“Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus in Sachsen”

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2016 Auswertungsbericht zum OnlineDialog II der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung “Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus in Sachsen” Dialogzeitraum vom 8. August bis zum 2. September 2016 www.lasst-uns-streiten.de | www.slpb.de

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2016

Auswertungsbericht zum OnlineDialog II

der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

“Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus in Sachsen” Dialogzeitraum vom 8. August bis zum 2. September 2016

www.lasst-uns-streiten.de | www.slpb.de

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I

IMPRESSUM

Sächsische Landeszentrale für politische Bildung

Referat 1: Politische Bildung online

Schützenhofstraße 36, 01129 Dresden

Annette Rehfeld-Staudt

Andreas Tietze

Email: [email protected]

Telefon: 0351 8531933

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INHALT DES AUSWERTUNGSBERICHTS

DER ONLINE-DIALOG IN ZAHLEN UND ALLGEMEINE AUSWERTUNG

A1 – A4

„RECHTSRADIKALISMUS HAT IN SACHSEN EINE LANGE TRADITION“

T1 – T3

„MEINUNGSFREIHEIT LÄSST AUCH RECHTSRADIKALE EINSTELLUNGEN ZU“

M1 – M3

„RECHTSPOPULISTEN MACHEN DEN RECHTSEXTREMISMUS SALONFÄHIG“

R1 – R3

„IN SACHSEN WIRD RECHTSEXTREMISMUS OFT VERHARMLOST“

V1 – V3

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DER ONLINE-DIALOG IN ZAHLEN

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Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus in Sachsen

Die Sächsische Landeszentrale für poli-tische Bildung bietet mit der Online-Plattform „lasst-uns-streiten.de“ ein neues Forum für den politischen Mei-nungsaustausch. Ziel der Plattform ist es, die Dialogkultur in Sachsen zu stär-ken und einen Perspektivwechsel anzu-regen. Im zweiten Durchgang diskutier-ten Nutzerinnen und Nutzern das aktu-elle Thema „Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus in Sachsen“. Vom 8. August bis zum 2. September stan-den folgende Thesen zur Debatte:

Rechtsradikalismus hat in Sach-sen eine lange Tradition

Meinungsfreiheit lässt auch rechtsradikale Einstellungen zu

In Sachsen wird Rechtsextre-mismus of verharmlost

Rechtspopulisten machen den Rechtsextremismus salonfähig

Die Teilnehmenden konnten sich, wie auch schon im ersten Online-Dialog zustimmend, ablehnend oder neutral zu den Thesen positionieren und ihre Posi-tionen begründen. Die Beteiligung des zweiten Online-Dialogs der SLpB war mit 357 Beiträgen, 380 Kommentaren, 574 Kommentierenden und 5.249 Sei-tenaufrufen weniger stark als im ersten Online-Dialog, dafür jedoch inhaltlich kontroverser und fairer.

Der zweite OnlineDialog der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

Am häufigsten diskutierten die Nutzerinnen und Nutzer die These zur Tradition des Rechtsradikalismus in Sachsen. Am deutlichsten fiel die Abstimmung zur Meinungsfreiheit aus. Drei der vier Thesen wurden von den Nutzern mehrheitlich abgelehnt. Nur der These, dass rechtsradikale Einstellungen zur Meinungsfreiheit gehörten, wurde zugestimmt. Auf den nachfolgenden Seiten werden die Diskussionen und Kom-mentare unter den jeweiligen Thesen zusammenfassend analysiert und vorgestellt.

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Die These „Rechtsradikalismus hat in Sachsen

eine lange Tradition“ ist die am häufigsten disku-tierte These dieses Online-Dialogs. Mit 123 Beiträgen und 102 Kommentaren wurde kontrovers über histo-rische und gesellschaftliche Traditionen von rechtsra-dikalen Strukturen im Freistaat diskutiert. Ein weites und zugleich spannendes Diskussionsfeld nahm das Thema Rechtsradikalismus in der DDR ein. Gerade zu diesem Thema hätte die Diskussion kontroverser

nicht sein können. Entsprechend eng war auch das Abstimmungsergebnis: 44 Prozent lehnten diese The-se ab, 40 Prozent stimmten ihr zu und eine ver-gleichsweise hohe Anzahl an Nutzerinnen und Nut-zern (16 Prozent) positionierten sich neutral. Sind die Sachsen anfälliger für Rechtsradikalismus? Welchen Einfluss hatten Rechtsradikale in der DDR und wie gingen und gehen die Menschen mit diesem Thema um?

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Gab es sie oder gab es sie nicht? –

Rechtsradikale in der DDR und heute „Sachsen ist über 800 Jahre alt – was bedeuten da die letzten 10 Jahre hinsichtlich einer Tradition?“; so lautete ein Beitrag aus der Diskussion zur oben ge-nannten These, die einen guten Überblick über den Ablauf der Diskussion gibt. Historisch werteten die Nutzerinnen und Nutzer den Begriff der Tradition höchst unterschiedlich. Einig war man sich jedoch, dass das Phänomen des Rechtsradi-kalismus im Vergleich zur langen Historie Sachsens eine eher neue Erscheinung ist. Wie neu, darüber herrscht deutlich erkennbarer Dissens. Für diejenigen Nutzer, die mehrheitlich diese These ablehnten, war die Zeit der DDR eine Zeit, in der es keine rechtsradi-kalen Strukturen gab. „über 40 Jahre Sozialismus spricht ja dagegen.“ oder „vor 1991 gab es das nicht. Somit kann man nicht von lange sprechen“ stehen stellvertretend für ähnlich lautende und in-haltlich gleichbedeutende Beiträge. Dem entgegen-stehend, waren es allen voran der These zustimmen-de Nutzer, die diesen historischen Abriss deutlich anders bewerteten. „Ich war Jugendlicher in den 90ern in der Oberlausitz. Kameradschaften, Überfäl-le, Glatzen – ich erlebe gerade ein Deja-vú.“ und „Rechtsradikalismus hatte in der DDR auch etwas mit dem Reiz des Verbotenen unter Jugendlichen zu tun. Besonders bei Fußballspielen kam es bei Fanausei-nandersetzungen zu rechtsradikalen Ausschreitun-gen, die kaum von der Polizei beherrscht wurden.“

Ein noch weiter in die Vergangenheit reichender Blick wurde angesprochen, aber oftmals negiert oder auf einzelne Städte oder Regionen beschränkt (bspw. Dresden, Plauen und Freital als Städte und Regionen mit besonders hohen Zustimmungswerten für die NSDAP).

Bei der Auswertung zu dieser These ist ein deutliches Alleinstellungsmerkmal bei den Diskussionsbeiträgen aufgefallen. Bei keiner anderen These gingen die Meinungen so weit auseinander, wie bei dieser. Auf-fallend waren die schwach argumentativ unterlegten Aussagen von vielen der These negativ gegenüber-stehenden Kommentatoren. Darüber hinaus war eine beachtenswerte Menge von Kommentaren und Bei-trägen themenfremd. Dieses Alleinstellungsmerkmal ist dahingehend interessant, da die weiteren Debat-ten bei diesem Online-Dialog über die Maßen fair und konstruktiv verliefen.

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Aussagen und Zitate aus dem OnlineDialog zur These*:

*die hier gesammelten Beiträgen sind unverändert aus den Thesendiskus-sionen übernommen und daher weder im Sinn, noch orthografisch berich-tigt oder abgeändert. Sie spiegeln nicht die Meinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wcder.

#2756: „Es gibt keine Tradition von Rechtsradikalis-

mus in Sachsen. In der DDR-Zeit gab es keine Rechts-

radikalen und wenn ich mir anschaue, wie alles hier

herdiskutiert wird, ist doch klar, was hier versucht

wird: wir sollen solange beeinflusst werden, bis wir

wirklich daran glauben.“

#2823: „40 Jahre DDR sage ich da nur - das war

Kommunismus/Sozialismus pur“

#2775: „In Sachsen ist Rechtsradikalismus ein histo-

risch gesehen neues Phänomen. Zum Ende der Mo-

narchie und der Abdankung des letzten Wettiner

Königs über die Zeit der Weimarer Republik hinaus

ist vom "Roten Sachsen" die Rede. Beispiel: In

Leipzig wurde die Sozialdemokratische Partei ge-

gründet. Leider war Dresden nach der Hitler Macht-

ergreifung eine der Städte Deutschlands mit der

höchsten Anhängerschar pro Kopf von NSDAP Mit-

gliedern. Die DDR bot einen sehr guten Nährboden

für die Entwicklung rechtsradikalen Geistes und den

nahmen zu viele Menschen dankbar auf.“

#2826: „Sachsen ist über 800 Jahre alt - was bedeu-

ten da die letzten 10 Jahre hinsichtlich einer "Traditi-

on"?“

#2672: „Schon in den 20ern schnitt die NSDAP in

Dresden besonders gut ab. In Dresden gab es die

erste Bücherverbrennung, die erste Ausstellung zur

entarteten Kunst und Hitler wurde besonders schnell

Ehrenbürger. Dieser Tradition blieb man auch nach

1945 treu.“

#2794: „Die Wahlergebnisse zeigen die relative Be-

deutungslosigkeit sogenannter rechtsradikaler Par-

teien bis zur situationsbedingten Explosion Anfang

der dreißiger Jahre.“

#2458: „Wenn man sich in den Hintergrundinforma-

tionen die lange Reihe an Daten anschaut, wäre man

schräg drauf, wenn man meinen würde, dass der

Rechtsradikalismus nicht zu Sachsen gehört. Das

Problem ist, wie damit umgehen?“

#2691: „Sachsen war neben Bayern das Land der

"Bewegung" im Dritten Reich. Die Hochburgen der

sog. "Bewegung" waren das stark industrialisierte

Vogtland, das Erzgebirge und Dresden. Letztere war

auch "Führerstadt". Unter dem Gauleiter Mutsch-

mann, mit seinem Drang zu Volk und Führerschaft

entfachte sich durch die Unterwürfigkeit der natio-

nalgesinnten Sachsen ein Flächenbrand, der jede

fremdartige Meinung unterdrückte. Unter Mutsch-

mann galt es, blos nicht zu zweifeln, geschweige

denn zu wiedersprechen. Hier entwickelte sich bereits

das "Duckmäusertum", welches der nationalsozialis-

tischen Entwicklung Vorschub gewährte und noch

heute, auch wenn nur in winziger Erscheinung ans

Tageslicht kommt. Aus den "Duckmäusern" werden

"Unzufriedene" und aus den Unzufriedenen werden

nationalgesinnte Revolutionäre!“

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Zur These „Meinungsfreiheit lässt auch rechtsra-

dikale Einstellungen zu“ wurden 84 Meinungen und 107 Kommentare abgegeben. Sie war damit eine der am meisten diskutierten Thesen dieses Online-Dialogs. Eine deutliche Mehrheit stimmte für die The-se (64 Prozent), während 28 Prozent diese ablehnten. Allem voran diskutierten die Nutzerinnen zu der Fra-ge, wann die Meinungsfreiheit ihre Grenzen findet oder finden sollte. Rechtliche Aspekte, wie auch der

gesellschaftliche Umgang mit radikalen Meinungen spielten eine ausgeprägte Rolle. Muss man rechtsra-dikalen Meinungen Kontra geben? Wie tolerant muss man sein? Welche Möglichkeiten des Umgangs mit extremen Einstellungen gibt es, und reagieren Ver-antwortliche so, wie man es von Ihnen erwartet oder fehlt der Einsatz der Gesellschaft zum Schutz der Demokratie? Die Diskussionsbeiträge geben einen Einblick in mögliche Antworten.

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Die Gesellschaft und die Grenzen der Mei-

nungsfreiheit – Wer legt sie fest und wo be-

ginnen sie? Eine klare Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer sprach sich unter dieser These für die Tolerierung von rechtsradikalen Einstellungen in einer demokrati-schen Gesellschaft aus. Die hohe Zustimmung zeigt auch, dass die Meinungsfreiheit als einer der zentra-len Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Bevölkerung eine hohe Akzep-tanz genießt und als besonders schützenswert erach-tet wird. Die Mehrheit der Kommentatoren war sich einig: „Jede Meinung, die sich im Rahmen der gel-tenden Gesetze bewegt, ist als Meinung zulässig und sollte als „hohes Gut“ entsprechend geschützt und nur im Ernstfall staatlich beschnitten werden. Alleine 34 Meinungen und eine große Anzahl an Kommenta-ren bezogen sich in dieser Diskussion auf rechtliche Aspekte. Doch gerade bei der Frage, wo und wann die Freiheit der eigenen Meinung beschnitten werden sollte, gab es unterschiedliche Ansichten. Die Diskussionen erstreckten sich über einen denkbar weitläufigen Raum zwischen „Die Demokratie muss alle Meinungen grundsätzlich aushalten.“ bis hin zu „Rechtsradikale und Rechtsextreme wollen die Mei-nungsfreiheit aushöhlen und abschaffen und sind daher in ihrer Meinungsäußerung einzuschränken.“.

Die Mehrheit der Kommentatoren unterstützte das Argument, dass auch radikale Äußerungen zu tolerie-ren seien, bis sie strafrechtlich relevant würden. Ge-rade um die Diskussionen der Grenzbereiche wiesen eine große Anzahl an Kommentatoren darauf hin, dass ein gesellschaftlich „ethischer Minimalkonsens“ unter keinen Umständen ausgehebelt werden darf. Bei systematischer Ausgrenzung, Herabwürdigung und gezielter Absicht gesellschaftliche wie ethische Grundwerte zu brechen, müsse die geltende Mei-nungsfreiheit Grenzen erfahren. Verbote jedoch wür-den den demokratischen Diskurs hemmen. Die direk-te verbale Auseinandersetzung sei rechtlichen Schranken zu bevorzugen und rechtsradikalen Argu-mentationen sei in der Öffentlichkeit entgegenzutre-ten. Gegner der These forderten vermehrt einen restrikti-veren Umgang mit rechtsradikalen und rechtsextre-men Äußerungen. „Da rechtsradikale Einstellungen von Grund auf die Würde des Menschen nicht als unantastbar ansehen, widersprechen diese schon Artikel 1 des GG und können nicht durch die Mei-nungsfreiheit gedeckt sein.“

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Aussagen und Zitate aus dem OnlineDialog zur These*: *die hier gesammelten Beiträgen sind unverändert aus den Thesendiskus-sionen übernommen und daher weder im Sinn, noch orthografisch berich-tigt oder abgeändert. Sie spiegeln nicht die Meinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wider.

#2850: „Um gesellschaftliche und politische Verhält-

nisse zum Guten zu verändern ist es wichtig, dass

alle Stimmen mit einbezogen werden. Das verursacht

freilich viel Streit aber nur so kommen wir einer Lö-

sung näher, die uns wirklich voran bringt und die vor

allem Radikale davon abbringt extremistisch zu wer-

den, da ihnen die Gründe dafür entzogen werden

und somit auch der Nährboden für gewalttätige

Schritte entzogen wird.“

#2760: „Meinungsfreiheit erreicht da ihre Grenze,

wo sie Intoleranz, Gewalt, Menschenverachtung,

Diskriminierung, Rassenhass, Antisemitismus und

Ausgrenzung befördert. Das ist nicht im Interesse

unseres demokratischen Gemeinwesens und wider-

spricht dem Deutschen Grundgesetz als unsere

rechtmäßig geltende Verfassung.“

#2764: „Rechtsradikale Einstellungen kann ich über-

haupt erst bekämpfen, wenn ich Sie hören kann.

Daher ist es wichtig, dass es keine umfassenden Ver-

bote habe. Im Anschluss daran muss ein nächster

Schritt sein, sich zu positionieren und für die Be-

troffenen einzustehen, die durch rechtsradikale Äuße-

rungen betroffen sind.“

#2623: „Es ist nicht automatisch jede Meinung

falsch, nur weil Sie von Rechtsradikalen stammt.“

#2512: „Diskriminierende und menschenverachtende

Meinungen dürfen nicht unter dem Deckmantel der

Meinungsfreiheit salonfähig gemacht werden.

Rechtsradikalen Einstellungen muss deshalb

schnellstmöglich ein Riegel vorgeschoben werden.“

#2499: „Auch wenn rechtsradikale Einstellungen

noch so falsch und unverständlich sind, in einer de-

mokratischen Gesellschaft müssen wir solche Einstel-

lungen aushalten (solange Letztere nicht in Gewalt

münden). Vielmehr sollten wir die Ursachen solcher

Einstellungen hinterfragen und handeln (Bildung!

Soziale Gerechtigkeit!)“

#2451: „Nein, definitiv nicht. Wer Ethnien "reinhal-

ten" will und dazu noch von "deutschen Blute"

schwadroniert, ist eben nicht mehr auf der Grundlage

unseres Staates und muss belangt werden.“

#2514: „Zur Meinungsfreiheit gehört auch das res-

pektieren von Extremen Meinungen, egal ob links

oder rechts.“

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Zur These „Rechtspopulisten machen den

Rechtsextremismus salonfähig“ wurden 71 Mei-nungen und 80 Kommentare abgegeben. Eine Mehr-heit stimmte gegen die These (54 Prozent), während 43 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer dieser These zustimmten. Die Mehrheit der Diskussionsbeiträge beschäftigte sich mit der Vernetzung von rechtspopu-listischen und rechtsextremen Strukturen sowie mit dem Umgang mit Populismus und Populisten in der

Politik allgemein. Generell wurden auf der einen Sei-te die durchlässigen Grenzen zwischen rechtspopulis-tischen und rechtsextremen Meinungsäußerungen und auf der anderen Seite der von Politikerinnen und Politikern selbst praktizierte Populismus mehrheitlich kritisch betrachtet. Wo sind die Grenzen zwischen Zuspitzung und Populismus? Wann ist es populis-tisch, wann radikal? Auf diese Fragen gab es unter-schiedliche Antworten.

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Rechtspopulisten als Verstärkung des demo-

kratischen Diskurses vs. Entwicklungshilfe

für Rechtsextremisten Viele Kommentare und Beiträge unter dieser These kritisierten übergreifend den Umgang mit dem Be-griff des Rechtspopulismus. Zum einen würde dieser inflationär genutzt und zum anderen als Kampfbe-griff, um demokratische von vermeintlich rechtsradi-kalen/rechtsextremen Kräften zu unterscheiden. Zur Entstehung des Rechtspopulismus und zu dessen Erstarken trugen – laut Meinung der Nutzerinnen und Nutzer – oft Politikerinnen und Politiker bei, die entweder „unfähig waren, eine gesunde Streitkultur zu pflegen“, oder generell dazu tendierten, anders-lautende Meinungen als rechtsextrem oder allgemein als extrem zu diffamieren. Darüber hinaus kritisierten Nutzerinnen und Nutzer, die dieser These negativ gegenüberstanden, dass „Rechtspopulisten erst durch die fehlgeleitete Politik der [sogenannten] etablierten Parteien befördert wurden“ und dass heutzutage jede Person als Rechtspopulist bezeichnet würde, die mit ihrer Meinung von der Meinung der Mehrheit abweichen würde.

Kritisiert wurde auch, dass viele Politikerinnen und Politiker selbst regelmäßig populistische Aussagen formulieren, aber gleichzeitig über die Maßen kritisch mit anderen als rechtspopulistisch geltenden Perso-nen umgehen würden. Diese Kritik wird durch Kom-mentierende als unglaubwürdig und als „Ablen-kungsmanöver“ gewertet. Dagegen diskutierten vornehmlich der These positiv eingestellte Kommentierende, dass Rechtspopulisten gesellschaftliche Debatten dahingehend verschieben würden, dass rechtsextreme Aussagen gesellschafts-fähig würden. Durch gezielte Provokationen teste man die Festigkeit des gesellschaftlichen Wertefun-damentes aus und bereite so rechtsextremem Ge-dankengut einen Weg in die Mitte der Gesellschaft. Durch die gezielten und bewussten Grenzüberschrei-tungen würde ein Abhärtungs- und Gewöhnungsef-fekt innerhalb der Gesellschaft eintreten, der medial wiedergegeben werde und dadurch verstärkt dazu führe, dass rechtsextreme Einstellungen enthemmt in Erscheinung treten. Gerade in den Kommentaren wurde darüber hinaus kritisiert, dass durch die Verschiebung der gesell-schaftlichen Debatten eine Verrohung nicht nur ver-bal, sondern allem voran im Handeln bestärkt wird. Offenbar würden sich viele Menschen durch die als Provokation gedachten Äußerungen bestätigt und bestärkt fühlen und motiviert, „dem Gesagten Taten folgen zu lassen.“

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Aussagen und Zitate aus dem OnlineDialog zur These*: *die hier gesammelten Beiträgen sind unverändert aus den Thesendiskus-sionen übernommen und daher weder im Sinn, noch orthografisch berich-tigt oder abgeändert. Sie spiegeln nicht die Meinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wider.

#2687: „Hinter der Fassade der besorgten Bürger verstecken sich nur leider viel zu oft rechtsextreme Einstellungen. Viele fallen auf die vermeintlich "seri-ösen" Informationsangebote der Rechten herein und merken nicht, wem sie tatsächlich auf den Leim ge-gangen sind.“ #2800: „Bereits durch den inflationären Gebrauch des Wortes "Rechtspopulisten" (in der deutschen Sprache eindeutig negativ besetzter Begriff) seitens der Leitmedien wird verhindert, dass über Denk- und Lösungsansätze aus dieser Richtung ernsthaft nach-gedacht wird.“ #2828 „rechtspopulistischen dehnen das gesell-

schaftliche diskussionsspektrum in die rechte rich-

tung aus. damit liefern sie eine basis für bislang nicht

mehrheitsfähige ansichten, die demzufolge vorher

extrem waren. je mehr menschen man mit rechtsext-

remen meinungen trifft, desto stärker scheint der

gesellschaftliche konsens, dass diese meinungen

"vertretbar" sind.

#2849 „Das was früher völlig normale Meinungen

waren und sogar Teile von Wahlprogrammen der SPD

und CDU gilt heute als Rechtspopulismus.“

#2453: „Sie haben Recht. Wenn man Ausgegrenzte noch weiter ausgrenzt, radikalisieren Sie sich. Das kann niemand wollen. Doch wenn man sich Umfra-gen zum Asylthema anschaut, sieht man doch eins deutlich: Viele Menschen gehen vormals fremden-feindlichen Meinungen und Aussagen auf den Leim und teilen sie. Dementsprechend ist es mit der Sa-lohnfähigkeit nicht so weit hergeholt, wie sie glau-ben.“ #2651: „Sie schüren in der Regel keine Angst, son-dern benennen die Tatsache, daß große Teile der Bevölkerung Angst haben. Eine Tatsache, die aus Gründen politischer Korrektheit und Vermeidung eigener politischer Fehler von den "Etablierten" ver-schwiegen wird. Nicht der Überbringer der schlechten Nachricht ist der Idiot, sondern die, die durch ihr Handeln oder Falschhandeln den Zustand erzeugt haben.“ #2466: „Ich bin Patriot und ich liebe mein Land aber wenn ich die Höckes und Konsorten reden höre, dann wirds dunkel. Und die nennen sich Politiker der Mit-te. Na klar... Und auf der linken Seite gibt es extrem viele Idioten aber alle pauschal als linksextreme De-mokratiefeinde zu bezeichnen, spricht Bände über ihre eigene einstellung.“

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Die These „In Sachsen wird Rechtsextremismus

verharmlost“ ist mit 79 Meinungen und 91 Kom-mentaren die am schwächsten diskutierte These in diesem Online-Dialog. Übergreifend waren sich die Kommentatoren einig, dass Extremismus oft ver-harmlost würde: nur welcher? Rechtsextremismus, Linksextremismus und der Umgang mit ihnen im Parlament, im politischen Alltag und in der Gesell-schaft ist in Sachsen, wie auch hier im Online-Dialog,

umstritten. Wird genug getan, um Rechtsextremisten in die Schranken zu weisen oder gibt es sogar Unter-stützer in den Parlamenten? Verharmlost man Extre-misten oder nimmt man einfach Sorgen nicht ernst? Diese und weitere Fragestellungen sind von den Nut-zerinnen und Nutzern unter dieser These ausführlich diskutiert worden.

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In Sachsen wird Extremismus verharmlostnur auf welcher Seite? Das Abstimmungsergebnis zur These ist denkbar knapp ausgefallen: 52 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer lehnten die These ab, während 43 Prozent ihr zustimmten und nur 4 Prozent sich neutral oder un-entschlossen positionierten. Deutlich waren auch die Sprache und die Auseinandersetzung zu dieser These. Zumindest dann, wenn es um Beiträge der stimme-nicht-zu-Gruppe ging. Diese wurden nämlich – an-ders als in den Diskussionen der anderen Thesen – signifikant öfter kommentiert als Beiträge von Perso-nen, die sich zu dieser These positiv positionierten. Der größte Dreh- und Angelpunkt in den Diskussio-

nen zu dieser These war der Umgang mit Extremis-

mus allgemein. Während die Stimme-zu-Fraktion

deutliche Defizite im Umgang mit „rechtsextremen

Umtrieben“ ausmachte, sind es gerade Kommentato-

rinnen und Kommentatoren, die diese These ablehn-

ten, die auf die verharmlosten linksextremen Struktu-

ren hinwiesen. Das Meinungsbild erstreckte sich ar-

gumentativ von: „Dann machen wir den Vergleich. Kennen Sie ein anderes Bundesland, indem ein Minis-terpräsident behauptet hätte, sein Land wäre immun gewesen gegen den Rechtsextremismus? - Nein. Es war nur Sachsen. Kennen Sie ein anderes Bundesland indem Pegida so erfolgreich werden konnte? - Nein, das ist nur in Sachsen der Fall. Gibt es ein anderes Bundesland, welcher pro Kopf mehr gewalttätige Übergriffe auf Flüchtlinge und Migranten realisiert als Sachsen? - Nein. Was wollen Sie denn noch?“ bis

zu „Der Rechtsextremismus wird weder in Sachsen oder sonst wo in Deutschland verharmlost. Meistens wird er im Gegenteil sogar aufgebauscht, meistens von Organisationen aus dem linksextremen Milieu.“

Diese Argumentationsketten stehen beispielhaft für

die Diskussionskultur zu dieser These.

„In Sachsen wird Extremismus aus jeder politischen Richtung verharmlost. Liegt vermutlich daran, dass jede Sorte Extremisten im Landtag ein paar Anhänger sitzen hat...“ war eine Positionierung, die ähnlich

auch in anderen Kommentaren Zustimmung gefun-

den hat. „Man muss sich nur mal die Äußerungen von Krah, Fischer und co durchlesen. Die nehmen sich nichts von AfD, NPD und anderen rechtsextre-men Gruppen.“ Generell wurde wie auch schon zur

These Rechtspopulisten machten Rechtsextremismus

salonfähig die Art und Weise des Wirkens politisch

Verantwortlicher aus unterschiedlichen Blickpunkten

kritisiert. Zum einen würden Verantwortliche extre-

mistische Bedrohungen unterschätzen, zum anderen

seien Sie besorgt über den Ruf des Landes, anstatt

um die Sicherheit vor, und die Auswirkungen von

extremistischen Gewalttaten.

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Aussagen und Zitate aus dem OnlineDialog zur These*:

*die hier gesammelten Beiträgen sind unverändert aus den Thesendiskus-sionen übernommen und daher weder im Sinn, noch orthografisch berich-tigt oder abgeändert. Sie spiegeln nicht die Meinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wider.

#2688: „Es hat viel zu lange gedauert, bis von den

Politikern der Regierung mal ein klares Wort gegen

die fremdenfeindlichen Übergriffe auf Flüchtlinge

gekommen ist. Mehr Zivilcourage auch bei Politkern

wäre dringend nötig!“

#2694: „Es ist wohl eher so, dass der Linksextremis-

mus und der politische Islam verharmlost werden!

Wer von "rechts" einen Brandsatz wirft, der kaum

Schäden anrichtet, kommt in den Knast. Fackeln

Asylbewerber aus Frust eine Unterkunft mit Millio-

nenschäden ab, passiert praktisch nichts. Eventuell

kommen solche "dankbaren" Brandstifter in eine

Klinik, Auswirkungen auf das Asylverfahren hat es

wohl in der Regel nicht. Und brennen "Linke Chao-

ten" Bundeswehr- oder Polizeiautos ab oder greifen

die Ordnungshüter an, passiert auch nicht viel. Man-

gels aufwändiger Programme gegen links usw. wer-

den diese Täter auch kaum gefasst.“

#2763: „Bei fremdenfeindlichen Straftaten ist Sach-

sen an der Spitze im bundesweiten Vergleich. Seit

Jahren produziert Sachsen Schlagzeilen mit Fremden-

feindlichen Übergriffen und Aktionen. Stellvertretend

seien Heidenau, Freital, Pirna, Sebnitz genannt. Die

politisch Verantwortlichen lahmen den Ereignissen

hinterher. Defizite in der politischen Bildung führen

zunehmend dazu, dass sich Orientierungslosigkeit,

Ängste, Enttäuschungen und Hoffnungslosigkeit den

Weg zu radikalisierter außerparlamentarischer Orga-

nisation bahnen.“

#2764: „Gerade in der Sächsischen Schweiz insbe-

sondere in Pirna gibt es seit vielen Jahren viele Pro-

jekte gegen Rechtsradikale, die nur leider völlig wir-

kungslos sind. Das sind Arbeitsbeschaffungsmaß-

nahmen für linke Projektträger. Mit Sport und sinn-

vollen Freizeitangeboten kriegt man junge Menschen

von der Straße - nicht mit Vorträgen und Töpfern für

den Frieden.“

#2787: „Die lange CDU-Regentschaft führt nicht

gerade zu einer ausdifferenzierten politischen Land-

schaft und die Annahme, dass Sachsen immun gegen

Rechtsextremismus sei (Biedenkopf) macht deutlich,

warum es lange ignoriert wurde.“

#2746: „PS: Ich komme aus Sachsen und will keine

Ausländer in Deutschland (ausgenommen echte Not-

fälle aus Kriegsgebieten vorrübergehend) ..... Was bin

ich jetzt in Ihren Augen ? Offensichtlich xenophob.“

#2485: „Rechtsradikale Straftaten gegen Menschen

werden mit linksradikalen Straftaten gegen Dinge

relativiert.“

#2807: „In Anbetracht der sehr vielen Bewegungen

gegen den Rechtsextremismus und der geringen Zahl

derer sehe ich nicht dass hier dieses Thema verharm-

los wird.“

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