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Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothesen:
Zum methodologischen Status der Theorie rationalen Handelns von
Viktor Vanberg
„Human beings have problems which they must solve. Rationality is the method of solving them“ (J. Kekes 1987: 278).
Einleitung
In Diskussionen über die Schwächen und Stärken der Theorie rationalen Handelns,
wie sie insbesondere dem Verhaltensmodell der Ökonomik zugrunde liegt, wird
häufig übersehen, dass sich die Annahme rationalen Handelns bei näherem Hinsehen
als sehr interpretationsbedürftig erweist und in der Literatur auch höchst
unterschiedliche Interpretationen erfahren hat, sowohl was ihren genauen Inhalt als
auch was ihren methodologischen Status anbetrifft. So wird sie, sowohl bei
Advokaten wie auch bei Kritikern, von den einen als eine empirisch überprüfbare
Hypothese verstanden, von einigen als ein nicht widerlegbares axiomatisches Prinzip,
während sie wiederum von anderen als ein normatives Postulat gewertet wird, das
darüber etwas aussagt, wie man als rationaler Agent handeln sollte.1
Der vorliegende Beitrag verfolgt ein doppeltes Anliegen. Zum einen geht es
darum, mit Hilfe der Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und
Rationalitätshypothese etwas mehr Klarheit in die Vielfalt der Interpretationen der
Rationalitätsannahme zu bringen. Zum anderen geht es darum, die Theorie rationalen
Handelns mit einem alternativen Denkansatz zu konfrontieren, nämlich einer Theorie
programm-basierten Verhaltens, von der gezeigt werden soll, dass sie einer
Sozialwissenschaft wie der Ökonomik, wenn sie sich denn als eine um Erklärung
beobachtbaren Verhaltens bemühte Erfahrungswissenschaft verstehen will, bessere
Dienste leisten kann als das Rationalitätsparadigma.
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2. Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothesen 2
Grundlegend für die Theorie rationalen Handelns wie auch für das Alltagsverständnis
rationalen Verhaltens ist die Vorstellung, dass menschliches Verhalten zweckgerichtet
und vorausschauend, durch seine erwarteten Konsequenzen bestimmt ist. Rational zu
handeln bedeutet, in einer gegebenen Entscheidungssituation unter den möglichen
Handlungsalternativen diejenige auszuwählen, von der der Entscheider die für ihn
vorzugswürdigsten Folgen erwartet. Die handlungsleitenden Erwartungen müssen
sich offenkundig auf Annahmen über Wirkungszusammenhänge stützen, d.h. auf
Hypothesen oder Theorien darüber, welche Folgen die verschiedenen in Betracht
gezogenen Handlungsalternativen tatsächlich haben werden. Dass Entscheidungen auf
von Hypothesen oder Theorien abhängigen Erwartungen beruhen, bedeutet aber, dass
Verhalten nicht, wie dies die in der Ökonomik gängige Einteilung von
Erklärungsvariablen in Präferenzen und Restriktionen nahe legt, allein als eine
Funktion der „subjektiven“ Präferenzen eines Handelnden einerseits und der
„objektiven“, äußeren (insbesondere Budget- und Preis-) Restriktionen anderereseits
erklärt werden kann, sondern dass auch die Vorstellungen und Theorien des
Handelnden als subjektive Restriktionen berücksichtigt werden müssen.
K. J. Arrow (1996: xiii) weist auf den in diesem Zusammenhang relevanten
Punkt hin, wenn er feststellt: „Choice is over sets of actions, but preference orderings
are over consequences.“ Eine Entscheidung oder Wahlhandlung reflektiert nicht nur
die subjektiven Präferenzen eines Handelnden sondern auch sein subjektives Wissen
über Wirkungszusammenhänge oder, in Arrows Worten, „knowledge of the relation
between actions and consequences“ (ebd.). Das bedeutet aber, jegliches
zweckgerichtete, intentionale Handeln ist sowohl Präferenz- wie auch Theorie-
geleitet.3
1 Zu den unterschiedlichen Interpretationen siehe etwa K.J. Arrow (1996: xiii), A. Sen (1987), R. Sugden (1991: 751f.). 2 Der hier gemeinte und im folgenden zu erläuternde Unterschied ähnelt, ist aber nicht identisch mit Unterscheidungen, die sich bei anderen Autoren finden, wie etwa der von K.D. Opp (1999: 172) getroffenen Unterscheidung zwischen einer „engen“ and einer „weiten“ Fassung der Rational Choice Theorie oder die Unterscheidung zwischen einer „dünnen“ und einer „dichten“ Variante bei J. Ferejohn's (1991: 282). 3 R. Boyd and P.J. Richerson (1993: 133): „Everyone must acquire beliefs about the world before they can optimize.“ – Zumeist wird in Definitionen rationalen Handelns nicht ausdrücklich zwischen der Theoriekomponente und der Präferenzkomponente unterschieden. Die Theoriekomponente ist etwa in der Formulierung „most effective means“ versteckt, wenn es bei Hargreaves Heap et al. (1992: vii)
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Die Rolle, die Theorien oder Hypothesen über Wirkungszusammenhänge im
Entscheidungsverhalten spielen, ist von zentraler Bedeutung für die Unterscheidung
zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese.
Unter den Namen Rationalitätsprinzip fasse ich Interpretationen der
Rationalitätsannahme, die nicht mehr behaupten, als dass menschliches Handeln in
dem Sinne rational ist, dass eine gewählte Handlung für den Handelnden die
vorzugswürdigste Alternative darstellt, und zwar im Lichte der Präferenzen und der
Theorien, die seine Entscheidung zum Zeitpunkt der Handlung bestimmen. Im Sinne
des Rationalitätsprinzips ist menschliches Handeln also rational, gegeben die
subjektiven Ziele oder Zwecke (Präferenzen) und die subjektiven Vorstellungen
(Theorien) des Handelnden zum Zeitpunkt der Entscheidung. In dieser Interpretation
sagt die Rationalitätsannahme lediglich etwas über die subjektive Konsistenz
menschlichen Handelns aus oder, genauer gesagte, über „lokale“ Konsistenz, „lokal“
in dem Sinne, dass allein auf die Präferenzen und Theorien bezug genommen wird,
die den Handelnden zum Zeitpunkt der Handlung leiten. Im Grunde sagt eine so
interpretierte Rationalitätsannahme nicht mehr aus, als dass menschliches Handeln
zweckgerichtet oder absichtsgeleitet ist, und dass es im Lichte der Präferenzen und
Theorien, auf denen die Entscheidung des Handelnden beruht, Sinn macht,
verständlich ist. Wie exzentrisch auch immer die Präferenzen und Theorien eines
Handelnden sein mögen, solange sein Handeln mit ihnen logisch konsistent ist, ist es
im Sinne des Rationalitätsprinzips als rational anzusehen.
Unter den Namen Rationalitätshypothese fasse ich demgegenüber
Interpretationen der Rationalitätsannahme, die über die Ziele oder Präferenzen und die
Theorien eines Handelnden weitergehende Behauptungen aufstellen als nur die, dass
sie mit der zu erklärenden Handlung „lokal“, also zum Zeitpunkt der
Handlungsentscheidung, konsistent sind.4 Solche weitergehende Behauptungen
können sich auf unterschiedliche Aspekt beziehen. Es kann dabei einerseits um die
heißt: „A rational choice is one which selects the most effective means to satisfy the agent’s preferences.“ 4 N.J. Vriend (1996: 264) unterscheidet in einem ähnlichen Sinne zwischen „two alternative approaches to rationality, i.e., ‚internal consistency of choice’ and ‚reasonableness of decision-making procedures’.“ – Vriend scheint davon auszugehen, dass das Rationalitätsprinzip den Kern des ökonomischen Ansatzes ausmacht, wenn er feststellt: „Rational behavior of homo oeconomicus means that his actions are consistent with his preferences and perceived opportunities“ (ebd.: 272). Zu den Implikationen einer solchen Interpretation bemerkt er: „Thus, what is really fundamental in economic theory are preferences and perceived opportunities. Clearly, by relating the notion of rationality in
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Frage der internen Konsistenz des gesamten Systems von Präferenzen und Theorien
gehen, die das Handeln einer Person bestimmen. Und es kann zum anderen um die
Frage der Korrespondenz zwischen den subjektiven Theorien, auf denen ein
Handelnder seine Entscheidungen basiert, und den tatsächlichen Gegebenheiten und
faktischen Wirkungszusammenhängen gehen.
Die eine Variante der Rationalitätshypothese geht über das Rationalitätsprinzip
insofern hinaus, als mit der Behauptung der Rationalität menschlichen Handelns nicht
nur gemeint ist, dass eine zu erklärende Handlung mit den Präferenzen und Theorien
des Handelnden zum Zeitpunkt der Handlungsentscheidung konsistent ist, sondern
dass Menschen in dem Sinne rational sind, dass die Gesamtheit ihrer Ziele oder
Präferenzen und ihrer Theorien in sich widerspruchsfrei und mit ihren Handlungen
konsistent ist.
Die zweite Variante der Rationalitätshypothese unterscheidet sich vom
Rationalitätsprinzip dadurch, dass nicht nur interne Konsistenz von Präferenzen,
Theorien und Handlungen sondern Realitätsadäquatheit der handlungsleitenden
subjektiven Theorien unterstellt wird. Mit der Behauptung der Rationalität
menschlichen Handelns ist hier gemeint, dass Menschen nicht nur subjektiv rational
sondern objektive zweckmäßig handeln, dass sie von Annahmen über
Wirkungszusammenhänge geleitet sind, die ihnen eine erfolgreiche Verfolgung ihrer
Ziele in der Problemumwelt ermöglichen, in der sie sich bewegen. Bei dieser Variante
der Rationalitätshypothese geht es also um die tatsächliche Angepasstheit der
Theorien eines Handelnden an die objektiven Gegebenheiten seiner Umwelt. - Beide
Varianten der Rationalitätshypothese können natürlich in Kombination auftreten, also
im Sinne einer Vorstellung, die sowohl umfassende interne Konsistenz von
Präferenzen und Theorien wie auch faktische Angemessenheit von Theorien
unterstellt. Dies gilt etwa für die Annahme perfekter Rationalität in der
neoklassischen Ökonomik.5
Das Rationalitätsprinzip ist nicht widerlegbar und nicht überprüfbar. Es stellt
keinerlei Behauptungen über menschliches Handeln auf, die mit beobachtbarem
economics in this way to the pursuance of self-interest, one has ‚emptied’ the notion of rationality of all substance” (ebd.: 269). 5 Diese strikte Version der Rationalitätshypothese ist impliziert, wenn J. Elster (1986: 16) die Anforderungen, die „a rational-choice explanation of an action“ idealerweise zu erfüllen hat, mit den Worten umschreibt: „The action is the best way for the agent to satisfy his desire, given his belief; the belief is the best he could form, given the evidence ... . Both the belief and the desire must be free of internal contradictions.”
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Handeln in Widerspruch geraten könnten, die also aus der Menge denkbarer
Handlungen bestimmte als faktisch nicht möglich ausschließen würden. Es kann
entweder als Definition gemeint sein, die festlegen soll, was wir meinen, wenn wir
von „zweckgerichtetem menschlichen Handeln“ sprechen. Oder es kann als ein
heuristisches Prinzip gemeint sein, das uns etwas darüber sagt, wie wir bei unseren
Erklärungsbemühungen vorgehen sollten, nämlich dass wir bei unserer Suche nach
Handlungserklärungen von der Prämisse ausgehen sollen, dass Handlungen mit den
Präferenzen und Theorien des Handelnden konsistent sind.
Ob man nun das Rationalitätsprinzip als Definition, also als Konvention für
den Sprachgebrauch, oder als heuristisches Prinzip, also als Anleitung zur
Erklärungssuche, interpretiert, in keinem der beiden Fälle stellt es eine empirisch
gehaltvolle, überprüfbare Hypothese dar.6 Es kann nicht wahr oder falsch sein, es
kann lediglich für den intendierten Zweck – also als sprachliche Konvention oder als
Erklärungsanleitung – mehr oder weniger zweckmassig sein. Erst dann, wenn das
Rationalitätsprinzip im oben erläuterten Sinne durch zusätzliche Annahmen über die
Präferenzen und Theorien von Handelnden ergänzt wird, hat man es mit
Rationalitätshypothesen im Sinne von empirisch widerlegbaren Behauptungen zu
tun.7
Im Kontext des praxiologischen Ansatzes von Ludwig von Mises' (1940) etwa
fungiert das Rationalitätsprinzip eindeutig als eine definitorische Aussage. Es heißt
dort: „Handeln ist bewusstes Verhalten. Wir können auch sagen: Handeln ... ist ziel-
und zweckbewusstes Sichbenehmen“ (ebd.:11). Nach Mises ist die Aussage,
menschliches Handeln sei „rational“, gleichbedeutend mit der Aussage, es sei
subjektiv sinnvoll, zweck- oder zielgerichtet. Entsprechend folgert er: „Handeln ist
immer vernünftig ... . Der Ausdruck ‚rationales Handeln’ ist mithin pleonastisch und
daher vom logischen Gesichtspunkt abzulehnen“ (ebd.: 14).8
6 Es sei angemerkt, dass eine “Definition“ natürlich dann eine widerlegbare Behauptung darstellt, wenn sie nicht der Festlegung eines Sprachgebrauchs dienen soll, sondern als eine Aussage darüber gemeint ist, wie ein Begriff in einem bestimmten Kommunikationszusammenhang – etwa in der Alltagssprache oder in einem spezifischen fachwissenschaftlichen Kontext – de facto benutzt wird. 7 R. H. Coase (1994: 43) weist auf die empirische Gehaltlosigkeit des Rationalitätsprinzips mit der Bemerkung hin: „To say that people maximise utility ... leaves us without any insight into why people do what they do.“ 8 In der amerikanischen Ausgabe (Mises 1949: 18) heißt es: „Human action is necessarily always rational. The term ‚rational actor’ is therfore pleonastic and must be rejected.” - Im Hinblick auf subjektiv zweckgerichtetes aber objektiv nicht zweckmäßiges Handeln stellt Mises (ebd.: 20) fest: „An action unsuited to the end sought falls short of expectation. It is contrary to purpose, but it is rational,
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Als eine definitorische Aussage verstanden gibt das Rationalitätsprinzip an,
was wir unter zweckgerichtetem oder intentionalem Handeln verstehen wollen.
Verhaltensäußerungen, die im Sinne des Rationalitätsprinzips nicht als „rational“
gelten könnten, fallen damit aus der Kategorie „intentionales Handeln“ heraus. Sie
werden einer anderen Klasse von Verhaltensäußerungen zugeordnet, für die sich eine
Theorie rationalen Handelns nicht zuständig sieht, wie etwa reine Reflexreaktionen
oder unbeabsichtigte Körperbewegungen (z.B. zufälliges Stolpern).9
Ist das Rationalitätsprinzip nicht als definitorische Aussage sondern als ein
heuristisches Prinzip gemeint, so dient es als Anweisung dafür, wie wir an das
Problem der Erklärung intentionalen menschlichen Handelns herangehen sollten. Es
besagt, wie bereits erwähnt, dass wir bei unseren Erklärungsbemühungen von der
Unterstellung ausgehen sollten, dass absichtsgeleitete Handlungen im Sinne der
Zielvorstellungen und der Annahmen über faktische Wirkungszusammenhänge, die
den Handelnden zum Entscheidungszeitpunkt leiten, rational oder konsistent sind.
Anders gesagt, als heuristisches Prinzip weist es uns an, die Möglichkeit
„irrationalen“ oder „inkonsistenten“ Handelns auszuschließen und unsere
Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, die Ziele oder Präferenzen und die Theorien
oder Realitätsannahmen zu identifizieren, die, wenn man sie als handlungsleitend
unterstellt, das zu erklärende Handeln als sinnvoll und zweckmäßig erscheinen
lassen.10
Mit der Feststellung, dass das Rationalitätsprinzip keine empirisch
überprüfbare Behauptung darstellt, soll keineswegs geleugnet werden, dass
spezifische „Anwendungen“ dieses Prinzips durchaus widerlegbare Behauptungen
i.e., the outcome of a reasonable - although faulty - deliberation and an attempt - although an ineffectual attempt - to attain a definite goal.“ 9 Mises (1940: 11): „Bewusstes Verhalten hebt sich scharf ab vom unbewussten Verhalten, von den Reflexvorgängen und der Reaktion der Zellen auf Reize.“ – In der amerikanischen Ausgabe (Mises 1949: 20) findet sich die Erläuterung: „The opposite of action is not irrational behavior, but a reactive response to stimuli on the part of the bodily organs and instincts which cannot be controlled by the volition of the person concerned.“ 10 So sieht K. R. Popper's (1994: 181) die Bedeutung des Rationalitätsprinzips darin, dass es „reduces considerably the arbitrariness of our models, an arbitrariness which becomes capricious indeed if we try to do without this principle.“ – Im Kontext seiner Überlegungen zur Methodologie der Sozialwissenschaften und, insbesondere, seiner Vorstellungen zu dem von ihm als „Situationslogik oder Situationsanalyse“ bezeichneten Erklärungsansatz spricht Popper von Rationalitätsprinzip als dem zentralen „animating law“ (ebd.: 169). Der Umstand, dass Popper es versäumt, in diesem Zusammenhang zwischen dem nicht widerlegbaren Rationalitätsprinzip und empirisch gehaltvollen Rationalitätshypothesen zu unterscheiden, dürfte die Quelle von Inkonsistenzen in seinem Konzept der „Situationslogik“ sein, auf die Kritiker wie N. Koertge (1979), B.J. Caldwell (1991: 13ff.) und Vanberg (1975: 109ff.) hingewiesen haben. – Für eine eingehendere Erörterung dieser Frage siehe Vanberg (2002: 18ff.).
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einschließen können. Damit soll lediglich gesagt sein, dass es für sich genommen
keine empirisch widerlegbare Aussage darstellt. Spezifische Anwendungen des
Rationalitätsprinzips, etwa in Form der Aussage, dass eine Person P eine Handlung H
ausgeführt hat, weil sie Ziel Z verfolgte und von der Theorie T ausging, stellen
natürlich in dem Sinne widerlegbare Behauptungen dar, dass die spezifischen
Unterstellungen, die über die Ziele oder Präferenzen und die Theorien des
Handelnden gemacht werden, wahr oder falsch sein können. Diese Widerlegbarkeit
bezieht sich allerdings einzig und allein auf die konkreten inhaltlichen
Unterstellungen, die bezüglich der im jeweiligen Fall vorliegenden spezifischen
Rand- oder Anfangsbedingungen getroffen werden, also etwa die Unterstellung, dass
die betrachtete Person tatsächlich das Ziel Z verfolgte und von Theorie T ausging. Sie
bezieht sich nicht auf den im Rationalitätsprinzip enthaltene Annahme der Konsistenz
zwischen Präferenzen, Theorien und Handlung. Der offenkundige Umstand, dass die
in Anwendungen des Rationalitätsprinzips gemachten Unterstellungen über im
konkreten Fall gegebene faktische Bedingungen falsch sein können, ändert nichts an
der Tatsache, dass das in solcher Weise „angewandte“ Rationalitätsprinzip selbst eine
nicht widerlegbare Aussage darstellt. Der Umstand, dass ein heuristisches Prinzip uns
anhält, auf Erklärungsgrößen abzustellen, über deren Ausprägung überprüfbare
Behauptungen aufgestellt werden können, macht das heuristische Prinzip nicht selbst
zur einer überprüfbaren Hypothese.
Im Unterschied zum Rationalitätsprinzip stellen Rationalitätshypothesen der
oben erläuterten Art überprüfbare Behauptungen über Tatbestände auf. Sie können in
der Tat wahr oder falsch sein. Eben deshalb werden sie als Hypothesen bezeichnet.
Wie erwähnt können Rationalitätshypothesen auf unterschiedliche Aspekte abstellen.
Sie können Behauptungen über umfassendere, nicht bloß „lokale“ Konsistenz von
Präferenzen und Theorien beinhalten, sie können Behauptungen über die faktische
Angemessenheit von subjektiven Vorstellungen über Wirkungszusammenhänge
aufstellen, oder beides gleichzeitig behaupten.11 Im vorliegenden Zusammenhang ist
vor allem der Umstand von Interesse, dass „Theorien rationalen Handelns“ nur in den
Maße empirisch überprüfbare Behauptungen aufstellen, und daher auch nur insoweit
11 Die in der Literatur zu findenden Definitionen von „Rationalität“ verknüpfen in der Regel auf die eine oder andere Weise Annahmen über die Konsistenz subjektiver Präferenzen und Theorien mit Annahmen über die objektive Angemessenheit der letzteren.
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erfahrungswissenschaftliche Erklärungen zu leisten in der Lage sind, wie sie über das
bloße Rationalitätsprinzip hinausgehen und Rationalitätshypothesen beinhalten.12
3. Der ‚ökonomische Ansatz’ zwischen Rationalitätsprinzip und
Rationalitätshypothesen
Wenn Ökonomen den „ökonomischen“ oder „Rational Choice“ Ansatz zur Erklärung
menschlichen Verhaltens verteidigen, äußern sie sich häufig so, als ginge es darum,
das Rationalitätsprinzip zu verteidigen. Das Rationalitätsprinzip bedarf aber überhaupt
keiner Verteidigung. Es wird nicht bestritten und ist auch gar nicht bestreitbar.
Eine Theorie rationalen Handelns oder Rational Choice Theorie, die lediglich
das Rationalitätsprinzip als allgemeine Annahme beinhalten würde, wäre offenkundig
ohne empirischen Gehalt. Für sich allein genommen schließt das Rationalitätsprinzip
für die Fälle, auf die es sich bezieht, nämlich intentionales menschliches Handeln,
kein denkbares Ereignis aus. Für alle vorstellbaren Handlungen, seien sie noch so
absonderlich, kann man sich Ziele und handlungsleitende Theorien über die Welt
vorstellen, die sie „rational“ oder „konsistent“ erscheinen lassen.13 Abgesehen von
dem Umstand, dass subjektive Präferenzen und Theorien keiner direkten Beobachtung
zugänglich sind und daher Annahmen über sie ohne Anschlusstheorien, die sie mit
beobachtbaren Sachverhalten verknüpfen, unüberprüfbar bleiben, können, wie oben
bereits erläutert, spezifische inhaltliche Annahmen über die in konkreten
Erklärungsfällen maßgeblichen Präferenzen und Theorien als singuläre Behauptungen
natürlich zutreffend oder falsch sein. Was aber die im Rationalitätsprinzip unterstellte
Konsistenz anbelangt, so scheint es uns in der Tat nicht einmal möglich zu sein, uns
auch nur ein hypothetisches Beispiel einer „zweckgerichteten Handlung“
auszudenken, die dem Rationalitätsprinzip widersprechen würde. Erst dann, wenn das
Rationalitätsprinzip um Aussagen ergänzt wird, die den mit ihnen kompatiblen
Annahmen über die Präferenzen und Theorien von Handelnden Schranken auferlegen,
12 Man beachte, dass die Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese sich nicht mit der gängigeren Unterscheidung zwischen Konzepten „subjektiver“ und „objektiver“ Rationalität deckt. Im Sinne der Abgrenzung von subjektiver und objektiver Rationalität wären das Rationalitätsprinzip und der erste der beiden oben erläuterten Grundtypen einer Rationalitätshypothese (Rationalität als umfassende Konsistenz von Präferenzen und Theorien) auf derselben Seite der Unterscheidung, nämlich als Konzepte „subjektiver“ Rationalität, einzuordnen, während sie im Sinne der hier vorgenommenen Unterscheidung gegeneinander abgegrenzt werden. 13 R.E. Lucas (1977: 15): „Even psychotic behavior can be (and today, is) understood as ‚rational’ given a sufficiently abnormal view of relevant possibilities.”
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haben wir es mit Rationalitätshypothesen im Sinne empirisch widerlegbarer
Behauptungen zu tun.14
Sofern Ökonomen das Modell rationalen Handelns in einem Sinne verteidigen,
der über das Rationalitätsprinzip hinausgeht, führen sie häufig Argumente für das an,
was man als „weiche“ Rationalitätshypothesen bezeichnen könnte, etwa für die
Behauptung, dass Menschen in der Regel nicht in offenkundig inkonsistenter Weise
handeln, oder dass sie auf Anreize reagieren. Solche „weichen“
Rationalitätshypothesen sind, anders als das Rationalitätsprinzip, in der Tat
widerlegbare Behauptungen, aber die von Ökonomen in diesem Sinne üblicherweise
angeführten Annahmen über „rationales Handeln“ dürften auch in anderen
Verhaltenswissenschaften unumstritten sein.15 Auch unter denen, die sich in anderen
Wissenschaften als der Ökonomik mit menschlichem Verhalten befassen, wird man
schwerlich jemanden finden können, der etwa die Annahme bezweifeln würde, das
Menschen „take advantage of obvious opportunities.“ 16
Kontrovers sind nicht derartige „weiche“ Rationalitätshypothesen, sondern vor
allem die „harte“ Variante, auf der die orthodoxe neoklassische Ökonomik basiert,
nämlich die Annahme perfekter Rationalität, also die Annahme, dass menschliches
Handeln nicht nur „lokal“ sondern „global“ mit den Präferenzen und Theorien des
Handelnden konsistent ist und auf perfektem, objektiv zutreffendem Wissen über die
14 Der Aufsatz „Rationality – A Global Concept“ von I. Lipnowski (1998) mag hier als Beispiel für die erwähnte Neigung von Ökonomen zitiert sein, sich bei der Verteidigung der Rationalitätsannahme auf Vorstellungen von Rationalität zurückzuziehen, die von kaum jemandem bezweifelt werden. So meldet Lipnowski zwar den scheinbar starken Anspruch an, dass das „traditional concept of rationality embraced by economists has validity in the most general settings“ (ebd.: 31), erläutert diesen Anspruch aber dann im Sinne einer kaum strittigen Behauptung, wenn er die Restriktionen, die für einen Handelnden das „set of feasible outcomes“ (ebd.: 31) beschränken so umfassend definiert, dass darin nicht nur solche „conventional constraints as a limited budget“ (ebd.) sondern auch „personal limitations such as lack of information, deficient computational capacity, failing memory (imperfect recall or absentmindedness) or ‚irrational’ beliefs (and fears)“ (ebd.) eingeschlossen sind. – Legt man eine so umfassende Definition von Handlungsrestriktionen oder „constraints“ zugrunde, so verteidigt Lipnowski lediglich das unstrittige Rationalitätsprinzip, wenn er den Schluss zieht: „If the uniform treatment with respect to all constraints that is advocated in this paper were adopted, the sole criterion for judging an agent’s rationality would be the consistency of his behavior with the realization of the agent’s avowed goal“ (ebd.) – Mit seiner umfassenden Vorstellung von Rationalität steht allerdings andererseits die Bemerkung Lipnowskis im Widerspruch: „Action that is justifiable only on the basis of beliefs that are not sustainable empirically can hardly be described as rational action“ (ebd.: 21). 15 Simon (1987: 26): „I emphasize this point of agreement at the outset – that people have reasons for what they do – because it appears that economics sometimes feels called on to defend the thesis that human beings are rational. Psychology does not quarrel at all with this thesis. If there are differences in viewpoint, they must lie in conceptions of what constitutes rationality, not in the fact of rationality itself.“ 16 P. Krugman (1998: 120): „Economic actors are intelligent in the sense that they take advantage of obvious opportunities.“
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Welt beruht.17 Diese Annahme ist in so offensichtlichem Konflikt mit der Realität,
dass sie selbst von ihren Befürwortern nicht mit dem Anspruch verteidigen wird, sie
spiegele in angemessener Weise das tatsächliche Verhalten realer Menschen wider.
Das Argument, das gerne zu ihrer Verteidigung angeführt wird, und das in der Tat der
gesamten allgemeinen Gleichgewichtstheorie zugrunde zu liegen scheint, besagt, dass
es nun einmal der eigentliche Zweck der theoretischen Ökonomik ist, die
Implikationen auszuarbeiten, die sich für marktliche Prozesse ergeben, wenn man
annimmt, dass die Marktteilnehmer perfekt rational sind. Im Sinne dieser Sichtweise
ist es die Aufgabe der ökonomischen Theorie, die Funktionseigenschaften von
Märkten aufuzeigen, auf denen „completely rational individuals“ agieren, Individuen,
die ausgestattet sind mit der „ability to foresee everything that might happen and to
evaluate and optimally choose among available courses of action“ (Kreps 1990:
745).18 Die (interne) Schlüssigkeit einer solchen Theorie ist offenkundig völlig
unberührt von der Frage, ob reale menschliche Akteure dem Modell des „vollkommen
rationalen Individuums“ auch nur im geringsten nahe kommen. Es geht um ein
axiomatisch deduktives Vorhaben, das uns darüber informiert, wie die Welt
funktionieren würde, wenn sie von vollkommen rationalen Individuen bevölkert wäre.
Eine solche Theorie sagt uns jedoch per se nichts über unsere Erfahrungswelt, eine
Welt, die von Menschen bevölkert ist, die so sind, wie sie nun einmal de facto sind.
Sie kann lediglich beanspruchen, dass ihre Behauptungen uns in dem Maße etwas
über Vorgänge in der Beobachtungswelt sagen, in dem die in realen sozialen
Kontexten gegebenen Bedingungen den in der neoklassischen Modellwelt
unterstellten Bedingungen nahe kommen.19
Bereits in seinem 1937 zuerst erschienenen klassischen Aufsatz „Economics
and Knowledge“ hat F.A. Hayek eine ökonomische Theorie kritisiert, die sich in
solcher Weise auf Aussagen über eine Welt von perfekt rationalen Individuen
17 Zur Annahme perfekter Rationalität heißt es bei H. A. Simon (1987: 26): „In its treatment of rationality, neoclassical economics differs from the other social sciences in three main respects: (a) in its silence about the content of goals and values; (b) in its postulating global consistency of behavior; and (c) in its postulating ‚one world’ – that behavior is objectively rational in relation to its total environment, including both present and future environments as the actor moves through time.“ – Die Frage, warum „economic analyses come in for so much criticism both from within and outside the profession“, beantwortet Krugman (1998: 120) mit der Bemerkung, dies liege an den „extreme formulations“, wie etwa der Annahme „that intelligent behavior goes all the way to strict maximization of some objective function.“ 18 D. M. Kreps (1990: 746): „Most economic theory concerns completely rational individuals. ... Completely rational individuals ... populate the economies of general equilibrium.“ 19 Siehe dazu unten S. 26f..
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beschränkt, von Individuen, die alles wissen, was sie wissen müssen, um optimale
Entscheidungen zu treffen, und er hat darauf hingewiesen, dass eine Umorientierung
erforderlich ist, soll ökonomische Theorie etwas zur Erklärung realer Vorgänge in der
Erfahrungswelt beitragen können: „Tatsächlich wird meine wesentliche Behauptung
die sein, dass die Tautologien, aus denen die formale Gleichgewichtsanalyse in der
Wirtschaftstheorie im wesentlichen besteht, nur insoweit in Aussagen verwandelt
werden können, die uns irgend etwas über Kausalzusammenhänge in der realen Welt
sagen, als wir imstande sind, in diese formalen Sätze bestimmte Behauptungen
darüber einzusetzen, wie Wissen erworben und vermittelt wird. Kurz gesagt, ich
werde die Behauptung aufstellen, dass das empirische Element in der
Wirtschaftstheorie – der einzige Teil, der sich nicht nur mit Implikationen sondern mit
Ursachen und Wirkungen befasst und der daher im Prinzip verifiziert werden können
– in Aussagen über die Erwerbung von Wissen besteht“ (Hayek 1952a: 49).20
Nun haben sich natürlich orthodoxe neoklassische Ökonomen selten allein mit
der Rolle von Theoretikern bescheiden wollen, die lediglich Aussagen über
hypothetische Welten machen, ohne etwas Gehaltvolles über die uns umgebende reale
Welt aussagen zu können. Sie melden deshalb gemeinhin den Anspruch an, dass die
Annahme vollkommener Rationalität ungeachtet ihrer mangelnden Realitätsnähe ein
nützliches analytisches Instrument darstellt, das uns zu einem besseren Verständnis
wichtiger Aspekte beobachtbarer wirtschaftlicher Vorgänge verhelfen kann.21 Es ist
gerade dieser Anspruch, dass das Konzept vollkommener Rationalität
erfahrungswissenschaftliche Erklärungsrelevanz besitze, sich als Grundlage für eine
empirisch gehaltvolle und erklärungskräftige ökonomische Theorie eigne, der das
Rational Choice Modell der Ökonomik zur Zielscheibe andauernder Kritik hat werden
lassen, einer Kritik, die nicht zuletzt mit dem Namen von Herbert A. Simon
verbunden ist. Mit Nachdruck und Beharrlichkeit hat Simon seit langem argumentiert,
die Ökonomik müsse, wenn sie zu einer erklärungskräftigen Erfahrungswissenschaft
werden wolle, ihr Modell „olympischer Rationalität“ durch eine Theorie
20 In einer Fußnote vermerkt Hayek unter Verweis auf K.R. Popper, dass es statt „verifiziert“ besser „falsifiziert“ heißen sollte. 21 Dieser Anspruch ist für die Ökonomik als Theorie marktlicher Prozesse insbesondere mit dem Argument verteidigt worden, dass der Selektionsdruck auf irrige handlungsleitende Theorien unter den Bedingungen marktlichen Wettbewerbs so wirksam ist, dass man mit einigem Recht die vereinfachende Annahme als Arbeitshypothese verwenden könne, Marktakteure würden sich im Großen und Ganzen so verhalten, „als ob“ sie von zutreffenden Annahmen über Tatbestände und Wirkungszusammenhänge geleitet wären. Zu diesem Argument siehe unten S. 26f..
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„unvollkommener“ oder „beschränkter“ Rationalität ersetzen, einer Theorie, die etwas
darüber aussage, wie reale Menschen – und nicht hypothetische allwissende Agenten
– die Entscheidungsprobleme lösen, mit denen sie konfrontiert sind.22
4. Gary S. Beckers ökonomischer Ansatz zur Erklärung menschlichen
Verhaltens: Rationalitätsprinzip oder Rationalitätshypothese?
Ob bestimmte Varianten der Theorie rationalen Handelns in der Tat
Rationalitätshypothesen beinhalten und daher mehr aussagen als die bloße Heuristik
des Rationalitätsprinzips, ist keineswegs immer offensichtlich. Dies lässt sich am
Beispiel des von G.S. Becker vertretenen „ökonomischen Ansatzes zur Erklärung
menschlichen Verhaltens“ illustrieren, einem Ansatz, der weithin als die
konsequenteste moderne Interpretation des ökonomischen Verhaltensmodells gilt.
Nach gängiger Einschätzung handelt es sich bei Beckers Ansatz um eine besonders
rigorose Variante der Annahme rationalen maximierenden Verhaltens. Bei näherer
Prüfung zeigt sich aber, dass damit im Kern nicht mehr behauptet wird als mit dem
nicht widerlegbaren Rationalitätsprinzip.
Um die „Schwäche der herkömmlichen Theorie der Wahlhandlungen“
(Becker 1982: 147) zu vermeiden, die in der Rolle liegt, die „bei der Interpretation
beobachteten Verhaltens der ‚Änderung von Präferenzen’“ (ebd.: 147f.) eingeräumt
wird, schlägt Becker einen neuen Ansatz für die Theorie des Konsumverhaltens vor,
der sich dadurch auszeichnet, „dass er die Einkommens- und Preiseffekte stärker
betont und den ‚Präferenzen’ bei der Interpretation des Verhaltens eine geringere
Rolle beimisst“ (ebd.: 161).23 Die zentrale Idee dieses neuen Ansatzes besteht darin,
dass das Konsumverhalten als produktive Tätigkeit re-interpretiert wird. Normale
Marktgüter – wie etwa Bücher, Fernsehgeräte oder Fahrräder – werden nicht als
22 In vielzähligen Beiträgen hat H. A. Simon auf die „discrepancy between the perfect human rationality that is assumed in classical and neoclassical economic theory and the reality of human life“ (Simon 1992: 3) hingewiesen und argumentiert, dass weder das Wissen der Menschen „nor their power of calculation allow them to achieve the high level of optimal adaptation of means to end that is posited in economics“ (ebd.). 23 Zu den Gründen, aus denen er den Bezug auf Präferenzen vermeiden möchte, stellt Becker (1982: 147) fest: „Nun ist es aber merkwürdig, dass Ökonomen ihre Theorie der Wahlhandlungen weitgehend auf die Annahme unterschiedlicher Präferenzen stützen, da sie zugegebenermaßen keine brauchbare Theorie der Bildung von Präferenzen besitzen und sich auch nicht auf eine entsprechend ausgereifte Theorie in anderen Sozialwissenschaften verlassen könnten, denn es gibt keine.“ – Becker hat diese recht weitgehende Behauptung in einer jüngeren Neufassung seines „ökonomischen Ansatzes“ (dazu unten) wiederholt, für die er beansprucht: „I do not believe that any alternative approach – be it founded on ‚cultural’, ‚biological’, or ‚psychological’ forces – comes close to providing comparable insights and explanatory power“ (Becker 1996: 4).
13
direkte nutzenstiftende Objekte betrachtet, sondern als Input-Faktoren für einen
Produktionsprozess, durch den ein Konsument (oder ein Haushalt) „commodities“
oder „Letzt-Güter“, wie Gesundheit, sozialen Status oder Sinnesfreuden, herstellt, die
allein als direkt nutzenstiftende Faktoren gelten können (Becker 1996: 5). Als
grundlegende Nutzenfunktion wird entsprechend angenommen:
U = u (Z1, Z2, ..., Zn)
Die Zi stellen dabei die verschiedenen „Letzt-Güter“ oder direkt nutzenstiftenden
Güter dar.
Soweit es diese grundlegende Nutzenfunktion betrifft, kann man nach Becker
unterstellen, dass die Präferenzen der Menschen sich weder über die Zeit verändern
noch zwischen Personen variieren, dass sie also als intertemporale und interpersonelle
Konstante angesehen werden können (Stigler and Becker 1977: 76).24 Für die in
ökonomischen Erklärungsansätzen zentrale Unterscheidung zwischen Präferenzen
und Restriktionen als Verhaltensdeterminanten bedeutet dies: Wenn sich das
Verhalten einer Person, etwa ihre Nachfrage nach bestimmten normalen Marktgütern,
über die Zeit ändert, oder wenn man entsprechende Verhaltensunterschiede zwischen
Personen beobachtet, so sind solche Verhaltensänderungen oder –unterschiede nicht
aufgrund von Änderungen oder Unterschieden in den Präferenzen (für Letzt-Güter)
zu erklären, sondern aufgrund von Änderungen oder Unterschieden in den
Restriktionen. Eine wesentliche Restriktion muss dabei nach Becker in den
Fähigkeiten von Personen gesehen werden, Letzt-Güter herzustellen. So stellt er fest:
„Man könnte argumentieren, dass in der Tat alle Haushalte genau die gleiche
Nutzenfunktion besitzen ..., dass sie alle diesen Nutzen von den gleichen
‚grundlegenden Freuden’ oder der gleichen Präferenzfunktion ableiten, und dass sie
sich lediglich in ihrer Fähigkeit zur Produktion dieser ‚Freuden’ unterscheiden“
(1982: 162).
Auf den ersten Blick erweckt Beckers Reformulierung der Annahme der
Nutzen-Maximierung durchaus den Eindruck, dass sie eine deutlich weitergehende
Behauptung aufstellt als das Rationalitätsprinzip, das ja lediglich besagt, dass
menschliches Handeln im Lichte der jeweils handlungsleitenden subjektiven
24 Zur Begründung für die Annahme intertemporaler und interpersoneller Konstanz führt Becker (1982: 162, fn.) den Gedanken an, dass die allen Menschen gemeinsamen letztendlichen Präferenzen ein
14
Präferenzen und Theorien „rational“ ist, ohne über diese Präferenzen und Theorien
irgendwelche einschränkenden Annahmen zu treffen. Die Behauptung intertemporal
stabiler und interpersonell identischer Präferenzen scheint demgegenüber deutlich
einzuschränken, was man bezüglich der „subjektiven Komponenten“ menschlicher
Wahlhandlungen unterstellen darf. Ein genauerer Blick auf Beckers Erläuterungen
zeigt jedoch, dass dies nicht der Fall ist.
Die wesentliche Implikation der Reformulierung Beckers beteht darin, dass
die beobachtbare Nachfrage nach normalen (Markt-) Gütern – und, in der Tat, ganz
allgemein die „Nachfrage“ nach jeglicher Art von Verhalten – als abgeleitete
Nachfrage interpretiert wird, „abgeleitet“ aus den intertemporal konstanten und
interpersonell identischen Präferenzen für Letzt-Güter einerseits und den
intertemporal veränderlichen und interpersonell unterschiedlichen Fähigkeiten zur
Produktion dieser Letzt-Güter andererseits. Die entscheidende Verknüpfung zwischen
den Letzt-Präferenzen und der abgeleiteten Nachfrage für normale Güter liegt in der
Haushalts-Produktionsfunktion für End-Güter (Zi), die die produktive Kapazität von
Konsumenten oder Haushalten beschreibt:
Zi = zi (xi; ti; E)
In dieser Gleichung steht xi für die Inputs in Gestalt normaler (Markt-) Güter, ti
bezeichnet die Zeit, die vom Konsumenten (Haushalt) selbst für die Produktion der Zi
aufgewandt wird, und unter E sollen sogenannte „Umweltvariable“ („environmental
variables“) subsumiert werden, zu denen Becker insbesondere die
Produktionstechnologie rechnet, die Konsumenten (Haushalte) bei der Herstellung
von Letzt-Gütern einsetzen.
Die Bezeichnung „Umweltvariable“ („environmental variable“) vermittelt den
Eindruck, dass bei der Erklärungsgröße „E“ allein um beobachtbare, inter-subjektiver
Überprüfung zugängliche Aspekte der „Produktionsumwelt“ (1982: 149) geht. In
Wirklichkeit werden die Variable E und ihre Hauptkomponente, die „production
technology“, jedoch von Becker in einer Weise interpretiert, die einen äußerst weiten
Spielraum für zulässige Erklärungsargumente lässt. Wenn, wie Becker erläutert (ebd.:
162; Stigler and Becker 1977: 82, 84), unter „production technology“ nicht nur solche
Dinge wie persönliche Fähigkeiten oder Humankapital zu fassen sind sondern auch
genetisches Erbe der Spezies Homo Sapiens sind, dass sich „im Laufe der Zeit durch natürliche
15
das Wissen der Menschen25 – und zwar zutreffendes ebenso wie eingebildetes Wissen
(Stigler and Becker 1977: 84: „whether real or fancied“) -, dann behauptet die
Beckersche Rationalitätsannahme letztendlich nicht mehr als das Rationalitätsprinzip,
nämlich lediglich, dass intentionale Handlungen im Lichte der Präferenzen und
Theorien des Handelnde rational oder konsistent sind. Denn die scheinbar strikte
Behauptung invariabler elementarer oder Letzt-Präferenzen legt dem, was wir über
die direkten Präferenzen für (oder die abgeleitete Nachfrage nach) normale(n) Gütern
annehmen können, keine effektiven Grenzen auf, wenn das, was Menschen „correctly
or incorrectly“ (ebd.) über Tatbestände und Wirkungszusammenhänge in der Welt
glauben, das entscheidende Bindeglied zwischen Letztpräferenzen und gewöhnlichen
Präferenzen darstellt, denn dann kommen alle möglichen subjektiven Restriktionen
zusätzlich zu den objektiven Restriktionen als Verhaltensdeterminanten in Betracht.26
In einer weiter entwickelten Variante seines Ansatzes zur Erklärung „nutzen-
maximierenden vorausschauenden Handelns“ („utility-maximizing forward-looking
behavior“, Becker 1996: 140) hat Becker besondere Betonung auf die Humankapital-
Perspektive („human capital perspective“, ebd.) gelegt, und die Aufmerksamkeit
darauf gelenkt, das gegenwärtige Wahlhandlungen von Menschen Auswirkungen auf
ihr zukünftiges Humankapital haben, also auf ihre zukünftige Fähigkeit zur
Produktion von Letzt-Gütern und damit auf ihre zukünftige (abgeleitete) Nachfrage
nach normalen Gütern.27 Zweck dieser „extension of the utility-maximizing
approach“ ist es, „to include endogenous preferences“ (ebd.: 4). Sie soll es möglich
machen, die Annahme beizubehalten, „that individuals behave so as to maximise
utility while extending the definition of individual preferences to include personal
habits and addictions, peer pressure, parental influences on the tastes of children,
advertising, love and sympathy, and other neglected behavior“ (ebd.).28 - Nun mag
Selektion ... entwickelt hat.“ 25 Becker (1982: 163): „Der Haushalts-Produktionsfunktions-Ansatz bezieht in die Theorie der Wahlhandlungen auf einer grundsätzlichen Ebene Zeitrestriktionen, Konsumentenwissen und zwischen den Haushalten bestehende Unterschiede in der Konsum-Effizienz ein.“ 26 Natürlich können subjektive Restriktionen sich nur im Rahmen der durch objektive Restriktionen gesetzten Grenzen verhaltensbestimmend auswirken. Der Glaube, er könne fliegen, mag einen Menschen veranlassen, sich von einem Hochhaus zu stürzen, aber dieser Glaube wird die Gravitationsgesetze nicht außer Kraft setzen können. 27 Becker (1996: 7): „Current behavior may raise future personal capital ... (F)orward-looking persons recognize that their present choices and experiences affect personal capital in the future, and that future capital directly affects future utilities.“ 28 Zum Verhältnis zwischen der „extended“ Version und der früheren Fassung seines „ökonomischen Ansatzes“ bemerkt Becker (1996: 5): „In a more fundamental approach, utility does not depend directly on goods and consumer capital stocks, but only on household-produced ‚commodities’ such as health,
16
diese „extension“ den Beckerschen Ansatzes zwar durchaus in heuristisch fruchtbarer
Weise erweitern, dies ändert aber nichts daran, dass sein „economic or rational choice
approach to behavior“ (ebd.), soweit es die ihm zugrundeliegenden allgemeinen
Annahmen anbelangt, ebenso wenig widerlegbar ist, wie das Rationalitätsprinzip.
Worin auch immer der empirische Gehalt konkreter „Anwendungen“ dieses Ansatzes
liegen mag, er verdankt sich nicht der unwiderlegbaren, empirisch gehaltlosen
Annahme, „that individuals maximize welfare as they conceive it“ (ebd.: 139,
Betonung im Original). Er muss auf anderem Wege „eingespeist“ worden sein.
In seiner Nobelpreisrede von 1992, „The Economic Way of Looking at Life“,
hat Becker betont, er habe sich in seinem Werk mit Absicht gewissen Themen, wie
etwa dem Suchtproblem, zugewandt, die die Theorie rationalen Handelns an die
Grenzen ihrer Erklärungskraft führen („probe the boundaries of rational choice
theory“, ebd.: 155). Es bereitet aber wohl kaum besondere Schwierigkeiten,
nachzuweisen, dass selbst Suchtverhalten unter das Rationalitätsprinzip fällt, wenn
man darunter lediglich versteht, dass auch das Verhalten von Süchtigen im Lichte
ihrer handlungsleitenden Präferenzen und Theorien „rational“ oder konsistent ist. Dies
gilt insbesondere, wenn man – wie Becker – in Rechnung stellt, dass Sucht zu einer
Beeinträchtigung der „capacity to anticipate future consequences“ (ebd.: 11) führt,
bzw. zu einer verminderten „attention to future consequences“ (ebd.: 120). Im
Endeffekt scheint Becker nicht mehr behaupten zu wollen, als dass zwischen den
Handlungsentscheidungen einer Person und ihren Präferenzen und Theorien
Konsistenz besteht, wenn er darauf besteht, dass auch Suchtverhalten, Gewohnheiten
und andere Formen anscheinend „irrationalen“ Handelns in dem Sinne als „rational“
gelten können, dass sie auf einem vorausschauenden Nutzenkalkül beruhen, dass auch
sie reagibel sind gegenüber „changes in prices and wealth“ (ebd.: 123), und dass sie
keineswegs eine „reluctance to ‚calculate’“ (ebd.) implizieren.
Obschon er darauf besteht, dass sein Ansatz an der Annahme
vorausschauender, maximierender und konsistenter Wahlhandlungen festhält (ebd.:
22f.),29 räumt Becker doch ein, dass sein „type of rationality ... is quite different ...
than that found in standard models“ (ebd.: 23). Und in der Tat bleibt nicht mehr viel
von den strengen Beschränkungen erhalten, die die „harte“ Version der Theorie
social standing and reputation, and pleasures of the senses. The production of these commodities in turn depends on goods, consumer capital, abilities, and other variables.“
17
rationalen Handelns unseren Erklärungsbemühungen aufzuerlegen scheint, wenn
Becker (ebd.: 9) zugesteht, dass Rationalität „does not imply perfect foresight, or even
accurate calculation of the probabilities of future events“, sondern „implies only that
individuals try as best they can to anticipate the future consequences of their present
behavior“, oder wenn er die Bedeutung habituellen oder gewohnheitsmäßigen
Verhaltens30 mit den Worten kommentiert, dass „cooperation can be sustained more
easily ... when individual behavior is habitual“ (ebd.: 17), und erläuternd hinzufügt:
„For if individuals are habitual, and if they were cooperative in the past, they might
continue to be cooperative even if they could gain an advantage form uncooperative
behavior“ (ebd.).
Durch eine solche Weiterentwicklung wird Beckers Variante der Annahme
rationalen, nutzen-maximierenden Verhaltens zwar tatsächlich vereinbar mit allen
auch nur vorstellbaren Verhaltensweisen, aber nur deshalb, weil sie jeglichen
empirischen Gehalt entbehrt. Sie lässt Raum für die Möglichkeit, dass Menschen in
ihren Bemühungen, so erfolgreich wie möglich zu sein, „may have imperfect
memories, ... may discount the future ‚excessively’, ... (and) may make erroneous
calculations“ (ebd.: 22), oder dass ihr Handeln beeinflusst ist von „habits, childhood
and other experiences, and culture“ (ebd.: 23). In der Tat, wenn Becker seinen eigenen
Rational Choice Ansatz als eine Analysemethode („a method of analysis“, ebd.: 139)
beschreibt, so scheint er ihn selbst eher als ein heuristisches Prinzip zu betrachten und
nicht als eine empirisch gehaltvolle Theorie, die aus widerlegbaren Hypothesen über
menschliches Verhalten besteht.31
Wenn sein Ansatz als heuristisches Instrument dienen soll, dann kann Becker
sicherlich zu Recht den Anspruch erheben, „that no approach of comparable
generality has yet been developed“ (ebd.: 155). Aber die beanspruchte „generality“
verdankt sein Ansatz lediglich dem Umstand, dass das zentrale Prinzip, nämlich die
29 Becker (1996: 11): „I believe that even extreme forms of addictive behavior, such as heavy smoking or drinking, involve forward-looking, consistent utility-maximization.“ 30 Becker (1996: 9): „I believe the main reason habitual behavior permeates most aspects of life is that habits have an advantage in the biological evolution of human traits.“ – Eine solche Auffassung von der Bedeutung habituellen Verhaltens und seiner evolutionären Ursprünge könnte man als Unterstützung für die Theorie „programm-basierten Verhaltens“ werten, die ich im folgenden (Abschnitt 6) als eine mögliche Alternative zur Theorie rationalen Handelns erörtern werde. 31 Becker (1996: 6) lässt erheblichen Interpretationsspielraum, wenn er zum methodologischen Status seines Ansatzes feststellt: „Our assumption that extended preferences are stable was intended not as a philosophical or methodological ‚law’, but as a productive way to analyze and explain behavior.“
18
„assumption of individual rationality“ (ebd.: 156),32 in einer Weise formuliert wird,
die es zu einer empirisch gehaltlosen – wenn auch vielleicht heuristisch fruchtbaren –
Formel macht. Eine derartige „generality“ darf jedoch nicht mit dem allgemeinen
Geltungsanspruch einer empirisch gehaltvollen, erklärungskräftigen Theorie
verwechselt werden. Der relevante Indikator dafür, dass man es mit einer solchen
Theorie zu tun hat, besteht gerade nicht darin, dass es besonders leicht fällt, mit der
Theorie kompatible Beobachtung anzuführen. Im Sinne eines solchen Tests könnte in
der Tat das Rationalitätsprinzip als besonders gehaltvolle Theorie gelten, denn
jegliches beobachtbare Verhalten ist mit ihm kompatibel. Der relevante Maßstab für
die Erklärungskraft und den empirischen Gehalt einer erfahrungswissenschaftlichen
Theorie besteht vielmehr in der Leichtigkeit, mit der man sich Phänomene vorstellen
kann, die, wenn man sie denn beobachten sollte, der Theorie widersprechen, sie also
widerlegen würden.
5. Die „vor-Darwin’sche“ Logik der Rational Choice Theorie
Das Vertrauen der Ökonomen in die analytische Fruchtbarkeit ihres
Verhaltensmodells speist sich, so kann man wohl vermuten, aus der intuitiven
Plausibilität der Annahme rationalen Handelns. Sie erfasst einen Aspekt menschlichen
Verhaltens, dessen Bedeutung uns aufgrund von Introspektion und Alltagserfahrung
selbstverständlich ist, nämlich seinen intentionalen, vorausschauenden, zweck- oder
zielgerichteten Charakter und seine instrumentelle Angepasstheit an die relevante
Problemumwelt. Aufgrund von Introspektion wissen wir, dass unsere eigenen
Handlungen auf die zweckmäßige Lösung von Problemen ausgerichtet sind, mit
denen wir uns konfrontiert sehen, und unsere Orientierung in unserer sozialen Umwelt
beruht im wesentlichen darauf, dass wir eine Alltags-Version der Theorie rationalen
Handelns33 verwenden, um das Handeln anderer Menschen verstehen und antizipieren
zu können, indem wir ihr Verhalten als – aus unserer Sicht – „rationale“ Reaktion auf
die von ihnen zu lösenden Entscheidungsprobleme interpretieren. Anders wäre eine
erfolgreicher Umgang mit unseren Mitmenschen nicht möglich.
32 Becker (1996: 156) spricht von der „analytical power provided by the assumption of individual rationality.” 33 J. Ferejohn and D. Satz (1996: 79) sprechen von „folk intentionalism“ und unterstellen, „that successful intentional scientific accounts must ‚track’ folk intentionalism“: „Social-science explanations must, we claim, be compatible with intentional descriptions of human agents“ (ebd.: 74).
19
Die Intentionalität oder Zweckgerichtetheit menschlicher Handlungen und ihre
instrumentelle Angepasstheit an die jeweilige Problemumwelt verleihen der Theorie
rationalen Handelns fraglos große intuitive Plausibilität. Das Problem der Theorie
liegt darin, dass sie dazu verleitet, die Intentionalität und instrumentelle Angepasstheit
menschlichen Handelns als definitorische Attribute der dem Menschen
zugeschriebenen „Rationalität“ zu behandeln und sie daher unbefragt als
vorgegebene und nicht weiter erklärungsbedürftige Eigenschaften menschlichen
Handelns zu unterstellen. Nach einer Erklärung dieser Eigenschaften wird im Rahmen
eines Rational Choice Ansatzes erst gar nicht gesucht. Man konzentriert sich völlig
auf die Erörterung der aus ihnen resultierenden Folgen.
In einem gewissen Sinne repräsentiert die Rational Choice Theorie einen „vor-
Darwin’schen“ Ansatz, und zwar in dem Sinne, in dem diese Bezeichnung auf
Erklärungsansätze zutrifft, die in der belebten Natur zu beobachtende zweckmäßige
Angepasstheit auf einen „Verursacher“ zurückführen, dem die Fähigkeit zur
vorausschauenden Anpassung einfach zugeschrieben wird (etwa einen göttlichen
Schöpfer). Wird beobachtete Angepasstheit in der Natur auf solche Weise als
Ergebnis von Prä-Adaptation oder vorausschauender Anpassung „erklärt“, so wird die
Suche nach einer naturalistischen Erklärung der entsprechenden Phänomene von
vornherein unterbunden. Der bedeutende Beitrag, den Charles Darwin für unser
Verständnis der uns umgebenden Welt geleistet hat, lag darin, dass er aufgezeigt hat,
wie Angepasstheit in der Natur erklärt werden kann, ohne Prä-Adaptation oder
vorausschauende Anpassung unterstellen zu müssen.34 Er hat gezeigt, wie
Angepasstheit als Ergebnis eines Prozesses erklärt werden kann, der auf Versuch und
Irrtumsauslese beruht, der auf in der Vergangenheit erzielten Erfolgen aufbaut, aber
nicht von Vorkenntnis geleitet ist.
Die Rational Choice Theorie hat mit einem „vor-Darwin’schen“ Denkansatz
gemeinsam, dass sie die instrumentelle Angepasstheit menschlichen Verhaltens
dadurch zu erklären sucht, dass sie sie auf eine Ursache zurückführt, der die Fähigkeit
zu vorausschauender Anpassung definitorisch zugeschrieben wird, nämlich auf die
„Rationalität“ des Menschen. Verschiedene Varianten der Theorie rationalen
Handelns mögen sich darin unterscheiden, in welchem Ausmaß sie Menschen die als
„Rationalität“ bezeichnete Fähigkeit zuschreiben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die
20
instrumentelle Angepasstheit menschlichen Handelns als einen bloßen Ausfluss dieser
Fähigkeit betrachten. Angepasstheit in dieser Weise als Ausfluss der dem Menschen
zugeschriebenen Rationalität zu „erklären“, bedeutet aber, dass man erst gar nicht die
Frage nach einer wirklichen Erklärung menschlicher Problemlösungsfähigkeit stellt.
Soll sie als Erfahrungswissenschaft ihren Beitrag zur Lösung
sozialwissenschaftlicher Erklärungsprobleme leisten, so wird die Ökonomik
menschliche Problemlösungsfähigkeiten nicht einfach in „vor-Darwin’scher“ Logik
postulieren können, sondern wird sie aus einer „Darwin’schen“ Perspektive als
Ergebnis von Evolutions- und Lernprozessen erklären müssen. Eine Darwin’sche
Perspektive einzunehmen bedeutet, dass man zweckmäßige Angepasstheit im
menschlichen Verhalten nicht dadurch „erklärt“, dass man sie der Fähigkeit zu
vorausschauender Problemlösung, genannt „Rationalität“, einfach zuschreibt, sondern
dadurch, dass man aufzeigt, wie Menschen das Wissen erlangen, auf dass sie sich bei
ihrem Bemühen, die sich ihnen stellenden Probleme erfolgreich zu lösen, stützen
können. Aus einer solchen Perspektive besteht die eigentliche Herausforderung darin,
aufzuzeigen, wie die Angepasstheit gegenwärtigen Verhaltens in einer
„rückblickenden“ Weise als Ergebnis von aus vergangener Erfahrung gewonnenem
Problemlösungswissen erklärt werden kann, - und eben nicht als Produkt einer
postulierten Fähigkeit zu vorausschauender Anpassung.
Ein solcher „Darwin’scher“ Ansatz leugnet in keiner Weise die Rolle, die
Zweckorientierung, Intentionalität oder Zielverfolgung im Handeln von Menschen
spielen. Ihm geht es vielmehr darum, eine naturalistische Erklärung für diese
Eigenschaften menschlichen Handelns zu leisten und die Missverständnisse zu
vermeiden, zu denen der explizite oder implizite Rekurs auf teleologische
Erklärungsmuster nur allzu leicht Anlass gibt. Dabei geht es nicht um den gegen
teleologische Erklärungen natürlicher Phänomene üblicherweise erhobenen Vorwurf,
ihnen liege ein „illegitimate anthropomorphic use of the term purpose“ (Hayek 1952:
142) zugrunde. Diesen Vorwurf könnte man offensichtlich schwerlich gegen
teleologische Erklärungen intentionalen, zweckgerichteten menschlichen Handelns
erheben,35 und gewiss wäre der Gedanke absurd, „dass wir auch den Menschen nicht
‚anthropomorph’ behandeln dürfen“ (Hayek 1952b: 88). Dies ist aber auch
34 Mayr (1992: 134): „There is adaptedness (Kant's Zweckmäßigkeit) in living nature but Darwin showed that its origin can be explained materialistically.“
21
keineswegs, was eine der Logik des Darwin’schen Ansatzes folgende Erklärung
menschlichen Verhaltens erfordert. Ein solcher Ansatz will vielmehr darauf
aufmerksam machen, dass es irreführend ist, wenn man intentionales, ziel-orientiertes
Handeln als Beispiel für jene Art von „backward causation“ (Mayr 1992: 134) oder
„causation by consequences“ (Lennox 1992: 333) anführt, durch die sich
„teleologische Erklärungen“ vorgeblich von „normalen“, kausalen Erklärungen
unterscheiden sollen. Er erkennt an, dass man bei zweckgerichtetem Handeln
durchaus von einer „Verursachung durch erwartete oder antizipierte Konsequenzen“
sprechen kann, er besteht aber darauf, dass die relevanten Erwartungen als
„verursachende Faktoren“ der zu erklärenden Handlungen vorausgehen müssen, und
dass man daher keineswegs die übliche Vorstellung kausaler Erklärung aufgeben
muss, um ihrer handlungssteuernden Wirkung Rechnung tragen zu können.36
Eine Erklärung intentionalen Handelns, die, wie der im folgenden skizzierte
Ansatz von Ernst Mayr, die Befähigung zu zielgerichtetem, zweckmäßigem Handeln
auf im Organismus kodierte „Verhaltensprogramme“ zurückführt, bietet eine
naturalistische Erklärung für jene Fähigkeit an, die die Rational Choice Theorie
„rationalen Akteuren“ definitorisch zuschreibt, nämlich die Fähigkeit, die
Konsequenzen von Handlungen zu antizipieren und das eigene Verhalten an den
erwarteten Konsequenzen auszurichten. Die entsprechenden Verhaltensprogramme
selbst sind wiederum das Produkt vergangener Erfahrungen mit den Konsequenzen
vergleichbarer Handlungen in vergleichbaren Entscheidungssituationen.37
Erfahrungen, die einerseits im Verlauf der Evolutionsgeschichte der Spezies Homo
Sapiens akkummuliert und als genetische Programme kodiert worden sind, und die
35 Hayek (1952: 142f.): „In its strict original meaning purpose indeed presupposes an acting person deliberately aiming at a result.“ 36 C. G. Hempel (1965: 255) stellt zu dieser Frage fest: „Motivational explanation, if adequately formulated, conforms to the conditions for causal explanation so that the term ‚teleological’ is a misnomer if it is meant to imply either a non-causal character of explanation or a peculiar determination of the present by the future.“ – Man kann sich natürlich dafür entscheiden, auch Erklärungen menschlichen Handelns aufgrund erwarteter Konsequenzen als „teleologische“ Erklärungen zu bezeichnen. Dann würde allerdings keinerlei Grund mehr gegeben sein, von einem prinzipiellen Unterschied zwischen „kausalen“ und „teleologischen“ Erklärungen zu sprechen. Hayek (1952b: 81) scheint eine solche weitere Interpretation „teleologischer Erklärung“ im Sinn zu haben, wenn er von der “Art von Objekten des menschlichen Handelns, mit denen es die Sozialwissenschaften zu tun haben“, feststellt: „Diese Begriffe … sind durchwegs Beispiele von sogenannten ‚teleologischen Begriffen’, d.h., ihre Definition beinhaltet die Beziehung zwischen drei Dingen: Einem Zweck, einer Person, die diesen Zweck verfolgt, und einem Ding, das diese Person für ein geeignetes Mittel für diesen Zweck hält.“ 37 Hinter dem Wort „vergleichbar“ verbirgt sich freilich eine komplexe Klassifikationsleistung des Gehirns, die im Ansatz von Ernst Mayr als Problem des „encoding“ und des „decoding“ thematisiert wird (s.u. Abschnitt 6).
22
andererseits im Verlauf der Lerngeschichte einzelner Personen angesammelt und als
im individuellen Gedächtnis gespeicherte Programme kodiert werden.
Man kann vermuten, dass ein Hauptgrund für die Deutungsprobleme, zu denen
die Theorie rationalen Handelns seit jeher Anlass gegeben hat, in der „vor-
Darwin’schen“ Logik dieses Paradigmas liegt. Sie dürfte auch der Hauptgrund dafür
sein, dass sich dieses Paradigma als wenig geeignet erwiesen hat, Anstöße für
weiterführende Forschung zu den verhaltenstheoretischen Grundlagen der Ökonomik
zu geben. Die heuristische Fruchtbarkeit eines Theorieansatzes erweist sich am
Reichtum der Forschungsagenda, die er zu generieren im Stande ist, also an den
weiterführenden Forschungsfragen, die er aufwirft. Ein entscheidender Nachteil der
Rational Choice Perspektive ist, dass sie die menschliche Fähigkeit „Rationalität“ als
nicht weiter zu hinterfragende Erklärungsgröße postuliert, und damit allzu leicht die
Illusion nährt, mit dem Verweis auf diese Fähigkeit habe man bereits eine Antwort
auf die Frage gegeben, was Menschen befähigt, die vielfältigen Probleme zu lösen,
mit denen sie sich konfrontiert sehen. Diese Illusion hat verhindert, dass Fragen
gestellt wurden, die tatsächlich ein produktives Forschungsprogramm hätten
generieren können, wie etwa die Frage danach, worin genau die Fähigkeiten bestehen,
die es Menschen erlauben in vorausschauender, zweckmäßiger und
problemangepasster Weise zu handeln, wie diese Fähigkeiten erworben werden und
wie sie sich wandeln. Stattdessen lädt der Rational Choice Ansatz zu Diskussionen
ein, die unsere Forschungbemühungen auf eher sterile Pfade lenken, wie etwa die
Diskussion darum, „wie viel“ von der postulierten Fähigkeit „Rationalität“ wir bei
realen Menschen unterstellen dürfen.38
6. Eine Evolutionäre Sicht menschlichen Handelns
Obschon es über das eigentliche Thema dieses Beitrages, die Erörterung des
methodologischen Status der Theorie rationalen Handelns und speziell die
Unterscheidung zwischen Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothese, hinausgeht,
38 Es war unglücklich, dass sich die Diskussion um die H.A. Simons Kritik am ökonomischen Rationalitätsmodell auf die Frage „beschränkte oder perfekte Rationalität“ („bounded vs. perfect rationality“) konzentriert hat, da dadurch zuviel Aufmerksamkeit der sterilen Frage des „wieviel Rationalität“ gewidmet wurde. Darüber sind die substantiellen Argumente der alternativen Sicht der Natur menschlicher Rationalität vernachlässigt worden, die Simon vorgeschlagen hat, einer Sicht, die den entscheidenden Schlüssel zum Verständnis der Problemlösungs-Fähigkeit des Menschen darin sieht, dass der „human mind is programmable: it can acquire an enormous variety of different skills, behaviour patterns, problem-solving repertoires, and perceptual habits“ (Simon 1979: 81).
23
wäre es doch unbefriedigend, es bei der hier vorgetragenen kritischen Bewertung des
Rational Choice Ansatzes zu belassen, ohne zumindest in groben Zügen darzulegen,
in welcher Weise denn intentionales, zweckgerichtetes menschliches Handeln aus der
Sicht eines „Darwin’schen“ Denkansatzes zu analysieren wäre. Ich werde daher im
folgenden einen Interpretationsvorschlag skizzieren, der diese Perspektive in
paradigmatischer Weise repräsentiert, nämlich das von dem Biologen Ernst Mayr
vorgeschlagene Konzept programm-basierten Verhaltens.39
Um einerseits der Intentionalität menschlichen Handelns Rechnung zu tragen,
andererseits aber die irreführenden Konnotationen zu vermeiden, die typischerweise
mit der Verwendung teleologischer Konzepte bei der Erklärung zielgerichteten
Handelns verbunden sind, schlägt Mayr vor, intentionales Handeln als einen
speziellen Fall dessen zu betrachten, was er als teleonomisches oder programm-
basiertes Verhalten bezeichnet. Teleonomisches Verhaltens ist auf ein „Telos“, ein
Ziel oder einen Endpunkt ausgerichtetes Verhalten, das seine Zielorientierung der
Steuerung durch ein Programm verdankt.40
Mayr übernimmt den Begriff des Programms ausdrücklich aus der
Informationstheorie. Ein Programm besteht aus einem „set of instructions“ (Mayr
1992: 128). Es kann definiert werden „as coded or prearranged information that
controls a process (or behavior) leading toward a goal“ (ebd.: 127f.).41 Die
Programme oder „sets of instructions“, von denen Mayr spricht, beinhalten
hypothetisches Wissen über die Welt, Wissen über mögliche Strategien, um auf
auftauchende Probleme zu reagieren, und Wissen über die wahrscheinlichen
Konsequenzen, die man, unter den gegebenen Umständen, von unterschiedlichen
Handlungsalternativen erwarten kann.
Ebenso wie für das Rationalitätsprinzip gilt auch für Mayrs Konzept des
programm-basierten Verhaltens, dass es nicht bereits für sich genommen als
empirisch widerlegbare Hypothese gelten kann. Es stellt zunächst nur ein
39 Für eine ausführlichere Erörterung siehe Vanberg 2002: 15ff. 40 E. Mayr (1992: 127): „Truly teleonomic activities depend on the possession of a program.“ – Mayr (ebd.: 126) unterscheidet in dieser Hinsicht auf einen Endpunkt oder ein „Telos“ hinführende Prozesse in teleonomische oder programm-basierte Prozesse einerseits und teleomatischen, nicht auf Programmen basierende Prozesse andererseits. Er weist darauf hin, dass etwa „radioactive decay is a teleomatic process, it is not controlled by a program.” 41 Im Hinblick auf ein zweckmäßiges, problemangepasstes Verhalten, das durch genetisch kodierte Programme gesteuert wird, bemerkt Mayr (1988: 31): „The purposive action of an individual, insofar as it is based on the properties of its genetic code, therefore is no more nor less purposive than the
24
heuristisches Prinzip dar, das unseren Erklärungsbemühungen eine mehr oder minder
fruchtbare Orientierung geben kann, indem es uns dazu anleitet, bestimmte Fragen zu
stellen. Mayrs Konzept des programm-basierten Verhaltens zeichnet sich dadurch aus,
dass es unsere analytische Aufmerksamkeit systematisch in eine andere Richtung
lenkt als das Rationalitätsprinzip. Die zweckmäßige Angepasstheit menschlichen
Handelns wird nicht einfach einer nicht weiter hinterfragten Fähigkeit „Rationalität“
zugeschrieben, sondern wird als Ausfluss der Problem-Angepasstheit
verhaltenssteuernder Programme oder Verhaltensregeln verstanden. Eine solche
Sichtweise lenkt unsere Aufmerksamkeit natürlicherweise auf die Frage, wie die
Angepasstheit solcher Programme und ihre verhaltenssteuernde Wirkung erklärt
werden können. Sie hält uns – in den Worten Ernst Mayrs - an, danach zu fragen, wie
die Prozesse der Kodierung (des „encoding“) und der Dekodierung (des „decoding“)
von Programmen genau zu verstehen sind.
Beim encoding geht es um den Prozess, in dem Programme in einem
Organismus „gespeichert“ werden, und um die Art und Weise in der die gespeicherten
Programme an die Gegebenheiten der Problemumwelt angepasst werden, in der der
Organismus agiert. Beim decoding geht es um die Frage, wie Programme zur
Verhaltenssteuerung aktiviert, also auf konkrete Problemsituationen so „angewandt“
werden, dass sie situationsangemessene Verhaltensweisen hervorrufen. Durch die
Verknüpfung mit empirisch gehaltvollen Hypothesen zu diesen beiden Aspekten, der
Kodierung und Dekodierung von Programmen, wird die Vorstellung programm-
basierten Verhaltens zu einer erklärungskräftigen, empirisch widerlegbaren Theorie.
Und solche Hypothesen sind in verschiedenen Wissenschaften, die sich mit der
Erklärung menschlichen Verhaltens befassen, durchaus zu finden. Indem sie unsere
Aufmerksamkeit auf die Fragen des encoding und decoding richtet, gibt Mayrs
Heuristik des programm-basierten Verhaltens daher nicht nur Anstöße für ein
Forschungsprogramm, sie macht uns auch auf den Umstand aufmerksam, dass man
erwarten sollte, in den verschiedenen Verhaltens- und Kognitionswissenschaften
wichtige theoretische und empirische Beiträge zu diesen Fragen zu finden.
Das encoding ist bestimmt durch Rückkopplungsprozesse, die eine
Verknüpfung herstellen zwischen den „Konsequenzen“ eines Programms – genauer:
den Konsequenzen des Verhaltens, das es veranlasst – und der zukünftigen Rolle, die
actions of a computer that has been programmed to respond appropriately to various inputs. It is, if I
25
ihm bei der Steuerung des Verhaltens des Organismus zukommt. Da sich Programme
als gespeichertes Wissen über die Problemumwelt interpretieren lassen, kann man den
Prozess des encoding auch als einen Lernprozess betrachten: Die auf dem Wege von
Versuch und Irrtumsauslese gesammelte Erfahrung wird genutzt, um das Programm-
Repertoire zu „verbessern“, es zu einem geeigneteren Wegweiser zu erfolgreichen
Problemlösungen zu machen. Beim decoding geht es darum, wie das in einem
Programm-Repertoire gespeichert Wissen, also die in ihm enthaltenen allgemeinen
Problemlösungsrezepte, in sich jeweils neu stellenden Problemsituationen zur
Verhaltensorientierung genutzt wird. Dabei geht es um Informationsverarbeitung: Aus
der gegenwärtigen Problemsituation (die sowohl externe Umweltgegebenheiten wie
auch interne Zustände des Organismus umfasst) gewonnene Informationen und im
Programm-Repertoire gespeicherte Informationen müssen verarbeitet und in eine
„zweckmäßige“ Verhaltensentscheidung umgesetzt werden.42
Beim Aspekt des decoding in Mayrs Konzept des programm-basierten
Verhaltens geht es in einem gewissen Sinne um dasselbe Problem, mit dem sich auch
die Theorie rationalen Handelns befasst, nämlich um die Frage, wie intentional
handelnde, zweckorientierte Agenten die Entscheidungsprobleme lösen, denen sie
sich ausgesetzt sehen. Es gibt aber einen bedeutenden Unterschied zwischen den
beiden Herangehensweisen. Unter dem Namen „Rationalität“ schreibt die Rational
Choice Theorie Menschen einfach die Problemlösungsfähigkeit zu, die sie benötigen,
um erfolgreich in ihrer Umwelt agieren zu können, und sie „erklärt“ die zu
beobachtende zweckmäßige Angepasstheit menschlichen Handelns als Ausfluss eben
dieser Fähigkeit. Die Fähigkeit selbst, ihre Beschaffenheit, ihre Herkunft und ihre
Funktionsweise, bleiben im wesentlichen unhinterfragt und werden auch nicht als der
weiteren Analyse bedürftig erachtet. Im Kontrast dazu macht das Konzept programm-
basierten Verhaltens auf den Umstand aufmerksam, dass was auch immer wir an
Zweckmäßigkeit und Problemlösungsfähigkeit bei Menschen beobachten, dies der
Problemangepasstheit der Programme zuzuschreiben ist, die das Verhalten steuern,
von Programmen, die vergangene Erfahrungen widerspiegeln, die „Erfahrungen“ der
Spezies Homo Sapiens, die in genetischen Programmen kodiert ist, und die
may say so, a purely mechanical purposiveness.“ 42 Mayr (1988: 51): “The translation of programs into teleonomic behavior is greatly affected both by sensory inputs and by internal physiological (largely hormonal) states.”
26
Erfahrungen des Einzelnen, die in erlernten, im Gedächtnis kodierten Programmen
gespeichert ist.
Auf Programmen basierende Problemlösungsfähigkeit kann offenkundig
immer nur soweit reichen, wie das in den Programmen kodierte „Wissen“ der
aktuellen Problemsituation adäquat ist. Ein der gegenwärtigen Problemumwelt
zweckmäßig angepasstes Programmrepertoire wird man daher am ehesten unter
Bedingungen erwarten können, unter denen eine relative Konstanz der relevanten
Problemstruktur gegeben ist und „zügiges“ Lernen in dem Sinne stattfindet, dass
unzweckmäßige, nicht problemadäquate Programme schnell eliminiert und durch
angepasstere Programme ersetzt werden. Im Lichte dieses grundlegenden
Zusammenhangs ist es erklärlich, warum die Konzentration auf marktliches Verhalten
Ökonomen darin bestärkte, so beharrlich an der Annahme vollkommener Rationalität
festzuhalten, also – in der Terminologie des Mayerschen Ansatzes - an der Annahme
verlässlicher Verhaltenssteuerung durch ein der Problemumwelt perfekt angepasstes
Programmrepertoire. Wettbewerbliche Märkte stellen soziale Arenen dar, in denen
inadäquate Programme relativ schnell und effektiv sanktioniert werden, in denen
Akteure in relativ kurzen Rückkopplungsschleifen über die Konsequenzen ihre
verhaltensleitenden Hypothesen informiert und zu notwendigen Korrekturen
angehalten werden.43 Dies gilt allein schon aus logischen Gründen für die
hypothetische Welt des „vollkommenen Wettbewerbs“, und es gilt in realen Märkten
umso eher, je mehr man sich dem Grenzfall simpler Entscheidungen von
mengenanpassenden Anbietern und Nachfragern nähert, der in ökonomischen
Grundmodellen im Vordergrund steht (wenn es auch bereits weit weniger für
unternehmerische Entscheidungen gilt, die sich nur auf Spekulationen über ungewisse
zukünftige Entwicklungen stützen können).44
43 R.M. Hogarth und M.W. Reder (1987: 6): „The economic paradigm focuses on actions taken in competitive circumstances. The underlying assumption is that through competition the actions of individual agents are subject to feedback that forces them either to become effective or to withdraw from such action. … Economists have little interest in modeling agents who do not behave according to rational principles since they believe that these agents will not survive in the market.“ 44 Im Hinblick auf die neoklassische Gleichgewichtstheorie stellt R.H. Day (1993: 61) fest: „The implicit assumption on which this hypothesis is based is that opportunities for profit are arbitraged until profits above equilibrium returns are eliminated. It is assumed that rational individuals will do this. If they do not know how, they will learn to do so, and even if they do not learn how, they will act as if they have learned how. In short, according to this school, economic agents in a competitive market economy behave as if they had unbounded rationality.“ – Für eine kritische Diskussion des „as if“ Arguments zur Rechtfertigung der Annahme vollkommener Rationalität in der Ökonomik siehe etwa J. Vromen (1995: 27ff.).
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Dass „vollkommene Rationalität“ im Sinne des oben erläuterten Arguments
nicht Menschen per se zuzuschreiben ist sondern vielmehr durch „perfekten
Wettbewerb“ herbeigeführt oder erzwungen wird, dass es dabei also eher um ein
Attribut perfekter Wettbewerbsmärkte als um ein Attribut „des Menschen“ geht,
dieser Gedanke hat auch in der Tat seit jeher in der Rechtfertigung der
Rationalitätsannahme in der Theorie marktlicher Vorgänge eine wesentliche Rolle
gespielt.45 Und in der Tat kann man ja auch allgemein unterstellen, dass unter
Rahmenbedingungen, unter denen die relevanten handlungsleitenden Programme oder
Theorien einer perfekt wirksamen Irrtumsauslese ausgesetzt sind (wie dies für
„vollkommenen Wettbewerb“ unterstellt wird), die Akteure tendenziell auf der
Grundlage korrekter Theorien oder zweckmäßiger Programme handeln werden. Dies
bedeutet aber auch, in dem Maße, in dem die Bedingungen für eine solche perfekt
wirksame Irrtumsauslese nicht gegeben sind, wird man mit dem Überleben einer mehr
oder minder großen Variationsbreite von unterschiedlichen handlungsleitenden
Theorien oder Programmen rechnen müssen, und wird daher die subjektive
Theoriekomponente bei der Erklärung menschlichen Handelns nicht vernachlässigen
können.46 Darauf weist auch Kenneth J. Arrow (1987a: 69) hin, wenn er bezüglich der
„hypothesis of rationality“, wie sie in der ökonomischen Theorie verwandt wird,
feststellt: „It is most plausible under very ideal conditions. When these conditions
cease to hold, the rationality assumptions become strained and possibly even self-
contradictory. They certainly imply an ability at information processing and
calculation that is far beyond the feasible and that cannot well be justified as the result
of learning and adaptation.”
7. Schluss
Das Konzept des programm-basierten Verhaltens hat nicht nur, wie ich zu zeigen
versucht habe, den Vorzug, dass es unsere Bemühungen um die Erklärung
45 Dazu K.J. Arrow (1987a: 69). Siehe auch Arrow (1987b: 201): „In particular, I want to stress that rationality is not a property of the individual alone, although it is usually presented that way. Rather, it gathers not only its force, but also its very meaning from the social context in which it is embedded. … (W)e need not merely pure but perfect competition before the rationality hypotheses have their full power.” 46 A. Clark (1997: 247f.): „In sum, traditional economic theory (invoking the substantive rationality paradigm) succeeds wherever individual choice is strongly constrained by social and institutional scaffolding that has itself evolved subject to selective pressures to maximize rewards. Outside such highly constrained settings, genuine individual thought plays a greater role, and the psychological irrealism of the substantive rationality model takes its toll.“
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menschlichen Handelns und seiner sozialen Konsequenzen auf fruchtbarere,
weiterführendere Fragen hinlenkt als das Konzept rationalen Handelns. Ein weiterer
bedeutsamer Vorzug dieser Forschungsperspektive liegt darin, dass es die selbst-
auferlegte theoretische Isolation aufzubrechen geeignet ist, mit der sich das Rational
Choice Modell der Ökonomik gegenüber Forschungsentwicklungen in andern
Verhaltenswissenschaften abgeschottet hat. Während in anderen
Erfahrungswissenschaften die Konsistenz mit den Befunden benachbarter
Wissenschaften ganz selbstverständlich als wichtiger Indikator für die Tragfähigkeit
der eigenen Theorie betrachtet wird, sind die Ökonomen mit ihren Rational Choice
Modell so verfahren, als seien für sie die Einsichten, die andere
Verhaltenswissenschaften zur Erklärung menschlichen Verhaltens beizutragen haben,
ohne jeden Belang. Im Kontrast dazu stellt sich der von E. Mayr vorgeschlagene
Ansatz zur Erklärung intentionalen Handelns dem Erfordernis interdisziplinärer
Konsistenz. Er stellt einen allgemeinen theoretischen Bezugsrahmen dar, der mit einer
ganzen Reihe von in ihren jeweiligen Disziplinen wohl begründeten
verhaltenstheoretischen Ansätzen kompatibel ist, und der es erlaubt, diese Ansätze in
kohärenter Weise zu integrieren.47
Interdisziplinäre Konsistenz ist nicht nur eine Voraussetzung dafür, die
Ökonomik als Erfahrungswissenschaft auf eine tragfähigere verhaltenstheoretische
Basis zu stellen. Sie ist auch eine wesentliche Voraussetzung für den
Erkenntnisfortschritt in den Sozialwissenschaften ganz allgemein.48 Alle
Sozialwissenschaften haben es mit menschlichem Verhalten und seinen sozialen
Auswirkungen zu tun.49 Welche Vermutungen sie auch immer über ihren
gemeinsamen Gegenstand anstellen, sie können die Erkenntnisse ihrer
Nachbardisziplinen nicht einfach ignorieren. Wenn ihnen an der empirischen
Relevanz ihrer Theorien gelegen ist, dann steht es Ökonomen ebenso wenig frei wie
Soziologen oder Anthropologen, relevante Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften
vom menschlichen Verhalten außer Acht zu lassen. Und dann steht es auch nicht frei,
Menschen Verhaltensmerkmale zuzuschreiben, die aufgrund evolutionsbiologischer
Erkenntnisse in der Selektionsumwelt, in der die menschliche Spezies evolvierte,
47 Siehe Vanberg 2002. 48 Siehe dazu L. Cosmides, J. Tooby and J.H. Crawford 1992. 49 H. Albert (1979: 23): „There is no reason to start with totally different pictures of man in epistemology, psychology, and economics. In all these disciplines we are confronted with a fallible theoretical animal trying to solve problems in a situation characterized by scarcity and uncertainty.“
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nicht hätten überleben können, oder ihnen Fähigkeiten zuzuschreiben, die sie nach
kognitionswissenschaftlichen Erkenntnissen unmöglich besitzen können.
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