Rathaus Burgkunstadt · 2015. 7. 13. · 4 Jörg Hoffmann 1660 bis 1734 - der Erbauer des Rathauses...

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1690 - 2010 Rathaus Burgkunstadt

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Grußwort Bürgermeister

Nach fast dreijähriger Bauzeit kann das Rathaus von Burgkunstadt von Stadtrat, Verwaltung und Bürgerschaft wieder genutzt werden. Nachdem starke Schäden am Fachwerk und eine hohe Schadstoffbelastung der Innenräume festgestellt wurden, musste das Rathaus, obwohl erst von 1978 bis 1980 grundlegend renoviert, erneut saniert werden.

Nach den Plänen der Architekturbüros Huth, Burgkunstadt, (Altbau) und Dr. Eschenbacher, Kulmbach, (Neubau) wurde der Altbau von Grund auf renoviert und instandgesetzt und der bisherige Anbau abgebrochen und durch einen funktionalen Verwaltungsbau ersetzt. Großer Wert wurde dabei auch darauf gelegt, dass die Ver-

waltungsräume im Neubau und auch die Rathaushalle entsprechend der Vorschriften der Bayerischen Bauord-nung barrierefrei auch für Rollstuhlfahrer erreichbar sind.

Zimmermeister Jörg Hoffmann und Baumeister Hans Gebelein haben mit ihrem Werk in den Jahren 1689/90 ein Kulturdenkmal geschaffen, das zu den schönsten Fachwerkrathäusern unserer oberfränkischen Heimat zählt. Mit der jetzigen Sanierung unter konsequenter Beachtung der denkmalpflegerischen Vorgaben wurde versucht, dieses Bauwerk in seiner ursprünglichen Form für die Nachwelt zu erhalten. Ein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle den Mitarbeitern des Landesamtes für Denkmalpflege für die jederzeit gewährte fachkundige Beratung und Unterstützung. Ebenso danken wir der Regierung von Oberfranken (Städtebauförderung), der Oberfran-kenstiftung, der Bayerischen Landesstiftung sowie der Denkmalpflege für die finanzielle Unterstützung der Bau-maßnahme.

Möge das Rathaus Burgkunstadt auch in Zukunft Mittelpunkt des Geschehens unserer Stadt sein und entspre-chend dem über dem Eingang des Altbaus in Stein gemeißelten Wahlspruch „JUSTITIA ET CONCORDIA“ – Gerechtigkeit und Eintracht – Mahner für Bürgersinn und friedvolle Gemeinschaft bleiben.

Burgkunstadt, 1. Mai 2010

Heinz PetterichErster Bürgermeister

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Rathaus mit vorgelagerten Fachwerkhäusern - Wahrzeichen der Stadt -

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Jörg Hoffmann 1660 bis 1734 - der Erbauer des Rathauses Burgkunstadt

Mit Recht gilt das Rathaus von Burgkunstadt als sein Hauptwerk, das nun 320 Jahre als Wahrzeichen der Selbstdarstellung der Stadt dient und einen lebendigen Einstieg in die Geschichte der Stadt ermöglicht.

„ . J . H . M . . Z . V . Z .“

Diese Initialen sind im Brüstungsfeld angebracht und dokumentieren, dass Jörg Hoffmann, Zimmermann von Zeil, der Meister des Bauwerks ist.

Meister Jörg Hoffmann war damals ein geschätzter Zimmermeister und Bildschnitzer in Zeil am Main. Nach Gareis ist Jörg Hoffmann vermutlich 1660 in Neubrunn, Pfarrei Kirchlauter, im Landkreis Ebern ge-boren. Meister Jörg Hoffmann, der 1734 verstarb, hat

zu der Hochblüte der Holzbaukunst in Franken, Ende des 17. Jahrhunderts, viel beigetragen. Mehrere seiner Bauten sind noch erhalten.

Das Jörg-Hoffmann-Haus in Zeil, 1689 vollendet, ist sein erstes, noch erhaltenes Werk. Noch im selben Jahr begann er den Bau des Rathauses in Burgkunstadt. Nach mehrfachen Verhandlungen mit Meister Crantz, Zimmermann aus Kronach, hat der ganze ehrbare Rat mit dem Meister Jörg Hoffmann aus Zeil einen Vertrag über den Rathausbau abgeschlossen. Danach über-nahm der Meister für die Summe von 160 fl und 2 fl 24 kr Trankgeld, sowie für 5 fl zugesagte 3 Eimer Bier, den Rathausbau zu Burgkunstadt (fl=Gulden). Als der ganze Rat mit dem Meister accordierte, wurden für

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49 kr an Brot und Trunk verzehrt. Sein Auftrag war, auf den alten zweistöckigen massiven Bau ein weiteres Stockwerk mit zwei hohen Giebeln aufzusetzen.

Aus der von dem damaligen Bürgermeister Moritzen Stahl erstellten Baurechnung ist eine Fülle von Einzel-heiten berichtender oder kritischer Art mit Einblicken in die damaligen bürgerlichen Bräuche und Gewohn-heiten zu entnehmen.

Nach siebenmonatiger Bauzeit konnte der gewaltige Dachstuhl aufgerichtet werden und bereits am 25. Juni 1690 wurde die Rechnung „Alleß Ausgebens über den allhießigen großen Rathausbau“ abgeschlossen. Die Baukosten betrugen 571 fl 27 kr und ½ pf.

Kunsthistoriker Georg Delho bezeichnet in seinem Großen Handbuch der deutschen Kunstgeschichte das Rathaus wegen seiner hervorragenden äußeren und in-neren Holzarchitektur als Kleinod unter den Fachwerk-bauten.

1692 baute Jörg Hoffmann das sogenannte Dillig´sche Haus in Scheßlitz. Ein viertes bekanntes Bauwerk ist das „Uhrmacherhaus“ in Königsberg in Bayern, ent-standen 1733 vor seinem Tod. Die „Hölzernen Männer“ in Baunach, die alte Mühle in Stettfeld und das Kir-chengestühl der Pfarrkirche St. Michael in Zeil werden ihm ebenfalls zugeschrieben. Im weiten Umkreis des Obermaingebietes war JHZ hochgeschätzt mit seiner tüchtigen, formvollendeten, künstlerischen Arbeit, die weit über das handwerksmäßige Können hinausging.

Die neue Zeit hat dem großartigen Burgkunstadter Stadtbild noch eine Reihe anderer baulicher Akzente gegeben, aber immer noch ist der wie ein mächtiger Turmbau über der alten Stadtsilhouette emporragende Rathausbau Mittelpunkt geblieben.

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Ein KulturdenkmalWeithin sichtbar thront das Rathaus mit steilem Giebel-dach und bekrö-nendem Türmchen auf der Stelle der ehe-maligen „Altenburg ob Kunstadt” und prägt die reizvolle Stadtsil-houette im Wechsel-spiel zum barocken Turm der Pfarrkirche und zur „Vogtei”. Vom Markt der Oberstadt her gesehen überragt es mit seiner geglieder-ten hohen Giebelfront die vor ihm gestaffel-ten Fachwerkhäuser.Seitdem der Zimmer-mann Jörg Hoffmann aus Zeil am Main als bedeutend ster Meis-ter des barocken Fach-werkbaues in Franken mit Baumeister Hans Gebelein 1689/90 das

mit reicher Holzschnitzkunst verzierte Fachwerk-geschoss auf den zweigeschossigen Mauersockel setz-te, blieb das Äußere unverändert. Zuvor jedoch hatte der Bau — mehr noch der Baugrund — eine bewegte Geschichte: 1059 erstmals erwähnt wurde die Burg Kunstadt Sitz des Grafenamts, dem Vorläufer des spä-teren bischöflich-bambergischen Ministerialen. In Krie-gen mehrmals zerstört, erfahren im Zuge der letzten frühmittelalterlichen Umwehrung die beiden jetzigen

RechnungAlleß Ausgebens über den allhießigen großen Rathhausbau, was darbey uffgangen, spezifiziert, und von mir, Moritzen Stahl, Bürgermeistern ordentlich verführet.Burchkunstatt, den 25. Juny1690

Sockelgeschosse die Umgestaltung zu einem quadrati-schen „Burghaus”, späterer Sitz des Kastellans.Ende des 15. Jahrhunderts wird unter Verwendung al-ten Steinmaterials nach Westen erweitert. In den bi-schöflichen Lehenbüchern von 1447 er wähnt als „Hof-raithe zu Burgkunstadt uff der Burge, die Alte Burg genannt, mit samt dem Gemäuer, Türmen und Kel-lern”, erscheint 1462 „der alte Hof mit samt Turm und Brauhaus”. Tatsächlich erfolgte die Nutzungsänderung des Baukörpers in ein Brauhaus und zwei Darren, die 1689/90 ausgeräumt wurden, wie die Baurechnung zeigt. Die 1975 auf der Südseite freigelegten Funda-ment- und Mauerreste eines quadratischen Raumes sind möglicherweise mit der seit 1447 oftmals urkund-lich erwähn ten St. Margarethen-Kapelle identisch.Richtung Osten, zur heutigen Burgmauer hin, die als Umwehrung für den neu geschaffenen Mauerweg re-noviert wurde, stieß das Bayer. Landesamt für Denk-malpflege, Abteilung Vor- und Frühgeschichte, bei den Gra bungsarbeiten überraschend auf die ältesten Reste einer Umwallung um 830 n. Chr.Dehio schreibt in Geschichte der Deutschen Kunst: „Die Anlage der älte sten Rathäuser ist überall gleichar-tig: ein frei am Markte stehender, zwei stöckiger, stark gestreckter Rechteckbau, der nichts enthält als 2 Säle, ein jeder ein ganzes Stockwerk für sich in Anspruch nehmend. Der untere ist Kaufhaus für die feineren, schutzbedürftigeren Waren . . . der obere in wechseln-der Verwendung Bürgersaal, Gerichtssaal, Festsaal für Tanz und Gelage . . . Während dieser einfachste Typus für kleinere Städte noch längere Zeit genügte, traten mit dem wachsenden Umkreis der städtischen Verwal-tungstätigkeit neue Bedürfnisse ein . . .,” für Burgkun-stadt jedoch erst am 1. 1. 1977, also 300 Jahre später, be-dingt durch die Bayerische Ge meinde-Gebietsreform.

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Bestandsuntersuchung und InstandsetzungVeranlassung:Ende 2000 wurde an der Westfassade im 2. OG fest-gestellt, dass einzelne Gefache gelockert sind und sich aus der Fachwerkwand lösen. Erste Begutachtungen haben ergeben, dass vorrangig die Schwellen, die Stän-der und Riegel im Bereich der Zapfenanschlüsse durch Einwirkung von Nässe z. T. erheblich zerstört sind. Ähnliche Schäden wurden ebenfalls an der Südfassade festgestellt.

In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmal-pflege erfolgte die notwendige Voruntersuchung für die Bausubstanz des historischen Rathauses, um das weitere Vorgehen sinnvoll und maßnahmebezogen abstimmen zu können. Für die detaillierten Schadens-feststellungen wurden entsprechende Fachleute einge-schalten, u. a. Statiker, Holzrestaurator, Bauphysiker etc. Am gesamten Gebäude wurden, vorrangig jedoch an den Bauteilen des Fachwerks im 2. OG und den Dachbauteilen, erhebliche konstruktive und substan-

zielle Schäden festgestellt. Eine dauerhafte Behebung der Schäden konnte nur durch eine detailgenaue Ab-stimmung der Einzelmaßnahmen ermöglicht werden. Das festgestellte differenzierte Schadensbild erforderte umfangreiche Maßnahmen, die nachfolgend detailliert beschrieben werden.

Auf Grundlage der einzelnen Untersuchungsergebnis-se wurden die geplanten Instandsetzungsmaßnahmen am Fachwerk und an der Bauwerkssubstanz des Ein-zeldenkmals in enger Abstimmung mit dem Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Dienststelle Schloss Seehof, und dem Bauarchiv Thierhaupten vom Bayer. Landesamt für Denkmalpflege erarbeitet.

Schadensbild:Dachtragwerk - Substanz- und Systemschäden:> im Bereich der Traufen waren durch Feuchtigkeit Fäulnisschäden an Schwellen, Balkenköpfen und Spar-renfüßen entstanden. Die stärksten Schäden waren auf der Nordseite zu verzeichnen. Zahlreiche Balkenköpfe und Auflagerschwellen waren hier geschädigt.> Anschlusspunkte des Windverbandes klafften, die Längsaussteifung des Dachwerks war nicht mehr aus-reichend wirksam.> Der Westgiebel war im Spitzboden nur über die Dachlattung an die Dachkonstruktion angeschlossen und dreht nach außen. In Höhe der Kehlbalken sowie der Dachbalkenlage waren zahlreiche Fäulnisschäden bzw. Schädigungen durch tierischen Befall an Schwel-len und Säulenfüßen der FW-Konstruktion festzustel-len.> Die Dielung wurde 1978 nicht direkt auf der Dach-balkenlage angeordnet, sondern auf einer quer verlau-fenden Konterlattung. Der Anschluss der Dielung an die Balkenlage war nicht ausreichend schubfest, die Scheibenwirkung der Decke wurde somit deutlich ver-mindert.

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Fachwerk 2. Obergeschoss - Allgemeine Beurteilung:> Das Fachwerk zeigte zunächst von unten betrach-tet einen geschlossenen intakten Gesamteindruck. Bei näherer Betrachtung und eingehender Untersuchung mussten jedoch starke Schäden festgestellt werden.> Die Untersuchungen des Wandaufbaus hatten erge-ben, dass keine ausreichende Luftdichtigkeit und Dif-fusionsfähigkeit gegeben war. An der Süd- und West-fassade drang bei stürmischer Witterung Regenwasser bis zur Wandinnenseite ein.> Die Gefache waren nicht ausreichend verankert und hatten sich stellenweise aus dem Verbund gelöst. Sie bewegten sich vor allem auf der Süd- und Westseite

nach außen. Die Gefache waren mit einem Zement-putz versehen und hydrophobiert, eindringendes Re-genwasser konnte somit nur schwer verdunsten. Die lange andauernde Durchfeuchtung der Hölzer führte zu Fäulnisschäden. Diese konzentrierten sich an den Zapfenlöchern der Fachwerkschwellen.

Konstruktive Schäden:> Südfassade:> Starke Schäden an der Fachwerkschwelle der Süd-fassade, komplette Zerstörung der Schwellhölzer zwi-schen Achse S 6 und S 15. > Aufgrund des Schadensausmaßes bestand dringen-

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der Handlungsbedarf, an der Innenseite wurden Sicherungsmaßnahmen durchge-führt. Bei früheren Sanierungen wurden die unter der Schwelle liegenden Balken-köpfe zurückgeschnitten, die äußere Mauerlatte entfernt und durch Mauerwerk ersetzt. Die notwendige Anbindung an die Decke war nicht gegeben.> Westgiebel:> Starke Schädigung der Fachwerkschwelle am Westgiebel (bis zur kompletten Zerstörung). > Nahezu alle Säulenfüße waren geschädigt. In Teilbereichen waren die Brust-riegel zerstört. Aufgrund des Schadensausmaßes erfolgte eine Stabilisierung als Notsicherungsmaßnahme.> Nordfassade:> In der Nordfassade im Bereich Bürgermeisterzimmer wurden bereits 1979 Höl-zer komplett ausgetauscht. Zierelemente des Fachwerks waren z. T. ersetzt bzw. im Original als Vierungsstücke auf darunterliegende neue Hölzer aufgeschraubt. Das Rähm zeigte in Teilbereichen Schädigungen auf, einzelne Brustriegel waren zerstört.> Ostgiebel:> Starke Substanzschäden am Ostgiebel an der Fachwerkschwelle des Giebeldrei-ecks, sonst zumeist nur geringe Schäden an Säulen, Riegeln oder Schwellen.

Schäden am Schmuckfachwerk:> Die gesamten Holzoberflächen hatten deckend ausgeführten Lasuranstrich. Der Anstrich war kraqueliert, aufgeschüsselt und abgelöst bzw. abgewittert. Durch die Schichtdicke waren die aufgetragenen Lasuren nicht mehr dampfdiffusionsoffen. Holzfeuchtemessungen ergaben unter dem Anstrich doppelt so hohe Feuchtewer-te wie an farbfreien Stellen. Die Holzteile waren ausgewittert, rissig und pilzbe-fallen. Fehlstellen und Risse waren mit Kitt verschlossen, der Kitt einschl. neuerer

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Kittungen hatte sich vom Untergrund gelöst und war spröde geworden oder bereits herausgefallen.> Am stärksten ausgewittert waren die waagrechten Ausformungen der Halbsäulen des Schmuckfachwer-kes sowie erhabene Teile der Holztafeln und Masken. Die großflächigen Kittungen auf den verwitterten und zerklüfteten Holzpartien hatten durch die Holzbewe-gungen und Bindemittelabwanderung Risse und lösten sich ab. Dies führte zum Eindringen von Regenwasser und somit zum vorgefundenen Schadensbild.Historische Wiederherstellung:Ziel der Gesamtrenovierung des Altbaus war, die his-torische Wertigkeit des bedeutenden Denkmals zu er-halten und zu betonen und dabei alle baulichen Maß-nahmen in enger Abstimmung mit dem Bauherrn und dem Bayer. Landesamt für Denkmalpflege umzuset-zen. Neben den umfangreichen Maßnahmen an den Holzbauteilen des Fachwerks, der Dachkonstruktion und den Decken wurden die Außenwände im EG und 1. OG durch Mauerwerksverpressungen und Veranke-rungen stabilisiert. Die Fachwerkausfachungen wurden mit Lehmsteinen und Kalkputz sowie innenseitiger Leichtlehmschale mit Wandtemperierung ausgeführt. Die Fassadenanstriche erfolgten auf Grundlage vorlie-gender Befunde entsprechend der historischen Farbge-bung. Für die Innengestaltung wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild zugrunde gelegt.

Die Durchführung erforderte vom Stadtrat, von der Verwaltung und den am Bau Beteiligten sehr viel Ge-duld, Sachverstand und Liebe zum Detail. Nach Ab-schluss der Arbeiten prägt der historische Altbau – für die Anforderungen unserer Zeit gerüstet – die Silhou-ette der Altstadt.

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Säule links vor und rechts nach der Restaurierung.

„Fratze“ oben vor und unten nach der Restaurierung.

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Rathausneubau

Als bei den Sanierungsarbeiten des Altbaus festge-stellt wurde, dass die eingebauten Holzteile stark mit Schadstoffen belastet sind, wurden sicherheitshalber auch die Holzteile des 1978 zeitgleich mit der dama-ligen Altbausanierung in Ständerbauweise errichteten neuen Rathausanbaus untersucht. Leider trafen die schlimmsten Befürchtungen zu, die Grenzwerte wur-den bis um das 20-fache überschritten. Den Kosten für eine dadurch erforderliche Entkernung und Sanierung des Neubaus standen die kalkulierten Kosten für einen Abbruch und Neubau des Erdgeschosses in fast gleicher Höhe gegenüber.

Nach umfangreicher Diskussion entschieden sich die Mitglieder des Stadtrates für den Abbruch und Neubau des Anbaus, denn damit konnte auch eine Erweiterung und Umgestaltung der Verwaltungsräume vorgenom-men werden. Nach den Plänen des Architekturbüros Dr. Eschenbacher GdbR aus Kulmbach wurde das Erd-geschoss um 160 m² vergrößert und barrierefrei gestal-tet, so dass auch Rollstuhlfahrer problemlos die Räume erreichen können.

Die Ausführung der Arbeiten wurde im Rahmen eines PPP-ähnlichen Modells der Firma GÖP – Öffentliche Pri-vate Partnerschaften aus Mainroth übertragen. Bei der Umsetzung der Planung wurde auch darauf geachtet, dass sich der Neubau architektonisch dem historischen Altbau unterordnet und die Ansicht vom Maintal auf den Altbau nicht durch den Anbau beeinträchtigt wird. Dem wurde mit einem Flachdach Rechnung getragen. Auch in der Gestaltung des offenen Verbindungsbaus mit dem Treppenhaus und in der Farbauswahl wurde auf den Altbau eingegangen, ohne jedoch die gestalte-rische Eigenständigkeit des Neubaus zu vernachlässi-gen.

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Ein Baudenkmal wie das his-torische Rathaus kann nur auf Dauer erhalten werden, wenn es mit Leben erfüllt ist. Dem wurde mit der denkmalgerech-ten Sanierung des Altbaus und dem Um- und Anbau als funk-tionales Verwaltungsgebäude Rechnung getragen.

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BaudatenBauherr: Stadt Burgkunstadt Erster Bürgermeister Heinz Petterich Architekt (Altbau): Reinhold Huth, BurgkunstadtArchitekt (Neubau): Dr. Klaus Eschenbacher, KulmbachHaustechnik: Ingenieurbüro Reichenbach & Henkel Burgkunstadt OT KirchleinStatik: Ingenieurbüro Burges+Döhring, BayreuthSIGE-Koordinator: Ingenieurbüro Miller, NürnbergBefunduntersuchung: Hofmann Erhalten & Gestalten, KönigsfeldHolzfachleute: Restaurator Norbert Lenk, Neukirchen am Brand Dipl.-Ing. Gürtler, PlauenBauphysik: Institut für Gebäudeanalyse Dr. Jörg Seele, MünchenDenkmalpflege: Bayer. Landesamt für Denkmalpflege Konservator Dr. Karl-Heinz Betz, Schloss Seehof Dipl.-Ing. (Univ.) Andrea Behrendt, Schloss Seehof Martim Saar, Bauarchiv ThierhauptenPlanung + Durchführung: Voruntersuchung 2001/02 Baubeginn März 2007 Fertigstellung Altbau Oktober 2009 Fertigstellung Neubau Dezember 2009Baukosten: Altbau 1,8 Mio. € Neubau 1,2 Mio. €Zuwendungen: Städtebauförderung 200.000 € E-Fond (Denkmalpflege) 230.000 € Oberfrankenstiftung 266.000 € Bayer. Landesstiftung 150.000 €

Herausgeber: Fotos:Stadt Burgkunstadt Eberhardt Lantz, BLfD Vogtei 5 Reinhold Huth, Manfred Schardt96224 Burgkunstadt Archiv Stadt Burgkunstadt Arthur Hoh (Luftbild)

Druck: Druckerei Coprint, Bahnhofstraße 28, 96224 Burgkunstadt

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Ansicht um 1960