REISETRÄUME - Textbüro Wortschatz...15. Juli bis 4. November 2018 im Merseburger Dom und in der...

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www.sachsen-anhalt-tourismus.de REISETRÄUME SACHSEN-ANHALT DAS MAGAZIN FÜR NEUGIERIGE SCHNABULIEREN IN SACHSEN-ANHALT schnabulieren(Deutsch) schna|bu|lie|ren; in Ruhe und mit Genuss verzehren Rezepte, Handwerk, Reiseziele und Erlebnisse aus dem Genussland Sachsen-Anhalt Rezepte, Handwerk, Reiseziele und Erlebnisse aus dem SACHSEN-ANHALT

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    REISETRÄUMESACHSEN-ANHALT DAS M AGA ZIN FÜR NEUGIERIGE

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

    schnabulieren (Deutsch) schna|bu|lie|ren; in Ruhe und mit Genuss verzehren

    Rezepte,Handwerk,

    Reiseziele undErlebnisse aus

    dem Genussland Sachsen-Anhalt

    Rezepte, Handwerk, Reiseziele

    und Erlebnisse aus dem

    SACHSEN-ANHALT

  • R A DTOUR EN IN SACHSEN-ANHALT

    Erfülle deine Sehnsucht.

    U N T E R W E G S V O N A R E N D S E E B I S Z E I T Z .

    In Sachsen-Anhalt sind Qua litätsradwanderwege und viel unberührte Natur die reine Freude. Lassen Sie sich in zahl reichen Herbergen verwöhnen und von der Weltkultur am Wegesrand beein drucken. www.naturfreude-erleben.de

    1EDITORIAL

    STETS EINEN GUTEN TROPFEN IM GLAS

    S achsen-Anhalt ist das Ursprungsland der Refor-mation. Die Gestaltungskonzepte des legendären Bauhauses gingen von hier in die Welt. Auch der Weinbau hat eine große Tradition im Land. Seit über 1.000 Jahren wird an den Flüssen Saale und Unstrut dem Winzerhandwerk nachgegangen. Die Weinregion wird auch die Toskana des Nordens genannt. Den hiesigen Wein zeichnen ein feingliedriges, fruchtiges Bukett und ein spritziger Charakter aus.

    Um die Region Saale-Unstrut kennenzulernen, folgt man am besten der Weinstraße, die seit 25 Jahren durch die Kernregion des Anbaugebiets vorbei an alten Terrassenweinbergen, durch Dörfer und Städtchen zu zahlreichen Weingütern und Straußwirtschaften führt. Die beliebte „Straße der Romanik“ und die archäologische Route „Himmelswege“ teilen sich mit der Wein-straße so manches Wegstück. Besucher bekommen in den imposanten Burgen und Kirchen sowie dem berühmten Naumburger Dom einen Einblick in die Vergangenheit und Geschichte der Region. Beim Erkunden der archäologischen Schätze, die entlang der Himmelswege liegen, lassen sich weltberühmte Fundstücke wie die „Himmelsscheibe von Nebra“ oder das älteste Sonnenobservatorium in Goseck entdecken.

    Ein Höhepunkt eines jeden Jahrs ist das Winzerfest in Freyburg/Unstrut, der heimlichen Haupt-stadt des Weinanbaugebiets Saale-Unstrut. Immer am zweiten Septemberwochenende laden die Winzer der Region dazu ein, die große und hochwertige Sortenvielfalt des Anbaugebiets zu probieren. Anlaufpunkt für Tausende Gäste ist das Weindorf auf dem Freyburger Marktplatz, wo auch die Proklamation der neuen Gebietsweinkönigin stattfindet und der historische Fest-umzug vorbeikommt.

    Übrigens trank Martin Luther den Überlieferungen nach gern und häufig Wein und kam schließlich zu der Feststellung: „BIER IST MENSCHENWERK, WEIN ABER IST VON GOTT.“Ich wünsche Ihnen einen erlebnisreichen Aufenthalt und stets einen guten Tropfen im Glas.

    Siegfried BoyPräsident des Weinbauverbands Saale-Unstrut e. V.

  • 2 3INHALT

    Nur hier staunen Besucher über mittelalterliche Baukunst entlang der „Straße der Romanik“, lustwandeln durch die idyllischen „Gartenträume-Parkanlagen“, entdecken archäologische Sensationsfunde auf den „Himmelswegen“, erleben moderne Bauhaus-Architektur und lernen Martin Luther an den Originalschauplätzen der Reformation kennen.

    Die Kultur- und Naturwelten Sachsen-Anhalts entdecken Sie auf www.sachsen-anhalt-tourismus.de

    Die Weinstraße Saale-Unstrut feiert 2018 ihren 25. Geburtstag

    Johann Joachim Winckelmann kehrt wieder in seine Geburts-stadt Stendal zurück

    Am 21. April 2018 öffnet die Landesgartenschau in Burg mit traumhaften Parks ihre Pforten

    Ihre Spuren sind noch heute in Magdeburg, Memleben und Quedlinburg zu finden.

    Erfahren Sie mehr über die Highlights entlang der „Straße der Romanik“ in Sachsen-Anhalt.

    Eine Fahrt im Heißluftballon über den Harz

    Das Bauhaus-Gebäude in Dessau – leben, lernen und arbeiten unter einem Dach.100 Jahre Bauhaus – neue Geschichten um dieses Jubiläum aus Sachsen-Anhalt

    THEOPHANU. DIE SCHÖNE AUS BYZANZ

    GAUMENFREUDE UND AUGENWEIDE

    AHA UND OHO MIT LAOKOON UND APOLL

    TRÄUME, TÜRME, TORE

    „WIE EIN BEHARRLICHER GEDANKE“

    „IM KORB SIND ALLE GLEICH“

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    ROTK ÄPPCHEN UND DER GUTE SEK TDie traditionsreiche Sektkellerei in Freyburg/Unstrut steht für die hohe Weinkultur einer ganzen Region

    SACHSEN-ANHALT ENTDECKEN – EUROPA VERBINDENUnterwegs von Quedlinburg nach Staßfurt auf dem Europaradweg R1

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    DEM HIMMEL SO NAHDas Ringheiligtum Pömmelte gilt als das deutsche „Stonehenge“ aus Holz

    IHRE M A JESTÄT AN DER ELBEDie alte Hansestadt Tangermünde ist klein, aber prächtig

    A M HORIZONT DER DOMEin neuer Abschnitt auf dem Lutherweg führt von Zerbst in die Landeshauptstadt Magdeburg.

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    ZIEGOBERT, BÄRENTALER UND HARZER AN DER ELBEZiegenkäse aus den Elbauen

    KUNST UND KROKODILE AN DER SA ALEZoologischer Garten und Kunstgarten in Halle (Saale)

    ADRESSENVERANSTALTUNGSKALENDER (Auswahl)SACHSEN-ANHALT IM ÜBERBLICK

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  • 4 QUERBEET

    Wissen + Macht. Der Heilige Benedikt und die Ottonen

    Thietmars Welt. Ein Merseburger Bischof schreibt Geschichte

    Dommuseum Ottonianum

    MEMLEBEN

    MERSEBURG

    M AGDEBURG

    Die Entwicklung Mitteldeutschlands wurde im frühen Mittelalter durch die ottonischen Herr-scher und die von ihnen geförderten Klöster geprägt. Vor allem die Klöster bildeten wichtige Zentren des Glaubens, der Verwaltung, der Bildung und der Kunst. Von ihnen gingen bedeutende Impulse für das Handwerk und die Landwirtschaft aus. Die Entwicklung der Klosterlandschaft um Saale und Unstrut unter dem Aspekt von Wis-senstransfer und Mission, Kirche und Herrschaft wird im Zentrum der Sonderausstellung „Wissen + Macht“ stehen. Zwischen dem 7. Mai und dem 15. Oktober 2018 werden hochkarätige Exponate die Geschichte der christlichen Pioniere in den Mau-ern des ehemaligen Klosters Memleben lebendig machen. Außerdem laden ein Dutzend Klosteror-te unter dem Motto „Kloster + Welt“ ein, in den historischen Gemäuern zu erfahren, wie Mönche und Nonnen lebten, welches Schicksal die einzel-nen Ordensniederlassungen über die Jahrhunderte ereilte und was heute aus den einstigen Zentren des Glaubens geworden ist. www.kloster-memleben.de

    Thietmar von Merseburg hinterließ uns eine Chronik, die vom Alltag bedeutender Personen, aber auch von der Lebenswelt der einfachen Bevölkerung im 10. Jahrhundert erzählt. Anhand lebendiger Beschreibungen wird eine Sonderausstellung vom 15. Juli bis 4. November 2018 im Merseburger Dom und in der Kurie Nova diese Epoche wiedererstehen lassen. Der Besucher taucht in die Vorstellungswelt des mit-telalterlichen Menschen ein, erlebt Kaiserkrönungen, prachtvolle Hoftage und kirchliche Feste, aber auch den Alltag der Burg- und Dorfbewohner, die Mühen bei der Urbarmachung des Landes, Hungersnöte und Gefahren. | www.thietmar-merseburg.de

    Direkt vor dem Magdeburger Dom eröffnet am 4. November 2018 das Dommuseum „Ottonianum“. Auf 650 Quadratmetern Ausstel-lungsfläche werden dann drei große Themenkom-plexe des europäischen Mittelalters präsentiert: Kaiser Otto der Große (912–973) und die Königin Editha (910–946), das Erzbistum Magdeburg und die archäologischen Forschungen in und am Dom. Zu den Ausstellungsobjekten gehören die teils spektakulären Funde der Dom- und Domplatz- grabungen, darunter der Bleisarg der Königin Editha, mittelmeerische Stoffe aus der Bestattung der Königin Editha, kostbare Beigaben aus den Gräbern der Erzbischöfe Wichmann von Seeburg (1115–1192) und Otto von Hessen (1301–1361), die Gruft eines Vertrauten Kaiser Ottos des Großen aus dem Jahr 963 sowie antik-römische Bauteile von den ottonischen Bauten am Domplatz.www.dommuseum-ottonianum.de

    Theophanu übernahm für ihren kleinen Sohn Otto III. die Regierungsgeschäfte und siegelte mit folgendem Text: „Theophanius Imperator Augustus“. Sie war die erste deutsche Kaiserin. Sie kam aus Istanbul.

    Ausschnitt eines Bildes in der Nikolaus-kapelle in Groesbeek/Niederlande

    Goldenes Löwen-köpfchen aus einem Grab im Dom (11.–12. Jh.) | Foto J. Lipták

  • 6 7STRASSE DER ROMANIK

    Jesus Christus segnet Kaiser

    Otto II. und Prinzessin

    Theophanu.

    THEOPHANU. DIE SCHÖNE AUS BYZANZ

    Theophanu kam aus Istanbul. Mit einem Gefolge aus Künstlern und Handwerkern revolutionierte die erste Kaiserin des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation die Kultur in Mittel-deutschland und schenkte uns den Nikolaustag. Ihre Spuren findet man heute noch in Mag-deburg, Memleben und Quedlinburg.

    Land in Sicht! Das zierliche Mäd-chen auf dem Leudo-Segler zuckt kurz zusammen. Der milde Süd-westwind duftet schon nach Früh-ling. Die azurblaue Gischt trägt ei-nen salzigen Hauch auf die Lippen der byzantinischen Prinzessin. Ihre

    mandelbraunen Augen schauen gespannt in Richtung italienische Küste. Die Skyline von Taranto ist langsam zu erahnen. Einen letzten Blick wagt sie zurück – vor zehn Tagen war sie in Konstantinopel, das heute Istanbul heißt, an Bord gegangen. Ihre Heimat wird sie nie wieder sehen.

    Gero reicht Theophanu die Hand. Zum ersten Mal betritt sie weströ-mischen Boden. Der Kölner Erzbi-schof lächelt verkniffen. Eigentlich sollte er Prinzessin Anna – die Purpurne – vor den ottonischen Traualtar führen. Aber auch der dritte Versuch klappt nicht. Er hat seine Mission nicht erfüllt. Aber der „Fehlschlag Theophanu“ wird sich in wenigen Jahren als purer Glücksfall erweisen.

    Die päpstliche Chronik schreibt den 14. April 972. Der deutsche Kö-

    nigsspross Otto II., Sohn von Otto dem Großen und schon gekrönter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, heiratet Theophanu, Prinzessin aus Byzanz, Teil der dort regierenden mazedo-nischen Dynastie.

    Mit dem päpstlichen Segen aus-gestattet zieht der Kaiserzug aus Rom hinaus. Der Tross nimmt Kurs in Richtung Norden. Monate werden vergehen, bis Dolomi-ten, Alpen und die Mittelgebirge Frankens und Sachsens überwun-den sind – 2.000 lange Kilometer. Hoch oben auf dem Brennerpass will Theophanu ihren Augen nicht trauen. Eisiges Weiß blendet sie. Zum ersten Mal in ihrem Leben sieht sie Schnee.

    Ihre Familie hatte sie gewarnt vor dem unbekannten Nebelland, da wo die Barbaren hausen, wie die

    Eine Prachturkunde belegt die Heirat von Otto II. und Theophanu am 14. April 972 in Rom.

  • 8 9STRASSE DER ROMANIK

    Römer behaupteten. Jetzt hat sie es vor Augen. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Unten in den Tälern leuchtet schon frisches Grün, Kräuterduft atmet die Früh-lingsluft und die Weinstöcke, mit denen sie hier nicht gerechnet hat, zeigen erstes Leben.

    Die Magdeburger, 973 wohl kaum mehr als einige Tausend Men-schen, stehen gespannt an den Straßen. Mit dem neuen Königs-paar zieht ein Tross zur Kaiserpfalz von Otto dem Großen – die oben über der Elbe thront – wie ihn die Stadt noch nie sah. Edle Stoffe in satten leuchtenden Farben, fein bestickt mit goldenen Fäden und meisterhaft gestalteter Schmuck zieren die Frauen. Männer, oft mit sonnenverwöhnter dunkler Haut und wehendem schwarzen Haar richten ihre Blicke auf die Mag-

    deburger, die staunend auf diese orientalische Karawane schauen. Mit diesen Fremden haben sie nicht gerechnet. Würden die hier bleiben? Würde sich ihr gewohnter Alltag verändern?

    Magdeburg wird bunter. Die pragmatisch veranlagte Theo-phanu versteckt ihre Landsleute nicht etwa hinter den Mauern der Kaiserpfalz, sondern veranstaltet große Markttage. Die „Griechen-märkte“, wie sie schnell im Volks-mund heißen, bieten exotische Gewürze, feine Stoffe, unglaublich leckere Speisen und Getränke. Aber auch Kunstwerke und Musik, die so fremd klingt, dass es eine Freude ist.

    www.strassederromanik.dewww.magdeburg-tourist.de

    Theophanus Idee aus dem 10. Jh. lebt bis heute: Märkte und Veran-staltungen am Magdeburger Dom.

    Abraham-Engel-Teppich

    (Ausschnitt) im Domschatz

    Halberstadt

    Das auf der Straße der Romanik liegende Kloster Drübeck ist eine Station auf der Route der „Frauen-Orte“ in Sachsen-Anhalt. Hier, zu Füßen des Bro-ckens, lebten über 1.000 Jahre Benediktinerinnen. Im Zuge der Reformation wurde ein evangelisches Damenstift gegründet. Bis 1991 war es ein Erholungs-heim für berufstätige Frauen. Die „FrauenOrte“ bieten eine Spurensuche, die sichtbar macht, wie und wo Frauen diese Re-gion prägten.www.frauenorte.net

    REISETIPP „FRAUENORTE“

    DER ROMANISCHE COMIC

    Zum Halberstäder Domschatz gehören die ältesten gewirkten Bildteppiche der Welt.

    „Halberstadt – Ihr Tor zum Harz“, mit diesem Slogan wirbt die Stadt an der „Straße der Romanik“ für ihre Se-henswürdigkeiten. Karl der Große gründete hier 804 ein Bistum. 859 wurde der erste Dom geweiht. Baustart für die bis heute stehende gotische Kathedrale war 1236.

    Die Tür zum Besuchereingang des Doms wurde eben aufgeschlossen, schon stehen die ersten Besucher im modernen Empfangsraum. „Morgenstund’ hat Gold im

    Mund’“ – wohl wahr. Die Sonne schickt ihr gleißendes Morgenlicht durch Fenster und

    Säulen. Alles bekommt eine leichte Hülle aus Gold. „Im Grunde wurde der Dom als genau solch eine kostbare Hülle für seinen Schatz gebaut“, sagt Claudia Wyludda. Aus ihren Augen springt dieses Leuchten: „Das Halberstädter Ensemble aus Bauwerk und Dom-schatz zählt zu den weltweit umfangreichsten und kostbarsten Kirchenschätzen und ist seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts in diesem Zusammenhang so erhalten geblieben. Das verdiente Würdigung“, sagt die 41-jährige Halberstädterin.

    Nicht alle Stücke des Domschatzes dürfen ins Licht gerückt werden. Wenn die Besucher den abgedunkel-ten Teppichsaal betreten, sind sie gleichsam in der Zeit der Spätromanik angekommen. Hier sind zwei zehn Meter lange Bildteppiche ausgestellt, von Kunsthis-torikern als die ältesten erhaltenen Wirkteppiche der Welt analysiert. Experten fanden heraus, dass Wolle, Leinen und die Farben hauptsächlich aus der Harz-region stammen. Als beste Qualitätsarbeit „Made in Mitteldeutschland“ würde man heute bezeichnen, was hier die Bildwirker und Kunsthandwerker im 12. Jahrhundert fertigten. „Die beiden Bildteppiche mit Szenen aus dem Alten Testament wurden von hiesi-gen hochprofessionellen Werkstätten in den Jahren um 1150 und 1170 gefertigt“, erzählt Claudia Wyludda. Die auf dem ersten Abraham-Engel-Teppich mit Sze-

    nen aus dem Leben des Abraham zeigen eine beein-druckende Monumentalität. Als Comic würde man heute die einzelnen Bilder bezeichnen.

    Auf dem zweiten, dem Christus-Apostel-Teppich, sind Jesus und seine Weggefährten individuell chrakteri-siert dargestellt. Im Zentrum sitzt Christus als Welten-richter auf einem Regenbogenthron. „Wenn ich davorstehe, fühle ich tatsächlich Energie fließen“, sagt Claudia Wyludda.

    www.die-domschaetze.de

    Die Domschätze in Quedlinburg und Halberstadt zeigen Weltkultur vom Feinsten. Während die Quedlinburger Sammlung erst 1993 mit den herausra-genden Ausstellungsstücken aus den USA in die Stiftskirche St. Cyriakus zu-rückkam, brilliert die Schatzkammer im Halberstädter Dom mit dem einzigen deutschen Kirchenschatz, der seit dem 13. Jahrhundert nahezu unverändert besteht. | www.die-domschaetze.de

    DOMSCHÄTZE QUEDLINBURG UND HALBERSTADT

  • FASZINIERENDE VERBINDUNG VON RAUM UND KLANG

    KURZINTERVIEW MIT OLIVER JUETERBOCK, MANAGER DES MDR MUSIKSOMMER

    Warum haben Sie sich 1997 für eine Konzertreihe an der Straße der Romanik entschieden? OLIVER JUETERBOCK: Die Verbindung von Raum und Klang ist in romanischen Bauwer-ken faszinierend. Ich musste damals diese besondere Akustik in Domen, Kirchen und Klöstern auf mich wirken lassen. Danach war die Entscheidung gefallen.

    War es eine gute Entscheidung?OLIVER JUETERBOCK: Die Straße der Romanik steckte 1997 noch in den Kinderschuhen. Heute zählt diese Konzertreihe sowohl bei den Musikern als auch bei den Besuchern zu den beliebtesten Veranstaltungen. Also – wohl alles richtig gemacht.

    Wie feiert der MDR MUSIKSOMMER 2018 das 25-jährige Jubiläum der Straße der Romanik?OLIVER JUETERBOCK: Mit dem Eröffnungs-konzert im Magdeburger Dom am 30. Juni 2018. Danach wird es sechs weitere Konzerte in mittelalterlichen Bauwerken geben – z. B. am 1. Juli im Havelberger Dom mit dem Sächsischen Barockorchester und am 5. Juli im Halberstädter Dom mit dem Dresdner Kreuzchor.

    Alle Termine und Tickets:www.mdr-musiksommer.de

    10 11STRASSE DER ROMANIK

    Im Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen war die Grablege von Norbert von Xanten.

    Dorothee Mields, artist in residence 2018

    IMMER NOCH EIN MENSCHENFISCHER

    Der heilige Norbert von Xanten (1080–1134), im Leben wie im Tode eine große europäische Figur des 12. Jahrhunderts, erhält jetzt im Magdeburger Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen seine Grablege in der Krypta zurück. Aus diesem Anlass blickt Prior Prof. Dr. Clemens Dölken (O.Praem) auf die Lebensreise des Hl. Norbert.

    Wie passt das denn alles zusammen? Er hieß Norbert von Xanten. Er lebte wichtige Jahre im französischen Premontré, im Kloster des von ihm gegründeten Reformordens der Prämonstratenser. Er lebte aber auch, wirkte, starb und wurde beigesetzt in Magde-burg. Seine Gebeine befinden sich jedoch heute nicht mehr im Kloster Unser Lieben Frauen, sondern im Prämonstratenserkloster Strahov in Prag. Der vom Niederrhein stammende, in Frankreich seine prägen-den Jahre verbringende, dann im Osten des Reichs, damals also am Rande der Zivilisation wirkende

    Reformer gilt als der Patron Böhmens und des Mag-deburger Lands – seit 1974 des Bistums Magdeburg. Norbert ist bis heute kein „Volksheiliger“ geworden. Dabei hat der spätere Heilige den Basilikabau des Klosters Unserer Lieben Frauen angeregt, wachte über die Errichtung der beiden Kirchtürme, ließ den zweigeschossigen Kreuzgang, das Brunnenhaus (ein Stolz des Klosters Unser Lieben Frauen) und das Winterrefektorium vollenden. 1129 übereignete der Erzbischof Norbert das Kloster dem Prämonstraten-serorden, dem es bis 1601 gehörte. Von hier gingen die Gründungen des Havelberger Doms samt Kloster wie auch des Klosters Jerichow, die heute allesamt zur Straße der Romanik gehören, aus.

    „Norbert war ein Mann des Friedens“, sagt Pater Clemens. Aber er hatte doch ständig Krach mit den Magdeburgern? Immerhin musste er als Erzbischof nach Halle ausweichen, um sich vor den aufge-brachten Magdeburgern zu retten. „Nicht vor den Magdeburgern“, meint Pater Clemens. „Norbert ist Reformer, der dafür sorgt, dass die Einkommen über die Pfründe, die sich adlige Herren unter den Nagel gerissen haben, um sich oder gar noch ihren Famili-en ein gutes Leben zu bescheren, wieder der Kirche zufließen. Dass diese das Geld für karitative und Zwecke der Mildtätigkeit sowie für die Förderung der Liturgie verwenden kann – das hat diesen Herren, un-ter anderen den Domherren, natürlich nicht gefallen. Andererseits war er ein guter Motivator, ein Frie-densstifter und ein Diplomat, dessen Rat beim Kaiser geschätzt wurde. Und er war jemand, der Menschen bewegen, sie für sich einnehmen konnte. Ja, er war eben auf seine Art auch ein Menschenfischer.“

    Norbert starb 1134, wahrscheinlich an Malaria, die er sich auf dem Kreuzzug König Lothars nach Italien 1132/33 geholt hatte. Norbert wurde in der Magde-burger Ordenskirche beigesetzt. 2017 wird die Krypta, die heute zum Magdeburger Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen gehört, restauriert. Zur Neuer-öffnung 2018 wird man die (leere) Grablege Norberts in der baulichen Form für die Besucher zugänglich machen, die sie nach der Heiligsprechung erhalten hat. Sie wird sicher auch für manch einen ein Ort der Andacht werden.

    Unser Gesprächspartner: Prof. Dr. Clemens Dölken O.Praem ist der Prior des abhängigen Priorats der Prämonstratenser in Magdeburg.

    MUSIKERLEBNISSE AN DER STRASSE DER ROMANIK

    AUSSERGEWÖHNLICHE SPIELSTÄT TEN – EINM A LIGE KONZERTER LEBNISSEDas Heinrich-Schütz-Musikfest 2018

    S o vielfältig wie die einzigartige Kulturregion Mitteldeutschlands ist auch das Programm des deutschlandweit bedeutendsten Festivals zur Musik des 17. Jahrhunderts. Unter dem Motto „Verley uns frieden“ bietet das Heinrich-Schütz-Musikfest vom 5. bis 14. Oktober 2018 Maßstäbe setzende In-terpretationen durch führende Ensembles der Alten Musik an authentischen und atmosphärisch einzig-artigen Spielstätten, wie beispielsweise in Zeitz und Weißenfels.

    Diesjährige „artist in residence“-Künstlerin ist Do-rothee Mields, eine der bedeutendsten Interpretin-nen der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Sie wird das Musikfest im Rahmen verschiedener Konzerte künstlerisch prägen. Ihr einzigartiges Timbre und ihre berührenden Interpretationen vom Frühbarock bis zu zeitgenössischen Klängen faszinieren stets aufs Neue. Zudem werden weitere internationale Stars und Spitzenensembles der Barockmusik, wie die Lautten Compagney Berlin, Vox Lumines, das Johann Rosenmüller Ensemble, Voces8 oder AudidivVocal, Konzerte spielen. Der Kartenvorverkauf startet am 1. Mai 2018.

    www.schütz-musikfest.de

  • 12 13WEINSTRASSE SAALE-UNSTRUT

    Gaumenfreude und Augenweide

    S teilterrassen, alte Trockenmauern, roman-tische Weinbergshäuschen und malerische Flusstäler prägen das fast 800 Hektar große Qualitätsweinanbaugebiet Saale-Unstrut. Entlang der 1993 gegründeten Weinstraße lässt sich die Vielfalt dieser reichen Kulturlandschaft auf besonders eindrückliche Art erleben. Die Route durch die liebliche Landschaft des Anbaugebiets führt zu zahlreichen Weingütern und Straußwirt-schaften sowie zu architektonischen Sehenswürdig-keiten. Ein Genuss für Gaumen und Augen.

    MEMLEBENKaiser Otto II. gründete in Memleben ein Benedik-tinerkloster. Unter der Kirchenruine gibt es eine spätromanische Krypta. Auf dem Areal wurde ein kleiner Weinberg neu angelegt, auf dem das Kloster regelmäßig Seminare zum Weinbau anbietet.

    NEBR ADas Kleinstädtchen liegt am Hang und wird von einer Unstrutschleife umzogen. Ein weltweit bedeutender Fund ist die Himmelsscheibe von Nebra – das erste

    Die Weinstraße Saale-Unstrut feiert 2018 ihren 25. Geburtstag.

    Bild des Himmels ist ca. 3.600 Jahre alt. Die Ausgra-bungsstätte befindet sich auf dem Mittelberg.

    V ITZENBURG – R EINSDOR FDie Weinstraße überquert die Unstrut unterhalb der Nebraer Burgruine und folgt dem Flusslauf. Gegen-über liegt Schloss Vitzenburg – das erste Frauen-kloster der Region. Eindrucksvolle Gartenanlagen und ein Weinberg umgeben den Barock- und Neo-renaissancebau. Die Unstrut verlässt ihr enges Tal und fließt in ein weites Becken. Aus der Ferne zeigt sich die Klosterkirche von Reinsdorf.

    BURGSCHEIDUNGENAm Hahnenberg liegt das Winzerdorf Steigra. Die Weinstraße wechselt die Flussseite und über

    Wetzendorf geht es direkt am Fluss entlang nach Schloss Burgscheidungen. Die Straße führt weiter nach Kirchscheidungen, im Hintergrund der Steil-hang „Gleinaer Berge“ mit den kleinen Weinbergen der Hobbywinzer.

    L AUCH A – W EISCHÜTZ Schmale Gassen und die historische Stadtmauer bestimmen das Bild von Laucha. Sehenswert sind die alten Bürgerhäuser und die Glockengießerwerk-statt. Der Flusslauf führt nach Weischütz mit seinen kleinen Weinbergen, die sich am Nüssenberg hin-aufziehen.

    ZSCHEIPLITZVom Aussichtsturm der Ruine eines alten Nonnen-klosters hat man einen tollen Ausblick ins Un-struttal. Weiter geht es flussabwärts entlang des Freyburger Schweigenbergs mit seinem einmaligen Ensemble aus Trockenmauern, Treppen und Wein-bergshäusern.

    Die „Toskana des Nordens“: Das Saale- Unstrut-Gebiet ist das nörd-lichste Wein-baugebiet Europas.

    Mönche im Kloster Memleben

    FR EY BURG (UNSTRU T)Die Stadt liegt umgeben von sanften Hügeln, Mischwäldern, Wiesen und Auen. Über dem Un-struttal erhebt sich die Neuenburg. Der Herzogliche Weinberg am Fuße der Neuenburg ist heute ein De-monstrationsweinberg. Bei einem Rundgang kann

  • 14 15WEINSTRASSE SAALE-UNSTRUT

    Steilterrassen und Romanik: malerische Weinbergshäuschen sind typisch für die Region. Der Naumburger Dom ist ein beeindruckendes Zeugnis der Romanik.

    man sich über den traditionellen Weinbau und die Sorten des Gebiets informieren.

    GROSSJENAWo Unstrut und Saale zusammenfließen, befin-det sich der „Klingerweinberg“. Hier wohnte der Künstler Max Klinger. Heute sind der Weinberg, das Atelier und seine letzte Ruhestätte zu besichtigen. In unmittelbarer Nähe ist ein einzigartiges Bildrelief: das Steinerne Bilderbuch. Es zeigt biblische Szenen um den Weinbau, die 1722 von einem unbekannten Bildhauer in die Terrassenwände gehauen wurden.

    NAUMBURGDer weltberühmte Dom St. Peter und Paul mit seinen Stifterfiguren, die Stadtkirche St. Wenzel, das Marien-tor oder das Nietzsche-Haus bietet Naumburg bei einem Stadtspaziergang. Beliebt sind das Hussiten-Kirschfest im Juni und das Weinfest im August. Die Weinstraße folgt nun der Saale nach Westen.

    ROSSBACH – SCHULPFORTEÜber das Winzerdorf Roßbach wandert man in Rich-tung des Naumburger Ortsteils Almrich. An den ter-rassierten Hängen der Saale zwischen Almrich und Roßbach lädt die „Weinmeile“ alljährlich zu Pfings-ten ein. In Schulpforte befand sich das bedeutendste Kloster der Region, eine 1137 angesiedelte Zisterzi-enserabtei. In den Gebäuden von Kloster Pforta ist heute ein angesehenes Landesgymnasium.

    BA D KÖSENVorbei am Köppelberg, dem ältesten noch bewirt- schafteten Weinberg aus der Mitte des 12. Jahrhun-derts, geht es in die Kurstadt Bad Kösen. Entspan-nung bieten Kurgarten, Thermalbad oder Gradier-werk.

    www.saale-unstrut-tourismus.dewww.weinbauverband-saale-unstrut.de

    „Ich freue mich, Sie auf geselligen

    Weinfesten zu empfangen und mit einem Gläs-chen spritzigen

    Saale-Unstrut-Wein anzustoßen.“

    J U LI A N A B E E R , GEBIE T SWEINKÖ NIGIN

    SA A L E- UNSTRUT 2017/2018

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

    schnabulieren (Deutsch) schna|bu|lie|ren; in Ruhe und mit Genuss verzehren

    Rezepte,Handwerk,

    Reiseziele undErlebnisse aus

    dem Genussland Sachsen-AnhaltLiebe Leserinnen und Leser,

    sollten Sie auf dieser Seite nicht das Heftchen zum GENUSSLAND SACHSEN-ANHALT finden, können Sie es unter

    www.sachsen-anhalt-tourismus.de oder telefonisch unter 0391 568 99 80 bestellen.

  • 16 17WEINSTRASSE SAALE-UNSTRUT

    Rotkäppchen und der gute Sekt

    Die traditionsreiche Sektkellerei in Freyburg/Unstrut steht für die hohe Weinkultur einer ganzen Region

    Handarbeit: In der historischen Sektkellerei erhält jede Flasche die Aufmerksamkeit des Kellermeisters.

    Auch archi-tektonisch

    überzeugend: der alte

    Rotkäppchen-Firmensitz

    In Vino Veritas: Im Keller können Besucher zum Glas greifen.

    E r ist bekannt und in aller Munde – der Rotkäppchen-Sekt. Nicht nur den Namen hat das prickelnde Getränk von der bekannten Märchen-figur sondern auch das markante rote Häubchen über dem Flaschenkopf. Und würde Rotkäppchen heutzutage durch den Wald zur Großmutter gehen – sie hätte neben dem Kuchen wohl auch eine Flasche Rotkäppchen-Sekt im Korb.

    Die Geschichte der Sektkellerei geht zurück in das Jahr 1856, als die Brüder Moritz und Julius Kloss zusammen mit ihrem Freund Carl Foerster die Weinhandlung Kloss & Foerster in Freyburg an der Unstrut eröffneten. Zunächst wurden im Hinter-haus die ersten Flaschen abgefüllt. Doch der Sekt

    war so erfolgreich, dass die Freyburger Winzer schon bald die benötigten Mengen Wein nicht mehr liefern konnten. Kloss & Foerster musste Most aus Württemberg

    und Baden beziehen – vierzehn Jahre nach der Gründung wurden 120.000 Flaschen

    Sekt mit französisch klingenden Namen wie Monopol, Crémant Rosé, Lemartin Frères und Sillery Grand Mousseux produziert. Nach einem Rechts-streit mit einem Champagnerhaus benannten Kloss & Foerster ihren Sekt nach der roten Haube und ließen 1895 Rotkäppchen als Markennamen eintra-gen. Auszeichnungen und das clevere Marketing brachten den Sekt nach ganz oben. So trank man beispielsweise in allen preußischen Offizierskasinos den Sekt von Kloss & Foerster – dank einem Liefer-vertrag mit dem Deutschen Offiziersverein.

    Exklusiver Sekt benötigte auch ein ansprechen-des Umfeld und so begannen die Gründer 1887, in Freyburg/Unstrut eine beeindruckende Sektkellerei zu errichten. Der eintausend Quadratmeter gro-ße Lichthof mit seinem freitragenden Glasdach war damals eine architektonische Sensation. Das Herz-stück ist der Keller über fünf Stockwerke, den man in den Muschelkalk hineintrieb. In ihm lagerte auf 13.000 Quadratmetern die kostbare Flüssigkeit. Im Domkeller steht das größte geschnitzte Cuvéefass Deutschlands. Das imposante Fass wurde 1896 von dem Küfer Georg Feldmann aus dem Holz von 25 Eichen erbaut. In ihm konnten 120.000 Liter Wein auf einmal vermischt werden. Heute besuchen über hunderttausend Gäste die historische Sektkellerei. Der Lichthof dient heute als Veranstaltungsraum für Tagungen, Konzerte sowie Feierlichkeiten und prägt das kulturelle Leben der Region.

    Besucher können auf einer „Sekttour“ die histori-schen Kelleranlagen kennenlernen. Dabei werden die verschiedenen Stufen der Sektherstellung erläu-tert. Im Rüttelkeller erfahren Gäste Wissenswertes über das Verfahren der traditionellen Flaschengä-rung. Und am Ende einer jeden Führung gibt es ein Glas prickelnden Rotkäppchen-Sekt.

    www.rotkäppchen.de

    Er gehört zum Herbst wie die bunten Blätter. Wenn kurz nach der Weinlese der Neue Wein ausgeschenkt wird, ist Zwiebelkuchen ein perfekter Begleiter zu einem süffigen Federweißer.

    R E Z E P T - T I P P

    ZWIEBELKUCHEN

    FRÜHER ZUCKER –HEUTE WEIN

    ZU DEN NOCH JUNGEN WEINGÜTERN IM SAALE-UNSTRUT-GEBIET GEHÖRT DIE AUFSTREBENDE WEIN-MANUFAKTUR „ALTE ZUCKERFABRIK“.

    Gegründet wurde das Unter-nehmen im Frühjahr 2013 in einem Backsteingebäude einer

    ehemaligen Zuckerfabrik in Laucha wenige Meter vom Ufer der Unstrut entfernt.

    „Der Begriff Weinmanufaktur steht für die Her-stellung hochwertiger Weine in limitierter Stück-zahl. Die Trauben stammen von verschiedensten Parzellen der umliegenden Weinberge an Saale und Unstrut, meist bewirtschaftet von Hobby-weinbauern“, erklärt Kellermeister Johannes Beyer. Zusammen mit seinen Partnern Chris Dabbert und Marcus Schubert hat er der Manufaktur innerhalb weniger Jahre ein Profil gegeben. Wo es Leiden-schaft gibt, stellt sich auch Erfolg ein. So bekamen die Weine aus der „Alten Zuckerfabrik“ bei den Landesweinprämierungen bereits zahlreiche Medaillien. | www.wein-zuckerfabrik.de

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

    schnabulieren (Deutsch) schna|bu|lie|ren; in Ruhe und mit Genuss verzehren

    Rezepte,Handwerk,

    Reiseziele undErlebnisse aus

    dem Genussland Sachsen-Anhalt

    ERFAHREN SIE mehr zu Genuss und Erlebnis!

  • 18 19JOHANN JOACHIM WINCKELMANN

    A HA UND OHO MIT L AOKOON UND A POLLJOHANN JOACHIM

    WINCKELMANN KEHRT

    WIEDER IN SEINE GEBURTS-

    STADT ZURÜCK: SEIT

    DIESEM JAHR KANN MAN

    IN STENDAL DAS SCHÖNE

    ROM ERLEBEN.

    Nach vielen Monaten des Umbaus öffnet das Winckelmann-Museum in Stendal am

    26. Mai 2018 endlich wieder seine Türen – weit-gehend barrierefrei. Die Besucher können sich nicht nur auf den neuen interaktiven Familien-bereich und auf Skulpturen im umgestalteten

    Innenhof freuen. Vor allen Dingen erwartet sie, was der Wissenschaftler selbst so heiß liebte:

    ein Ausflug in die Kunst der Antike.

    D er berühmte Kunst-historiker, Bibliothe-kar und Archäologe Johann Joachim Winckelmann verließ als junger Mann seine Heimat in der Alt-mark. Es hatte ihn schon immer weit weg gezogen: Als Sohn ei-nes Schusters war er für Höheres bestimmt. Winckelmann sprach viele Sprachen, er liebte das Reisen, das Lesen, den Wein und die Kunst. Besonders liebte er die Weltstadt Rom und die antiken Werke, die er dort ausgiebig stu-dieren konnte.

    In diesem Sommer – 250 Jahre nach seinem gewaltsamen Tod in Triest – holt Stendal den berühm-ten Sohn mit all seinen Leiden-schaften wieder nach Hause. „Es wird einfach großartig“, freut sich die Wissenschaftlerin Dr. Kathrin Schade von der Winckelmann-Gesellschaft über die Wiederer-öffnung des Museums. „Jetzt ist hier im Haus eine Atmosphäre er-lebbar wie in Rom.“ Dabei denkt sie in erster Linie an den neuen Raum Belvedere, in dem die Ar-chitektur des berühmten „Cortile de Belvedere“ angedeutet wird – dem Teil der Vatikanischen Höfe, der einst die Keimzelle der heutigen Vatikanischen Museen bildete. Der Hof beherbergt in

    Pavillons und Nischen klassische Meisterwerke wie die Laokoon-Gruppe und die antike Marmor-skulptur „Apollo von Belvedere“.

    Diese berühmten Skulpturen, die Winckelmann allesamt beschrie-ben hat, werden der Öffentlich-keit nun auch in Stendal multi-medial nähergebracht. Dabei kommen nicht nur moderne Kunsthistoriker zu Wort, sondern Winckelmann persönlich.

    Für ihn war der Apoll der „höchs-te Begriff Idealischer Männlicher

    „Jetzt ist hier im Haus eine Atmosphäre erlebbar wie in Rom.“

  • 20 21JOHANN JOACHIM WINCKELMANN

    Jugend“, der die „Stärke vollkom-mener Jahre mit den sanften Formen des schönsten Frühlings vereinigt.“ In einem Brief an einen Bekannten empörte er sich einst, dass die „Eselsmäßige Regierung“ 1759 doch tatsächlich dem schö-nen „Apollo, dem Laokoon und den übrigen Statuen im Belve-dere ein Blech von dem Schwanz hängen“ ließ. Der Gelehrte hielt eben nichts von falscher Verle-genheit und ist noch heute für seine klare Sprache bekannt.Ihm zu folgen, ist nicht schwer. Ein großes Panoramabild von Rom aus seiner Zeit und eine Kar-te machen es den Besuchern nun noch leichter, auf seinen Spuren zu wandeln. Zugleich betont das Museum stärker, wo der große Wissenschaftler herkommt: In einem eigenen Raum zur Ge-burtsstadt findet man auf dem Fußboden einen Grundriss vom historischen Stendal. Hier werden seine Kindheit in Armut sowie die Schulzeit erläutert. Zudem findet man viele neue Erkenntnisse über die Bildung in Stendal allgemein wie auch in ganz Preußen an-schaulich aufbereitet.

    E inen besseren Blick auf das Leben und Schaffen des Johann Joachim Winckelmann erhalten die Besucher bis ins Kleinste. Denn Tablets dienen als elektro-nische Lupe und ermöglichen es, eine Sammlung bekannter Gem-men zu studieren. Gemmen sind Miniaturbilder, die ursprünglich in Edelsteine und Halbedelsteine geschnitten wurden. Sie zeigen Porträts aus den Lebenswelten verschiedener antiker Kulturen.Das Stendaler Museum beher-bergt die Gipsabdrücke von 4.000 Exemplaren aus der großen Stosch’schen Sammlung: Baron Philipp von Stosch sammelte in Florenz Darstellungen von Göt-tern, Heldensagen, Gebräuchen und Gegenständen des täglichen Lebens, um die Kulturgeschichte des Altertums zu dokumentieren. Winckelmann kam die Aufgabe zu, einen Katalog von allen Gem-

    men zu verfassen. Dieser diente nach dem Tod des Barons im Jahr 1757 auch als Verkaufskatalog. König Friedrich der Große erstand die größte und berühmteste Sammlung seiner Zeit, die auf diese Weise nach Deutschland kam.

    www.winckelmann- gesellschaft.com

    Ein kleines Stück Rom: Gemmensammlung des Museums (links), Radierung von Vincenzo Feoli vom römischen „Cortile de Belvedere“ und Apollo

    Kinder finden Museen lang-weilig? In Stendal können sie an einem Vulkan klettern, seinen Ausbruch und den entstehenden Tsunami be-obachten. Verkleiden spielen in einer römischen Villa oder experimentieren mit antiken Baumaterialien: Während sich die Großen in Ruhe informie-ren, können Kinder spielend lernen.

    Ein Familienmuseum mit Vulkan

    Von Juni bis November werden in Stendal Leihgaben der Vatikanischen Museen gezeigt: Der Bildhauer Fer-dinand Pettrich (1798–1872) porträtierte Oberhäupter nordamerikanischer Indianer-stämme nach dem Vorbild der Antike. Im Sinne Winckel-manns betonte er ihre „edle Einfalt und stille Größe“.

    Winckelmann und die Indianer

    WINCKELMANN STEIGT VOM SOCKEL

    Auch das Theater der Altmark befasst sich zum Jubiläum mit Winckelmann. Neben den Inszenierungen „Antigone“ und „Lysistrata“ tourt es mit der Produktion „Winckelmanns Traum“ durch Sachsen-Anhalt.

    „Winckelmanns Schriften und Briefe sind ein enormer Schatz an schöner Sprache und unglaublichem Ideen-reichtum“, weiß Autorin Aud Merkel. In „Winckelmanns Traum“, einer theatralen Begegnung für drei Schauspie-ler, bettet sie Texte in eine kurzweilige Handlung ein: Eine Journalistin soll einen Artikel zum Winckelmann-Jubiläum schreiben. In der Bücherei trifft sie auf einen grantigen Bibliothekar und erfährt spannende Details aus Winckelmanns Leben und Schaffen.

    Das Theater der Altmark wollte den großen Kunstwis-senschaftler einmal von seinem Sockel holen und ent-stauben. „Unser Versuch, auch ‚Ecken und Kanten‘ sei-ner Persönlichkeit zu zeigen, mündete in einen großen Respekt und eine Neugier, die ansteckend ist“, so Aud Merkel. Er war enorm fleißig, schlief kaum und arbeite-te sich aus ärmsten Verhältnissen empor. Aud Merkel meint: „Sein fokussiertes Denken ist bewundernswert. Und er ist ein Mensch, der seinen Gefühlen Ausdruck verleihen konnte.“ | www.tda-stendal.com

    Sprache wie Musik: eine Szene aus „Winckelmanns Traum“

    Sie gilt als Grund-lage für eine glück-liche Ehe und wird traditionell als Vor-speise zum Hoch-zeitsmenü serviert. Doch auch nach der Eheschließung wird sie noch weiterhin gern gegessen.

    R E Z E P T - T I P P

    ALTMÄRKER HOCHZEITSSUPPE

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

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  • 22 23RADWANDERN AUF DEM EUROPARADWEG R1

    Mit dem Fahrrad durch Fachwerk: Die Quedlinburger Altstadt gehört zum UNESCO-Welterbe.

    SACHSEN-ANHALT ENTDECKEN –

    EUROPA VERBINDEN

    Unterwegs vonQuedlinburg nach Staßfurt auf dem Europaradweg R1

    Einen Landstrich mit dem Fahr-rad zu erkunden, hat seinen ganz besonderen Reiz. Zu einem Abenteuer wird das Vorhaben, wenn sich die Route über 3.500 Kilometer durch neun Länder und drei Zeitzonen erstreckt. Der Eu-roparadweg R1 führt von Frank-reich bis nach Russland durch be-eindruckende Kulturlandschaften und gibt einen Einblick in Europas Vielfalt.

    Sachsen-Anhalt durchquert der Europaradweg von Wernigero-de über Bernburg und Dessau-Roßlau, bis er sich bei Lutherstadt Wittenberg weiter nach Branden-burg zieht. Ein kleiner, aber besonders reizvoller Abschnitt ist die etwa 40 Kilometer lange Strecke von Quedlinburg nach Staßfurt. An Quedlinburg vorbei-zufahren ohne einen längeren Aufenthalt einzulegen, wäre unverzeihlich. Das Wahrzeichen der Stadt ist schon aus der Ferne zu erkennen: Die romanische Stiftskirche St. Servatius thront

    auf dem Schlossberg, wo auch der berühmte Quedlinburger Domschatz zu besichtigen ist. Das imposante Schlossberg-Ensemble, die Wipertikirche, d ie Reste des Marienklosters sowie die malerische Altstadt mit ihren mehr als 2.000 Fachwerkhäusern aus acht Jahrhunderten gehören zum Welterbe der UNESCO.Lohnenswert ist ebenso ein Besuch in der Lyonel-Feininger-Galerie, die eine umfangreiche Sammlung des berühmten Künstlers zeigt.

    Von Quedlinburg aus geht es weiter durch die milde Land-schaft des Vorharzes. Die Route führt durch die Ortschaften Hoym, Gatersleben und Friedrichsaue, die um den Concordia-See und den Königsauer See liegen. Im Dörfchen Schadeleben führt der R1 Radfahrer zu einem Rast- und Informationsstützpunkt am Nord ufer des Concordia-Sees.

    „Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Ange-nehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad.“ A D A M O P E L

    Die Magdeburger Börde ist für ihre Rübenfelder bekannt. Das „Weiße Gold“ der Rübe versüßte schon vor 160 Jahren den Menschen das Leben. Auf der Zucker- und Rüben-tour können Besucher dieser Tradition nachspü-ren und natürlich auch verkosten. www.elbe-boerde-heide.de

    UNTERWEGS. SÜSSE TOUR

    Unterwegs in der Entdeckerregion Magdeburg-Elbe-Börde-Heide

    Zucker- und RübenrouteAuf „SÜSSER TOUR”

  • 24 25RADWANDERN AUF DEM EUROPARADWEG R1

    Die katholische KircheSt. Marien in Staßfurt

    Schlichte Schönheit am Europa-radweg: Kloster Michaelstein in Blankenburg

    Neben einer herrlichen Sicht auf den Brocken gibt es dort eine kleine Werkstatt für mögliche Reparaturen am Rad.Zwischen den beiden Seen befin-det sich Sachsen-Anhalts größter Abenteuerspielplatz. Auf über 80.000 Quadratmetern gibt es vom Irrgarten über eine Seilbahn bis zum Wackelsteg 40 Stationen mit Spielgeräten. Zudem laden Liegewiesen und Grillplätze zu einer erholsamen Pause ein.

    Weiter geht es über die Orte Neu Königsaue und Gänsefurth durch die Auenlandschaft der Bodenie-derung, wo der Europaradweg und der Boderadweg gemeinsam nach Staßfurt verlaufen. In der Stadt wurde 1851 das erste Kali-bergwerk der Welt in Betrieb genommen. Dieser Bergbau-tradition widmet sich auch das Stadt- und Bergbaumuseum von Staßfurt mit einer Ausstellung

    zur Stadtgeschichte sowie zur Salzgewinnung und Kaliindustrie. So zeigt die Sammlung Minera-lien, Werkzeuge und Uniformen aus dem Kalibergbau. Auf einem Gelände hinter dem Museum können Besucher Großgeräte und Maschinen aus dem Salzbergbau bestaunen.

    Eine weitere Attraktion ist das Fahrzeugmuseum Staßfurt. Von Kinderfahrrädern über Motor-roller bis hin zu Sondereinsatz-fahrzeugen der Polizei werden dort Hunderte Gefährte aus den vergangenen Jahrzehnten prä-sentiert.

    Bevor Radfahrer wieder auf den Sattel steigen und Richtung Bern-burg in die Pedalen treten, kön-nen sie im Erlebnisbad Salzland-center eine Runde schwimmen oder in der Sauna entspannen. Zu einer Erkenntnis dürften Radler auf dem R1 ziemlich schnell ge-langen: Wer mit Eile unterwegs ist, lässt sich viel entgehen.

    www.euroroute-r1.dewww.quedlinburg.dewww.stassfurt.dewww.naturfreude-erleben.de

    Neben dem Zucker der Rüben brachte auch der Salzabbau der Region Wohlstand. Die Tour führt über alte Handels- und Salzstraßen, auf denen das Salz einst transpor-tiert wurde, und bringt Besucher auf den Kali-mandscharo – die höchste Erhebung zwischen Mag-deburg und der Ostsee.www.elbe-boerde-heide.de

    UNTERWEGS. SALZIGE TOUR

    Walter Gropius propagierte eine antisymmetrische Anordnung der Baukörper. Der Betrachter muss „rund um diesen Bau herumgehen, um seine Körperlichkeit und die Funktion seiner Glieder zu erfassen“.

  • 26 27

    Stilikone: das Bauhaus Dessau von Walter Gropius aus dem Jahr 1926

    „WIE EIN BEHARRLICHER GEDANKE“

    Das Bauhaus-Gebäude in Dessau – leben, lernen und arbeiten unter einem Dach

    „Dieses Haus muss man gese-hen haben“, schrieb das „Berliner Tageblatt“ am 7. Dezember 1926 begeistert. Gemeint war das Bauhaus-Gebäude in Dessau, das drei Tage zuvor mit einem großen Fest eingeweiht worden war. Mehr als 1.000 Gäste waren zu den Fei-erlichkeiten erschienen, darunter etwa 100 Journalisten aus ganz Deutschland und dem Ausland.

    Für sie hatte es bereits einen Tag vorher eine Presseführung gege-ben, und die Resonanz war groß. So zeigte sich auch der „Hambur-ger Anzeiger“ beeindruckt von Gropius’ „nüchternem Gestal-tungswillen“, der „bei größtmög-

    licher Typisierung größtmögliche Abwechslung“ erreichen wolle.

    Für Erstaunen sorgte die damals neuartige Trennung des Gebäudes in drei flügelförmig angeordnete, funktional gegliederte Trakte: Im ersten Trakt war die Gewerbliche Berufsschule untergebracht. Im Atelierhaus lagen die Atelierzimmer für die Studenten und Jungmeis-ter. Der dritte Gebäudekomplex beherbergte die Werkstätten. Ein eingeschossiger Zwischenbau – die Festebene mit Aula und Mensa – verband den Werkstattflügel mit dem Atelierhaus, die Brücke die Werkstätten mit der Schule. Die Brücke war für Verwaltungsräume und das Büro von Bauhaus-Grün-der und -Direktor Walter Gropius vorgesehen.

    Am beeindruckendsten erschien den Zeitgenossen jedoch das

    Ateliergebäude, das sogenannte Prellerhaus. Den Namen hatte man vom Weimarer Atelierhaus übernommen, das seinerzeit nach dem Hofmaler Friedrich Preller benannt worden war. Die Ateliers bestanden aus Einzelzimmern, die mit ihren rund 24 Quadratmetern zwar recht klein, aber mit Elektro-anschlüssen, Heizkörpern, Einbau-schränken, Waschgelegenheiten, Arbeitsplatten, Schlafnischen und vornehmlich von Marcel Breuer entworfenem Stahlrohrmobiliar hochmodern und komfortabel eingerichtet waren. Einige Zimmer verfügten über kleine Balkons, auf denen sich die Bauhäusler zum Ge-spräch, zum gemeinsamen Essen oder Musizieren trafen.

    Auf jeder Etage waren Teeküchen eingerichtet, die zwar ebenfalls recht eng waren, aber mit ihren kleinen Herdplatten, Spülbecken

    BAUHAUS

    Unterricht der Bauabteilung mit Studenten vor dem Bauhaus in Dessau | Foto: Stella Steyn, Mai 1932. Stiftung Bauhaus Dessau

  • 28 29BAUHAUS

    und schmalen Wandregalen ihren Zweck erfüllten. Die Teeküchen waren über einen Speiseaufzug mit der Kantinenküche verbunden, deren technische Ausstattung ebenfalls auf dem damals neues-ten Stand war. Der Speiseaufzug hielt auf allen Etagen des Hauses und versorgte seine Bewohner mit Essbarem. Im Haus selbst gab es Gemeinschaftseinrichtungen, wie Terrassen, Bäder und Duschen, und sogar eine Turnhalle im Keller.

    Im Ateliergebäude ließ es sich so gut leben. Überhaupt waren Einzelzimmer für Studenten in den 1920er Jahre ein großer Luxus. Entsprechend begehrt waren die

    Ateliers unter den Studierenden und Jungmeistern, auch wegen des verhältnismäßig niedrigen Mietpreises von 20 Reichsmark, einschließlich Reinigung und Gas.

    Der Schweizer Bauhäusler, Maler, Fotograf und Bühnenbildner Xanti Schawinsky meinte rückblickend dazu: „Das neue Ateliergebäude nahm einen bedeutenden Platz in der Geschichte der modernen Architektur ein, und es ist nicht ausgeschlossen, dass der frische Geist seine Impulse teilweise aus der gleichen Quelle bezog.“ Und der russische Schriftsteller Ilja Eh-renburg, der zum prominenten Be-sucherkreis am Bauhaus gehörte,

    geriet beim Anblick des Gebäudes geradezu ins Schwärmen. Er fand im Bauhaus ein Prinzip wieder, das „ergreifend auf uns wirkt in der Kuppel der Hagia Sophia und in mathematischen Formeln, in der französischen Literatur des großen Jahrhunderts und in der planmä-ßigen Organisation gigantischer Trusts“. Ihm schien der Bau „ganz aus einem Stück gegossen zu sein, wie ein beharrlicher Gedanke.“

    Wer selbst einmal gern ausprobieren möchte, wie die Bauhäusler im Ateliergebäude gelebt haben, kann dort für eine oder mehrere Übernach-tungen ein Zimmer buchen.

    Mehr dazu unter:www.bauhaus-dessau.de

    SCHLAFEN WIE DIE BAUHÄUSLER

    DAS DESSAUER THEATER – EIN KULTURMAGNET FÜR DIE BAUHAUS-MEISTER

    Hochklassige Musikdarbietungen begeisterten die Ehepaare Kandinsky und Klee

    Dessau ist vor allem bekannt durch das Bauhaus, aber die Stadt und ihre Region haben noch weit mehr zu bieten, nämlich eine bis heute reiche Kulturlandschaft. Das fanden auch schon die Bau-haus-Meister. Ihnen hatten es besonders die hoch-klassigen Musikdarbietungen im Dessauer Friedrich-Theater angetan.

    „An kulturellen Ereignissen mangelte es in Dessau nicht“, schreibt Wassily Kandinskys Frau Nina in ih-ren Erinnerungen. Zusammen mit dem Ehepaar Klee mieteten die Kandinskys in jeder Saison eine Loge im Friedrich-Theater. „In Dessau konzertierte, was damals in der internationalen Musikszene Rang und Namen hatte“, erinnerte sich Nina Kandinsky. Be-sonders prominent: Béla Bartók und Richard Strauss. Bald kam es zwischen den Bauhäuslern und der Theater-Leitung zu einem regen Austausch. Auf

    Bitten des Intendanten Georg Hartmann inszenier-te Kandinsky eine szenische Aufführung von Mus-sorgskys „Bilder einer Ausstellung“, für die er auch die Bühnenbilder entwarf. Und Paul Klee, selbst ein guter Geiger, freundete sich mit dem Orchesterchef Franz von Hoesslin an und lud regelmäßig Mitglieder des Orchesters zu sich nach Hause ein, um mit ihnen zusammen zu spielen.

    Bis heute präsentiert das Theater, das heutige Anhal-tische Theater Dessau, Bühnenkunst auf höchstem Niveau. Die Anhaltische Philharmonie, die 2016/17 ihr 250-jähriges Jubiläum feierte, bietet als Sinfonie- und Opernorchester abwechslungsreiche Konzerterleb-nisse. Im Sommer präsentiert es die beliebten See-konzerte im Gartenreich Dessau-Wörlitz.

    www.anhaltisches-theater.dewww.luther-bauhaus-gartenreich.de

    Personalisiertes Atelierzimmer im Bauhausgebäude Dessau, Oktober 2013 | Foto: Yvonne Tenschert, 2013, Stiftung Bauhaus Dessau

    Bühnenbild von Wassily Kandinsky aus dem ehemaligen Dessauer Friedrich-Theater | ©Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität zu Köln

  • 30 31BAUHAUS

    Ein „liebenswürdiges Telegramm“von Hugo Junkers

    Das Gartenreich Dessau-Wörlitz –das „Juwel“ der Bauhaus-Meister

    Zum 50. Geburtstag von Paul Klee am 18. Dezember 1929 flog eine Junkers F 13 über das Haus des Meisters in Dessau hinweg, und ein Paket fiel in den Garten mit Geschenken von Mitgliedern des Bauhauses. Studenten hat-ten das Flugzeug in den nahen Junkers-Werken gechartert, und Hugo Junkers hatte es ihnen kos-tenlos zur Verfügung gestellt.

    Klee, der Zeit seines Lebens vom Fliegen fasziniert war, war hoch-erfreut und bedankte sich bei Junkers für das „liebenswürdige Telegramm“. Der freigeistige Flugzeugpionier hatte sich für

    Er war das Lieblingsziel der Bauhaus-Meister. Und wenn im Mai der Flieder blühte, war es so weit: Dann ließen sich die Famili-en Kandinsky und Klee in einem zweispännigen Landauer zum Wörlitzer Park kutschieren. Sie hätten den Park „wie ein Juwel geschätzt“, erinnerte sich später Wassily Kandinskys Frau Nina.

    die Ansiedlung der Hochschule in Dessau eingesetzt, denn ihm war sehr an der Zusammenarbeit zwi-schen seinem Unternehmen und dem Bauhaus gelegen, die bereits in der Weimarer Zeit begonnen hatte. In Dessau statteten die Junkers-Werke das Bauhaus-Ge-bäude und die Meisterhäuser mit Warmwassergeräten und Radia-toren aus.

    Neben den geschäftlichen gab es jedoch auch vielfältige per-sönliche Kontakte. Zu Junkers 70. Geburtstag brachte Klee, der auch ein guter Musiker war, dem Unternehmer ein Violinsolo dar und erhielt als Dank dafür eine

    Auch der Maler und Bühnenbild-ner Oskar Schlemmer und die Weberin Gunta Stölzl liebten es, im Wörlitzer Park, der heute Gar-tenreich Dessau-Wörlitz heißt, spazieren zu gehen. In einem Brief an seine Frau Tut schrieb Schlemmer: „Bin in der Früh um sechs mit Gunta nach Wörlitz herausgefahren, eine starke Stun-de, sehr schön und amüsant in Wörlitz.“ Und Gunta Stölzl kaufte sich für Touren in Wörlitz eigens ein Fahrrad.

    HIMMELSWEGE

    DEM HIMMEL SO NA H

    Das Ringheiligtum Pömmelte ist jederzeit frei zugänglich. Alles Wissenswerte dazu vermittelt das

    nahegelegene Salzlandmuseum.

    D er Parkplatz vor dem Ringheiligtum Pöm-melte steht voll. Zwei junge Männer las-sen gerade eine Fotodrohne steigen. Eine Familie mit Kinderwagen staunt nicht schlecht, als plötzlich der Klang von Trommeln erklingt: Inmit-ten der großen Holzringe meditieren Schamanen aus Nepal. In Begleitung einer Frauengruppe trom-meln und räuchern sie zu Ehren ihrer Ahnen. „Wer sich mit seinen Vorfahren aussöhnt und sie respek-tiert, kann von ihnen Kraft und Wissen beziehen“,

    erläutert Andra Ladwig die Szene. Die Magdebur-

    ger Heilpraktikerin hat die Gruppe

    eingeladen. „Hier

    ist die Energie sehr stark. Es war schon immer ein Ort der Ahnen.“

    Im Ringheiligtum Pömmelte gibt es keinen Zaun und keine Öffnungszeiten. Jeder kann jederzeit die Tausende Jahre alte Kreisgrabenanlage besuchen. Seit sie 2016 wiedererrichtet wurde, lockt sie jeden Monat rund 3.500 Besucher an. Immer wieder kommt es auch vor, dass Menschen kleine, indivi-duelle Rituale abhalten.

    Das beobachtet auch Petra Koch, die Leiterin des Salzlandmuseums. Das schöne Gebäude befindet sich nur knapp zehn Kilometer entfernt, am Markt-platz des Schönebecker Stadtteils Salzelmen. In der untersten Etage präsentiert das Museum die originalen archäologischen Funde vom Ringhei-ligtum Pömmelte. „Wir haben hier alle wichtigen Hintergrundfakten verständlich aufbereitet. Das ist der perfekte Ausgleich zum Spaziergang über die weitläufige Anlage“, findet die Leiterin.

    … gilt als das deutsche „Stonehenge“ aus Holz: Sieben Ringe aus Pa-lisaden, Gräben und Wällen dienten schon in der Steinzeit als heiliger Ritualort. Archäologen fanden menschliche Skelette, Tierknochen, Steinbeile und Scherben von Keramikgefäßen.

    DAS RINGHEILIGTUM PÖMMELTE

    PAUL KLEE UNDDIE FASZINATION DES FLIEGENS

    KUTSCHFAHRTEN ZUR FLIEDERBLÜTE UND FAHRRADTOUREN ZUM LIEBLINGSZIEL

    EIN NACHBAU DER JUNKERS F 13 ist im Technik-museum „Hugo Junkers“ Dessau zu bewundern, das über das bahnbrechende und vielseitige Wirken des Flugzeugpioniers informiert. Mehr dazu unter: www.technikmuseum- dessau.de

    Einladung zu einem Rundflug über Dessau. Für Klee wurde ein Traum Wirklichkeit.

    BESUCHEN UND ENTDECKEN – DIE WELT-ERBESTÄTTE Gartenreich Dessau-Wörlitz. Mehr zum ersten Landschaftsgarten Kontinen-taleuropas und seinen vielen Attraktionen unter: www.gartenreich.com

  • 3332 HIMMELSWEGE LANDESGARTENSCHAU BURG 2018

    Die Leiterin des Salzlandmuseums Petra Koch am Modell eines Langhauses

    Die Ausstellung erläutert die geschichtlichen Zusammenhänge und Begriffe wie Glockenbe-cher-, Aunjetitzer- und schnurkeramische Kultur. Zwei Geister aus dieser Zeit kann man über eine Medienstation befragen. Ein Besuch im Museum ist auch für Interessierte attraktiv, die nicht so gut zu Fuß sind und deshalb eine ausgedehnte Erkundung der Kreisgrabenanlage scheuen.Um möglichst viele Menschen am Zauber des Heiligtums teilhaben zu lassen, organisiert das Museum das ganze Jahr über die unterschied-lichsten Veranstaltungen in der Anlage. Mit Vierteljahresfesten wird an die ursprüngliche Funktion angeknüpft: „Hier trafen sich mehrere Jahrhunderte lang Menschen, brachten Opfer und feierten gemeinsam Feste, die wir heute vielleicht als Lichtmess, Walpurgisnacht oder Erntedank bezeichnen“, erzählt Petra Koch.

    Das Museum bietet auch regelmäßig Führungen über die Anlage an. Von März bis Oktober kann man sich jeden Mittwoch sowie an den Wochen-enden ohne Voranmeldung anschließen.

    www.museum.salzlandkreis.de

    WISSENSDURSTUND „WANCKELMUT“

    Das Salzlandmuseum würde es nicht geben ohne Wolfgang Wanckel (1879–1964). Der Reeder, Hafenbesitzer und Freimaurer aus Schönebeck wurde in seiner Freizeit zum leidenschaftlichen Hobbyarchäologen.

    Als Partner des Landesmuseums für Vorgeschich-te in Halle (Saale) unternahm er viele Grabungen. Stets war Wanckel mit seinem Auto auf Baustel-len der Region unterwegs. Den Arbeitern steckte

    er Schnaps zu, damit sie ihn informierten, wenn sie auf etwas Interessantes stießen. So wurde er nicht nur frühzeitig rund um das Ringheiligtum Pöm-melte fündig. Beim Bau der Junkerswerke Schönebeck rettete er

    bedeutende Gräber aus dem 6. Jahrhundert. Au-ßerdem barg er eiszeitliche Tierfunde. Wanckels Sammlung bildet noch heute den Grundstock des Salzlandmuseums, das er 1924 mitgründete und viele Jahre lang leitete. Neben dem Ringheiligtum konzentriert sich das Museum heute mit den Aus-stellungen „LebensStröme“ und „Salzspu(e)ren“ auf die Binnenschifffahrt auf der Elbe und die Salzgeschichte in der Region.

    IN DIE HIMMELSWEGE VERTIEFEN

    „Himmelswege“ heißt eine archäologische Tou-rismusroute in Sachsen-Anhalt. Ihr gehören auch das Sonnenobservatorium Goseck, die Dolmen-göttin Langeneichstädt und die Arche Nebra als Fundort der Himmelsscheibe an. Im Landesmuse-um für Vorgeschichte in Halle geht es dazu mehr in die Tiefe. | www.himmelswege.de

    JAHRTAUSENDE WIE IM FLUG

    Der Fliegerclub Schönebeck e. V. bietet im Motor-segler oder im doppelsitzigen Segelflieger Rund-flüge über das Ringheiligtum Pömmelte an. Der Flugplatz befindet sich in direkter Nachbarschaft in Zackmünde. | www.fliegerclub-sbk.de

    T R Ä U M E , T Ü R M E , T O R E

    Die „Gartenträume Sachsen-Anhalt“ wachsen: Am 21. April 2018 öffnet die

    Landesgartenschau mit vier traumhaften Parks die Türme und Tore der Stadt Burg.

  • 35

    „Von Gärten umarmt“ lautet das Motto der Landesgartenschau 2018 in Burg bei Magdeburg. Denn die Stadt der Türme präsentiert sich gleich mit vier neu ge-stalteten Parkanlagen. Besonders Familien mit Kindern will sie in ihre Arme schließen.

    D ie Sage vom „Burger Trommler“ erzählt von einem mutigen jungen Mann. Er machte sich einst mit einem Windlicht auf, unterirdische Gänge unter der Stadt zu erkun-den. Seine Trommel diente den Freunden am Eingang als Signal.Getrommelt wird in Burg bei Magdeburg derzeit viel: Mit der

    Landesgartenschau von April bis Anfang Oktober rührt die Roland-stadt kräftig die Werbetrommel für mehr Genuss und Lebensfreude. 450.000 Besucher werden erwar-tet und man setzt alles daran, sie zu überraschen. Zum Beispiel mit einem sonnigen Weinberg.

    Es ist der älteste Platz Burgs an der Hangkante des Vorflämings. Doch als eigens gestalteter Stadtbalkon bietet er einen ganz neuen Blick auf die Stadt. 350 Weinreben verleihen diesem Flecken an der Stadtmauer ein mediterranes Flair. Unten spa-ziert man an Obstbäumen vorbei entlang der Uferpromenade der Ihle und erfrischt sich in der Weinlaube. Oben thront der Wasserturm – seit 1902 eines der malerischen Wahr-zeichen der Stadt. Gemeinsam mit

    Den Geschichten in die Arme sinken

    Das charmante „Burg Theater“ in der Innenstadt ist das älteste bis heute bespielte Kino Deutschlands. Im Café Rotfuchs gleich um die Ecke gibt es zur Landesgartenschau einen eigens kreierten Kaffee aus gerösteten Lupinensamen: Die regionalen Zutaten wie Kürbiskernkrokant und Kürbissahnelikör liefert unter anderem die Leinölmühle Parchen.

    ALTES KINO, NEUER KAFFEE

    den mächtigen Türmen der beiden Stadtkirchen, dem Bismarck-, dem Kuh- und dem Hexenturm sowie dem Berliner Torturm macht er Burg zur „Stadt der Türme“. Von diesen Bauwerken und ihren Bewohnern wissen die Stadtführer so manche Anekdote und Gruselgeschichte zu berichten.

    D ie ganze Geschichte der Stadt reicht 1.070 Jahre zurück. In jüngerer Zeit ist sie vorrangig für ihre Industrie bekannt: Die Knäcke-Werke waren die ersten ihrer Art in Deutschland, die Schuhfabrik „Tack u. Cie“ ist der älteste Schuhbetrieb Europas und auch das traditionsreiche Walzwerk besteht seit über 100 Jahren.

    Die Bedeutung dieser und anderer Firmen erfahren auch die jüngsten Besucher: beim Klettern und Tol-len auf einem der außergewöhnlichen Spielplätze mit Dampfkessel, Rohrleitungen und sti-lisiertem Fabrikgebäude. Bis zu drei Kinder kann jeder Erwachsene kos-tenlos mit zur Gartenschau bringen. Mit vielen Angeboten und Spielgele-genheiten schreibt sich Burg die Fa-milienfreundlichkeit auf die Fahnen. Ein großer Wasserspielplatz befindet sich direkt am Seerosenteich auf dem Gelände „Flickschupark“. Wäh-renddessen bestaunen die Großen die üppige Rhododendrenblüte auf der Insel.

    Im denkmalgeschützten Goethepark findet man neben dem Spielplatz „Traumfabrik“ auch die überdachte Hauptbühne. Hier locken viele unter-haltsame musikalische und literari-

    Flickschupark (links), Weinberg und Innenstadt laden zum Schlendern ein.

    Der beliebteste deutsche Fernradweg begleitet die Elbe rund 330 Kilometer lang durch Sachsen-Anhalt.

    Er führt vorbei an den UNESCO-Welterbestätten Bauhaus Dessau, Garten-

    reich Dessau-Wörlitz und den Lutherstätten in Wittenberg.

    Auch das UNESCO-Biosphärenreservat Mit-telelbe wird durchfahren. Vielfältige Kultur-angebote und weitere Sehenswürdigkeiten laden zu kleinen Abstechern ein.

    Wem zum Erkunden nur noch das passende Fahrrad fehlt, der kann bei der „Elbe Rad Tou-ristik“ fündig werden. Zwischen 520 Rädern kann man wählen, darunter E-Bikes sowie Tandems und Anhänger. Die Leihräder wer-den in alle Städte am Elberadweg geliefert oder dort abgeholt – von Cuxhaven bis Prag.

    www.elberadweg.dewww.naturfreude-erleben.de

    Der Elberadweg

    Mit der „Fabrik“

    am Wein-berg wird Spaß her-

    gestellt.

    LANDESGARTENSCHAU BURG 201834

  • 36 37LANDESGARTENSCHAU BURG 2018

    Neue „Gartenträume“ sind seit Herbst 2017 der Guts-park am Bismarckmuseum in Schönhausen, der Schlosspark in Ilsenburg, der Brockengarten auf Nord-deutschlands höchstem Berg, die Klosterlandschaft Michaelstein in Blankenburg (Harz), der Kurpark in Bad Schmiedeberg und der Landschaftspark St. Ulrich in Mücheln. | www.gartentraeume-sachsen-anhalt.de

    NOCH MEHR GRÜNE TRÄUME

    Das Projekt „Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“ weist den Weg in 50 von insgesamt 1.000 Gartendenk-mälern in Sachsen-Anhalt.

    T eils in Vergessenheit geraten werden sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und kulturell belebt, sodass ihr Erbe bewahrt bleibt. Zu den Gartenträumen gehören unter ande-rem das berühmte Gartenreich Dessau-Wörlitz sowie das Europa-Rosarium in Sangerhausen.In einigen Gärten haben Besucher die Möglichkeit zu übernachten und ihren persönlichen „Gar-tentraum“ wahr werden zu lassen. So können im Schloss- und Barockgarten Hundisburg Besucher in der Schlossherberge eine Nacht verbringen – ebenso im Kloster Drübeck mit seinen außerge-wöhnlichen Stiftsdamen-Gärten sowie im Roten Wallwachhaus oder im Piemonteser Bauernhaus des Gartenreichs Dessau-Wörlitz, mitten im Welt-kulturerbe.

    www.gartentraeume-sachsen-anhalt.de

    Ein Traum im Garten

    Quartiere im Grünen: Kloster Drübeck und das Piemonteser Bauernhaus im Gartenreich Dessau-Wörlitz.

    Die neu begrünte

    Ihle in der Burger

    Innenstadt

    HARZ (BALLONFAHRT)

    „IM KORB SIND ALLE GLEICH“

    Eine Fahrt im Heißluftballon über den Harz

    sche Veranstaltungen die Besucher ins Grüne. In direkter Nachbarschaft lädt das Restaurant „Rosenrot“ zum Verweilen im Schatten einer stattli-chen Blutbuche ein und das Europa-Rosarium Sangerhausen präsentiert die Königinnen der Blumen in einem eigenen Pavillon. Unzählige Themen-gärten und Staudenbeete verzau-bern die Stadt und inspirieren ihre Besucher.

    E inen besonders schönen Gar-ten haben zwei Studentinnen der Hochschule Anhalt ent-worfen: Ihr „Zauberhafter Sagengar-ten“ erzählt das Schicksal des Burger Trommlers. Licht und Dunkel spielen dabei eine wichtige Rolle. Denn die Schöpferinnen glauben, dass der Trommler durch die unterirdischen Gänge an einen geheimen Ort ge-langte und sich dort verliebte. Nur deshalb kehrte er nie mehr zu seinen Freunden zurück.

    www.landesgartenschau-burg-2018.de

  • Wieder am Boden: Nach der Landung wird der Ballon sorgsam verpackt.

    Märchenhaft thront das

    Schloss über Wernigerode.

    38 39HARZ (BALLONFAHRT)

    In den Bergen laufen, die Natur aus nächster Nähe erleben, den Geruch von Nadelbäumen in der Nase – ein Paradies für Wanderer. Von einem Heißluftballon aus betrachtet bei einem Flug über den Harz wird aus dem Naturerlebnis ein Schauspiel aus Farben und Formen.

    „ABER EIN BALLON FLIEGT JA NICHT“, erklärt Winfried Borchert, Inhaber von Brockenballon, schmunzelnd. „Er muss sich nicht fortbewegen, weil er durch den Auftrieb automatisch bewegt wird. Das ist das ‚Leichter-als-Luft-Prinzip‘“, erläu-tert er. Unter normalen Bedingungen besitzt ein Kubikmeter Luft eine Masse von 1,2 Kilogramm. Mit konstantem Druck und steigender Temperatur sinkt die Dichte von Gasen. Der Ballon ist also leichter als seine Umgebung und steigt dadurch nach oben. Dieses Prinzip ist der Menschheit seit dem Jahr 1783 geläufig, als die erste Heißluftballonfahrt – noch unbemannt – stattfand. Nur ein Hahn, ein Hammel und eine Ente wurden damals in Frankreich auf die Reise geschickt. Die vier Kilometer weite Fahrt über-stand das Tiertrio unbeschadet.

    Darauf hoffe auch ich und so soll es an einem sonnigen Oktobertag in die Luft gehen – auf einer

    Ballonfahrt über den südöstlichen Harz. Die Voraus-setzungen dafür sind ideal: Mit etwa zwei Knoten ist es fast windstill, nur eine leichte Brise weht nach Nord/Nordost. Noch hängt die Sonne tief an diesem Morgen und der Nebel umhüllt die Felder. Elf Grad messen wir in Bodennähe. Ist das nicht zu frisch? „Nein, nein. Im Korb ist es fast windstill und die Brenner geben Wärme ab, da friert keiner“, beru-higt mich Pilot Borchert. Neben den zwei Brennern kommen noch vier Gasflaschen, GPS-, Funk- und Höhenmessgerät mit an Bord. Und natürlich die Passagiere. Zu fünft sind wir heute. Plus Pilot ist das die Maximalkapazität. Der Weidenkorb, in dem wir

    gleich Platz finden, wiegt zirka 80 Kilogramm. Der Ballon selbst, bestehend aus zirka 1.000 Quadrat-metern feinstem Nylon, etwa 170 Kilo.

    AUF EINER TAUFRISCHEN WIESE oberhalb des Orts Tanne nahe der Landesgrenze zu Niedersach-sen breiten wir den Ballon aus. Ein ratternder Turbo-ventilator füllt ihn stetig mit Luft, sodass er sich langsam aufbläst. Jetzt werden noch die Brenner gecheckt, ob sie funktionieren. Der Daumen unseres Piloten geht nach oben und ihm huscht ein Lächeln über das Gesicht. Denn jetzt weiß Borchert hun-dertprozentig: Wir können starten. Schnell klettern wir in den Korb, geben noch ein paar Mal Gas und erheben uns fast schwerelos in die Luft.

    „Gleich nach dem Start, wenn man etwa 50 Meter über der Erde schwebt, das ist wirklich die schönste Höhe“, schwärmt Winfried Borchert, der seine Pilo-tenausbildung vor acht Jahren absolviert hat. Den Ort Tanne sehen wir so aus nächster Nähe, bevor es in Richtung Elbingerode weitergeht. Westlich von uns erhebt sich der Brocken, östlich von uns liegt ru-hig die Rappbodetalsperre. Wir genießen die herbst-lichen Farben der Wälder, den Blick auf den Brocken und die Ruhe oben in der Luft. Die wird nur durch das leise Fauchen der Brenner gestört und durch eine kurz auflodernde Flamme unterbrochen, jedes Mal wenn wir Gas geben. Zwischen 150 und 1.600 Metern Höhe werden wir uns heute sachte auf- und abbewegen.

    Deshalb kann Borchert Menschen mit Höhenangst durchaus eine Ballonfahrt empfehlen: „Ein Bal-lon steigt langsam auf, nicht mit einem rasanten

    Es gibt Menschen, die brauchen den besonderen Kick. Wandern ist für sie öde und Radfahren langweilig. Auch für Fun- und Extremsportler hat der Harz eine Menge zu bieten. Wer an seine Grenzen gehen möchte, kann sie im Harz erleben – ob beim Klettern, Rennen oder Fliegen.www.harzinfo.de

    Schmale Trails und steile Bergpassagen – mit einem Streckennetz von 2.200 Kilome-tern und insgesamt 59.000 Höhenmetern kommen Moutainbiker garantiert auf ihre Kosten. | www.volksbank-arena-harz.de

    Nach Europas längster Doppelseilrutsche und dem Wallrunning an der Wendefurther Staumauer erhöhten nun die 458,5 Meter lange Hängebrücke „Titan-RT“ und die „Gigaswing“ im Rappbodetal den Puls.www.harzdrenalin.de

    Laufen auf schmalen, naturbelassenen Pfa-den und Wegen oder einfach nur querfeld-ein. Für Trailrunner bietet der Harz eine Fülle verschiedener Untergründe und wechselnde Vegetationen.

    Harzfrequenz erhöhen

    MOUNTAINBIKE

    HÄNGEBRÜCKE

    TRAILRUNNING

    Ein besonderes Erlebnis: mit dem Heißluftballon über den Herbstwald im Harz

  • Fels und Feuer: Eine Fahrt im Heißluft-ballon bleibt in Erinnerung.

    40 41HARZ (BALLONFAHRT)

    Flugzeugstart vergleichbar. Nach etwa 15 Minuten hat man sich an die Höhe gewöhnt“, so Winfried Borchert. Das ist das Spannende an seinem Job: Neben Analysen über Thermik, Aerodynamik und Meteorologie hat er mit den verschiedensten Men-schen zu tun. „Oft fliegen Leute mit mir, die gerne ihren früheren Arbeitsweg zum Tagebau, ihre alte Schule oder die liebste Wanderstrecke aus einem anderen Blickwinkel sehen möchten.“ Unterschiede bei seinen Gästen macht er allerdings keine. „Alle müssen mit anpacken und bei den Vorbereitungen helfen. Im Korb sind alle gleich. Auf diesem engen Raum sind wir eine Art Schicksalsgemeinschaft“, sagt Borchert und lächelt. „Es ist schön zu sehen, wie dieses Erlebnis Menschen zusammenschweißt, die sich vorher nicht kannten. Man geht als Familie auseinander.“

    Am Ende unserer anderthalbstündigen Fahrt haben wir 21 Kilometer zurückgelegt und den Gasvorrat von drei Grillsaisons verfeuert – etwa 75 Kilogramm. Oberhalb des Orts Heimburg bekommen wir unsere Taufe als Grafen und Gräfinnen, die durch Nebel-

    Bekannt ist der runde, kleine Käse aus Quark für seinen strengen Geruch. Dafür ist er fettarm sowie protein-reich – und schmeckt auch als Salat.

    R E Z E P T - T I P P

    HARZER-KÄSE-SALAT

    schwaden geschwebt sind. Jetzt noch schnell einen Schnappschuss von unserer Gruppe für Borcherts Fotoalbum. Schon mehr als 400 Mal hat er so Passa-giere befördert. Eine ganz schön große Familie, die Winfried Borchert da hat.

    www.brockenballon.de

    Die Glasmanufaktur Harzkristall in Derenburg gehört zu den wenigen noch produzierenden Mundglashütten in Deutschland. Barrierefrei ist sowohl die große Verkaufsfläche als auch die Schauwerkstätten. | www.harzkristall.de

    GLASKUNST UND BARRIEREFREIHEIT

    Alte Residenz im Ländlichen: Stadt-silhouette von Tangermünde

    TANGERMÜNDE

    DIE ALTE HANSESTADT TANGERMÜNDE IST KLEIN,

    ABER PRÄCHTIG

    IHRE MAJESTÄT AN DER ELBE

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

    schnabulieren (Deutsch) schna|bu|lie|ren; in Ruhe und mit Genuss verzehren

    Rezepte,Handwerk,

    Reiseziele undErlebnisse aus

    dem Genussland Sachsen-Anhalt

    ERFAHREN SIE mehr zu Genuss und Erlebnis!

  • 42 43TANGERMÜNDE

    Ein Paar steht Arm in Arm auf einem der Balkone der Gartenanlage Kaiserterrasse und blickt über die friedlich dahinfließende Elbe. Gerade passiert ein Ausflugsdampfer das Schloss Tangermünde. Das Paar zeigt in die ferne Landschaft auf die Silhou-etten anderer Orte und küsst sich dann versteckt unter einem Regenschirm.

    Tangermünde ist kein Geheimtipp mehr. Die eins-tige Hauptstadt der mittleren Provinzen – dort wo Kaiser Karl IV. gern residierte und die Belange des gesamten Heiligen Römischen Reichs mit sich brachte – ist heute ein Ort des Rückzugs und des gehobenen Genusses. Die Burg des Kaisers, die nach einem Brand wiedererrichtet wurde, beherbergt heute das Hotel Schloss Tangermünde mit dem fei-nen Restaurant „1699“ und Spa in der Kaisertherme. Wie eh und je thronen die Gebäude der Schlossan-lage über der bis zu 15 Meter hohen Mauer an der Elbe. Das imposante Burgtor führt hinunter in den historischen Stadtkern.

    Tangermünde verbindet auf einmalige Weise ma-lerische Fachwerkhäuser mit gotischen Backstein-gebäuden. Die liebevoll restaurierten Wohnhäuser überraschen mit Schmuckformen und reichen

    1 Stadtmauer mit St. Stephanskirche und Stadttor Rossfurt 2 Tür eines Fachwerkhau-ses, Kirchstraße 3 „Königin Luise“ im gleich-namigen Gemach 4 Feuerzangenbowle in der einstigen Schule „Exempel“ 5 Ostflügel des Rathauses mit spätgotischer Schauwand

    Der Tanger mündet in die Elbe und verleiht einer Stadt ihren Namen: Tangermünde. Gerade einmal knapp

    10.000 Einwohner zählend hat die einstige Kaiserpfalz wieder zu ihrem majestätischen Glanz gefunden. Ein

    Treffpunkt für Kunstliebhaber, Kreative, Radreisende, Genießer. Die Kleinstadt im Norden Sachsen-Anhalts

    hebt sich ab von ihrem ländlichen Umfeld und hat sich ihr mittelalterliches Stadtbild bewahrt.

    Schnitzereien an Türen und Balken. Die massiven Stadttore und das prächtige Rathaus mit seiner spätgotischen Schauwand aus Backsteinen erinnern an die Blütezeit der einstigen Hansestadt im 15. Jahrhundert. Die meisten Gebäude datieren jedoch auf Ende des 17. Jahrhunderts. Denn zuvor hatten der Dreißigjährige Krieg und mehrere Stadtbrände Tangermünde nahezu dem Erdboden gleichge-macht.

    Ein besonders verheerender Stadtbrand, der im Jahr 1617 zwei Drittel aller Gebäude zerstörte, ist in die Geschichte eingegangen: Für die Brandstiftung machten die Ratsherren eine Außenseiterin namens Margarete Minde verantwortlich. Die Kräuterkund-lerin mit langen roten Locken wurde zur Strafe grausam gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Diese wahre Begebenheit griff später der Schriftsteller Theodor Fontane auf: In seiner gleich-namigen Novelle zündet „Grete Minde“ aus Hass ihre Heimatstadt an. Die wahre Grete Minde muss aber unschuldig gewesen sein. Das belegen die his-torischen Gerichtsakten.

    An das berühmte Justizopfer erinnert heute unter anderem „Grete Mindes Brandruine“ – eines der anschaulichen Themenzimmer in den „Exempel Schlafstuben“. Das außergewöhnliche Erlebnishotel hat auch Zimmer für Gäste mit gehobenen Ansprü-chen eingerichtet, zum Beispiel das „Kaiser Karl Gemach“ oder den „Königin Luise Salon“.Direkt gegenüber, am Fuße der herausragenden gotischen Hallenkirche St. Stephan, findet man die zugehörigen „Exempel Gaststuben“. Das Restaurant in einem einstigen Schulhaus ist mit viel Liebe zum Detail wie eine historische Schule eingerichtet –

    1

    2 3

    4 5

  • Flanieren, einkaufen, genießen – dafür lohnt sich ein Ausflug nach Tangermünde.

    44 45TANGERMÜNDE

    TIPPS FÜR IHREN SPAZIERGANG DURCH

    TANGERMÜNDEGrete Minde

    begrüßt Gäste als lebensgroße Skulptur am Rathaus.

    In der Zecherei St. Nikolai speist man auch im Badezuber.

    Schönes und Handgemachtesgibt es in den Galerien „Schloss-freiheit“ und „Am Tor“ sowie in

    der Töpferei Angelika Otto.

    Der Ostprodukte-Versandverkauft Pittiplatsch und Ampel-

    männchen. Ein Trabi weist den Weg ins Haus.

    Die Salzkircheist eine Ausstellungs- und

    Konzerthalle, die einst als Salz- lager diente.

    inklusive Lehrerwohnung mit Bügelzimmer. Nach einer Stärkung bei „Pferdeäpfeln“, „Schweinsohren“, „Altmärkischem Klump“ und traditionellem „Kuh-schwanzbier“ macht die umfangreiche Speisekarte mit vielen Zusatzinfos Appetit darauf, mehr von Tangermünde und seiner Geschichte zu erkunden – von der Entstehung der Häfen bis zur früheren Schokoladenfabrik, der Prinzessin Feodora ihren Namen verliehen hatte.

    Ein Bummel entlang der Schaufenster in den schma-len Straßen offenbart noch immer einen Sinn für Genuss und schöne Dinge. Wer Wertiges, Handge-machtes und Originalität zu schätzen weiß, der wird in den kleinen, individuellen Läden fündig: von der Töpferwerkstatt über Modeboutiquen, Wohndesign und Schmuck bis hin zu Galerien.

    www.tangermuende.de

    Früher brauten alle Tan-germünder ihr eigenes Bier im Keller und holten dafür Wasser aus dem Tanger. Doch leider gelang es nie, dort alle trinkenden Kühe zu verscheuchen …

    WARUM HEISST ESKUHSCHWANZBIER?

    Die über 500 Kilometer lange Route führt durch weite Landschaften zu alten Back- und Feldsteinkirchen und mittelalterlichen Städten. Die meist naturbelassenen Wege sind mit dem Elberadweg, dem Havelradweg und der Route am Elbe-Havel-Kanal verbunden. www.altmark-rundkurs.dewww.naturfreude-erleben.de

    ALTMARKRUNDKURSFÜHRT RAUS IN DIE NATUR

    LUTHERWEG

    L wie Luther: Mehr als 400 Kilo-meter führt der Lutherweg durch Sachsen-Anhalt.

    A M HORIZONT DER DOMEin neuer Abschnitt auf dem LUTHERW EG führt von Zerbst in die Landeshauptstadt Magdeburg.

    P lötzlich versteht man, was Pilger vor 500 Jahren empfunden haben müssen: Im frühabendlichen Nebel tauchen, noch ganz weit weg, am Horizont plötzlich die Dop-peltürme des Magdeburger Doms auf, wie eine Erscheinung. Ein majestätischer Anblick und eine schöne Belohnung für Auge und Seele nach vie-len Stunden zu Fuß.

    Aus südöstlicher Richtung nähert man sich auf dem Lutherweg Sachsen-Anhalt der Landes-

    hauptstadt, die bis vor wenigen Monaten noch gar nicht an diesem Pilger- und Wanderweg lag. 2008 war er aus der Taufe gehoben worden, vorerst als Rundweg von Wittenberg über Anhalt nach Eisleben und zurück über das Mansfelder Land und Halle. Die Idee fand schnell weitere Anhänger in Thüringen, Sachsen, Bayern, Hessen und bald auch in Bran-

    Von Weitem sichtbar: der Magdeburger Dom

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

    schnabulieren (Deutsch) schna|bu|lie|ren; in Ruhe und mit Genuss verzehren

    Rezepte,Handwerk,

    Reiseziele undErlebnisse aus

    dem Genussland Sachsen-Anhalt

    ERFAHREN SIE mehr zu Genuss und Erlebnis!

  • 46 47LUTHERWEG

    denburg. Zusammen sind die Lutherwege über 2.000 Kilometer lang.

    Einer der jüngsten Wegabschnitte verbindet die frühere anhaltische Residenzstadt Zerbst und die Magdeburg, die Luther mehrfach besuchte. Sie ist der neue „Nordpol“ des Lutherwegs. Nach Luthers Predigt in der Johanniskirche 1524 entschloss sich der Rat der Stadt, die katholische Messe abzuschaf-fen und zum evangelischen Glauben überzutreten. Natürlich ist die Johanniskirche Station auf dem Lutherweg, ebenso das Kulturhistorische Museum mit seinen bedeutenden Ausstellungen, das mit-telalterliche Stadttor am Möllenvogteigarten und

    der Dom sowieso. Aber auch der Standort der 1956 gesprengten Ulrichskirche, in der Luthers Vertrauter Nikolaus von Amsdorf predigte, liegt auf dem Weg.

    Doch beim Pilgern zählt nicht nur das Ziel, es ist der Weg, der einen weiter und zu-gleich näher zu sich selbst bringt – und vielleicht zu Gott. Das hätte auch Luther gefallen, der wenig vom Pilgern hielt, wenn es nur dazu diente, die eigene Seele freizu-kaufen. Auf dem Lutherweg wird die Seele

    ganz von selbst frei: Von Zerbst nach Magdeburg führt er durch ruhiges Flachland mit weiten Feldern und grünen Auen. Es gibt wunderbare kleine Dorf-kirchen wie die in Moritz oder auch die Dornburger Kirche in Nähe des herrlichen, verfallenen Schlos-ses. Und irgendwann leuchtet da hinter der Elbe der Magdeburger Dom. | www.lutherweg.de

    Altar in der Dorfkirche Moritz

    ZIEGENKÄSE AUS DEN ELBAUEN

    ZIEGOBERT, BÄRENTALER UND HARZER AN DER ELBE

    „Kooommt, Lämmer-Läm-mer-Lämmer! Kooommt!“ – Gitte Kutschbachs Rufe schallen wie eine Glocke in den malerischen Elbauen. Sie schreitet über die Wiesen, gefolgt von einer Schar kleiner rehbrauner Ziegen. „Ziegen sind so offen und neugierig“, sagt die Bäue-rin. „Wenn man sie locken will, muss man nur ein bisschen rascheln.“

    S eit 20 Jahren halten Gitte Kutschbach und ihr Mann Steffen Ziegen. In den 1990er Jahren wollten sich die beiden Dip-lomlandwirte aus dem Dorf Glinde in der Nähe von Schönebeck selbststän-dig machen. Sie kamen schnell auf die „Braune Harzer Ziege“ – eine alte, robuste Haustierrasse, die damals vom Aussterben bedroht war.

    Heute halten die beiden 75 Ziegen sowie einen Bock und züchten jedes Jahr etwa 120 Lämmer. Fahrradfah-rer können die Tiere in den Elbauen

    grasen sehen, wenn sie dem

    Elberadweg zwi-schen Schönebeck

    und Barby folgen. Die erwachsenen Ziegen blei-

    ben Tag und Nacht draußen. Zwei Mal am Tag wird gemolken. Gerade fährt Steffen Kutschbach mit dem Traktor zu den Muttertieren auf die Weide.

    Er rangiert rückwärts mit dem Anhän-ger direkt an den Rand der Koppel und baut eine kleine Holzrampe auf. Die Tiere sind schon unruhig und drängen sich heran. Immer zehn Ziegen lässt der Bauer hoch auf den Anhänger rennen, während ein schwarzweißer Border Collie freudig um die Rampe herum jagt. Es ist Ben, einer von zwei Hütehunden. „Unsere schnellsten Mitarbeiter“, scherzt Gitte Kutsch-bach. Zu ihrem kleinen Bauernhof in Glinde gehören außerdem zwei Kat-zen, vier deutsche Sattelschweine und etwa 70 Legehennen. Ein Abstecher zu Kutschbachs lohnt sich – nicht nur wegen der frischen Bioeier, die man sich die meiste Zeit des Jahrs aus einer 24-Stunden-Eierklappe in der Außen-wand holen kann.

    Das Glinder Lichtmess-Museum dokumentiert das älteste Heimatfest der Region und seine originellen Festumzüge Anfang Februar. Dafür wecken ledige Burschen mit Lärm das Dorf und schrecken Wintergeister auf. Zuvor sammeln Mu-siker beim Wurstblasen Bratwurstspenden für das Männer- und Frauen-frühstück. Aktuelles und Infos finden Sie auf der Facebook-Seite.

    LICHTMESS LÄUTET FRÜHLING EIN

    Das Leben und Wirken von Martin Luther erlebt man am besten an den Originalschauplätzen der Reformation:

    in Lutherstadt WittenbergLU T H ER H AUS SCH LOSSK I RCH E M EL A NCH T HONH AUS

    in Lutherstadt EislebenLU T H ERS GEBU RT SH AUS LU T H ERS ST ER BEH AUS

    in Mansfeld LutherstadtLU T H ERS ELT ER NH AUS

    www.martinluther.de

    LUTHERSTÄTTEN IN SACHSEN-ANHALT

    EISLEBEN, MANSFELD UND WITTENBERG SIND UNZER-TRENNLICH MIT DEM LEBEN UND WIRKEN MARTIN LUTHERS VERBUNDEN.

    Was aber haben Naumburg,Merseburg und Zeitz, Dessau-Roßlau, Zerbst und Wörlitz, Stolberg (Harz), An-naburg und Prettin mit Luther zu tun? „Luther war hier“ nahm das Reforma-tionsjubiläum zum Anlass, um auf über 60 Orte in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen, an denen sich Martin Luther tatsächlich aufgehalten hat oder mit denen sich Luther-Legenden verbinden. So entsteht ein verfolgbares Band von Orten und Geschichten, mit dem sich Sachsen-Anhalt als „Ursprungsland der Reformation“ entdecken lässt. www.luther-erleben.de

    DAS WITTENBERG-PANORAMA VON ASISI

    Im 360°-Panorama von Yadegar Asisi wird die Luther-stadt zur Zeit Philipp Melanchthons, der Cranachs, Katharina von Boras, Martin Luthers lebendig und Ge-schichte erlebbar. | www.wittenberg360.de

  • 48 49ZIEGENKÄSE AUS DEN ELBAUEN

    Die Tour vernetzt auf 24 Kilometern den Elberadweg und den Saaleradweg. Die Flüsse können mit Gierseilfähren überquert werden.

    3-FÄHREN-TOURSCHLÄGT BRÜCKEN

    Im Sommerhalbjahr öffnet die Bäuerin drei Mal pro Woche ihren Hofladen und verkauft Käse aus Ziegenrohmilch. Lammfleisch oder Schweinewurst gibt es in der Regel ab Ostern sowie im Spätherbst und Winter.

    Heute allerdings wirkt die Theke fast wie leergefegt: Kutschbachs kamen erst von einem der Märkte in der Region zurück. Die Leute haben ihnen den Käse fast aus den Händen gerissen. 20 Sorten stellt Gitte Kutsch-bach in ihrer kleinen Käserei her: Vom „Scharfen Glinder“ mit Chili über den Camembert „Ziegobert“ und Schnittkäse mit Bockshornklee bis hin zum „Bärentaler“ mit Bärlauch. Einen Schnittkäse hat die Ziegenhalterin mal ein Jahr lang reifen lassen. Doch man kann ihn auch nach sechs Wochen schon gut essen. Deshalb wird er im-mer gleich weggekauft und schafft es gar nicht mehr zu kräftigem Aroma.

    Der „Glinder Spezial“, ein Weichkäse mit Rotkultur, befand sich von Anfang

    an im Sortiment. 2017 zeichnete ihn das Land Sachsen-Anhalt bei einem Wettbewerb mit einem „Kulinari-schen Stern“ aus und empfiehlt ihn damit besonders.

    E s hat eine Weile gedauert, bis Gitte Kutschbach zur Premium-käserin wurde und Bioläden und gute Gasthäuser in Sachsen-Anhalt belieferte. Dazu braucht es vor allem viel Erfahrung. Heute gibt sie ihr Wis-sen etwa zehn Mal im Jahr bei Käse-seminaren an Interessierte weiter. Das

    Glinder Kräutertaler in Würfel schneiden, mit Paprika, Zwiebeln, Olivenöl und Balsamico-essig in einer Auflauf-form bei 180 Grad 20 min lang backen. Dazu Baguette.

    ZIEGENKÄSE-AUFLAUF

    meiste hat sich die Bäuerin bei unzäh-ligen Versuchen selbst beigebracht. „Wenn etwas schiefgeht, freuen sich eben die Schweine“, scherzt sie. Doch das passiert inzwischen nur noch selten und sie kreiert jedes Jahr neue Sorten.

    Steffen Kutschbach zählt derweil sei-ne nächste Ladung Ziegendamen auf dem Anhänger ab. Sie stecken ihren Kopf durch die Klappen zur Futter-rinne und der Bauer geht in Ruhe an ihren Hinterteilen entlang, um eine nach der anderen zu melken. Der gute Ben ruht sich derweil ein bisschen im Schatten unter der Rampe aus. Gut vier bis fünf Liter Milch geben manche Ziegen der Kutschbachs am Tag. Es hängt ab von der Jahreszeit und vom Alter der Lämmer. Wenn sie

    keine Milch mehr brauchen, werden sie auf eine eigene Koppel gebracht. Dann wird ihre Hauptbeschäftigung das Fressen. Doch gerade sind die kleinen Streuner auf eine junge Katze aufmerksam geworden, die ganz in der Nähe in der Wiese liegt. Die rehbraune Ziegenschar reckt gemein-schaftlich die Köpfe und trabt vorsich-tig hin – ein besonders vorwitziges Lamm vorneweg. Dann ertönt eine Art Niesen und alle stieben sofort davon. Es war ein Warnruf von einem der Lämmer: Achtung, die Katze hat sich bewegt!

    Gitte Kutschbach lacht laut auf. An den langen Sommerabenden ist nach dem Melken manchmal noch et-was Zeit. Dann gibt es für sie nichts Schöneres, als auf einer Bank in den Elbauen zu sitzen und den Tieren zuzuschauen.

    www.glinder-ziegenhof.dewww.kulinarische-sterne.sachsen-anhalt.de

    Für die Ziegen ist

    Melken pure Entspan-

    nung.

    Gitte Kutsch-bach auf einer der Weiden in den Elbauen

    Macht neugierig: die Ausla-ge im Glinder Hofladen. Der Collie Ben hilft Steffen Kutsch-bach bei der Arbeit.

    S C H N A B U L I E R E N I N S AC H S E N - A N H A LT

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  • ZOOLOGISCHER GARTEN UND KUNSTGARTEN IN HALLE (SAALE)

    KUNST UND KROKODILE AN DER SAALE

    50 51HALLE (SAALE)

    I m Zeitraum von den Händel-Festspielen im Mai bis August verwandelt sich der Innenhof der Neuen Residenz in eine beein-druckende Gartenlandschaft. Die 1.500 Quadratmeter werden dann zu einer Bühne der besonderen Art. Jedes Jahr setzen Langzeitarbeits-lose des Beruflichen Bildungswerks e. V. Halle-Saalekreis ein themati-sches Gartenkonzept handwerk-lich um. Die Gärten thematisieren die Zeit Georg Friedrich Händels:

    Anlässlich des 250. Todesjahrs des berühmten Barockkomponisten (2009) war es der „Barockgarten“, im Jahr 2010 die „Wasserspiele“ oder 2012 ein „Italienischer Land-schaftsgarten“. Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums (2017) war es ein „Paradiesgarten“, der mit üppigen Blumenarrangements aus Gartenazaleen, Rhododrendron- und Hortensienbüschen sowie Obstkulturen in vielfältigen Farb-nuancen gestaltet wurde.

    Jedes Jahr aufs Neue sorgt der thematisch gestal-tete Kunstgarten im Innenhof der Neuen Residenz für Entzücken.

    Der Renaissancebau „Neue Re-sidenz“ steht in unmittelbarer Nachbarschaft des Doms und zählt neben der Moritzburg als der prächtigste Profanbau der Frühre-naissance in Halle (Saale).

    Kardinal Albrecht gründete 1520 als Gegengewicht zum reformato-rischen Wittenberg eine katholi-sche Universität, das „Neue Stift“. 1529 ließ er das südlich des Doms stehende Cyriakshospital abreißen und auf dem zur Saale abfallenden Gelände eine weitläufige Bauanla-ge errichten.

    Jedes Jahr neu: der Kunstgarten

    in der Neuen Residenz

    Ein Zoo am Berg: 1.700 Tiere beherbergt der Zoologische Garten in Halle.

    Januar un