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Georg Hilger/Werner H. Ritter

RELIGIONSDIDAKTIKGRUNDSCHULE

HANDBUCH FÜR DIE PRAXISdes evangelischen und katholischen

Religionsunterrichts

Kösel/Calwer

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INHALT

Vorwort 9

I RELIGION IN DER GRUNDSCHULE –HERAUSFORDERUNGEN UND AUFGABEN 11

Einführung:Religiöses Lernen und religiöse Bildung in derGrundschule (Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1 Religiöse Pluralisierung, Individualisierung und veränderteKindheit (Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

2 Ästhetisches Lernen und religiöse Bildung in der Grundschule(Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

3 Religionsunterricht als Schulfach oder Religion als Teileines Lernbereichs? (Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4 Zielperspektiven und Aufgaben des Religionsunterrichtsin der Grundschule (Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

5 Der Religionsunterricht und die anderen Schulfächer –Fächerverbindendes Lernen – Beitrag zur Schulkultur(Werner H. Ritter). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

6 Religionsunterricht – ein Fach, das Kinder und Lehrende mögen:Empirische Befunde (Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

7 Kinder, ihr Theologisieren und ihre religiöse Entwicklung(Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8 ReligionslehrerIn-Sein zwischen Glaubens-, Lebenshilfeund Lernfach (Werner H. Ritter). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

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9 Religionsunterricht zwischen Staat und Kirche: Rechtliches,Vocatio und Missio, ordentliches Lehrfach (Werner H. Ritter) . . . . . 122

10 Religionsunterricht und andere Orte religiöser Bildung:Familie, Gemeinde, Öffentlichkeit (Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . 135

II KINDER UND INHALTE IM RELIGIONS-UNTERRICHT 153

Einführung:Elementarisierung und Korrelation als didaktischeGrundkategorien (Werner H. Ritter/Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . 153

1 Gott, Gottesbilder und Kinder (Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . 169

2 Biblisches Lernen mit Kindern (Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . 190

3 Symbole wahrnehmen, verstehen und gestalten (Georg Hilger) . . . 205

4 Kinder und Schöpfung (Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

5 Ethisches Lernen – Moralische Entwicklung bei Kindern(Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

6 Kinder begegnen anderen Konfessionen und Religionen(Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

7 Über Leben und Tod nachdenken – Philosophieren mit Kindern(Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

8 Rituale, Feste, Feiern und Gottesdienst (Georg Hilger) . . . . . . . . . 279

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III ANREGUNGEN FÜR EIN LEBENDIGES LERNENIM RELIGIONSUNTERRICHT – LERNWEGE 291

Einführung:Nachdenken über Lernwege und Methoden (Georg Hilger) . . . . . . 291

1 Die Kunst des Erzählens und Zuhörens (Georg Hilger) . . . . . . . . . 304

2 Die Stille spüren – Meditative Übungen und Gebet(Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

3 Vorstellungen bilden – Imaginatives Lernen imReligionsunterricht (Georg Hilger). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328

4 Musik wahrnehmen, singen und musizieren(Werner H. Ritter/Michaela Albrecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

5 Bewegung, körperlicher Ausdruck und Tanz imReligionsunterricht (Georg Hilger). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

6 Kind und Spiel – Lernen im Spielen (Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . 351

7 Kreatives Schreiben – Eine eigene Sprache findenund gestalten (Georg Hilger). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

8 Umgang mit Bildern und bildnerisches Gestalten(Werner H. Ritter/Michaela Albrecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

9 Lernortwechsel – Räume wahrnehmen und erkunden(Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

10 Freiarbeit im Religionsunterricht (Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . 382

11 Projektartiges Arbeiten mit GrundschülerInnen(Werner H. Ritter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

12 Aller Anfang ist schwer – Religion im Anfangsunterricht(Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

13 Wirkungsüberprüfungen – Rückmeldungen – Leistungs-beurteilung (Georg Hilger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

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ANHANG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

Stichwortregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456

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Vorwort

Religiöses Lernen und religiöse Bildung gehören zum Auftrag der Schule von An-fang an: In diesem Sinne hat die Grundschule im Rahmen ihres Erziehungs- undBildungsauftrags einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich Kinder in weltanschau-lich pluralen Zeiten und komplexen Kontexten ihre Welt erschließen und sich da-bei auch religiös orientieren können, indem sie vor allem – aber nicht nur – der Re-ligion unseres Kultur- und Sprachraumes begegnen, sie kennen und verstehen ler-nen, sie probieren und gestalten können. Dies soll Grundschülerinnen und -schü-lern bei der Entstehung, Klärung und Gestaltung ihrer Selbst-, Welt- und Gottes-erfahrung sowie ihrer religiösen und moralischen Lebensgestaltung unterstützen.Unser Buch will angehenden und fertigen Religionslehrkräften das nötige Rüst-zeug an die Hand geben, um die Kinder hierbei anzuleiten, anzuregen und heraus-zufordern.Eine Besonderheit vorliegender Grundschulreligionsdidaktik ist, dass sie in gro-ßem Einvernehmen von einem evangelischen und einem katholischen Religions-pädagogen gemeinsam konzipiert, erarbeitet und entsprechend ausgerichtet ist.Die einzelnen Artikel des Buches sind in produktivem interkonfessionellen Aus-tausch entstanden: Beide Autoren haben zusammengearbeitet, indem jeweils ei-ner den Artikel verfasst, der andere ihn gegengelesen, kritisiert, erweitert und mo-difiziert hat, sodass der jetzige Text gemeinsam verantwortet werden kann. Diessoll auch anzeigen, was und wie viel heute evangelisch und katholisch in einerGrundschulreligionsdidaktik möglich ist, also gemeinsam gedacht, entfaltet undgestaltet werden kann, ohne dass konfessionelle Profile und Besonderheiten auf-gegeben werden müssen.So ist auf der Basis des Christentums in seiner katholischen wie evangelischenReligionsgestalt ein gemeinsames Werk entstanden, das ebenso Studierende derevangelischen und katholischen Religionslehre wie Religionslehrkräfte in denersten, aber auch in den besten Berufsjahren anregen und beflügeln soll.Die religionsdidaktische Positionierung und Ausrichtung des Studienbuches zeigtsich in seinem dreigliedrigen Aufbau. Im ersten Teil »Religion in der Grundschu-le – Herausforderungen und Aufgaben« wird das Verständnis von Religionsunter-richt mit seinen Zielperspektiven, Begründungen, Kontexten und mit den in ihmhandelnden Personen in den Blick genommen. Der zweite Teil »Kinder und Inhal-te im Religionsunterricht« reflektiert vor dem Hintergrund elementarer religions-

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didaktischer Kriterien und Fragerichtungen einige zentrale Inhaltsbereiche reli-giösen Lernens. Der dritte Teil will die didaktische Fantasie der Lehrkräfte inspi-rieren, gibt also »Anregungen für ein lebendiges Lernen im Religionsunterricht«.Das ausführliche Inhaltsverzeichnis, das Stichwortregister, die analoge Struktu-rierung der einzelnen Kapitel und die Querverweise in den Texten wollen dieOrientierung in diesem umfangreichen Werk erleichtern.Hinsichtlich der Anlage und der Durchführung der vorliegenden Religionsdidak-tik für die Grundschule halten wir es mit der weisen Einsicht des PsychologenKurt Lewin (1890–1947): »Nichts ist praktischer als eine gute Theorie.« Wir tei-len diese Auffassung uneingeschränkt und legen deswegen mit diesem Studien-buch eine Theorie für die Praxis vor, ganz im Sinne der ursprünglichen Wortbe-deutung von theoria als Schau und Sicht bzw. Vorstellung von etwas. Eine solcheTheorie für die Praxis kann die Augen für wichtige Aspekte, Zusammenhänge,Perspektiven und Lernwege des schulischen religiösen Lernens und der religiösenBildung öffnen und zum Entdecken, Schauen, Wahrnehmen, Kennenlernen, Prü-fen, zur Auseinandersetzung und immer wieder auch zum Mit- und Nachvollzugeinladen. Ebendies intendieren wir mit diesem Band, denn es gibt in der Tat nichtsPraktischeres als eine gute Theorie im Dienste eines lebendigen und reflektiertenReligionsunterrichts, der die Kinder als Lernende ernst nimmt.Wir danken allen, die zum Erscheinen dieser Grundschulreligionsdidaktik beige-tragen haben: Zu nennen sind hier die beiden Verlage Kösel und Calwer, die dasWerk in ihr religionsdidaktisches Programm aufgenommen haben, insbesondereFrau Margarete Stenger für ihr Engagement, das sehr zum Gelingen der Zusam-menarbeit mit den Verlagen beigetragen hat. Danken möchten wir auch den amEntstehen des Buches Beteiligten an den beiden Lehrstühlen, insbesondere denSekretärinnen Maria Schmidmeier und Kathrin Tauscher für ihre Aufmerksam-keit und Geduld bei der Erstellung und Überarbeitung der Texte, den Mitarbeite-rinnen und Hilfskräften Michaela Albrecht und Barbara Rabus in Bayreuth sowieCorinna Fehrenbacher und Ruth Franke in Regensburg für manche Literatur-recherchen und ihr umsichtiges Korrekturlesen.

Georg Hilger und Werner H. Ritter

10 Inhalt

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I RELIGION IN DERGRUNDSCHULE –

HERAUSFORDERUNGENUND AUFGABEN

Einführung:Religiöses Lernen und religiöseBildung in der Grundschule

Werner H. Ritter

Einerseits erscheint Religionsunterricht heute als ein Grundschulfach wie jedesandere auch. Andererseits gilt es vielen als nicht unumstritten: So wird gefragt,was religiöses Lernen und religiöse Bildung überhaupt sind und was sie in derGrundschule sollen. Waren religiöse Erziehung und Bildung in der Nachkriegs-zeit bis in die 60er-Jahre des 20. Jh. hinein relativ unstrittig, so bedürfen sie heutevermehrt der Reflexion, der Begründung und bewusster Praxis. Wer für Reli-gionsunterricht an der Grundschule plädiert, muss sagen können, was Religion,religiöses Lernen und religiöse Bildung sind und wollen. Vielen erscheint dies aufden ersten Blick klar, anderen nicht (mehr).

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1. Recht von Kindernauf religiöse Bildung

Seit den späten 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erschienen religiöseErziehung und Religionsunterricht oft in einem schlechten Licht: Religion undreligiöse Erziehung galten als autoritäre Eingriffe in das (Seelen-)Leben un-mündiger Kinder und Heranwachsender. Kinder würden durch Religion und re-ligiöse Erziehung verdorben und manipuliert sowie um ein »vernünftiges«Menschsein gebracht – diese Auffassung fand und findet Vertreterinnen undVertreter bis heute, darunter so berühmte wie einst John Locke (1632–1704) inEngland und Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) in Frankreich. In der Folgesind im letzten Drittel des 20. Jh. religiöse Erziehung und Bildung von Eltern,aber auch in der Öffentlichkeit oft vernachlässigt worden. Mittlerweile wirddeutlich, dass Kinder, denen wir Gott und Religion vorenthalten, um Wesentli-ches gebracht werden. Deswegen wird seit einiger Zeit von Religionspädagogenbetont, dass wir Kinder nicht um Gott betrügen dürfen (vgl. Biesinger 1994a;1994b) und dass Kinder ein Recht auf Religion und religiöse Bildung haben(vgl. Schweitzer 2000a).Die Grundschule leistet im Rahmen ihres Erziehungs- und Bildungsauftrages ei-nen wesentlichen Beitrag zur kindgemäßen Wirklichkeitserschließung undWeltorientierung, indem sie das Selbst- und Weltverständnis von Kindern för-dert und fordert. Letzteres muss unseres Erachtens Religion und religiöse Bil-dung einschließen. Religion und religiöse Bildung können als wichtige Aufga-ben der Grundschule und unverzichtbare Aspekte von allgemeiner Bildung gel-ten (vgl. EKD 2000, 4). Diesbezüglich besteht ein hoher, wenn auch kein totalergrundschulpädagogischer Konsens dahingehend, dass in einer allgemeinenGrundbildung persönliche und weltanschauliche Orientierung und damit zu-sammenhängend die Bearbeitung religiöser und ethischer Themen und Fragennicht fehlen dürfen, wenngleich die Meinungen darüber auseinander gehen, wiedem – angesichts religiöser Individualisierung, Pluralisierung und veränderterKindheit (s. I.1) – schulpraktisch am besten entsprochen werden kann (s. I.3).

12 Religion in der Grundschule – Herausforderungen und Aufgaben

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2. Gründe für religiöse Bildung in einerKultur des Aufwachsens

Ein erster Grund ist, dass Religion und religiöse Bildung zu unserer abendlän-disch-europäischen Kultur gehören. Aufgabe der (Grund-)Schule ist es auch,Kinder mit dem kulturellen Erbe und der kulturellen Herkunft vertraut oder zu-mindest damit bekannt zu machen (= kulturgeschichtliches Argument). Einzweiter Grund: Im Unterschied zum Tier kommt der Mensch instinktreduziertzur Welt, verfügt also über kein von Anfang an fertiges Verhaltens- oder Deu-tungsrepertoire hinsichtlich seiner Wirklichkeit. Weil er keine entsprechende»Sinnformel« für sich und seine Welt hat, muss er danach suchen, wozu er eineLebens-Deutung, eine Welt-Anschauung oder ein Welt-Bild und – je nachdem –Religion braucht: Wo kommen wir her, wohin gehen wir? Was sollen wir tun?Was dürfen wir hoffen? Der Pädagoge Heinrich Roth schreibt in diesem Sinne:»Kein Mensch, auch nicht der einfachste Mensch, kann ohne Weltdeutung, seisie noch so primitiv und pauschal, geistig leben … Wer nicht christlich glaubt,der lebt aus einem philosophischen oder weltanschaulichen Glauben« (Roth1966, 141). Wenn wir nicht einfach in den Tag hinein leben, sondern uns unsererExistenz bewusst sein bzw. werden wollen, dann ist es »unsere größte und zu-gleich schwerste Aufgabe, in unserem Leben einen Sinn zu finden«; deshalb seies, so der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim, auch »die wichtigste undschwierigste Aufgabe der Erziehung«, »dem Kind dabei zu helfen, einen Sinnim Leben zu finden« (Bettelheim 1977, 9). Kinder müssen mithilfe von Erzie-hung, Lernen und Bildung die ihnen widerfahrenden Ereignisse deuten und zueinem individuell tragfähigen »Weltdeutungsmodell« verarbeiten. Mit einigerPlausibilität lässt sich sagen: Kinder sind dazu gezwungen, im unübersehbarenChaos von Sinneseindrücken und sich widersprechenden Erlebnissen durch Fra-gen, an sie weitergegebenes »Wissen« und vorläufige, selbst konstruierte Ant-worten auf diese Fragen eine Ordnung – eine Art Weltordnung – zu erstellen, dieihrem Erleben, Denken und Handeln einen verlässlichen Rahmen gibt. Dies leis-tet für bestimmte Fragen und Zusammenhänge Religion. Damit Kinder auf derGrundlage ihrer geistigen Möglichkeiten selbst »Ordnungsvorstellungen« auf-bauen können, braucht es in Erziehung, Unterricht und Bildung profilierte, ge-sprächsfähige Positionen (= funktionales Argument). Ein dritter Grund: Auchin einer Welt, in der naturwissenschaftliche und technische, technologische Fra-gen immer mehr Bedeutung gewinnen, wollen Kinder und Menschen nach wievor wissen, welchen Sinn ihr Leben hat, wofür es sich zu leben lohnt, wie man»richtig« lebt, was es heißt, an Gott zu glauben. Hier geht es um Grundfragen,die vermutlich alle Menschen auf dieser Erde miteinander teilen: Menschen

Einführung: Religiöses Lernen und religiöse Bildung in der Grundschule 13

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werden schuldig, müssen leiden, müssen sterben; da gibt es Schicksale, Schuldund Opfer. All dies kann nicht aus dem Repertoire technisch-instrumenteller Ver-nunft bestritten werden, sondern erfordert vor allem den Rückgriff auf religiöse,menschheitsgeschichtliche Traditionen. Im Aufwachsen von Kindern (aber auchJugendlichen) brechen immer wieder Fragen auf, die zumindest potenziell einereligiöse Bedeutung haben. »Eine Bildung, die Kindern (und Jugendlichen) ge-recht werden will, kann auf diese Dimension grundsätzlich nicht verzichten.«(EKD 2003b, 87) Die Tabuisierung solcher Fragen ist – so der Philosoph VittorioHösle – »ein Verbrechen an der kindlichen Seele« (Nora K./Hösle 1996, 247).Eine Gesellschaft und eine Schule, die ihre Kinder nur rationales Erkennen, tech-nokratisches und gesellschaftlich nützliches Handeln lehren, bleiben hinter denMöglichkeiten des Menschen und hinter den »Maßen« des Menschlichen zurück(= anthropologisches Argument). Ein vierter und letzter Grund findet sich im 10.Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 1998; er hebt in einemgrundsätzlichen Sinne den objektiven Bedarf sinnorientierender Angebote in derSchule gerade pluraler Gesellschaften nachdrücklich hervor: Der Sinnbedarf neh-me in pluralen Gesellschaften nämlich nicht etwa ab, sondern in der Tendenz eherzu (= sozialdiakonisches Argument).

3. Was meint heute Religion?

Bevor wir nach dem Was und Wozu religiöser Bildung fragen können, ist zuüberlegen, was Religion überhaupt ist bzw. was man darunter heute versteht. Ineinem allgemeinen, landläufigen Verständnis hat Religion fundamental damitzu tun: Menschen haben immer wieder erfahren und erfahren bis heute, dass dieWirklichkeit mehr ist als das, was man sehen, hören, greifen, zählen und messenkann, und dass es so etwas wie eine transzendente Person, Macht oder Wirklich-keit hinter, über bzw. jenseits jener »oberflächlichen« Wirklichkeit gibt. Begrif-fe wie Religion oder Gott stehen gleichsam als Chiffren oder Symbole für dieseWirklichkeit und entsprechende damit verbundene Erfahrungen. Dabei schiendas, was Religion ist, lange Zeit bis weit in das 20. Jh. hinein klar zu sein (vgl.zum Folgenden Ritter 2004c, 302 ff). Wenn man – noch im 19. und 20. Jh. –nicht gleich Religion als christliche Religion begriff und damit identifizierte,verstand man in der älteren Religionswissenschaft des späten 19. und frühen 20.Jh., aber auch im (damaligen wie oft noch heutigen) alltäglichen Sprachge-brauch unter Religion die Beziehung von Menschen oder ihr Verhalten zu einerMacht oder Mächten, Gott oder Göttern, zu einem Heiligen oder Absoluten.

14 Religion in der Grundschule – Herausforderungen und Aufgaben

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Diese Verstehensweise von Religion wird inhaltlich bzw. substantial genannt.Sie suggeriert ein einheitliches Verständnis einer eindeutig identifizierbarenGröße Religion. Immerhin bemerkte man bei aller Bevorzugung oder Höherbe-wertung der christlichen Religion in Theologie und Religionswissenschaft des19. und frühen 20. Jh., dass sich Religion genau genommen als eine unterschied-liche und vielgestaltige Weise menschlichen Verhaltens zu einer transzendentenWirklichkeit darstellt, wie das ja in den verschiedenen großen und kleinen(Welt-)Religionen zum Ausdruck kommt. Gleichwohl schien klar zu sein, dassReligion zu allen Zeiten und an allen Orten anzutreffen sei, mit anderen Worten:etwas Universales darstelle. Seit geraumer Zeit ist allerdings dem Religionsbe-griff seine frühere Eindeutigkeit abhanden gekommen. Neuere sozialwissen-schaftliche, religionswissenschaftliche und theologische Forschung bemerktmittlerweile sehr deutlich, dass das Auffällige an Religion gerade ihre mangeln-de Eindeutigkeit sei, weswegen es immer wieder der Verständigung darüber be-dürfe, was wir darunter verstehen. Das heißt: Phänomen und Begriff Religionerscheinen heute komplex, spannungsreich und uneindeutig. Folgende Erkennt-nisse sind in diesem Zusammenhang wichtig:

Religion als christliche Religion

Religion ist kein ursprünglich christliches Wort. Das lateinische »religio« ent-stammt der römisch-hellenistischen Philosophie und meint eine Verhaltenswei-se oder Tugend, die einer göttlich genannten Natur heilige Sorgfalt und feierli-chen Dienst entgegenbringt. Erst im 4. Jh., als das Christentum zur Staatsreligi-on wurde, adaptierte es den Begriff. Mit der Renaissance gerieten außereuropäi-sche Religionen in das Blickfeld, und mit dem Augsburger Religionsfrieden(1555) sowie dem Westfälischen Frieden (1648) gab es eine Mehrzahl von(christlichen) Konfessionen und Religionsparteien. In dem Maß, in dem derchristliche Glaube infolge der konfessionellen Zersplitterung während der Re-formation an Integrations- und Überzeugungskraft verloren hatte, avancierte derAllgemeinbegriff Religion zunächst zum Zeichen und zur Grundlage für dieÜberwindung konfessioneller und gesellschaftlicher Differenzen in Europa. Re-ligion wurde jetzt ein fundamentaler christlicher Begriff, der zur Reflexion aufdie eigene Verfassung und Geschichte gebildet wurde. Damit war es möglich,die Allgemeinheit und bleibende Verbindlichkeit des Christentums zu unter-streichen, die infolge der konfessionellen Streitigkeiten und Spaltungen im 16.Jh. gefährdet erschienen.

Einführung: Religiöses Lernen und religiöse Bildung in der Grundschule 15

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Religion als Universalkategorie

Im Verlauf der Neuzeit wird der Religionsbegriff zu einer fundamental-anthropo-logischen oder -ontologischen Universalkategorie entwickelt, welche nicht nurdie binnenchristlichen Konfessionsdifferenzen, sondern auch noch jene Differen-zen umgreift, die zwischen Christentum und nichtchristlichen Religionen beste-hen. Nun steht der Begriff dafür, dass alle Menschen Religion haben bzw. religiössind, unabhängig von und vor aller spezifischen historischen Konfession. Diesverleiht dem Religionsbegriff maximale Allgemeingültigkeit, geht freilich mit ei-ner eigentümlichen Ahistorizität und einer auffälligen Inhalts- bzw. Substanzlo-sigkeit einher. Diese Verallgemeinerungstendenz kann dabei soweit gehen, dasssogar Atheismus, Humanismus etc. als Religion verstanden werden. Was seit demspäten 19. Jh. bis ins 20. Jh. hinein an Religion zunehmend interessiert, ist v.a. ihreFunktion bzw. ihre Funktionen. In einer Art zweiten Aufklärung über Religion –nach den großen Religionskritikern Feuerbach, Marx, Freud – entdecken Sozial-wissenschaftler (Niklas Luhmann, Hermann Lübbe u.a.), dass Menschen weiterindividuelle und soziale Bedürftigkeiten haben, die von »Religion« (unspezifischund nur im Blick auf ihre »Funktion« verstanden) befriedigt werden. Nachgeradeseit den 60er-Jahren des 20. Jh. sprechen Sozialwissenschaftler von verschiede-nen Funktionen der Religion wie Identitätsstiftung, Reduktion von Komplexität,Kontingenzbewältigung, ihrer integrierenden Sinngebungs- und Welterrichtungs-funktion. Wir nennen dies das funktionale Verständnis von Religion im Unter-schied zum älteren substantialen oder inhaltlichen, das Religion an bestimmtenInhalten oder Substanz(en) festmacht. Dadurch kommt es zu einer hochgradigenVervielfältigung von Dingen, Erfahrungen und Symbolen, die als »religiös« be-setzt erscheinen können, auch wenn sie mit Religion(en) im herkömmlichen, sub-stantialen Sinne zumindest auf den ersten Blick nur wenig gemeinsam haben. Die-ses funktionale Verständnis von Religion wird so gedehnt gebraucht, dass z.B.auch Konsum, Sport, Kino, Werbung, Popmusik, Popkultur etc. als Religion be-zeichnet werden. Auch wenn es fragwürdig erscheint, ob solcher unspezifischeund inhaltsleere Begriffsgebrauch von Religion für gehaltvolles theologischesund religionspädagogisches Arbeiten ausreicht, ergeben sich für religionspädago-gische Theorie und Praxis häufig hilfreiche Erkenntnisse und Ansätze, wenn wirKinder wie Heranwachsende danach fragen, was ihnen »heilig« ist, woran sie »ihrHerz hängen«, was ihnen Halt und Orientierung gibt. Gleichwohl ist dieses allge-meine funktionale Religionsverständnis kritisch anzufragen: Ist wirklich alles,was Menschen in besonderer Weise angeht, Religion? Ist dann nicht letztlich allesReligion? Wenn aber alles Religion ist, welchen Sinn macht es dann noch von Re-ligion zu sprechen? Hier kann es sich empfehlen, zwischen Religion, Weltan-schauung und Sinn zu unterscheiden.

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Religion als eigenständige Dimension neben Kirchlichkeit

Insgesamt gesehen kann Religion als eine eigenständige Dimension unseres Le-bens gelten. Dabei ist ihre (nicht nur) im abendländisch-europäischen Raumverbreitetste Konkretionsgestalt nach wie vor das Christentum. Auch angesichtsaller hierzulande begegnenden Multikulturalität und Multireligiosität kommtder christlichen Tradition eine besondere Bedeutung zu, was sich etwa in West-deutschland (anders Ostdeutschland – derzeit ca. 28%) darin zeigt, dass dieMehrheit der dort lebenden Menschen – derzeit über 75% – einer christlichenKirche angehört (vgl. EKD 2003a, 7). Generell steht dabei Religion nicht nur imevangelischen Bereich für ein eigenständiges Christentum und eine christlicheReligiosität, die nicht ohne weiteres mit Kirche und Kirchlichkeit identisch sindbzw. sein müssen, was aber nicht zu einer Fundamentalopposition führen muss.Und doch drückt sich evangelischer- wie katholischerseits in Religion als »Lai-enkonzept« der Freiheitsanspruch bzw. »Freiheitsvorbehalt« von Christinnenund Christen gegenüber ihrer Kirche aus (Trutz Rendtorff).

Religion als Negativgröße

Neben einem positiv besetzten Verständnis von Religion als für den Menschenessenziell, gut und wichtig gibt es spätestens seit der europäischen Aufklärungauch ein gegenläufiges negatives Verständnis von Religion als vorwissenschaft-lich (Auguste Comte), antifortschrittlich, als Beweihräucherung des schlechtenStatus quo und Vertröstung (Karl Marx), als Projektion (Ludwig Feuerbach)und Illusion (Sigmund Freud). In der neueren Glaubens- und Theologiege-schichte konnte sowohl evangelischer- als auch katholischerseits der Religions-begriff sehr unterschiedlich verstanden und rezipiert werden: Während er langeZeit positiv verwendet wurde – so z.B. evangelischerseits von Friedrich D. E.Schleiermacher (Religion als »Sinn und Geschmack fürs Unendliche«) und PaulTillich (Religion als »das, was uns unbedingt angeht«) oder katholischerseits imSinne einer klaren Hierarchie der Religionen mit dem Christentum an der Spitze–, stieß er im evangelischen Bereich v.a. infolge der Dialektischen Theologieseit den 20er bis in die 60er-Jahre des 20. Jh. auf erhebliche Vorbehalte und tutes noch; im katholischen Bereich betont jüngst etwa Thomas Ruster, dass derchristliche Glaube keine Religion (wie die anderen) sei, sondern eben etwasganz anderes: Offenbarung (vgl. Ruster 2000).

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Religion als diskursiver Tatbestand

Entgegen früheren Vorstellungen eines zeitlosen und allgemeinen »Wesens« derReligion wird heute betont, dass Religion nicht im Allgemeinen vorkommt, son-dern nur konkret im Plural real existierender Religionen, angefangen beinicht-christlichen Religionen über christliche Konfessionen und Denominationenbis hin zu religiösen Sondergemeinschaften. Wissenschaftlich reflektiert gibt esdemzufolge heute keinen allgemein verbindlichen Religionsbegriff mehr (vgl. soAntes 1992, 1544). Deswegen gilt neuerdings – nicht nur sozialwissenschaftlich –Religion in aller Regel als kulturell gebundener »umbrella term« oder »diskursi-ver Tatbestand« (Matthes 1992), über den man sich immer erst verständigenmuss, der also nicht gleichsam zu Tage liegt.

Religion als subjektiv bestimmte Daseinsdimension

Auf eine exakte Definition verzichtend, kann es deshalb bei Religion heute nurdarum gehen, grob ihr Bedeutungsfeld abzustecken. Heuristisch und vereinfachtkann man darunter verstehen: den lebenspraktischen, mehr oder weniger reflek-tierten Umgang mit dem Woher unserer Existenz und mit dem, was uns ultima-tiv-letztlich, »was uns unbedingt angeht« (P. Tillich). Die Bedeutung des WortesReligion sollte dabei – wie bei Wortbedeutungen generell – seinem Gebrauch inder Alltagssprache entsprechen (vgl. Wittgenstein 1975, 3), wobei freilich dassubstantiale wie funktionale Verständnis von Religion mit zu berücksichtigensind. Wichtig ist auf jeden Fall die von Menschen selbst vorgenommene Zuschrei-bung als religiös oder nicht-religiös. Als ihre »Religion« bezeichnen Menschenim Alltag für gewöhnlich heute meistens das, was ihnen »Halt« sowie Antwort aufdie Frage nach dem Sinn ihres Lebens, des Weltgeschehens und desIn-der-Welt-Seins gibt. Gleichwohl ist die individuelle Selbsteinschätzung in die-sem Zusammenhang nicht der einzige Gesichtspunkt für die Klärung der Frage,was Religion sei. Weiterführend kann letztlich nur ein gemeinsames Ringen undAushandeln von Wissenschaft, (institutionalisierter) Religion und subjektivemVerständnis sein, um den Begriff annäherungsweise profilieren zu können (vgl.Polak 2002, v.a. 58).

Religion als Dimension menschlichen Lebens

Auch wenn Religion v.a. in der Neuzeit (seit dem späten 18. Jh.) immer wiederals irreal erfahren und etwa durch Religionskritik abgelehnt werden konnte,auch wenn sie von anderen als epochal-vorübergehendes Phänomen verstandenwurde (»Religion als Auslaufmodell«), wenn Menschen sie als unterdrückend

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und unfrei machend erfuhren, wenn Religion zumindest auch ambivalent er-schien –, gemeinhin galt und gilt sie noch als unverzichtbare, wesentliche undkonstitutive Dimension menschlichen Lebens, der Wirklichkeit und damit auchder Schule und der (religiösen) Bildung. Dies wurde nicht zuletzt unterstütztdurch Entwicklungen nachgerade in der zweiten Hälfte des 20. Jh., die zeigten,dass sich Religion und religiöse Fragen durch wissenschaftlichen und techni-schen Fortschritt nicht einfach von selbst erledigen, sondern von Menschen mit-unter neu und sogar heftiger als zuvor – Stichworte: boomende Religiosität,»neue Religiosität« – thematisiert werden. Dementgegen ist seit geraumer Zeitunübersehbar deutlich, dass Menschen ohne Religion leben und leben können,ihr Leben also ohne wesentliche Defizite, wie sie sagen, organisieren und zu-bringen können (vgl. Tiefensee 2000). Dies zeigt sich in Westdeutschland undverstärkt in Ostdeutschland, wo insbesondere die Situation an (Grund-) Schulenherausfordert. Da wie dort trifft die Ansicht, Religion sei eine wesentliche Di-mension des Lebens und Lernens und eine anthropologische Konstante, mehroder weniger auf Unverständnis. Aufgrund solcher Erfahrungen wird die Mei-nung vertreten, dass es unter den Bedingungen der modernen Gesellschaft fürMenschen keineswegs mehr zwingend sei, explizit religiös zu sein und sich mitder Sinnfrage abzugeben. »Die Möglichkeit religionsfreier Lebensführung istals empirisches Faktum nicht zu bestreiten«, schreibt der Soziologe Niklas Luh-mann und fügt hinzu, dass alle »anthropologischen Begründungen der Funktionder Religion« an diesem Tatbestand zusammenbrächen (Luhmann 1989, 349).Religion ist ein soziales Phänomen, aber kein »naturnotwendiger« anthropolo-gischer Grundsachverhalt, sie ist eine wesentliche (essenzielle) Möglichkeit desMenschen. Menschen können religiös sein – und die Mehrzahl ist es –, aber siemüssen es nicht. Dass Religion anthropologisch unverzichtbar und definitivzum Menschen gehört, lässt sich also – summa summarum – weder sozialwis-senschaftlich noch sonst wie allgemein gültig beantworten, da es Gründe dafürund dagegen gibt. Dies macht die Legitimation und Institutionalisierung religiö-ser Bildung in der Schule nicht unbedingt leichter, aber dafür realitätsnäher undehrlicher. Gleichwohl können wir theologisch in einer Religionsdidaktik evan-gelischer und katholischer Gestalt davon ausgehen, dass Menschen potenziellfür Religion und eine religiöse Sicht bzw. Deutung der Wirklichkeit offen sind.

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4. Religiöse Bildung

Nach diesen notwendigen Klärungen zum Religionsbegriff können wir unsereVerständigung darüber, was religiöse Bildung ist und will, fortsetzen. Wenn Reli-gion in gezeigtem Sinne einen wichtigen, freilich nicht unumstrittenen und nichtselbstverständlichen Bestandteil, eine elementare Dimension unseres Lebens aus-macht, dann sind religiöses Lernen und Bildung ein bedeutsames Anliegen in derSchule generell, in der Grundschule speziell. Dabei zeigt es sich, dass religiösesLernen und religiöse Bildung seit geraumer Zeit (seit den 1980er-Jahren) zentraleBegriffe neuerer Religionspädagogik und Religionsdidaktik sind. Mit dem Bil-dungs- und Lernbegriff können nämlich die religiösen Implikationen des Prozes-ses menschlicher Subjekt- bzw. Personwerdung sehr gut verdeutlicht werden. Esbesteht, wie schon weiter oben gesagt, ein hoher theologischer, religionspädago-gischer und grundschulpädagogischer Konsens dahingehend, dass religiöse Bil-dung und Erziehung zum allgemeinen schulischen Bildungs- und Erziehungsauf-trag gehören. Dafür können gute und respektable Gründe vorgebracht werden.Hier die wichtigsten in Kürze (vgl. zum Folgenden Ladenthin 1999): Da ist zu-nächst das kulturelle Begründungsargument, das besagt, dass unsere Kultur tiefreligiös-christlich imprägniert und geprägt sei. So zutreffend das ist, hat diesesArgument doch nur eine begrenzte Reichweite: Da zu unserer Kultur mittlerweileauch (zunehmende) Religionslosigkeit gehört, könnte dies auch als Argument füreine religionslose Bildung (in der Schule) verwendet werden. Doch auch wennsich damit religiöse Bildung in der Schule zwar nicht stringent-zwingend begrün-den lässt, erscheint dieses Argument dennoch vielen Menschen plausibel undüberzeugt sie, nicht zuletzt auch deswegen, weil keine Kultur ohne Tradition –auch religiöse Tradition – existieren kann und zukunftsfähig ist. Ferner wird fürreligiöse Bildung an der Schule jenes schon oben angeführte anthropologischeBegründungsargument angeführt. Danach haben sich Menschen und Völker zuallen Zeiten religiös artikuliert, weswegen ein Verzicht auf Religion als ein Ver-zicht auf etwas spezifisch Menschliches erscheinen würde. Auch dieses Argu-ment nicht letztlich zwingend, sondern nur von begrenzter Reichweite: Selbstwenn Religion bislang definitiv und konstitutiv zum Menschsein gehört hat, mussdas nicht so bleiben. Noch zahlreiche weitere Begründungsargumente für religiö-se Bildung etc. werden angeführt: Der Mensch müsse sich mit seiner Endlichkeitauseinander setzen; als ein sittlich-handelndes Wesen müsse er nach Normen undMotiven für sein sittliches Handeln fragen; zudem sei die Frage nach dem Sinnfür ihn unausweichlich. Bei aller Relevanz dieser Begründungsargumente für reli-giöse Bildung ist zu sagen, dass sie religiöses Lernen und Bildung in der(Grund-)Schule nicht letztgültig oder zwingend begründen können: Der Mensch

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muss sich nicht mit seiner Endlichkeit auseinander setzen und Menschen von heu-te setzen sich auch nicht immer damit auseinander; Menschen stellen sich nichtdie Frage nach Sittlichkeit usw.; und sie fragen nicht nach dem Sinn ihres Lebens,ohne deswegen den Eindruck zu machen, dass ihnen Wesentliches fehlt. Darausfolgt: Es gibt keine allgemein akzeptierte Letzt-Begründung für Religion und reli-giöse Bildung in der Schule; wohl gibt es gute, viele gute Gründe dafür, aber ebenkeine zwingenden. Dies gilt – wohlgemerkt! – genau genommen für alle Schulfä-cher. Auch Mathematik und Kunstunterricht, Deutsch und Sport usw. lassen sichnur bedingt allgemein gültig als Schulfächer legitimieren, vielmehr handelt essich dabei um kulturelle und schulische Übereinkünfte von hoher Relevanz.Warum sind »Bildung« und »Lernen« besonders gut geeignet, den Prozess reli-giöser Subjekt- und Personwerdung zu veranschaulichen und zu verdeutlichen?

Bildung

Bildung und Subjektwerdung

Unter Bildung verstehen wir den lebenslangen Prozess der Subjektwerdung desMenschen im Kontext seiner Zeit (vgl. Biehl 1991b, 175). Bildung wird häufigmit Wissen gleichgesetzt, umfasst aber entschieden mehr: Da Menschen unfertig,instinktreduziert und sinnarm geboren werden, bedarf es zu ihrer Person- undSubjektwerdung der Erziehung, Sozialisation und Bildung. Mittels Bildung als»zweiter Geburt« des Menschen kommen Menschen zu ihrer Welt (Elschenbroich2001, 9). Das deutsche Wort »Bildung« ist eine Ableitung des althochdeutschenWortes »bildunga«, welches Bildnis, Gestalt, Schöpfung meint. Ursprünglich istBildung ein durch christlichen Glauben und Theologie (v.a. Meister Eckart) im-prägnierter Begriff, der den Vorgang der Ein-Bildung bezeichnet, mittels dessendas Bild Christi (als Ebenbild Gottes) in die menschliche Seele ein-gebildet undeingeprägt werden soll. Bildung meint dann näherhin die Bildung des Menschennach dem Bilde Christi bzw. Gottes (vgl. Gen 1,27), also so wie Gott ihn will. Inder Neuzeit gerät freilich dieses Verständnis mit dem Bildungsverständnis vonHumanismus und Aufklärung in Konflikt, das stark im Sinne von Selbstvervoll-kommnung und Selbstverwirklichung begriffen wurde und damit seinen theologi-schen Gehalt verlor, der ihm ursprünglich eignet, und eine Säkularisierung erfah-ren hat. Auch wenn die Entwicklung so verlief, können wir heute theologisch undreligionspädagogisch unter Bildung die (befreite) Selbstbestimmung des Men-schen und seine Subjektwerdung verstehen, die in Gott bzw. Gottes Freiheit grün-det (vgl. Dohmen 1964, 33ff).

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Bildung aller Kräfte

Seit dem deutschen Idealismus und Neuhumanismus des 18. und 19. Jh. meintBildung sodann alle Kräfte und Möglichkeiten des Menschen und erschöpft sichnicht in Wissen. »Der wahre Zweck des Menschen – nicht der, welchen die wech-selnde Neigung, sondern welche die ewig veränderliche Natur ihm vorschreibt –ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen.«(Humboldt 1980, 64) Mit Wilhelm von Humboldt (1767–1835) ist Bildung alsodie Anregung aller Kräfte eines Menschen, weil der Mensch nur so zu einer eigen-ständigen Individualität bzw. Persönlichkeit werden kann; Bildung erstreckt sich– mit Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) gesprochen – auf »Kopf, Herz undHand« (vgl. Pestalozzi 1960, 64f). Des Weiteren umfasst Bildung naturwissen-schaftlich-technische Dimensionen der Wirklichkeit ebenso wie sinnbezogene,religiöse und ästhetische, hat also mit Sinn, unseren Sinnen und auch Bildern zutun; sie realisiert sich – so Jürgen Mittelstraß (1982) – als »Verfügungswissen«und »Orientierungswissen«. Ferner geht Bildung zwar auch einher mit Zweckenund Absichten, ist aber dennoch in einem hohen Maße zweckfrei. Gerade eine Bil-dung, die die Grenzen des vordergründig Nützlichen überschreitet, kann wirklich»Nutzen« bringen. Sie dient zum einen dem Individuum, indem sie dessen Hori-zont bildet und erweitert; und sie dient zum anderen unserer Kultur, deren Erhal-tung und Fortschreibung. Im Kern geht es nicht um egoistische Selbstverwirkli-chung oder -vervollkommnung, sondern um die Welt, in der und von der wir le-ben. Bildung hat von daher immer eine praktische, wirklichkeitsbezogene Kom-ponente, sie wird lebensbezogen und nicht weltabgehoben verstanden.

Bildung und Kritik

Sodann inhäriert dem Bildungsgedanken seit der Aufklärung (18. Jh.) ein zweifa-cher kritisch-emanzipatorischer Zug: Zum einen steht Bildung für Befreiung vonund aus Abhängigkeiten und Unmündigkeit. So heißt es in Immanuel Kants Aufsatz»Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« von 1784: »Aufklärung ist derAusgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündig-keit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu be-dienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselbennicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt,sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dichdeines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung«(Kant 1999, 20). Damit konnte man sich von traditionellen, ungeprüften Bindungenund Abhängigkeiten unterschiedlicher Art befreien. Zum anderen wehrt der Bil-dungsgedanke (seit dem 18. Jh.) einer Verengung von Bildung auf berufliche Ab-

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Georg Hilger, Werner H. Ritter

Religionsdidaktik GrundschuleHandbuch für die Praxis des evangelischen und katholischenReligionsunterrichts

Paperback, Broschur, 464 Seiten, 16,5 x 24,0 cmISBN: 978-3-466-36707-8

Kösel

Erscheinungstermin: Februar 2006

Für einen modernen und lebendigen Religionsunterricht Umfassend, kompakt und präzise: Dieses moderne Standardwerk für die Aus-, Fort- undWeiterbildung von Religionslehrerinnen und -lehrern fasst alles Wissenswertezum Thema Religionsunterricht an Grundschulen zusammen. Grundsätzliche Fragen, die dieOrganisation und den Status von Religionsunterricht an der Schule betreffen, kommen ebensozur Sprache wie wichtige Themen und Inhalte des Unterrichtsund konkrete didaktische und methodische Anregungen für ein lebendiges Lernen:Gott und Gottesbilder, biblisches Lernen, Philosophieren mit Kindern, die Kunst des Erzählens,Bewegung, Tanz und Spiel und vieles mehr. Die Besonderheit: Das Buch ist von einem evangelischen und einem katholischenReligionspädagogen in einem produktiven ökumenischen Austausch gemeinsam erarbeitetworden – ohne dass dabei die spezifischen konfessionellen Profile und Besonderheitenaufgegeben wurden.