Regionale Hyperthermie beim Mammakarzinom: Indikation und ... · eine Re-Bestrahlung mit 36 Gy...

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www.journalonko.de Indikation und Erfahrungen REGIONALE HYPERTHERMIE 257 MAMMAKARZINOM Grundlagen Hyperthermie in der Onkologie meint die kontrollierte lokale Erwärmung einer Tumorregion auf 40-44°C. Tech- nisch wird dies meist durch perkutane Einstrahlung elektromagnetischer Wel- len über extrakorporale Applikatoren realisiert. Die Hyperthermie wurde in wissenschaftlichen Institutionen als Oberflächen- und regionale Tiefen- hyperthermie evaluiert und wird nach den ESHO-Leitlinien durchgeführt [1]. Im Folgenden wird auf die in unserem Institut am häufigsten verwendeten Hyperthermieformen, die Oberflächen- hyperthermie und die regionale Tiefen- hyperthermie eingegangen, insbeson- dere bei der Therapie des Mammakar- zinoms [2]. Bei der Oberflächenhyperthermie werden Antennen mit Frequenzen im Radiowellenbereich (100-300 MHz) oder im Mikrowellenbereich (> 300 MHz) verwendet, die ein elektrisches Feld ge- nerieren und welches zirkulär um das Tumorgebiet angeordnet ist. Die durch den Applikator erzeugten Mikro- oder Radiowellen erhöhen durch ihre In- terferenz die Energie und bündeln sie auf die Mitte des Tumorgebiets [3]. Die elektromagnetische Kopplung zwischen dem Applikator und dem Körperge- webe erfolgt durch ein Wasserkissen. Da die Eindringtiefe elektromagnetischer Wellen in das Gewebe mit steigender Frequenz abnimmt, eignen sich diese Frequenzbereiche nur für oberflächlich gelegene Tumoren. Die therapeutisch nutzbare Eindringtiefe bei diesen Fre- quenzen liegt bei ca. 3-4 cm (Abb. 1). Durch die regionale Tiefenhyperther- mie können auch Tumore behandelt werden, die im Inneren des Abdomens/ Beckens oder in der Tiefe des Stammes oder der Extremitäten liegen. Damit die benötigte Eindringtiefe erreicht werden kann, werden Frequenzen verwendet, die unter 100 MHz liegen. Wirkmechanismus Die Hyperthermie kann aufgrund ver- schiedener Wirkmechanismen einen anti-Tumor-Effekt entfalten und die Wirkung einer Chemotherapie oder Strahlentherapie verstärken. Folgende Mechanismen sind bekannt: Durch Überwärmung einer Tumorre- gion auf 40-44°C kann ein direkter thermotoxischer Effekt erreicht wer- den [4]. Durch die regionale Hyperthermie kann eine Vasodilatation und Mehr- durchblutung einer tumortragenden Region erreicht und bei gleichzeitig applizierter Chemotherapie eine ver- besserte Anreicherung der Zytostatika herbeigeführt werden [5]. Bestimmte Zytostatika weisen eine Temperatur-abhängige Steigerung der Zytotoxizität auf [6, 7]. Durch Hyperthermie kann die Expres- sion von Heat Shock Proteinen (HSP) erreicht werden, die eine zelluläre Im- munantwort nach sich ziehen kann [8-10]. Indikationen für eine Hyperthermie-Behandlung in unserer Einrichtung Bislang liegen in Verbindung mit Che- motherapie zur Tumorentität Weich- teilsarkom Phase-III-Studiendaten vor, die eine Verbesserung des Tumoran- sprechens aber auch des lokal pro- gressionsfreien sowie krankheitsfreien Überlebens zeigen. So konnte durch die Hinzunahme der regionalen Tiefen- hyperthermie (Antennen-gekoppeltes System mit Thermometrie, BSD 2000) zur systemischen Chemotherapie eine Verdopplung des Ansprechens sowie Verlängerung des medianen krankheits- freien Überlebens um 14 Monate bei Hochrisiko-Weichteilsarkomen erreicht werden [11]. Aufgrund dieser Daten- lage ist die Kombination Chemothera- pie mit regionaler Tiefenhyperthermie bei der Behandlung von Patienten mit lokalisiertem Hochrisiko-Weichteilsar- kom in unserer Einrichtung Standard. Im Rahmen von Phase-I/II- und Phase-III- Studien wird aktuell für die Tumorenti- täten Pankreaskarzinom und Rektum- karzinom der Einfluss der Hyperthermie in Kombination mit Chemotherapie bzw. in Kombination mit Strahlenthera- pie geprüft. Regionale Hyperthermie beim Mammakarzinom: Indikation und Erfahrungen D. Di Gioia 1 , J. Neff 2 , K. Nikolajek 3 . Das Mammakarzinom stellt weiterhin das häufigste Karzinom der Frau dar. Kommt es zu einem Lokalrezidiv, kann eine weitere Behandlung aufgrund multipler Vorbehandlungen zu einer therapeutischen Herausforderung werden. Durch eine simultane Behandlung mit Hyperthermie kann in Einzelfällen bei Inoperabilität der Effekt einer Chemo- und Strahlentherapie trotz eingeschränkter Dosismöglichkeiten bei Vorbelastung gesteigert und die Therapie eines Lokalrezidivs optimiert werden. 1 Medizinische Klinik und Poliklinik III der Universi- tät München, 2 Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Ge- burtshilfe der Universität München, 3 Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Ra- dioonkologie der Universität München

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Indikation und Erfahrungen REGIONALE HYPERTHERMIE

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MAMMAKARZINOM

Grundlagen

Hyperthermie in der Onkologie meint die kontrollierte lokale Erwärmung einer Tumorregion auf 40-44°C. Tech-nisch wird dies meist durch perkutane Einstrahlung elektromagnetischer Wel-len über extrakorporale Applikatoren realisiert. Die Hyperthermie wurde in wissenschaftlichen Institutionen als Oberfl ächen- und regionale Tiefen-hyperthermie evaluiert und wird nach den ESHO-Leitlinien durchgeführt [1]. Im Folgenden wird auf die in unserem Institut am häufi gsten verwendeten Hyperthermieformen, die Oberfl ächen-hyperthermie und die regionale Tiefen-hyperthermie eingegangen, insbeson-dere bei der Therapie des Mammakar-zinoms [2].

Bei der Oberfl ächenhyperthermie werden Antennen mit Frequenzen im Radiowellenbereich (100-300 MHz) oder im Mikrowellenbereich (> 300 MHz)verwendet, die ein elektrisches Feld ge-nerieren und welches zirkulär um das Tumorgebiet angeordnet ist. Die durch den Applikator erzeugten Mikro- oder Radiowellen erhöhen durch ihre In-terferenz die Energie und bündeln sie auf die Mitte des Tumorgebiets [3]. Die elektromagnetische Kopplung zwischen dem Applikator und dem Körperge-webe erfolgt durch ein Wasserkissen. Da die Eindringtiefe elektromagnetischer Wellen in das Gewebe mit steigender Frequenz abnimmt, eignen sich diese Frequenzbereiche nur für oberfl ächlich gelegene Tumoren. Die therapeutisch

nutzbare Eindringtiefe bei diesen Fre-quenzen liegt bei ca. 3-4 cm (Abb. 1). Durch die regionale Tiefenhyperther-mie können auch Tumore behandelt werden, die im Inneren des Abdomens/Beckens oder in der Tiefe des Stammes oder der Extremitäten liegen. Damit die benötigte Eindringtiefe erreicht werden kann, werden Frequenzen verwendet, die unter 100 MHzliegen.

Wirkmechanismus

Die Hyperthermie kann aufgrund ver-schiedener Wirkmechanismen einen anti-Tumor-Effekt entfalten und die Wirkung einer Chemotherapie oder Strahlentherapie verstärken.

Folgende Mechanismen sind bekannt:• Durch Überwärmung einer Tumorre-

gion auf 40-44°C kann ein direkter thermotoxischer Effekt erreicht wer-den [4].

• Durch die regionale Hyperthermie kann eine Vasodilatation und Mehr-durchblutung einer tumortragenden Region erreicht und bei gleichzeitig applizierter Chemotherapie eine ver-besserte Anreicherung der Zytostatika herbeigeführt werden [5].

• Bestimmte Zytostatika weisen eine Temperatur-abhängige Steigerung der Zytotoxizität auf [6, 7].

• Durch Hyperthermie kann die Expres-sion von Heat Shock Proteinen (HSP) erreicht werden, die eine zelluläre Im-munantwort nach sich ziehen kann [8-10].

Indikationen für eine Hyperthermie-Behandlung in unserer Einrichtung

Bislang liegen in Verbindung mit Che-motherapie zur Tumorentität Weich-teilsarkom Phase-III-Studiendaten vor, die eine Verbesserung des Tumoran-sprechens aber auch des lokal pro-gressionsfreien sowie krankheitsfreien Überlebens zeigen. So konnte durch die Hinzunahme der regionalen Tiefen-hyperthermie (Antennen-gekoppeltes System mit Thermometrie, BSD 2000) zur systemischen Chemotherapie eine Verdopplung des Ansprechens sowie Verlängerung des medianen krankheits-freien Überlebens um 14 Monate bei Hochrisiko-Weichteilsarkomen erreicht werden [11]. Aufgrund dieser Daten-lage ist die Kombination Chemothera-pie mit regionaler Tiefenhyperthermie bei der Behandlung von Patienten mit lokalisiertem Hochrisiko-Weichteilsar-kom in unserer Einrichtung Standard.

Im Rahmen von Phase-I/II- und Phase-III-Studien wird aktuell für die Tumorenti-täten Pankreaskarzinom und Rektum-karzinom der Einfl uss der Hyperthermie in Kombination mit Chemotherapie bzw. in Kombination mit Strahlenthera-pie geprüft.

Regionale Hyperthermie beim Mammakarzinom: Indikation und Erfahrungen

D. Di Gioia1, J. Neff2, K. Nikolajek3.

Das Mammakarzinom stellt weiterhin das häufi gste Karzinom der Frau dar. Kommt es zu einem Lokalrezidiv, kann

eine weitere Behandlung aufgrund multipler Vorbehandlungen zu einer therapeutischen Herausforderung werden.

Durch eine simultane Behandlung mit Hyperthermie kann in Einzelfällen bei Inoperabilität der Effekt einer Chemo-

und Strahlentherapie trotz eingeschränkter Dosismöglichkeiten bei Vorbelastung gesteigert und die Therapie eines

Lokalrezidivs optimiert werden.

1 Medizinische Klinik und Poliklinik III der Universi-tät München,

2 Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Ge-burtshilfe der Universität München,

3 Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Ra-dioonkologie der Universität München

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JOURNAL ONKOLOGIE 4/2014

REGIONALE HYPERTHERMIE Indikation und Erfahrungen

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MAMMAKARZINOM

Hyperthermie bei der Tumorentität Mammakarzinom

Das Mammakarzinom stellt weiterhin das häufi gste Karzinom der Frau dar. Jede 8. bis 10. Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzi-nom. Nach einer brusterhaltenden The-rapie liegt die Wahrscheinlichkeit, ein lokoregionäres Rezidiv zu entwickeln, bei ca. 10% mit einer 5-Jahresüberle-bensrate von 65%. Nach einer Meta-analyse der EBCTCG konnte durch opti-mierte lokale Therapieverfahren die Lo-kalrezidivrate nach 5 Jahren von 26% auf 7% gesenkt werden [12]. In einer Cochrane-Analyse konnte sogar im Vergleich dazu die 10-Jahres-Lokalre-zidvrate von 27,2% auf 8,8% vermin-dert werden [13]. Nach einer primären Mastektomie zeigte sich ebenfalls in der Metaanalyse der EBCTCG durch eine verbesserte Primärtherapie eine Reduktion der Lokalrezidivrate nach 5 Jahren von 23% auf 6% [12].

Die Entwicklung eines Lokalrezidivs stellt einen unabhängigen Risikofaktor für die Entstehung von Fernmetasta-sen dar [14]. Das 10-Jahres-Gesamt-überleben beträgt bei Patientinnen mit Thoraxwandrezidv nur 28% und das metastasenfreie Überleben nach 5 Jahren nur 49%. Je früher das Lo-kalrezidiv entsteht (< 2 Jahre) desto schlechter ist das Gesamt-überleben [15]. Als Risiko-faktoren für das Entstehen von lokoregionären Rezidiven gelten: junge Frauen, R1-Resektionsstatus, Anzahl der befallenen Lymphknoten, Ge-fäßinvasion, triple negatives Karzinom, hohes Grading (G3), Nicht-Durchführung ei-ner indizierten Bestrahlung, eine ausgeprägte intraduk-tale Tumorkomponente, ein erhöhtes Ki-67 sowie große Primärtumore (> pT2) [16]. Ein lokoregionäres Rezidiv ohne nachweisbare Fernme-tastasierung gilt jedoch wei-terhin als potentiell kurativ. Deshalb werden bildgebende Verfahren in der Nachsorge des Mammakarzinoms emp-fohlen (www.ago-online.de). Ausgedehnte Rezidive,

welche chirurgisch nicht mehr resezier-bar sind, stellen eine besondere thera-peutische Herausforderung dar, insbe-sondere in Bezug auf die Lebensqualität durch Reduktion der Schmerzen, des Geruchs und Blutungen bei Exulzerati-onen. In dieser Situation konnte bereits gezeigt werden, dass durch die kom-binierte Behandlung mit Hyperthermie und Re-Bestrahlung +/- Chemotherapie eine gute Tumorkontrolle bei geringer Toxizität und Hospitalisierung erreicht werden konnte (Tab. 1) [17].

Bei Patientinnen mit Mammakarzi-nom konnte in einer Metaanalyse be-stehend aus 5 randomisierten Studien (n=306) aus dem Jahre 1996 ein signi-fi kanter Vorteil in Bezug auf die lokale Tumorkontrolle (p=0,007) zugunsten der kombinierten Radiotherapie mit re-gionaler Hyperthermie gezeigt werden.

In diesen 5 Studien wurden sowohl unbehandelte inoperable Patientinnen als auch Patientinnen mit Lokalrezi-diven mit oder ohne vorangegangene Bestrahlung eingeschlossen. Dieser Vorteil zeigte sich jedoch nur bei den Patientinnen, die bereits vorbestrahlt waren (57% vs. 31%). Ein signifi kanter Überlebensvorteil ergab sich dabei nicht. Dies wird darauf zurückgeführt, dass bereits 50% der Patienten zum Zeitpunkt der Therapie Fernmetasta-sen aufwiesen und die Mehrzahl der Patienten einen systemischen Progress zeigten [18]. Die Studie von Jones et al. aus dem Jahre 2005 randomisierte insgesamt 109 Patienten mit oberfl äch-lichen Tumoren mit einer Tiefenaus-dehnung < 3 cm im Bereich der Brust/Brustwand und im Kopf-Hals-Bereich in eine alleinige Radiotherapie oder in die Kombination Radiotherapie plus Hyper-thermie. Dabei konnte ein signifi kanter Vorteil zugunsten der kombinierten Therapie sowohl in Bezug auf die CR-Rate (clinical response) (66% vs. 42%; p=0,02) als auch in Bezug auf die lokale Tumorkontrolle (48% vs. 25%; p=0,02) erzielt werden. Der signifi kante Vorteil zeigte sich ebenfalls nur bei bereits vor-bestrahlten Patienten [19]. Die Gruppe um Welz et al. führte die kombinierte Radiothermotherapie bei insgesamt 50 nicht metastasierten Patienten mit ku-rativem Ansatz durch, die zum einen

Patienten einschloss, die diese Therapie bei einer knappen R0-Resektion als adjuvante Primärthera-pie (n=13) erhielten zum anderen auch Patienten, die ein lokoregionäres Rezidiv hatten (n=37). In der Gruppe mit Lokalre-zidiv waren fast 50% der Patienten (n=18) vorbe-strahlt. Nach 3 Jahren be-trug die lokale Tumorkon-trolle 80%, das rezidiv-freie Überleben 68% und das Gesamtüberleben 89%. Innerhalb der bei-den Gruppen (Primärthe-rapie vs. Rezidivtherapie) ergaben sich keine signi-fi kanten Unterschiede, auch unabhängig davon, ob die Patienten vorbe-strahlt waren oder nicht.

Abb. 1: Oberfl ächenapplikator.

Abb. 2: Verlauf der 36jähriger Patientin mit Lokalrezidiv bei

Mammakarzinom (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. C.

Salat). a) Vor Therapiebeginn, b) Nach 2 Chemotherapiezyklen

in Kombination mit Hyperthermie, c) Nach 4 Chemotherapie-

zyklen in Kombination mit Hyperthermie d) Nach Ende der Re-

Bestrahlung plus Hyperthermie.

a) b)

c) d)

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MAMMAKARZINOM

Dies ist jedoch auf die geringen Fall-zahlen, die Heterogenität innerhalb der beiden Patientengruppen und auf die geringe Nachbeobachtungszeit zurück-zuführen [20].

Zusammenfassend ergibt sich anhand der hier vorliegenden randomisierten Studien ein signifi kanter Vorteil zugun-sten der Radiothermotherapie bei bereits vorbestrahlten Patienten. Ein Überle-bensvorteil ergab sich dabei jedoch noch nicht. Die kombinierte Therapie aus Ra-diotherapie und Hyperthermie wurde gut toleriert und zeigte keine zusätz-lichen unerwarteten Nebenwirkungen.

In Bezug auf die lokale Tumorkon-trolle führen wir aktuell eine Fallserie (aktueller Rekrutierungsstand n=20; geplant n=50) im Rahmen der Regel-versorgung bei Patientinnen durch, die ein histologisch gesichertes lokoregio-näres Rezidiv eines primären Mamma-karzinoms nach Vorbestrahlung bei R2-, R1-, knapper R0-Resektion oder Inope-rabilität haben, gemäß der aktuellen Leitlinienempfehlung der AGO 1b. Das Vorliegen einer Fernmetastasierung ist kein Ausschlusskriterium, solange diese kontrolliert ist. Diese Fallserie wurde im November 2012 initiiert. Die Patien-tinnen erhalten dabei eine Re-Bestrah-lung je nach Vorbestrahlungstoleranz in Kombination mit 10 Hyperthermie-behandlungen (Oberfl ächenapplika-tor) binnen 1-4 Stunden nach erfolgter Strahlentherapie über einen Zeitraum von 90 min. Die Nebenwirkungsrate der kombinierten Behandlung ist im Vergleich zur alleinigen Re-Bestrahlung etwas erhöht im Sinne von akuten Hau-tirritationen und Langzeitfolgen wie fi brotischen Veränderungen. Follow-up-Daten liegen hierzu noch nicht vor

(Informationen: www.lmu-brustzen-trum.de)Fallbericht

Eine 36-jährige Patientin erkrankte 4 Monate nach Beendigung der Pri-märtherapie eines Mammakarzinoms (triple negativ, G2, Ki-67 50%) an einem lokalen Rezidiv. Die Patientin unterzog sich initial einer primären sy-stemischen Chemotherapie (4x EC, 4x Doc) gefolgt von einer brusterhal-tenden Therapie mit axillärer Lym-phonodektomie (ypT1a ypN1(1/9) M0, R0) und adjuvanter Radio-therapie mit 66 Gy. Bei ausgedehntem, inoperablen exulzerierenden Lokalre-zidiv ohne Nachweis einer Fernmeta-stasierung, wurde eine Kombinations-therapie bestehend aus einer Chemo-therapie (Gemcitabin/Cisplatin) und Oberfl ächen-Hyperthermie als Einzel-fallentscheidung alle 2 Wochen durch-geführt. Bereits nach 2 applizierten Chemotherapiezyklen konnte klinisch ein sehr gutes Ansprechen erreicht wer-den (Abb. 2). Nach insgesamt 6 Zyklen erfolgte zur weiteren lokalen Tumor-kontrolle im Rahmen unserer Fallserie eine Re-Bestrahlung mit 36 Gy (Abb. 3) in Kombination mit 10 Hyperther-miebehandlungen. Die Therapie wurde von der Patientin sehr gut toleriert und zeigte nach Abschluss der Therapie ein exzellentes Tumoransprechen.

Fazit

Lokalrezidive beim Mammakarzinom gehen mit einer schlechten Prognose

und einer deutlich erhöhten Metasta-sierungsrate und hohen Folgekompli-kationen einher. Sie stellen daher eine besondere therapeutische Herausfor-derung im klinischen Alltag dar. Bei primär inoperablen und bereits vorbe-strahlten Rezidiven sind die therapeu-tischen Möglichkeiten sehr begrenzt, so dass die Kombination bestehend aus Re-Bestrahlung und Oberfl ächen-hyperthermie eine mögliche Option in Ergänzung zur systemischen und lokalen Therapie darstellt (www.ago-online.de).

Abb. 3: Bestrahlungsplanung.

A U T O RDr. med. Julia Neff

Klinik und Poliklinik fürFrauenheilkunde und Geburts-hilfe der Universität MünchenCampus GroßhadernMarchioninistr. 1581377 München

E-Mail: [email protected]

Oxford

Thoraxwandrezidiv nach Mastektomie LoE GR AGO

• Falls keine Postmastektomie-Bestrahlung erfolgte

- Kurative Situation: Bestrahlung der Brustwand +/- regionalen Lymphknoten

2b B +

• Zweit-Bestrahlung (Thoraxwand + Hyperthermie) 1b B +/-

Axilläres Rezidiv

• Bestrahlung der Axilla nach R0-Resektion

- Keine adjuvante Axilla-Bestrahlung erfolgt 3b C +

- Adjuvante Axilla-Bestrahlung erfolgt 5 D +/-

Tab. 1: AGO-Empfehlung 2014, Lokalrezidiv Mammakarzinom.

A U T O RDr. med. Dorit Di Gioia

Medizinische Klinik und

Poliklinik III der Universität

MünchenCampus GroßhadernMarchioninistr. 1581377 München

E-mail: [email protected]

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MAMMAKARZINOM

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Anmeldung über das Brustzentrum

(Dr. med. Rachel Würstlein, Zentrums-koordinatorin)Standort GrosshadernTel.: (089) 7095-6800Fax: (089) 705-6840Email: [email protected]

Beteiligte Institutionen des Klinikums der Universität München:

Comprehensive Cancer Center CCCLMU – Krebszentrum MünchenDirektor: Prof. Dr. med. Volker Heinemann

BrustzentrumLeiterin: Prof. Dr. med. Nadia Harbeck

Klinik für Strahlentherapieund RadioonkologieDirektor: Prof. Dr. med. Claus Belka

Medizinische Klinik und Poliklinik IIIAbteilung für HyperthermieLeiter: PD Dr. med. Lars Lindner

Beteiligte außeruniversitäre Einrichtung:

Prof. Dr. med. Christoph Salat undDr. med. Oliver StötzerHämato-Onkologische PraxisWinthirstr. 7, 80639 München

Dr. med. Bernhard WeberKlinik Bad TrisslBad-Trissl-Str. 7383080 Oberaudorf

Prof. Dr. med. Thomas LichtBRK Schlossbergklinik OberstaufenSchloßstraße 27 - 2987534 Oberstaufen

Kontaktdaten für Fallserie „RT plus RHT beim Brustwandrezidiv des Mammakarzinoms“:

D. Di Gioia1, J. Neff2, K. Nikolajek3

Breast cancer remains the most common cancer affecting women. In case of local reccurrence further therapy can be a therapeutic chal-lenge due to multiple pre-treatments. In individual cases a simultane-ous treatment with hyperthermia can increase the effect of chemothe-rapy and radiation therapy despite limited opportunities of dose es-calation due to former treatments and the therapy of local recurrence can be optimized.

D. Di Gioia1, J. Neff2, K. Nikolajek3

A B S T R A C T

Keywords: Breast cancer, multiple pre-treatments, hyperthermia

1 Medizinische Klinik und Poliklinik III der Universität München, 2 Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität München, 3 Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universität München