit, ihre Körperfunktionen, ihr psychisches Be-finden eingeben und die Auswertung miteinander vergleichen und diskutieren. Was versprechen sich die Teilnehmer davon, sich selbst zu „hacken“? Und wo liegen die Risiken?

Außerdem:! Die Gewalt der Bürgerkinder! Selbstverletzer und ihre Motive

Stress, lass nach!Gehen Ihnen andere Menschen schnell auf die Nerven? Merken Sie, dass Sie nicht mehr richtig zu Kräften kommen? Hat Ihr Arzt Ihnen nahegelegt, mal kürzerzutreten? Wenn das auf Sie zutrifft, hat der Stress in Ihrem Leben offenbar überhandgenommen. Aber das wissen Sie längst. Was Sie nicht wissen: Wie Sie die Stressoren in Ihrem Leben „entschärfen“ können. Gibt es einen realistischen Weg zu ausreichender Regeneration von Körper und Seele? Kann man den oft unvermeidlichen Stress wirklich „bewälti-gen“, oder müssen wir lernen, ihn zu ertragen?

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