Raffael 28_welt_der_kunst_29_-_1983

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Welt der Kunst Renate Bergerhoff

Raffael Mit sechzehn farbigen Tafeln und

einundvierzig einfarbigen Abbildungen

Henschelverlag

Kunst und Gesellschaft· Berlin 1983

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© Ilenschelverlag Kunst und Gesellschaft. DDR - Berlin I 978

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Die intensive Auseinandersetzung mit Raffael und seinem Werk be­gann zu Lebzeiten des Künstlers und dauert bis heute an. Selten sind Ideen- und Formengut eines großen Künstlers so wirksam geworden. Neben Michelangelo, Leonardo und Tizian hat Raffael entscheiden­den Anteil an der Vollendung der Renaissance. Welchen Weg nahm der Künstler, der schon von seinen Zeitgenossen das Attribut »di­vino«- der Göttliche- erhielt? »Im Herzen Italiens gleichsam, gegen das Adriatische Meer zu, ist, wie jeder weiß, die kleine Stadt Urbino gelegen.« D er Verfasser dieser Zeilen, Graf Baldassare Castiglione, der zum Freundeskreis Raffaels gehörte, berichtet weiter über günstiges Klima und fruchtbaren Boden des Berglandes Umbrien und rühmt den Herzog von Urbino, Federigo von Montefeltro, als geistvollen und kunstsinnigen Landesherrn. Hier wächst Raffaello Santi auf. Sein Vater war ein provinzieller Maler und Dichter. Den zeitgenössischen Monographien von Paolo Giovio (vor I 5 z 7) und Giorgio Vasari ( 15 5o) kann man entnehmen, daß Kon­takte Giovanni Santis zum Hof von Urbino bestanden. Die Anfangs­gründe des Zeichnensund Malens sind sicher durch den Vater gelegt worden. Er stirbt im Jahre I494, als Raffael zwölf Jahre alt ist. Nach Vasari hat noch der Vater den Knaben nach Perugia in die Werk­statt zu Pietro Perugino, dem führenden Meister der umbrischen Malerschule des Quattrocento, gebracht. Seine in starkem Maße lyrische, seelenvolle Kunst wurde von Zeitgenossen der Leonardos gleichgesetzt. Ehrenvolle Aufträge in Perugia, Florenz und Rom wur­den ihm zu teil. So war er wesentlich beteiligt an der zwischen I 48 I

und I48 3 erfolgten Ausschmückung der Hauskapelle des Papstes Sixtus IV. im Vatikan. Bedeutende Meister dieser Zeit, wie Botticelli, Signorelli und Ghirlandaio, schufen hier ihre weltbekannten Fresken. Perugino gestaltete das wichtigste Vatikan-Thema, die Schlüsselüber­gabe an Petrus. Als Schüler und Gehilfe arbeitet Raffael an den Auf­trägen Peruginos mit, möglicherweise hat er den Meister auf Studien­und rbeitsreisen durch Mittelitalien begleitet. Der umbrische Meister stand mit Florenz und den Florentiner Künstlern in Verbindung: Er besaß dort Bürgerrecht und unterhielt eine Werkstatt im Borgo San Spirito, vielleicht lernte Raffael bereits zu dieser Zeit die traditionsrei­che Kunststadt der Toskana kennen. Als sicher ist im Jahre I499 seine Beteiligung an den Fresken Peruginos im Cambio, dem Audienzsaal der Wechslerzunft in Perugia, anzunehmen. In der Folgezeit, vor I 504, übernimmt er erste selbständige Aufträge für Altargemälde, be­sonders für die nahe Urbino gelegene kleine Stadt Citta di Castello. Dabei ist er zunächst befangen in der Manier der umbrischen Schule und hält sich so sehr an die schönen Linien und verhaltenen rhyth­mischen Bewegungen der ernsten Figuren Peruginos, daß seine Werke sich kaum von denen des Lehrers unterscheiden. Bald jedoch

übertrifft er die leicht schablonenhaften Arbeiten seines Meisters, der mit zunehmender achfrage zum Routinier wird, und findet zu neuen Kompositionsideen und Lösungen. Mit seinem ersten bedeutenden Werk, der I 504 datierten »Vermählung Marias« in der Mailänder Brera, beweist er bereits am Abschluß seiner Lehrzeit - fast g leich­zeitig mit Peruginos D arstellung desselben Themas - Sinn für Ein­heitlichkeit und Monumentalität und verdeutlicht durch Umgruppie­rung der Figuren seines Vorbildes das Wesentliche. D er Zeitpunkt der Übersiedlung Raffaels nach Florenz, »welches gerade in jenem Augenblick der Sammelpunkt der größten Künstler Italiens war« (Jacob Burckhardt), ist nicht gesichert, wahrscheinlich liegt er gegen Ende des Jahres 1504. Florenz, die selbständige Repu­blik, die unter den Herrschern aus dem Hause Medici im I 5. Jahr­hundert zu ihrer Blüte gelangt war, übte große Anziehungskraft auf auswärtige Künstler aus. Vornehmlich unter Lorenzo de' Medici, der I469 die Herrschaft über Florenz antrat, stellte die Stadt ein D o­mizil für Künstler, D ichter, Wissenschaftler und Politiker dar. D en lernenden jungen Künstler aus Urbino müssen die bedeutenden Bildwerke der namhaften Meister der Frührenaissance, wie Ghiberti und D onatello, in starkem Maße beeindruckt haben. Auch Filippo Brunelleschi, Bahnbrecher der Renaissance auf dem Gebiet der Archi­tektur und Bildhauerkunst, hatte als gebürtiger Florentiner entschei­denden Anteil an der Entwicklung der Kunst dieser Jahre. Seine neuen technisch-konstruktionellen Erkenntnisse wendete er schließlich beim

Bau der Kuppel des Domes von Florenz zwischen 1420 und I436 an, damit ein Wahrzeichen in zweifacher Hinsicht setzend. Auf dem Boden einer gegenüber dem Mittelalter völlig neuen Be­trachtung der Welt und ihrer Erscheinungen konnte der Künstler sich aus jahrhundertelanger Anonymität befreien und sich seinen Auf­gaben mit neuem Bewußtsein widmen. Wissenschaft und Kunst durch­drangen einander; in der Malerei wurden Gesetzmäßigkeiten - zum Beispiel die der Perspektive und Proportionslehre-zu Grundlagen der neuen Kunst. Hierbei vertrat Leonardo wie kein anderer Künstler seiner Zeit durch überragende Leistungen auf dem Gebiet der N atur­wissenschaft und Technik den Prototyp des Renaissancemenschen. Wie bereits im I 5. Jahrhundert vorbereitet, war die Besinnung auf den Menschen, der zum Mittelpunkt künstlerischen Schaffens wurde, eines der Hauptmerkmale des I 6. Jahrhunderts. In Florenz malt Leonardo zwischen I 503 und I 506 an seiner berühmten »Mona Lisa«. Auf geniale Weise hatte er die vielfältigen Bestrebungen und Leistun­gen der älteren Florentiner Malerei in seinen Werken vereint. Seit Giotto war hier die Malerei für Italien neu entdeckt worden und hatte während des Quattrocento eine Fülle neuer Elemente hervorgebracht, die in ihrer Summe - gemeinsam mit den bahnbrechenden Lösun-

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gen in Architektur und Bildhauerkunst- die Kunst der Renaissance bedeuten. Auch Michelangelo arbeitet in Florenz, als Raffael die Stadt betritt.

Mit gewaltiger Kraft und Leidenschaft steigert er einige Jahre später in den Sibyllen und Propheten der Sixtinischen Kapelle (erster Teil

der D ecke I 5 I I enthüllt) das Menschliche bis an die Grenze des Mög­lichen und beweist damit eine Haltung, die für das ganze I6. Jahr­hundert bedeutungsvoll gewesen ist:» ... daß neben der menschlichen

Form c.ine andere Schönheit nicht mehr existiert« (Heinrich Wölff­lin). eben dem menschlichen Körper, dessen Darstellung nun ana­

tomische Studien zugrunde liegen, und seinen Aktionen wird das Interesse am Sichtbarmachen psychologischer Vorgänge, an der Widerspiegelung von Gemütsbewegungen, deutlich in den Vorder­grund gerückt. Erste Bestrebungen in dieser Richtung ließen sich

bereits bei Giotto finden. D er neue Mensch soll in seinerneuen Würde und Bedeutung ganz zur Wirkung kommen. So wird nach r 5 oo die

Erzählfreudigkeit, die Freude am Ausschmücken einer Szene immer mehr aufgegeben - die alt- und neutestamentlichen Darstellungen an den Längswänden der Sixtinischen Kapelle von Perugino, Botticelli

u. a. leben noch von ihr - zugunsren einer Beschränkung auf das

Wesentliche, auf wenige bedeutungstragende Figuren. Dabei wächst die klassische Phase der Renaissance (Hochrenaissance etwa I 500 bis

I 5 30) auf dem Boden des 15. Jahrhunderts heran und führt alles eue folgerichtig weiter. »Ohne eine Spur von fl.orentinischem Wirklichkeitssinn, einseitig in

der Empfindung, befangen in der Manier der schönen Linie trat er (Raffael) jedenfalls mit der geringsten Aussicht in den Wettbewerb

der großen Meister ein. Aber er brachte ein Talent mit, das ihm eigen­

tümlich war, das Talent, aufzunehmen, die innere Wandlungsfähig­keit.« So beurteilt Wölfflin Raffaels künstlerische Situation zum Zeit­

punkt des Eintritts in die Horentinische Kunstwelt. Zunächst gerät

der Einundzwanzigjährige in den Bannkreis von Leonardo und Michelangelo. Wie intensiv er sich bis ins D etail mit ihren Werken

auseinandersetzte, ist hinreichend von der kunstgeschichtlichen For­

schung dargelegt worden. Zahlreiche Skizzenbücher, von denen sechs erhalten sind, entstehen jetzt. Die Zeichnungen der Florentiner Jahre

beschäftigen sich vornehmlich mit dem Akt. Den jungen Künstler regen auch die im Wettbe ... verb für Wandgemälde im Palazzo Vecchio in Florenz entstandenen Schlachtenkartons von Leonardo und Michel­

angelo, die damals in Florenz öffentlich ausgestellt waren, zum ach­zeichnen an. Jedoch gewinnt er nicht nur nachzeichnend neue Er­

kenntnisse aus ihren Werken, er empfängt auch Anregungen bei Donatello, nach dessen Madonnenreliefs er Studien anfertigt und

dessen heiliger Georg sich in den Skizzenbüchern neben Michelange-

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los David und Leonardos Leda findet. Außer den so erworbenen Ein­sichten nehmen in immer stärkerem Maße eigene Erfindungen und Ideen Gestalt an. Dabei wird Raffaels Stil bewegter, der Aktions­

reichtum der Figuren nimmt zu, ihr schemenhaftes Dasein muß leben­digeren Formen, strafferem Rhythmus der Bewegung weichen. Der umbrische Lyrismus, der perugineske Charakter seiner Werke treten

mehr und mehr zurück. Während der Jahre in Florenz bleiben die großen Aufträge noch aus, der junge Meister arbeitet für das mittlere

Bürgertum. Bei der Ausführung der Aufgaben - Madonnen, mehr­figurige Andachtsbilder und Bildnisse - erweist sich Raffael den

Künstlern der Stadt am Arno als verwandt und ebenbürtig. Von nachhaltiger Wirkung bei dieser Entwicklung waren auch seine Kon­takte zu Fra Bartolommeo, dem malenden Dominikanermönch von San Marco in Florenz. Seine Bilder mit ihrem einfachen, klaren Auf­

bau, der feierlichen Grundstimmung und den großen Gebärden der Gestalten zogen den jungen Raffael an, und es kam in den Jahren ihrer

Freundschaft zu wechselseitiger Beeinflussung. In Peruginos ähe hielten sich Raffaels Madendarstellungen die Waage mit anderen Heiligenbildern, biblischen Szenen und Porträts. Erst in Florenz wird er der »Madonnenmaler«. och immer ist die

KircheTrägerinder Ideologie; wenn die Künstler in dieser Zeit auch

neue Stoffe aus der antiken Mythologie und in zunehmendem Maße Porträts gestalteten, bleiben religiöse Themen doch vorherrschend. Vordringliche Aufgabe der Künstler dieser Zeit war es, die Macht der Kirche, ihrer Hauptauftraggeberin, zu stärken, ihre Dogmen durch

Bildhaftmachen biblischer Legenden und überlieferter Heiligen­

geschichten zu festigen. Seit den Anfängen altchristlicher Kunst im

2.. Jahrhundert hatte die bildende Kunst die Madonna dargestellt, einerseits in ihrer Rolle als erhabene Herrseherin und zum anderen als die Madonna, als »Unsere liebe Frau«, mit menschlichen Zügen, an

die sich das gläubige Volk hoffend und um Beistand bittend wenden

konnte. So nimmt es nicht wunder, daß Raffael sich ganz dem Thema der Madonna mit dem Kind zuwendet und damit dem Marienkult

zu höchster Blüte verhilft. Es gelingt ihm wie keinem anderen Maler vor und nach ihm, in zahlreichen Variationen zu immer neuen, über­raschenden Ergebnissen zu kommen. Dabei kann er seinen künstleri­schen eigungen in starkem Maße nachkommen. Betrachtet man die

Madonnen Raffaels ohne die schwärmerische Sentimentalität, mit der

das I9· Jahrhundert sie sah und nachahmte, so bleiben ihr hoher künstlerischer Wert und ihre starke Aussage erhalten. » ... Was sie an Zügen mütterlicher Innigkeit und kindlicher Anmut oder an

feierlicher Würde und seltsam übernatürlichem Wesen enthalten,

spricht so stark zu uns, daß wir hier nicht nach weiteren künstlerischen Absichten fragen .« Der Betrachter von heute kann sich mit dieser

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Auffassung des I9· Jahrhunderts (Wölfflin) identifizieren, wenn auch unsere Zeit zu Inhalt und Form der Kunst Raffaels ein anderes Ver­hältnis hat. Schon der junge Raffael erfüllt wie niemand sonst die Forderung der Hochrenaissance nach Schönheit und Harmonie; jedoch will der Künstler niemals nur das schöne Antlitz, das liebliche

Kind an sich darstellen. Seine überaus zahlreichen, gründlichen Vor­studien beweisen das Interesse an der ganzen Gruppe, am Zusammen­spiel ihrer Aktionen und am Beziehungsreichtum der Figuren unter­einander.

Wohl aus Raffaels erstem kurzen Aufenthalt in Florenz I504/05

stammt die »Madonna del Granduca«, die im Palazzo Pitti in Florenz

aufbewahrt wird. Mit ihr wird die Reihe der bedeutenden Madonnen­Halbfigurenbilder eröffnet. Ihre Unnahbarkeit wird bald zugunsren größerer Lieblichkeit aufgegeben; ihr einfacher, strenger Aufbau wandelt sich sehr bald zu bewegungsreicheren, komplizierteren For­

men. Parallel zu dieser Entwicklung verläuft auch die Abwandlung in ein verwandtes, von der Anlage her reicheres Thema- die Madonna

mit dem Kind und dem Johannesknaben. Hier wie bei den halb­figurigen Madonnen baut der junge Meister zunächst von der Form des Dreiecks ausgehend seine Kompositionen pyramidenartig auf.

Dieses Schema wird lange beibehalten, wenn es auch durch vielfache Drehungen und Bewegungsrichtungen nicht mehr so klar zutage tritt

wie bei den Frühwerken. Die epochemachende euerung ist in dem Bruch mit der floreminisehen Überlieferung zu sehen, die während des I 5. Jahrhunderts die Madonna und die Heilige Familie vielfach

noch in feierlicher Hoheit und Unnahbarkeit darstellte. Raffael führt

die Bestrebungen fort, die Madonna mütterlicher, menschlicher und lieblicher erscheinen zu lassen, und verleiht ihr nur selten - wie

bei der Si.'Ctinischen Madonna - feierliche Hoheit, Würde und Un­

nahbarkeit. Als Raffael I 508 Florenz verläßt, bleibt mit einigen anderen unvoll­

endeten Bildern auch die im Jahr zuvor begonnene sogenannte

»Schöne Gärtnerin« des Louvre zurück, die mit Ausnahme des Man­tels als eigenhändig gilt. Die Madonna sitzt in einer Landschaft, zu

ihren Füßen das Kind und der kleine Johannes. Mit leichter Hand hat der Meister hier eine Dreiergruppe von höchstem Reiz in vielfache

Bewegungs- und Blickbeziehungen zueinander gebracht. Die Ma­donna ist nicht mehr in hoheitsvoller Strenge dem Betrachter gegen­

übergestellt, sie gibt sich ganz menschlich und mütterlich im Umgang mit den Kindern.

In wie starkem Maße der junge Maler aus Urbino ein Suchender ist, wird an einem der Hauptwerke aus den Florentiner Jahren, der I 5 07

entstandenen »Grablegung« der Galleria Borghese in Rom, offenbar.

Schon die Studien sprechen von seiner Auseinandersetzung mit den

verschiedensten Einflüssen, die in Florenz auf ihn wirken. Von einer

verhaltenen Beweinung gelangt Raffael zum Thema der Grablegung, das in der dramatischen Steigerung seine völlig veränderte künstle­

rische Haltung aufdeckt. och ergeben die Anregungen aus Werken von Mantegna, Signorelli, Michelangelo und von antiken Sarko­

phagen uneinheitliche, zum Teil noch unbefriedigende Lösungen. Aber sie bedeuten den ersten großen Schritt auf dem Weg zu einem neuen, eigenen Stil.

Von Florenz aus hat Raffael mit Sicherheit zweimal, I 5 o6 und I 5 07,

seine umbrische Heimatstadt besucht und besonders während des zweiten Aufenthaltes die Kontakte zum Hof von Urbino und zu den

Humanisten um Castiglione erneuert; dabei nahm er an den gelehrten und literarischen Gesprächen teil, die schließlich in dem von Casti­glione verfaßten »Cortegiano« ihren Niederschlag fanden. In diesem für die Zeitgenossen bedeutungsvollen kleinen literarischen Werk

wird das Wunschbild des vollkommenen Renaissancemenschen ent­worfen. Die Verbindungen zu Hofleuten und Gelehrten konnten für

Raffaels zukünftige gesellschaftliche Stellung von Wert sein. Die Ewige Stadt Rom war nach dem Tode des Lorenzo de' Medici

(I492) in Florenz zum geistigen Zentrum der Renaissance geworden und galt als »Kampfplatz der Talente«. Die Stadt am Tiber muß den

lernbegierigen, begeisterungsfähigen jungen Raffael sehr angezogen haben. Im Jahre I 508 betritt er römischen Boden. Vielleicht hatte er Florenz verlassen, weil ihn das Ausbleiben großer Aufträge ent­täuschte. Ungewiß bleibt auch, ob er ganz aus eigenem Antrieb nach

Rom kommt, ob eine Berufung durch den Papst vorlag oder ob er

-wie Vasari berichtet - seinem Landsmann, dem großen Baumeister

Bramante, gefolgt ist. Dieser war gerade von Papst Julius IJ. mit dem

eubau der Peterskirche beauftragt worden. Der gewaltige kriege­rische Papst aus dem Geschlecht der Rovere wollte durch großartige Bauten mit monumentalen Dekorationen Denkmäler errichten, die beredtes Zeugnis seiner Macht und der der Kirche schlechthin ablegen

sollten. »Der Papst will Herr und Gebieter der Welt sein«, schreibt der venezianische Gesandte in Rom. Vergrößerung und Verschönerung

Roms geschahen mit einer verschwenderischen Pracht, wie sie vorher durch Papst Alexander VI. für das weltliche Königreich seines Sohnes

Cesare Borgia entfaltet worden war. Im Vatikan ließ Julius II. einige Räume seines Palastes, die von dem verhaßten Vorgänger benutzt

worden waren, umgestalten. Zur Ausschmückung dieser Stanzen waren mehrere Künstler herangezogen worden, unter ihnen Peru­

gino, der infolge von Intrigen, an denen wohl auch Raffael beteiligt war, so wie die anderen Künstler seine Arbeit aufgeben mußte zu­

gunsten des neuen Sterns am römischen KunsthimmeL War Raffael

zunächst neben den anderen tätig, so gelingt es ihm sehr bald, durch

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Raffael und Sodoma - Ausschnitt aus der »Schule von then«.

Fresko I 509-I 5 I 1. Rom, Palazzo Vaticano, Stanza della Segnatura

seine Kunst und sein von Zeitgenossen wiederholt gerühmtes freund­lich-heiteres Wesendie Gunstdes Papstes zu gewinnen. Er wird schließ­lich I 509 mit der Ausgestaltung aller Räume, das heißt mit der Anlage

monumentaler Fresken an Decken und Wänden, beauftragt und soll

die bereits ausgeführten Partien seiner Vorgänger unberücksichtigt lassen. Schon im ersten Jahr arbeitet er mit Gehilfen und Schülern. Das Programm der Stanzen entbehrt jeder Parallele in der Geschichte

der Malerei. Der Papst wird im wesentlichen die Wahl der Themen getroffen haben, beraten von Gelehrten und Theologen, die unbe­

kannt blieben. Auch Raffael, der enge Verbindung zu Humanisten

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und Dichtern Roms pflegte und in ihrem Kreis beraten und zugleich verehrt wurde, konnte wohl an der inhaltlichen Konzeption der vo:­gegebenen Themen mitwirken.

Macht und Einheit des römischen Kirchenstaates waren von innen und außen gefährdet, und es galt, neben der Vertreibung der Fran­

zosen und Spanier von italienischem Boden, die Ideen des Papsttums zu festigen und sichtbar zu machen. Historische Begebenheiten, wie etwa die Begegnung Papst Leos I. mit König Attila im Jahre 452,

wurden zum Anlaß genommen, die Erfolge Julius' II. im Kampf gegen die Franzosen durch Verlegen der Schauplätze darzustellen.

Die Absicht wird noch deutlicher, wenn Raffael Leo I. die Züge J ulius' II. verleiht. Hier und in vielen anderen Beispielen wird bewußt die Vergangenheit verallgemeinernd herangezogen, um den Glauben und das Vertrauen auf die göttliche Sendung des Papsttums neu zu

erwecken. Die Allegorien in der Stanza della Segnatura, dem ersten von Raffael ausgeführten Zimmer, haben vier geistige Disziplinen zt:m

Thema: Theologie, Philosophie, Poesie und Rechtswissenschaft. Der Künstler \\'ird den hohen Anforderungen vom Inhaltlichen her ge­recht und meistert das detaillierte Programm mit großem Einfühlungs­vermögen. Außerordentlich gründlich sind seine Vorarbeiten und die

unter seiner Anleitung entstandenen vorbereitenden Studien - allein

zur »Disputa« existieren etwa 45 Zeichnungen. Bei der nlage von Wand- und Deckenfresken in den verhältnismäßig kleinen Sälen hat er eine glückliche Hand. Organisch fügen sich alle Teile zu einem ein­heitlichen Ganzen zusammen. In der frühesten Stanze, deren Dekora­

tionen zwischen I 509 und I 5 I I entstanden, werden durch verschie­

dene farbige Grundwerte Unterscheidungen vorgenommen und Ak­zente gesetzt. Hier ist der Meister an der Ausführung am stärksten

beteiligt, während in den folgenden Sälen vorwiegend mit der Arbeit der Werkstatt zu rechnen ist. Der Erhaltungszustand der Fresken

läßt ein Scheiden der Hände in den meisten Fällen nicht zu. Für die Gesamtheit der Darstellungen jedoch trifft zu, daß nicht nur das Pro­

gramm den Beschauer beeindruckt, sondern seine großartige Aus­führung, die das Ensemble zur Wirkung bringt, nicht Einzelgestalt

oder -kopf herausheben will. Dominieren in der Stanza della Segna­tura noch die Elemente der Ausgewogenheit, Ruhe und klassischen Schönheit, so beschreitet Raffael mit den Fresken der Stanza d'Elio­

doro, besonders mit der »Vertreibung des Heliodor«, neue Wege.

Dramatische Spannung und gesteigerte Bewegung nehmen bereits vorweg, was erst im Barock zum charakteristischen Stilmerkmal wird. Raffaels neuer Stil arbeitet mit starken Kontrasten, mit leidenschaft­

licher Linienführung. Während der Arbeiten in den Stanzen festigt sich die Stellung des Künstlers zum Vatikan immer mehr; gleich­

zeitig mit der letzten Wand der zuerst ausgeführten Stanza della

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Landschaftsausschnitt mit Hausbau vom linken Hintergrund der »Disputa«. Fresko. r 509. Rom, Palazzo Vaticano, Stanza della Segnatura

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Segnatura nach der Mitte des Jahres I 5 I I ergeht an Raffael der Auf­trag, den Papst zu porträtieren. Im September I 5 I 3 wird das Bildnis Julius' II. eine Woche lang in der Kirche Santa Maria del Popolo ausgestellt - sichtbares Zeichen für die Wichtigkeit dieser Aufgabe,

die des Künstlers Ruhm noch vergrößerte. D ie monumentale Historienmalerei Raffaels ist mit den vatikanischen

Stanzen noch nicht erschöpft, sie wird fortgeführt in einem großen Auftrag, den der Meister wahrscheinlich noch im Einsetzungsjahr des

neuen Papstes aus dem Hause Medici, Leos X., I 513 erhält: Für die Sixtirrische Kapelle sollen zehn Bildteppiche mit Szenen aus dem

Leben der Apostel Petrus und Paulus gefertigt werden. achden I 5 I 5 begonnenen Kartons von Raffael wurden die Teppiche in der Manu­

faktur des Pieter van Aelst in Brüssel gewebt. Sieben der zehn Vor­lagen sind erhalten und werden im Victoria and Albert Museum in

London aufbewahrt. Spätestens 15 2 I hingen alle Teppiche an ihrem Platz, ein bewegtes Schicksal zwischen Plünderung, Veräußerung,

Entwendung und Rückkauf führte sie I BoB endgültig dem Vatikan zurück. Obwohl die mit Leimfarbe auf Papier gemalten Kartons nicht in gutem Erhaltungszustand sind - schon in der Aelst-Werkstatt wurden sie zur besseren Handhabung beim Weben in Streifen ge­

schnitten-» . . . bieten die Kartons als Ganzes eine erschöpfende Vor­stellung von der Stilform Raffaels im Zenit seines Schaffens« (Dussler).

Ohne Mitwirkung der Werkstatt war eine Aufgabe dieses Formats

nicht zu bewältigen. Wesentlichen Anteil an der Ausführung der vom Meister genial konzipierten Szenen von klassischer Größe schreibt die

neuere Forschung Francesco Penni und Giulio Romano zu. Thema­tisch ist wieder, wie in den für Julius II. ausgemalten Sälen des Vati­

kans, die Glorifizierung des Papstes und seines Amtes bei der Auswahl

der Heiligengeschichten und der Begebenheiten aus dem Leben Leos X., die auf den Rahmenbordüren dargestellt sind, in den Vorder­

grund gerückt. Von Jahr zu Jahr vergrößert sich das Arbeitsfeld Raffaels. Die viel­seitigen und umfangreichen Aufträge sind nur mit einer gut organi­

sierten großen Werkstatt zu lösen. Außer Giulio Romano, der stärk­sten Künstlerpersönlichkeit unter den Mitarbeitern, werden beson­ders Francesco Penni, Giovanni da Udine, Perino del Vaga und

andere genannt. Vasari berichtet dazu: »Immer unterhielt er zahl­reiche Leute an der Arbeit.« An ihren Aufgaben, an ihrer Entwick­

lung nahm er durch Vorbild und Anleitung teil, » ... liebevoll, als

wären es nicht Künstler, sondern seine eigenen Söhne«. eben der Monumentalmalerei der vatikanischen Stanzen entstehen

die besten und reifsten Variationen des Madonnenthemas. Von den zahlreichen römischen Madonnen seien hier nur drei weltbekannte

Beispiele genannt: die »Sixtinische Madonna« in Dresden, die »Ma-

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donna della Sedia« in Florenz und die »Madonna della Tenda« in München. Sie stammen aus der Zeit von I 5 I 2 bis I 5 I4 und beweisen wie alle anderen Skizzen und Gemälde gleichen Inhalts, daß Raffael auch in seiner römischen Periode am Madonnenthema arbeitet und

es immer wieder schöpferisch abwandelt. Aus dem Kreis seiner Freunde und Mäzene porträtiert er eine erhebliche Anzahl bedeuten­der Männer, K ardinäle und Fürsten, Wissenschaftler und Dichter. Im Frühjahr I 514 wird Raffael nach dem Tode Bramantes mit der Leitung des Bauamtes von Sankt Peter als dem größten kirchlichen

Bauvorhaben des Abendlandes durch Papst Leo X. betraut. Fra Gio­condo, der greise Mönch und Architekt, sowie Antonio da San Gallo

d . ]. unterstützen ihn mit ihrer Erfahrung und ihrem Können. Als

Fra Giocondo stirbt, ernennt der Papst Raffael am 1. August I 5 I 5 zum ersten Architekten der Bauhütte. Wir müssen vermuten, daß Raffaels Tatendrang und sein hoher persönlicher Einsatz es ermög­

lichten, auch den hiermit an ihn gestellten Aufgaben gerecht zu wer­den. Daß bei Vielseitigkeit und Umfang aller ufgaben mancher Auf­

traggeber jahrelang warten mußte, nimmt nicht wunder. Herzog Alfonso I. von Ferrara, einer der mächtigsten Mäzene Raffaels seit

I 5 I 3, mahnt ungeduldig bestellte Gemälde an. Sein Gesandter in Rom

berichtet ihm im Herbst 1 5 I 9 : »Ich traf Raffael auf dem Bauplatz von SanktPeter -er gibt sich wie Bramante.« Während seines Amtes

als Bauleiter, das er bis zu seinem Tode bekleidete, entstanden einige

P läne und Modelle, die dem Projekt Bramantes folgten, von denen jedoch bei dem schleppenden Bauvorgang nichts ausgeführt wurde.

Erst Michelangelo konnte als Zweiundsiebzigjähriger Bramantes Idee eines Zentralbaus vollenden. - Raffael wird die Überlastung

durch Aufträge des Vatikans bedrückend empfunden haben. Unter

dem rastlosen Papst Julius II. fand auch der Künstler keine Ruhe. Leo X. setzte die großen kulturellen Vorhaben fort, die Atmosphäre

am päpstlichen Hof wurde jedoch spannungsreicher, auch undurch­sichtiger.

Viele der führenden Köpfe aus dem engsten Kreis um den Papst ver­

ließen Rom: So schreibt Kardinal Bembo seinem Freund, dem Kar­dinal Bibbiena: »In dieser Epoche der Gemeinheit und Armseligkeit duldet kein Fürst um sich einen wahrhaft gebildeten Mann, der ihn

vom ichtigen zur Höhe weisen könnte. Darum wollen wir unsere Hoffnungen auf König Franz (I. von Frankreich) setzen.« Die schwie­

rige Situation des Künstlers wird in einem Brief beleuchtet, den der bereits erwähnte Gesandte des Hofes von Perrara seinem Herzog

schreibt: » .. . Raffael versichert mich immer wieder, wie viel lieber er Eurer Exzellenz dienen würde als diesem Hof.«

Raffael übernimmt I 5 I 5 ein weiteres hohes Amt: Er wird Konser­

vator der Altertümer Roms und Leiter der Ausgrabungen und erfüllt

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einmal mehr die Forderung der Renaissance nach Universalität. Mit Elan scheint er sich für den Wiederaufbau des antiken Roms einge­setzt zu haben. Er schickt seine Zeichner durch ganz Italien bis nach Griechenland, um möglichst genaueVorlagen für die geplanten Re­konstruktionen zu erhalten. Nach den Zerstörungen, die die auf­strebende Gesellschaft des I 5. Jahrhunderts dem alten Rom zugefügt hatte- selbst Bramante ließtrotz seiner Bewunderung für die Antike so viel vom Colosseum abtragen, wie er für seine Bauten benötigte -, siegten zum Ende des Jahrhunderts Konservatoren, Restauratoren und Sammler, wenngleich man ihre Methoden nicht mit der wissen­schaftlich fundierten Denkmalpflege unserer Tage vergleichen kann. In die Trauer um Raffaels frühen Tod mischt sich bei Freunden, Be­wunderern und Monographisten das Bedauern darüber, daß er mitten aus den Wiederherstellungsarbeiten herausgerissen wurde. Geplant war die Herausgabe eines Buches mit Darstellungen des alten Rom. Tatsächlich fand der Antiquar Jacopo Strada, dessen Bildnis uns durch Tizian überliefert ist, im achlaß Giulio Romanos und eines anderen Raffael-Schülers zahlreiche Architekturzeichnungen. Ein großer Teil ging offenbar verloren, vielleicht bereits im Jahre I 527 bei der Plünderung Roms durch die Söldner Karls V., so daß es nicht zu einer Herausgabe der Pläne kommen konnte. Das intensive Stu­dium Vitruvs, des römischen Baumeisters aus dem 1. Jahrhundert v. u. Z., wird auf Arbeiten wie diese gewirkt haben. Parallel zur Ausmalung der ersten Stanze des Vatikans hatte bereits Raffaels Tätigkeit als Architekt in Rom begonnen: Vermutlich ist der

kleine Rundbau von Sant' Eligio degli Orefici sein Erstlingswerk aus dem Jahre I 5 09. Ihm folgen unter anderen die Bauten des Palazzo Vidoni in Rom und des Palazzo Pandolfini in Florenz. Einige Pro­jekte blieben unvollendet, andere sind nicht mehr erhalten. Die Villa Maclama in Rom, für Kardinal Giulio de' Medici, den späteren Papst Clemens VII., nimmt eine Sonderstellung ein: Neben Bramantes Plä­nen für die vatikanischen Paläste sind Raffaels Entwürfe für die Villa Maclama das früheste Beispiel für die Einbeziehung des angrenzenden Terrains in die Gesamtplanung des Architekten, für die einheitliche Sicht von Architektur und Landschaft. Wie in den anderen Künsten waren auch in der Gartenkunst ausgewogene Proportionen und har­monische Verhältnisse oberstes Prinzip der Gestaltung. Neben weltlichen und kirchlichen Förderem und Bestellern hat vor allem ein Mann Raffaels Schaffen bestimmt: Agastino Chigi, der »gran mercante di cristianita« - erster Bankier im damaligen Rom, skrupelloser, genießerischer Machtmensch, dabei Freund und För­derer der Künste. Die Art seiner Aufträge fesselte den Urbinaten offenbar so, daß Chigi bevorzugt behandelt wurde und nie jahrelang auf Bestellungen warten oder, wie zum Beispiel der französische Herr-

Gewölbefeld mit den drei Grazien und Amor. Fresko. Um I 5 I8. Rom, Villa Farnesina, Erdgeschoßloggia

scher Franz I., mit Werkstattarbeiten vorlieb nehmen mußte. Als Komplexprogramm führte der jetzt fast dreißigjährige Künstler eine Grabkapelle an der Kirche SantaMariadel Popolo in Rom für Chigi aus - ein lichter Kuppelbau von klassischen Abmessungen und fast barocker Bewegung in der Wandgliederung. Sämtliche Entwürfe für die Dekorationen des Raumes einschließlich des Kuppelmosaiks gehen - zumindest in der Idee - auf Raffael zurück. Für die Villa Farnesina, die im Auftrag Chigis erbaut worden war, entwickelt Raffael ein

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dekoratives Programm und malt vermutlich 1512 ein vorzügliches Fresko im Gartensaal der Villa, das den Triumphzug der Galatea zum Inhalt hat. Ist der ~feister hier wohl eigenhändig am Werk, so arbeitet die Werkstatt vornehmlich 15 I 8 an den Fresken der Erdgeschoß­

loggia. Auch hierfür ist Raffael der Erfinder der Gesamtkonzeption und wird wahrscheinlich mehr als die erhaltenen Einzelentwürfe

seinen Schülern als Vorlage gegeben haben. Den Hauptanteil bei der Ausführung übernahm Francesco Penni. Auf Wunsch Agostino Chigis sind Szenen aus der Geschichte von Amor und Psyche gewählt - ein heiteres, sinnenfreudiges Treiben der Götter\\'elt ergießt sich

über die tonnenge\\·ölbte Decke der langgestreckten ursprünglich zum Garten offenen Halle. Außer diesen Werken für Chigi sind Entwürfe

für kleinere dekorative Gegenstände seines Wohn- und Lebens­bereichs erhalten, die einmal mehr von der Vielfältigkeit der Auf­

gaben Raffaels und seiner Werkstatt zeugen. Wir können mit Sicher­

heit annehmen, daß der Künstler seinen Freund und Gönner por­trätiert hat und daß das Bildnis wie zahlreiche andere Arbeiten zu­

grunde gegangen ist. Ein Jahr nach Fertigstellung der Farnesinischen Fresken - 1 5 19 -kann ein weiteres beachtliches Werk an seinen Besteller Papst Leo X.

übergeben werden. Raffael hat in dem von Bramante begonnenen

Trakt des vatikanischen Palastes nach dessen Tod eine offene Loggia erstehen lassen, deren Aache Kuppelwölbungen zwischen den ein­

zelnen Jochen mit Szenen aus dem Alten Testament dekoriert sind, während sich über Pfeiler und Wände wie ein Teppich figurendurch­setzte Ornamente ranken, die in ihrer spielerischen Heiterkeit den

Ernst der biblischen Geschichte zu negieren scheinen. Raffael » ... hat

hier in den vatikanischen Loggien ein Ganzes erdacht: in ihm ver­einigte sich die Kraft des Architekten, des Dekorateurs, des großen

Erzählers in Bildern« (Fische!). Schon die zeitgenössischen Quellen heben Raffaels Erfinderrolle hervor, die Hände der ausführenden

Werkstattmitglieder bei dieser Gemeinschaftsarbeit zu scheiden ist

fast unmöglich.

Bis zu seinem frühen Tode am 6. April I 5 2.0 arbeitet Raffael im Auf­trag von Kardinal Giulio de' Medici an der I p8 begonnenen »Ver­klärung Christi« für dessen Bischofskirche in arbonne. Von der

12

Konzeption her ungewöhnlich - nebeneinander werden die Ver­

klärung und die I leilung eines besessenen Knaben erzählt-, wirkt das von der Werkstatt I 5 2.2. vollendete Bild nicht in dem Maße als ein­heitliches Ganzes wie eigenhändige oder bis zur Vollendung vom

l\Ieister überwachte Leistungen. Von hervorragender Qualität jedoch sind die Zeichnungen Raffaels, die in der Vorbereitung des Bildes und

\\'ährend der eigentlichen Arbeiten entstehen. llier werden letzte Tiefen seelischen Ausdrucks in feinen Differenzierungen wieder­gegeben, die von scharfer Beobachtungsgabe und intensivem Ein­dringen in psychische Vorgänge sprechen.

An enthusiastischen Beurteilungen Raffaels durch Zeitgenossen fehlt

es nicht. Das Bild von dem durch Genie und liebenswertes Wesen gekennzeichneten »Liebling der Götter« wird vielfach entworfen. In der Dichtung des Sturm und Drang !dingen die heroischen Züge in seinem Leben und Werk wieder an: G oethe nennt ihn den » Iänn­

lichen, Dämonischen«. Tatsächlich zog er ganze Kunstepochen in

seinen Bann. Die unmittelbaren achwirkungen sind nicht sehr er­freulicll; seine Schüler erstarren in Manier und Eklektizismus. Ma­

nierismus, Barock und Klassizismus nahmen bei unterschiedlicher 1\neignung viel von seinem Werk auf.

Die große Wirkung auf die Kunst der ersten] Jälfte des 19. Jahrhun­derts ist nicht auf künstlerischer Tradition begründet, sondern auf der

Verherrlichung seiner geistigen \'(ferte und Leistungen. Dieses Be­

greifen vom Gedanken her führte zu Versuchen der Nachahmung, die ohne Verständnis für die absolute Einheit von Inhalt und Form

bleiben mußten zu einer Zeit, die oftmals die Materie mißachtet und

die Gesetze der Gestaltung nicht mehr erkannt hat. Die Ergebnisse

selbst der besten Bestrebungen - zum Beispiel bei den Nazarenern, jener Gruppe deutscher Künstler, die in Rom arbeitete - bedeuten

keine echte Erneuerung der religiösen Malerei. Die von Rafrael erreichte Klärung der Form, die Harmonie in Ge­

samtkonzeption und Detail, die vollendete Ausführung künstlerischer Vorhaben aus einer Sicht des Ganzen, nicht zuletzt Anmut, Schönheit

und Grazie einerseits so,vie Kraft und Ausdrucksstärke andererseits

sind Merkmale einerneuen Zeit, die einen neuen Typus des Menschen und Künstlers hervorzubringen vermochte.

Page 14: Raffael  28_welt_der_kunst_29_-_1983

Die Zeit und der Künstler

Italien bot durch seine Ent1vick!tmg günstige Voraussetzungen fiir die Ent­

stc!mng der Rmaissance: Bereits seit dem I 2. Jahrhundert 1vm· es die Briicke

fiir den 1-iandel z1vischen dem Osten und W esteuropa. Die Verbindungen mit

anderm Ländern enveitertm dm geistigm Horizont tmd fiirderten die rasche

EntJvickltmg VOll Wissmschaften, Literatur und bildmden Kiinsten. Bis zum

I f· Jahrhundert dauerte die Blütezeit der Städte Nord- und Mittelitalims an,

in denen Hand)IJerk und Bank1vesen gediehmunderste Anfänge kapitalistischer

Produktion tt. a. in Florenz und Genua bereits im I 4· und I f· Jahrhundert vor­

banden waren. >>Es 1var eine B esonderheit der Rmaissance in den Ländern

Jf7esteuropas, daß mit der Ent1vicklung der netten Basis im Schoße des Feuda­

lismus aucb der entsprechende Überbau, das heißt auch die bürgerliche Kultur

im Schoße des Feudalismus, lange vor der ojfenm sozialm Revolution, vor dem

politischen Sieg des Bürgertums iiber den F eudalismus entstand. << (Große

Soujet-Enzy klopädie) Das L and 1var in Stadtrepubliken tmd Kleinstaaten

zersplittert, die aus iikonomischm Griindmnicht an der volitischen Einheit und

an einem zentralisierten Bimtm- und Außenhandel iltteressiert 1varen. Luxus

und R eichtum gediehm, und das Machtstreben der berrschmdm Schichten stellte

den Kiinstm, die sich frei entfaltet/ konntm, große repräsentative und dekorative

Aufgabm. In der letzten Phase der R enaissmtce in !ta/im, besonders in der

ersten 1-iä!fte des Io. Jahrhtmderts, brach 111it der H ochrenaissance eine Zeit

hiichster Blüte fiir die bildende Kunst an. Auch in den Wirrm der italienischm

Kriege (I 4 9 4-I J J 9), in dmen französische und spanische Tmppen das L and

l'enviistetcn tmd die Wirtschaft tmteJgrttbm, verlore11 die Kiinste 11icht an B e­

deutung.

Florenz ent1vickelte sich tmter der H errschaft der .Medici (I4JO-I494) zu

einem Zentrum der R enaissancekultur; noch im ersten Jahrzehnt des Io. Jahr­

hunderts übernahm Rom die Rolle der Kunstmetropole, zunächst unter dem

Mäzen tmd Hauptatiftraggeber Papst Julius II. (Pontifikat I JOJ- I J I;) . In

beiden Zentrm1virkte Rajfael. Die Außerungen seines Genies 1vam1 begünstigt

durch viele Umstände, vor allem durch sein L eben und Wirkm in einer der

progressivstm Perioden der Geschichte überhaupt, in einer Zeit, ))die Riesen

brauchte und Riesen zeugte, Riesen an D enkkraft, Leidenschaft tmd Charakter,

an Vielseitigkeit und Gelehrsamkeit(( (Friedrich Engels).

1481- 148 3 Sandro Botticelli, Domenico Ghir!andaio, Pietro P erugino, Ber­

nardino P inturicchio und Luca Signore/li malm die Wandfreskm in der Sixti­

nischen Kapelle des Vatikans, dabei entfällt auf Perugino das Thema ))Über­

gabe der Schlüssel an P etruS« (I482).

1482 In der Kirche des Hospitals Santa .Maria Nuova von Florenz 1vird der

Porlinari-Aitar von Hugo van der Goes aufgestellt.

1483 Karl V III. 1vird Känig von Frankreich. In England besteigt nach

Kiinig Ed1vards I V . Tod und der Ermordung seines Sohnes Richard JJOn Glau­

cester als Richard III. dett Thron.

Am 6. April wird Raffaello Santi in Urbino geboren.

1484 Papst Sixtus IV., Erbatter der Sixtinischen Kapelle, stirbt. Einsetzung

Papst Imzocmz' V III.

1486- 1487 Bartolomeu D iazerreicht das Kap der Gutm H o!Jiumg.

1492 Alexancler V I. aus dem Hame B orgia 1vird Papst. L orenzo de' Nfe­

dici, Fiirderer der Florenliner Künstler, stirbt.

1492- 1493 Christoph K olumbus entdeckt in spanischen D imstm Ameri.ka.

1493 Kaiser A1aximilian I. ))erJväblter riimischer Kaiseru, als deutscher

Kaiser nicbt in Rom gekrönt.

1494 Beginn der italimischen Kriege (bis I J 59) mit Invasionen Frankreichs

und Spaniens. N ach der Einnabme von Florenz durch Kar/ VIII. 1verden die

Afedici aus Florenz vertrieben. Unter dem Einfluß des D ominikanerm!inds

Savonarola erhält Flormz eine theokratisch-demokratische V e1jassung.

Giovanni Santi, der Vater Raffaels, Maler und Dichter am Hof von

Urbino, stirbt drei Jahre nach dem Tod seiner Prau Maria Ciarla. ach Vasari hat der Vater selbst den Knaben noch in die Werkstatt

Peruginos nach Perugia gebracht.

1495 Reichstag zu Worms. Papst Alexander VI., D eutschland, Maifancl,

Venedig und Neapel vereinigen sich in der L iga von Vehediggegm Kar/ V III.

1497/98 Hans Holbein d.J. in Augsburggeborm.

1497-1499 Vasco da Gama entdeckt fiir P ortugal dett Smveg 11ach Vorder­

indien.

1498 Savonarola Jvirdgestiirzt und auf dem M arktplatz von Flormzgehenkt

und verbrannt.

I n M ailand vollendet L eonardo da Vinci das Fresko »Abendmahl« fiir

Santa Maria delle Grazie. A lbrecht Diirers »Apoka(ypse« entsteht.

1499 Amerigo Vespucci aus Florenz umsegelt die K üsten Südamerikas; nach

ibm 1vird der mue Erdteil Amerika benannt.

Donato Bramante aus Urbino, als Architekt Vollender der H ochrenaissance,

iiber siedelt aus Mailand nach R om.

Als Schüler und Gehilfe Peruginos arbeitet Raffael am Cambio (1-Ian­

delshaus) in Perugia mit. Die Zeit zwischen seinem 12. und 17· Le­

bensjahr liegt völlig im Dunkel.

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r 5 oo 1-fieroi!JIIItiS Boscb malt sein Triptychon JJ Gartm der Lüste<< ( Prado).

Raffael leitet die kleine Malerwerkstatt des Vaters und arbeitet mit einem Mitarbeiter- Pian di Meleto - zusammen.

1501 Für San Agostino in Citta di Castello malt Raffael im Auftrag des Andrea Baroncio zusammen mit Meleto das Altarbild »Der heilige

ikolaus von Tolentino«. Raffael wird als »magister« bezeichnet.

r 502 Cesare B orgia erobert die R omagna, die ihm von seinem Vater, Papst

A lexander VI., als H erzogtum zugesprocbm 1var. Eilt J ahr später wird er

von dm S paniem, die N eapel und Sizilim besetz tm, gefcmgengenommen.

Bauemaufstalld in D eutschland.

I 503 Einsetzung Papst J ulius' 11. aus dem Hause Rovere.

L e011ardo malt in Rom das Bildnis der A1ona L isa (Louvre) .

I 503- 1504 Raffael malt »Die Vermählung der Maria« für die Kirche San Francesco in Citta di Castello (Mailand, Brera).

15 04 N eapel gerät tmter spanische H errschaft. Mit Pbilipp I!. von Kasti­

liw tritt das H aus Habsburg in Spa11ien die A1acbt an.

Micbelangelo beginnt im Ratbaus vo11 Florenz ( Palazzo Vecchio) das F resko

))Schlacht bei Cascina <<. Vor dem Ratbaus wird sein JJDavid« aufgestellt.

L eonardo begilmt dm Karton zur ''A"gbiari-Scblacht« fiir den Ratssaal des

P alazzo V eccbio.

Zum Jahresende übersiedelt Raffael nach Florenz. Hier setzt er sich intensiv mit großen Künstlern der Renaissance wie Leonardo und Michelangelo auseinander.

150 5 Giorgione malt in V enedig ''Das Ge1vitter« (Venedig, A kade111ie) .

Micbefangelo ent1viljt das Grabmal fiir julius !I. , das in Sankt Peter in R om

aufgestellt 1verden soll. L ucas Cranach d. A'. 1vird vo11 Friedricb dem Weism

011 den kursäcbsiscbm Hof nach Wittenberg gemfm und gründet hier eine

IP erkstatt . Diirer unternimmt seine z1veite l taliettreise (bis I J o 7), 1vährw d

der er sich längere Z eit in V enedig mifhält und das JJ R osenkranzfest« malt.

Fünfzehn Madonnenbilder entstehen in Raffaels Florentiner Jahren, davon jetzt u. a. die »Madonna del Granduca« (Florenz, Palazzo Pit­ti), die »Madonna Esterbazy« (Budapest, Museum der Bildenden K ünste), die »Madonna Terranuova« (Berlin [West], Staatliche Mu­seen), die sogenannte »Kleine Madonna Cowper« (Washington, a­tional Gallery of Art) und die »Madonna mit dem Stieglitz« (Florenz, Uffizien).

I 5 o6 Gmndsteinlegung des Neubaus der Petcrskirche in R om. B auherr ist

Papst Julius I!. , Baumeister Bramattte, ab I J I J leitet R affael den Bau, von

I J 47- I J 64 M ichelangelo. Die L aokoon-Gmppe aus spätantiker Zeit 1vird

in Rom entdeckt.

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15 07 Nikolcws K op em ikus beendet sein H auptll'erk JJ D e revolutionibus or­

bium coelestium«, mit dem er das neuzeitliebe heliozwtriscbe W eltbild begründet .

Raffael beendet die Arbeiten an der »Grablegung Christi« für San Francesco in Perugia (Rom, Galleria Borghese) und malt u. a. eines der schönsten Madonnenbilder, die sogenannte »Schöne Gärtnerin« (Paris, Louvre). I m Oktober ist Raffael in Urbino und hat wahrschein­lich erneut Kontakte zum Hof.

I 508 Gründung der L iga VOll Cambrai z1viscbm A1axilllilian I. , Lud1vig

XII., P apst Julius I!. tmd F erdinand von Aragon.

Im ovember übersiedelt Raffael nach Rom.

I 508-I 509 T izian arbeitet in K onkurrenz mit seinem L ebrer Giorgione an

den Fassadmfreskm des F ondaco dei T edescbi ( Katifham der D eutschen) in

Venedig am R ialto. Giorgione malt die JJRubmde Vemts<< (Dresden, Gemälde­

galerie) , vollendet I J I o.

15 08- 15 12 A1ichelangelo arbeitet an der D ecke der Sixtinischen Kapelle im

Vatikan. P emgino beginnt mit der Ausgestaltung der Stanza dell'Incmdio

ebendort; Intrigm z1vingm ihn, R om z u verlassen.

1509 ~Heinricb V III. 1vird Kö'nig von England und regiert bis I J -17 ·

Anfang des Jahres beginnt Raffael die Ausschmückung der Stanzen des Vatikans für Papst J ulius II., zunächst die Stanza della Segnatura. Als Architektprojektierter die Kirehe Sant'Eligio degli Orefici in Rom.

15 10 Giorgione stirbt in Vwedig an der Pest , itt Flormz stirbt B otticelli.

I 5 IO- I 5 Ir Raffael arbeitet mit Gehilfen an den Fresken der Stanza

della Segnatura, vor allem an den Gemälden der »Disputa«, »Schule von Athen« und des »Parnaß«.

1 5 11 P apst juli11s !I. kä111pft tnit der ,,H eiligen L iga« gegen die Franzosen,

B ologna ist z eit JVeilig besetzt .

I 5 12 Die spaniscbetz Truppm verireibm die Franzosen am I talien. D anach

z ieht .MassillliliatiO Sforza, der Sohlt L odovicos, 1Vieder in Nfailand ein. In

F lormz 1verden die vertriebenetl Medici vom Papst 1vieder eingesetz t .

Raffael arbeitet mit seiner Werkstatt an den Decken- und Wand­gemälden und Dekorationen der Villa Farnesina für Agastino Chigi (am r. Januar 1519 als vollendet bezeichnet) und an der Stanza d'Eliodoro des Vatikans. Es entsteht das Bildnis des Papstes Julius II. Raffael errichtet den kleinen Zentralbau der Cappella Chigi bei Santa Maria del Popolo in Rom.

15 I 3 Einsetzung Papst L eos X ., Sohn des L orenzo de' M edici. Sein)ii11gerer

B ruder Giuliano 1vird Gonfaloniere ( Oberbefeblshaber der p äpstlichm Trup­

pen) . N iccolo M acchiavelli legt in seinem Buch )/I I Principe« ( D er Fiirst) die

ideellen Gm11dlagm fiir eine Politik der Zmtralge1valt und D iktatur, die die

B efreiung von der F remdherrschaft tmd die Einheit I talims zum Ziel hatte.

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IP3-15I4 Diirers Kupferstiche >>Ritter, Tod tmd Teufel<<, »Hiero'!)lmus im Gehätlse<< und >>Melartcholie<< mtstehm. Als Krönung der Madonnenbilder Raffaels entstehen die »Sixtinische Madonna« (Dresden, Gemäldegalerie), die »Madonna della Sedia« (Florenz, Palazzo Pitti) und die »Madonna della Tenda« (München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen ).

I 5 I4 Bauernaufställde in D eutschland tmd Ungam. Tiziall malt dm >>Zinsgroschem< ( Dresdm, Gemäldegalerie) .

ach dem Tod Bramantes wird Raffael der Leiter des Baues von St. Peter in Rom. Er ist wohl auch an der Konkurrenz für San Lorenzo in Florenz beteiligt. Die Arbeiten an der dritten Stanze des Vatikans, der Stanza dell'Incendio, beginnen und werden I 5 17 vollendet. Der Anteil der Werkstatt an den Arbeiten wird immer größer.

1 5 I 5 Franz I. von Artgou/eme 111ird Kijnig 11011 Frankreich; im gleichen Jahr fällt er in Italien ei11 und erhebt Anspmch auf Norditalim. Der Papst schließt Friedm mit Frankreich. Mattbias Griirmvald vollendet dmlsenheimer A ltar. In der Raffael-Werkstatt entstehen Kartons für die Gobelins der Six­tirrischen Kapelle. Zahlungen dafür erfolgen I 515 und I 5 I6. Sieben der zehn in Brüssel gewebten Teppiche werden I 5 I 9 aufgehängt. Ab I 5 I 5 leitet Raffael den eubau der Peterskirche. Er wird zum Kon­servator der antiken Bauwerke Roms berufen. Die Rekonstruktions­maßnahmen beginnen. Im ovember ist er mit dem Papst in Florenz, möglicherweise auch in Bologna. Raffael besitzt mehrere Grund­stücke, auf denen er zum Teil Um- und Neubauten vornimmt.

15 I6 Thornas Morus (I 478-I J 3 J), Staatsphilosoph tmd Kanzler H ein­richs VIII., der ihn hinrichtet~ ließ, verfaßt die >>Utopia«, den ersten staats­philosophischen Roman der Neuzeit. Das bedeutendste Rmaissanceepos i!L'Or­

lando furioso« von Ludovico A riosto (I 474-I J 33) erscheint.

I 5 I 7 Am 3 I. Oktober schliigt Marti11 Luther 9 J Thesm an die Scbloßkirche zu Wittenberg - die Reformation begilmt. Die Arbeiten an Raffaels letztem Werk, der »Verklärung Christi« (Rom, Vatikan), beginnen. Aus den Jahren von I 5 I7-I 5 20 stammen die achrichten in der Korrespondenz der ferraresischen Geschäfts­träger in Rom von der ·· berlastung Raffaels. Der Meister erwirbt im Borgo, einem Stadtteil Roms, in dem vermutlich mehrere Häuser nach seinen Entwürfen existierten, den Palazzo Carpini.

I 518 Jacopo Tintoretto 111ird itl Venedig geborm, ebmda stirbt er I J9 4· Raffael beginnt mit der Arbeit am Bericht über die römischen Aus­grabungen im Auftrag Papst Leos X.

I 5 I 9 König Kar/ I . VOfl Habsburg lllird als Kar/ V . zurn Kaiser gelvählt. L eonardo da Vinci stirbt in Schloß Cloux bei Amboise in Frankreich. Im Sommer ist die Ausmalung der Loggien des Vatikans beendet. Raffael hatte die Arbeiten an dem von Bramante begonnenen Bau seit I 5 t 4 fortgeführt.

t 5 19-I 5 22 D er Portugiese Magalhaes durchfährt in spanischeil Dimstm als erster dm Indischen Ozean.

I 5 20 Papst L eo X . 111irjt Luther und seine Anhänger in dm Bann. Thotnas

Miintzer ( I 49 o-I J 2 J) predigt it1 Z111ickau fiir die Sache der Reformation und verwsacht Unruhen der Tuchknappen.

Am 24. März verhandelt Raffael noch über den Kauf eines Grund­stücks in der Via Giulia. Am 6. April stirbt Raffael in Rom nach achttägiger Krankheit am Fieber und wird am Tage darauf im

Pantheon beigesetzt. Sein Epitaph trägt folgende Inschrift: »Hier ruht Raffael; von ihm, solange er am Werk war, mußte die schöpfe­rische atur fürchten überwunden zu werden, und als er starb, mit ihm zu sterben.«

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1 Selbstbildnis

38,1x26,7 cm. Kreidezeichnung. Um 1497.

Oxford, Ashmolean Museum of Art and Archaeology

Mit großer Leichtigkeit entwirft der etwa Vierzehnjährige sein Bild­nis. Freundlich-staunend ist der Blick der klugen Augen, knabenhaft­zart der Gesamteindruck der Erscheinung, die eher ·· berlegenheit

als nsicherheit ausstrahlt. Aus dieser frühesten bekannten Arbeit

spricht die » .. . unbewußte Würde und eine feine, wie animalische

Unnahbarkeit junger Wesen ... « (Fischel) Diesem jungen Menschen glaubt man, daß er nicht allein durch sein außerordentliches Talent,

sondern auch durch Schönheit und heiteres Wesen Gefallen fand. ach Vasari hatten» ... die Art zu zeichnen und die schönen Manieren

und Gewohnheiten ... « es Perugino, dem 1eister von Perugia, angetan,

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in dessen Werkstatt er vermutlich bereits in seinem 13. Lebensjahr eintrat. A llerdings ist erst seit 1499 seine Gehilfentätigkeit und Mit­arbeit in der Perugino-Werkstatt gesichert.

Der Kreidestrich ist schon sicher geführt, teils schwach andeutend, teils stärker betonend besonders bei den Linien von Profil und Hals,

wobei alle E inzelteile sich zu einem einheitlichen Ganzen fügen . D er Vergleich mit einem anderen berühmten jugendlichen Selbstbildnis, mit Dürers Silberstiftzeichnung in der Albertina in Wien, drängt sich auf. D as Blatt entstand 1484, ein Jahr nach Raffaels Geburt, als

Dürer dreizehn Jahre alt war. Um vieles ernster und problema­tischer erscheint der junge Künstler aus ürnberg, dem das eigene

Bildnis in stärkerem Maße als Raffael zum Anlaß wird, sich selbst zu ergründen. Gelassenheit, Freiheit und Sicherheit bei Raffael - hier bereits angedeutet - werden zu wichtigen Kriterien seines Werkes

überhaupt.

Albrecht Dürer. Selbstbildnis.

29,6x27,j cm. Silberstiftzeichnung. 1484.

Wien, Graphische Sammlung Albertina

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2 Die Vermählung der Iaria

170 x 117 cm. Öl auf Jlolz. 1 504. Mai land, Pinacoteca di Brera

Zum Ende der Lehrzeit bei Perugino entstand unter den 1 länden des

einundzwanzigjährigen Künstlers dieses weltbekannt gewordene »Wunderwerk der Malerei«, von der Gesamtkomposition her noch eng an den Lehrer angelehnt, der gleichzeitig dasselbe Thema für den

Dom von Perugia malte (1505 vollendet). Auch Raffaels Bild ist ein Auftrag, ursprünglich schmückte es den Altar der Kirche San Fran­

cesco in Citta di Castello nahe rbino. Aus der indirekten Konkur­

renz geht Rafli1el als Sieger hervor: Durch Heraushebung der Haupt­

gestalten- Maria und Josef mit dem Hohenpriester - und ein klares Ordnen der begleitenden Figurengruppen erreicht Raffael ·· ber­

sichtlichkeit und Einheitlichkeit, die dem Bild des Lehrers fehlen.

Schon Vasari konnte feststellen, nachdem er zunächst Raffaels Gabe,

es Perugino gleichzutun, hervorgehoben hatte, daß in diesem \X'erk der Schüler den Meister übertrifft. Beiden Darstellungen ist die feier-

lieh-ernste Grundstimmung, deren llauptträger die seelenvollen Gestalten sind, gemeinsam. Auch das Zerbrechen des Stabes als

Zeichen der iederlage, ausgeführt von zwei Bewerbern der Maria, bringt keine Dramatik in die Szene. Alles bleibt verhalten und ruhig,

wie es der umbrischen Schule eigen war. Raffael bemüht sich, dem

althergebrachten Thema durch Individualisierung der Gestalten und durch besondere Motive- etwa das Halten der 1-ländc des Brautpaares durch den Priester - neue Aussagekraft zu verleihen. Die rhythmisch in weichem Linienschwung sich ant\\'Ortenden Gestalten des Braut­

paares werden ihre Zusammengehörigkeit im nächsten Augenblick

durch das Berühren der Hände beim Aufstecken des Ringes demon­

strieren. Wie Raffael das Wesentliche erfaßt und die ausgewogene

Figurengruppe vor eine vollendete Renaissance-Architektur stellt, die das Gefühl des Architekten für das Maß zeigt, weist ihn bereits

hier als einen der Großen auf dem Weg zu klassischer Höhe der Re­

naissance aus . Wohl erstmalig signiert der junge Maler in großen Let­tern über der Tür des Tempietto. Helles Sonnenlicht strahlt über der

Szene und läßt die Farbenharmonie erkiingen.

Pietro Perugino. Die Schlüsselübergabe an Perrus. ca. 3 3 5 x 5 50 cm. Fresko. 1480- 1482. Rom, Citra del Varicano, Cappella Sisrina

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3 Madonna del Granduca

84x55 cm. Öl auf Holz. I504/05.

Florenz, Palazzo Pitti, Galleria Palatina

Eine große Reihe von Madonnenbildern wird mit der »Granduca« er­öffnet. Von herber Schönheit ist die Madonna, weit ab von der Lieb­lichkeit einiger späterer Köpfe, deren Typus durch mißverstandene

Nachahmung im I9· Jahrhundert allgemein als für Raffael typisch

gilt. Die Neigung des Kopfes und der gesenkte Blick verleihen der jungen Frau ihre besondere Wirkung. Mutter und Kind sind von

großer Plastizität. Die kräftig durchgebildeten Hände der Madonna

halten den rundlichen Knabenkörper behutsam; der Kontakt zwi­schen Mutter und Sohn wird durch das Halten und Fassen der Ilände intensiv verdeutlicht, der Knabe stellt durch Blickrichtung die

Beziehung zum Betrachter her. Noch ist die Gruppe verhalten, fast bewegungslos, und die Schönheit der Madonna hat von jeher dazu geführt, sie als einfache Frau aus dem Volke zu sehen, deren Haupt­

merkmal die Mütterlichkeit ist. Eine in den Uffizien von Florenz aufbewahrte Zeichnung läßt die Annahme zu, daß ursprünglich auch

beim Gemälde ein Landschaftsgrund vorgesehen war. och ist

ungeklärt, ob der dunkle neutrale Hintergrund, von dem sich die tief leuchtenden Farben des roten Kleides und des blauen Marienmantels

abheben, als original anzusehen ist. Das vorliegende Bild ist noch mit

Merkmalen Peruginos im Sinne seiner Andachtsbilder versehen und läßt stilistisch auf eine Entstehung während Raffaels erstem kurzen

Aufenthalt in Florenz zwischen I 504 und 1505 schließen. - D as Bild

befand sich seit I 799 im Besitz des Großherzogs Ferdinand IJI. von Toskana, der es so hoch schätzte, daß er es auch auf seinen zahlrei­

chen Reisen mitnahm.

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4 Iadonna mit dem tieglitz

107 x 77 cm. Öl auf Holz. 1 505. Florenz, Galleria degli Uffizi

Raffael lebt und arbeitet zur Zeit der Entstehung dieses Bildes seit

einem Jahr in Florenz. Er ist mit einigen jungen 1alern befreundet und in angesehenen Kreisen ein gern gesehener Gast.» ußerdem ver­band Raffael enge Freundschaft mit Lorenzo asi, und als dieser

sich in jenen Tagen vermählte, arbeitete er für ihn ein Bild, worin er eine Madonna darstellte, wie sie das Christkind zwischen den Knien

hält, dem der kleine Johannes ganz fröhlich und zu großem Ver­

gnügen und Ergötzen beider Kinder einen Vogel reicht. Ihre Stel­lungen zeigen kindliche und liebevolle Einfalt und sind so trefflich und sorgfältig gemalt, daß man glaubt, sie seien aus Fleisch und Blut

und nicht mit Farbe ausgeführt und gezeichnet. Die Madonna hat

einen Ausdruck, der wahrhaft voll A nmut und Göttlichkeit ist; die

Umgebung, die Landschaft wie das ganze Werk sind herrlich. Lo­

renzo asi hielt dieses Geschenk während seines ganzen Lebens hoch in Ehren.« (Vasari) Trotz starker Beschädigung bei einem Erd-

rutsch 1 548, Restaurierung im 16. Jahrhundert und Beeinträchtigung der farbigen Wirkung durch alte Firnisschichten hat die »Madonna mit dem Stieglitz« ihren Reiz bewahrt. Kompositionell verwendet Raffael das von Leonardo entwickelte Dreiecksschema und erinnert

sich beim Malen an Michelangelos plastische Gruppe der »Madonna von Brügge«. So wird die statuarische Ruhe der monumental wir­

kenden Frauenfigur leicht verständlich. Auch die Bewegungen der Kinder bleiben verhalten; der kleine J ohannes hält den Stieglitz, der

nicht nur Spielzeug ist, sondern hier als Symbol der Fruchtbarkeit einen Wunsch des Künstlers für die Ehe des Freundes zum Ausdruck

bringen soll. Mit diesem Bild beginnt eine Folge von Werken eines

Themas in vielen Variationen : die Madonna mit dem Kind und dem

Johannesknaben im Freiraum der Landschaft. Man ahnt bereits in diesem frühen Werk das neue Gefühl des Künstlers der Renaissance für die atur. So wird selbst die Madonna in diese neue Sicht einbe­

zogen und in die genau beobachtete, in einigen Fällen mit arbei­

tenden Menschen belebte Landschaft gesetzt und dadurch von ihrer

Strenge befreit. och Perugino malte seine Madonnen vor neutralem Hintergrund oder thronend in feierlichem Innenraum.

Studie zur »Madonna mit dem Stieglitz«.

22,8 x 16,2. cm. Federzeichnung.

Oxford, Ashmolean Museum of Art and Archaeology

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5 Die drei Grazien

17 x 17 cm. Öl auf llolz. Um 1 501. Chantilly, J\lusee Conde

Dieses kleinformatige frühwerk weist Raffaels Kenntnis der antiken

Gruppe mit den drei sich umarmenden Frauengestalten aus, di e

SO\\·ohl in Skulpturen wie in Wandmalereien überliefert ist. Raffaels Grazien sind nicht die drei Göttinnen der Anmut und f leiterkeit

(1\glaia , Euphrosyne und Thalia); die goldenen Äpfel in ihren

J Iänden lassen vielmehr erkennen, cbß hier die Hesperiden, Töchter

des Atlas, dargestellt sind. Ihre 1\ufgabe war es, den Wunderbaum zu

pflegen, von dem der griechischen Sage nach f Iernkies drei Äpfel holen sollte.

Unser Bildehen ist Teil eines Diptychons, dessen zweite Tafel gleicher

Größe den »Traum des Ritters« (London, National Gallery), gemeint

ist der römische Feldherr Scipio, zum Inhalt hat. D amit ist auch

thematisch die Verbindung zu den Hesperiden, die den Tugendlohn

auszahlen, hergestellt.

Der junge Ralhel stellt seine Göttinnen mit den hell-leuchtenden, schönen Körpern in ei ne mittelitalienische Landschaft, mit dem

,\[onte Subiaso von Assisi im Hintergrund. »Ein Dreiklang von Un­

schwere webt über die beglückte Erde, die unter weißlichem Duft in

Terrakotta und Reseda schwimmt ... Dreimal zieht durch diese

weiche Helle der Landschaft die warmefarbeder Körper, schüchtern

in der J Ialtung die erste, die mittlere hoheitsvoll, gelöst und in sich

frei die dritte ... Ihre leuchtende Anmut trifft sich mit der Schönheit

dieser Berglinien und d ieser sonnigen Luft!« (Fische!)

eu an Raffaels Gestaltung des antiken Themas ist die Verschmelzung

von Mensch und atu r, entstanden aus der neuen humanistischen

Sicht im inne der Renaissance. och erscheint die Handschrift des Lernenden befangen. Zu welcher freiheit und l\feisterschaft Raffael

:weh in der Behandlung des weiblichen Aktes gelangte, verdeutlicht

die Studie zu dem D eckengemälde »D ie Hochzeit von Amor und

Psyche« in der Villa Farnesina. Anmut, Aktiv ität und vielfach variierte

Körperhalrung sind an die relle der noch leicht undifferenzierten

Schönheit des weiblichen Körpers :~us dem l'rühwerk getreten.

Studie

zu den drei Grazien

im Hochzeitsbild

von mor und Psyche.

20,3 x 26 cm.

Rote Kreide.

Windsor Castle,

The Royal Librnry

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6 Der heilige Georg im Kampf mit dem Drachen

3 I x 27 cm. Öl auf Holz. Um I 5 0 2. Paris, Musee ational du Louvre

Wie die »D rei Grazien« hat auch diese Tafel ein Pendant: Dem

D rachenröter auf Erden, Georg, ist der heilige Michael (Paris,

Louvre) zugeordnet, der als Erzengel über D rachen und Satan den Sieg davonträgt. Georg, unter dem römischen Kaiser und Christen­verfolger D iokletian als Märtyrer gestorben, wird meist als D rachen­

röter dargestellt. Beide vom Format her kleinen Tafeln zeigen einen anderen Raffael, als man ihn im herkömmlichen Sinn kennt. Mit

großer Freude am Erzählen wird der Kampf geschildert. In einer ein­samen, dämmrigen Felsenschlucht begegnet der junge Held in gold­g länzender R üstung dem Ungeheuer. Mutig hat er ihn mit der Lanze bekämpft; als sie zerbricht, hält er sein Pferd zurück, um den D rachen

mit einem mächtigen Schwerthieb zu vernichten. Im Hintergrund wendet sich die fliehende Königstochter nach dem Kampfgeschehen

um, Spannung und Gefahr des Augenblicks erkennend.

D er heilige Georg mit dem Schwert.

26,5 x 28,8 cm. Federzeichnung. F lorenz, Galleria degli ffi zi

Zweifellos sind zu diesem frühen Zeitpunkt in Raffaels Kunst- ähnlich wie bei den »D rei Grazien« - Anregungen aus der antiken Kunst unmittelbar wirksam geworden. Seit J ahrtausenden war der Reiter, auch der Reiter im Kampf, der griechischen und römischen Kunst

geläufig. In der italienischen Renaissance erhält beispielsweise das Reiterstandbild neue Bedeutung. Donatello und Verrocchio geben mit dem Gattamelata in Padua und dem Colleoni in Venedig davon Zeugnis. Leonardos bildhauerisches Hauptwerk, das Reiterdenkmal für Francesco Sforza in Mailand, wurde schon im Modell zerstört.

Wenn auch Raffael zur Zeit der Entstehung dieses Bildes als noch

nicht Zwanzigjähriger kaum diese Meisterwerke gekannt hat, so waren sie doch in die Kunst seiner umbrischen Vorbilder eingeflossen.

Zudem waren Motive der antiken Kunst längst Allgemeingut der zeitgenössischen italienischen Künstler.

Die Kraft der Gestaltung, die hier offenbar wird, kann zu Recht als

eine Grundeigenart Raffaels bezeichnet werden, die während der

Florentiner J ahre zurückgedräng t wird, um in den Stanzen des Vati ­kans ihre Vollendung zu erfahren.

D er heilige Michael mit dem Drachen .

31x27 cm. Öl auf Holz. 15 0 5.

Paris, Musee ational du Louvre

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7 Angelo Doni

63x45 cm. Öl auf Holz. 1505. Florenz, Palazzo Pitti, Galleria Palatina

ind in Raffaels Florentiner Jahren zwischen 1504 und 15o8 die Auf­traggeber der zahlreichen Madonnenbilder überwiegend in höfisch­klerikalen Kreisen zu suchen, so liegt mit diesemPotträt und seinem Pendant ein Auftrag aus dem gehobenen Bürgertum vor. Angelo Doni gehörte zu den gutsituierten Florentiner Bürgern, die durch tand

und Vermögen selbstsicher und selbstbewußt auftreten konnten. Energisch und kraftvoll erscheint der junge Mann; würdevoll-distan­

ziert und unbeteiligter wirkt die als iebzehnjährige dargestellte

Maddalena, die drei Jahre zu vor die ~ he mit Angelo eingegangen war und dem alten florentinischen Geschlecht der Strozzi angehörte.

In ruhiger Gelassenheit sind beide dem Betrachter gegenübergestellt. Monumental in der Intensität, zeugen die Porträts von der bereits

sicheren Gestaltungskraft Raffaels. Die ge\\·ählten Farbwerte für das

Porträt des jungen l\Iannes bestechen in ihrer Wirkung: Das Schwarz von Wams und Barett läßt das Rot der Ärmel aufleuchten. Eine

schmale weiße Rüsche am Hemd hebt die brünette Haut von IIals und Gesicht hervor. Das markante Gesicht, in das schon Lebens­

erfahrungen geschrieben sind, wird von kräftigem, dunklem llaar um­

rahmt, das unter der Kappe hervorquillt. - Gegenüber dem Phlegma und der »früh behäbig gewordenen Existenz der Patrizierin« (Fischet), die aus dem Bild der Maddalena D oni sprechen - mit ihrem Vorbild,

der Iona Lisa Leonardos, ist sie nur in der Haltung vergleichbar -, wirkt das Bildnis» Junge Frau mit Einhorn« in der Galleria Borghese

in Rom jugendlicher und um vieles reizvoller. Bis zur 19 3 5 erfolgten Restaurierung wurde es Perugino, Ghirlandaio und anderen Künst­

lern zugeschrieben. achder Entfernung später hinzugefügter ttri­bute, die der heiligen Katharina gehören, und dem Freilegen der

alten Malschichten gilt das Bild als eigenhändiges Werk Raffaels. Die Vermutung, es handle sich hierbei um die wahre Maddalena Doni,

kann wegen des abweichenden Formats nicht gestützt werden.

Bildnis der

Maddalena

D oni.

63 X45 cm. Öl auf 1 Iolz.

Um I 506.

Florenz,

Palazzo Pitti, Galleria Palatina

Bildnis einer

jungen Frau mit Einhorn. 6jX5ICm.

Öl auf Ilolz.

I 505 jo6. Rom, Galleria

Borghese

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8 Die Grablegung

t84x t76 cm. Öl auf llolz. 1507. Rom, Galleria Borghese

In wie starkem Maße der dreiundzwanzigjährige Künstler um neue Wege und Ausdrucksmöglichkeiten kämpft, beweisen die zahlreichen

vorbereitenden Studien zur »Grablegung«. Zunächst war bei diesem uftragswerk für Atalante Baglioni zum Gedächtnis an ihren im

Jahre Ijoo in Perugia ermordeten Sohn- für die Kirche des heiligen Franziskus - das Thema der Beweinung (Komposirionsentwürfe in

Oxford und Paris, Detailstudien in London) vorgesehen. Allmählich gibt Raffael den Gedanken an eine Beweinung, die lyrische Züge ein­

schloß, zugunsren der stärker dramatischen Grablegung (Kompo­sitionsentwürfe in London, Florenz, Detailstudien in Oxford, Flo­

renz, Paris und London) auf. Wie weit dem jungen Maler Mantegnas

Stich der Grabtragung hierbei Anregung gab, erscheint unwesentlich. Wichtig ist Raffaels Ringen um neue, bewegte Figurenkompositionen

unter dem influß der florentinischen Kunst und das Aufgeben der stimmungsvoll-! yrischen I laltung umbrischer Prägung. Die Forschung nennt außer dem Mantegna-Stich als Vorbilder für einzelne Iotive

Werke Signorellis, antike Meleagersarkophage und für die Christus­

figur vor allem Michelangelos berühmte Pieta in t. Peter. Das Resultat intensiver Bemühungen Raffaels um eine Bildform, die der

florentinischen Kunst und dem Kunsturteil standhalten konnte, ist

ein entwicklungsgeschichtlich interessantes Werk. Der Künstler ord­net zwei Figurengruppen auf engem Raum an, die nicht in sich ge­schlossen sind, sondern durch übertriebene Körperaktionen und

manche Unklarheit in den Bewegungsrichtungen auseinanderfallen. Zwei Männer tragen, begleitet von der klagenden Maria 1agda­

lena, den Leichnam Christi zu dem Felsengrab im Hintergrund links. Der jugendliche Johannes blickt auf den Toten herab, während iko­demus unbeteiligt aus dem Bild schaut. Der Frauengruppe rechts im Bild mit der zusammenbrechenden Iaria ist der zurückgebeugte

junge Träger, in dem man den ermordeten Grifone Baglioni ver­mutet, beigeordnet. Die Bildmitte gibt den Blick in ein von Felsen

umschlossenes Tal frei. Joch bereitet dem Lernenden große Iühe,

innere Beteiligung sichtbar zu machen. Der Betrachter empfängt zu­erst den Eindruck der äußeren Bewegung, er nimmt die zum Teil un­

motivierten Kopf- und Körperhaltungen, auch das Gewirr der vielen Füße wahr und bemerkt den Versuch einer dramatischen Komposition.

Anstrengung scheint den Schmerz zu übertönen, äußere Bewegung er­

setzt die innere Beteiligung. Raffael gerät unter den Einfluß des Flo­rentiner Akademismus, der sich in der Plastizität bis in die Gewand­

falten hinein, in übertrieben weicher Modeliierung und blassem,

glasig wirkendem Inkarnat sowie in dem nach Regeln konstruierten Ineinanderwirken der Bewegungsachsen äußert. Raffaels gesteigertes

Streben nach Bewegungskontrasten und dramatischem Bildgeschehen

wird wieder zurückgedrängt, als er römischen Boden betritt.

Studie zur »Grablegung«.

r8,z x 20,5 cm. Federzeichung. Oxford, Ashmolean Museum of 1\rt and

Archaeology

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9 chule von Athen

Untere Breite 770 cm. Fresko. 1509- r 51 T.

Rom, Palazzo Vaticano, Stanza della egnatura

A ls Fünfundzwanzigjähriger wird Raffael, wohl auf Empfehlung des

Baumeisters Bramante, von J ulius II., dem mächtigen kriegerischen Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und kunstverständigen Renaissancepapst, nach Rom berufen. .. ber seine ersten Werke auf

römischem Boden weiß man sehr wenig, es existieren nur einige Ent­wurfszeichnungen, bevor ihm eine ebemo bedeutende wie ehr nvolle

Aufgabe angetragen wird: Im Vatikan· läßt Julius II. sich eine Reihe von Zimmern zur Wohnung gestalten, um nicht im »Appartamento Borgia« seines Vorgängers und Feindes Alexander IV. residieren zu müssen. Vor Raffael sind bereits andere Künstler am Werk, unter

ihnen sein Lehrer Perugino und der Maler Sodoma, die mit D ecken­malereien beschäftigt waren. Es wird vermutet, daß Raffael zunächst

nur an der malerischen Ausgestaltung der tanzen mitarbeiten sollte. Sehr schnell gewinnt er nach dem Urteil der Zeitgenossen durch

Begabung, Fleiß und liebens\\·ertes Wesen die Gunst des Papstes. lach

einer einheitlichen Konzeption und bei vermutlieber Schonung der von Sodoma begonnenen Deckendekorationen gestaltet Raffael die

tanza della Segnatura, ursprünglich wohl der Raum, der als Arbeits­und Geschäftszimmer diente und in dem die Unterschriften (segna­ture) vollzogen wurden. Bezeichnung und Bestimmung des Raumes haben rasch ge\\·echselt, und die Thematik des Wandschmucks -

wahrscheinlich von Julius II. gewählt - mit den D arstellungen der

Theologie, Philosophie, Rechtswissenschaft und Poesie deutet eher auf die Benutzung des Raumes als Bibliothek hin. Die vier Wand­

fresken sind in Aufbau und Farbigkeit aufeinander bezogen. An z\\·ei gegenüberliegenden Wandflächen entstehen die »Disputa« und die

»Schule von Athen«. Dem Betrachter wird zunächst der Unterschied zwischen der flächig angelegten »Disputa« und der in starkem Maße

räumlich aufgefaßten »Schule von Athen« auffallen . Allen Fresken der ersten Stanze ist die geradezu klassische J larmonie des Bi ldaufbaus,

die auch die Wahl der Farben einschließt, sowie das ausgewogene

Verhältnis von Mensch und Bauwerk eigen. In gelassener Haltung agieren wie auf einer Bühne Philosophen und aturgelehrte. Von der

litte her entwickeln sich die Gruppen der lehrenden, zuhörenden, diskutierenden, lesenden und schreibenden Männer. Der Versuch

stärkerer Bewegung in den Gruppen des Vordergrundes - links mit Anakreon und P ythagoras, rechts um Euklid und Ptolemäus mit der Weltkugel - kann den Betrachter nicht von der Hauptgruppe im Zentrum des streng nach dem Iittellot aufgebauten Bildes ablenken:

Plato als weißbärtiger Greis, wie alle Gestalten in ein antikes Gewand gehüllt, würdig und gelassen, " ·eist mit der Rechten nach oben, als

wolle er mit dieser Geste seine über alle menschlichen Bereiche hinaus­

ragende Ideenwelt andeuten. eben ihm der jüngere Aristoteles, energiegeladen, streckt die Rechte nach vorne aus, gleichsam in die sichtbare Welt hinein, die für ihn ein Reich der Vernunft ist und in

der alle Kräfte aus der atur der D inge kommen. Unter vielen interes­

santen Köpfen, bei denen Raffael die unterschiedlichsten Modelle verwendet hat, findet sich ganz rechts am Bildrand sein elbstporträt mit schwarzer Kappe, vor dem jugendlichen Raffael der Künstler­

kollege Sodoma in weißem Mantel. Mit dieser großen Arbeit erweist sich Raffael als Künstler, der Kennt­

nis von den Zusammenhängen zwischen Philosophie und atur­

wissenschaft besitzt und mit Ideenreichtum die Komposition besorgt. Bei aller chönheit vollendeten Bildaufbaus und der J Iarmonie der Farben darf die Funktion dieses und der später entstandenen Fresken

nicht unbeachtet bleiben. In der päpstlichen Wohnung sollten die

Wandgemälde keine Raumillusion erz ugen, sondern als Bi lder in tiefem Rahmen erscheinen, im Gleichgewicht mit der Architektur

des Innenraums. Erst das Zusammenwirken aller Faktoren macht die

Größe dieser Arbeiten aus. Raffael wird meisterhaft mit den Bedingungen der Fläche fertig und

findet anscheinend mühelos die geschlossene, ruhige Form. Für kein Werk trifft Theodor I Jetzers Wertung mehr zu: » \'\fie wir es sonst nie

wieder finden, ist das absolute Kri terium seiner Begabung, se1nes

Genies Vollkommenheit; er besi tzt sie, bevor er sie erstrebt.«

Karton für die »Schule von Athen«.

285 x8o4 cm. Kohle- und

Kreide­

zeichnung, weiß gehöht. i\Iailand,

Pinacoteca

Ambrosiana

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10 chule von Athen (Ausschnitt)

Gruppe der Harmonie mit Pythagoras und Anakreon

Wohl die interessanteste und energiegeladenste Gruppe ist die abge­bildete, die sich um Pythagoras schart. Die Symmetrie der Gruppe im

Mittelgrund des Bildes lockert sich auf und löst sich zur vorderen Bühne hin in asymmetrische, bewegtere Menschenknäuel auf. Um die

wuchtige Gestalt des schreibenden Philosophen und Mathematikers, der hier offensichtlich die Funktion eines Lehrenden einnimmt, sind

Männer verschiedensten Alters versammelt. Bis auf den Jüngling im

weißen l\Iantel, der anscheinend nur den Halt der Gruppe in der

Vertikale geben soll, sind dieMännerum Pythagoras in angespannter Haltung gegeben, aller Blicke richten sich auf die Hauptfigur. Bei d r Verschiedenheit der Typen erreicht Raffael durch innere Beteiligung

der Figuren und durch die Bewegungsführung aufPythagoras hin den Einklang der Gruppe. Daß bei Raffael die »vollendete Herrschaft über die beseelte Gestal t« (Fische!) ein ovum ist, beweist auch die

Pythagorasgruppe. ur eine geringe Zahl von Personen aus dem Fresko ist mit Sicherheit

zu benennen: Der Stehende mit markanten Zügen, der ein Buch hält,

wird Epikur genannt. Vor Pythagoras ein Knabe, der die Tafel mit der Harmonielehre hält. Die Gestalt des vor einem Marmorblock

Sitzenden, Heraklit genannt, in dem ein Bildnis Michelangelos zu

sehen ist, fehlt auf dem Karton der Ambrosiana und ist erst eingesetzt worden, als das Fresko in den übrigen Teilen bereits vollendet war.

Hierfür \vird vom Motiv her die Kenntnis von Michelangelos Jesaias

und Jeremias vorausgesetzt, was erst nach der Enthüllung des ersten Teils der Decke der Sixtirrischen Kapelle (I 4. August I 5 I I) möglich war.

Blick in die Stanza della Segnatura nach ordosten.

Rom, Palazzo

Vaticano

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11 Iadonna mit dem Kind ( Iadonna aus dem Hause Colonna)

77 x 56 cm. Öl auf Ilolz. Um 1508.

Berlin (West), Staatliche Museen, Gemäldegalerie

Vor einem Landschaftshintergrund sitzt die Madonna mit dem Kind auf dem Schoß, in der Linken ein Buch, der rechte Arm umfaßt zärt­lich den kindlichen Körper. Als halte die Mutter im Lesen inne, rich­

tet sich ihr Blick auf das Kind, das sich mit beiden I-länden an ihr

festhält. Die Innigkeit der Beziehungen zwischen beiden ist nach der

ein Jahr zuvor entstandenen »Madonna Tempi« (l\Iünchen, Bayerische Staatsgemäldesammlungen), wo die stehende Madonna das Kind eng an sich zieht, am deutlichsten sichtbar gemacht. Vergleicht man Raffaels Madonnen miteinander, so kann man sich der Feststellung

Jacob Burckhardts anschließen: »So hat denn Raffael, mit einziger

Ausnahme der Sixtinischen Madonna, überall in seiner Maria nur das Weibliche nach allen Kräften verklärt und es darauf ankommen lassen, ob man die Mutter Gottes, die Königin der Engel, die mit

allem Glanz der Iystik gefeierte Herrin des Himmels darin erkennen werde oder nicht.« Die heitere Gelassenheit der Gruppe, die bereits

in der Studie des Louvre zum Ausdruck kommt, wird durch helles Sonnenlicht gesteigert, das sich über Menschen und Landschaft er­

gießt. Entgegen früheren Ieinungen über den nicht vollendeten

Zustand des Gemäldes gilt das Bild heute als »Schulbeispiel für schöne Erhaltung und sichere, klar zutage liegende Maltechnik« (R. Oertel). Gerade die Leichtigkeit und Durchsichtigkeit der l\Ialweise waren wohl Anlaß für die frühere Annahme der Forschung.

Im letzten Jahr des Wirkens in Florenz malt Raffael die Madonna Colonna. Seine Handschrift ist freier und unbefangener, auch unbe­

lasteter von fremden Einflüssen. Daß er den Weg zu künstlerischer Reife und Vollendung hier bereits beschritten hat, wird gegenüber früheren Arbeiten deutlich. Sowohl der Studie im Louvre als dem ausgeführten Werk vom Motiv wie von der Gesamtauffassung eng

verwandt ist die sogenannte »Große Madonna Cowper«, ebenso 1508

entstanden. Dabei ist die Gruppe von Mutter und Kind monumen­

taler und erreicht nicht die an Leonardo erinnernde strahlende Anmut der beiden anderen Kompositionen.

Studie zur »Madonna

Colonna«.

25 x 18,5 cm. Feder- und Pinsel­

zeichnung.

Paris, Musee ational

du Louvre

Iadonna mit Kind

(Große Iadonna

Cowper).

68x47 cm. Öl auf Holz.

15 08.

Washington,

ational Gallery of Art,

Andrew Mellon

Collection

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12 Bildnis eines Kardinals

79 x 6r cm. Öl auf Holz. Um 15 11. Madrid, Museo acional del Prado

Unter den männlichen Porträts der römischen Periode hat dieses

Bildnis eines hohen Kirchenfürsten von jeher die Betrachter beson­ders angezogen. Nicht mit äußeren Mitteln wird die faszinierende Wirkung erreicht. Raffael verleiht der Erscheinung vornehme Gelas­senheit und Würde. Der Blick des Kardinals ist tief und durchdrin­

gend, die Blässe des mageren Gesichtes steht in Kontrast zu den kräfti­gen Rottönen von Barett und Gewand. Einfachheit in der Anlage

von Flächen und Linien bringen die Gestalt des Mannes, die im Bereich des Rätselhaften bleibt, wie immer man sie benennen mag, voll zur Geltung . Am ehesten glaubwürdig erscheint der Verweis auf Ippolito d'Este, den Bruder Alfonsos I. von Ferrara. Von ihm gibt

Castiglione in seinem »Cortegiano« ein literarisches Porträt und er­wähnt dabei die »grave autorita«- den tiefgründigen Einfluß und die Macht des jugendlichen Kardinals, die hinter den undurchdring­lichen Zügen des Porträts nicht unbedingt zu bemerken sind. Wenn Raffael auch als Beamter des päpstlichen Palastes mit der hohen

Geistlichkeit Umgang hatte, so war ihm nur möglich, aus der dem Künstler gebotenen D istanz das Wesentliche in den Zügen seiner Auftraggeber zu erfassen und darüber hinaus mit feinem Einfühlungs­

vermögen zu ergründen, wie sie im Bild erscheinen wollten. »D as Persönliche tritt allein in der Konvention der abgeklärten Form zu

Tage, innere Kraft und Triebleben erscheinen nur wie auf Eis gekühlt;

um so erschütternder und erregender wird die Aufgabe der D eutung, das Entschleiern einer Seelenlandschaft, die unter solch gleich­mäßiger Atmosphäre verborgen liegt und die von dem im gleichen

Zeremoniell lebenden Künstler nur geahnt werden darf.« (Fische!)

Detail aus dem Fres\o der »Disputa«

mit dem Kopf des Bischofs aus der Gruppe hinter dem hl. Gregor. Rom, Palazzo Vaticano, Stanza della Segnatura

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13 Madonna mit } ind und J ohannesknaben (Madonna Esterhazy)

29x21 cm. Öl auf Holz. Um 1508 .

Budapest, Museum der Bildenden Künste

Zu der Gruppe der letzten Florentiner Madonnen, die der fünfund­zwanzigjährige Raffael schuf, gehört ebenso wie die »Madonna Colonna« (Tafel II) die Madonna in Budapest. Der Karton in den

Uffizien, der zu den schönsten Zeichnungen dieser Jahre gehört, läßt die Bildidee der in einer felsigen Landschaft knienden Madonna mit dem vor ihr sitzenden Kind und dem Johannesknaben zu ihrer Rech­ten erkennen. Von größtem Liebreiz und vollendeter Anmut ist die junge Frau, die im ausgeführten Gemälde etwas ernster und allein schon durch die kompakteren Formen mütterlicher erscheint. Wie­

derum verliert die Gruppe an Strenge und Heiligkeit durch die Bezie­hung zur umgebenden Landschaft, die mit großem Interesse behan-

delt und in ihrem Wechsel von felsigem Vordergrund über die sanften

Hügel des Mittelgrundes zu gebirgigem I Iintergrund dargestellt wird. Die links im Bilde eingefügten Architekturmotive, die auf der Zeich­nung noch fehlen, tragen ausgesprochen römischen Charakter. Eine Landschaftsskizze in Weimar mit den Ruinen des erva-Forums ist hier verarbeitet worden. So kann mit ziemlicher Sicherheit vermutet werden, daß Raffael an dem nur in diesen Teilen vollendeten Bild -alle übrigen sind untermalt - in Rom weitergearbeitet hat. Gibt es auch auf anderen, wenig früher entstandenen Werken gleichen Themas, zum Beispiel bei der »Schönen Gärtnerin« des Louvre, freiere,

weitere, vielleicht situationsgetreuere Landschaftsräume, so überragt die Madonna hier nicht mehr die Linie des Horizontes um ein Viel­

faches, sondern die Gruppe ist in die Landschaft eingeordnet und bildet mit ihr eine untrennbare Einheit.

Das Gemälde ist ein Geschenk Papst Clemens' XL an die Öster­reichische Kaiserin Elisabeth und gelangte über ein österreichisches

Fürstenhaus vor 18 r 2 an den Fürsten Esterhazy in \'<Iien.

Studie zur Madonna »Esterh:azy«.

28,7x 19,2 cm. Federzeichnung. Florenz, Galleria degli Uffizi

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14 Madonna mit Kind und Jobannesknaben (Madonna Alba)

Tondo, Durchmesser 95 cm. Von llolz auf Leinwand übertragen.

15 I 1. Washington, ational Gallery of 1\rt

Auf römischem Boden reift Raffael a ls Künstlerpersönlichkeit immer

mehr heran. Die verschiedensten I~inHüsse sind zur Zeit der Ent­

stehung des Tondos verarbeitet und verschmelzen zu einemheroischen

Stil von klassischer usge\\·ogenheit. Bei aller \X' ürde und ernsthaften

Mütterlichkeit bleibt die Anmut des Modells auch im ausgeführten

Werk erhalten, stärker jedoch tritt sie auf dem Studienblatt in Lilie

zutage. Mit sicherem, Ieichrem trich ist die Bildidee festgehalten.

Unter hauchdünnen Ge\dndern wird der wuchtige Körper der l\Ia­

donna mit seinen schwellend-plastischen Formen zart und leicht.

Auch deutet sich schon in der tu die, die alle gleichzeitig entstandenen

Blätter überstrahl t, die vollkommene, harmonische innere und äußere

Form des Gemäldes an. Frei und gelöst ist die Gruppe komponiert.

D ie Kinder werden mi t gelassenem Ernst von der l\Iadonna beobach­

tet und behütet.

o untergeordnet auch die Rolle der Landschaft erscheinen mag,

ist sie doch untrennbar mit der Figurengruppe verbunden. Iit der

Einbeziehung der Umgebung erhält das Andachtsbild menschlichere,

erdhaftete Züge und wird nicht mehr in imaginären Bereichen an­

gesiedelt. Von der Madonna Alba verläuft die Entwicklungslinie zu

dem berühmten Rundbild der Madonna della Sedia in Florenz und

schließlich zu einer der vollendersten Lösungen dieses Themas, der

Madonna della Tenda in München, beide um I 5 I3 / I4 entstanden.

.Auf der Studie ist oben links flüchtig vielleicht eine erste Vorstellung

der :Madonna della Sedia fixiert, daneben die g leiche Bildidee in ab­

gewandelter Form. Unten rechts wird die Be\Yegung des Kindes

weiterentwickelt.

Srudie zur »Madonna Alba«.

42,2x 27,2 cm. Kreidezeichnung.

Lilie, Iusee Wicar

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15 J ulius II.

I07 x So cm. Öl auf I Iolz. r 51 r. florenz, Galleria degli Uffizi

Von Raffaels Iland sind Z\\"Ci Papstbildnisse erhalten: In mehreren

Exemplaren verließ das Bild des mächtigen Papstes aus dem I lause Rovere, Julius II., seine Werkstatt. Von den drei besten Stücken nimmt das in den ffizien aufbewahrte Bild den ersten Rang ein. uch den

Iachfolger Papst Leo X. hat Raffael zusammen mit zwei Kardinälen porträtiert. Beide Oberhäupter des I irchenstaates Rom erscheinen

mehrmals auf den Fresken der Papstgemächer im Vatikan, zunächst

der Auftraggeber der Stanzen. ach seinem Tode I 5 I 3 erscheint Leo X. wie sein Vorgänger auf Darstellungen aktueller oder histori­scher Begebenheiten mehrfach mit stark porträthaften Zügen.

Auf unserem Bild ist der fast siebzigjährige Papst, im hohen Lehnstuhl

sitzend, dargestellt. Die wuchtige Gestalt des energischen :Mannes, der gealtert und müde wirkt, nimmt die ganze BildRäche ein. Ilinter

dem gesenkten Blick und der gelassenen Haltung spürt man doch die

Kraft des geistlichen Würdenträgers, der als Beg ründer des modernen Kirebenstaates gilt. Dieses Ziel verband er mit der Befreiung Italiens

von jeglicher Fremdherrschaft und verfolgte es mir zivilen und mili­tärischen Mitteln. Bereits als Kardinal war er ein gefürchteter Kirchen­

fürst, der über seinen Vorgänger im Pontifikat herrschte und von dem der Aarentinische Gesandte in Rom seinem Herzog schreibt: » r ist Papst und mehr als Papst.« Julius II. zog selbst in den Krieg und ant­wortete Michelangelo auf Befragung nach 1\ttributen für seine Figur in dem großen Grabmalsauftrag, der unvollendet blieb: »Gib mir ein

Schwert, ich bin kein 1ann der chriften.« D aß er nicht nur ein J'viann des Schwertes war, beweisen die außerordentlich umfang­

reichen Baumaßnahmen in Rom und die Förderung der Künste während seines Pontifikats. ls er im Jahre I 51 I schwer erkrankte,

bildete sich eine Verschwörung der Republikaner gegen ihn. Eine von den Herzögen Francesco Maria und Guibaldo Rovere be­

stellte Kopie Tizians bringt dramatische Spannung ins Bild und hebt durch stärkere Vertikalbewegung und größere Akzentuierung die im

Sinne der Hochrenaissance geschlossene form auf.

Studie zum Bildnis Julius' li. 36 x 2 5 cm. Rötelzeichnung. Um 15 Ir.

Chatsworth, Collection Duke of Devonshire

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16 Die 1adonna auf Wolken mit den Heiligen ixtus und Barbara (Sixtinische 1adonna)

265 x 196 cm. Öl auf Leinwand. 15 q.

Dresden, taatliche Kunstsammlungen, Gemäldegalerie .Alte Meisrer

eben den Wandgemälden des Varikans gilt die »Sixtinische l\Ia­

donna« als llauptwerk Raffaels. War die »Madonna della Sedia« des

Palazzo Pirti in Florenz zur reifsten Lösung des Andachtsbildes ge­

worden, so kann die gleichzeitig entstandene Sixtina als Vollendung

des repräsentativen A ltarbildes angesehen werden. Für die »Schwar­

zen Mönche«, die Benediktiner von San Sisto in Piacenza, malte Raffacl dieses Altarbild. Alle anderen Deutungen als Kirchenfahne

oder Totenvelum für Papst Julius II. aus dem Hause Rovere sind un­

haltbar. Schon als Kardinal hatte er den eubau der 1514 geweihten

Kirche gefördert. Im Sommer I 5 I 2 gab der Papst, wohl von den

Mönchen um eine Stiftung gebeten, das Bild für den J lochalrar bei

Raffael in Auftrag, der es frühestens im l\Iärz des Jahres I 5 I 3 voll­

endete. Der Märtyrerpapst Sixrus, Schutzpatron des Geschlechtes der

Rovere, trägt die Züge des Auftraggebers. In den Stickereien seines

Brokatumhangs und auf der Spi tze der Tiara sind die Wappenmotive

der Rovere - Eichenblatt und Eichel - dargestellt.

Raffaels Auseinandersetzung mit dem Schwebemotiv und dem Thema

der Erscheinung knüpfte zunächst an traditionelle Lösungen der Auf­erstehung und Marienkrönung in den Wolken an und führte über die

»Madonna di Foligno« des Vatikans und die »Sixtinische Madonna«

bis zu seinem letzten Werk, der »Verklärung Christi«. War die

»Madonna di Foligno« in den Wolken thronend, von einem Engels­

kranz umgeben, über Heilige und Stifter erhoben, so ist die Madonna

des Dret>dner Bildes-greifbar nahe zu Sixtus, dem heiliggesproclienen

Märtyrerpapst, und zu der heiligen Barbara herangekommen. »Ihre

wunderbaren dunklen Augen hat sie weit und vertrauensvoll geöffnet

wie ein Mensch, der viel sieht und viel erwartet; ... Ihr Gesicht ist

ruhig, kein einziger Muskel zuckt in ihm, nur um die Lippen liegt

etwas Zaghaftes, fast Kindliches. nd diese Züge des Zaghaften und Gütigen bei einer Frau, vor der der irdische Herrscher seine Tiara

abnimmt und auf die Knie fällt, verleihen ihrer Gesralt eine Tiefe,

wie sie in keiner anderen [adonna Raffaels zu finden ist.« (AlpatO\\")

Sie kommt barfüßig, trägt ihr Kind wie eine Bäuerin und wird emp­

fangen wie eine Königin. lhrc hoheitsvolle, zu allen Zeiten gördich

empfundene Erscheinung ermöglicht keine andere als die andächtig

verehrende llaltung der I Jeiligen. Raffael verleiht hier dem gleichen

{odell, das in der »Dame mir chleier« und der l\Iagdalena aus der

»Heiligen Cäcilie« wiederkehrt, Züge allgemeiner Schönheit und

erreicht dadurch Erhabenheit, Vollkommenheit und die Distanz zum

Betrachrer. ichr nur durch die ideale Form und chönheit,

sondern auch durch die visionäre Raumbehandlung, durch das

»Einherwallen auf den Wolken« (]. Burckhardt) wird der Eindruck

des bernarürlichen erzeugt. D as schwebende Schreiren der Ma­

donna wird vom Wehen ihres Tuches und der Gewänder unterstützt.

Die von jeher besondere Wirkung des Bildes wird auch durch die

klassische Komposition im Dreieck bei Einhaltung der Symmetrie

aller Bildteile erzielt.

Von den in großer Zahl verfaßten literarischen feinungen über die

Sixtinische 1adonna, die sich seit 1754 in Dresden befindet und seit­

her zum Gegenstand der Forschung und Dichtung wurde, sei hier

nur die Goethes genannt:

»Der Mütter Urbild, Königin der Frauen, ein Wunderpinsel hat sie

ausgedrückt.

Ihr beugt ein Mann mit andachtsvollem Grauen, ein Weib das Knie,

in Demut still entrückt.«

Die Entstehungsgeschichte des Bildes bleibt im dunkeln, da entgegen

Raffaels Gewohnheiten jegliche vorbereitenden Arbeiten fehlen. Seine

Qualität läßt an der Eigenhändigkeit zu einer Zeit, in der der Meister

weitestgehend seine Werkstatt einsetzte, keine Zweifel aufkommen.

In diesem Werk zog Raffael »die Bilanz aus einer ganzen historischen

Periode und hinterließ der achweltein Vermächtnis, das noch viele

Jahre später als das 1aß der Vollkommenheit galt<' . (Alpatow)

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17 Der Parnaß (Ausschnitt)

Frauengruppe rechts von Apoll

D as vorgegebene Thema der Dichtkunst galt es an einer Wand der Segnatura zu lösen, die durch ein hohes, breites Fenster unterteilt

war. Raffael stellt Apoll, den Gott der Künste, umgeben von Dichtern und den neun Musen, den chirmherrinnen der Künste, der Ge­

schichte und Astronomie, dar. Die vorhandene Fensteröffnung ist geschickt umgeben von lorbeerbestandenem, hügeligem Gelände des

Parnaß, jenem Gebirge in Iittelgriechenland, das im Altertum als Sitz Apolls und der Musen galt. ·· ber dieses Gelände sind - phantasie­

voll frei und doch wohlausgewogen - die Musen und Dichter in Gruppen um den musizierenden Apoll versammelt. Raffael wählt nicht die antike Lyra, sondern die Violine, die ihm vielleicht als das

entsprechenderc Motiv erschien. ur an der Gestalt des Gottes und

an der des blinden Homer in blauem Mantellinks wird der Versuch unternommen, die Inspiration der Künste zum Ausdruck zu bringen. Nicht alle D argestellten sind identifizierbar; besonders bei den Grup-

pen der Frauen erscheint das nicht als lange!, da dem Betrachter offensichtlich wird, daß der Reigen schöner Gestalten in lichten Ge ·

wändern im eigentlichen Sinne dekorativ ist und als Ganzes wie eine ornamentale Ranke wirken will. ur einige sichere Deutungen der

Dargestellten seien genannt: links neben Apoll sitzend E uterpe, die Muse der Lyrik; hinter Homer im Profil Dante, der dem römischen

Dichter Vergil, seinem ührer durch das in der »Göttlichen Komö­die« beschriebene Jenseits, folg t. Unten links im Bild ist sitzend

Sappho, die große griechische Dichterinder Zeit um 6oo v . u. Z ., dar­gestellt, deren Heimatort die Insel Lesbos war. In ihrer Gestalt wirken

die sixtinischen Sibyllen Michelangeles nach. In anderen Figuren sind

deutlich antike Vorbilder erkennbar. Auch aus diesem Grunde ist festgestellt worden, daß der Parnaß zwar laut Inschriften das letzte der Wandgemälde der Segnatura darstellt, daß jedoch die erste Begei­sterung über die römischen Antiken noch sehr starken Widerhall

findet und stilistisch eher mit einer Entstehungszeit von I 5 Io zu

rechnen ist. Zahlreiche Einzelstudien von Raffaels Hand in Lille und

London untermauern die nnahme der Eigenhändigkeit des aus­geführten Freskos.

Der Parnaß.

Untere

Breite 67o cm. Fresko.

I 509-I 5 I I.

Rom, Palazzo Vaticano, S tanza della

Segnatura

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18 Die Ver treibung d<.:s I Iei iodor (t \ usschn i tt)

D ie Gruppe um lleliodor

achFertigstellungder Sranza della egnatura begannen ohne zeit­

lichen E inschnit t die 1\ rbeitcn an der Stanza ci'Eiiodoro, einem \\·ei­

teren Raum der päpstlichen Wohnung, so benannt nach dem zuerst entstandenen Fresko. L' ber die Bestimmung des Raumes, für dessen

Dekoration wohl der Papst die Thematik anregte, ist nichts bekannt.

Das P rogramm erscheint zunächst nicht so einheitlich wie das der

Stanza della Segnatura; es nimmt Bezug auf historische Ereigniss ,

die im Leben des Papstes eine Parallele haben. D abei handelt es sich

nicht um konkrete Fakten, sondern um allgemeine ideelle Merkmale

des Papsttums wie die Unantastbarkei t seiner l\facht, die Göttlichkei t

seiner Sendung und den absoluten Glauben an die Wirksamkeit des

Pontifex. D ie T hematik des aales ist insofern einheitlich, als es in

jeder der dargestellten Szenen um das Eingreifen einer höheren l\facht

in irdisches Geschehen geht. Koloristisch überraschen die Fresken der

lleliodor- tanze durch die \X'ah l von dominierenden Farbakkorden

mit starken I ontrasten, so \Yählt Raffael fü r das abgebi ldete Fresko

das Gold und Grau des Tempels.

D argestell t ist die Vertreibung des Syrers I [eliodor aus dem Tempel

in Jerusalem, dessen Schatz er rauben wollte. Im Ilintergrund bittet

der l lohepriester noch um Rettung, als die llilfe in der Person eines himmlischen Reiters, begleitet von 7.\\'ei mit R uten versehenen 1\[än-

nern, erscheint und die Frevler zu Fall bringt (z. i\fakkabäer 3., 14- 27). ll ier ist \\·ohl weniger die Vertreibung der französischen Ein­

dringlinge gemeint, die in einem anderen Fresko des Raumes viel

sinnfäll iger dargestellt ist, als vielmehr der ieg des Papstes über die

Rebellion einiger Kardi näle und ihren Versuch, im Bündnis mit den

Franzosen während seines schweren Krankenlagers 15 r 1 ein Konzil

in Pisa einzuberufen.

Während die Gruppe mit Heliodor die rechte vordere Bildhälfte ein­

nimmt, wird links eine Gruppe von Beobachtenden mit dem Papst,

der die Züge Julius' II. trägt, und anderen Porträtfiguren angeordnet.

Der vordere änftenträger gilt seit Vasari als der Raffael-Stecher

Mare Antonio Raimondi; in dem zweiten wird ein Porträt Raffaels

vermutet. - Zwischen beiden Gruppen bleibt der Vordergrund der Bildmitte leer und gibt den Blick frei in die Tiefe des Kirchenschiffs .

Dadurch wird die unterschiedliche Bedeutung beider Bildhälften

evident - die absolute Ruhe u nd Gelassenheit der Männer links steht

in krassem Gegensatz zu der ekstatischen Bewegung der Gruppe mit

dem Reiter. fit der .. bersteigerung der Aktionen, dem Aufbäumen

des Rosses, der vorwärtsstürmenden Bewegung der 1\Iänner, die vom

Boden gelöst beinahe fliegen, und mit ihren wild wehenden Gewän­

dern, aber auch in der Bewegung der Tempelschänder und der

frauengruppelinks im Bi ld begibt sich Raffael erstmalig stilistisch auf

neue Wege, auf das Gebiet der dramatischen i\Ialerei. Gegenüber

allen bisherigen Werken sind Gebärden und Bewegungen um ein Vielfaches gestei o-erl.

Die Vertreibung de Heliodor.

ntere Breite 750 cm. Fresko.

Ijii j iZ.

Rom, Palazzo Vaticano,

Stanza d'Eliodoro

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19 Der Triumph der Galatea

295 x 225 cm. Fresko. 1511- 1514. Rom, Villa Farnesina

Ein leuchtend-helles, durchsichtig-klares Bild von Lebensfreude und

heiterer innlichkeit entwirft Raffael in der schwierigen Technik des

Freskos ~n einer Wand des Gartensaals der Villa Farnesina. Erst­

malig begegnen wir mit diesem Werk, das wie ein Hymnus auf Liebe

und Schönheit im Sinne der Antike anmutet, einem \\'eltlichen Thema

von beinahe barocker Bewegung, das stilistisch den Fresken der I lelio­

dor- tanze im Vatikan, besonders der »Vertreibung des I lcliodor«,

nahe verwandt ist. ·· bereinstimmungen in der künstlerischen Auf­

fassung lassen sich auch mit den »Drei Tugenden« der Stanza della

egnatura feststellen. Auftraggeber dieses lebensprühenden Bildes ist

Agostino Chigi, einer der reichsten Männer Roms, Kaufmann großen

tils und Finanzmann Papst Julius' JI. Er läßt sich auf einem T lüge!

Roms die Villa Farnesina errichten; diese wird auch zum Reich

Imperias, der berühmtesten römischen Kurtisane damaliger Zeit,

der alle Dichter und Humanisten von Rang und amen huldigten.

Von der neueren Forschung wird das Galatea-Fresko für eigenhändig

angesehen, während an der D ecke desselben Saales mit der Beteiligung

von Schülern zu rechnen ist. Außer Raffael und seiner Werkstatt ar­

beitete der Venezianer Sebastiano del Piombo im g leichen Raum. Raf­

faels Galatea ist durch Körperwendung und Blickrichtung zu ihrem

auf dem achbarfresko von Piombo dargestellten unglücklichen

Geliebten, dem einäugigen Polyphem, in Beziehung gebracht. D ie Meernymphe steht auf einem von schnaubenden Delphinen gezo­

genen Muschelwagen. Ihr golden schimmerndes Haar weht ebenso

im Wind \\'ie das leuchtend rote Tuch, das lose um ihren Körper liegt.

Die zentrale telJung Galateas im Bild und das kräftige Rot des Man­

tels lenken den Blick des Betrachters zunächst ohne Umschweife auf

die Ilauptfigur. - Triton, der Sohn eptuns und der Amphitrite, um­

armt eine der Begleiterinnen Galateas. Amoretten richten ihre Pfeile

auf die Meergötter und Meerwesen, die sich in ausgelassen-heiterem

Spiel ergehen. Aus dem Blaugrau und Resedagrün des Meeres und

den zarten Tönen der Luft heben sich die blühenden Körper mit

ihrem vielfach abgestuften Inkarnat ab. Raffaels Auffassung des The­

mas hält sieb an die antike Dichtung des Philostratos.

Die drei Kardinaltugenden - Stärke, Weisheit, fäßigung. Untere Breite 66o cm. Fresko. 1 5 11. Rom, Palazzo Vaticano, Stanza della egnatura

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20 Die Dame mit dem Schleier (Donna Vclata)

85x64cm. Öl auf Leinwand. Umipz/ I3. Florenz, Palazzo Pitti, Galleria Palatina

In der Reihe der römischen Meisterwerke Raffaels 11·ürde eine Bild­

gattung fehlen, hätte der mit Aufträgen überhäufte Künstler sie nicht aus eigenem Antrieb hinzugefügt: das weibliche Bildnis. Unter

den Porträts großer Kirchenfürsten und den zahllosen Historien- und Andachtsbildern mit Madonnen, deren Weiblichkeit vom jungen und

reiferen Künstler immer betont worden war, befindet sich das Bildnis der »donna amata« Raffaels, so bezeichnet von Vasari. Der Schön­

heitstypus der geliebten Frau liegt auch den zeitlich zusammen­gehörigen Werken wie der Sixtinischen Madonna in Dresden, der

Magdalena im Bild der Heiligen Cäcilie in Bologna oder der soge­

nannten Fornarina in Rom zugrunde. Stellt sich die chönheit der Madonnen vielfach als eine allgemeine dar, so handelt es sich bei der

»Velata« um eine individuelle Schönheit.

Anmut und Würde einer jungen Frau aus dem Volke kennzeichn n das jahrhundertelang verkannte Bild, das sich heute als eigenhändiges Werk Raffaels durchgesetzt hat. Vollendet sind Formen und Linien;

Kopf, Hals und D ekollete in bellen, warmen Tönen kommen doppelt zur Geltung in der mhüllung des et11·as dunkleren Tuches. D as

gleichmäßige Gesicht mit den großen sprechenden Augen wird von

tief kastanienbraunem, gescheite! tem llaar streng umrahmt. 1\uch der eigenwi llig gebauschte Ärmel aus weißem Atlas kann nicht von der Ruhe und Klarheit des Ganzen ablenken.

Welche Beziehungen Raffael zu der Dargestellten auch gehabt haben

mag - über die Bäckerstochter aus Trastevere, deren Züge dieses Bild überliefern soll, ist nichts Authentisches bekannt - , eines steht fest:

» ... von der Velata strahlt das Glück tiefster Freude am Geschöpf in die Welt« (Fische!).

Aus der Werkstatt gingen zwischen I p8 und I p 9 zwei weibliebe

Bildnisse in Halbfigur hervor, aufbewahrt in Straßburg und !!anno­ver. Beide lehnen sich stark an das eigenhändige Werk in Florenz an,

ohne seine Qualität zu erreichen.

Bildnis der Donna Velata.

74x 50 cm. Öl auf Holz. I 518/ 19. Hannover, iedersächsisches Landesmuseum, Landesgalerie

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21 Die heilige äcilie mit Paulus,

J ohannes dem Evangelisten, Augustinus

und 1Iagdalena

238x 15 0 cm. Von Jlolz auf Leinwand übertragen. 1515.

Bologna, Pinacoteca azionale

A ls ein Werk aus Raffaels römischer Zeit, das in seiner Weise für die

Darstellung des Übernatürlichen außerordentlich groß ist, beschreibt Jacob Burckhardt unter dem unmittelbaren Eindruck des Originals

das Bild mit der Schutzheiligen der Musik wie folgt: »Auf der Erde liegen die weltlichen Toninstrumente, halb zerbrochen, saitenlos; selbst die fromme Orgel sinkt aus den Händen der Heiligen; alles

lauscht dem oben in den Lüften nur angedeuteten Engelchor. Dieser wunderbar improvisierten oberen Gruppe gab Raffael den Gesang,

dessen Sieg über die Instrumente hier dem an sich unmalbaren Sieg himmlischer Töne über die irdischen mit einer wiederum bewunderns­werten Symbolik substituiert wird. Cäcilia ist mit großer Weisheit als

reiche, auch sinnlich gewaltige Bildung gegeben; nur so (zum Bei­spiel nicht als nervös interessantes Wesen) konnte sie den Ausdruck

des vollen Glückes ohne Aufregung darstellen. Auch ih re fü rstliche

Kleidung ist gerade für den hier gewollten Zweck wesentlich und stei­gert eben jenen Ausdruck der völligen Verlorenheit in ruhigem Ent­zücken. Paulus, innerlich erschüttert, stützt sich auf das Schwert; die

gefaltete Schrift in seiner I-land deutet an, daß in Gegenwart der

himmlischen Harmonien auch die geschriebene Offenbarung als eine erfüllte schweigen dürfe. Johannes, in leisem Gespräch mit S. Augu­stin, beide verschieden erregt zuhörend. Magdalena endlich ist (offen gesagt) absichtlich teilnahmslos gebildet, um die leise Skala des Aus­drucks in den vier übrigen dem Beschauer recht zum Bewußtsein zu

bringen, übrigens eine der großartig schönsten Figuren Raffaels. Die wahren Grenzen, innerhalb welcher die Inspiration mehrerer dar­

zustellen ist, sind in diesem Bilde mit einem Takt festgehalten, welcher

den späteren Pfingstmalern völlig fremd ist.« Von dieser ursprüng­lichen Farbharmonie, die vom schweren erdhaften Braun des Bodens

über das kräftige Rot und Grün der Gewänder von Paulus und den violett-rosigen Glanz auf Magdalenas Kleid reichen, ist durch nach­

träglich bei Restaurierungen aufgelegte Farb- und Firnisschichten nicht viel erhalten. Trotzdem haben immer wieder I talienreisende, unter ihnen auch Goethe, dieses Bild besonders bewundert und ge­würdigt.

Weder für die Gesamtkomposition noch für Details sind zeichne­rische Entwürfe Raffaels erhalten.

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22 Die Befreiung Petri (Ausschnitt)

Gruppe mit Petrus und dem Engel

Wie groß der Ideenreichtum Raffaels war und wie sehr er verstand,

die Bildkompositionen den architektonischen Gegebenheiten - halb­

rund abschließende Wandfläche mit Fenstereinschnitt - anzupassen,

wird auch im Presko der Befreiung des Petrus deutlich. ber den

Fensterbogen setzt er die Architektur des Kerkers, zu beiden Seiten

führen kurze Treppenläufe zu der Zelle. Durch fesselnde Lichtführung

und starke Farbkontraste wird der Betrachter ganz von dem Bild­

geschehen gefangengenommen und ist bereit, die an sich störende

Wandteilung zu negieren. rzäh lt wird in drei zenen die wunder­

bare Befreiung des Apostels Petrus, der eine bevorzugte Stellung im

Kreis der Jünger Jesu einnahm und nach dessen Tod als Missionar

wirksam war. Der König von Judäa, J-lerodes Agrippa I., ließ ihn

im Jahre 44 u. Z . gefangennehmen. ach der Legende befreite ihn

ein Engel aus dem Kerker und führte ihn unverletzt in die Freiheit.

Diesen ngel gibt Raffael in einem zartroten Gewand - seine Gestalt

ist von strahlendem Lichtschein umgeben, der die Gefängnismauern erhellt, die Wächter blendet und den dunklen, von fahlem Mondlicht

aufgerissenen llimmel aufleuchten läßt. Trotz dramatischer Bewe­

gung im linken Teil des Freskos, auf dem die o ldaten verwirrt und

geblendet aufschrecken, ist das Bildganze klar und ausgewogen und

beweist größte Beherrschung aller Mittel. In den drei Szenen wird das Wesentliche eindringlich erzählt. D ie Gestalt des Engels ist von

einer Grazie, die schon die Zeitgenossen hervorgehoben haben. Behut­

sam nimmt der llimmelsbote den Heiligen an die Hand und geleitet

den \\·ie im Traum Wandelnden, der das Wunder noch nicht fassen

kann. Im Juni 1 5 12 pilgerte Papst J ulius II., dessen Züge Petrus trägt,

nach der Kirche San Pietro in Vincoli, die der Legende von der Be­freiung des Petrus gewidmet war. Dort dankte er für die Befreiung

von französischer Premdherrschaft. o wird die dargestellte biblische

Geschichte in zweifacher Hinsiebt aktualisiert - durch den Bezug

auf das geschichtliche Ereignis und durch die der Petrusgestalt ver­

liehenen porträthaften Züge des Papstes.

Die Befreiung

Petri.

Untere

Breite 66o cm.

Fresko.

Vollendet r 5 r4. Rom, Palazzo

Vaticano,

tanza

d' liodoro

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23 Bildnis einer jungen Frau mit entblößter Brust (La Fornarina)

85 x6o cm. Öl auf llolz. Um 1518/ 19. Rom, Gallcria azionale d'Arte antica

Die Dargestellte wird seit dem 17. Jahrhundert »Fornarina«, das heißt Bäckerstochter, genannt. Diese Bezeichnung ist legendär und war Anlaß zu verschiedensten anderen Deutungen. So hat man in der

schönen jungen Frau Beatrice, die Kurtisane des Herzogs Lorenzo

de' Medici, und Imperia, die Geliebte Agostino Chigis, gesehen. In der für Chigi errichteten Villa Farnesina haben Schüler und Gehilfen

Raffaels nach seinen Entwürfen unter anderem die Erdgeschoßloggia mit Szenen aus der Göttersage von Amor und Psyche ausgemalt. Der

Typus der Psyche ist der Fornarina verwandt. Besonders aber lassen sich physiognomische Übereinstimmungen mit der Magdalena aus

Raffaels Heiliger Cäci!ie in Bologna feststellen. »Üb aus diesem Er­

scheinungsmoment und der spezifischen Darstellungsart zu schließen ist, daß es sich um Raffaels Geliebte handelt, muß offenbleiben, denn von der Donna Velata der Pitti-Galerie, die laut Vasari als dieses Bild­

nis gilt, ist der Kopf einigermaßen verschieden.« (Dussler) Von meh­

reren Exemplaren ist das abgebildete das beste. Trotz der Signatur auf

dem Band um den linken Oberarm der Fornarina gehen die Meinun-

gen der Forschung auseinander. Teilweise wird mit der Mitarbeit

Giulio Romanos gerechnet, wobei Idee und letztes Übergehen dem 1eister zugesprochen werden.

Kardinal Bibbiena, Kirchenfürst und diplomatischer Vertreter des

Ilauses Medici, Staatssekretär und feinsinniger Spaßmacher, schrieb einmal: »Diesem Hof (dem römischen Kirchenstaat unter Leo X.

Medici) fehlt zum letzten Stolz nichts als ein Kranz schöner Frauen.« Bei Raffael gibt es eine Reihe von ihnen, wenn auch nicht genug, um

die otizen über sein Leben und die große Liebe und Leidenschaft für das ,,·eibliche Geschlecht zu unterstreichen. Wenn immer wieder festgestellt wird, daß er am Thema der Madonnen seinen künstleri­

schen eigungen mit größter Vollendung nachkommen konnte, so

war das nur möglich aus einem tiefen Empfinden, Verstehen und Verehren alles Weiblichen.

Gegenüber der verhaltenen und verhüllten Schönheit der »Velata« des Palazzo Pitti in Florenz, deren Reiz auch im fast schüchtern­

fragenden Blick liegt, erscheint die Fornarina unbefangener und sich

ihrer Schönheit und Wirkung bewußter. Das Tuch, das die Velata umhüllt, ist hier zum Turban gebunden, um die vollendeten Schulter­

und Brustpartien ganz zu zeigen. ur durch einen hauchdünnen Schleier wird der Anschein des Verhüllens erweckt. Der helle Körper

der jungen Frau kommt vor einem dunklen Blätterwald doppelt zur

Wirkung.

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24 Baldassare Castiglione

82x66 cm. Von Holz aufLeim,·and übertragen. 1514/ 15. Paris, Musee ational du Louvre

Der dargestellte Graf astiglione (1478-1 529) war zur Zeit der Ent­

stehung des Porträts Gesandter des Herzogs von Urbino am päpst­lichen Hof. Raffaels Bekanntschaft mit ihm währte bereits seit der Zeit

der gemeinsamen Jahre in Urbino. Castiglione war mehr als Hofmann,

er war Humanist und fixierte in seinem 15 28 in Dialogform verfaßten

»Il Cortegiano« den idealen Renaissancemenschen. Damit prägte er

literarisch das Wunschbild seiner Zeitgenossen, den edlen, voll­

kommenen Menschen, vollendet auch als Kavalier, unaufdringlich

und diskret in E rscheinung und Gestik, harmonisch im Wesen. Raf­

faels Malerei verkörpert in höchstem Maße die Vorstellungen der

Zeit von menschlicher Vollkommenheit, wie sie von den Dichtern

besungen und von den Moralisten gepredigt ,,·urde. Auch Castiglione

setzte inmitten einer räuberischen, gewalttätigen, maßlosen Gesell­

schaft an Fürstenhöfen und im Kirchenstaat alle Hoffnungen auf den

universalen Menschen im Sinne der Renaissancekultur und ent­

wickelte das übersteigerte Musterbeispiel des idealen Höflings. Alle

Vorwürfe, seine im Traktat dargelegten Vorstellungen von der • nt­

wicklungsmöglichkeit eines Menschen entbehrten der Grundlage,

konnten ihn nicht entmutigen. Raffael malte den Freund vor grau­goldenem Grund in grauem und schwarzem amt mit seinen vielen

chattierungen. D er kühle goldige Glanz, der über dem Ganzen liegt,

besticht in seiner Vornehmheit und erfüllt die Forderungen des D ar­

gestellten nach einer Kleidung in ernsten Farben, die die überlegene

Ruhe des männlichen Trägers ausstrahlen sollte. In gelassener Haltung

gibt Raffael den Grafen. Aufmerksam ist sein Blick auf den Betrachter gerichtet, ohne Leidenschaft oder innere Bewegung freizulegen und

die vorgeschriebene Zurückhaltung zu durchbrechen.

Wie anders erfaßt Tizian in Venedig dreißig Jahre später das Bildnis

seines Dichter-Freundes Aretino (Florenz, Palazzo Pitti), der freilich

als ein Weltmann anderer Art - vital, routiniert und genußsüchtig­

beschrieben wird. Zehn Jahre nach Raffaels Porträt von Castiglione

malt auch Tizian ihn, der hier geistvoller und lebendiger erscheint

und eher dem Lob Karls V. bei seinem Tode entspricht, der ihn

»einen der größten Kavaliere der Welt« nennt.

Das Exemplar des Castiglione-Bildnisses im Louvre wurde 1639 auf

einer Auktion der ammlung Lucas van ffelen in Amsterdam von

Alfonso Lopez ersteigert, aus dessen Besitz es in die ammlung des

Kardinals laza rin und schließlich zu Ludwig XIV. kam. Während

sich das Porträt von 1630 bis 1639 in Amsterdam befand, regte es

Rembrandt zu einer Zeichnung an; ebenso muß es auf Rubens ge­

wirkt haben, der eine Kopie (London, Graf eilern) anfertigte.

Rembrandt nach Raffael.

Baldassare Castiglione.

r6,3 x 20,7 cm (mit chrift).

Zeichnung.

Wien, Graphische Sammlung

Albertina

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25 Bildnis eines jungen fannes

72x 56 cm. Öl auf Holz. Um 1516.

Krak6w, Muzeum arodowe, Czartoryski-Sammlungen

Die Herkunft des Bildes ist nicht gesichert. Lange Zeit befand sich das

Original in einer venezianischen Sammlung, in der es Anton van Dyck gesehen und in seinem venezianischen Skizzenbuch festgehalten hat. Bei dem flämischen Meister erscheint der junge fann ohne den

I lintergrund, die rechte Hand ist vollständig dargestellt, so daß mit

nachträglicher Beschneidung des Krakauer Exemplars zu rechnen ist. Seit der niederländische Stecher P. Pontius im 17. Jahrhundert seinen

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Stich nach dem Gemälde als Selbstbildnis Raffaels bezeichnet hatte,

galt bis ins 19. Jahrhundert hinein diese Benennung. Sie ist ebenso wenig haltbar wie andere Versuche einer Deutung. Dargestellt ist ein Jüngling von lässiger Eleganz. Der hier gewählte Farbklang mit

dem Weiß des Hemdes, dem Goldbraun der Schaube mit dem Pelz­kragen und dem Grün-Gold des Teppichs auf dem Tisch ist von

größter I Iarmonie. Raffaels Fähigkeiten zum Porträtisten erweisen sich in dem vorliegenden Bildnis einmal mehr, wenn er als der Künst­ler humanistischer Bildung den Repräsentanten der herrschenden

Gesellschaft darstellt und damit den im »Cortegiano« von Casti­

glionc schriftlich fixierten Idealforderungen nach Harmonie von inne­rem und äußerem Wesen nachkommt.

I

Anton van Dyck nach Raffael. Bildnis eines jungen Iannes.

zox 1 5 cm. Zeichnung. London, British l\Iuseum

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26 Leo X. mit zwei Kardinälen

I 54x I 19 cm. Öl auf Holz. I 5 I9· Florenz, Galleria degli Uffizi

Zu den glanzvollsten Leistungen hochrenaissancistischer Porträtkunst gehört eines der letzten Werke Raffaels, das Porträt des Papstes Leo X .

aus dem Hause Medici, dargestellt mit den Kardinälen Giulio de' Medici (links) und Luigi Rossi. D as Charakterbild des Papstes wird

von Zeitgenossen gezeichnet: Anders als sein Vorgänger, der Gewalt­und Tatmensch Julius II., sei er ein Freund der Wissenschaft, ein

Kenner der Literatur, selbst ein fähiger Musiker und ein Anhänger

der Jagd gewesen. Wetterwendisch und schwankend in politischen Entscheidungen, habe der hochkultivierte, von atur aus heitere Mediceer ein verschwenderisches Leben geführt. Mit höchster Meisterschaft erfaßt Raffael die Physiognomie des

Papstes. D as massige, schlaffe, unschöne Gesicht wird durch reizvolle

Lichtbewegung belebt, die kurzsichtigen Augen, die eben noch die kostbare Handschrift durch die Lupe betrachtet haben, sind dennoch nicht ohne Kraft. Obwohl drei Blickrichtungen gewählt werden, er­

reicht Raffael durch das gedrängte Nebeneinander der Figuren und die fast gleiche Kopfhöhe eine in sich geschlossene einheitliche Bild-

form. Giulio, der päpstliche VettEr und spätere Papst Clemens VII., wird leicht unbeteiligt und mit einem Anflug von Melancholie dar­

gestellt. Rossi, der noch im Entstehungsjahr des Bildes stirbt, um­klammert wie selbstverständlich den Stuhl des Papstes, mit dem sein

Amt und seine Laufbahn eng verbunden sind. Beide Kardinäle sind ­neben dem Kopf des Papstes - als ausdrucksstarke, sichere Charaktere

gezeichnet. Von bestechender Wirkung ist der farbige Aufbau des Bildes. Wäh­

rend der Hintergrund - eine verkürzt gesehene Wand mit Pfeiler­gliederung, die die Plastizität der Figuren noch verstärkt- in Dunkel

gehüllt ist, ergießt sich eine Fülle von Rottönen, unterbrochen nur

vom Weiß und Gold der köstlichen Gewänder des Papstes, über Gestalten und Gegenstände. Mit leichter I-land gibt Raffael feine Nuancierungen, setzt glänzende neben matte Farbflächen und bringt

damit die kostbaren Stoffe zur Geltung. Fast dreißig Jahre später malt Tizian in Venedig Papst Paul III. mit

seinen beiden Enkeln ( eapel, Gallerie Nazionali). Gegenüber der stoischen Ruhe bei Raffael sind hier spannungshafte Beziehungen her­gestellt, und der Betrachter kann aus der differenzierten Zeichnung der Charaktere ihr Verhältnis zueinander und die Machtkämpfe im

Ilause Farnese erahnen.

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27 tudie zur »Verklärung Christi«­Kopf- und Handstudien für zwei Apostel

Oxford, Ashmolean Museum of Art and Archaeology

Größte Bedeutung im Werk Raffaels kommt den zahlreichen Studien und vorbereitenden Zeichnungen zu. Sie geben Aufschluß über seine gründliche Arbeitsweise, erläutern den mitunter langen Weg über Einzelstudien vor Beginn der Arbeiten in Öl- oder Freskotechnik und lassen Rückschlüsse auf die Anleitung und Überwachung der Werk-

• statt zu. Auch nach bereits vollendetem Karton fertigte der Meister noch Zwischenstudien für sich oder seine Mitarbeiter an, um Klarheit

über schwierige Details und besonders über letzte Tiefen des Aus­drucks zu erlangen. Dabei kam es zu solchen Leistungen wie dem abgebildeten Blatt. »Dies höchste Wunder der Zeichenkunst und Seelendeutung gibt nur Köpfe und Hände, aber man spürt an diesen Einzelheiten, wie die ganze Gestalt dem Ziel ihrer Erregung zu­strebt ... « (Fische!) Vergleicht man Zeichnung und Gemälde mitein­ander, so wird offenkundig, daß der alte Apostel die Lebendigkeit des Ausdrucks, sein erschrocken-mitfühlendes Mienenspiel bewahrt hat, während beim Jünglingskopf die angespannte Aufmerksamkeit und Faszination, die sich in seinem markanten Profil widerspiegeln, unter entstellenden Farbschichten, in verquollenen Öl- und Firnismassen erstickt sind.

Studie zur »Verklärung Christi« - Kopf des Andreas. London, British Museum

Studie zur »Verklärung Christi«- zwei nackte männliche Gestalten.

34x22 cm. Zeichnung. Paris, Musee ational du Louvre

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28 Die Verklärung Christi

405x278 cm. Öl auf Ilolz. I5I8- 1522. Rom, Pinacoteca Vaticana

Das letzte Werk Raffaels ist ein Auftrag von Kardinal Giulio de' Medici für seinen Bischofssitz arbonne, vermutlich gleichzeitig mit dem Konkurrenzbild der »Auferweckung des Lazarus« Sebastiano del Piombos in der Londoner ationalgalerie im Jahre 1517 bestellt. Aus mehrfachen Berichten des Venezianers Sebastiano wissen wir et­was über Raffaels Arbeiten. Kurz nach dessen Tod am 6. April I 5 20

teilt er Michelangelo mit, daß er die »Verklärung«, die im Vatikan ausgestellt war, gesehen habe. Dabei verglich er seine I 5 I 9 fertig­gestellte Tafel mit der Raffaels, die zu diesem Zeitpunkt annähernd vollendet gewesen sein muß. Die Restzahlungen, von Castiglione I 5 22

beim Auftraggeber angefordert, beglichen wohl relativ geringfügige abschließende Arbeiten der Werkstattmitglieder, besonders Giulio Romanos. Im Jahre 15 2 3 erfolgte die Aufstellung des Bildes nicht an ursprünglich vorgesehenem Ort, sondern auf dem Hochaltar der rö­mischen Kirche San Pietro in Montorio. Mil zahlreichen anderen be­deutenden Werken europäischer Kunst befand es sich- durch apo­leon verschleppt- von 1797 bis I 8 I 5 in Paris und ist seit seiner Rück­kehr in der Gemäldegalerie des Vatikans ausgestellt. Eine vierjährige Restaurierung, die 1976 abgeschlossen war, befreite das Gemälde von einer Firnisschicht, die die Restauratoren apoleons aufgetragen hatten. Inhaltlich und kompositorisch zerfällt das Gemälde in zwei

Teile. Im oberen Teil ist die »Verklärung Christi« (Markus 9, 2-9, 17- 27) dargestellt; Christus führte seine Jünger Petrus, Jakobus und Johannes auf den Berg Tabor, wo er sich vor ihren Augen ver­wandelte.» ... seine Kleider wurden blendend weiß, wie sie kein Färber auf Erden weiß färben kann, und es erschienen vor ihnen Elias und Moses, die waren im Gespräch mit Jesus«. In der unteren Bildhälfte wird die Heilung eines besessenen Knaben erzählt. Die Verbindung beider Stoffe - in der Bibel aufeinanderfolgend - ist ungewöhnlich und ohne Tradition. Deshalb ist mit einer thematischen Vorgabe des

Bestellers zu rechnen. Die Verknüpfung beider Vorgänge wird durch die Gesten der Apostel hergestellt, die auf die Christusgestalt weisen, von der allein sie das Wunder der Heilung erhoffen. In einem ersten Entwurf hatte Raffael lediglich die Gruppe der Verklärung vorgesehen. In der von Giulio Romano, dem bedeutend­sten Mitarbeiter der Werkstatt, danach erarbeiteten Werkstattvor­lage taucht auch zunächst die Verklärungsgruppe als eine in sich ge­schlossene Komposition auf. Während der Vorarbeiten zur Gruppe mit Christus wandelte sich das Motiv der drei stehenden Männer, neben Christus Moses und Elias, in das Schwebemotiv. Diese Um­wandlung ist von Raffael auf einer quadrierten Skizze in Chatsworth vorgenommen worden, wie überhaupt viele Einzelstudien zum Ge­mälde auf ihn zurückgehen, ein Teil der erhaltenen Blätter stammt von Mitarbeitern.

Kreisförmig breitet sich die Lichtsphäre aus, auch bei der Anordnung der Figuren wird der Kreis zum Maß der K omposition; das wird sehr deutlich auf der Studie im Britischen Museum. Der Kreis, den die Verklärungsgruppe bildet, wird von den liegenden Jüngern geschlos­sen. Sie sind geblendet von dem hellen Licht, das aus den zerteilten Wolken dringt und die Christusgestalt umflutet. Die obere Zone in ihrer Transparenz der Farbigkeit und der intensiven Lichtwirkung geht - bis auf den Christuskopf von Penni - auf Raffael zurück. Im unteren Bildteil läßt sich nur in der Apostelgruppe links, besonders bei dem sitzenden Andreas und den beiden auf Christus Weisenden, die Hand des Meisters erkennen. Die Gruppe um den besessenen

Knaben zeigt deutlich Merkmale der achfolger, besonders Roma­nos und Pennis. In der dramatischen Übertreibung der Gesten und der Zerrissenheit der Bewegung in den einzelnen Gruppen werden neue Wege be­schritten, die von klassischer Höhe und klassischem Gleichmaß weg­und zu manieristischen Formen und Ausdrucksmitteln hinführen. Mit Recht wird der starke Einfluß der »Verklärung« auf Werke des Barock, zum Beispiel der Carracci, Guido Renis, Poussins oder Rubens', hervorgehoben.

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V. Druckerei Volksstimme Magdeburg. Buchbinderische Verarbei­tung : Druckerei Fortschrit t Erfurt.

625 091 o DDR I4,- M

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