Puriy Leseproben UPDATE 25072012

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reise-verlag Geschichten vom Reisen Griechenland Äthiopien Tansania Somalia Malawi Indien Israel Indonesien China Australien Argentinien & Spanien Ecuador Peru

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Update unserer Leseprobe...

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reise-verlag

Geschichten vom Reisen

Griechenland Äthiopien

Tansania Somalia Malawi Indien Israel Indonesien

China Australien Argentinien & Spanien Ecuador

Peru

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Weichselstraße 610247 BerlinTel. 030 47989789Fax 030 47989800www.puriy.de facebook.com/puriyreisen

Redaktion: Madlen Brückner und Lars DörfelSatz und Layout: Jens Guischard

Alle Rechte vorbehalten.© puriy-Reiseverlag, Berlin 2012

1. Aufl age Dezember 2012

reise-verlag

facebook.com/puriyreisen

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Inhaltsverzeichnis

Christos vom Baumwollfeld und wie ich lernte, vor Zugtoiletten zu schlafen Claudia Clawien - Europa

Und action bitte Madlen Brückner - Afrika | Äthiopien

Safariexperten? Oder wie ein Angsthase die Nacht am Ngorongoro-Krater überlebte Lars Dörfel - Afrika | Tansania

K50 to Hell André Riediger - Afrika | Somalia Die Bedeutungslosigkeit von Zeit oder wie lernte ich die wahre Entschleunigung kennen. Ninette Brückner - Afrika | Malawi

Über die orthodoxe Verwendung von Mülltüten, dem verschwundenen Shlomo und der Herausforderung des Dr. Shakshuka - eine Rundreise durch Israel Theresa Schulz - Asien | Israel

Same same but different Jonathan Buttmann - Asien | Indien

Vom Rettungsboot ins indonesische Fernsehen Lars Hanf - Asien | Indonesien

„Drive Baby Drive.“ Anne Wenglarski - Australien

Lost in den Anden Ninette Brückner - Südamerika | Peru

Es kommt immer anders als man denkt Lars Dörfel/ Madlen Brückner - Europa | Spanien, Südamerika | Argentinien

Shanghai Nina Buttmann - Asien | China

Ecuador Madlen Brückner - Südamerika | Ecuador

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Europa

Christos vom Baumwollfeld und wie ich lernte, vor Zugtoiletten zu schlafen

Claudia Clawien

Schlaftrunken öffnet sich erst mein ei-

nes, dann mein anderes Auge. Wo bin ich?

Ich schaue in die Gesichter zweier fins-

ter dreinblickender Typen in karottigen

Bundfaltenhosen und wild gemusterten

Hemden. Langsam fällt es mir wieder ein:

ich liege im Zug von irgendwo in Grie-

chenland nach irgendwo in Europa. Ge-

nauere Bestimmung: es ist das Jahr 1991

und ich fahre durch former Yugoslavia.

Panzer und Militär säumen die Zugstre-

cke. Ich schlafe wieder ein.

Es ist Sommer und es ist die Rückfahrt ei-

ner aufregenden Reise quer durch Europa

mit dem Interrail-Ticket.

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Afrika | Äthiopien

„Und Action bitte ...“

Madlen Brückner

Auf die Schnelle sollte es noch ein Ausfl ug zu den Völkern des Omo-Tals sein. Güns-

tig und schnell – in 7 Tagen in eine andere Welt. Da wo Lendenschurz und Kalasch-

nikows beginnen, hört unsere Welt auf.

Da stehen wir nun völlig irritiert in einem lebenden Museum, in einer Filmkulisse,

wie sie nicht besser hätte nachgebaut werden können. Zwischen hochgewachse-

nen, bunt geschmückten und mit Lippentellerrn verzierten Menschen. Job oder All-

tag? Was ist gespielt, was wirklich? Meine Realität schmilzt unter der äthiopischen

Mittagssonne zu einem einzigen Film zusammen. Ich bin nicht mehr fähig, den

Auslöser des Fotoapparats zu drücken und ergebe mich stattdessen völlig der Auf-

führung, bis mich das Zerren an meinen Klamotten und Kratzen an meinen blo-

ßen Armen aus dieser Inszenierung reißt. Zuschauen erwünscht - durch die Linse.

Gegen Bares, versteht sich. Neu und Unverbraucht. Ich schaue weg.

Drei Tage später 100 Kilometer weiter, ein anderer Stamm, nicht minder bunt, aber

weniger geschäftstüchtig. Hier stehen wir inmitten einer Filmkulisse, die lebt. Nur

unser Jeep stellt sich irgendwo zwischen Turmi und Weyto inmitten des Niemands-

landes tot. Die Klappe fällt „und Action bitte“. Wir laufen in der glühenden Mittags-

hitze ohne Wasservorrat unter neugierigen Blicken einiger Hamer los...

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Afrika | Tansania

Safariexperten?

Lars Dörfel

Oder wie ein Angsthase die Nacht am Ngorongoro-Krater überlebte

Vierter Tag Safari, die Serengeti nun hinter mich gelassen und angekommen am

Rand des Ngorongoro Kraters. Dieser durch Bernhard und Michael Grzimek in

aller Welt berühmte Krater und Inbegriff vom Safari-Tourismus sollte nun der Hö-

hepunkt unserer fünftägigen Safari mit Startpunkt Arusha in Tansania werden.

Was fehlt mir nach vier Tagen nun noch auf der Strichliste des zufriedenen Safari-

touristen? Nashorn und Gepard, mal sehen ob morgen unsere Guides die ersehnten

Tiere vor die Kamera locken können. Jetzt aber erst mal das Zelt aufbauen und den

atemberaubenden Anblick auf das Innere des Kraters wirken lassen. Als wir aus

dem Geländewagen stiegen und den Zeltplatz überblickten bemerkte meine Rei-

separtnerin schnell, dass hier nicht viel Platz, Ruhe und Einsamkeit herrscht. Zelt

an Zelt, Safarigruppe an Safarigruppe und zwei Blätter fressende Elefanten am

Rande des Platzes umringt von neugierigen Touristen. Da wir zu einer der späte-

ren Gruppen gehörten, war nur noch wenig Platz inmitten des Zeltmeeres. Meine

Reisepartnerin, wie immer bekannt für ihren Sinn für echte Ruhe, suchte einen

Platz etwas den Hang herunter abseits der anderen Zelt, noch näher am Rand,

etwas einsamer. Unser Guide kam gleich hinterher und ermahnte uns wieder auf-

zuschließen, doch wir, oder eher sie, setzte sich durch. Ich blickte mich wie bereits

die Nächte zuvor um und wie immer kein Zaun, der Mensch von Tier trennte, und

diesmal auch keine weiteren Zelte in der unmittelbaren Nähe, die einem etwas Ver-

trauen gaben. Wie nur soll ich diese Nacht mit schwacher Blase im Zelt überstehen?

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Afrika | Somalia

K50 to Hell

André Riediger

Es gibt Leute, die pendeln mit dem Auto oder Bus zur Arbeit, andere mit dem Flug-

zeug. Mein Arbeitsplatz war in Somalia. Eine Reise aus den Bars Nairobis zu den

Schauplätzen des postkolonialen und vom Bürgerkrieg zerstörten Somalias.

K50 – so heißt die Landepiste zwischen Merca und Mogadischu. Beide Städte sind

50 km von dort entfernt. Mogadischu, das ist die Hölle für Europäer. Sie war einst

eine blühende, multikulturelle Stadt am Meer, heute ist sie Kampfgebiet zwischen

Alschabab und somalischer „Regierung“. Merca – wäre dort nicht der Krieg durch-

gezogen, so könnte sie Stonetown auf Sansibar Konkurrenz machen.

Wie pendelt man zwischen zwei Welten? Erfahren Sie mehr über die Nacht vor

dem Abflug nach Somalia, meinen Workshop in Merca, das Leben mit Bodyguards

und Gewehrschüssen in der Nacht, die Rückkehr mit Fieber und einem Beinaheab-

sturz während des Fluges nach Nairobi.

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Afrika | Malawi

Die Bedeutungslosigkeit von Zeit...

Ninette Brückner

... oder wie lernte ich die wahre Entschleunigung kennen.

Wer Afrika erkunden möchte, braucht Zeit und zwar sehr viel Zeit. Vor allem, wenn

man mit öffentlichen Bussen unterwegs ist. Dumm nur, wenn man die nicht hat

und sich auch keinen Mietwagen alleine leisten kann oder gar ein eigenes Fahrzeug

dabei hat. Aber da man ja auch eine andere Seite an sich selbst entdecken möchte

und neue Erfahrungen liebt, geht man eben das Abenteuer Afrika auch ohne die

genannten Komfortfahrzeuge an. Malawi ging ich nicht mehr als Afrika-Neuling

an. Benin lehrte mich bereits, was es heißt, mit öffentlichen Transportmitteln auf

dem Schwarzen Kontinent unterwegs zu sein. Busse im herkömmlichen Sinne, wie

ich sie aus Südamerika und Asien kannte – Fehlanzeige. Wie oft sehnte ich mich

nach den komfortablen Nachtbussen Lateinamerikas mit viel Beinfreiheit und eige-

nem Sitzplatz. Aber einen Vorteil gibt es dennoch in den Bussen Afrikas – ich muss

keinen Schlafsack an Bord nehmen, weil ich fast erfriere, nein, es ist kuschelig

heiß. Und das liegt nicht alleine an der tropischen Hitze, sondern an den Körpern

der afrikanischen Reisebegleiter, die sich an mich schmiegen. Wer hätte schon ge-

dacht, wie viele Menschen ein Kleinbus aufnehmen kann. Die Anzahl der Sitzplät-

ze korreliert nicht häufig mit der Anzahl der Mitreisenden. Jeder Mensch, der am

Straßenrand steht und einen Bus benötigt, wird aufgesammelt. Es handelt sich

hierbei ja um einen potentiellen Geldgeber. Und wo steht denn geschrieben, dass

ein Sitzplatz für genau einen Menschen hergestellt wurde? Purer Luxus. Außerdem

ist der Mensch ja bekanntermaßen ein Herdentier und sucht die Nähe zu anderen

Exemplaren seiner Spezies. So verbringt man die jeweilige Reise stundenlang auf

Tuchfühlung zu seinen Sitznachbarn. Auch der Fahrer soll nicht das Nachsehen

haben, so sucht auch er sich noch einen Mitfahrer, der mit ihm den Fahrersitz teilt.

Dieser Sitz ist allerdings nicht zum Relaxen gedacht, so dass der Fahrer den jungen

Mann sogleich in seine Aufgaben als Co-Fahrer einweist. Aufgabenteilung heißt die

Devise. Einer schaltet, der andere lenkt. So macht Fahren Spaß und erleichtert die

Arbeit ungemein.

Ich weiß, bis jetzt ist noch nicht ersichtlich, was das alles mit Entschleunigung zu

tun hat. Dies klingt alles eher nach Stress. Keine Angst, die Bedeutungslosigkeit

von Zeit taucht dann in meinem vollständigen Reisebericht auf.

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Asien | Israel

Eine Rundreise durch Isreal

Theresa Schulz

Über die orthodoxe Verwendung von Mülltüten, dem verschwunde-nen Shlomo und der Herausforderung des Dr. Shakshuka

Nach einem schweißtreibenden Aufstieg-

zur Ruine der Festung Masada wurden

wir nicht nur mit eisigen Windböen,

sondern vor allem mit einem beeindru-

ckenden Ausblick belohnt. Unwirkliche,

endlose Mondlandschaft und das Tote

Meer. Aus dieser Höhe – die Festung liegt

auf ungefähr 30 Meter über Null, unser

Ausgangspunkt En Gedi jedoch auf 417

Meter – sah es aus, als ob das Wasser

verdunsten würde, da der Horizont völlig vernebelt war. Wie sich später heraus-

stellte, war dies bereits die mit Sand gefüllte Luft, die vom Sinai herübergeweht

wurde. Und in diesen Sandsturm fuhren wir auf dem Weg in die Wüste Negev

direkt hinein.

Die Sicht wurde immer schlechter, die Sonne kam längst nicht mehr durch die

staubige Luft. Nachdem wir uns am Vortag bei 30 Grad im Toten Meer hatten trei-

ben lassen, fühlten sich die 5 Grad, auf die die Temperaturen gefallen waren, umso

kälter an. ...und das bei Tag in der Wüste. Das hatte ich mir definitiv anders vor-

gestellt. In Mizpe Ramon wollte uns die Vermieterin unserer Lehmhütte, durch

die ein permanenter kalter Luftstrom zog, positiv stimmen: Es solle Regen geben,

vielleicht sogar schneien. Ach! Der Niederschlag würde die Luft vom Sand reini-

gen und wir könnten vielleicht am nächsten Tag den Meteoritenkrater sehen. Als

wir abends durch die Wüstenstadt spazierten, kam der angekündigte Regen – und

brauner Matsch fiel vom Himmel. Modder auf den Klamotten, Sand zwischen den

Zähnen, Schmutz auf der Haut...

Ob wir den Krater noch gesehen haben, steht in dem kleinen Bericht über meine

Rundreise durch Israel.

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Asien | Indien

Same same but different

Jonathan Buttmann

Ein halbes Jahr im Wahnsinn des Indischen Subkontinents oder wie ich Indien lieben und hassen lernteEin halbes Jahr mit Rucksack und schmalem Budget durch das Indien der 90er. In

die Berge des Himalaya, an Palmenstrände, durch die Wüsten und Megalopolen.

Auf den Rücken von Mopeds und Kamelen, in Gepäcknetzen überfüllter Züge, auf

Booten und Busdächern oder in den Händen von Kamikaze-busdrivern. Von Gau-

nern, Heiligen, Lebenskünstlern, Hippies und Magiern...

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Vom Rettungsboot ins indonesische Fernsehen

Lars Hanf

Meine Reisegeschichte beginnt auf den Banda-Inseln und führt auf die größtenteils

vom Dschungel bedeckte und für ihre farbenprächtige Vogelwelt bekannte Insel Se-

ram. Schon die Fahrt hat so ihre Höhepunkte: eine vollkommen überfüllte Fähre,

auf der es scheinbar keinen Platz zum Sitzen gibt bis wir die Rettungsboote entde-

cken; dann geht es mit ausschweifenden Wartezeiten mit Bus und Fähre weiter, ein

Traum für unsere Bus Crew, die die Zeit nutzt, um sich zu betrinken. Wir werden

dann scheinbar im Nirgendwo an einem Abzweig in den Dschungel abgesetzt und

müssen uns mit schwerem Gepäck auf einer Dschungelpiste bis zu unserem Ziel

quälen. Hier treffen wir auf ein indonesisches TV-Team und werden Hauptakteure

in einer Doku über den Manusela-Nationalpark. Dabei gehen wir auf erfolglose

Krokodiljagd, schlafen auf einer Plattform in den Baumkronen, genießen die ein-

zigartige Vogelwelt und lernen viel über deren Probleme und ….

Asien | Indonesien

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Südamerika | Peru

Lost in den Anden

Ninette Brückner

Ich bin gern alleine auf Reisen. Für mich bedeutet das, keine Kompromisse einge-

hen zu müssen, machen zu können, worauf ich selbst Lust habe, viel offener neuen

Menschen gegenüber zu treten und vor allem Freiheit zu erleben. In Peru musste

ich allerdings schmerzlich erkennen, was Alleinsein noch bedeuten kann.

Es begann damit, dass ich alle Warnungen, die ich bezüglich der Höhenkrankheit

las, in den Wind schlug. Höhenkrankheit? Ach was. Ich bin doch nicht zum ersten

Mal im Hochgebirge unterwegs. Was kann denn schon in der Höhe passieren? Ich

habe meine Kindheit im Gebirge verbracht. Zwar nur Mittelgebirge, aber immer-

hin. Die höchste Erhebung des Thüringer Walds liegt noch unter 1000 Metern. Und

um ehrlich zu sein, habe ich mich in meiner Kindheit nie auf den Gipfel des höchs-

ten Berges begeben. Kindheit? Ja, die Kindheit, lang ist’s her. Eigentlich lebe ich

schon fast 20 Jahre eher in den topographischen Niederungen Deutschlands.

Wo ich wohne, gibt man schon einer 115 Meter-Erhebung den Namen Berg.

Aber ich besitze ja noch ein As im Ärmel, ich bin körperlich topfit und sportlich.

Das wäre ja gelacht. 5000 Meter ist doch geradezu ein Kinderspiel. Wir reden ja

hier nicht davon, dass ich den Mount Everest besteigen will. Und was die kleinen

Indio-Frauen können, kann ich doch schon lange. Zumal ich doch Unmengen an

Geld im Fitness-Studio lasse.

Zwei wichtige Komponenten bei dem Ausflug auf 5000 Meter Höhe vergaß ich al-

lerdings in meiner Euphorie, diese wundervolle Andenlandschaft zu erblicken.

Die Zauberwörter heißen Akklimatisierung und Gesundheit. Nun ja, mein Körper

strotzte nicht unbedingt vor Gesundheit. Mein Magen-Darm-Trakt revoltierte. Und

ich konnte es kaum erwarten, die Baumgrenze hinter mir zu lassen und im Schnee

zu stapfen. Im Schnee stapfen? Bin ich nicht etwa vor dem harten deutschen Win-

ter geflohen? Und hier in Peru freue ich mich nun auf Schnee und die verhassten

eiskalten Temperaturen? Egal, Peru ist ja nicht Deutschland, und das reicht doch

schon als Argument. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass mein

Ausgangspunkt am Vorabend auf Meereslevel lag, und meine Akklimatisierungs-

phase lediglich aus der Nachtbusfahrt nach Huaraz bestand.

Keine Angst, ich stürze nicht ab und muss ums Überleben in einer Gletscherspalte

kämpfen, aber um mein Leben bangte ich trotzdem.

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Australien

„Drive Baby Drive.“

Anne Wenglarski

Australien* 3753 km + 800 km Great Ocean Road

Endlos lange Straßen. Unverschämte „Geradlinigkeit“ von Asphalt und roter Erde.

Immer und einfach nur geradeaus. Wer mit dem Auto quer durch den Kontinent

Australien reist, wird am Ende nicht viele Kurven gefahren sein. Dafür kann er

dann eine Fotosammlung „kunstvoll verrottender Autos am Straßenrand“ vorwei-

sen und energisch der Frage nachgehen, was man eigentlich macht, wenn einem

sein eigenes Automobil in dieser wunderschönen Einöde unterm Hintern versagt.

Denn Engel auf Rädern, vorzugsweise in gelben Overalls, sind hier nicht zu fi nden.

Aber gut so! Wir wollen schließlich das Abenteuer. Auf unserer abendlichen Suche

nach einer geeigneten Schlafstätte „Irgendwo im Nirgendwo“ gerate ich in dieser

Nacht an meine „+“ Fahrkünste.

Denn, die Könige der Truck-Welt sind erwacht. Riesige Geschöpfe, imposante Me-

talluniversen auf Rädern, in die Länge gezogene, eigene Welten, legal ohnehin, an

Konkurrenz nicht zu denken, auf den Straßen Australiens ist Stau ein Fremdwort.

Mit ihren bis zu 53 Metern Länge fügen sie sich elegant in die Landschaft ein und

verhindern auf noch viel elegantere Weise die Aussicht auf ALLES weiter vorne lie-

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Australien

gende, welches, mit einbrechender Dunkelheit, zu einer undurchdringlichen Ein-

heit verschmilzt. Langsam erinnere ich mich schwach:

”Driving in Australia means having to know Australian traffic rules and regulati-

ons! and that means... drive on the left-hand side of the road.“

Mit der Dämmerung, die sich von „Jetzt“ auf „Gleich“ vollzog, kam dann die Lö-

sung. LICHT! Klingt Paradox, war aber ganz einfach. Ich habe nur etwas länger

dafür gebraucht, die Zeichen eines leidenschaftlichen Truckfahrers zu deuten. Und

mich in dieser Situation auf ungefähre „Wahrscheinlichkeitsrechnungen“ von Ge-

genverkehr meiner mathematisch hochbegabten Mitfahrer einzulassen, war nicht

drin. Immer wieder blinkten seine Rücklichter energisch auf. Besondere Aufmerk-

samkeit schenkte ich dabei seinem rechten Blinker.....der sich nun in monotoner

Regelmäßigkeit durch die Nacht blinkte. Was er mir damit sagen wollte, ist spätes-

ten „JETZT“ jedem klar. „DRIVE BABY DRIVE“.

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