Radioaktivität und Strahlenschutz - naz.ch · 2 Alle Stoffe sind aus Atomen aufgebaut. Atome sind...

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Radioaktivität und Strahlenschutz Diese Broschüre vermittelt ein vereinfachtes Grundwissen

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Radioaktivitätund Strahlenschutz

Diese Broschüre vermittelt ein vereinfachtes Grundwissen

Radioaktivitätund Strahlenschutz

Diese Broschüre vermittelt ein vereinfachtes Grundwissen

Aufbau der Materie: Atome, Moleküle, Isotope 2Radioaktivität 5Radioaktive Zerfälle und ionisierende Strahlung 9Wirkung der ionisierenden Strahlung auf den Menschen 13Jahresdosen der Bevölkerung in der Schweiz 22Radioaktivität aus Kernkraftwerken 24Anwendung von Strahlenquellen in der Medizin 26Anwendung in Technik und Forschung 27Radioaktive Abfälle 28Strahlenschutz 29Notfallschutz 30Die Internationale Störfall-Bewertungsskala für Kernanlagen 32Grundsätze für den Schutz der Bevölkerung bei erhöhter Radioaktivität 34Stichworterklärungen 36

Inhalt

Herausgeber:Bundesamt für Gesundheit3003 Bern

Bezugsquelle:BBL, Vertrieb Publikationen, 3003 Bernwww.bbl.admin.ch/bundespublikationenBBL-Artikelnummer: 311.322.d

Satz und Gestaltung:Gerber Typografik, Bern

Illustrationen:Peter Marthaler, Grafiker, Bern

BAG VS 7.07 15’000 d 0 f 0 i 40EXT070073.01 30’000 50ext01009 51190

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Was ist Radioaktivität? Woher stammt sie? Wo liegt ihrNutzen, wo sind die Gefahren, die von Radioaktivitätausgehen können? Und wie verhalte ich mich angesichtseiner möglichen Gefährdung? – Auf Fragen dieser Art willdie vorliegende Broschüre Antworten geben. Sievermittelt ein vereinfachtes Grundwissen. Zurück geht sieauf die gleichnamige Broschüre «Radioaktivität undStrahlenschutz», die das Bundesamt für Gesundheit 1990unter Mitwirkung von Martin Baggenstos, Hans Graf, OttoHuber, Heinz Hugo Loosli und Werner Zeller herausgege-ben hat.Es war unumgänglich, in dieser Broschüre die komplexeMaterie «Radioaktivität» vereinfacht darzustellen und aufdas Wesentliche zu beschränken. Zahlreiche Beispiele undDarstellungen veranschaulichen die oft komplexeThematik.Wir danken allen, die die Erarbeitung der Neuauflageunterstützt haben und freuen uns, wenn die Broschürezum besseren Verständnis der wichtigen Thematik«Radioaktivität» beiträgt.

Bern, im Juli 2007

Martin BaggenstosWerner Zeller

Vorwort

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Alle Stoffe sind aus Atomen aufgebaut. Atome sind soklein, dass man sie mit blossem Auge nicht erkennenkann. In jedem Wassertropfen und in jeder Körperzelle hates eine unvorstellbar grosse Zahl von Atomen.

Beispielsweise enthält 1 Tröpfchen Wasserca. 1021 = 1 000 000 000 000 000 000 000 Atome

Ein Atom besteht aus einem Kern und einer Hülle. DerKern ist sehr klein. Er ist aus elektrisch positiv geladenenProtonen und aus nicht geladenen Neutronen zusammen-gesetzt. Die Hülle wird durch negativ geladene Elektronengebildet. Atome, welche chemisch gleich reagieren,gehören zum gleichen Element. Die verschiedenenchemischen Elemente unterscheiden sich durch dieAnzahl Protonen im Kern. In der Natur kommen 92Elemente vor, von Wasserstoff mit nur einem Proton biszum Uran mit 92 Protonen. Die Elemente werden durcheine Abkürzung (Symbol) gekennzeichnet.

Beispiele:Wasserstoff (H) Strontium (Sr)Helium (He) Jod (I)Kohlenstoff (C) Cäsium (Cs)Sauerstoff (O) Radon (Rn)Kalium (K) Radium (Ra)Eisen (Fe) Uran (U)

Plutonium (Pu)

Ein Atomkern enthält Protonen und Neutronen,die Hülle besteht aus Elektronen.

Wenn sich zwei oder mehrere Atome verbinden, entstehtein Molekül. Zum Beispiel verbinden sich 2 Wasserstoff-atome und 1 Sauerstoffatom zu einem Wassermolekülmit der Formel H2O.Ist die Anzahl Elektronen in der Hülle gleich der AnzahlProtonen im Kern, so ist das Atom als Ganzes nichtgeladen. Fehlen Elektronen, so ist das Atom positiv, hates zuviele Elektronen, so ist es negativ geladen, es istionisiert.

Aufbau der Materie:Atome, Moleküle, Isotope

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Hat ein Atom zuviele oder zuwenig Elektronen in der Hülle,so ist es ein Ion.

Die Atome eines Elementes können eine unterschiedlicheAnzahl Neutronen im Kern haben. So kann ein Kern vonWasserstoff zusätzlich zum Proton noch ein oder zweiNeutronen enthalten. Wenn sich Atome eines Elementesnur durch die Anzahl ihrer Neutronen im Kern unterschei-den, heissen sie Isotope des betreffenden Elements.

Isotope des Wasserstoffatoms:

Gewöhnlicher Wasserstoff schwerer Wasserstoff überschwerer WasserstoffH-1 H-2 (Deuterium) H-3 (Tritium)1 Proton 1 Proton 1 ProtonKein Neutron 1 Neutron 2 Neutronen1 Elektron 1 Elektron 1 Elektron

Hülle

Kern Kern

Hülle

Helium-AtomKern: 2 Protonen

2 NeutronenHülle: 2 Elektronen

Uran-Atom92 Protonen

146 Neutronen92 Elektronen

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Isotope werden dadurch gekennzeichnet, dass dieGesamtanzahl von Protonen und Neutronen zum Symboldes chemischen Elements geschrieben wird. So kenntman von Kohlenstoff 8 Isotope: alle besitzen im Kern 6Protonen, aber eine unterschiedliche Anzahl Neutronen.Am häufigsten kommt Kohlenstoff-12 vor mit 6 Neutro-nen im Kern.Chemisch verhalten sich Isotope eines Elements bis auffeine Unterschiede gleich. Sie haben aber unterschiedli-che physikalische Eigenschaften, wie die Radioaktivität.

Als generelle Bezeichnung für Kerne gleicher Zusammen-setzung hat man den Begriff Nuklid geprägt. Kerne vonIsotopen sind also auch Nuklide. Insgesamt sind heute ca.2000 Nuklide bekannt.

Isotope eines Elementes haben unterschiedliche physikalische Eigenschaften;gewisse Isotope sind radioaktiv.

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Nur etwa 250 der heute bekannten 2000 Nuklide sindstabil. Die anderen haben die Eigenschaft, dass siesich ohne Einfluss von aussen umwandeln, sie zerfallenvon selbst. Solche Nuklide sind nicht stabil, sondernradioaktiv. Man nennt sie Radionuklide. Den Zerfall vonRadionukliden kann man nicht aufhalten oder beeinflus-sen. Beim Zerfall entstehen meist Atome eines andernElements, die stabil oder erneut radioaktiv sind (radioak-tive Folgeprodukte). Radionuklide kommen in der Naturvor, können aber auch künstlich erzeugt werden.

Beispiele von Nukliden, die in der Natur vorkommenKohlenstoff-12 6 Protonen 6 Neutronen (stabil)Kohlenstoff-13 6 Protonen 7 Neutronen (stabil)Kohlenstoff-14 6 Protonen 8 Neutronen (radioaktiv)Blei-206 82 Protonen 124 Neutronen (stabil)Radon-222 86 Protonen 136 Neutronen (radioaktiv)Radium-226 88 Protonen 138 Neutronen (radioaktiv)Uran-235 92 Protonen 143 Neutronen (radioaktiv)Uran-238 92 Protonen 146 Neutronen (radioaktiv)

Die meisten Elemente haben ein oder mehrere stabileIsotope. Zusätzlich ist bei allen Elementen eine mehr oderweniger grosse Zahl radioaktiver Isotope bekannt.

Zum Beispiel:■ sind gewöhnlicher Wasserstoff und Deuterium stabil,

während Tritium radioaktiv ist.■ sind Kohlenstoff-12 und Kohlenstoff-13 stabil, während

Kohlenstoff-14 radioaktiv ist.

Radioaktivität

Beispiel einesradioaktiven Zerfalls

radioaktiver Kern Folgeprodukt (stabil oder radioaktiv)

A

A

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■ besitzt Cäsium nur ein stabiles Isotop (Cäsium-133),während man über 30 radioaktive Cäsium-Isotopekennt, unter anderem Cäsium-134 und Cäsium-137, diekünstlichen Ursprungs sind.

■ gibt es kein stabiles Isotop von Radon oder Uran.

Radioaktive Kerne zerfallen. Meist entstehen Kerneeines anderen Elements.

Zerfallsgesetz

Der Zeitpunkt des Zerfalls kann für einen einzelnenradioaktiven Kern nicht vorausgesagt werden. Hingegenkennt man die Zeit, nach der jeweils die Hälfte einergrossen Zahl vorhandener radioaktiver Kerne zerfallen ist:Dies ist die (physikalische) Halbwertszeit. Sie ist für jedesRadionuklid charakteristisch und reicht von Bruchteileneiner Sekunde bis zu Jahrmilliarden.

Beispiele von Radionukliden mit ihren Halbwertszeitennatürlichen UrsprungsKohlenstoff-14 5730 JahreKalium-40 1,3 Mrd. JahreRadon-222 3,8 TageRadium-226 1600 JahreUran-235 700 Mio. JahreUran-238 4,5 Mrd. Jahre

künstlichen UrsprungsStrontium-90 29 JahreJod-131 8 TageCäsium-134 2 JahreCäsium-137 30 JahrePlutonium-239 24’000 Jahre

Die Halbwertszeit eines Radionuklids ist die Zeit, nach der die Hälfteeiner anfänglich vorhandenen Anzahl Kerne zerfallen ist.

Beispielsweise bedeutet die Halbwertszeit für Jod-131von 8 Tagen, dass nach dieser Zeit die Hälfte eineranfänglichen Jod-131 Menge zerfallen ist. Damit ist auchdie Aktivität nach 8 Tagen auf die Hälfte gesunken. Nach

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16Tagen reduziert sich die Aktivität auf einen Viertel, nach24Tagen auf einen Achtel, nach 32Tagen auf einenSechzehntel und nach 3 Monaten auf weniger als 1Promille der Anfangsaktivität. Dabei ist aus jedem Jod-Atom ein Xenon-Atom entstanden. So war das Jod-131 vonTschernobyl ein paar Monate nach dem Unfall praktischzerfallen, während Cäsium-137 weiterhin nachgewiesenwerden kann, vor allem im Erdboden.

Einheit der Aktivität

Die Anzahl der pro Zeiteinheit zerfallenden Kerne (z.B. ineiner Sekunde) nennt man die Aktivität einer gegebenenSubstanz. Sie wird in der Einheit Becquerel angegeben;ein Becquerel (1 Bq) bedeutet ein Zerfall pro Sekunde.

Zerfall von Radionukliden1 Bq = 1 Zerfall pro Sekunde

Anzahl Halbwertszeiten Zeit

100 %

50 %

25 %12.5 %6.25 %

Vorh

ande

neM

enge

,re

sp.A

ktiv

ität

Anfängliche Menge, resp. Anfangsaktivität

0 1 2 3 4

Abnahme der Aktivität mit der Zeit0 5 10 0 5 10 0 5 10

Beginn der Messung 1 Halbwertszeit später 2 Halbwertszeiten später

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Die früher gebräuchliche Einheit für die Aktivität war dasCurie (Ci).

1 Ci = 37 Milliarden Bq37 Bq = 1 Milliardstel-Curie (1 nano-Curie)

Das Becquerel ist die Einheit für die Aktivität einer Substanz.

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Wenn Radionuklide zerfallen, werdenTeilchen mit hoher Geschwindigkeitausgesandt. Sie ionisieren dasumgebende Material und werdendabei abgebremst. Durch denNachweis eines solchen Teilchensmerkt man, dass ein Zerfallstattgefunden hat. Die wichtigstenZerfallsarten sind der Alpha- und derBeta-Zerfall. Bei diesen beidenZerfallsarten sendet der Kern oft auchGamma-Strahlung aus.

Beim radioaktiven Zerfall werdenAlpha- oder Betateilchen ausge-sandt, oft zusätzlich auchGammastrahlung.

ZerfallsartenAlpha-Zerfall (Alpha-Teilchen)

Bei einem Alpha-Zerfall wird einAlpha-Teilchen aus dem zerfallendenKern herausgeschleudert. Ein Alpha-Teilchen entspricht einem Heliumkernund besteht aus 2 Protonen und 2Neutronen. Diese Alpha-Strahlunghat in Luft eine Reichweite voneinigen Zentimetern, im menschli-chen Körper nur Bruchteile einesMillimeters. Alpha-Strahlung entstehtz.B. beim Zerfall von Radon-222,Uran-238 und Plutonium-239.

Beta-Zerfall (Beta-Teilchen)

Bei einem Beta-Zerfall wird einElektron aus dem zerfallenden Kernherausgeschleudert (siehe auchStichwortverzeichnis). Diese Beta-Strahlung ist durchdringender alsAlpha-Strahlung. Sie hat in Luft eine

Reichweite von Metern, immenschlichen Körper eine solche vonMillimetern. Beta-Strahlung entstehtz.B. beim Zerfall von Tritium,Kohlenstoff-14, Kalium-40, Strontium-90, Cäsium-134 und Cäsium-137.

Gamma-Strahlung

Bei einem Alpha- oder Beta-Zerfallentsteht oft zusätzlich Gamma-Strahlung. Sie ist elektromagnetischeStrahlung wie die Röntgenstrahlung,die ultraviolette Strahlung einerHöhensonne oder das Sonnenlicht.Im allgemeinen ist Gamma-Strahlungdurchdringender als Alpha- und Beta-Strahlung. Sie wird beim Durchgangdurch Materie nur allmählichabgeschwächt. Bei hoher Energiedurchdringt GammastrahlungHunderte von Metern Luft, menschli-ches Gewebe bis zu etwa einemMeter. Gamma-Strahlung wird z.B.bei den Beta-Zerfällen von Kalium-40,Cäsium-134 und Cäsium-137ausgesandt, aber auch beim Alpha-Zerfall von Uran-238 und seinenZerfallsprodukten.

Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung erzeugen auf ihrem Wegdurch Materie Ionen.

Radioaktive Zerfälleund ionisierende Strahlung

α

β

γ

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Schutz vor ionisierender Strahlung

Aus der Durchdringungsfähigkeit von Alpha-, Beta- oderGamma-Strahlung werden bereits Möglichkeitenverständlich, wie man sich vor diesen Strahlen schützenkann.Entweder hält man einen ausreichenden Abstand voneiner Strahlenquelle ein, oder man schirmt die Strahlungab. Für die Abschirmung von Alpha- und Beta-Strahlunggenügen relativ dünne Materialschichten. Alpha-Strahlungdurchdringt kaum die Haut. Für die Abschirmung von Beta-Strahlung genügt schon die Kleidung, für die Augen eineBrille. Gamma-Strahlung benötigt zur Abschwächungdickes und schweres Material. Erde, Beton oder Blei sinddabei wirkungsvoller als Wasser gleicher Schichtdicke.

Neben der erwähnten Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung gibt es noch weitere ionisierende Strahlenar-ten, z.B. Neutronen.

Zur Abschwächung von Gamma-Strahlung wird dickesund schweres Material benötigt. Bei Alpha- und Betastrahlunggenügen dünne Materialschichten.

Zerfallsarten von RadionuklidenAlphateilchen Betateilchen Gammastrahlung

AlphazerfallAussenden von Alphateilchen(Heliumkerne = 2 Protonen +2 Neutronen)

BetazerfallAussenden vonBetateilchen

Betazerfallmit GammastrahlungZusätzlich Aussenden vonelektromagnetischen Wellen

Reichweite von Strahlung

Alphadurchdringt kaum die Haut

Betableibt im Gewebe stecken

Gammadurchdringt zum Teil die Hand

Unser Körper enthält natürlicherweiseKalium-40, das zu einer inneren

Belastung führt.

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Radioaktivität natürlichenUrsprungs

Radioaktivität kommt auf vielfältigeArt in unserer Umwelt vor. Allerdingskann aus der Aktivität einer Substanzallein noch nicht auf ihre Auswirkungoder Schädigung im menschlichenKörper geschlossen werden.

Beispiele:■ Der menschliche Körper enthält

Kalium. Es wird durch die Nahrungaufgenommen und vom Körperwieder ausgeschieden. Eingeringer Teil der Kalium-Atome istradioaktiv, nämlich das Kalium-40.Die Aktivität im Körper beträgt ca.5000 Bq, d.h. jede Sekundezerfallen in unserem Körper etwa5000 Kalium-40-Atomkerne unterAussendung von Beta- undGamma-Strahlung. Dies führt zueiner inneren Bestrahlung.

■ Die im Boden vorkommendenatürliche Radioaktivität: 1 kg Erdehat im Mittel eine Aktivität voneinigen hundert Bq, wobei mehrereRadionuklide dazu beitragen. Diedabei ausgesandte Gamma-Strahlung ist Teil der natürlichenBestrahlung des Menschen.

■ Das in Wohnhäusern vorkom-mende radioaktive Radon-222 istebenfalls natürlichen Ursprungs:Das langlebige Uran-238 zerfällt imBoden über mehrere Folgepro-dukte in das radioaktive EdelgasRadon-222. Dieses kann sich imBoden gut bewegen und via Kellerin die Wohnräume gelangen. Ingeschlossenen Wohnräumen

reichert sich Radon an, so dassauch dessen radioaktive Folgepro-dukte in der Atemluft angereichertsind. Diese sind nicht mehrgasförmig, sondern können sich anAerosole (Staubteilchen) anlagern,die beim Einatmen in denBronchien und im Lungengewebeabgelagert werden können.

In unserer Umwelt kommtnatürlicherweise Radioaktivitätvor. Unser Körper enthält Kalium-40, die Atemluft Radon-222.

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Künstlich erzeugte Radioaktivitätin unserer Umwelt

Künstliche Radioaktivität in unsererUmwelt stammt insbesondere vonden Kernwaffenversuchen der 60erJahre, vom Reaktorunfall Tscherno-byl, aber auch von Industrie, Medizinund Forschung. Nach dem Reaktorun-fall in Tschernobyl wurde bei uns mitder Nahrung z.B. radioaktivesCäsium-134 und Cäsium-137aufgenommen. Die Bevölkerung inder Schweiz hatte deshalb 1986 imMittel eine Aktivität von ca. 1000 Bq

(Cäsium-134 und Cäsium-137) imKörper. Dies führte zu einer innerenBestrahlung.

Künstliche Radioaktivität inunserer Umwelt stammt grössten-teils von Kernwaffentests, vomReaktorunfallTschernobyl und ausder Kernindustrie.

Nahrungsmittel können neben dennatürlichen auch künstliche

Radionuklide enthalten.

A A A A A

A A A A A A A

Natürliche Zerfallsreihe von Uran-238Die Zerfallsreihe führt über das Edelgas Radon-222 ins stabile Blei-206

α β α α α stabil

U-238 Zerfallsprodukte Ra-226 Rn-222 Zerfallsprodukte Pb-206

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In lebenden Zellen werden durch Alpha-, Beta- undGamma-Strahlung Atome und Moleküle ionisiert oderangeregt. Dabei wird Energie an die Atome und Moleküleübertragen. Als Folge davon können Bindungen aufge-trennt und das chemische Gefüge verändert werden.Dadurch kann das Funktionieren von Zellen und Organengestört werden und es können sich gesundheitlicheAuswirkungen ergeben.Man unterscheidet Akutschäden (oder Frühschäden) undSpätschäden. Neben kurzfristig sichtbaren körperlichenSchädigungen kann auch Krebs ausgelöst werden, undErbschäden (genetische Veränderungen) könnenentstehen. Als Mass für die Beurteilung des gesundheitli-chen Risikos durch Strahlung wurde deshalb sowohl eineOrgandosis (massgebend für die Akutschäden) als aucheine effektive Dosis (bezüglich Krebs und genetischenSchäden) eingeführt.

Die Dosis ist das Mass für die Beurteilung des gesundheitlichen Risikosdurch ionisierende Strahlung.

Dosisbegriff

Ausgangspunkt für die Organ- und für die effektive Dosisist die Energieabgabe der Strahlung pro kg Masse, z.B. anGewebe oder an ein Organ. Die übertragene Energie isteine rein physikalische Grösse und kann mit Dosimeterngemessen werden. Für die biologische Wirkung ist aberzudem entscheidend, ob sich beim Durchdringen derStrahlung durch das Gewebe die Ionisationen dicht oderlocker folgen. Die Ionisationsdichte ist beispielsweise beiAlpha-Strahlung und Neutronen grösser als bei Beta- undGamma-Strahlung. Dicht ionisierende Strahlung istbiologisch schädlicher als locker ionisierende. Deshalb istAlpha-Strahlung bei gleicher Energieabgabe schädigenderals Beta- oder Gamma-Strahlung.Man beschreibt diese Unterschiede der Strahlenarten miteinem Zahlenfaktor: die übertragene Energie wird für jedeStrahlenart mit dem ihr zugehörigen Faktor gewichtet(Wichtungsfaktor der Strahlenart). Röntgen- undGammastrahlung werden als Referenzstrahlung genom-men. Ihr Wichtungsfaktor wird gleich Eins gesetzt. FürAlpha- und Neutronenstrahlung ist dieser bis 20mal

Wirkung ionisierender Strahlungauf den Menschen

grösser. Multipliziert man die Energieabgabe pro kg an einOrgan mit dem Wichtungsfaktor der einwirkendenStrahlenart, so erhält man den Dosiswert an Gamma-Strahlung, der die gleiche Organschädigung bewirkt wiedie Strahlenart, der das Organ wirklich ausgesetzt war. Einso berechneter Dosiswert berücksichtigt also die demGewebe übertragene Energie und die unterschiedlichebiologische Wirkung verschiedener Strahlenarten. Soberechnete Dosen lösen in einem Organ somit – unab-hängig von der Strahlenart – die gleiche biologischeWirkung aus.

Einheiten der Dosis

Die Masseinheit für die Organdosis und für die späterbeschriebene effektive Dosis ist das Sievert (Sv). FürGamma- und Beta-Strahlung gilt 1 Sv = 1 Joule/kg. Fürandere Strahlenarten wird bei gleicher Energieabgabe derDosiswert in Sievert um den Wichtungsfaktor derStrahlenart grösser als für Gamma-Strahlung. KleineDosen werden in Millisievert (mSv) angegeben. (1 Sv =1000 mSv). Die früher gebräuchliche Einheit war das rem,wobei als Umrechnung gilt: 1 Sv = 100 rem.

Eine Dosis, die in Sievert angegeben ist, berücksichtigt die dem Gewebe übertra-gene Energie und die unterschiedliche biologische Wirkung der Strahlenarten.

Akutschäden

Akutschäden an einem Organ entstehen nur, wenn dieOrgandosis einen gewissen Wert, den Schwellenwert,übersteigt. Dieser beträgt bei kurzzeitiger Bestrahlung(d.h. Stunden) für sensible Organe ca. 0,5 Sv. Wird jedocheine Dosis über längere Zeit (Tage, Wochen) verteilt, dannliegt die Schwellendosis höher. Eine Trübung derAugenlinse kann beispielsweise bei kurzfristigerBestrahlung ab ca. 2 Sv beginnen; bei langfristigerBestrahlung tritt dies erst bei ca. 10 Sv, aufgenommenüber 40 Jahre, auf. Der Wert einer Organdosis bestimmtdas Ausmass eines akuten Schadens. Ein solcher ist nurnach schweren Unfällen zu erwarten.

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Wird der ganze Körper von derStrahlung betroffen, treten als ersteAnzeichen einer StrahlenkrankheitVeränderungen des Blutbildes,Übelkeit und Erbrechen auf. ZumBeispiel erkranken bei einerkurzzeitigen Bestrahlung durchGamma-Strahlung mit ca. 4 bis 5 Svalle Betroffenen, davon etwa 50%mit tödlichem Ausgang. Bei ca. 7 - 8Sv würde die Bestrahlung mitgrosser Wahrscheinlichkeit zum Todeführen, falls die betroffene Personnicht intensiv medizinisch versorgtwird. Keimendes Leben und Kindersind strahlenempfindlicher alsErwachsene. Bei hohen Dosenkönnen später auch noch Krebs undErbschäden auftreten.

Primäres Ziel des Strahlenschutzesist es, die Bevölkerung bei schwerenUnfällen vor Akutschäden zuschützen. Dosisgrenzwerte, die nichtüberschritten werden sollen, legtman deutlich unter dem Schwellen-wert fest. Danach richten sich danndie anzuordnenden Schutzmass-nahmen.

DerWert einer Organdosis bestimmtdas Ausmass eines akuten Scha-dens. Ein solcher ist nur nachschweren Unfällen zu erwarten.

Spätschäden

Niedrige Dosen, wie sie etwa als Folgeder natürlichen Umgebungsstrahlungoder in der medizinischen Diagnostikauftreten, führen zu keinen Akutschä-den. In diesem Dosisbereich könnenjedoch Spätschäden auftreten. ErstJahre nach der Bestrahlung kann Krebsauftreten oder können Erbschädensichtbar werden. Man nimmt an, dasses für die Auslösung von Erbschädenund von Krebs keine Schwellendosisgibt. Solche Schäden können folglichschon durch kleine Dosen verursachtwerden, allerdings auch nur mitgeringer Wahrscheinlichkeit. DieWahrscheinlichkeit, dass ein Spätscha-den auftritt, wird mit zunehmenderDosis grösser. Es ist also nicht möglichzu sagen, eine Dosis bis zu einembestimmten Wert sei ungefährlich,darüber aber gefährlich.Deshalb lautet ein Prinzip im Strahlen-schutz: Die Dosen sind so klein zuhalten, wie dies vernünftigerweisemöglich ist (ALARA: as low asreasonably achievable). Zur Beurteilungeiner Dosiswirkung werden alle imLaufe der Zeit (z.B. eines Jahres)aufgenommenen Dosen zu einerGesamtdosis addiert.

Krebs und Erbschäden können auchdurch kleine Dosen ausgelöstwerden. Die Dosis gibt an, wie grossdieWahrscheinlichkeit dafür ist.

Effektive Dosis bezüglich Krebsund Erbschäden

Die Organe und Gewebe des Körperssind unterschiedlich strahlenempfind-lich. Das Krebsrisiko ist besondersgross für das rote Knochenmark, dieLunge, den Magen und den Darm.Für die Auslösung von Erbschäden istdie Bestrahlung der Keimdrüsen(Gonaden) massgebend.

Werden nur einzelne Körperorganemit einer bestimmten Dosisbestrahlt, so ist das Krebsrisikokleiner als wenn der ganze Körperdiese Dosis erhält. Wenn die Lungeallein einer bestimmten Dosisausgesetzt ist (beispielsweise durchRadon-Folgeprodukte), so ist dasKrebsrisiko ca. 8mal geringer alswenn alle Organe des Körpers mitderselben Dosis bestrahlt werden.Bei einer Ganzkörperbestrahlungträgt die Lunge also zu ca. 1/8(=12%) zum Krebsrisiko bei. AuchMagen, Darm und das rote Knochen-mark tragen je zu ca. 12% zumKrebsrisiko bei. Um Teilkörperbestrah-lungen bezüglich des Risikos miteiner Ganzkörperbestrahlungvergleichen zu können, wird dieeffektive Dosis eingeführt: DieOrgandosen werden je mit demGewichtungsfaktor des Organsmultipliziert, der dessen Strahlen-empfindlichkeit bezüglich Krebs undErbschäden berücksichtigt. Die sogewichteten Dosiswerte allerbestrahlten Organe werden zu einer"Gesamtdosis" zusammengezählt, dieeffektive Dosis heisst. Diese ist dasMass für die Gesamtgefährdungeines bestrahlten Menschen

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Besonders strahlenempfindliche Organe:

rotes Knochenmark

Lunge

Magen

Darm

A

A

AA

Schema zur Berechnung einerOrgandosis.

Strahlung X, Y, Z

Organdosis (Sv)

Energieabgabe

Effektive Dosis (Sv) bez.Krebs- und Erbschäden

Biologische Wirkungder Strahlenart

Qualitätsfaktor für X, Y, Z

Strahlenempfindlichkeitv. Geweben u. Organen

Gewichtsfaktorender Organe

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bezüglich Krebs und Erbschäden. Sie berücksichtigt dieEnergieabgabe, die Strahlenart, die unterschiedlicheEmpfindlichkeit der betroffenen Organe und somit auchdie Verteilung der Bestrahlung über den Körper.

Oft interessiert auch die Dosis pro Zeiteinheit (Dosislei-stung). Die in der Praxis verwendete Masseinheit ist dasnano-Sievert pro Stunde (1 nSv/h = 10-9 Sv/h).

Im folgenden ist mit «Dosis» immer die effektive Dosisgemeint, ausser es sei ausdrücklich erwähnt (z.B. Lungen-,Schilddrüsen- oder Gonadendosis). Ferner ist zu beachten,dass die Auswirkung auf den Menschen dieselbe ist, obeine bestimmte Dosis durch künstliche oder natürlicheRadioaktivität verursacht wird.

Krebs und Erbschäden

Krebs und Erbschäden treten vorwiegend auf, ohne dassRadioaktivität auslösend ist. Eine durch künstlicheRadioaktivität verursachte Erhöhung der Häufigkeit vonKrebs oder von Erbschäden wird deshalb oft mit dennatürlich vorkommenden Häufigkeiten verglichen. Dies istinsbesondere dann angezeigt, wenn die zusätzlichenDosen gegenüber den Dosen durch natürliche Strahlen-quellen klein sind.

Die effektive Dosis berücksichtigt auch die unterschiedliche Strahlenempfindlich-keit der Organe bezüglich Krebs und Erbschäden.

Die Masseinheit für die effektive Dosis ist das Sievert.

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Das Auftreten von Krebs und Erbschäden weist einegewisse Streubreite auf. Die Auswirkungen von kleinenzusätzlichen Dosen liegen innerhalb dieser natürlichenStreubreite, werden von ihr überdeckt und könnenstatistisch nicht nachgewiesen werden. Deshalb kann beikleinen zusätzlichen Dosen die Erhöhung der Krebssterb-lichkeit nur errechnet werden. Dies geschieht, indem manvon einer bei hohen Dosen ermittelten Anzahl Krebsfällenausgeht und daraus die Anzahl bei kleinen Dosenextrapoliert. Diese errechnete zusätzliche Krebshäufigkeitwird dann mit der natürlicherweise vorkommendenHäufigkeit verglichen. In der Schweiz sterben ca. 25% derBewohner an Krebs, wobei - wie gesagt - nur ein geringerTeil davon durch (natürliche und künstliche) Radioaktivitätbedingt ist.

Durch Extrapolation kann beispielsweise abgeschätztwerden, dass die Dosen, welche durch Tschernobylverursacht wurden, in der Schweiz für die nächsteGeneration die Krebssterblichkeit um ca. 0,1 Promilleerhöhen. Eine solch kleine Erhöhung macht sich nichtbemerkbar, weil sie innerhalb der natürlichen Streubreiteliegt.

Unsicherheiten bei den errechneten Dosen undSchäden

Die Ermittlung eines Dosiswertes beruht auf zahlreichenAnnahmen und theoretischen Vorstellungen und kanndeshalb nicht exakt sein. Ausserdem variieren dieAuswirkungen von Individuum zu Individuum.

A

AA

A

A

A3. Empfindlichkeitdes bestrahlten

Organs

6. Millieufaktoren(z.B. Rauchen)

1. Energieabgabeder Strahlung

5. ZeitlicheVerteilung der

StrahlungStrahlenwirkung

2. Art der Strahlung(α, β, γ)

4. RäumlicheVerteilung der

Strahlung

Beeinflussung der Strahlenwirkungdurch verschiedene Grössen(schematisch).

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AAA

A

AAA

AA

AAA

A

AA

A

AAA

AA

AAA

A

AA

AAA

A

A

AAAA

A

A

AAA

AA

AAA

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AAA AA

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AA

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AA AA

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AAAA A

A

AA AA A

A

AA A

AA

AAA

A

A

A

A A

A

A

AA

AA

A

AA

A

AA

AA

AA

AA

AA

A A

A

Die Streubreite eines angegebenenDosiswertes ist deshalb mindestensgleich gross wie diejenige derzugrunde gelegten Annahmen undMessresultate. Trotzdem sind dieermittelten Dosiswerte genau genug,um beispielsweise entscheiden zukönnen, ob eine Tätigkeit, die zukünstlichen Dosen führt, gerechtfer-tigt ist oder nicht. Im übrigen müssendie Auswirkungen von Radioaktivitätmit anderen Risiken verglichenwerden, die der Mensch in seinentäglichen Aktivitäten eingeht.

Zusammenfassung

Eine allfällige Schädigung desmenschlichen Körpers durch eineBestrahlung wird also von verschie-denen Grössen beeinflusst.

Äussere Bestrahlung

Strahlung kann von aussen oder voninnen auf den Körper einwirken. Manspricht deshalb von Dosen durchäussere oder durch innere Bestrah-lung.Die äussere (externe) Bestrahlungkann mit der Bestrahlung durchRöntgenstrahlen verglichen werden:man wird bestrahlt, strahlt aberselber nicht. Zu einer äusserenBestrahlung führen beispielsweisedie kosmische Strahlung aus demWeltraum und die Gamma-Strahlungder Radionuklide im Erdboden(terrestrische Strahlung). AlleKörperorgane werden dabei etwagleich stark bestrahlt. Sie erhaltenungefähr dieselben Organdosen.Die Dosisleistung dieser natürlichenStrahlenquellen zusammen beträgt inder Schweiz ca. 40 bis 200 nSv/h.Das ergibt eine Jahresdosis von etwa0,4 bis 2 mSv.

Terrestrische und kosmischeStrahlung führen zu einer äusserenBestrahlung. Dabei ergibt sich inder Schweiz eine Jahresdosis vonungefähr 0,4 bis 2 mSv.

Strahlung aus dem Boden und aus demWeltall führt zu einer äusserenBestrahlung.

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Innere Bestrahlung

Eine innere Bestrahlung entsteht,wenn radioaktive Substanzeneingeatmet oder mit der Nahrungaufgenommen werden. Der Körperkann diese Substanzen einbauen. Siebleiben im Körper, bis sie entwederzerfallen und dabei die Zellenbestrahlen oder bis sie durch denStoffwechsel vor dem Zerfallausgeschieden werden. Zum Beispielscheidet der Körper Cäsium mit einerbiologischen Halbwertszeit von ca.drei Monaten wieder aus. Bei einerinneren Bestrahlung können einzelneOrgane besonders betroffen werden.Eingeatmetes Radon und insbeson-dere seine radioaktiven Folgepro-

dukte führen zu einer Bestrahlungder Atemorgane. Das Cäsium ausTschernobyl hat zu einer innerenBestrahlung des ganzen Körpersgeführt. Radioaktives Jod führtvorwiegend zu einer Bestrahlung derSchilddrüse.

Eingeatmete Radon-Folgeprodukteführen vorwiegend zu einerLungendosis.

Für die Berechnung der Dosis infolgeinnerer Bestrahlung muss man dieAktivität der aufgenommenenRadionuklide kennen. Aktivität inBecquerel und Dosis in Milli-Sievert(mSv) beschreiben also verschiedeneSachverhalte. Die effektive Dosislässt sich für jedes Radionuklid ausder dem Körper zugeführten Aktivität(in Bq) berechnen. Die dabeibenötigten Umrechnungsfaktorensind tabelliert und berücksichtigendie physikalischen Eigenschaften derStrahlenart, das Stoffwechselverhal-ten der aufgenommenen Substanzenund weitere Abhängigkeiten.

Aus der mit der Nahrung aufgenom-menen Aktivität von Radionuklidenlässt sich die effektive Dosis (durchinnere Bestrahlung) berechnen.

Beispiel:

■ 1000 Bq eines Radionuklids, dasmit der Nahrung aufgenommenwurde, führen bei Erwachsenen zuden in folgender Tabelle angegebe-nen Dosen. Die Beispiele zeigen,dass sich je nach Radionuklid ganzunterschiedliche Dosiswerteergeben.

Radionuklide die im Körpereingebaut sind, führen zu einerinneren Bestrahlung.

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

AA

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AA

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AA

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AA

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AA

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AA

AA

AA

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AA

AA

A

21

Radionuklid Effektive Dosis(je bei einer aufgenommenenAktivität von 1000 Bq)

Tritium 0.00002 mSvKohlenstoff-14 0.0006 mSvCäsium-137 0.01 mSvCäsium-134 0.02 mSvStrontium-90 0.03 mSvPlutonium-239 0.3 mSv

22

Der Mensch war schon immer einernatürlichen Strahlung ausgesetzt.Insgesamt beträgt die durchschnittli-che Jahres-Dosis für die Bevölkerungin der Schweiz ungefähr 4,2 mSv.

Radon und seine Zerfallsproduktetragen zur Jahresdosis fast die Hälftebei. Die in den Bronchien und demLungengewebe abgelagerten Radon-Folgeprodukte führen vorwiegend zueiner Lungendosis. Diese wird ineine effektive Dosis umgerechnet,damit sie bezüglich ihrer Gefährlich-keit mit anderen Dosen verglichenwerden kann.

Mehr als ein Viertel der Dosis in derSchweiz stammt aus der medizini-schen Röntgendiagnostik.

Jahresdosen der Bevölkerungin der Schweiz

Aufteilung der mittleren Jahresdosis in der Schweiz

1 kosmische Strahlung 0,35 mSv2 terrestrische Strahlung 0,45 mSv3 innere Bestrahlung 0,4 mSv4 Radon in Wohnräumen 1,6 mSv5 medizinische Anwendung 1,2 mSv6 übrige 0,2 mSv

(Atombomben Fallout,Tschernobyl Kernanlagen,Industrien und Spitäler,Kleinquellen)

Total 4,2 mSv

1

2

3

4

56

AAAAAAAAAAAAAAA

A

23

Beispielsweise verursacht das Kalium-40 den grössten Teilder Jahresdosis von 0,4 mSv durch innere Bestrahlung.Die mittlere Dosis von 0,2 mSv im 1. Jahr nach Tscherno-byl stammte vorwiegend von Jod-131, Cäsium-134 undCäsium-137.

Streubreite der Dosiswerte

Dosen durch Radon und medizinische Anwendungenweisen eine grosse Streubreite auf.

Die mittlere Jahresdosis in der Schweiz beträgt ungefähr 4,2 mSv.Radon-Folgeprodukte tragen dazu fast die Hälfte, die medizinische Diagnostikzu einem Viertel bei.

Mittlere Jahresdosen in der Schweiz und Beispiele ihrer Streubreiten

Strahlung aus Weltraum und Erdboden zusammen

Schweiz im Mittel

Mittelland

einzelne Alpenregionen

Radon

Schweiz im Mittel

einzelne Regionen in Alpen und Jura bis 150 mSv

Tschernobyl im 1. Jahr

Schweiz im Mittel

meistbetroffene Bevölkerung

0 1 2 Jahresdosen in mSv

24

Wie in Öl- oder Kohle-Kraftwerkenwird auch in einem KernkraftwerkWärme in elektrische Energie umge-wandelt. Die Wärme stammt aus derSpaltung von Uran, das in sogenann-ten Brennelementen enthalten ist.Dabei entstehen auch Radionuklide,z.B. radioaktive Edelgase, Jod,Cäsium, Plutonium usw.Beispielsweise beträgt die Aktivitätvon Jod-131 in den Brennelementenwährend des Betriebs eines Werkesmit 1000 Mega-Watt elektrischerLeistung ca. 1018 Bq =1'000'000'000'000'000'000 Bq.Um zu gewährleisten, dass solchgrosse Aktivitäten zurückgehaltenwerden, verfügen Kernkraftwerkeüber eine Anzahl hintereinandergestaffelter Sicherheitsbarrieren:

■ Die Brennelemente selbst und ihreHüllrohre schliessen den grösstenTeil der Spaltprodukte ein.

■ Das Reaktordruckgefässumschliesst den Reaktorkern mitden Brennelementen.

■ Das Druckgefäss und die Kühlmit-telleitungen sind von einerSicherheitshülle aus Stahlumschlossen.

■ Zu äusserst befindet sich dasSicherheitsgebäude aus Beton,insbesondere zum Schutz gegenEinwirkungen von aussen.

Bei der Uranspaltung entstehenRadionuklide. Die Sicherheitsbar-rieren eines Kernkraftwerkesschliessen diese weitgehend ein.

Die Radioaktivität, die während desNormalbetriebs eines Kernkraftwerkesan die Umwelt abgegeben werdendarf, ist in der Betriebsbewilligungbegrenzt und wird dauernd überwacht.Zusätzlich werden regelmässig Probenvon Luft, Boden, Fluss- und Grundwas-ser, Gras, Milch usw. aus derUmgebung kontrolliert. Die Radioakti-vitätsabgaben und die Resultate derUmgebungsüberwachung werden inden Berichten des BAG publiziert. DieMessungen zeigen, dass dieJahresabgaben bisher immer kleinerwaren als die entsprechendenGrenzwerte. Keine Person in derUmgebung eines Kernkraftwerkeserhielt wegen der Radioaktivitäts-Abgaben eine Dosis, die grösser warals der behördlich festgesetzte Wertvon 0,2 mSv pro Jahr. Mit einemzusätzlichen Messnetz (MADUK)überprüft die Aufsichtsbehördekontinuierlich die Dosisleistung in derNahumgebung der KKW.

Radioaktivität aus Kernkraftwerken

An je ca. 15 Messstationen erfassen die MADUK-Sonden,die bis zu einem Abstand von 5 km zu den Kernanlagenstationiert sind, kontinuierlich die Ortsdosisleistung. DieMessdaten werden alle 10 Minuten zur HSK übertragenund automatisch analysiert.

25

Die Jahresabgaben aus Kernkraftwerken waren bisher immer kleinerals die behördlich festgesetzten Grenzwerte.

OltenDulliken

Däniken

Gretzenbach

SchönenwerdNiedergösgen

Lostorf

Winznau

Obergösgen

Stüsslingen Niedererlinsbach

Aarau

Obererlinsbach

Röntgenstrahlen und radioaktive Stoffe werden in derärztlichen Praxis und im Spital täglich angewendet. Sieleisten hervorragende Dienste bei der Diagnose und derBehandlung von Verletzungen und Krankheiten, z.B. beider Diagnose von Knochenbrüchen oder bei derBestrahlung von Tumoren.Um unnötige Dosen zu vermeiden, soll der Arzt nur ge-zielt Röntgenaufnahmen machen. Dafür gelten Verord-nungen zum Schutze des Patienten und des Personals.Die Ausbildung des Arztes soll sicherstellen, dass Unter-suchungen mit minimalen Dosen durchgeführt werden.Bei der Röntgendiagnostik sind meist nur einzelneKörperteile betroffen. Das zu untersuchende Organ erhälteine höhere Dosis als diejenigen Gewebe, die ausserhalbdes Nutzstrahls liegen. Je nach Röntgenuntersuchungergeben sich effektive Dosen zwischen 0,01 und 20Millisievert. Die hohen Dosen entstehen hauptsächlich beider Anwendung der Computertomographie und in derinterventionellen Radiologie.

Für verschiedene Personen der Bevölkerung ist diejährliche Dosis sehr unterschiedlich, je nachdem, ob undwelche Untersuchungen durchgeführt wurden. DieAngabe einer durchschnittlichen Dosis für die Bevölkerungdient dazu, Vergleiche zu ziehen mit anderen Dosen, z.B.mit derjenigen durch Radon, durch kosmische undterrestrische Strahlung.

Anwendung von Strahlenquellenin der Medizin

Strahlenbelastung Beispiele von Röntgenuntersuchungen Effektive Dosissehr gering Einzelne Zähne, Hand, Ellbogen, Fuss, Knie ca. 0,01 mSv

(0,003 – 0,03)gering Schädel, Lunge, Hüfte ca. 0,1 mSv

(0,03 – 0,3)mittel Becken, Bauch, Wirbelsäule, Mamma, ca. 1 mSv

Computertomographie des Kopfes und des Halses (0,3 – 3,0)hoch Computertomographie von Wirbelsäule, Bauch ca. 10 mSv

oder Becken. Gefässdarstellungen. Röntgen-kontrastmitteluntersuchungen von Nieren, ablei-tenden Harnwegen und Magen-Darmbereich.

26

Röntgenstrahlung und radioaktive Stoffe werden bei der Diagnoseund zur Behandlung von Krankheiten angewendet.

27

In Technik und Forschung werden radioaktive Quellenvielfältig angewandt. Bekannteste Beispiele sind dieMaterialprüfung und die Leuchtfarben, z.B. in Uhren.Diese enthalten heute meistens Tritium. Die bei seinemZerfall ausgesandten Beta-Strahlen bringen einefluoreszierende Substanz zum Leuchten.In Brandmeldern erlaubt der Einbau von Americium-241die Feststellung von Brandgasen. Für Werkstoffprüfungen,z.B. von Seilbahn-Drahtseilen oder von Schweissnähten,wird oft die Gamma-Strahlung von Kobalt-60 genutzt. Inder Forschung werden zur Untersuchung biologischerVorgänge, z.B. beim Stoffwechsel, oft chemischeVerbindungen mit eingebauten Radionukliden eingesetzt,z.B. Tritium oder Kohlenstoff-14.

Alternativen zu den ionisierenden Strahlen gibt es oftkeine. Zulassungsbewilligungen von Geräten, dieRadioaktivität enthalten, werden dann erteilt, wenn dietechnischen Anwendungen bei normalem Gebrauch derGegenstände keine ins Gewicht fallende Strahlendosenbringen. Schätzungen ergeben, dass die Dosis durchtechnische Anwendungen für die Bevölkerung in derSchweiz im Durchschnitt weniger als 0,1 mSv pro Jahrbeträgt.

Anwendung inTechnikund Forschung

Radioaktive Quellen werden inTechnik und Forschung vielfältig angewendet:z.B. enthalten Uhren oftTritium und Brandmelder Americium-241.

28

Bei der Uranspaltung in Kernkraftwer-ken, aber auch bei Anwendungenradioaktiver Stoffe in Medizin,Industrie und Forschung entstehtradioaktiver Abfall. Er kann ganzunterschiedliche Radionuklideenthalten und in verschiedenstenchemischen Formen vorliegen.

In Kernkraftwerken fallen heuteeinerseits verschiedene Arten vonradioaktiven Betriebsabfällen an.Diese werden in der Regel in derSchweiz in eine Form gebracht, diesich für eine spätere Endlagerungeignet (z.B. in Fässern mit Zementeingegossen). Andererseits sind dieabgebrannten Brennelemente zuentsorgen. Diese werden im Auslandaufbereitet. Wieder verwendbarerBrennstoff wird abgetrennt. Dieverbleibenden hochaktiven Abfällewerden heute zur Endlagerung meistverglast. Abfälle aus Medizin,Industrie und Forschung werden vomPaul-Scherrer-Institut gesammelt,dort behandelt und gelagert.Brennbare schwachaktive Abfällewerden zur Volumenreduktionverascht.

Beim Zerfall der Radionuklideentsteht Wärme. Als hochaktiv wirdAbfall dann bezeichnet, wenn dieAktivität und damit die Zerfallswärmeso gross ist, dass die Abfälle gekühltwerden müssen. Beim mittelaktivenAbfall muss bei der Verarbeitungdie Strahlung auch abgeschirmtwerden, aber es ist keine zusätzlicheKühlung notwendig. Beim schwach-aktiven Abfall sind weder Kühlungnoch spezielle Abschirmungen nötig.

Die Aktivität kurzlebiger Radionuklideim Abfall nimmt rasch ab. Deshalbgeht besonders bei Abfällen ausKernkraftwerken die Strahlunganfänglich stark zurück. HochaktiveAbfälle werden während einigenJahrzehnten zwischengelagert.Während dieser Zeit zerfällt eingrosser Teil der Radionuklide, so dassspäter im Endlager Aktivität undWärmeproduktion geringer sind.

Die Nationale Genossenschaft für dieLagerung radioaktiver Abfälle(NAGRA) ist beauftragt, in derSchweiz geeignete unterirdischeEndlager für alle Abfallsorten zufinden.

Radioaktive Abfälle

29

Die schweizerische Strahlenschutzverordnung legt fest,dass für beruflich strahlenexponierte Personen diekünstlich verursachte Dosis pro Jahr 20 mSv nichtüberschreiten soll (ohne medizinische Anwendungen). FürEinzelpersonen der Bevölkerung beträgt dieser Grenzwertheute 1 mSv pro Jahr.

Im Strahlenschutz gelten jedoch zwei übergeordnetePrinzipien:

■ Jede künstlich verursachte Dosis muss durch einenNutzen gerechtfertigt sein.

■ Künstlich verursachte Dosen sind so niedrig zu halten,wie dies vernünftigerweise möglich ist.

Überwachung der Radioaktivität

In der Schweiz ist für die Erteilung von Bewilligungen fürden Umgang mit ionisierender Strahlung und für dieEinhaltung des Strahlenschutzes das Bundesamt fürGesundheit (BAG) zuständig. Die Hauptabteilung für dieSicherheit der Kernanlagen (HSK) überwacht denStrahlenschutz in Kernanlagen und überprüft dieEinhaltung der Abgabegrenzwerte radioaktiver Stoffe ausKernanlagen. Die Schweiz. Unfallversicherungsanstalt(Suva) ist die Aufsichtsbehörde für Industriebetriebe. DasBAG überwacht die Radioaktivität in unserer Umwelt.

Strahlenschutz

Dosis-Grenzwert für dieBevölkerung pro Jahr: 1 mSv.

30

Gefährdung der Bevölkerung beiUnfällen in einem Kernkraftwerk

Sollten bei einem Störfall mehrereSicherheitsbarrieren zugleichversagen, könnte eine Gefährdungder Bevölkerung durch austretendeEdelgase und durch weitere, meistan Aerosole (Staubteilchen)angelagerte radioaktive Stoffe entste-hen. Es kann sich eine unsichtbare,radioaktive Wolke bilden, die sich jenach Windrichtung und Windge-schwindigkeit um das Kernkraftwerkausbreitet. Durch Niederschlägewerden zusätzlich Staubpartikel mitangelagerter Radioaktivität vermehrtauf dem Boden abgesetzt.Folgende Gefährdungen könneneintreten:

Notfallschutz

Äussere Bestrahlung■ durch die vorbeiziehende radioak-

tive Wolke■ durch radioaktive Ablagerungen auf

dem Boden

Innere Bestrahlung■ durch Einatmen von verstrahlter

Luft■ durch Aufnahme verstrahlter

Lebensmittel

Schwere Unfälle sind höchst unwahr-scheinlich, aber nicht auszuschlies-sen. Deswegen wurde in derSchweiz in der Umgebung derKernkraftwerke ein speziellesAlarmsystem eingerichtet (Zone 1:ca. 3 bis 5 km; Zone 2: bis ca. 20 kmEntfernung). Weitere Massnahmenzum Schutz der Bevölkerung sindvorbereitet.

Grundsätze für den Schutz derBevölkerung bei erhöhter Radioakti-vität und Informationen zumStrahlenschutz folgen hinten.

KKMBern

Biel

Fribourg

BE

FR

NE

SO

VD

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Massnahmen bei erhöhter Radioaktivität

Die Eidg. Kommission für ABC-Schutz (Kom ABC) sorgt inenger Zusammenarbeit mit den Kantonen und denBundesstellen für die Vorbereitung der Massnahmen,welche die Bevölkerung bei erhöhter Radioaktivitätschützen sollen.

Für Ereignisse im In- und Ausland, die eine Gefährdungdurch erhöhte Radioaktivität hervorrufen könnten, hat derBund eine Einsatzorganisation geschaffen. Sie hatfolgende Aufgaben:

■ Sie verfolgt Ausmass und Verlauf der Radioaktivität undbeurteilt mögliche Auswirkungen auf die Bevölkerung.

■ Sie beantragt bei der politischen Behörde Massnahmenzum Schutze der Bevölkerung.

■ Bei grosser Dringlichkeit ordnet sie über das Radio dieerforderlichen Sofortmassnahmen an (z.B. Türen undFenster schliessen, im Hause bleiben, Jodtabletteneinnehmen).

■ Die Bundeskanzlei informiert die Bevölkerung.

Zur Erfüllung ihrer Aufträge verfügt die Einsatzorganisationmit der Nationalen Alarmzentrale über automatischeMessnetze und Laboratorien. Schutzmassnahmenwerden in enger Zusammenarbeit mit den Kantonenbeschlossen.

Sirenen fordern die Bevölkerung auf, Radio zu hören.

32

Die internationale Störfall-Bewertungsskalafür Kernanlagen(INES: International Nuclear Event Scale)

Stufe

0

Bezeichnung

Ereignis ohnesicherheitstechni-sche Bedeutung.

Art des Ereignisses

Ereignis ohne Überschreitung von betrieblichen Grenzwerten,keinerlei sicherheitstechnische Bedeutung.

1 Betriebsstörung Ereignis ausserhalb der vorgeschriebenen Betriebsbedingun-gen, jedoch ohne sicherheitstechnische Bedeutung.

2 Störfall Ereignis mit wesentlichem Versagen von Sicheheitseinrichtun-gen, aber mit ausreichender Sicherheitsreserve.

3 Ernster Störfall Störfall, bei dem ein zusätzliches Versagen von Sicherheitsein-richtungen zu Unfällen führen könnte.Freisetzung radioaktiver Stoffe über bewilligten Grenzwerten.Schwerwiegende Kontamination in der Anlage.

4 Unfall Unfall, bei dem radioaktive Stoffe freigesetzt werden, die fürdie meistbetroffene Person ausserhalb der Anlage eine Dosisvergleichbar der zumutbaren Jahresdosis ergibt.Teilweise Beschädigung des Reaktorkerns wegen mechani-scher Einwirkung und/oder Schmelzen.

5 Ernster Unfall Freisetzung von radioaktiven Stoffen in die Umgebung;schwere Kernschäden.

6 Schwerer Unfall Freisetzung von grossen Mengen radioaktiven Stoffen in dieUmgebung.

7 KatastrophalerUnfall

Freisetzung eines grossen Teils des Kerninventars in dieUmgebung.

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Um bei einem Ereignis in einem Kernkraftwerk die gegenseitige Verständigung zwischenFachleuten, Medien und der Öffentlichkeit zu erleichtern und die Bevölkerung über diesicherheitstechnische Bedeutung des Ereignisses informieren zu können, wurde die«Internationale Bewertungsskala für bedeutsame Ereignisse in kerntechnischen Einrichtun-gen» (INES: International Nuclear Event Scale) eingeführt.

Auswirkungen auf die Bevölkerung

Keine Auswirkungen auf die Bevölkerung.Medienmitteilung bei öffentlichem Interesse.

Beispiele

Zehn- bis fünfzehn Malpro Jahr in den schweizeri-schen Kernanlagen.

Keine Auswirkungen auf die Bevölkerung.Medienmitteilung bei öffentlichem Interesse.

Ein- bis zweimal pro Jahr inden schweizerischenKernanlagen.

Unverzügliche Information der Bevölkerung.Keine Schutzmassnahmen erforderlich.

Unverzügliche Information der Bevölkerung.Schutzmassnahmen in der Zone 1.

Notfallschutzmassnahmen für die Bevölkerung in denZonen 1 und 2; Sirenenalarm.

Notfallschutzmassnahmen für die Bevölkerung;Sirenenalarm.

Three Mile Island (USA),1979

Notfallschutzmassnahmen für die Bevölkerung;Sirenenalarm.

Notfallschutzmassnahmen für die Bevölkerung; AkuteGesundheitsschäden möglich, späte Gesundheitsschäden übergrosse Gebiete, über die Landesgrenze hinaus.Langfristige Beeinträchtigung der Umwelt; Sirenenalarm.

Tschernobyl (UdSSR), 1986

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Schutz vor äusserer Bestrahlung

Abstand: Je grösser der Abstand zu einer Strahlenquelle, destogeringer die Bestrahlung.

Abschirmung: Einige Millimeter Material schirmen die Alpha- undBetastrahlung beinahe vollständig ab. Die Wände und dasumgebende Erdreich eines Schutzraumes oder einesKellers halten selbst auch einen Grossteil der Gamma-strahlung ab. Im Schutzraum ist die Dosis bis zu 100malgeringer als im Freien. Im Hausinnern ist die Bestrahlung5 bis 10mal kleiner als im Freien. Diese Schutzfaktorensind für die Vermeidung von akuten Strahlenschädenentscheidend.

Aufenthaltsdauer: Je kürzer die Aufenthaltsdauer an einem Ort mit erhöhterStrahlung, desto kleiner ist die Dosis und somit dieGefährdung. Deshalb sollen für dringende Verrichtungenim Haus der Keller oder Schutzraum nur kurz verlassenwerden.

Abwarten: Radonuklide zerfallen von selbst. Hält man sich nach einerstarken Verstrahlung einige Tage im Schutzraum auf,so ist die Aktivität der kurzlebigen Radionuklide im Freienwesentlich kleiner geworden und damit auch dieGefährdung nach dem Verlassen des Schutzraumes.

Schutz vor innerer Bestrahlung

Atemluft: Ein Aufenthalt im Hausinnern vermindert die Dosis,besonders dann, wenn Fenster und Türen geschlossensind und die Ventilation ausgeschaltet ist.

Nahrungsmittel: Schutz gegen innere Bestrahlung wird erreicht, indemman sich mit unverstrahlten Lebensmitteln ernährt. Haus-oder Notvorrat, gelagerte Lebensmittel und Wasser ausder öffentlichen Wasserversorgung sind unverstrahlt.

Jod-Tabletten: Eine rechtzeitige Einnahme von Jod-Tabletten vermindertdie Schilddrüsendosis. Das inaktive Jod wird in derSchilddrüse gespeichert und verhindert dadurch dieAufnahme von radioaktivem Jod.

Grundsätze für den Schutz der Bevölkerungbei erhöhter Radioaktivität

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Notfallschutzmassnahmen in der Umgebung derKernkraftwerke (KKW)

Bei einem Unfall in einem KKW wird – neben derHauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK)als Aufsichtsbehörde – unverzüglich die NationaleAlarmzentrale (NAZ) alarmiert. Wenn der Unfall zu einerGefährdung der Bevölkerung führen kann, werden mittelstelefonischer Warnung die Führungsstäbe der Kantoneund Gemeinden in den beiden Notfallplanungszonen 1und 2 aufgeboten. Die Zone 1 umfasst ein Gebiet miteinem Radius von ca. 3 bis 5 Kilometern. Die Zone 2schliesst an die Zone 1 an und umfasst ein Gebiet miteinem Radius von etwa 20 Kilometern.

Wenn Massnahmen für die Bevölkerung erforderlich sind,wird im betroffenen Gebiet mittels Sirenen der Allge-meine Alarm ausgelöst und via Radio werden Verhaltens-anweisungen bekannt gegeben. Solche Anweisungenkönnten sein:

Vorsorgliche Evakuierung eines begrenzten Gebietes,Schutz suchen im Haus/im Keller/im Schutzraum,Einnahme von Jodtabletten

Jodtabletten stehen für die ganze Bevölkerung in derSchweiz bereit und sind teilweise bereits auf dieHaushalte verteilt. Über die Verteilung an Ihrem Wohnortgibt Ihnen die Gemeindeverwaltung gerne Auskunft.

Bei einer Gefährdung wird die Bevölkerung mit den Sirenen alarmiert(Allgemeiner Alarm).Anschliessend werden Verhaltensanweisungen am Radio bekanntgegeben.

W Radioaktive WolkeB Bodenverstrahlung1 Draussen: ungeschützt

vor Strahlung2 Hausinneres: 5 bis 10x

weniger Strahlung3 Keller: 30 bis 50x

weniger Strahlung4 Schutzraum: 50 bis

100x wenigerStrahlung

W

2

4 3

AAAAAAAAAAAAA

AAAA

AA

AAAA

AAA 1B

36

Abschwächung von Gamma-Strahlung Seite 10Beim Durchgang durch Materie nimmt die Intensität vonGamma-Strahlung allmählich ab. Der Anteil einer anfängli-chen Intensität, der eine gewisse Dicke eines Materialsdurchdringen kann, hängt von der Energie der Gamma-Strahlung ab sowie von der Dicke und Art des Materials.

Aerosole Seite 11feine, verteilte Staubteilchen oder Nebeltröpfchen, die in derLuft schweben.

Aktivität Seite 5

Akutschäden Seite 13

Alpha-Strahlung, Alpha-Teilchen, Alpha-Zerfall Seite 9

Atom, Atomhülle, Atomkern Seite 3

Becquerel Seite 7

Beta-Strahlung, Beta-Teilchen, Beta-Zerfall Seite 9Beim Beta-Minus-Zerfall sendet ein Atomkern ein negativgeladenes Beta-Teilchen, ein Elektron, aus; beim Beta-Plus-Zerfall ist das Beta-Teilchen positiv geladen, es heisstPositron.

Curie Seite 8

Deuterium Seite 5

Dosis, effektive Seite 13

Dosisleistung Seite 17

Elektromagnetische Strahlung bzw. Wellen Seite 9Strahlung aus gekoppelten elektrischen und magneti-schen Wellen, die sich im Vakuum mit Lichtgeschwindig-keit ausbreiten. Beispiele: Radiowellen, Licht, Röntgen-und Gammastrahlen.

Elektron Seite 9Negativ geladenes Elementarteilchen mit geringer Masse(ca. 1800 Mal leichter als das Proton).

Stichworterklärungen

37

Element, chemisches Seite 2

Erbschäden Seite 13

Folgeprodukte Seite 16

Gamma-Strahlung Seite 9

Halbwertszeit, biologische Seite 20Die Zeit, in der ein Mensch oder ein Tier auf natürlichemWege die Hälfte einer einmal aufgenommenen Mengeeines bestimmten Stoffes wieder ausscheidet.

Halbwertszeit, physikalische Seite 6

Ion Seite 3

Ionisierende Strahlung Seite 9Strahlung, die beim Durchgang durch Materie direkt oderindirekt Ionen erzeugt (direkt: Alpha- und Beta-Strahlung;indirekt: Gamma-Strahlung und Neutronen).

Isotop Seite 3

Kosmische Strahlung Seite 19Strahlung aus dem Weltraum. Sie besteht vorwiegendaus Protonen und Heliumkernen. In der Atmosphäreerzeugt sie Sekundärteilchen, z.B. Neutronen undGamma-Strahlung.

Mega-Watt Seite 241 000 000 Watt (Watt ist die Einheit für Leistung)

Molekül Seite 2

Neutron Seite 3Ungeladenes Elementarteilchen; Bestandteil desAtomkerns. Seine Masse ist etwa gleich gross wie diedes Protons. Freie Neutronen sind nicht stabil.

Notfallschutzmassnahmen Seite 30

Nuklid Seite 4

Organdosis Seite 13

38

Proton Seite 2Positiv geladenes Elementarteilchen; Bestandteil desAtomkerns. Seine Masse ist ca. 1800 Mal grösser als diedes Elektrons.

Radionuklid Seite 6

Radon Seite 2

rem Seite 14

Röntgenstrahlung Seite 13Durchdringende elektromagnetische Strahlung. Fürmedizinische Zwecke wird sie in der Röntgenröhre durchschnelle Elektronen erzeugt.

Schwellenwert Seite 14

Sievert Seite 14

Spaltprodukte Seite 24Nuklide, die durch die Spaltung schwerer Atomkerne (z.B.Uran) oder beim nachfolgenden radioaktiven Zerfallentstehen.

Spaltung von Uran Seite 24

Spätschäden Seite 13

Terrestrische Strahlung Seite 19

Tritium Seite 3

Wichtungsfaktor für Organe Seite 13

Wichtungsfaktor der Strahlenart Seite 13

Zerfall, radioaktiver Seite 5siehe auch Alpha- resp. Beta-Zerfall

Zerfallsreihe Seite 12