Reiseerinnerungen an Spanien

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97 Reiseerinnerungen an Spanien, Von Moritz Winkler, (For~setzung.) Mein treuer Ileisebegleiter, Herr Fritze, wurde nun durch Fa- milieu- und geschiiftliche Riicksichten gezwungen, nach tIause zurtick- zukehren, w~hrend ich mich von Gr~nada nicht trennen konnte, ohne vm'her die tIochspitzen der Nevadakette besliegen zu habsn. Ich untsrnahm mehrere k]eine Partien in die nfiChste Umgebung al[ein, bis ich durch Freund Wilhelmi auf einen Mann aufmerksam wurde, der als Gfirtner ira Taglohne arbeitend, mir a]s sehr brauchbar und +erl~isslich erschien. Diesen nahm ich nun tiberall mit, wenn ich eine weitere Tour zu machen gedachte; er besorgte mir die ni)thigen Beitthisre, kaufte die Viktualisn ein, die mitgenommen werden mussten, hall' mir Pflanzen ausgraben, und bewies sich tibsrhaupt se treu und tt~chtig, dass ich ihm das allerbeste Lob spenden muss. Seil~ Naine ist Manuel Jimenes. lch veranlasste ihn, sich durch Sammeln von Pfianzen einen Nebsnerwerb zu schaffen, und versprach ihm, beim Verkauf der Sachen behtilfiich zu sein, auch erhielt ich bereits eine Kiste trockener Pfianzen vert ihm~ doch sind meine Erwartungen leider nicht erftillt worden, da der Inhalt ohne Sorgfalt pr~pari ist, auch meist nur ganz ge- wShnliche Spezies umfasst. Ein kleines, ziemlich isolirtes, ausserordentlich steriles Gebirge, die Sierra E[vira, bestieg ich ara 26. Juni. Es wa einsr der heissesten Tage, dis it~h in Spanien erlebt hatts, und wahrha ah-ikanische Glut hatte die Felseu se durchw~irmt~ dass die Sohlen brannten, wenn man dartiber hinging. Leider waren die Frtih um 4 Uhr bcstellten Maul- thiere wie tiblich nicht gekommen, und nach zweisttindigem vergeb- lichen Warten musste ich zwsi Esel miethen, die Sand zum Bau Bines Hauses herbeitrugen; daher kamen wir erst um il Uhr ara Fusse des Berges an und stiegen so hinauf, liefen kreuz und quer fiber die i)den Flfichen, ohne etwas Besonderes anzutreffsn, denn jeder Grashalm war bereiis vertrocknet. Am Fusse wuchs Heliotropium supinum und Sideritis remana L.~ oben bemerkte ich Anthyllis arundana Bois., Eruca longirostris v. Uechtr., Lavandula latifolia Viii. nnd Tordylivm ~aximum L.~ auch Leurea conifera DC. und Serratula pinatifida Pour.~ die {lbrige Vegetation, dis ira Friihjahre wohl interessant sein mag, hatte der Sommer bereits ahwelken lassen. Gemartert "con Durst und dem Uebermass ~,on ttitze stiegen wir um 5 Uhr ~achmittags ziemlich unbefriedigt hinab, um auf den unge- sattelten Esetn nach Granada zuriick zu sch|eichen. Nach se anstren- gender Thi ist es eine unendliche Qual~ diese triigen Thiere besteigen zu miissen, die aus dem tangsamsten Schritt nicht heraus zu bringen sind, nach jedem geniessbaren Gegenstande haschen, keineu Sattel und Zaum kennen und se klein sind, dass meine langen Beiner den Staub der Strasse aufschleiften.

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Reiseerinnerungen an Spanien, Von Moritz Winkler ,

(For~setzung.)

Mein treuer Ileisebegleiter, Herr Fritze, wurde nun durch Fa- milieu- und geschiiftliche Riicksichten gezwungen, nach tIause zurtick- zukehren, w~hrend ich mich von Gr~nada nicht trennen konnte, ohne vm'her die tIochspitzen der Nevadakette besliegen zu habsn. Ich untsrnahm mehrere k]eine Partien in die nfiChste Umgebung al[ein, bis ich durch Freund Wilhelmi auf einen Mann aufmerksam wurde, der als Gfirtner ira Taglohne arbeitend, mir a]s sehr brauchbar und +erl~isslich erschien. Diesen nahm ich nun tiberall mit, wenn ich eine weitere Tour zu machen gedachte; er besorgte mir die ni)thigen Beitthisre, kaufte die Viktualisn ein, die mitgenommen werden mussten, hall' mir Pflanzen ausgraben, und bewies sich tibsrhaupt se treu und tt~chtig, dass ich ihm das allerbeste Lob spenden muss. Seil~ Naine ist Manuel Jimenes.

lch veranlasste ihn, sich durch Sammeln von Pfianzen einen Nebsnerwerb zu schaffen, und versprach ihm, beim Verkauf der Sachen behtilfiich zu sein, auch erhielt ich bereits eine Kiste trockener Pfianzen vert ihm~ doch sind meine Erwartungen leider nicht erftillt worden, da der Inhalt ohne Sorgfalt pr~pari�9 ist, auch meist nur ganz ge- wShnliche Spezies umfasst.

Ein kleines, ziemlich isolirtes, ausserordentlich steriles Gebirge, die Sierra E[vira, bestieg ich ara 26. Juni. Es wa�9 einsr der heissesten Tage, dis it~h in Spanien erlebt hatts, und wahrha�9 ah-ikanische Glut hatte die Felseu se durchw~irmt~ dass die Sohlen brannten, wenn man dartiber hinging. Leider waren die Frtih um 4 Uhr bcstellten Maul- thiere wie tiblich nicht gekommen, und nach zweisttindigem vergeb- lichen Warten musste ich zwsi Esel miethen, die Sand zum Bau Bines Hauses herbeitrugen; daher kamen wir erst um i l Uhr ara Fusse des Berges an und stiegen so�9 hinauf, liefen kreuz und quer fiber die i)den Flfichen, ohne etwas Besonderes anzutreffsn, denn jeder Grashalm war bereiis vertrocknet. Am Fusse wuchs Heliotropium supinum und Sideritis remana L.~ oben bemerkte ich Anthyllis arundana Bois., Eruca longirostris v. Uechtr., Lavandula latifolia Viii. nnd Tordylivm ~aximum L.~ auch Leurea conifera DC. und Serratula pinatifida Pour.~ die {lbrige Vegetation, dis ira Friihjahre wohl interessant sein mag, hatte der Sommer bereits ahwelken lassen. Gemartert "con Durst und dem Uebermass ~,on ttitze stiegen wir um 5 Uhr ~achmittags ziemlich unbefriedigt hinab, um auf den unge- sattelten Esetn nach Granada zuriick zu sch|eichen. Nach se anstren- gender Thi�9 ist es eine unendliche Qual~ diese triigen Thiere besteigen zu miissen, die aus dem tangsamsten Schritt nicht heraus zu bringen sind, nach jedem geniessbaren Gegenstande haschen, keineu Sattel und Zaum kennen und se klein sind, dass meine langen Beiner den Staub der Strasse aufschleiften.

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5~ach diesem ersten versuche hatte ich wenig Vertrauen auf ein besseres Resultat bei der benachbarten Sierra Alfacar~ doch wurde dasselbe in der That bei weitem tibertroffen. Dio Al�8 ist eine der pfianzenreichsten Punkte in der Umgegend Granadas, wozu die noch theilweise Bewaldung und ein gri~sserer Wasserreichthum beitriigt. Ira Monat Mai muss hier eine wunderbar reiche Ausbeute aufzufinden sein und ich bedaure lebhaft, ihr nicht wenigstens bald nach meiner Ankunft in Granada einen Besuch gemacht zu haben. Bei dem Dorfe Al~acar ara Fusse der Sierra entspringt ein so mi~chtiger Quell des klarsten und boston Wassers, dass er sofort bei seinem Ursprunge zwei Mah]gfinge zu treiben vermi~cht% und auch auf der Sierra selbst finden sich einige erfrischende Quellen. Auf rien zwei Exkursionen, die ich nach diesem ziemlich ausgedehnten Gebirge unternahm, sam- melte ich nachstehende Pfianzen. Achillea microphylla W. G., Adonis vernalis L.? (dio Unterschiede von A. vernalis sind kaum ausreichend, um eine neue Art darauf zu begrtinden, obschon es auffiillig genug ist, dass ich diese zeitigo Friihlingspfianze, welche bei uns schon ira April und Mai bl�9 dort in dem heissenKlima Spaniensnoch Anfangs Juli mit unreifen Frtichten und sogar noch mit vereinzelten Bliithen antraf), Allium roseum L.�87 Alyssum serpyllifolium DC., Anthemis tuberculata Bois.�87 Anthyllis arundana Bois., Arctostaphylos officinalis W. G.�87 Arenaria armeriastrum Bois. ~ caesia, Astragalus chloro- carpus Bois., Biscutella variegata B. Rt., Bunium macuca Bois., Bupleurum aristatum Bartlg., :B. rigidum L, Carduus granatensis Wilk, Carex humilis Leysser~ Centaurea granatensis Bois., Cistus laurifolius L., Convolvulus lineatus L, Cynanchum nigrum L, Draba hispanica L., Erinus alpinus L.~ Genista Boissieri Spach.�87 Geum silvaticum DC., Gladiolus illyricus Koch�87 Haenselera granatensis Bois., Hypericum hyssopifolium Vill., Jasonia glutinosa DC., Laserpitium angustifolium L., Lithospermum fruticosum L.�87 Lonicera hispanica Bois, L. caprifolium L., Nepeta reticulata Dsf., Orchis Durandii B. Rt, O. coriophora L., O. pseudosambucina Ton., Passerina elliptica Bois., Potentilta pensilvanica L. (alles Suchens ungeachtet leider nur in einem Exemplare), Prunella laciniata L., Pterocephalus niveus Coult., Salvia phlomoides L., S. Sclarea L., Saxifraga erioblasta Bois., Sideritis incana L., hirsuta L., Silene Boissieri J. Gay, Stipa Laga- scae B. Rt., Teucrium Webbianum B. Rt., Thymus granatensis Bois., Turgenia latifolia L., Trifolium ochroleucum L., Valerianella erio- carpa Desv. und Verbascum thapsiforme Schrad.

Von oinem Dauerlauf in dem Thale der Aqua blanca sp~it und ermiidet zuriickgekehrt, wurde ich aufgefordert~ noch nach einer, an die AIl~ambra ansi:ossenden Besitzung zu kommen, wo sich die Familie Wilhelmi mit einigen spaaischen Freunden zut Feier eines Geburts- tages vereinigt hatte; zwar war es schon 9 Uhr Abends und moine mtiden Glieder sehnten sich nach Ruhe, dennoch ging ich hin umi traf in einem kleinen G~irtchen eine Anzahl Personen, dieich in der absoIuten Dunkelheit nicht zu erkennen vermochte. Herr Wilhelmi, der mit entgegen kam, f�9 mich an die Umfassungsmauer, von der

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man direct das tieferliegende Granada erblickt, welches sich an den Htigeln des Darro-U�9 allmiilig anhebt. Von den H~iuse�9 war nichts zu erkennen, nur die verschiedenen L�9 der Laternen und Fen- ster traten wie fiimmernde Sterne heraus und verbanden sich se unmerklich mit den wirklichen Himmelssternen, dass man sich der Erde entriickt und mitten ira Firmament befindlich denken konnte. Auf meine Bemerkung hierauf erwiederte Wilhelmi: ,da haben Sie ganz recht, und die phantasiereiehen Spanier haben das lfingst em- pfunden, indem sie Granada in dieser Abendbeleuchtung ,,,el eielo baie " y niederen Himmel) nennen." ~och starrte ieh in diese abendliche Pracht hinaus, als ich durch einen hellen Lichtschein im Rticken.aufmerksam gemacht, mich umwendete und ein wunderbares Miirchen zu sehen glaubte. Zwei Fltigelthtiren waren ge0ffnet, und hinein sah man in eine alte maurische Moschee, hell von buntem Farbenschmuck erleuchtet, und reizende Menschengestalten in mor- genl~indischer Tracht bildeten in derselben eine Gruppe aus der Ge- schichte Granadas. Es war ein se ganz zauberischer und unerwar- teter Anblick, dass ich halbtr~umend mein Auge nicht wegzuwenden vermochte, bis mich wieder die alte Dunkelheit umfing. 5�9 aber wurde auch das G~rtchen erhellt, das lebende Bild hatte sich gel~st, und die jungen Leute ftihrten grazi(~se spanische Tiinze auf. Se wechselte Bild und Tanz, bis die Gloeke die erste Morgenstunde verkiindete und zut Heimkehr ermahnte. Solche Stunden des reinen und ungš Genusses sind ira Leben se selten, dass sie noch lange in der Erinnerun_~ fortdauern und reichen Ersatz bieten �9 mancherlei Ungemach. ~ Einœ ebenfalls romantische und genuss- reiche P– machte ich in derselben Gesellschaft an einem sch0nen Mondscheinabende vert der Papierfabrik aus~ ara linken U�9 des Jenil nach dem I)orfe Canale, welches in pri~ehtiger Umgebung ara Fusse eines gewaltigen Felsenkegels liegt; auch hier bildete ein Tanz der liindlichen Sch0nen den Beschluss des Festes. Ueber Tanz und Gesang in Spanien ist schon se riel geschrieben worden, dass es kaum am erre ist, dartiber sich auszulassen. Mit dem Gesange habe ich mich nie recht befreunden k0nnen, er klingt meinem Ohre zu monoton, und dauert er l~inger fort, se wirkt er ermtidend; dagegœ muss ich gestehen, dass mich der Tanz oft entztickt hat, und dass die gebildeteren Stiinde eine unbeschreibliche Grazie darin entwickeln, eine Grazie, die unseren Tfinzen und T~inzern nicht ira entferntesten inne wohnt; auch das Landvolk tanzt vortrefflich. Die beriihmten Zigeunert~inze dagegen, welche ich zu sehen Gelegenheit hatte, liessen mich g~inzlich kalt, sie sind mehr frivol als sch0n, und die Tanze- rinnen hatten nicht Anmuth genug, um wenigstens rien Schleier des GraziOsen dartiber zu breiten.

Die nattirliche Fr0hlichkeit des Volkes~ welche sich in Gesang und Tanz offenbart, nimmt tibrigens, wie allgemein bekly wird, mit raschen Schritten ab; mit dem Versehwinden der Volkst1"achten schwinden au-ch die Sitten, und das Streben naeh Erwerb und Ge- nuss ert0dtet die Freude an einfachen Belustigungen.

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Da der Schnee noch immer die Bergspitzen bedeckte, und die M~glichkeit einer erfolgreichen Besteigung ausschloss, unternahm ich noch kleinere Partien, die eine nach dem Salzsee (Lago salida) in der sog. b~itischen Steppe und die zweite nach dem etwa vier Stun- den von Granada entfernten Salinenbade La Malfi. Der Salzsee lient nahe der Eisenbahn, welche nach Cordoba fiihrt, bei dem Dor�9 Fuente de Piedra, und man kann von Granada aus die Bahn bentitzen; er mag etwa eine gute halbe Meile lang sein und t000 bis 2000 Schritt breit. In heissen Sommern soli or vollst~ndig austrocknen, und nur eine Salzkruste tibrig bleiben, doch scheint mit, dass diess nur ausnahmsweise der FaU ist, sonst ware es nicht gut denkbar, dass er Fische enthalt, was man daraus schliessen muss, dass sich eine Menge M0ven und auch Flamingos darauf herum treiben, welche doch ihre Nahrung in dem Wasser finden mtissen. Rund um den See herum sind Aecker, mitunter auch kleine Salzwiesen und etwas nie- driges Buschwerk, in welchem Daucus maximus sich angesiœ hat; auf einem der Felder wuchs die stattliche Serratula flavescens Poir., ausserdem fand ich Allium pallens L. und eine mir noch un- klare AIthaea, der A. hirsuta ~hnlich, aber bereits fast blattlos und daher schwer zu erkennen, ferner eine breitbl~ttrige Form von Con- volwdus Iineatus L., Cressa cretica L., Crucianella patula L, Dactylis littoralis L, Erythvaea spicata Pers. und E. tenuiflora H. L., Fvan- kenia pulverulenta L., Itordeum maritimum With., Juncus maritimus L., Centrophyllum baeticum B. Br., Linum maritimum L., Oenanthe silaifolia M.B., Ononis mitissima L.~ Onopordon illyricum L., Pha- lavis nodosa L., Rottbo• filiformis Roth, Salicornia fruticosa L. und Scabiosa stellata L. Auf Feldern um BobadiUa herum bemerkte ich noch: Carlina gummifera Less. und C. racemosa L.

La Mala, von iiden gypshaltigen Hiigeln umgeben, ist eine kleine Saline, in der man durch Verdunsten der slark salzhaltigcn Soole etwas Speisesalz gewinnt, auch wird ste zu Badern benfitzt, die je- doeh wenig besucht scheinen. Zweifellos liegt in der Tie�9 ein mach- tiges Salzlager; da man jedoch kaum im Stande ist, das mit leich- terer Mtihe um Cadix etc. gewonnene Seesalz zu verwœ so hat sich hier noch Niemand darum bektimmert, welche Sehatze der Boden birgt. Die Gegend ist schrecklich Ode und steril, Althaea off�9 L., Anthyllis cytisoides L., Carlina lanata L., tlelianthemum squa- matum Pers., Ononis tridentata Car., Peganum tIarmala L., Salsola vermiculata L. und Typha angustifoIia waren die einzigen auff~illigen Pfianzen.

Das erste Drittel des Monats Juli war verfiossen, und ich be- schloss, der %evadakette einstweilen von der Stidseite nicher zu treten, indem ich mich nach dem Bade Langeron begab, um dort einige Tage zu verweilen. Langeron wird als ein sehr wirksamer Gesund- brunnen empfohlen und ist eines der bestbesuchten B~ider in Stid- spanien~ hat auch zwei ziemlich gute H6tels, in denen man leidlich existiren kann; aber ftir die Beq~~_emlichkeit und Annehmlichkeit der

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Kurgaste wird auch nicht das allermindeste gethan, so wunderbar schi~n die gtitigo Natur hier vorgesorgt hat.

An einem pr~ichtigen Gebirgsfiusse gelegen, we]cher sich in den Guadalfeo (auch Bio grande genannt) ergiesst, grenzt es fast unmitlelbar an ausgedehnte l(astanienwaldungen, welche durch ktinst- liche Bew~isserung zu fippiger Fruchtbarkeit entfaltet, sich bis gegen 4000 Fuss Meereshiihe an den Berglehnen empo�9 die Stfimmy zeigen mitunter riesige Dimensionen, so fand ich einen alten Stature, der tiber der Erde gemessen, nahe 8 Fuss Durchmesser hatte. Wald- und Quel[enreichthum, ein so seltener Schatz in Spanien, mildern die drtickende t]itze und kleiden die angrenzenden ttt~gel mit tippigem Frtihli~gsgrtin; aber Niemand denkt daran, einen Baum zu pflanzen, um Schatten und erfrischende Ktihle auch der leidenden Menschheit zu schaffen, welche das Bad besucht. Oie Trinkquelle sowohl, als die neuerbaute Badeanstalt liegen etwa 1/~ bis 1/2 Stunde von dem Stadt- chen entfernt, an der 0den, staubigen Strasse, und die Patienten mtissen der vollen Sonnengluth exponirt, den Weg hinaus und herein zuracklegen, wenn sie einen Becher trinken oder ein Bad nehmen wollen.

Kein europi~ischer Badeort kann sich in Sch0nheit der Lage mit Langeron messen, und in einem civilisirten Lande wiirde es bald zu einem Eden umgeschaffen, einen Weltruf erlangen.

Den ersten Tag sliœ ich gegen den Monte Cabal[o auf, ohne jedoch bis zu der ca. 9800 Fuss hohen Spitze zu gelangen; so weit die Kastanienwaldungen reichen, ist der Weg schattig und angenehm, aber dartiber hinaus wird die Lehne beschwerlich, weniger durch ihre Steilheit als durch die monotone Einf0rmigkeit Biner viele Stun- den Weges anhaltenden gleichm~ssigen Ansteigung, welche ohne Baum und Strauch, ja fast ohne Pflanzenwuchs sich zu einem langen Rticken ausdehnt. Nach 7standigem Marsche sah ich die Unm(iglickkeit ein, noch vor eintl'etender Dunkelheit den Gip�9 zu erreichen, und, wenn auch im Mondschein, den Riickweg anzutreten. Zum Ueber- nachten war ein Obdach nicht zu finden, unsere mitgenommenen Nah- rungsmittel reichten nicht 2 Tage ans, und da die alpine Vegetation sich immer noch nicht bemerkbar machte~ fasste ich den Entschluss zur Umkehr; wir kletterten zu einem Bache hinab und folgten dem Laufe desselben bis nach Langeron, das wir Abends 8 Uhr wieder vor uns sahen. In den Kastanienwaldern wuchs h~ufig Orobanche foetida Dsf., sowie noch eine andere stattliche Orobanche auf den Wurzeln von Spartium junceum, die aber schon vollstandig vertrocknet und theilweise im Fruchtstande war. Beim Herabsteigen, am Rande des Baches Adenocarpus decorticans Boiss, aber seltener und nicht in so baumartigen Exemplaren als ira oberen Jenilthalel, dann Bupleu- rum spinosum L, Daphne Gnidium L., Hypericum baetieum Boiss., Origanum virens H. L., Picris longifolia Boiss, Ptychotis ammoides Koch, an einer anderen Stelle Verbascum Haenseleri Boiss.? und V. virgatum With.

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Den nfichsten Tag sah ich mir die Stadt und das Bad genauer an und durchsuchte die i~den Ht~gel gegen Siiden, am Bade stand Atriplex tlalimus L., Statice delicatula Gir. und einige Chenopodien, auf den steinigen Htigeln : Dianthus attenuatus Sm., 19. Broteri Boiss., Eryngium ilicifolium Lam., Itelichrysum angusti[olium DC., Hyperi- cure tomentosum L. und Bhamnus ~elutinus Boiss., auch rand sich Asparagus aIbus ziemlich verbreitet.

Zwischen Langeron und Granada verkehrt t~glich eine Diligence, ein ungeheurer Kasten von zwei Etagen, der durch 6 bis S Maul- thiere fort gezogen wird; eines derselben bat einen Zaum, und der Gespannfiihrer dirigirt die Richtung, welche die Thiere zu nehmen haben, dadurch, dass er rechts oder links mit einem Stoeke oder Peitschenstiel an rien Wagen klop�9 und ihnen zuruft; geht es bergan, so steigt er vom Wagen und haut unbarmherzig mit Stock, Peitsche oder auch wohl mit Steinen auf den Thieren herum, ausserdem lauft noch ein Junge nebenbei mil lautem Schreien das Gespann aufmun- ternd, und ein Kondukteur (Majoral) hilft gelegentlich ebenfalls durch Ru�9 und Peitschenhiebe. Der Weg ist stellenwœ so schmal, dass gerade nur der Wagen Platz findet, geht in den sch~rfsten Biegun- gen und Steigungen, so dass man wirklich staunt, wie geschickt das Ungethtim von Wagen glticklich durch aile die Hindernisse hindurch gebracht wird, ohne dass er mit seinen Insassen in irgend œ Ab- grund sttirzt, o

Bel meiner Rtickkehr nach Granada rand ich gœ wieder die Vorbereitungen zu einem Stierge�8 getroffen, und so wenig ich auch solchen grausamen Vœ234 zugethan bin, bœ ich es doch gewissermassen als Verpfiichtung, auch dieses nationale Vergntigen mitanzusehen, da ich einmal ira Lande war. So geftihr- lich als man gew0hnlich annimmt, ist die Sache allerdings nicht, und nur selten wird ein Mensch dabei verwundet; aber die armen Pferde werden auf eine schreckliche Weise zu Tode gemartert. Muth und Gewandtheit der K~mpfer muss man allerdings bewundern, aber es hil�9 ihnen maneherlei, die Gefahr zu vermindern, namentlich dot Umstand, dass dor Bau der Stiere ein schnelles Umwenden nicht ge- starter, und dass sie, um einen Stoss auszufiihren, sich immer erst mit dem Kopfe herab backen mtissen, was die Leute pr~ichtig auszu- ntitzen verstehen.

Das ganze Schauspiel besteht eigentlich ans vier Akten. Zuerst kommt ein Aufzug, an dem aile Betheiligten in bunten, mit reicher Stickerei versehenen Anztigen Theil nehmen, sie bewegen sieh lang- sam bel don Kltingen eines Marsches um die Arena, auf deren cirier Seite ein Madonnenbild, und auf deren anderer Sœ die Loge far das Pr'asidium befindlich ist. Vor dem Marienbilde wird Halt gemacht und der Segen mittelst Kniebeugung orfieht, dann geht der Zug bis zut Pri~sidialloge, und der Matador richtet eine kurze Ansprache hinauf und bittet um Gœ zum Bcginne. Ein Trompetentusch er�9 die Pferde und Mau!thiere mit ihron Treibern verlassen den Kampfplatz und ein Stier stt~rzt heraus, dem man, wiihrend er don schmaien

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Ausgang passirt, ein tellergrosses, buntes Medaillon mit langen, fiat- ternden Biindern mittelst kurzer Widerhaken an das Widerrtist heftet. In diesem zweiten AMe kiimpfen nun die Picadores zu Pferde, sie haben eine starke Lanze~ und es ist ihre Aufgabe, den Stier mittelst derselben vom Pferde abzuwehren, was jedoch selten genug gelingt, meist sti~sst ihnen der Stier gleich beim ersten Anrennen die t/0rner tief in den Leib, dass sie zusammensinken; aber das hilft nichts, die armen Thiere werden mit Gewalt zum Aufstehen gezwungen, der Reiter setzt sich wieder darauf und treibt sie mit schar�9 Sporen vorwfirts, bis sie endlich den wiederholten schweren Verwundungen erliegen. Die Reiter sind gegen die St0sse durch eiserne Schienen unter den Kleide�9 und riesengrosse eiserne Steigbtigel ziemlich ge- sichert und haben nur darauf zu sehen, dass sie beim Sturze des Pferdes nicht unter dasselbe zu liegen kommen. Sttirzt ein Thier zu- sammen so sind gleich andere Kfimpfer in der N~ihe~ welche den Stier durch bunte T�9 die sie ihm vorhalten, ablenken und dem Reiter wieder aufhelfen. (Fo~~~y fo~~,.)

Literaturberichte.

Die ,Belgique Horticole y bringt mit der Ueberschrlft ,Origine du Guano" einen Artikel, der die neuesten Erfahrungen tiber die Entstehung des Guano tiber sein gegenwiirtiges Vorkommen und tiber die Miichtigkeit der Lager mittheilt. Sie selbst entlehnte diese An- gaben dem Bu[I. de la Soc. d'acclimation t875, p. 430, und der Inhalt ist ira Wesentlichen folgender: Nach der allgemeinen Ansicht wurde die Entstehung des Guano, dieses krfifiigen Agens der Frucht- barkeit in der Agrikultur, aus den durch Jahrhunderte angesammelten Ausscheidungen der Myriaden von SeevSgeln~ hergeleitet. Dr. H ahel, welcher sich seit langer Zeit datait be�9 den Guano auf chemi- schem, mikroskopischen und sonstigen Wege zu untersuchen, verwirft in Folge der erhaltenen Resultate die frtiher aufgetauchte und ver- breite Ansicht, dass dieses geschiitzte Dtingungsmittel die riesig ange- himften Exkremente dieses zahlreichen Vogelvolkes sei~ da er bei Behandlung auf chemischem Wege einen unl~)slichen Rtickstand aus fossilen Meerschw~mmen, Seethieren und Meerespfianzen erhielt. In der Niihe der Chinchas und anderen Guano-Inseln haftete an den Ankerschaufeln der von den Seefahrern ausgeworfenen Anker~ nicht selten Guano, welcher vom Grunde des Oceans herauf geschafft wurde. Durch diese und andere Thatsachen schliesst der amerika- nische Doktor, dass die Guanolager die Resultate von Anh~iufungen fossiler Pfianzen und Thiere sind�87 wovon die organischen Bestandthei[e in eine azotartige Substanz umgewandelt wuvden~ die mineralischen hingegen unge~indert blieben. Der Verbrauch des Guano ist ein rie- siger geworden, und die schnelle Abnahme der Guano-Biinke in Peru erregte Besorgniss. Man griff daher allenthalben zu dem Aushilfsmittel