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Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothesen: Zum methodologischen Status der Theorie rationalen Handelns von Viktor Vanberg Human beings have problems which they must solve. Rationality is the method of solving them“ (J. Kekes 1987: 278). Einleitung In Diskussionen über die Schwächen und Stärken der Theorie rationalen Handelns, wie sie insbesondere dem Verhaltensmodell der Ökonomik zugrunde liegt, wird häufig übersehen, dass sich die Annahme rationalen Handelns bei näherem Hinsehen als sehr interpretationsbedürftig erweist und in der Literatur auch höchst unterschiedliche Interpretationen erfahren hat, sowohl was ihren genauen Inhalt als auch was ihren methodologischen Status anbetrifft. So wird sie, sowohl bei Advokaten wie auch bei Kritikern, von den einen als eine empirisch überprüfbare Hypothese verstanden, von einigen als ein nicht widerlegbares axiomatisches Prinzip, während sie wiederum von anderen als ein normatives Postulat gewertet wird, das darüber etwas aussagt, wie man als rationaler Agent handeln sollte. 1 Der vorliegende Beitrag verfolgt ein doppeltes Anliegen. Zum einen geht es darum, mit Hilfe der Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese etwas mehr Klarheit in die Vielfalt der Interpretationen der Rationalitätsannahme zu bringen. Zum anderen geht es darum, die Theorie rationalen Handelns mit einem alternativen Denkansatz zu konfrontieren, nämlich einer Theorie programm-basierten Verhaltens, von der gezeigt werden soll, dass sie einer Sozialwissenschaft wie der Ökonomik, wenn sie sich denn als eine um Erklärung beobachtbaren Verhaltens bemühte Erfahrungswissenschaft verstehen will, bessere Dienste leisten kann als das Rationalitätsparadigma.

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Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothesen:

Zum methodologischen Status der Theorie rationalen Handelns von

Viktor Vanberg

„Human beings have problems which they must solve. Rationality is the method of solving them“ (J. Kekes 1987: 278).

Einleitung

In Diskussionen über die Schwächen und Stärken der Theorie rationalen Handelns,

wie sie insbesondere dem Verhaltensmodell der Ökonomik zugrunde liegt, wird

häufig übersehen, dass sich die Annahme rationalen Handelns bei näherem Hinsehen

als sehr interpretationsbedürftig erweist und in der Literatur auch höchst

unterschiedliche Interpretationen erfahren hat, sowohl was ihren genauen Inhalt als

auch was ihren methodologischen Status anbetrifft. So wird sie, sowohl bei

Advokaten wie auch bei Kritikern, von den einen als eine empirisch überprüfbare

Hypothese verstanden, von einigen als ein nicht widerlegbares axiomatisches Prinzip,

während sie wiederum von anderen als ein normatives Postulat gewertet wird, das

darüber etwas aussagt, wie man als rationaler Agent handeln sollte.1

Der vorliegende Beitrag verfolgt ein doppeltes Anliegen. Zum einen geht es

darum, mit Hilfe der Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und

Rationalitätshypothese etwas mehr Klarheit in die Vielfalt der Interpretationen der

Rationalitätsannahme zu bringen. Zum anderen geht es darum, die Theorie rationalen

Handelns mit einem alternativen Denkansatz zu konfrontieren, nämlich einer Theorie

programm-basierten Verhaltens, von der gezeigt werden soll, dass sie einer

Sozialwissenschaft wie der Ökonomik, wenn sie sich denn als eine um Erklärung

beobachtbaren Verhaltens bemühte Erfahrungswissenschaft verstehen will, bessere

Dienste leisten kann als das Rationalitätsparadigma.

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2. Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothesen 2

Grundlegend für die Theorie rationalen Handelns wie auch für das Alltagsverständnis

rationalen Verhaltens ist die Vorstellung, dass menschliches Verhalten zweckgerichtet

und vorausschauend, durch seine erwarteten Konsequenzen bestimmt ist. Rational zu

handeln bedeutet, in einer gegebenen Entscheidungssituation unter den möglichen

Handlungsalternativen diejenige auszuwählen, von der der Entscheider die für ihn

vorzugswürdigsten Folgen erwartet. Die handlungsleitenden Erwartungen müssen

sich offenkundig auf Annahmen über Wirkungszusammenhänge stützen, d.h. auf

Hypothesen oder Theorien darüber, welche Folgen die verschiedenen in Betracht

gezogenen Handlungsalternativen tatsächlich haben werden. Dass Entscheidungen auf

von Hypothesen oder Theorien abhängigen Erwartungen beruhen, bedeutet aber, dass

Verhalten nicht, wie dies die in der Ökonomik gängige Einteilung von

Erklärungsvariablen in Präferenzen und Restriktionen nahe legt, allein als eine

Funktion der „subjektiven“ Präferenzen eines Handelnden einerseits und der

„objektiven“, äußeren (insbesondere Budget- und Preis-) Restriktionen anderereseits

erklärt werden kann, sondern dass auch die Vorstellungen und Theorien des

Handelnden als subjektive Restriktionen berücksichtigt werden müssen.

K. J. Arrow (1996: xiii) weist auf den in diesem Zusammenhang relevanten

Punkt hin, wenn er feststellt: „Choice is over sets of actions, but preference orderings

are over consequences.“ Eine Entscheidung oder Wahlhandlung reflektiert nicht nur

die subjektiven Präferenzen eines Handelnden sondern auch sein subjektives Wissen

über Wirkungszusammenhänge oder, in Arrows Worten, „knowledge of the relation

between actions and consequences“ (ebd.). Das bedeutet aber, jegliches

zweckgerichtete, intentionale Handeln ist sowohl Präferenz- wie auch Theorie-

geleitet.3

1 Zu den unterschiedlichen Interpretationen siehe etwa K.J. Arrow (1996: xiii), A. Sen (1987), R. Sugden (1991: 751f.). 2 Der hier gemeinte und im folgenden zu erläuternde Unterschied ähnelt, ist aber nicht identisch mit Unterscheidungen, die sich bei anderen Autoren finden, wie etwa der von K.D. Opp (1999: 172) getroffenen Unterscheidung zwischen einer „engen“ and einer „weiten“ Fassung der Rational Choice Theorie oder die Unterscheidung zwischen einer „dünnen“ und einer „dichten“ Variante bei J. Ferejohn's (1991: 282). 3 R. Boyd and P.J. Richerson (1993: 133): „Everyone must acquire beliefs about the world before they can optimize.“ – Zumeist wird in Definitionen rationalen Handelns nicht ausdrücklich zwischen der Theoriekomponente und der Präferenzkomponente unterschieden. Die Theoriekomponente ist etwa in der Formulierung „most effective means“ versteckt, wenn es bei Hargreaves Heap et al. (1992: vii)

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Die Rolle, die Theorien oder Hypothesen über Wirkungszusammenhänge im

Entscheidungsverhalten spielen, ist von zentraler Bedeutung für die Unterscheidung

zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese.

Unter den Namen Rationalitätsprinzip fasse ich Interpretationen der

Rationalitätsannahme, die nicht mehr behaupten, als dass menschliches Handeln in

dem Sinne rational ist, dass eine gewählte Handlung für den Handelnden die

vorzugswürdigste Alternative darstellt, und zwar im Lichte der Präferenzen und der

Theorien, die seine Entscheidung zum Zeitpunkt der Handlung bestimmen. Im Sinne

des Rationalitätsprinzips ist menschliches Handeln also rational, gegeben die

subjektiven Ziele oder Zwecke (Präferenzen) und die subjektiven Vorstellungen

(Theorien) des Handelnden zum Zeitpunkt der Entscheidung. In dieser Interpretation

sagt die Rationalitätsannahme lediglich etwas über die subjektive Konsistenz

menschlichen Handelns aus oder, genauer gesagte, über „lokale“ Konsistenz, „lokal“

in dem Sinne, dass allein auf die Präferenzen und Theorien bezug genommen wird,

die den Handelnden zum Zeitpunkt der Handlung leiten. Im Grunde sagt eine so

interpretierte Rationalitätsannahme nicht mehr aus, als dass menschliches Handeln

zweckgerichtet oder absichtsgeleitet ist, und dass es im Lichte der Präferenzen und

Theorien, auf denen die Entscheidung des Handelnden beruht, Sinn macht,

verständlich ist. Wie exzentrisch auch immer die Präferenzen und Theorien eines

Handelnden sein mögen, solange sein Handeln mit ihnen logisch konsistent ist, ist es

im Sinne des Rationalitätsprinzips als rational anzusehen.

Unter den Namen Rationalitätshypothese fasse ich demgegenüber

Interpretationen der Rationalitätsannahme, die über die Ziele oder Präferenzen und die

Theorien eines Handelnden weitergehende Behauptungen aufstellen als nur die, dass

sie mit der zu erklärenden Handlung „lokal“, also zum Zeitpunkt der

Handlungsentscheidung, konsistent sind.4 Solche weitergehende Behauptungen

können sich auf unterschiedliche Aspekt beziehen. Es kann dabei einerseits um die

heißt: „A rational choice is one which selects the most effective means to satisfy the agent’s preferences.“ 4 N.J. Vriend (1996: 264) unterscheidet in einem ähnlichen Sinne zwischen „two alternative approaches to rationality, i.e., ‚internal consistency of choice’ and ‚reasonableness of decision-making procedures’.“ – Vriend scheint davon auszugehen, dass das Rationalitätsprinzip den Kern des ökonomischen Ansatzes ausmacht, wenn er feststellt: „Rational behavior of homo oeconomicus means that his actions are consistent with his preferences and perceived opportunities“ (ebd.: 272). Zu den Implikationen einer solchen Interpretation bemerkt er: „Thus, what is really fundamental in economic theory are preferences and perceived opportunities. Clearly, by relating the notion of rationality in

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Frage der internen Konsistenz des gesamten Systems von Präferenzen und Theorien

gehen, die das Handeln einer Person bestimmen. Und es kann zum anderen um die

Frage der Korrespondenz zwischen den subjektiven Theorien, auf denen ein

Handelnder seine Entscheidungen basiert, und den tatsächlichen Gegebenheiten und

faktischen Wirkungszusammenhängen gehen.

Die eine Variante der Rationalitätshypothese geht über das Rationalitätsprinzip

insofern hinaus, als mit der Behauptung der Rationalität menschlichen Handelns nicht

nur gemeint ist, dass eine zu erklärende Handlung mit den Präferenzen und Theorien

des Handelnden zum Zeitpunkt der Handlungsentscheidung konsistent ist, sondern

dass Menschen in dem Sinne rational sind, dass die Gesamtheit ihrer Ziele oder

Präferenzen und ihrer Theorien in sich widerspruchsfrei und mit ihren Handlungen

konsistent ist.

Die zweite Variante der Rationalitätshypothese unterscheidet sich vom

Rationalitätsprinzip dadurch, dass nicht nur interne Konsistenz von Präferenzen,

Theorien und Handlungen sondern Realitätsadäquatheit der handlungsleitenden

subjektiven Theorien unterstellt wird. Mit der Behauptung der Rationalität

menschlichen Handelns ist hier gemeint, dass Menschen nicht nur subjektiv rational

sondern objektive zweckmäßig handeln, dass sie von Annahmen über

Wirkungszusammenhänge geleitet sind, die ihnen eine erfolgreiche Verfolgung ihrer

Ziele in der Problemumwelt ermöglichen, in der sie sich bewegen. Bei dieser Variante

der Rationalitätshypothese geht es also um die tatsächliche Angepasstheit der

Theorien eines Handelnden an die objektiven Gegebenheiten seiner Umwelt. - Beide

Varianten der Rationalitätshypothese können natürlich in Kombination auftreten, also

im Sinne einer Vorstellung, die sowohl umfassende interne Konsistenz von

Präferenzen und Theorien wie auch faktische Angemessenheit von Theorien

unterstellt. Dies gilt etwa für die Annahme perfekter Rationalität in der

neoklassischen Ökonomik.5

Das Rationalitätsprinzip ist nicht widerlegbar und nicht überprüfbar. Es stellt

keinerlei Behauptungen über menschliches Handeln auf, die mit beobachtbarem

economics in this way to the pursuance of self-interest, one has ‚emptied’ the notion of rationality of all substance” (ebd.: 269). 5 Diese strikte Version der Rationalitätshypothese ist impliziert, wenn J. Elster (1986: 16) die Anforderungen, die „a rational-choice explanation of an action“ idealerweise zu erfüllen hat, mit den Worten umschreibt: „The action is the best way for the agent to satisfy his desire, given his belief; the belief is the best he could form, given the evidence ... . Both the belief and the desire must be free of internal contradictions.”

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Handeln in Widerspruch geraten könnten, die also aus der Menge denkbarer

Handlungen bestimmte als faktisch nicht möglich ausschließen würden. Es kann

entweder als Definition gemeint sein, die festlegen soll, was wir meinen, wenn wir

von „zweckgerichtetem menschlichen Handeln“ sprechen. Oder es kann als ein

heuristisches Prinzip gemeint sein, das uns etwas darüber sagt, wie wir bei unseren

Erklärungsbemühungen vorgehen sollten, nämlich dass wir bei unserer Suche nach

Handlungserklärungen von der Prämisse ausgehen sollen, dass Handlungen mit den

Präferenzen und Theorien des Handelnden konsistent sind.

Ob man nun das Rationalitätsprinzip als Definition, also als Konvention für

den Sprachgebrauch, oder als heuristisches Prinzip, also als Anleitung zur

Erklärungssuche, interpretiert, in keinem der beiden Fälle stellt es eine empirisch

gehaltvolle, überprüfbare Hypothese dar.6 Es kann nicht wahr oder falsch sein, es

kann lediglich für den intendierten Zweck – also als sprachliche Konvention oder als

Erklärungsanleitung – mehr oder weniger zweckmassig sein. Erst dann, wenn das

Rationalitätsprinzip im oben erläuterten Sinne durch zusätzliche Annahmen über die

Präferenzen und Theorien von Handelnden ergänzt wird, hat man es mit

Rationalitätshypothesen im Sinne von empirisch widerlegbaren Behauptungen zu

tun.7

Im Kontext des praxiologischen Ansatzes von Ludwig von Mises' (1940) etwa

fungiert das Rationalitätsprinzip eindeutig als eine definitorische Aussage. Es heißt

dort: „Handeln ist bewusstes Verhalten. Wir können auch sagen: Handeln ... ist ziel-

und zweckbewusstes Sichbenehmen“ (ebd.:11). Nach Mises ist die Aussage,

menschliches Handeln sei „rational“, gleichbedeutend mit der Aussage, es sei

subjektiv sinnvoll, zweck- oder zielgerichtet. Entsprechend folgert er: „Handeln ist

immer vernünftig ... . Der Ausdruck ‚rationales Handeln’ ist mithin pleonastisch und

daher vom logischen Gesichtspunkt abzulehnen“ (ebd.: 14).8

6 Es sei angemerkt, dass eine “Definition“ natürlich dann eine widerlegbare Behauptung darstellt, wenn sie nicht der Festlegung eines Sprachgebrauchs dienen soll, sondern als eine Aussage darüber gemeint ist, wie ein Begriff in einem bestimmten Kommunikationszusammenhang – etwa in der Alltagssprache oder in einem spezifischen fachwissenschaftlichen Kontext – de facto benutzt wird. 7 R. H. Coase (1994: 43) weist auf die empirische Gehaltlosigkeit des Rationalitätsprinzips mit der Bemerkung hin: „To say that people maximise utility ... leaves us without any insight into why people do what they do.“ 8 In der amerikanischen Ausgabe (Mises 1949: 18) heißt es: „Human action is necessarily always rational. The term ‚rational actor’ is therfore pleonastic and must be rejected.” - Im Hinblick auf subjektiv zweckgerichtetes aber objektiv nicht zweckmäßiges Handeln stellt Mises (ebd.: 20) fest: „An action unsuited to the end sought falls short of expectation. It is contrary to purpose, but it is rational,

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Als eine definitorische Aussage verstanden gibt das Rationalitätsprinzip an,

was wir unter zweckgerichtetem oder intentionalem Handeln verstehen wollen.

Verhaltensäußerungen, die im Sinne des Rationalitätsprinzips nicht als „rational“

gelten könnten, fallen damit aus der Kategorie „intentionales Handeln“ heraus. Sie

werden einer anderen Klasse von Verhaltensäußerungen zugeordnet, für die sich eine

Theorie rationalen Handelns nicht zuständig sieht, wie etwa reine Reflexreaktionen

oder unbeabsichtigte Körperbewegungen (z.B. zufälliges Stolpern).9

Ist das Rationalitätsprinzip nicht als definitorische Aussage sondern als ein

heuristisches Prinzip gemeint, so dient es als Anweisung dafür, wie wir an das

Problem der Erklärung intentionalen menschlichen Handelns herangehen sollten. Es

besagt, wie bereits erwähnt, dass wir bei unseren Erklärungsbemühungen von der

Unterstellung ausgehen sollten, dass absichtsgeleitete Handlungen im Sinne der

Zielvorstellungen und der Annahmen über faktische Wirkungszusammenhänge, die

den Handelnden zum Entscheidungszeitpunkt leiten, rational oder konsistent sind.

Anders gesagt, als heuristisches Prinzip weist es uns an, die Möglichkeit

„irrationalen“ oder „inkonsistenten“ Handelns auszuschließen und unsere

Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, die Ziele oder Präferenzen und die Theorien

oder Realitätsannahmen zu identifizieren, die, wenn man sie als handlungsleitend

unterstellt, das zu erklärende Handeln als sinnvoll und zweckmäßig erscheinen

lassen.10

Mit der Feststellung, dass das Rationalitätsprinzip keine empirisch

überprüfbare Behauptung darstellt, soll keineswegs geleugnet werden, dass

spezifische „Anwendungen“ dieses Prinzips durchaus widerlegbare Behauptungen

i.e., the outcome of a reasonable - although faulty - deliberation and an attempt - although an ineffectual attempt - to attain a definite goal.“ 9 Mises (1940: 11): „Bewusstes Verhalten hebt sich scharf ab vom unbewussten Verhalten, von den Reflexvorgängen und der Reaktion der Zellen auf Reize.“ – In der amerikanischen Ausgabe (Mises 1949: 20) findet sich die Erläuterung: „The opposite of action is not irrational behavior, but a reactive response to stimuli on the part of the bodily organs and instincts which cannot be controlled by the volition of the person concerned.“ 10 So sieht K. R. Popper's (1994: 181) die Bedeutung des Rationalitätsprinzips darin, dass es „reduces considerably the arbitrariness of our models, an arbitrariness which becomes capricious indeed if we try to do without this principle.“ – Im Kontext seiner Überlegungen zur Methodologie der Sozialwissenschaften und, insbesondere, seiner Vorstellungen zu dem von ihm als „Situationslogik oder Situationsanalyse“ bezeichneten Erklärungsansatz spricht Popper von Rationalitätsprinzip als dem zentralen „animating law“ (ebd.: 169). Der Umstand, dass Popper es versäumt, in diesem Zusammenhang zwischen dem nicht widerlegbaren Rationalitätsprinzip und empirisch gehaltvollen Rationalitätshypothesen zu unterscheiden, dürfte die Quelle von Inkonsistenzen in seinem Konzept der „Situationslogik“ sein, auf die Kritiker wie N. Koertge (1979), B.J. Caldwell (1991: 13ff.) und Vanberg (1975: 109ff.) hingewiesen haben. – Für eine eingehendere Erörterung dieser Frage siehe Vanberg (2002: 18ff.).

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einschließen können. Damit soll lediglich gesagt sein, dass es für sich genommen

keine empirisch widerlegbare Aussage darstellt. Spezifische Anwendungen des

Rationalitätsprinzips, etwa in Form der Aussage, dass eine Person P eine Handlung H

ausgeführt hat, weil sie Ziel Z verfolgte und von der Theorie T ausging, stellen

natürlich in dem Sinne widerlegbare Behauptungen dar, dass die spezifischen

Unterstellungen, die über die Ziele oder Präferenzen und die Theorien des

Handelnden gemacht werden, wahr oder falsch sein können. Diese Widerlegbarkeit

bezieht sich allerdings einzig und allein auf die konkreten inhaltlichen

Unterstellungen, die bezüglich der im jeweiligen Fall vorliegenden spezifischen

Rand- oder Anfangsbedingungen getroffen werden, also etwa die Unterstellung, dass

die betrachtete Person tatsächlich das Ziel Z verfolgte und von Theorie T ausging. Sie

bezieht sich nicht auf den im Rationalitätsprinzip enthaltene Annahme der Konsistenz

zwischen Präferenzen, Theorien und Handlung. Der offenkundige Umstand, dass die

in Anwendungen des Rationalitätsprinzips gemachten Unterstellungen über im

konkreten Fall gegebene faktische Bedingungen falsch sein können, ändert nichts an

der Tatsache, dass das in solcher Weise „angewandte“ Rationalitätsprinzip selbst eine

nicht widerlegbare Aussage darstellt. Der Umstand, dass ein heuristisches Prinzip uns

anhält, auf Erklärungsgrößen abzustellen, über deren Ausprägung überprüfbare

Behauptungen aufgestellt werden können, macht das heuristische Prinzip nicht selbst

zur einer überprüfbaren Hypothese.

Im Unterschied zum Rationalitätsprinzip stellen Rationalitätshypothesen der

oben erläuterten Art überprüfbare Behauptungen über Tatbestände auf. Sie können in

der Tat wahr oder falsch sein. Eben deshalb werden sie als Hypothesen bezeichnet.

Wie erwähnt können Rationalitätshypothesen auf unterschiedliche Aspekte abstellen.

Sie können Behauptungen über umfassendere, nicht bloß „lokale“ Konsistenz von

Präferenzen und Theorien beinhalten, sie können Behauptungen über die faktische

Angemessenheit von subjektiven Vorstellungen über Wirkungszusammenhänge

aufstellen, oder beides gleichzeitig behaupten.11 Im vorliegenden Zusammenhang ist

vor allem der Umstand von Interesse, dass „Theorien rationalen Handelns“ nur in den

Maße empirisch überprüfbare Behauptungen aufstellen, und daher auch nur insoweit

11 Die in der Literatur zu findenden Definitionen von „Rationalität“ verknüpfen in der Regel auf die eine oder andere Weise Annahmen über die Konsistenz subjektiver Präferenzen und Theorien mit Annahmen über die objektive Angemessenheit der letzteren.

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erfahrungswissenschaftliche Erklärungen zu leisten in der Lage sind, wie sie über das

bloße Rationalitätsprinzip hinausgehen und Rationalitätshypothesen beinhalten.12

3. Der ‚ökonomische Ansatz’ zwischen Rationalitätsprinzip und

Rationalitätshypothesen

Wenn Ökonomen den „ökonomischen“ oder „Rational Choice“ Ansatz zur Erklärung

menschlichen Verhaltens verteidigen, äußern sie sich häufig so, als ginge es darum,

das Rationalitätsprinzip zu verteidigen. Das Rationalitätsprinzip bedarf aber überhaupt

keiner Verteidigung. Es wird nicht bestritten und ist auch gar nicht bestreitbar.

Eine Theorie rationalen Handelns oder Rational Choice Theorie, die lediglich

das Rationalitätsprinzip als allgemeine Annahme beinhalten würde, wäre offenkundig

ohne empirischen Gehalt. Für sich allein genommen schließt das Rationalitätsprinzip

für die Fälle, auf die es sich bezieht, nämlich intentionales menschliches Handeln,

kein denkbares Ereignis aus. Für alle vorstellbaren Handlungen, seien sie noch so

absonderlich, kann man sich Ziele und handlungsleitende Theorien über die Welt

vorstellen, die sie „rational“ oder „konsistent“ erscheinen lassen.13 Abgesehen von

dem Umstand, dass subjektive Präferenzen und Theorien keiner direkten Beobachtung

zugänglich sind und daher Annahmen über sie ohne Anschlusstheorien, die sie mit

beobachtbaren Sachverhalten verknüpfen, unüberprüfbar bleiben, können, wie oben

bereits erläutert, spezifische inhaltliche Annahmen über die in konkreten

Erklärungsfällen maßgeblichen Präferenzen und Theorien als singuläre Behauptungen

natürlich zutreffend oder falsch sein. Was aber die im Rationalitätsprinzip unterstellte

Konsistenz anbelangt, so scheint es uns in der Tat nicht einmal möglich zu sein, uns

auch nur ein hypothetisches Beispiel einer „zweckgerichteten Handlung“

auszudenken, die dem Rationalitätsprinzip widersprechen würde. Erst dann, wenn das

Rationalitätsprinzip um Aussagen ergänzt wird, die den mit ihnen kompatiblen

Annahmen über die Präferenzen und Theorien von Handelnden Schranken auferlegen,

12 Man beachte, dass die Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese sich nicht mit der gängigeren Unterscheidung zwischen Konzepten „subjektiver“ und „objektiver“ Rationalität deckt. Im Sinne der Abgrenzung von subjektiver und objektiver Rationalität wären das Rationalitätsprinzip und der erste der beiden oben erläuterten Grundtypen einer Rationalitätshypothese (Rationalität als umfassende Konsistenz von Präferenzen und Theorien) auf derselben Seite der Unterscheidung, nämlich als Konzepte „subjektiver“ Rationalität, einzuordnen, während sie im Sinne der hier vorgenommenen Unterscheidung gegeneinander abgegrenzt werden. 13 R.E. Lucas (1977: 15): „Even psychotic behavior can be (and today, is) understood as ‚rational’ given a sufficiently abnormal view of relevant possibilities.”

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haben wir es mit Rationalitätshypothesen im Sinne empirisch widerlegbarer

Behauptungen zu tun.14

Sofern Ökonomen das Modell rationalen Handelns in einem Sinne verteidigen,

der über das Rationalitätsprinzip hinausgeht, führen sie häufig Argumente für das an,

was man als „weiche“ Rationalitätshypothesen bezeichnen könnte, etwa für die

Behauptung, dass Menschen in der Regel nicht in offenkundig inkonsistenter Weise

handeln, oder dass sie auf Anreize reagieren. Solche „weichen“

Rationalitätshypothesen sind, anders als das Rationalitätsprinzip, in der Tat

widerlegbare Behauptungen, aber die von Ökonomen in diesem Sinne üblicherweise

angeführten Annahmen über „rationales Handeln“ dürften auch in anderen

Verhaltenswissenschaften unumstritten sein.15 Auch unter denen, die sich in anderen

Wissenschaften als der Ökonomik mit menschlichem Verhalten befassen, wird man

schwerlich jemanden finden können, der etwa die Annahme bezweifeln würde, das

Menschen „take advantage of obvious opportunities.“ 16

Kontrovers sind nicht derartige „weiche“ Rationalitätshypothesen, sondern vor

allem die „harte“ Variante, auf der die orthodoxe neoklassische Ökonomik basiert,

nämlich die Annahme perfekter Rationalität, also die Annahme, dass menschliches

Handeln nicht nur „lokal“ sondern „global“ mit den Präferenzen und Theorien des

Handelnden konsistent ist und auf perfektem, objektiv zutreffendem Wissen über die

14 Der Aufsatz „Rationality – A Global Concept“ von I. Lipnowski (1998) mag hier als Beispiel für die erwähnte Neigung von Ökonomen zitiert sein, sich bei der Verteidigung der Rationalitätsannahme auf Vorstellungen von Rationalität zurückzuziehen, die von kaum jemandem bezweifelt werden. So meldet Lipnowski zwar den scheinbar starken Anspruch an, dass das „traditional concept of rationality embraced by economists has validity in the most general settings“ (ebd.: 31), erläutert diesen Anspruch aber dann im Sinne einer kaum strittigen Behauptung, wenn er die Restriktionen, die für einen Handelnden das „set of feasible outcomes“ (ebd.: 31) beschränken so umfassend definiert, dass darin nicht nur solche „conventional constraints as a limited budget“ (ebd.) sondern auch „personal limitations such as lack of information, deficient computational capacity, failing memory (imperfect recall or absentmindedness) or ‚irrational’ beliefs (and fears)“ (ebd.) eingeschlossen sind. – Legt man eine so umfassende Definition von Handlungsrestriktionen oder „constraints“ zugrunde, so verteidigt Lipnowski lediglich das unstrittige Rationalitätsprinzip, wenn er den Schluss zieht: „If the uniform treatment with respect to all constraints that is advocated in this paper were adopted, the sole criterion for judging an agent’s rationality would be the consistency of his behavior with the realization of the agent’s avowed goal“ (ebd.) – Mit seiner umfassenden Vorstellung von Rationalität steht allerdings andererseits die Bemerkung Lipnowskis im Widerspruch: „Action that is justifiable only on the basis of beliefs that are not sustainable empirically can hardly be described as rational action“ (ebd.: 21). 15 Simon (1987: 26): „I emphasize this point of agreement at the outset – that people have reasons for what they do – because it appears that economics sometimes feels called on to defend the thesis that human beings are rational. Psychology does not quarrel at all with this thesis. If there are differences in viewpoint, they must lie in conceptions of what constitutes rationality, not in the fact of rationality itself.“ 16 P. Krugman (1998: 120): „Economic actors are intelligent in the sense that they take advantage of obvious opportunities.“

10

Welt beruht.17 Diese Annahme ist in so offensichtlichem Konflikt mit der Realität,

dass sie selbst von ihren Befürwortern nicht mit dem Anspruch verteidigen wird, sie

spiegele in angemessener Weise das tatsächliche Verhalten realer Menschen wider.

Das Argument, das gerne zu ihrer Verteidigung angeführt wird, und das in der Tat der

gesamten allgemeinen Gleichgewichtstheorie zugrunde zu liegen scheint, besagt, dass

es nun einmal der eigentliche Zweck der theoretischen Ökonomik ist, die

Implikationen auszuarbeiten, die sich für marktliche Prozesse ergeben, wenn man

annimmt, dass die Marktteilnehmer perfekt rational sind. Im Sinne dieser Sichtweise

ist es die Aufgabe der ökonomischen Theorie, die Funktionseigenschaften von

Märkten aufuzeigen, auf denen „completely rational individuals“ agieren, Individuen,

die ausgestattet sind mit der „ability to foresee everything that might happen and to

evaluate and optimally choose among available courses of action“ (Kreps 1990:

745).18 Die (interne) Schlüssigkeit einer solchen Theorie ist offenkundig völlig

unberührt von der Frage, ob reale menschliche Akteure dem Modell des „vollkommen

rationalen Individuums“ auch nur im geringsten nahe kommen. Es geht um ein

axiomatisch deduktives Vorhaben, das uns darüber informiert, wie die Welt

funktionieren würde, wenn sie von vollkommen rationalen Individuen bevölkert wäre.

Eine solche Theorie sagt uns jedoch per se nichts über unsere Erfahrungswelt, eine

Welt, die von Menschen bevölkert ist, die so sind, wie sie nun einmal de facto sind.

Sie kann lediglich beanspruchen, dass ihre Behauptungen uns in dem Maße etwas

über Vorgänge in der Beobachtungswelt sagen, in dem die in realen sozialen

Kontexten gegebenen Bedingungen den in der neoklassischen Modellwelt

unterstellten Bedingungen nahe kommen.19

Bereits in seinem 1937 zuerst erschienenen klassischen Aufsatz „Economics

and Knowledge“ hat F.A. Hayek eine ökonomische Theorie kritisiert, die sich in

solcher Weise auf Aussagen über eine Welt von perfekt rationalen Individuen

17 Zur Annahme perfekter Rationalität heißt es bei H. A. Simon (1987: 26): „In its treatment of rationality, neoclassical economics differs from the other social sciences in three main respects: (a) in its silence about the content of goals and values; (b) in its postulating global consistency of behavior; and (c) in its postulating ‚one world’ – that behavior is objectively rational in relation to its total environment, including both present and future environments as the actor moves through time.“ – Die Frage, warum „economic analyses come in for so much criticism both from within and outside the profession“, beantwortet Krugman (1998: 120) mit der Bemerkung, dies liege an den „extreme formulations“, wie etwa der Annahme „that intelligent behavior goes all the way to strict maximization of some objective function.“ 18 D. M. Kreps (1990: 746): „Most economic theory concerns completely rational individuals. ... Completely rational individuals ... populate the economies of general equilibrium.“ 19 Siehe dazu unten S. 26f..

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beschränkt, von Individuen, die alles wissen, was sie wissen müssen, um optimale

Entscheidungen zu treffen, und er hat darauf hingewiesen, dass eine Umorientierung

erforderlich ist, soll ökonomische Theorie etwas zur Erklärung realer Vorgänge in der

Erfahrungswelt beitragen können: „Tatsächlich wird meine wesentliche Behauptung

die sein, dass die Tautologien, aus denen die formale Gleichgewichtsanalyse in der

Wirtschaftstheorie im wesentlichen besteht, nur insoweit in Aussagen verwandelt

werden können, die uns irgend etwas über Kausalzusammenhänge in der realen Welt

sagen, als wir imstande sind, in diese formalen Sätze bestimmte Behauptungen

darüber einzusetzen, wie Wissen erworben und vermittelt wird. Kurz gesagt, ich

werde die Behauptung aufstellen, dass das empirische Element in der

Wirtschaftstheorie – der einzige Teil, der sich nicht nur mit Implikationen sondern mit

Ursachen und Wirkungen befasst und der daher im Prinzip verifiziert werden können

– in Aussagen über die Erwerbung von Wissen besteht“ (Hayek 1952a: 49).20

Nun haben sich natürlich orthodoxe neoklassische Ökonomen selten allein mit

der Rolle von Theoretikern bescheiden wollen, die lediglich Aussagen über

hypothetische Welten machen, ohne etwas Gehaltvolles über die uns umgebende reale

Welt aussagen zu können. Sie melden deshalb gemeinhin den Anspruch an, dass die

Annahme vollkommener Rationalität ungeachtet ihrer mangelnden Realitätsnähe ein

nützliches analytisches Instrument darstellt, das uns zu einem besseren Verständnis

wichtiger Aspekte beobachtbarer wirtschaftlicher Vorgänge verhelfen kann.21 Es ist

gerade dieser Anspruch, dass das Konzept vollkommener Rationalität

erfahrungswissenschaftliche Erklärungsrelevanz besitze, sich als Grundlage für eine

empirisch gehaltvolle und erklärungskräftige ökonomische Theorie eigne, der das

Rational Choice Modell der Ökonomik zur Zielscheibe andauernder Kritik hat werden

lassen, einer Kritik, die nicht zuletzt mit dem Namen von Herbert A. Simon

verbunden ist. Mit Nachdruck und Beharrlichkeit hat Simon seit langem argumentiert,

die Ökonomik müsse, wenn sie zu einer erklärungskräftigen Erfahrungswissenschaft

werden wolle, ihr Modell „olympischer Rationalität“ durch eine Theorie

20 In einer Fußnote vermerkt Hayek unter Verweis auf K.R. Popper, dass es statt „verifiziert“ besser „falsifiziert“ heißen sollte. 21 Dieser Anspruch ist für die Ökonomik als Theorie marktlicher Prozesse insbesondere mit dem Argument verteidigt worden, dass der Selektionsdruck auf irrige handlungsleitende Theorien unter den Bedingungen marktlichen Wettbewerbs so wirksam ist, dass man mit einigem Recht die vereinfachende Annahme als Arbeitshypothese verwenden könne, Marktakteure würden sich im Großen und Ganzen so verhalten, „als ob“ sie von zutreffenden Annahmen über Tatbestände und Wirkungszusammenhänge geleitet wären. Zu diesem Argument siehe unten S. 26f..

12

„unvollkommener“ oder „beschränkter“ Rationalität ersetzen, einer Theorie, die etwas

darüber aussage, wie reale Menschen – und nicht hypothetische allwissende Agenten

– die Entscheidungsprobleme lösen, mit denen sie konfrontiert sind.22

4. Gary S. Beckers ökonomischer Ansatz zur Erklärung menschlichen

Verhaltens: Rationalitätsprinzip oder Rationalitätshypothese?

Ob bestimmte Varianten der Theorie rationalen Handelns in der Tat

Rationalitätshypothesen beinhalten und daher mehr aussagen als die bloße Heuristik

des Rationalitätsprinzips, ist keineswegs immer offensichtlich. Dies lässt sich am

Beispiel des von G.S. Becker vertretenen „ökonomischen Ansatzes zur Erklärung

menschlichen Verhaltens“ illustrieren, einem Ansatz, der weithin als die

konsequenteste moderne Interpretation des ökonomischen Verhaltensmodells gilt.

Nach gängiger Einschätzung handelt es sich bei Beckers Ansatz um eine besonders

rigorose Variante der Annahme rationalen maximierenden Verhaltens. Bei näherer

Prüfung zeigt sich aber, dass damit im Kern nicht mehr behauptet wird als mit dem

nicht widerlegbaren Rationalitätsprinzip.

Um die „Schwäche der herkömmlichen Theorie der Wahlhandlungen“

(Becker 1982: 147) zu vermeiden, die in der Rolle liegt, die „bei der Interpretation

beobachteten Verhaltens der ‚Änderung von Präferenzen’“ (ebd.: 147f.) eingeräumt

wird, schlägt Becker einen neuen Ansatz für die Theorie des Konsumverhaltens vor,

der sich dadurch auszeichnet, „dass er die Einkommens- und Preiseffekte stärker

betont und den ‚Präferenzen’ bei der Interpretation des Verhaltens eine geringere

Rolle beimisst“ (ebd.: 161).23 Die zentrale Idee dieses neuen Ansatzes besteht darin,

dass das Konsumverhalten als produktive Tätigkeit re-interpretiert wird. Normale

Marktgüter – wie etwa Bücher, Fernsehgeräte oder Fahrräder – werden nicht als

22 In vielzähligen Beiträgen hat H. A. Simon auf die „discrepancy between the perfect human rationality that is assumed in classical and neoclassical economic theory and the reality of human life“ (Simon 1992: 3) hingewiesen und argumentiert, dass weder das Wissen der Menschen „nor their power of calculation allow them to achieve the high level of optimal adaptation of means to end that is posited in economics“ (ebd.). 23 Zu den Gründen, aus denen er den Bezug auf Präferenzen vermeiden möchte, stellt Becker (1982: 147) fest: „Nun ist es aber merkwürdig, dass Ökonomen ihre Theorie der Wahlhandlungen weitgehend auf die Annahme unterschiedlicher Präferenzen stützen, da sie zugegebenermaßen keine brauchbare Theorie der Bildung von Präferenzen besitzen und sich auch nicht auf eine entsprechend ausgereifte Theorie in anderen Sozialwissenschaften verlassen könnten, denn es gibt keine.“ – Becker hat diese recht weitgehende Behauptung in einer jüngeren Neufassung seines „ökonomischen Ansatzes“ (dazu unten) wiederholt, für die er beansprucht: „I do not believe that any alternative approach – be it founded on ‚cultural’, ‚biological’, or ‚psychological’ forces – comes close to providing comparable insights and explanatory power“ (Becker 1996: 4).

13

direkte nutzenstiftende Objekte betrachtet, sondern als Input-Faktoren für einen

Produktionsprozess, durch den ein Konsument (oder ein Haushalt) „commodities“

oder „Letzt-Güter“, wie Gesundheit, sozialen Status oder Sinnesfreuden, herstellt, die

allein als direkt nutzenstiftende Faktoren gelten können (Becker 1996: 5). Als

grundlegende Nutzenfunktion wird entsprechend angenommen:

U = u (Z1, Z2, ..., Zn)

Die Zi stellen dabei die verschiedenen „Letzt-Güter“ oder direkt nutzenstiftenden

Güter dar.

Soweit es diese grundlegende Nutzenfunktion betrifft, kann man nach Becker

unterstellen, dass die Präferenzen der Menschen sich weder über die Zeit verändern

noch zwischen Personen variieren, dass sie also als intertemporale und interpersonelle

Konstante angesehen werden können (Stigler and Becker 1977: 76).24 Für die in

ökonomischen Erklärungsansätzen zentrale Unterscheidung zwischen Präferenzen

und Restriktionen als Verhaltensdeterminanten bedeutet dies: Wenn sich das

Verhalten einer Person, etwa ihre Nachfrage nach bestimmten normalen Marktgütern,

über die Zeit ändert, oder wenn man entsprechende Verhaltensunterschiede zwischen

Personen beobachtet, so sind solche Verhaltensänderungen oder –unterschiede nicht

aufgrund von Änderungen oder Unterschieden in den Präferenzen (für Letzt-Güter)

zu erklären, sondern aufgrund von Änderungen oder Unterschieden in den

Restriktionen. Eine wesentliche Restriktion muss dabei nach Becker in den

Fähigkeiten von Personen gesehen werden, Letzt-Güter herzustellen. So stellt er fest:

„Man könnte argumentieren, dass in der Tat alle Haushalte genau die gleiche

Nutzenfunktion besitzen ..., dass sie alle diesen Nutzen von den gleichen

‚grundlegenden Freuden’ oder der gleichen Präferenzfunktion ableiten, und dass sie

sich lediglich in ihrer Fähigkeit zur Produktion dieser ‚Freuden’ unterscheiden“

(1982: 162).

Auf den ersten Blick erweckt Beckers Reformulierung der Annahme der

Nutzen-Maximierung durchaus den Eindruck, dass sie eine deutlich weitergehende

Behauptung aufstellt als das Rationalitätsprinzip, das ja lediglich besagt, dass

menschliches Handeln im Lichte der jeweils handlungsleitenden subjektiven

24 Zur Begründung für die Annahme intertemporaler und interpersoneller Konstanz führt Becker (1982: 162, fn.) den Gedanken an, dass die allen Menschen gemeinsamen letztendlichen Präferenzen ein

14

Präferenzen und Theorien „rational“ ist, ohne über diese Präferenzen und Theorien

irgendwelche einschränkenden Annahmen zu treffen. Die Behauptung intertemporal

stabiler und interpersonell identischer Präferenzen scheint demgegenüber deutlich

einzuschränken, was man bezüglich der „subjektiven Komponenten“ menschlicher

Wahlhandlungen unterstellen darf. Ein genauerer Blick auf Beckers Erläuterungen

zeigt jedoch, dass dies nicht der Fall ist.

Die wesentliche Implikation der Reformulierung Beckers beteht darin, dass

die beobachtbare Nachfrage nach normalen (Markt-) Gütern – und, in der Tat, ganz

allgemein die „Nachfrage“ nach jeglicher Art von Verhalten – als abgeleitete

Nachfrage interpretiert wird, „abgeleitet“ aus den intertemporal konstanten und

interpersonell identischen Präferenzen für Letzt-Güter einerseits und den

intertemporal veränderlichen und interpersonell unterschiedlichen Fähigkeiten zur

Produktion dieser Letzt-Güter andererseits. Die entscheidende Verknüpfung zwischen

den Letzt-Präferenzen und der abgeleiteten Nachfrage für normale Güter liegt in der

Haushalts-Produktionsfunktion für End-Güter (Zi), die die produktive Kapazität von

Konsumenten oder Haushalten beschreibt:

Zi = zi (xi; ti; E)

In dieser Gleichung steht xi für die Inputs in Gestalt normaler (Markt-) Güter, ti

bezeichnet die Zeit, die vom Konsumenten (Haushalt) selbst für die Produktion der Zi

aufgewandt wird, und unter E sollen sogenannte „Umweltvariable“ („environmental

variables“) subsumiert werden, zu denen Becker insbesondere die

Produktionstechnologie rechnet, die Konsumenten (Haushalte) bei der Herstellung

von Letzt-Gütern einsetzen.

Die Bezeichnung „Umweltvariable“ („environmental variable“) vermittelt den

Eindruck, dass bei der Erklärungsgröße „E“ allein um beobachtbare, inter-subjektiver

Überprüfung zugängliche Aspekte der „Produktionsumwelt“ (1982: 149) geht. In

Wirklichkeit werden die Variable E und ihre Hauptkomponente, die „production

technology“, jedoch von Becker in einer Weise interpretiert, die einen äußerst weiten

Spielraum für zulässige Erklärungsargumente lässt. Wenn, wie Becker erläutert (ebd.:

162; Stigler and Becker 1977: 82, 84), unter „production technology“ nicht nur solche

Dinge wie persönliche Fähigkeiten oder Humankapital zu fassen sind sondern auch

genetisches Erbe der Spezies Homo Sapiens sind, dass sich „im Laufe der Zeit durch natürliche

15

das Wissen der Menschen25 – und zwar zutreffendes ebenso wie eingebildetes Wissen

(Stigler and Becker 1977: 84: „whether real or fancied“) -, dann behauptet die

Beckersche Rationalitätsannahme letztendlich nicht mehr als das Rationalitätsprinzip,

nämlich lediglich, dass intentionale Handlungen im Lichte der Präferenzen und

Theorien des Handelnde rational oder konsistent sind. Denn die scheinbar strikte

Behauptung invariabler elementarer oder Letzt-Präferenzen legt dem, was wir über

die direkten Präferenzen für (oder die abgeleitete Nachfrage nach) normale(n) Gütern

annehmen können, keine effektiven Grenzen auf, wenn das, was Menschen „correctly

or incorrectly“ (ebd.) über Tatbestände und Wirkungszusammenhänge in der Welt

glauben, das entscheidende Bindeglied zwischen Letztpräferenzen und gewöhnlichen

Präferenzen darstellt, denn dann kommen alle möglichen subjektiven Restriktionen

zusätzlich zu den objektiven Restriktionen als Verhaltensdeterminanten in Betracht.26

In einer weiter entwickelten Variante seines Ansatzes zur Erklärung „nutzen-

maximierenden vorausschauenden Handelns“ („utility-maximizing forward-looking

behavior“, Becker 1996: 140) hat Becker besondere Betonung auf die Humankapital-

Perspektive („human capital perspective“, ebd.) gelegt, und die Aufmerksamkeit

darauf gelenkt, das gegenwärtige Wahlhandlungen von Menschen Auswirkungen auf

ihr zukünftiges Humankapital haben, also auf ihre zukünftige Fähigkeit zur

Produktion von Letzt-Gütern und damit auf ihre zukünftige (abgeleitete) Nachfrage

nach normalen Gütern.27 Zweck dieser „extension of the utility-maximizing

approach“ ist es, „to include endogenous preferences“ (ebd.: 4). Sie soll es möglich

machen, die Annahme beizubehalten, „that individuals behave so as to maximise

utility while extending the definition of individual preferences to include personal

habits and addictions, peer pressure, parental influences on the tastes of children,

advertising, love and sympathy, and other neglected behavior“ (ebd.).28 - Nun mag

Selektion ... entwickelt hat.“ 25 Becker (1982: 163): „Der Haushalts-Produktionsfunktions-Ansatz bezieht in die Theorie der Wahlhandlungen auf einer grundsätzlichen Ebene Zeitrestriktionen, Konsumentenwissen und zwischen den Haushalten bestehende Unterschiede in der Konsum-Effizienz ein.“ 26 Natürlich können subjektive Restriktionen sich nur im Rahmen der durch objektive Restriktionen gesetzten Grenzen verhaltensbestimmend auswirken. Der Glaube, er könne fliegen, mag einen Menschen veranlassen, sich von einem Hochhaus zu stürzen, aber dieser Glaube wird die Gravitationsgesetze nicht außer Kraft setzen können. 27 Becker (1996: 7): „Current behavior may raise future personal capital ... (F)orward-looking persons recognize that their present choices and experiences affect personal capital in the future, and that future capital directly affects future utilities.“ 28 Zum Verhältnis zwischen der „extended“ Version und der früheren Fassung seines „ökonomischen Ansatzes“ bemerkt Becker (1996: 5): „In a more fundamental approach, utility does not depend directly on goods and consumer capital stocks, but only on household-produced ‚commodities’ such as health,

16

diese „extension“ den Beckerschen Ansatzes zwar durchaus in heuristisch fruchtbarer

Weise erweitern, dies ändert aber nichts daran, dass sein „economic or rational choice

approach to behavior“ (ebd.), soweit es die ihm zugrundeliegenden allgemeinen

Annahmen anbelangt, ebenso wenig widerlegbar ist, wie das Rationalitätsprinzip.

Worin auch immer der empirische Gehalt konkreter „Anwendungen“ dieses Ansatzes

liegen mag, er verdankt sich nicht der unwiderlegbaren, empirisch gehaltlosen

Annahme, „that individuals maximize welfare as they conceive it“ (ebd.: 139,

Betonung im Original). Er muss auf anderem Wege „eingespeist“ worden sein.

In seiner Nobelpreisrede von 1992, „The Economic Way of Looking at Life“,

hat Becker betont, er habe sich in seinem Werk mit Absicht gewissen Themen, wie

etwa dem Suchtproblem, zugewandt, die die Theorie rationalen Handelns an die

Grenzen ihrer Erklärungskraft führen („probe the boundaries of rational choice

theory“, ebd.: 155). Es bereitet aber wohl kaum besondere Schwierigkeiten,

nachzuweisen, dass selbst Suchtverhalten unter das Rationalitätsprinzip fällt, wenn

man darunter lediglich versteht, dass auch das Verhalten von Süchtigen im Lichte

ihrer handlungsleitenden Präferenzen und Theorien „rational“ oder konsistent ist. Dies

gilt insbesondere, wenn man – wie Becker – in Rechnung stellt, dass Sucht zu einer

Beeinträchtigung der „capacity to anticipate future consequences“ (ebd.: 11) führt,

bzw. zu einer verminderten „attention to future consequences“ (ebd.: 120). Im

Endeffekt scheint Becker nicht mehr behaupten zu wollen, als dass zwischen den

Handlungsentscheidungen einer Person und ihren Präferenzen und Theorien

Konsistenz besteht, wenn er darauf besteht, dass auch Suchtverhalten, Gewohnheiten

und andere Formen anscheinend „irrationalen“ Handelns in dem Sinne als „rational“

gelten können, dass sie auf einem vorausschauenden Nutzenkalkül beruhen, dass auch

sie reagibel sind gegenüber „changes in prices and wealth“ (ebd.: 123), und dass sie

keineswegs eine „reluctance to ‚calculate’“ (ebd.) implizieren.

Obschon er darauf besteht, dass sein Ansatz an der Annahme

vorausschauender, maximierender und konsistenter Wahlhandlungen festhält (ebd.:

22f.),29 räumt Becker doch ein, dass sein „type of rationality ... is quite different ...

than that found in standard models“ (ebd.: 23). Und in der Tat bleibt nicht mehr viel

von den strengen Beschränkungen erhalten, die die „harte“ Version der Theorie

social standing and reputation, and pleasures of the senses. The production of these commodities in turn depends on goods, consumer capital, abilities, and other variables.“

17

rationalen Handelns unseren Erklärungsbemühungen aufzuerlegen scheint, wenn

Becker (ebd.: 9) zugesteht, dass Rationalität „does not imply perfect foresight, or even

accurate calculation of the probabilities of future events“, sondern „implies only that

individuals try as best they can to anticipate the future consequences of their present

behavior“, oder wenn er die Bedeutung habituellen oder gewohnheitsmäßigen

Verhaltens30 mit den Worten kommentiert, dass „cooperation can be sustained more

easily ... when individual behavior is habitual“ (ebd.: 17), und erläuternd hinzufügt:

„For if individuals are habitual, and if they were cooperative in the past, they might

continue to be cooperative even if they could gain an advantage form uncooperative

behavior“ (ebd.).

Durch eine solche Weiterentwicklung wird Beckers Variante der Annahme

rationalen, nutzen-maximierenden Verhaltens zwar tatsächlich vereinbar mit allen

auch nur vorstellbaren Verhaltensweisen, aber nur deshalb, weil sie jeglichen

empirischen Gehalt entbehrt. Sie lässt Raum für die Möglichkeit, dass Menschen in

ihren Bemühungen, so erfolgreich wie möglich zu sein, „may have imperfect

memories, ... may discount the future ‚excessively’, ... (and) may make erroneous

calculations“ (ebd.: 22), oder dass ihr Handeln beeinflusst ist von „habits, childhood

and other experiences, and culture“ (ebd.: 23). In der Tat, wenn Becker seinen eigenen

Rational Choice Ansatz als eine Analysemethode („a method of analysis“, ebd.: 139)

beschreibt, so scheint er ihn selbst eher als ein heuristisches Prinzip zu betrachten und

nicht als eine empirisch gehaltvolle Theorie, die aus widerlegbaren Hypothesen über

menschliches Verhalten besteht.31

Wenn sein Ansatz als heuristisches Instrument dienen soll, dann kann Becker

sicherlich zu Recht den Anspruch erheben, „that no approach of comparable

generality has yet been developed“ (ebd.: 155). Aber die beanspruchte „generality“

verdankt sein Ansatz lediglich dem Umstand, dass das zentrale Prinzip, nämlich die

29 Becker (1996: 11): „I believe that even extreme forms of addictive behavior, such as heavy smoking or drinking, involve forward-looking, consistent utility-maximization.“ 30 Becker (1996: 9): „I believe the main reason habitual behavior permeates most aspects of life is that habits have an advantage in the biological evolution of human traits.“ – Eine solche Auffassung von der Bedeutung habituellen Verhaltens und seiner evolutionären Ursprünge könnte man als Unterstützung für die Theorie „programm-basierten Verhaltens“ werten, die ich im folgenden (Abschnitt 6) als eine mögliche Alternative zur Theorie rationalen Handelns erörtern werde. 31 Becker (1996: 6) lässt erheblichen Interpretationsspielraum, wenn er zum methodologischen Status seines Ansatzes feststellt: „Our assumption that extended preferences are stable was intended not as a philosophical or methodological ‚law’, but as a productive way to analyze and explain behavior.“

18

„assumption of individual rationality“ (ebd.: 156),32 in einer Weise formuliert wird,

die es zu einer empirisch gehaltlosen – wenn auch vielleicht heuristisch fruchtbaren –

Formel macht. Eine derartige „generality“ darf jedoch nicht mit dem allgemeinen

Geltungsanspruch einer empirisch gehaltvollen, erklärungskräftigen Theorie

verwechselt werden. Der relevante Indikator dafür, dass man es mit einer solchen

Theorie zu tun hat, besteht gerade nicht darin, dass es besonders leicht fällt, mit der

Theorie kompatible Beobachtung anzuführen. Im Sinne eines solchen Tests könnte in

der Tat das Rationalitätsprinzip als besonders gehaltvolle Theorie gelten, denn

jegliches beobachtbare Verhalten ist mit ihm kompatibel. Der relevante Maßstab für

die Erklärungskraft und den empirischen Gehalt einer erfahrungswissenschaftlichen

Theorie besteht vielmehr in der Leichtigkeit, mit der man sich Phänomene vorstellen

kann, die, wenn man sie denn beobachten sollte, der Theorie widersprechen, sie also

widerlegen würden.

5. Die „vor-Darwin’sche“ Logik der Rational Choice Theorie

Das Vertrauen der Ökonomen in die analytische Fruchtbarkeit ihres

Verhaltensmodells speist sich, so kann man wohl vermuten, aus der intuitiven

Plausibilität der Annahme rationalen Handelns. Sie erfasst einen Aspekt menschlichen

Verhaltens, dessen Bedeutung uns aufgrund von Introspektion und Alltagserfahrung

selbstverständlich ist, nämlich seinen intentionalen, vorausschauenden, zweck- oder

zielgerichteten Charakter und seine instrumentelle Angepasstheit an die relevante

Problemumwelt. Aufgrund von Introspektion wissen wir, dass unsere eigenen

Handlungen auf die zweckmäßige Lösung von Problemen ausgerichtet sind, mit

denen wir uns konfrontiert sehen, und unsere Orientierung in unserer sozialen Umwelt

beruht im wesentlichen darauf, dass wir eine Alltags-Version der Theorie rationalen

Handelns33 verwenden, um das Handeln anderer Menschen verstehen und antizipieren

zu können, indem wir ihr Verhalten als – aus unserer Sicht – „rationale“ Reaktion auf

die von ihnen zu lösenden Entscheidungsprobleme interpretieren. Anders wäre eine

erfolgreicher Umgang mit unseren Mitmenschen nicht möglich.

32 Becker (1996: 156) spricht von der „analytical power provided by the assumption of individual rationality.” 33 J. Ferejohn and D. Satz (1996: 79) sprechen von „folk intentionalism“ und unterstellen, „that successful intentional scientific accounts must ‚track’ folk intentionalism“: „Social-science explanations must, we claim, be compatible with intentional descriptions of human agents“ (ebd.: 74).

19

Die Intentionalität oder Zweckgerichtetheit menschlicher Handlungen und ihre

instrumentelle Angepasstheit an die jeweilige Problemumwelt verleihen der Theorie

rationalen Handelns fraglos große intuitive Plausibilität. Das Problem der Theorie

liegt darin, dass sie dazu verleitet, die Intentionalität und instrumentelle Angepasstheit

menschlichen Handelns als definitorische Attribute der dem Menschen

zugeschriebenen „Rationalität“ zu behandeln und sie daher unbefragt als

vorgegebene und nicht weiter erklärungsbedürftige Eigenschaften menschlichen

Handelns zu unterstellen. Nach einer Erklärung dieser Eigenschaften wird im Rahmen

eines Rational Choice Ansatzes erst gar nicht gesucht. Man konzentriert sich völlig

auf die Erörterung der aus ihnen resultierenden Folgen.

In einem gewissen Sinne repräsentiert die Rational Choice Theorie einen „vor-

Darwin’schen“ Ansatz, und zwar in dem Sinne, in dem diese Bezeichnung auf

Erklärungsansätze zutrifft, die in der belebten Natur zu beobachtende zweckmäßige

Angepasstheit auf einen „Verursacher“ zurückführen, dem die Fähigkeit zur

vorausschauenden Anpassung einfach zugeschrieben wird (etwa einen göttlichen

Schöpfer). Wird beobachtete Angepasstheit in der Natur auf solche Weise als

Ergebnis von Prä-Adaptation oder vorausschauender Anpassung „erklärt“, so wird die

Suche nach einer naturalistischen Erklärung der entsprechenden Phänomene von

vornherein unterbunden. Der bedeutende Beitrag, den Charles Darwin für unser

Verständnis der uns umgebenden Welt geleistet hat, lag darin, dass er aufgezeigt hat,

wie Angepasstheit in der Natur erklärt werden kann, ohne Prä-Adaptation oder

vorausschauende Anpassung unterstellen zu müssen.34 Er hat gezeigt, wie

Angepasstheit als Ergebnis eines Prozesses erklärt werden kann, der auf Versuch und

Irrtumsauslese beruht, der auf in der Vergangenheit erzielten Erfolgen aufbaut, aber

nicht von Vorkenntnis geleitet ist.

Die Rational Choice Theorie hat mit einem „vor-Darwin’schen“ Denkansatz

gemeinsam, dass sie die instrumentelle Angepasstheit menschlichen Verhaltens

dadurch zu erklären sucht, dass sie sie auf eine Ursache zurückführt, der die Fähigkeit

zu vorausschauender Anpassung definitorisch zugeschrieben wird, nämlich auf die

„Rationalität“ des Menschen. Verschiedene Varianten der Theorie rationalen

Handelns mögen sich darin unterscheiden, in welchem Ausmaß sie Menschen die als

„Rationalität“ bezeichnete Fähigkeit zuschreiben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die

20

instrumentelle Angepasstheit menschlichen Handelns als einen bloßen Ausfluss dieser

Fähigkeit betrachten. Angepasstheit in dieser Weise als Ausfluss der dem Menschen

zugeschriebenen Rationalität zu „erklären“, bedeutet aber, dass man erst gar nicht die

Frage nach einer wirklichen Erklärung menschlicher Problemlösungsfähigkeit stellt.

Soll sie als Erfahrungswissenschaft ihren Beitrag zur Lösung

sozialwissenschaftlicher Erklärungsprobleme leisten, so wird die Ökonomik

menschliche Problemlösungsfähigkeiten nicht einfach in „vor-Darwin’scher“ Logik

postulieren können, sondern wird sie aus einer „Darwin’schen“ Perspektive als

Ergebnis von Evolutions- und Lernprozessen erklären müssen. Eine Darwin’sche

Perspektive einzunehmen bedeutet, dass man zweckmäßige Angepasstheit im

menschlichen Verhalten nicht dadurch „erklärt“, dass man sie der Fähigkeit zu

vorausschauender Problemlösung, genannt „Rationalität“, einfach zuschreibt, sondern

dadurch, dass man aufzeigt, wie Menschen das Wissen erlangen, auf dass sie sich bei

ihrem Bemühen, die sich ihnen stellenden Probleme erfolgreich zu lösen, stützen

können. Aus einer solchen Perspektive besteht die eigentliche Herausforderung darin,

aufzuzeigen, wie die Angepasstheit gegenwärtigen Verhaltens in einer

„rückblickenden“ Weise als Ergebnis von aus vergangener Erfahrung gewonnenem

Problemlösungswissen erklärt werden kann, - und eben nicht als Produkt einer

postulierten Fähigkeit zu vorausschauender Anpassung.

Ein solcher „Darwin’scher“ Ansatz leugnet in keiner Weise die Rolle, die

Zweckorientierung, Intentionalität oder Zielverfolgung im Handeln von Menschen

spielen. Ihm geht es vielmehr darum, eine naturalistische Erklärung für diese

Eigenschaften menschlichen Handelns zu leisten und die Missverständnisse zu

vermeiden, zu denen der explizite oder implizite Rekurs auf teleologische

Erklärungsmuster nur allzu leicht Anlass gibt. Dabei geht es nicht um den gegen

teleologische Erklärungen natürlicher Phänomene üblicherweise erhobenen Vorwurf,

ihnen liege ein „illegitimate anthropomorphic use of the term purpose“ (Hayek 1952:

142) zugrunde. Diesen Vorwurf könnte man offensichtlich schwerlich gegen

teleologische Erklärungen intentionalen, zweckgerichteten menschlichen Handelns

erheben,35 und gewiss wäre der Gedanke absurd, „dass wir auch den Menschen nicht

‚anthropomorph’ behandeln dürfen“ (Hayek 1952b: 88). Dies ist aber auch

34 Mayr (1992: 134): „There is adaptedness (Kant's Zweckmäßigkeit) in living nature but Darwin showed that its origin can be explained materialistically.“

21

keineswegs, was eine der Logik des Darwin’schen Ansatzes folgende Erklärung

menschlichen Verhaltens erfordert. Ein solcher Ansatz will vielmehr darauf

aufmerksam machen, dass es irreführend ist, wenn man intentionales, ziel-orientiertes

Handeln als Beispiel für jene Art von „backward causation“ (Mayr 1992: 134) oder

„causation by consequences“ (Lennox 1992: 333) anführt, durch die sich

„teleologische Erklärungen“ vorgeblich von „normalen“, kausalen Erklärungen

unterscheiden sollen. Er erkennt an, dass man bei zweckgerichtetem Handeln

durchaus von einer „Verursachung durch erwartete oder antizipierte Konsequenzen“

sprechen kann, er besteht aber darauf, dass die relevanten Erwartungen als

„verursachende Faktoren“ der zu erklärenden Handlungen vorausgehen müssen, und

dass man daher keineswegs die übliche Vorstellung kausaler Erklärung aufgeben

muss, um ihrer handlungssteuernden Wirkung Rechnung tragen zu können.36

Eine Erklärung intentionalen Handelns, die, wie der im folgenden skizzierte

Ansatz von Ernst Mayr, die Befähigung zu zielgerichtetem, zweckmäßigem Handeln

auf im Organismus kodierte „Verhaltensprogramme“ zurückführt, bietet eine

naturalistische Erklärung für jene Fähigkeit an, die die Rational Choice Theorie

„rationalen Akteuren“ definitorisch zuschreibt, nämlich die Fähigkeit, die

Konsequenzen von Handlungen zu antizipieren und das eigene Verhalten an den

erwarteten Konsequenzen auszurichten. Die entsprechenden Verhaltensprogramme

selbst sind wiederum das Produkt vergangener Erfahrungen mit den Konsequenzen

vergleichbarer Handlungen in vergleichbaren Entscheidungssituationen.37

Erfahrungen, die einerseits im Verlauf der Evolutionsgeschichte der Spezies Homo

Sapiens akkummuliert und als genetische Programme kodiert worden sind, und die

35 Hayek (1952: 142f.): „In its strict original meaning purpose indeed presupposes an acting person deliberately aiming at a result.“ 36 C. G. Hempel (1965: 255) stellt zu dieser Frage fest: „Motivational explanation, if adequately formulated, conforms to the conditions for causal explanation so that the term ‚teleological’ is a misnomer if it is meant to imply either a non-causal character of explanation or a peculiar determination of the present by the future.“ – Man kann sich natürlich dafür entscheiden, auch Erklärungen menschlichen Handelns aufgrund erwarteter Konsequenzen als „teleologische“ Erklärungen zu bezeichnen. Dann würde allerdings keinerlei Grund mehr gegeben sein, von einem prinzipiellen Unterschied zwischen „kausalen“ und „teleologischen“ Erklärungen zu sprechen. Hayek (1952b: 81) scheint eine solche weitere Interpretation „teleologischer Erklärung“ im Sinn zu haben, wenn er von der “Art von Objekten des menschlichen Handelns, mit denen es die Sozialwissenschaften zu tun haben“, feststellt: „Diese Begriffe … sind durchwegs Beispiele von sogenannten ‚teleologischen Begriffen’, d.h., ihre Definition beinhaltet die Beziehung zwischen drei Dingen: Einem Zweck, einer Person, die diesen Zweck verfolgt, und einem Ding, das diese Person für ein geeignetes Mittel für diesen Zweck hält.“ 37 Hinter dem Wort „vergleichbar“ verbirgt sich freilich eine komplexe Klassifikationsleistung des Gehirns, die im Ansatz von Ernst Mayr als Problem des „encoding“ und des „decoding“ thematisiert wird (s.u. Abschnitt 6).

22

andererseits im Verlauf der Lerngeschichte einzelner Personen angesammelt und als

im individuellen Gedächtnis gespeicherte Programme kodiert werden.

Man kann vermuten, dass ein Hauptgrund für die Deutungsprobleme, zu denen

die Theorie rationalen Handelns seit jeher Anlass gegeben hat, in der „vor-

Darwin’schen“ Logik dieses Paradigmas liegt. Sie dürfte auch der Hauptgrund dafür

sein, dass sich dieses Paradigma als wenig geeignet erwiesen hat, Anstöße für

weiterführende Forschung zu den verhaltenstheoretischen Grundlagen der Ökonomik

zu geben. Die heuristische Fruchtbarkeit eines Theorieansatzes erweist sich am

Reichtum der Forschungsagenda, die er zu generieren im Stande ist, also an den

weiterführenden Forschungsfragen, die er aufwirft. Ein entscheidender Nachteil der

Rational Choice Perspektive ist, dass sie die menschliche Fähigkeit „Rationalität“ als

nicht weiter zu hinterfragende Erklärungsgröße postuliert, und damit allzu leicht die

Illusion nährt, mit dem Verweis auf diese Fähigkeit habe man bereits eine Antwort

auf die Frage gegeben, was Menschen befähigt, die vielfältigen Probleme zu lösen,

mit denen sie sich konfrontiert sehen. Diese Illusion hat verhindert, dass Fragen

gestellt wurden, die tatsächlich ein produktives Forschungsprogramm hätten

generieren können, wie etwa die Frage danach, worin genau die Fähigkeiten bestehen,

die es Menschen erlauben in vorausschauender, zweckmäßiger und

problemangepasster Weise zu handeln, wie diese Fähigkeiten erworben werden und

wie sie sich wandeln. Stattdessen lädt der Rational Choice Ansatz zu Diskussionen

ein, die unsere Forschungbemühungen auf eher sterile Pfade lenken, wie etwa die

Diskussion darum, „wie viel“ von der postulierten Fähigkeit „Rationalität“ wir bei

realen Menschen unterstellen dürfen.38

6. Eine Evolutionäre Sicht menschlichen Handelns

Obschon es über das eigentliche Thema dieses Beitrages, die Erörterung des

methodologischen Status der Theorie rationalen Handelns und speziell die

Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese, hinausgeht,

38 Es war unglücklich, dass sich die Diskussion um die H.A. Simons Kritik am ökonomischen Rationalitätsmodell auf die Frage „beschränkte oder perfekte Rationalität“ („bounded vs. perfect rationality“) konzentriert hat, da dadurch zuviel Aufmerksamkeit der sterilen Frage des „wieviel Rationalität“ gewidmet wurde. Darüber sind die substantiellen Argumente der alternativen Sicht der Natur menschlicher Rationalität vernachlässigt worden, die Simon vorgeschlagen hat, einer Sicht, die den entscheidenden Schlüssel zum Verständnis der Problemlösungs-Fähigkeit des Menschen darin sieht, dass der „human mind is programmable: it can acquire an enormous variety of different skills, behaviour patterns, problem-solving repertoires, and perceptual habits“ (Simon 1979: 81).

23

wäre es doch unbefriedigend, es bei der hier vorgetragenen kritischen Bewertung des

Rational Choice Ansatzes zu belassen, ohne zumindest in groben Zügen darzulegen,

in welcher Weise denn intentionales, zweckgerichtetes menschliches Handeln aus der

Sicht eines „Darwin’schen“ Denkansatzes zu analysieren wäre. Ich werde daher im

folgenden einen Interpretationsvorschlag skizzieren, der diese Perspektive in

paradigmatischer Weise repräsentiert, nämlich das von dem Biologen Ernst Mayr

vorgeschlagene Konzept programm-basierten Verhaltens.39

Um einerseits der Intentionalität menschlichen Handelns Rechnung zu tragen,

andererseits aber die irreführenden Konnotationen zu vermeiden, die typischerweise

mit der Verwendung teleologischer Konzepte bei der Erklärung zielgerichteten

Handelns verbunden sind, schlägt Mayr vor, intentionales Handeln als einen

speziellen Fall dessen zu betrachten, was er als teleonomisches oder programm-

basiertes Verhalten bezeichnet. Teleonomisches Verhaltens ist auf ein „Telos“, ein

Ziel oder einen Endpunkt ausgerichtetes Verhalten, das seine Zielorientierung der

Steuerung durch ein Programm verdankt.40

Mayr übernimmt den Begriff des Programms ausdrücklich aus der

Informationstheorie. Ein Programm besteht aus einem „set of instructions“ (Mayr

1992: 128). Es kann definiert werden „as coded or prearranged information that

controls a process (or behavior) leading toward a goal“ (ebd.: 127f.).41 Die

Programme oder „sets of instructions“, von denen Mayr spricht, beinhalten

hypothetisches Wissen über die Welt, Wissen über mögliche Strategien, um auf

auftauchende Probleme zu reagieren, und Wissen über die wahrscheinlichen

Konsequenzen, die man, unter den gegebenen Umständen, von unterschiedlichen

Handlungsalternativen erwarten kann.

Ebenso wie für das Rationalitätsprinzip gilt auch für Mayrs Konzept des

programm-basierten Verhaltens, dass es nicht bereits für sich genommen als

empirisch widerlegbare Hypothese gelten kann. Es stellt zunächst nur ein

39 Für eine ausführlichere Erörterung siehe Vanberg 2002: 15ff. 40 E. Mayr (1992: 127): „Truly teleonomic activities depend on the possession of a program.“ – Mayr (ebd.: 126) unterscheidet in dieser Hinsicht auf einen Endpunkt oder ein „Telos“ hinführende Prozesse in teleonomische oder programm-basierte Prozesse einerseits und teleomatischen, nicht auf Programmen basierende Prozesse andererseits. Er weist darauf hin, dass etwa „radioactive decay is a teleomatic process, it is not controlled by a program.” 41 Im Hinblick auf ein zweckmäßiges, problemangepasstes Verhalten, das durch genetisch kodierte Programme gesteuert wird, bemerkt Mayr (1988: 31): „The purposive action of an individual, insofar as it is based on the properties of its genetic code, therefore is no more nor less purposive than the

24

heuristisches Prinzip dar, das unseren Erklärungsbemühungen eine mehr oder minder

fruchtbare Orientierung geben kann, indem es uns dazu anleitet, bestimmte Fragen zu

stellen. Mayrs Konzept des programm-basierten Verhaltens zeichnet sich dadurch aus,

dass es unsere analytische Aufmerksamkeit systematisch in eine andere Richtung

lenkt als das Rationalitätsprinzip. Die zweckmäßige Angepasstheit menschlichen

Handelns wird nicht einfach einer nicht weiter hinterfragten Fähigkeit „Rationalität“

zugeschrieben, sondern wird als Ausfluss der Problem-Angepasstheit

verhaltenssteuernder Programme oder Verhaltensregeln verstanden. Eine solche

Sichtweise lenkt unsere Aufmerksamkeit natürlicherweise auf die Frage, wie die

Angepasstheit solcher Programme und ihre verhaltenssteuernde Wirkung erklärt

werden können. Sie hält uns – in den Worten Ernst Mayrs - an, danach zu fragen, wie

die Prozesse der Kodierung (des „encoding“) und der Dekodierung (des „decoding“)

von Programmen genau zu verstehen sind.

Beim encoding geht es um den Prozess, in dem Programme in einem

Organismus „gespeichert“ werden, und um die Art und Weise in der die gespeicherten

Programme an die Gegebenheiten der Problemumwelt angepasst werden, in der der

Organismus agiert. Beim decoding geht es um die Frage, wie Programme zur

Verhaltenssteuerung aktiviert, also auf konkrete Problemsituationen so „angewandt“

werden, dass sie situationsangemessene Verhaltensweisen hervorrufen. Durch die

Verknüpfung mit empirisch gehaltvollen Hypothesen zu diesen beiden Aspekten, der

Kodierung und Dekodierung von Programmen, wird die Vorstellung programm-

basierten Verhaltens zu einer erklärungskräftigen, empirisch widerlegbaren Theorie.

Und solche Hypothesen sind in verschiedenen Wissenschaften, die sich mit der

Erklärung menschlichen Verhaltens befassen, durchaus zu finden. Indem sie unsere

Aufmerksamkeit auf die Fragen des encoding und decoding richtet, gibt Mayrs

Heuristik des programm-basierten Verhaltens daher nicht nur Anstöße für ein

Forschungsprogramm, sie macht uns auch auf den Umstand aufmerksam, dass man

erwarten sollte, in den verschiedenen Verhaltens- und Kognitionswissenschaften

wichtige theoretische und empirische Beiträge zu diesen Fragen zu finden.

Das encoding ist bestimmt durch Rückkopplungsprozesse, die eine

Verknüpfung herstellen zwischen den „Konsequenzen“ eines Programms – genauer:

den Konsequenzen des Verhaltens, das es veranlasst – und der zukünftigen Rolle, die

actions of a computer that has been programmed to respond appropriately to various inputs. It is, if I

25

ihm bei der Steuerung des Verhaltens des Organismus zukommt. Da sich Programme

als gespeichertes Wissen über die Problemumwelt interpretieren lassen, kann man den

Prozess des encoding auch als einen Lernprozess betrachten: Die auf dem Wege von

Versuch und Irrtumsauslese gesammelte Erfahrung wird genutzt, um das Programm-

Repertoire zu „verbessern“, es zu einem geeigneteren Wegweiser zu erfolgreichen

Problemlösungen zu machen. Beim decoding geht es darum, wie das in einem

Programm-Repertoire gespeichert Wissen, also die in ihm enthaltenen allgemeinen

Problemlösungsrezepte, in sich jeweils neu stellenden Problemsituationen zur

Verhaltensorientierung genutzt wird. Dabei geht es um Informationsverarbeitung: Aus

der gegenwärtigen Problemsituation (die sowohl externe Umweltgegebenheiten wie

auch interne Zustände des Organismus umfasst) gewonnene Informationen und im

Programm-Repertoire gespeicherte Informationen müssen verarbeitet und in eine

„zweckmäßige“ Verhaltensentscheidung umgesetzt werden.42

Beim Aspekt des decoding in Mayrs Konzept des programm-basierten

Verhaltens geht es in einem gewissen Sinne um dasselbe Problem, mit dem sich auch

die Theorie rationalen Handelns befasst, nämlich um die Frage, wie intentional

handelnde, zweckorientierte Agenten die Entscheidungsprobleme lösen, denen sie

sich ausgesetzt sehen. Es gibt aber einen bedeutenden Unterschied zwischen den

beiden Herangehensweisen. Unter dem Namen „Rationalität“ schreibt die Rational

Choice Theorie Menschen einfach die Problemlösungsfähigkeit zu, die sie benötigen,

um erfolgreich in ihrer Umwelt agieren zu können, und sie „erklärt“ die zu

beobachtende zweckmäßige Angepasstheit menschlichen Handelns als Ausfluss eben

dieser Fähigkeit. Die Fähigkeit selbst, ihre Beschaffenheit, ihre Herkunft und ihre

Funktionsweise, bleiben im wesentlichen unhinterfragt und werden auch nicht als der

weiteren Analyse bedürftig erachtet. Im Kontrast dazu macht das Konzept programm-

basierten Verhaltens auf den Umstand aufmerksam, dass was auch immer wir an

Zweckmäßigkeit und Problemlösungsfähigkeit bei Menschen beobachten, dies der

Problemangepasstheit der Programme zuzuschreiben ist, die das Verhalten steuern,

von Programmen, die vergangene Erfahrungen widerspiegeln, die „Erfahrungen“ der

Spezies Homo Sapiens, die in genetischen Programmen kodiert ist, und die

may say so, a purely mechanical purposiveness.“ 42 Mayr (1988: 51): “The translation of programs into teleonomic behavior is greatly affected both by sensory inputs and by internal physiological (largely hormonal) states.”

26

Erfahrungen des Einzelnen, die in erlernten, im Gedächtnis kodierten Programmen

gespeichert ist.

Auf Programmen basierende Problemlösungsfähigkeit kann offenkundig

immer nur soweit reichen, wie das in den Programmen kodierte „Wissen“ der

aktuellen Problemsituation adäquat ist. Ein der gegenwärtigen Problemumwelt

zweckmäßig angepasstes Programmrepertoire wird man daher am ehesten unter

Bedingungen erwarten können, unter denen eine relative Konstanz der relevanten

Problemstruktur gegeben ist und „zügiges“ Lernen in dem Sinne stattfindet, dass

unzweckmäßige, nicht problemadäquate Programme schnell eliminiert und durch

angepasstere Programme ersetzt werden. Im Lichte dieses grundlegenden

Zusammenhangs ist es erklärlich, warum die Konzentration auf marktliches Verhalten

Ökonomen darin bestärkte, so beharrlich an der Annahme vollkommener Rationalität

festzuhalten, also – in der Terminologie des Mayerschen Ansatzes - an der Annahme

verlässlicher Verhaltenssteuerung durch ein der Problemumwelt perfekt angepasstes

Programmrepertoire. Wettbewerbliche Märkte stellen soziale Arenen dar, in denen

inadäquate Programme relativ schnell und effektiv sanktioniert werden, in denen

Akteure in relativ kurzen Rückkopplungsschleifen über die Konsequenzen ihre

verhaltensleitenden Hypothesen informiert und zu notwendigen Korrekturen

angehalten werden.43 Dies gilt allein schon aus logischen Gründen für die

hypothetische Welt des „vollkommenen Wettbewerbs“, und es gilt in realen Märkten

umso eher, je mehr man sich dem Grenzfall simpler Entscheidungen von

mengenanpassenden Anbietern und Nachfragern nähert, der in ökonomischen

Grundmodellen im Vordergrund steht (wenn es auch bereits weit weniger für

unternehmerische Entscheidungen gilt, die sich nur auf Spekulationen über ungewisse

zukünftige Entwicklungen stützen können).44

43 R.M. Hogarth und M.W. Reder (1987: 6): „The economic paradigm focuses on actions taken in competitive circumstances. The underlying assumption is that through competition the actions of individual agents are subject to feedback that forces them either to become effective or to withdraw from such action. … Economists have little interest in modeling agents who do not behave according to rational principles since they believe that these agents will not survive in the market.“ 44 Im Hinblick auf die neoklassische Gleichgewichtstheorie stellt R.H. Day (1993: 61) fest: „The implicit assumption on which this hypothesis is based is that opportunities for profit are arbitraged until profits above equilibrium returns are eliminated. It is assumed that rational individuals will do this. If they do not know how, they will learn to do so, and even if they do not learn how, they will act as if they have learned how. In short, according to this school, economic agents in a competitive market economy behave as if they had unbounded rationality.“ – Für eine kritische Diskussion des „as if“ Arguments zur Rechtfertigung der Annahme vollkommener Rationalität in der Ökonomik siehe etwa J. Vromen (1995: 27ff.).

27

Dass „vollkommene Rationalität“ im Sinne des oben erläuterten Arguments

nicht Menschen per se zuzuschreiben ist sondern vielmehr durch „perfekten

Wettbewerb“ herbeigeführt oder erzwungen wird, dass es dabei also eher um ein

Attribut perfekter Wettbewerbsmärkte als um ein Attribut „des Menschen“ geht,

dieser Gedanke hat auch in der Tat seit jeher in der Rechtfertigung der

Rationalitätsannahme in der Theorie marktlicher Vorgänge eine wesentliche Rolle

gespielt.45 Und in der Tat kann man ja auch allgemein unterstellen, dass unter

Rahmenbedingungen, unter denen die relevanten handlungsleitenden Programme oder

Theorien einer perfekt wirksamen Irrtumsauslese ausgesetzt sind (wie dies für

„vollkommenen Wettbewerb“ unterstellt wird), die Akteure tendenziell auf der

Grundlage korrekter Theorien oder zweckmäßiger Programme handeln werden. Dies

bedeutet aber auch, in dem Maße, in dem die Bedingungen für eine solche perfekt

wirksame Irrtumsauslese nicht gegeben sind, wird man mit dem Überleben einer mehr

oder minder großen Variationsbreite von unterschiedlichen handlungsleitenden

Theorien oder Programmen rechnen müssen, und wird daher die subjektive

Theoriekomponente bei der Erklärung menschlichen Handelns nicht vernachlässigen

können.46 Darauf weist auch Kenneth J. Arrow (1987a: 69) hin, wenn er bezüglich der

„hypothesis of rationality“, wie sie in der ökonomischen Theorie verwandt wird,

feststellt: „It is most plausible under very ideal conditions. When these conditions

cease to hold, the rationality assumptions become strained and possibly even self-

contradictory. They certainly imply an ability at information processing and

calculation that is far beyond the feasible and that cannot well be justified as the result

of learning and adaptation.”

7. Schluss

Das Konzept des programm-basierten Verhaltens hat nicht nur, wie ich zu zeigen

versucht habe, den Vorzug, dass es unsere Bemühungen um die Erklärung

45 Dazu K.J. Arrow (1987a: 69). Siehe auch Arrow (1987b: 201): „In particular, I want to stress that rationality is not a property of the individual alone, although it is usually presented that way. Rather, it gathers not only its force, but also its very meaning from the social context in which it is embedded. … (W)e need not merely pure but perfect competition before the rationality hypotheses have their full power.” 46 A. Clark (1997: 247f.): „In sum, traditional economic theory (invoking the substantive rationality paradigm) succeeds wherever individual choice is strongly constrained by social and institutional scaffolding that has itself evolved subject to selective pressures to maximize rewards. Outside such highly constrained settings, genuine individual thought plays a greater role, and the psychological irrealism of the substantive rationality model takes its toll.“

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menschlichen Handelns und seiner sozialen Konsequenzen auf fruchtbarere,

weiterführendere Fragen hinlenkt als das Konzept rationalen Handelns. Ein weiterer

bedeutsamer Vorzug dieser Forschungsperspektive liegt darin, dass es die selbst-

auferlegte theoretische Isolation aufzubrechen geeignet ist, mit der sich das Rational

Choice Modell der Ökonomik gegenüber Forschungsentwicklungen in andern

Verhaltenswissenschaften abgeschottet hat. Während in anderen

Erfahrungswissenschaften die Konsistenz mit den Befunden benachbarter

Wissenschaften ganz selbstverständlich als wichtiger Indikator für die Tragfähigkeit

der eigenen Theorie betrachtet wird, sind die Ökonomen mit ihren Rational Choice

Modell so verfahren, als seien für sie die Einsichten, die andere

Verhaltenswissenschaften zur Erklärung menschlichen Verhaltens beizutragen haben,

ohne jeden Belang. Im Kontrast dazu stellt sich der von E. Mayr vorgeschlagene

Ansatz zur Erklärung intentionalen Handelns dem Erfordernis interdisziplinärer

Konsistenz. Er stellt einen allgemeinen theoretischen Bezugsrahmen dar, der mit einer

ganzen Reihe von in ihren jeweiligen Disziplinen wohl begründeten

verhaltenstheoretischen Ansätzen kompatibel ist, und der es erlaubt, diese Ansätze in

kohärenter Weise zu integrieren.47

Interdisziplinäre Konsistenz ist nicht nur eine Voraussetzung dafür, die

Ökonomik als Erfahrungswissenschaft auf eine tragfähigere verhaltenstheoretische

Basis zu stellen. Sie ist auch eine wesentliche Voraussetzung für den

Erkenntnisfortschritt in den Sozialwissenschaften ganz allgemein.48 Alle

Sozialwissenschaften haben es mit menschlichem Verhalten und seinen sozialen

Auswirkungen zu tun.49 Welche Vermutungen sie auch immer über ihren

gemeinsamen Gegenstand anstellen, sie können die Erkenntnisse ihrer

Nachbardisziplinen nicht einfach ignorieren. Wenn ihnen an der empirischen

Relevanz ihrer Theorien gelegen ist, dann steht es Ökonomen ebenso wenig frei wie

Soziologen oder Anthropologen, relevante Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften

vom menschlichen Verhalten außer Acht zu lassen. Und dann steht es auch nicht frei,

Menschen Verhaltensmerkmale zuzuschreiben, die aufgrund evolutionsbiologischer

Erkenntnisse in der Selektionsumwelt, in der die menschliche Spezies evolvierte,

47 Siehe Vanberg 2002. 48 Siehe dazu L. Cosmides, J. Tooby and J.H. Crawford 1992. 49 H. Albert (1979: 23): „There is no reason to start with totally different pictures of man in epistemology, psychology, and economics. In all these disciplines we are confronted with a fallible theoretical animal trying to solve problems in a situation characterized by scarcity and uncertainty.“

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nicht hätten überleben können, oder ihnen Fähigkeiten zuzuschreiben, die sie nach

kognitionswissenschaftlichen Erkenntnissen unmöglich besitzen können.

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