Referat Verbrennungen Deckblatt - · PDF file8.5.3. Synthetischer Hautersatz 8.6....

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Referat Thema Verbrennungen von Alexandra Merz & Nicole Kraus Fachweiterbildung für Anästhesie- und Intensivpflege am Universitätsklinikum Heidelberg I-Kurs 2002-2004 Heidelberg, 06.07.2004

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Referat

Thema

Verbrennungen

von

Alexandra Merz & Nicole Kraus Fachweiterbildung für Anästhesie- und Intensivpflege am Universitätsklinikum Heidelberg I-Kurs 2002-2004 Heidelberg, 06.07.2004

Inhaltsverzeichnis Inhalt Seite Einleitung Hauptteil

1. Anatomie und Physiologie der Haut 1 1.1. Hautschichten 1.1.1. Oberhaut 1.1.2. Lederhaut 1.1.3. Unterhaut 1.2. Hautanhangsgebilde 1.2.1. Hautdrüsen 1.2.1.1. Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae) 1.2.1.2. Talgdrüsen (Glandulae sebaceae) 1.2.1.3. Duftdrüsen (Glandulae sudoriferae apocrinae) 1.2.2. Haare (Pili) 1.2.3. Nägel (Ungues) 1.3. Hautsensoren 1.3.1. Merkel-Zellen (Menisci tactus) 1.3.2. Meissner-Körperchen (Corpuscula tactus) 1.3.3. Ruffini-Kolben (Ruffinische Körperchen) 1.3.4. Vater-Pacini-Körperchen (Lamellenkörperchen, Corpuscula lamellosa) 1.3.5. Wärme- und Kälterezeptoren 1.4. Funktionen der Haut 2. Geschichte und Entwicklung der Verbrennungsmedizin 4

3. Definitionen 6 3.1. Verbrennung 3.2. Verbrennungskrankheit 4. Ursachen 6 5. Stadieneinteilung 6 5.1. Verbrennung Grad 1 5.2. Verbrennung Grad 2 a 5.3. Verbrennung Grad 2 b 5.4. Verbrennung Grad 3 5.5. Verbrennung Grad 4 5.6. Klinische Einteilung der Schweregrade von Verbrennungen (American Burn Association) 6. Neuner Regel (nach Wallace) 9

7. Pathophysiologie der Verbrennungskrankheit 9 7.1. Schockphase (Exudationsphase) 7.2. Reparationsphase 7.3. Komplikationen 8. Therapie 10 8.1. Sofortmaßnahmen 8.2. Klinische Erstversorgung 8.3. Infusionstherapie 8.3.1. Schockformeln für kristalline Lösungen 8.3.2. Schockformeln für hypertone Salzlösungen 8.3.3. Schockformeln für Albumin 8.4. Wundversorgung 8.4.1. Offene und geschlossene Wundbehandlung 8.5. Hauttransplantation 8.5.1. Eigenhauttransplantation 8.5.2. Fremdhauttransplantation 8.5.3. Synthetischer Hautersatz 8.6. Ernährung 9. Spezielle Pflege 17 9.1. Lagerung der Schwerbrandverletzen 9.2. Wundversorgung 9.2.1. Hydrotherapie 9.3. Pflege nach Hauttransplantation 9.4. Psychosoziale Betreuung

Zusammenfassung

10. Literaturverzeichnis 12

Einleitung Obwohl schon seit den frühen Hochkulturen, wie China und Ägypten, Forschung und Lehre über die Verbrennungsmedizin betrieben wurde, gibt es bis heute keine einheitlichen Standards sowie kaum überarbeitete Fachliteratur. Viele Therapieansätze beruhen auf experimenteller Basis. Aufgrund dieser Problematik entschlossen wir uns, im Rahmen unserer Fachweiterbildung für Anästhesie- und Intensivpflege, für das Thema Verbrennungen. Gerade weil dieses Thema durch die Einrichtung von Spezialkliniken für uns immer mehr in den Hintergrund zu rücken scheint, erhoffen wir uns mit den folgenden Informationen das Krankheitsbild Verbrennungen unseren Kollegen/Kolleginnen näher zu bringen. Um einen relativ aktuellen Stand zu erlangen, orientierten wir uns überwiegend an den Richtlinien der Verbrennungsklinik in Ludwigshafen. Hauptteil 1. Anatomie und Physiologie der Haut Die Haut ist mit einer Fläche von etwa 1,5 – 2 m2 das größte Organ des menschlichen Körpers und wiegt 3 – 5 kg. Sie ist an verschiedenen Körperregionen differenziert als Felder- oder Leistenhaut. Die Felderhaut bedeckt den gesamten Körper mit Ausnahme von Handteller und Fußsohlen. Hier befindet sich die dickere und widerstandsfähigere Leistenhaut. In Form von Papillarleisten zeigt sich ein erblich festgelegtes Linienmuster. 1.1. Hautschichten Die Haut besteht aus einem oberflächlichen Epithel (Oberhaut, Epidermis), das mit einer tieferen Bindegewebsschicht (Lederhaut, Corium) verwachsen ist. Alle Hautanhangsgebilde (Drüsen, Haare und Nägel) entstehen aus der Oberhaut. Die Lederhaut sorgt für die mechanische Festigkeit. Das Unterhautgewebe (Subcutis) besteht überwiegend aus Fettzellen, die von Bindegewebe unterteilt werden und so verschieblich mit dem Bindegewebe oberflächlicher Muskelfaszien verbunden ist. 1.1.1. Oberhaut Die Oberhaut ist ein Deckepithel und bildet die Körperoberfläche. Sie ist durch eine Basalmembran mit der Papillarschicht der Lederhaut verbunden. Auf dieser Basalmembran sitzen die Epithelzellen der Basalzellschicht (Stratum basale), aus denen sich die Epidermis immer wieder neu regenerieren kann. In der Basalzellschicht teilen sich die Zellen fortwährend, so dass die Tochterzellen aufgrund von Platzmangel zur Oberfläche wandern und verhornen. Sie halten Kontakt zur benachbarten Stachelzellschicht (Stratum spinosum). Alte Epithelzellen bilden Keratohyalinkörperchen, die die Zellen bröckelig aussehen lassen (Körnerzellschicht, Stratum granulosum). Basal-. Stachel- und Körnerzellschicht bilden also die lebende Oberhaut, die Keimschicht (Stratum germinativum). Die oberflächliche Hornschicht (Stratum corneum) besteht im Gegensatz zur Keimzellschicht aus abgestorbenen Epithelzellen , die zu Keratin werden (Hornstoff). Die Oberhaut erneuert sich innerhalb eines Monats komplett, d.h. pro Tag werden ca. 5 – 15 g verhornte Zellen in Form von Schuppen abgestoßen. Im Epithelverband kommen 3 Zellarten vor: Merkelzellen, Melanozyten und Langerhans-Zellen. Merkelzellen sind Sinneszellen, sie befinden sich vor allem an

Fingerspitzen und empfindlichen Hautstellen. Melanozyten enthalten das Pigment Melanin. Langerhanszellen sind Zellen des spezifischen Abwehrsystems und können Antigene bilden. 1.1.2. Lederhaut Die Lederhaut beginnt direkt unter der Basalmembran des Epithels und verleiht der Haut ihre Reißfestigkeit sowie Verformbarkeit. Sie besteht aus einem Kollagengeflecht sowie elastischen Fasern und enthält Blut- und Lymphgefäße, Nervenfasern, Bindegewebszellen und Abwehrzellen. Je nach Faseranordnung unterscheidet man die Papillarschicht (Stratum papillare) von der Geflechtsschicht (Stratum reticulare), die durch die Kollagenfasern für die Festigkeit der Haut verantwortlich ist. Durch die unterschiedlich angeordneten Fasergeflechte ist die Haut nicht überall gleich dehnbar. Außerdem können z.B. Schnittwunden, die parallel zu den Spaltlinien verlaufen, besser abheilen und klaffen nicht auseinander. 1.1.3. Unterhaut Das Unterhautgewebe ist der Energiespeicher des Körpers und besteht hauptsächlich aus lockerem, fettgewebsreichem Bindegewebe. Die Verbindung zu oberflächlichen Muskelfaszien ermöglicht eine Verschieblichkeit der Haut. Außerdem bildet die Grenze zwischen Unterhaut und Lederhaut ein gefäßreiches Netzwerk mit Schweißdrüsen und tiefen Tastkörperchen. Die Unterhaut ist unterschiedlich stark ausgebildet, so dass man "Baufett" (z.B. an der Fußsohle) von "Depotfett" (z.B. Fettpolster am Bauch) unterscheidet. Fett ist schlecht wärmeleitend und schützt so den Körper vor Unterkühlung. 1.2. Hautanhangsgebilde 1.2.1. Hautdrüsen 1.2.1.1. Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae) Die ca. 2 Millionen Schweißdrüsen sind vor allem in der Haut von Stirn, Handinnenflächen und Fußsohlen lokalisiert. Nur Menschen und Affen sind in der Lage Flüssigkeit und Salze in Form von Schweiß auszuscheiden. Schwitzen ist für uns somit der wichtigste Mechanismus zur Wärmeabgabe. Die Drüsen sitzen in der Tiefe der Lederhaut und ziehen sich bis in die Keimschicht der Oberhaut, bis sie letztendlich die Hornhaut durchbrechen. Innerviert werden die Drüsen vom sympathischen Nervensystem; Neurotransmitter ist jedoch nicht Noradrenalin sondern Acetylcholin. Die Drüse selbst produziert ein eiweißfreies Ultrafiltrat aus dem Blutplasma. Diesem Sekret wird weiterhin Kochsalz entzogen, so dass der Schweiß hypoton und sauer (pH 4 – 5) wird, da die Wasserstoffionen über dem Blutwert liegen. In solch einem saueren Milieu können die meisten Bakterien und Pilze nicht überleben, daher spricht man hier auch von einem Säureschutzmantel der Haut. 1.2.1.2. Talgdrüsen (Glandulae sebaceae) Fast alle Talgdrüsen münden in einem Haarbalg. Augenlider, Lippen, Genitale, Nase und Gehörgang besitzen freie Talgdrüsen, welche nicht an die behaarte Haut gebunden sind. Eine Talgdrüse besteht aus Azini (beerenförmiges Drüsenendstück), die sich zu mehreren Ausführungsgängen zusammenschließen. An den Azini sitzen Stammzellen, die die Fettsubstanz des Talgs bilden und diese in Vesikeln (Bläschen) speichern. Die Drüse füllt sich mit Vesikeln an und geht schließlich zu Grunde holokrine Sekretion. Talg ist reich an

Fettsäuren. Er sorgt in Verbindung mit Schweiß für die Geschmeidigkeit der Haut und verleiht den Haaren ihren Glanz. Niedrigere Talgsekretion lässt die Haut spröde und rissig werden, während eine hohe Talgsekretion (Seborrhoe) die Drüsen verstopft. Es entstehen Mitesser, die zur Entzündung der Drüsen (Akne) führen können, vor allem in der Pubertät. 1.2.1.3. Duftdrüsen (Glandulae sudoriferae apocrinae) Duftdrüsen befinden sich vor allem in der Achselhöhle und Genitalregion. Es handelt sich um plumpe Schweißdrüsen, die ein eher alkalisches Sekret produzieren. Vor allem durch Sexualhormone stimuliert, sorgen sie für den charakteristischen Körpergeruch. 1.2.2. Haare (Pili) Ein Haar setzt sich aus einem Haarschaft und einer Haarwurzel zusammen. Die Haarwurzel mündet zusammen mit einer Tagdrüse in die Wurzelscheide, einer Einstülpung der epithelialen Keimzellschicht. Diese durchdringt die Lederhaut und endet im Unterhautgewebe als verdickte Haarzwiebel, in deren unteren Teil die Haarpapille eindringt. Dort findet die Bildung neuer Haare statt. Der aus glatter Muskulatur bestehende Haarmuskel setzt etwa in der Haarwurzelmitte an. Er entspringt der Lederhaut und richtet das Haar, z.B. bei Kälte, auf. Das Haar besteht aus weichem Haarmark, das von der Haarrinde, einer Hornschicht, umgeben wird. Diese sorgt für die Haarfestigkeit. Täglich wachsen die Haare ca. 0.3 mm, d.h. etwa 1 cm pro Monat. Die Lebensdauer eines Haares beträgt 4 – 5 Jahre, bei Wimpern und Augenbrauen allerdings nur 4 – 6 Monate. 1.2.3. Nägel (Ungues) Nägel gehören, wie die Haare, zu den Bildungen der Epidermis und bestehen aus 0,5 mm dicken Hornplatten, die im Nagelbett verankert sind. Als Schutzvorrichtung für Finger und Zehen bilden sie ein Widerlager für Druck, der auf die Tastballen ausgeübt wird, wodurch es zur Unterstützung des Tastsinns kommt. 1.3. Hautsensoren 1.3.1. Merkelzellen (Menisci tactus) Merkelzellen sind groß, stark mit Mitochondrien besetzt und liegen in der Basalzellschicht der Oberhaut. Ihre Impulse werden über Synapsen zu einer Nervenfaser und von dort aus an das Rückenmark geleitet. Diese Zellen findet man überwiegend an den Fingerspitzen. 1.3.2. Meissner Körperchen (Corpuscula tactus) Meissner Körperchen befinden sich ebenfalls an der Grenze zwischen Ober- und Unterhaut. Sie bestehen aus mehreren keilförmigen Zellen, zwischen denen eine Nervenfaser hindurch zieht. Besonders stark reagieren sie auf Druckveränderungen in der Haut. Jene Körperchen werden vor allem zum Greifen kleiner Gegenstände benötigt.

1.3.3. Ruffini Kolben (Ruffinische Körperchen) Ruffini Kolben liegen tief in der Lederhaut und sind flache, von Bindegewebe umhüllte Zellhaufen, die viele Nervenfasern und Synapsen enthalten. Sie messen die Spannung in der Lederhaut, reagieren auf Spannungsveränderungen und befinden sich vor allem an Hautstellen, die starken Scherkräften ausgesetzt sind (z.B. Handflächen). 1.3.4.Vater-Pacini-Körperchen (Lamellenkörperchen, Corpuscula lamellosa) Vater-Pacini-Körperchen finden sich im Unterhautfettgewebe und bestehen aus einer zwiebelartigen Schale mit Epithelzellen, die von einer zentralen Nervenendigung umgeben wird. Es handelt sich um reine Vibrationssensoren, die nur auf sich schnell ändernde Berührungsreize ansprechen. 1.3.5. Wärme- und Kälterezeptoren Wärme- und Kälterezeptoren sind als freie Nervenendigungen in der Haut vorhanden, wobei die meisten als Schmerzsensoren und nur wenige als Temperaturfühler fungieren. Nur der Mund- und Nasenbereich ist besonders dicht besiedelt, da Wärme- und Kälterezeptoren im Allgemeinen selten sind. 1.4. Funktionen der Haut Bereits die oben aufgeführten anatomischen Grundlagen geben einige Hinweise über die wichtigsten Funktionen der Haut. Hauptsächlich dient diese dem Schutz vor mechanischen (Druck, Stoß, Reibungen) und chemischen Einwirkungen, dem Eindringen von Mikroorganismen, Wärme und UV-Strahlen und dem Eindringen sowie dem Verlust von Wasser. Desweiteren reguliert sie die Körpertemperatur, ermöglicht die Aufnahme von Medikamenten und Stoffen (z.B. Hormonpflaster, Schmerzpflaster), befreit den Körper durch Exkretion (z.B. Schweiß) von Abfallstoffen schützt mittels Sekretion (z.B.Talg) vor Austrocknung und dient als Depot für wichtige Substanzen (z.B. Fett). Nicht zu vergessen wäre die Abwehrfunktion, ermöglicht z.B. durch Langerhans-Zellen und eingewanderte Leukozyten. Darüber hinaus verdanken wir der Haut unsere Ausdrucks- und Sinnesfunktion. 2. Geschichte und Entwicklung der Verbrennungsmedizin

Bereits in frühen Hochkulturen, vor allem in China und Ägypten, war die Behandlung sowie Therapie der Verbrennungswunde standardisiert.

Die ersten Oberflächentherapien wurden mit Gerbstoffen, z.B. Teeextrakten, von den Chinesen angewandt. Die Ägypter dagegen bevorzugten spezielle Rezepturen und Salben zur Behandlung der Verbrannten.

Schon 1600 v. Chr. fand man im Papyrus Ebers, einer ägyptischen Schrift, erste Behandlungsformen von Brandwunden, in der tierische Fette in Form eines Verbandes zur Oberflächentherapie empfohlen werden.

Der indische Chirurg Sushruta führte um 800 v. Chr. erstmalig das Debridement der verbrannten Haut auf.

Etwas später, 600 v. Chr. teilen die Ayurveda-Schriften die Verbrennung in 4 Grade ein, mit Allgemeinsymptomen wie Schwäche, Durst und Fieber.

In den Schriften des Hypokrates (466 – 377 v. Chr.) werden ebenfalls Fette und Öle, aber auch reinigende Substanzen empfohlen.

Florentinus (1223 – 1303) betont, dass Brandwunden, gleich welcher Ursache, gekühlt werden sollen. Außerdem stammt von ihm die erste Einteilung der Verbrennungswunde in 3 Grade, nämlich Rötung, Blasenbildung sowie Krustenbildung.

Der schwäbische Arzt und Naturforscher Paracelsus (1493 – 1541) erkannte schon zum damaligen Zeitpunkt, dass übermäßige Flüssigkeitszufuhr zum Tod führt.

Noch im gleichen Jahrhundert unterscheidet Johannes da Vigo (1450 – 1525) zwischen Verbrennung und Verbrühung.

Erst 1607 erschien das Buch „De Combustionibus“ (Autor: Fabicius Hildanus), welches sich erstmals ausschließlich mit der Therapie von Verbrennungen beschäftigte.

Lorenz Heisler (1683 – 1758) differenzierte die Symptome der Inflammation, führte heiße feuchte Verbände durch und eröffnete Blasen.

Durch Sektion von Brandverletzten entdeckte G. Dupuytren (1777 – 1835) eine Blutfülle in den Organen und beschrieb neben der Schocksymptomatik nochmals 4 Verbrennungsgrade.

Joseph Lister (1807 – 1882) erkannte die Brandwunde als Ausgangspunkt der allgemeinen Infektionen und versuchte die lokale Therapie mit Karbolsäure weiter zu entwickeln.

Reverdin (1869) wagte die erste Verpflanzung zweier Epidermisstückchen. Kurz darauf (1882) beschrieb H. Baraduc den Gebrauch von Hauttransplantaten. Er

war der Begründer der Spalthauttransplantation. Der Wiener Dermatologe Ferdinand von Hebra (1887) propagierte die offene

Behandlung und das Dauerbad für Schwerbrandverletzte. 1939 entwickelten Padgett, Brown und Hood die ersten Dermatome zur Gewinnung

von Spalthauttransplantaten, die heute noch in Gebrauch sind. Die allseits bekannte Neuner-Regel zur Bestimmung des Verbrennungsausmaßes

wurde von E. C. Wallace 1947 ins Leben gerufen. Zwischen 1952 und 1960 trugen Baxter und Shires mit ihrer Infusionsformel nach

Baxter et. al. für einen entscheidenden Fortschritt in der heutigen Verbrennungstherapie bei. Die Formel ermöglicht eine individuelle Anpassung an den aktuellen Flüssigkeitsbedarf des Patienten.

Desweiteren war die Entwicklung eines Gerätes zur Herstellung eines Gitternetzhauttransplantat (Mesh-Graft) von Tanner und Vandeput um 1958 von großer Bedeutung.

1969 führte Fox das Silbersulfadiazin (Flammazine®) ein, welches neben Povidonjod (Betaisadonna®) bis heute zu den am häufigsten eingesetzten Substanzen für die Oberflächentherapie gehört.

Reinwald Green ermöglichte 1975 die erfolgreiche Kultivierung und Transplantation von Kulturhaut. Somit war es nun möglich hochprozentig Verbrannte zu transplantieren und die nekrektomierten Wundgebiete mit "Eigenhaut" zu verschließen.

Im Zuge dieser Fortschritte wurden nach und nach weltweit Verbrennungszentren eingerichtet. Das erste Zentrum für Verbrennungskranke eröffnete um 1941 in Birminham, darauf folgte 1966 die BRD mit der BG Unfallklinik Bergmannheil Bochum. Nach dem Bochumer Beispiel schlossen sich Ludwigshafen 1968 und Duisburg Anfang der siebziger Jahre der Gründung von Spezialabteilungen an.

Da die Verteilung von Patienten in Spezialeinrichtungen sich oft als schwierig erwies, gibt es seit 1981 eine zentrale Vermittlungsstelle in Hamburg, die dieses Problem durch bessere Zusammenarbeit gänzlich behoben hat. 3. Definitionen 3.1. Verbrennung Unter Verbrennung versteht man eine Gewebsschädigung durch Hitzeeinwirkung. Diese kann durch direkten Kontakt (heißer Gegenstand, Flamme) oder durch Hitzestrahlung erfolgen. Bei einer Gewebstemperatur von etwa 60° C wird das Eiweiß der Körperzellen irreversibel zerstört (Proteindenaturierung). 3.2. Verbrennungskrankheit Neben der thermischen Hautschädigung (Brandwunde) können bei ausgedehnten Verbrennungen durch Eiweißzerfallprodukte (Verbrennungstoxine) schwere Allgemeinschäden hervorgerufen werden. Die direkte Schädigung des Gewebes durch Koagulationsnekrose in den ersten 24 – 48 Stunden sowie der enorme Flüssigkeitsverlust, führen zu einer Verminderung des zirkulierenden Volumens bedingt durch Kapillarwandschädigung. Dies tritt nicht nur im Verbrennungsgebiet selbst auf, sondern im ganzen Körper. 4. Ursachen

Verbrennung (Combustio) durch offene Flamme, Explosion oder Kontaktverbrennungen (z.B. heiße Herdplatte)

Verbrühung (Ambustio) durch heiße Flüssigkeiten Elektrizität bzw. Strom Inahalationstrauma durch heiße Luft oder chemisch toxische Substanzen Chemische Verbrennungen durch z.B. Säuren Strahlen (z.B. UV-Strahlen)

5. Stadieneinteilung Nicht die Temperatur, sondern die Einwirkzeit ist für die Tiefe einer Verletzung von Bedeutung. Bedingt durch die Einwirkzeit, entwickelt sich eine massive Schädigung an den Organen. Die Hitze an der Körperoberfläche wird über das Blut zu den Organen geleitet, so dass diese Zellstrukturen genauso zugrunde gehen können, wie die Hautzellen. Die Schädigung der Haut lässt sich in unterschiedliche Tiefen einteilen: 5.1. Verbrennung Grad 1 Diese betrifft nur die Epidermis und ist gekennzeichnet durch eine Rötung der Haut ohne Blasenbildung. Es kommt zu einer Hyperämie (gesteigerte Durchblutung) und zu einer lokalen Vasodilatation mit einem erhöhten Flüssigkeitsaustritt sowie Ödembildung. Die Verbrennung heilt spontan durch Hautabschuppung (z.B. Sonnenbrand) aus.

5.2. Verbrennung Grad 2 a Sie entsteht meist zwischen Epidermis und Corium und fällt insbesondere durch zusätzliche Blasenbildung auf. Selbst bei komplettem Vordringen zur Lederhaut, ist eine Heilung ohne Narbenbildung möglich. Meist ist die Blasenhaut feucht, kann aber auch zerrissen sein. Die hyperämische Rötung lässt sich wegdrücken, was auf durchgängige Kapillare schließen lässt. Der feuchte Blasengrund verliert zwischen Epidermis und Corium eiweißreiches Exudat. Oberflächlich dermale Verbrennungen sind sehr schmerzhaft, besonders das Austrocknen und Berühren der Wunde. 5.3. Verbrennung Grad 2 b Im Gegensatz zu Stadium 2 a heilt diese tiefe dermale Verbrennung auch unter günstigen Bedingungen nur mit starker Narbenbildung ab. Die Blase kann zerrissen sein und der Wundgrund hebt sich weißlich ab. Das denaturierte Eiweiß des Coriums ist fester als normal und die Schwellung wird praller als bei der oberflächlichen Verbrennung, da sich die tief verbrannte Haut nicht so gut ausdehnt. Berührungen schmerzen nicht und Nadelstiche müssen tief ins Corium durch den nekrotischen Anteil hindurch geführt werden, wo sie erst als scharfer Schmerz empfunden werden. 5.4. Verbrennung Grad 3 Das Grad 3 – verbrannte Gewebe führt bis zum Unterhautfettbewebe und weist eine weiße (avaskuläre), eine rote, aber nicht wegdrückbare oder eine ledrige schwarz-braune Konsistenz auf. Es bilden sich Nekrosen und die Hautanhangsgebilde werden zerstört. Die Schmerzempfindung fehlt vollständig und eine spontane Heilung ist in dieser Phase nicht mehr möglich, da alle epithelialen Elemente zugrunde gehen.

Quelle: Internet, http://www.dennispenkov.de/assets/images/db_images/db_verbrennungen-3-armel.jpg

5.5. Verbrennung Grad 4 Vor allem bei Stromverbrannten und Basenverätzungen, aber auch bei jeder anderen Hizteverletzungen, können Verbrennungen vorliegen die über die Haut hinausgehen. Knochen, Sehnen, Muskeln und/oder Nerven sind verletzt, so dass das wahre Ausmaß oft erst im OP offensichtlich wird.

Quelle: Internet, http://www.images/schwerpunktthemen/trauma/entl_schn.jpg 5.6. Klinische Einteilung der Schweregrade von Verbrennungen (American Burn Association) Schweregrad Kriterien = verbrannte KOF Leichte Verbrennungen

Erstgradige Verbrennungen < 2% KOF drittgradig < 15% KOF zweitgradig bei Kindern < 10% KOF

Mittelgradige Verbrennungen

< 10% KOF drittgradig 15 – 25% KOF zweitgradig bei Kindern 10 – 20% KOF

Schwere Verbrennungen

10 – 20% KOF drittgradig 25 – 50% KOF zweitgradig bei Kindern > 20% KOF oder mittelgradige Verbrennung +

Inhalationstrauma oder zusätzliche Verletzungen oder Schock oder Beteiligung von Händen, Füßen, Gesicht oder Dammregion oder chemische oder elektrische Verbrennungen

Schwerste Verbrennungen > 20% KOF drittgradig > 50% KOF zweitgradig

Quelle: Leuwer, M.; u.a.: Checkliste Interdisziplinäre Intensivmedizin, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1999

6. Neuner Regel (nach Wallace) Je größer der Anteil verbrannter Hautbezirke ist, desto schlechter sind die Überlebensaussichten. Sind über 10% der Körperoberfläche (KOF) betroffen, besteht Schockgefahr und die Notwendigkeit einer stationären Aufnahme (beim Kind schon ab 5 % KOF). Ein Ausmaß von über 50% KOF wird nur selten überlebt. Die Neuner Regel ist zur Schätzung der geschädigten Hautoberfläche hilfreich und dadurch ausschlaggebend für die zwingend erforderliche Infusionstherapie. Sie gilt jedoch nur für Erwachsene, bei denen der Körper in verschiedene Flächen zu je 9% eingeteilt wird: 9% für Kopf und Arme, 18 % für vorderen Rumpf und Rücken, 1% für den Genitoanalbereich. Bei Kindern, insbesondere Säuglingen, sind die Oberflächenverhältnisse anders, so ist z.B. der Kopf relativ größer als bei Erwachsenen. Zur Abschätzung kleinerer Verbrennungswunden kann man sich, unabhängig vom Alter des Erwachsenen, an der Handtellergröße orientieren, welche etwa 1% der KOF entspricht.

Quelle: Internet, http://www.medizinus.de/img/medizin/pic/verbrennungs-flaeche.jpg 7. Pathophysiologie der Verbrennungskrankheit Die Verbrennungskrankheit ist ein Schockzustand, der sich in Art und Ausmaß von anderen Schockzuständen unterscheidet, die nach anderen Formen eines Traumas beobachtet werden. Bei diesem sogenannten Verbrennungsschock handelt es sich sowohl um einen Volumenmangelschock als auch um einen Schock auf zellulärer Ebene. Pathophysiologisch lässt sich die Verbrennungskrankheit in eine akute Schockphase (Exudationsphase) und eine Reparationsphase (Latenzphase) einteilen, welche im Mittelpunkt der Intensivbehandlung stehen. 7.1. Schockphase (Exudationsphase) Ausgedehnte, schwere Verbrennungen führen innerhalb der ersten 24 bis 72 Stunden durch massive Flüssigkeitsverluste (bis zu 10 Liter/Tag) zu einem Schockzustand. Im Rahmen dessen bricht die normale Barrierefunktion der Kapillarmembranen und somit die Trennung zwischen Intravasalraum und Interstitium zusammen (Kapillarleck). Bedingt durch eine gesteigerte Permeabilität der geschädigten Kapillarmembran, ausgelöst von Verbrennungstoxinen wie z.B. Histamin, Leukotrine etc., treten Moleküle aus dem

Intravasalraum aus, so dass alle Blutbestandteile aus den zellulären Komponenten in den Extravasalraum entweichen. Daraus resultiert ein massiver Verlust von Plasmaproteinen in das Gewebe mit Ödembildung im Bereich der Verbrennungen. Nicht nur das Kapillarleck, sondern auch die Veränderung des osmotischen Drucks durch Bindung von Natrium an das geschädigte Kollagen der Verbrennungswunde, bestimmen das Ausmaß der Volumenverschiebung und somit des hypovolämischen Schocks. Bleiben die Veränderungen der Gefäßpermeabilität nicht nur auf die Verbrennungswunde beschränkt und schließen über 25 -30% der KOF ein, spricht man von einem generalisierten Verbrennungsödem. 7.2. Reparationsphase Sobald ein Ersatz der Flüssigkeits-, Eiweiß- und Elektrolytverluste mit Stabilisierung der Herz-Kreislauf-Funktion stattgefunden hat, beginnt die Reparationsphase (ab der 2. – 3. Woche) Sie geht einher mit Hypermetabolismus, gesteigertem Sauerstoff- und Energiebedarf, Anstieg des HZV, Hyperthermie sowie Reparationsvorgängen. 7.3. Komplikationen Zu den typischen Komplikationen der Verbrennungskrankheit zählen respiratorsiche Insuffizienz, Nierenversagen, Magen-Darm-Ulzera, Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion, zerebrale Störungen und Infektionen mit Gefahr einer generalisierten Sepsis. Bakterielle Wundinfektionen sind für die Prognose der Verbrennungskrankheit von wesentlicher Bedeutung, da ca. 75 % der Todesfälle bakteriell bedingt sind. Als häufigste Erreger wären gramnegative Bakterien, insbesondere Pseudomonas aeruginosa und Pilze zu nennen. 8. Therapie 8.1. Sofortmaßnahmen Zur Schmerzlinderung und Verhinderung des thermischen Insults in tiefere Schichten, ist eine sofortige Kaltwassertherapie über mehrere Minuten anzuwenden. Hierbei sollte allerdings eine Auskühlung und somit Vasokonstriktion vermieden werden. Während die Wunde steril abgedeckt wird, muss der Verbrennungsgrad festgestellt werden. Nach Anlage eines venösen Zugangs in nicht geschädigte Hautareale kann die intravenöse Infusions- und Schmerztherapie beginnen. Je nach Ausmaß der Verletzung muss eine Sicherung der Atemwege erfolgen, um eine adäquate Oxygenierung zu gewährleisten. Dies erfordert meistens eine Intubation bereits am Unfallort. Die meisten Patienten werden über die zentrale Bettenvermittlung in Hamburg oder direkt durch den Notarzt zugewiesen. 8.2. Klinische Erstversorgung Im 40° vorgeheizten Schockraum angekommen, wird der Patient auf eine Trage umgelagert und an den Überwachungsmonitor angeschlossen. Schon zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine Schätzung der verbrannten KOF und Errechnung der vorläufigen Infusionsmenge, so dass eine sofortige Flüssigkeitszufuhr beginnen kann.

Um den gesamten Körper abzuwaschen und verbrannte Hautstellen zu reinigen, muss man den Patienten komplett entkleiden und ggf. Kopf- und Körperhaare entfernen. Zur Verhütung weiterer Auskühlung wird dieser mit einem sterilen Tuch zugedeckt. Bei allen Unfallgeschehen in geschlossenen Räumen und bei Verdacht auf ein Inhalationstrauma muss der behandelnde Arzt eine Bronchoskopie durchführen. Sobald die oben genannte klinische Erstversorgung abgeschlossen ist, findet ein Transport zum Patientenzimmer, in das für ihn vorgerichtete Bett statt. 8.3. Infusionstherapie Obwohl die Notwendigkeit der Schocktherapie bei Brandverletzten in den ersten 24 Stunden allgemein anerkannt ist, besteht zur Zeit noch keine Übereinkunft über ein einheitliches Behandlungsregime und die Zielparameter. Als Faustregel gilt, dass bei Verbrennungen von mehr als 15% KOF beim Erwachsenen und von mehr als 10% beim Kind, intravenöse Flüssigkeitszufuhr erforderlich ist. Ziel der Schocktherapie ist, den intravasalen Volumenverlust auszugleichen um eine adäquate Organperfusion zu gewährleisten und einen irreversiblen Schock zu verhindern. Diese applizierten Flüssigkeitsmengen beeinflussen den Prozess der Ödembildung. Die Menge der zugeführten Flüssigkeit richtet sich in erster Linie nach Ausdehnung und Schweregrad der Verbrennung, allerdings stehen verschiedene Berechnungsformeln zur Verfügung. 8.3.1. Schockformeln für kristalline Lösungen

Parkland Formel: 4 ml Ringer-Laktat/kgKG/%verbrannte KOF zu erwartende Urinmenge 50 – 70 ml/h beim Erwachsenen und 1 ml/kgKG/h

beim Kind die erste Hälfte der Gesamtmenge während der ersten 8 Stunden und die

zweite Hälfte während der folgenden 16 Stunden

Brooke Formel: 2 ml Ringer-Laktat/kgKG/% verbrannte KOF zu erwartende Urinmenge 30 – 50 ml/h beim Erwachsenen und 1 ml/kgKG/h

beim Kind die erste Hälfte der Gesamtmenge während der ersten 8 Stunden und die

zweite Hälfte während der folgenden 16 Stunde

Ludwigshafener Formel: siehe Parklandformel Je ein viertel der Gesamtmenge während der ersten beiden 4-Stunden-Perioden

und je ein viertel während der beiden folgenden 8 Stunden. Vgl.: Einarbeitungsordner der BG Ludwigshafen, Intensivstation V1, S. 29 - 31 Kristalline Lösungen (z.B. Ringer Laktat) sind isotone Lösungen mit einer Natriumkonzentration von 130 mEq/l und sind die am häufigst verwendeten Flüssigkeiten. Sie ähneln der Extrazellulärflüssigkeit mehr als Kochsalz. Ein Nachteil der alleinigen Infusion von Ringer, ist das häufige Auftreten schwerer Hypoproteinämien und somit dem Abfall des intravasalen onkotischen Drucks, welcher das Ausmaß der Ödembildung steigert.

8.3.2. Schockformeln für hypertone Salzlösungen

Monafo Formel: 250 mEq/l Na+, 150 mg/dl Laktat, 100mEq/l Cl-, titriert nach Urinmenge und nicht nach Verbrennungsausmaß zu erwartende Urinmenge 30 – 50 ml/h

Cincinnati Formel:

Ringer-Laktat + 50 mEq Na+HCO3 – (180 mEq Na+/l)

titriert nach Urinmenge und nur in den ersten 8 Stunden nach Trauma zu erwartende Urinmenge 30 – 50 ml/h

Vgl.: Einarbeitungsordner der BG Ludwigshafen, Intensivstation V1, S. 29 - 31 Hypertone Salzlösungen (z.B. NaCl) müssen in deutlich geringerer Menge als Ringer substituiert werden, um das HZV zu stabilisieren. Außerdem führen sie zur Ausscheidung größerer Urinmengen. Das interstitielle Ödem ist jedoch nach hypertoner Schocktherapie ausgeprägter, bedingt durch Volumenverschiebung vom Intrazellulärraum in den Extrazellulärraum als Folge der hohen Natriumkonzentration im Extrazellulärraum. Bei dieser Therapieform sollte ein Serumnatrium von 160 mEq/l nicht überschritten werden. 8.3.3. Schockformeln für Albumin

Evans Formel: 1 ml Albumin/kgKG/% verbrannte KOF + 1 ml Ringer/kgKG/% verbrannte

KOF + 2000 ml/m2 KOF/24h Glucose 5% zu erwartende Urinmenge 30 – 50 ml/h nur maximal 50% verbrannte KOF wird in die Rechnung miteinbezogen die erste Hälfte der Gesamtmenge während der ersten 8 Stunden und die

zweite Hälfte während der folgenden 16 Stunden

Brooke Formel: 0,5 ml Albumin/kgKG/% verbrannte KOF + 1,5 ml Ringer/kgKG/%

verbrannte KOF + 2000 ml/m2 KOF/24h Glucose 5% Gesamtmengenapplikation siehe oben

Vgl.: Einarbeitungsordner der BG Ludwigshafen, Intensivstation V1, S. 29 - 31 Kolloidale Lösungen (z.B. Albumin) spielen bei der Stabilisierung des Kreislaufs eine wichtige Rolle. Außerdem normalisiert sich die Membranpermeabilität im unverbrannten Gewebe schneller als im verbrannten Gewebe. Der onkotische Druck, der dem hydrostatischen Druck entgegenwirkt, wird von Plasmaproteinen aufrecht erhalten. Ohne diese Proteine könnte das Plasmavolumen nicht stabil gehalten werden und massive Ödeme wären die Folge. Im Vergleich zu anderen Proteinlösungen weist Albumin die größte onkotische Wirkung auf und muss spätestens ab einem Gesamtproteinspiegel von 2,5 g/dl verabreicht werden.

8.4. Wundversorgung Die Auswahl eines Behandlungskonzepts richtet sich in erster Linie nach der Art der Keimbesiedlung und dem Verbrennungsausmaß. Zu den häufigsten Keimen auf Brandwunden zählen Clostridienstämme, Pseudomonas aerugionosa, Staphylokokken, Koagulase positive/negative Stämme und hämolysierende Streptokokken. Nur durch genaueste Einhaltung der Asepsis, lassen sich solche Keime auf der Wunde relativ gering halten, um gleichzeitig einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes vorzubeugen. Vor Anlegen eines Verbandes bzw. speziellen Wundbehandlungsmaßnahmen, muss die Brandwunde mit einer aseptischen Lösung, die ein relativ breites Wirkspektrum aufweist, abgewaschen werden. 8.4.1. Offene und geschlossene Wundbehandlung Zur weiteren Wundversorgung bieten sich zwei Hauptmöglichkeiten an, die offene und die geschlossene Behandlung. Bei der offenen Wundbehandlung wird nach der Desinfektion der Wunde lediglich ein Lokaltherapeutika (meist Flammazine®, Sulfadiazinsilber 1%) steril aufgetragen, so dass die Wunde offen bleibt. Vorraussetzung für diese Behandlungsmethode sind spezielle technische Verfahren (z.B. Laminar-airflow-Technik) notwendig, um im Patientenzimmer ein keimarmes Milieu zu erzeugen. Aufgrund der daraus resultierenden Sterilpflege, wurde in den letzten Jahren dieses Verfahren überwiegend von der geschlossenen Wundbehandlung abgelöst. Hierbei wird das aufgebrachte Lokaltherapeutika zusätzlich mit sterilen Kompressen abgedeckt und angewickelt. Alternativ zu Flammazine® können auch kühlende Brandsalben, antibakterielle Flammaceerium-Creme sowie enzymatisch wirkende Iruxol-Salben oder Varidase-Gel verwendet werden. Desweiteren stehen als Verbandsmaterial unter anderem Omiderm®-Gelauflagen (z.B. im Gesichtsbereich), Hydrokolloidverbände und Procel®-Brandwundenverbände zur Verfügung. Die Hydrotherapie ist eine zusätzlich ergänzende Maßnahme zu den oben genannten Behandlungsmöglichkeiten. Da jene überwiegend von den Pflegekräften durchgeführt wird, ist sie in Kapitel 9.2.1. genauer aufgeführt. 8.5. Hauttransplantation Durch die Wundbehandlung selbst lassen sich Infektionen zwar verzögern, aber nicht verhindern. Daher ist die Nekroseabtragung und der Wundverschluss mit lebender Haut oder Kunsthaut Therapie der Wahl, um das Eindringen pathogener Keime zu vermeiden. Eine frühe Nekroseabtragung mit Wundverschluss hat den Vorteil, Infektionen zu verhindern, allerdings birgt der daraus resultierende Blutverlust große Risiken in der Schockphase. Die späte Nekroseabtragung erfolgt nach Bildung von Granulationsgewebe (ca. 25. – 31. Tag). Auch hier ist mit größeren Blutverlusten sowie zusätzlich erhöhter Infektionsgefahr, hohem Flüssigkeitsbedarf und verlängertem Krankheitsverlauf zu rechnen. Um die Wundoberfläche zu verschließen, stehen mehrere Transplantationstechniken zur Verfügung.

8.5.1. Eigenhauttransplantation Prinzipiell ist darauf zu achten, dass die Spenderareale nicht zu zusätzlichen Wundheilungsstörungen führen, deshalb wird zur Abdeckung großer Hautareale bevorzugt Spalthaut transplantiert. Hierbei entstehen regenerationsfähige Hautwunden. Nach entsprechender Vorbereitung der Spenderregion (Einfetten und Rasieren) wird die Spalthaut mit einem "Braun′schen Dermatom" entnommen. Um die entnommene Haut an die entsprechenden Körperareale anzupassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die im Folgenden aufgeführt werden:

Sheet ist eine Methode, die vor allem im Gesichts-, Hals- und Händebereich angewandt wird. Das Hauttransplantat wird als ganzes Stück entnommen und gestichelt, um einen Sekretablauf zu gewährleisten. Ist das Transplantat zu dünn, besteht erhöhte Kontrakturgefahr, deswegen sollte die Dicke individuell bestimmt werden.

Mesh-Graft (Maschennetz) stellt eine erweiterte Technik der Sheet-Methode dar, bei

der die abgetragene Haut durch ein spezielles Gerät in ein Maschennetz zerschnitten wird, um größere Wundgebiete abzudecken. Die transplantierten Hautzellen verschließen durch Ausbreitung das Gitternetz, welches auch in der Frühphase einen Sekretablauf ermöglicht. Einzigster Nachteil beruht auf ästhetischer Basis, da das Gitternetzmuster ewig sichtbar bleibt.

Meek wird vor allem zum Decken großer Wundoberflächen benutzt, wenn wenig

Spenderareal zur Verfügung steht. Nach Auflegen der Eigenhaut auf eine spezielle Folie (Plissees), werden aus der Spalthaut kleine Quadrate hergestellt. Durch Auseinanderziehen des Transplantats erreicht man ebenfalls eine Oberflächenvergrößerung. Eine gleichmäßige Verteilung der Spenderhaut ist in jedem Fall gewährleistet.

Keratinozyten (Kulturhaut) müssen im Falle großflächiger Verbrennung mit geringen

Spenderarealen gezüchtet werden. Nach Entnahme von zwei Hautbiopsien sowie spezieller Behandlung im Labor, stehen nach 15 – 20 Tagen ungefähr 1 – 2 m2 Kulturhaut zur Verfügung. Dieses Verfahren ist sehr aufwendig und teuer, zudem ist die Haut weniger belastungsfähig als normale Spalthaut.

8.5.2. Fremdhauttransplantation Stehen zu wenig unverletzte Hautareale zur Gewinnung von Eigenhauttransplantaten zur Verfügung, wird Fremdhaut oder synthetische Haut eingesetzt, um einen adäquaten Wundverschluß zu ermöglichen. Zu den besonders wichtigen Anforderungen zählen schnelles und stabiles Anhaften an die Wundoberfläche, eine Begrenzung des Wärme-, Elektrolyt- und Proteninverlustes (Barrierefunktion) sowie keine Toxizität bzw. antigene Eigenschaft.

Zunehmend durchgesetzt haben sich Mischhauttechniken, d.h. gemeinsame Transplantation von Eigen- und Fremdhaut. Außerdem dient dieses Verfahren als vorübergehende Lösung zum passageren Wundverschluss, bis die bereits verwendeten Spenderareale abgeheilt sind und erneut genutzt werden können.

Frische Fremdhaut haftet sehr gut an der Wundfläche, mit ausgeprägter Barrierefunktion und ist daher ebenfalls bestens geeignet zum sekundären Wundverschluss. Nachteile hierbei sind erhöhtes Infektionsrisiko und antigene Eigenschaften, die schon früh zu einer Abstoßung führen. Um eine Lagerung von mehr als einer Woche zu ermöglichen, muss eine Kryokonservierung mit Glycerol und Aufbewahrung bei mindestens -80°C im Tiefkühlschrank erfolgen. Der einzigste Unterschied zur frischen Fremdhaut besteht in den schlechten biologischen Eigenschaften.

Zur Zeit wird am häufigsten glycerolkonservierte Haut verwendet. Im Vordergrund

steht hierbei der Untergang von dermalen und epidermalen Zellen sowie die stark viruside Wirkung, die angeblich die Übertragung von HIV und Hepatitis ausschließen. Der Hauptvorteil ergibt sich aus dem geringen Infektionsrisiko, aufgrund der reduzierten antigenen Eigenschaften.

Auch glycerolkonserviertes Amnion zählt zu den bevorzugt verwendeten Verfahren

in der BRD. Durch die feuchte Wundumgebung wird die Heilung beschleunigt und Schmerzen können schnell und zuverlässig beseitigt werden.

Ebenfalls gute Schmerzlinderung erzielt man mit der Verwendung von Xenograft

(Schweinehaut) und Allograft (Leichenhaut), aufgrund der guten Barrierefunktion. Sie dienen nicht dem endgültigen Wundverschluss, da sie nur vorübergehend als biologischer Verband über die Eigenhaut, zu deren Schutz vor Sekundäreinflüssen, transplantiert werden. Nach bestimmter Zeit stößt sich die Fremdhaut automatisch ab.

8.5.3. Synthetischer Hautersatz Die biosynthetischen Hautersatzmaterialien sollten in ihrer Eigenschaft im Wesentlichen der Fremdhaut entsprechen. Ziel dieser Verfahren ist der temporäre Wundverschluss und Schaffung idealer Vorraussetzungen zur Spalthauttransplantation.

Am bekanntesten und nur zum temporären Wundverschluss geeignet sind Biobrane. Dies ist ein Zweischichtsystem, bestehend aus Nylonfäden, die der Wunde zugewandt sind und ein äußerer Silikonbelag, der nicht für Flüssigkeiten und Bakterien durchlässig ist. Biobrane haften besser an der Wunde an und bieten aufgrund der langen Verweildauer (bis zu 2 Monaten) einen sicheren Wundverschluss.

Integra besteht ebenfalls aus zwei Schichten. Die äußere Silikonmembran reguliert

den Wasserverlust ohne Bakterien durchzuschleusen. Während die innere Schicht aus Rinderkollagen und Chondroitin des Haifischknorpels besteht und das Einwachsen von Endothelzellen und Fibroblasten ermöglicht, unter der Vorraussetzung, das die Wunde bluttrocken ist. Es entsteht eine neue dermale Struktur als Grundvorraussetzung für die Spalthauttransplantation.

8.6. Ernährung Der entstehende Hypermetabolismus und die schwere Katabolie bei Schwerbrandverletzten spielen eine wesentliche Rolle bei der Auswahl des Ernährungsregimes. Als eine der wichtigsten Ursachen des Hypermetabolismus gilt der massive Wasserverlust durch Oberflächenverdampfung, da das Verdampfen von 1 ml H2O 0,576 kcal Wärme verbraucht. Daraus resultiert ein extrem gesteigerter Energieumsatz von 80 – 100% des Gesamtenergiebedarfs. Der allgemeine Kalorienbedarf eines Schwerbrandverletzten liegt nach heutigen Erkenntnissen bei etwa 3800 – 4500 kcal/Tag. Aufgrund der ebenfalls gestörten zentralen Temperaturregulation können niedrige Umgebungstemperaturen zusätzlich zur Energieumsatzsteigerung führen. Zur Errechnung des optimalen Energiebedarfs stehen einige Formeln zu Verfügung, von denen sich allerdings nur zwei als wirklich zuverlässig erwiesen:

Beim Erwachsenen die Toronto-Formel: 4343 + (10,5 · % VKOF) + (0,23 CL1) + (0,84 · EBEE2) + (114 · Temperatur)

– (4,5 · Tag nach Verbrennung)

Bei Kindern (1 – 11 Jahre) die Galveston-2-Formel : 1800 kcal/m2 KOF + 1300 kcal/m2 VKOF

Vgl.: Einarbeitungsordner der BG Ludwigshafen, Intensivstation V1, S. 83 Eine höhere Genauigkeit bietet die am ernährten Patienten durchgeführte indirekte Kaloriemetrie3. Im Rahmen dessen muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass auch kleinere Aktivitäten, wie z.B. Verbandswechsel oder Physiotherapie den Energieumsatz weiter steigern. Für die Zufuhr der Nährstoffe ist die enterale Ernährung der parenteralen prinzipiell vorzuziehen. Mit dem möglichst frühen Beginn lassen sich viele gastrointestinale Schädigungen (z.B. Magen-Darm-Lähmung, Zottenatrophie) begrenzen, wenn nicht sogar ganz vermeiden. Außerdem erreicht man günstige Auswirkungen in Bezug auf den Hypermetabolismus.

Als Hauptenergiequelle sollten Kohlenhydrate etwa 50% der gesamten Kalorienzufuhr ausmachen und in Form großer Mengen Glucose zugeführt werden. Somit wird der exzessive Proteinkatabolismus gedämpft und dem Zelluntergang entgegengewirkt. In der Regel können maximal 4 – 6 mg/kg/min Glucose verstoffwechselt werden. Dennoch besteht gehäuftes Risiko der Hyperglykämie und Hyperkapnie.

Durch die hohe Kaloriendichte decken schon 50 ml einer 20%igen Fettemulsion pro

Woche den Patientenbedarf. Keinesfalls sollten sie den Kohlenhydratanteil übersteigen, da dies zur Beeinträchtigung der Immunsituation führen kann. Alle Gewebe die nicht von Glucose abhängig sind, werden im Wesentlichen von freien

1 Kalorienzufuhr 2 Grundumsatz nach Harris und Benedict Formel 3 Physikalische Berechnung des Energieumsatzes durch Bestimmung der Sauerstoffaufnahme und CO2-Abgabe mittels eines Kaloriemeters

Fettsäuren versorgt. Außerdem reduziert sich die proteinsparende Wirkung der Fette bei Verbrennungspatienten.

Der Proteinkatabolismus zählt zum Hauptproblem der Ernährung und geht mit einem

Verlust bis zu 30% einher. Dies kann zum Tod durch cardiopulmonales Versagen und zum Zusammenbruch der Immunfunktion führen. Durch Ernährung kann man den Proteinkatabolismus zwar senken, aber nicht verhindern. Insbesondere durch die Aminosäuren Glutamin und Alanin bleibt die Proteinsynthese intakt; sie bilden den größten Anteil, der durch die Proteolyse freigesetzten Aminosäuren. Während Alanin überwiegend für die hepatische Gluconeogenese verantwortlich ist, sorgt Glutamin für die Amoniaksynthese in der Niere und versorgt die Zellen mit Energie.

Die Zufuhr von Ballaststoffen zeigt bei der Ernährung eines kritisch Kranken zwar

die bekannten Vorteile (z.B. Rückgang von Durchfällen und Reduzierung der Keimbesiedlung im Colon), nimmt jedoch beim Schwerbrandverletzten keinen besonderen Stellenwert ein.

9. Spezielle Pflege 9.1. Lagerung des Schwerbrandverletzten Zur Lagerung eines Schwerbrandverletzten stehen spezielle Matratzen und Bettensysteme zur Verfügung. Dazu zählen unter anderem die Lagerung auf Schaumstoff (bestehend aus Polyurethan und Ätherbasis), Luftkissenbetten (z.B. Fa. KCI) sowie Mikroglaskugelbetten (z.B. Clinitron®-Air- Fluidized-Bett).

Je nach Körpergröße und vor allem Gewicht besteht eine Schaumstoffmatratze aus 6 – 10 Lagen mit unterschiedlicher Dichte/m2 (abhängig vom Hersteller). Durch die wasser- und luftdurchlässige Eigenschaft dieser Lagen, kann eine genauere Bilanzierung erfolgen, da die abgesonderten Körperflüssigkeiten unter dem Bett aufgefangen werden. Zusätzlich erfolgt durch die spezielle Oberflächenstruktur eine Massage der verbrannten Körperstellen, so dass Nekrosen abgeschilfert und Dekubitaluzerationen vermieden werden.

Beim Glaskugelbett sorgt ein Aufwirbeln der Kugeln für eine enorme Reduktion des

Auflagedrucks unter 20 mmHg, mit dem Vorteil, Patienten auch auf verbrannte Körperstellen lagern zu können. Die mit Polyestertuch abgedeckte Liegefläche ist ebenfalls luft- und flüssigkeitsdurchlässig, wodurch Wundmazerationen verhindert werden. Ein Alkalisieren von Blut, Schweiß und Wundsekret über die Glaskugeln schränkt das Bakterienwachstum stark ein. Parallel hierzu weist dieses Bettensystem allerdings auch einige Nachteile auf. Das kontinuierliche Aufwirbeln der Kugeln trocknet die Haut stark aus und erhöht somit den täglichen Flüssigkeitsbedarf. Außerdem setzen schon früh Störungen der Wahrnehmung und des Körperempfindens ein. Problematisch erwies sich dieses Bettensystem auch bei Notfallsituationen wie Intubation und Reanimation.

Mittels verschiedener Lagerungshilfsmittel (Polster, Schaumstoffe, Braun`sche Schiene) können nun die betroffenen Extremitäten hochgelagert werden, um einen besseren Abfluss der Ödemflüssigkeit zu gewährleisten. Regelmäßiger Lagewechsel und Wundfreilagerung

dienen nicht nur der Dekubitus- sondern ebenso der Narbenkontrakturprophylaxe. Insbesondere hierbei ist die funktionelle Mittelstellung der Gelenke zu bevorzugen. Um die Beweglichkeit und Mobilität des Patienten aufrecht zu erhalten bzw. wieder zu erlangen, sollte schon frühst möglichst (ca. ab dem 3. Tag nach Transplantation) mit Bewegungstherapie und Mobilisation (ca. ab dem 14. Tag nach Transplantation) begonnen werden. Allerdings muss die betroffene Region bis zum ersten Verbandswechsel ruhiggestellt werden, damit das Transplantat nicht verschoben wird. 9.2. Wundversorgung Die Wunde eines Schwerbrandverletzten stellt bei einer Raumtemperatur von 35 - 40°C und einer Luftfeuchtigkeit bis zu 70% enorme Anforderungen an die Pflege und nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Außerdem besteht bei großen Wundoberflächen erhöhte Gefahr der Auskühlung sowie Austrocknung der Wunde und daraus folgender vermehrter Keimbesiedlung. Je nach Bedarf erfolgt der Verbandswechsel mehrmals täglich bis mindestens zweitägig und ist trotz Anwendung verschiedener Materialien vom Aufbau immer gleich. Bei frischen Verbrennungswunden, transplantierter Haut oder zum Schutz verläuft der Verbandsaufbau von außen nach innen mit elastischen Binden, Polsterwatte und Fettgaze (mit und ohne Antibiotika). Aufgrund der erhöhten Ödembildungsneigung müssen die Pflegenden besonders auf die Festigkeit der Verbände achten. Die Blutzirkulation sowie nervale Versorgung darf nicht behindert werden. Wegen der hohen Schmerzbelastung während eines Verbandswechsels muss vorab eine adäquate Schmerztherapie erfolgen und unter Umständen sogar eine Narkose eingeleitet werden. Um eine Keimverschleppung zu vermeiden, werden alte Verbände nicht abgewickelt, sondern aufgeschnitten. Direkt aufliegende Wundkompressen hingegen müssen mit angewärmtem NaCl aufgeweicht und anschließend abgehoben werden. 9.2.1. Hydrotherapie Eine zusätzliche bessere Körper- und Wundreinigung sowie Förderung der Wundheilung erreicht man mit der sogenannten Hydrotherapie, die mittlerweile in vielen Verbrennungskliniken einen hohen Stellenwert einnimmt. Hierbei handelt es sich um ein Reinigungsduschbad, Teilbad oder Vollbad, dem Meersalz, Braunol®, Kamillosan® oder medizinische Öle zugesetzt sind. Während der Therapie lassen sich nicht nur Verbände schmerzärmer entfernen, sondern auch das Wohlbefinden und Körperbewusstsein des Patienten enorm steigern. Zusätzlich kann eine Unterwasserbewegungstherapie angegliedert werden. Die Hydrotherapie lässt sich unter entsprechender Überwachung sogar am beatmeten Patienten anwenden. 9.3. Pflege nach Hauttransplantation “Geheilte Haut wird nie wieder heile Haut.”4 Durch Transplantation erreicht man zwar einen schnellen Wundverschluss sowie eine bessere Stabilität der Narbenfläche als bei Spontanheilung, allerdings entsteht nie wieder das vorherige Hautbild.

4 Quelle: Rutsch, C. Fachzeitschrift für Intensivpflege und Anästhesie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, Intensiv 2003, Ausgabe 11, S. 279

Aufgrund der fehlenden Schweiß- und Talgdrüsen muss transplantierte Haut in regelmäßigen Abständen mit einer fetthaltigen Salbe (z.B. Ringelblumensalbe oder Panthenolsalbe) eingecremt werden. Um einer Infektion durch keimtragende Körperhaare entgegenzuwirken, werden diese in entsprechenden Intervallen abrasiert. Zu den Folgen einer Verbrennungsnarbe zählen unter anderem die überschießende Kollagenbildung und die daraus entstehende Narbenhypertrophie, welche sich nur durch speziell angefertigte Kompressionskleidung behandeln lässt. Diese Spezialkleidung (Jacken, Hosen, Strümpfe, Gesichtsmasken etc.) wird alle 6 Monate neu angefertigt und muss vom Patienten bis zu zwei Jahre rund um die Uhr getragen werden, um ein gutes optisches und effektives Ergebnis zu erzielen. Zusätzlich zur Hypertrophie kann es im Verlauf von 18 Monaten zum Schrumpfen der Narben kommen, was weitere plastische Operationen mit sich ziehen würde. Auch die Schulung und Aktivierung des Patienten zur Selbstpflege nimmt in der Pflege einen hohen Stellenwert ein, da dies für den Betroffenen nach Entlassung zur neuen Lebensaufgabe wird (z.B. täglich desinfizierende Vollbäder mit anschließender adäquater Hautpflege, Vermeiden von direkter Sonneneinstrahlung auf transplantierte Areale). 9.4. Psychosoziale Betreuung Schwerbrandverletzte sind zahlreichen psychosozialen Belastungen ausgesetzt, die alle Lebensbereiche betreffen können. Nach dem Unfallgeschehen und der Klinikeinweisung, stehen zunächst Schuldgefühle, Schmerzen und Zukunftsängste im Vordergrund. Im Verlauf wird der Patient mit dem Anblick seiner Wunden, der Entstellung durch Narbenbildung und dem daraus resultierenden veränderten Körperschema konfrontiert. Oft entwickelt der Patient Selbstekel und fürchtet um seine Akzeptanz in der Gesellschaft. Dem Betroffenen wird durch den langwierigen Heilungsprozess ein hohes Maß an Geduld abverlangt. All diese Faktoren führen den Patienten an seine existenziellen Grenzen und drängen ihn gleichzeitig in eine enorm hilflose und schwache Position. In dieser, für den Patienten oft auswegslosen Situation sind sowohl Pflegende als auch Angehörige stark gefordert, weitere unangenehme Erfahrungen zu vermeiden und sich gegenseitig zu motivieren. Durch die Unterbringung im Isolierzimmer sind die Bezugspersonen des Patienten auf das Wesentliche beschränkt. Daher ist es wichtig, die Angehörigen so früh wie möglich in den Pflege- und Rehabilitationsprozess mit einzubeziehen, da jene zu einer wesentlichen emotionalen Stabilisierung beitragen können. Zur weiteren Krankheitsbewältigung stehen neben Beschäftigungstherapie und persönlichen Gegenständen auch Seelsorger/Psychologen zur Verfügung, von denen ebenfalls die Angehörigen profitieren. Das Aufsuchen von Selbsthilfegruppen nach dem Krankenhausaufenthalt, erleichtert vielen Patienten zusätzlich die Wiedereingliederung in die soziale Gesellschaft.

Zusammenfassung Abschließend lässt sich erkennen, aus wie vielen Gliedern die Therapiekette eines Schwerbrandverletzten besteht und wie wichtig die schnellstmögliche Versorgung durch geschultes Fachpersonal ist. Trotz enormer Fortschritte in der plastischen Chirurgie stellen mitunter Entstellungen durch Verbrennungsrückstände wie z.B. Narben, für den Betroffenen eines der Hauptprobleme dar. Dieses Problem verstärkt sich durch den heutigen ausgeprägten Schönheitswahn unserer Gesellschaft. Vielleicht konnten wir somit unsere Leserinnen und Leser für dieses Thema und die oben genannte Problematik der psychischen Belastung etwas sensibilisieren.

10. Literaturverzeichnis Einarbeitungsordner: BG Ludwigshafen, Intensivstation V1 Leuwer, M.; u.a.: Checkliste Interdisziplinäre Intensivmedizin, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1999 Rutsch, C.: Pflege eines Patienten mit Verbrennung. In: Intensiv 2003, Georg-Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, Heft 11 S. 276 – 280 Paetz, B., Benzinger-König B.: Chirurgie für Pflegeberufe, Georg Thieme Verlag, Suttgart, New York, 1994 Schäffler, A.; u.a.: Pflege heute, Lehrbuch und Atlas für Pflegeberufe, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart usw., 1998 Schwegler, Johann S.: Der Mensch, Anatomie und Physiologie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1996