Report Report · 2014. 10. 5. · Schweizer Holzbau 3/2013 Report als Retentionsfläche. Es ruht...

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© Schweizer Holzbau Schweizer Holzbau 3/2013 Report Report Eingebunden in das Ensemble von Fabrikations- und Bürogebäuden der Talsee Badmöbel AG in Hoch- dorf LU, war das Projekt des neu er- stellten Pavillonbaus konzeptionell auf die Schaffung von Ausstellungs- und Büroflächen ausgerichtet. Die Elemente der Architektur In seiner äusseren Erscheinung wird der Neubau durch einen umlaufen- den, rund acht Meter hohen Porti- kus geprägt, der zwischen der Um- gebung und dem Innern – je nach Orientierung – eine unterschiedlich tiefe Raumschicht aufspannt (Porti- kus nach Wikipedia: Säulengang oder -halle). Dieser Bereich schafft – auch dank der freien Stellung der Stützen – zugleich die nötige atmo- sphärische Distanz zwischen in- nen und aussen und sichert den Fas- saden einen hohen Grad an Eigen- verschattung. Damit ist die vom Nutzer angestrebte maximale Durchsicht für die Ausstellungsflä- chen ebenso gewährleistet wie der Verzicht auf aussenliegende Sonnen- storen. Auf der Süd- und Ostseite ist dem Pavillon ein L-förmig angeleg- ter Reflection Pool vorgelagert, wel- cher die Nobilität des Gebäudes zusätzlich steigert und das Gebäude schwebend in Erscheinung treten lässt. Der Zugang für die Besucher/ -innen erfolgt von der Ostseite her über eine leicht ansteigende Rampe; die Mitarbeiter/-innen erreichen das Gebäude über einen Neben- eingang auf der Nordseite. Das Gebäude ist um einen zent- ralen, überhohen zweigeschossigen Hallenbereich organisiert. Durch ein entlang der Hallensüdseite ein- gestelltes, über die gesamte Hallen- höhe sich erstreckendes Volumen, bestehend aus abgehängten, silber- glänzenden Aluminiumketten, er- fährt das Gebäudeinnere seine räumliche Prägung. Diese Ketten- installation birgt in ihrem Inneren zusätzlich begehbare «Rückzugs- räume», welche die Besucher/-innen loungeartig zum Verweilen einla- den. Die Gebäudenordseite bildet mit ihrer kompakten, in Massivbau- weise erstellten Raumschicht das konstruktive Rückgrad des ansons- ten leichten und transparenten Ge- bäudes, welche neben den Trep- penhäusern und Nasszellen auch die notwendigen Lager- und Technik- räume beherbergt. Die Ausstellungs- fläche im Erdgeschoss verfügt – dank dem überhohen Mittelbereich – über zwei unterschiedliche Raumhöhen, was ein breites Feld unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten eröffnet – von wechselnden Ausstellungsinsze- nierungen bis zu Veranstaltungen mit Projektionen. Die Büroflächen im Obergeschoss organisieren sich ringförmig um die Halle und sind auf der Südseite als Grossraumbüro nutzbar. Die östlichen und westli- chen Flächen sind zudem in Einzel- büros unterteilbar. Aus Gründen der Offenheit und Nutzungsflexibi- lität bildet das ganze Haus eine «Brandschutzeinheit», was den Ein- bau einer Sprinkleranlage erklärt. Die lichte Raumhöhe in der Ausstel- lung (Erdgeschoss) beträgt 4,00 m, im Bürobereich (Obergeschoss) 3,00 m. Die Baustruktur und ihr Materialmix Das Gebäude ist vollflächig auf Stahlbeton-Bohrpfählen fundiert, die als Energiepfähle zur Erdwärmenut- zung ausgebildet sind. Die Konst- ruktionen der Bodenplatte (EG) und der Raumzone auf der Nordseite sowie die Decke über dem Erdge- schoss wurden in Ortbeton ausge- führt. Das Dachtragwerk besteht aus vier flachgeneigten Pultdachflä- chen sowie einer die zentrale Halle überdeckenden Flachdachebene, auf der eine überhohe, riegelartige Oblichtkonstruktion ruht. Die Dach- konstruktion ist als Warmdach mit einer Aufdachdämmung ausgeführt worden. Für das Haupttragsystem gelangten auf den Achsen ange- ordnete Brettschichtholzträger zum Einsatz. Die gesamte Dachkonstruk- tion – eine Kombination aus Walm- und Flachdach – ist nicht sichtbar und wird mit einer abgehängten Decke versehen. Einzig im Bereich über dem Atrium, dort wo die «Kiste» aufgesetzt ist, sind die Dachsparren sichtbar. In die aufgesetzte Kiste, die auch dem Lichteinfall dient, sind u. a. die Klimageräte integriert. Das als Einfeldträger ausgeführte, vier Meter auskragende Vordach dient Ein architektonisch definiertes, auf zwei Geschossebenen verteiltes Raum- programm charakterisiert den im Auftrag eines Badmöbelherstellers erstellten pavillonartigen Neubau ebenso wie der Materialmix (Beton, Stahl, Glas und Holz) der baulichen Projektumsetzung. Präsentations- und Büro- pavillon mit einem umlaufenden Portikus Publikationsvorlagen: Burkard Meyer Architekten AG (Projektbeschrieb, Pläne); Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG (Tragwerkbeschrieb, Fotos, Pläne); Renggli AG (Baufotos) Ein tradionelles Ele- ment der Archikektur in der Interpretation der Neuzeit: ein Porti- kus, der mit seinen Säulen den neu ge- bauten Präsentations- und Büropavillon der Talsee AG umläuft. Grundriss / Erdgeschoss Schnitt

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Eingebunden in das Ensemble von Fabrikations- und Bürogebäuden der Talsee Badmöbel AG in Hoch-dorf LU, war das Projekt des neu er-stellten Pavillonbaus konzeptionell auf die Schaffung von Ausstellungs- und Büroflächen ausgerichtet.

Die Elemente der Architektur

In seiner äusseren Erscheinung wird der Neubau durch einen umlaufen-den, rund acht Meter hohen Porti-kus geprägt, der zwischen der Um-gebung und dem Innern – je nach Orientierung – eine unterschiedlich tiefe Raumschicht aufspannt (Porti-kus nach Wikipedia: Säulengang oder -halle). Dieser Bereich schafft – auch dank der freien Stellung der Stützen – zugleich die nötige atmo-sphärische Distanz zwischen in-nen und aussen und sichert den Fas-saden einen hohen Grad an Eigen-verschattung. Damit ist die vom Nutzer angestrebte maximale Durchsicht für die Ausstellungsflä-chen ebenso gewährleistet wie der Verzicht auf aussenliegende Sonnen-storen. Auf der Süd- und Ostseite ist dem Pavillon ein L-förmig angeleg-ter Reflection Pool vorgelagert, wel-cher die Nobilität des Gebäudes zusätzlich steigert und das Gebäude schwebend in Erscheinung treten lässt. Der Zugang für die Besucher/ -i nnen erfolgt von der Ostseite her

über eine leicht ansteigende Rampe; die Mitarbeiter/-innen erreichen das Gebäude über einen Neben-eingang auf der Nordseite.

Das Gebäude ist um einen zent-ralen, überhohen zweigeschossigen Hallenbereich organisiert. Durch ein entlang der Hallensüdseite ein-gestelltes, über die gesamte Hallen-höhe sich erstreckendes Volumen, bestehend aus abgehängten, silber-glänzenden Aluminiumketten, er-fährt das Gebäudeinnere seine räumliche Prägung. Diese Ketten-installation birgt in ihrem Inneren zusätzlich begehbare «Rückzugs-

räume», welche die Besucher/-innen loungeartig zum Verweilen einla-den. Die Gebäudenordseite bildet mit ihrer kompakten, in Massivbau-weise erstellten Raumschicht das konstruktive Rückgrad des ansons-ten leichten und transparenten Ge-bäudes, welche neben den Trep-penhäusern und Nasszellen auch die notwendigen Lager- und Technik-räume beherbergt. Die Ausstellungs-fläche im Erdgeschoss verfügt – dank dem überhohen Mittelbereich – über zwei unterschiedliche Raumhöhen, was ein breites Feld unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten eröffnet – von wechselnden Ausstellungsinsze-nierungen bis zu Veranstaltungen mit Projektionen. Die Büroflächen im Obergeschoss organisieren sich ringförmig um die Halle und sind auf der Südseite als Grossraumbüro nutzbar. Die östlichen und westli-chen Flächen sind zudem in Einzel-büros unterteilbar. Aus Gründen der Offenheit und Nutzungsflexibi-lität bildet das ganze Haus eine «Brandschutzeinheit», was den Ein-bau einer Sprinkleranlage erklärt. Die lichte Raumhöhe in der Ausstel-lung (Erdgeschoss) beträgt 4,00 m, im Bürobereich (Obergeschoss) 3,00 m.

Die Baustruktur und ihr Materialmix

Das Gebäude ist vollflächig auf Stahlbeton-Bohrpfählen fundiert, die als Energiepfähle zur Erdwärmenut-zung ausgebildet sind. Die Konst-ruktionen der Bodenplatte (EG) und der Raumzone auf der Nordseite sowie die Decke über dem Erdge-schoss wurden in Ortbeton ausge-führt. Das Dachtragwerk besteht aus vier flachgeneigten Pultdachflä-chen sowie einer die zentrale Halle überdeckenden Flachdachebene, auf der eine überhohe, riegelartige Oblichtkonstruktion ruht. Die Dach-konstruktion ist als Warmdach mit einer Aufdachdämmung ausgeführt worden. Für das Haupttragsystem gelangten auf den Achsen ange-ordnete Brettschichtholzträger zum Einsatz. Die gesamte Dachkonstruk-tion – eine Kombination aus Walm- und Flachdach – ist nicht sichtbar und wird mit einer abgehängten Decke versehen. Einzig im Bereich über dem Atrium, dort wo die «Kiste» aufgesetzt ist, sind die Dachsparren sichtbar. In die aufgesetzte Kiste, die auch dem Lichteinfall dient, sind u. a. die Klimageräte integriert. Das als Einfeldträger ausgeführte, vier Meter auskragende Vordach dient

Ein architektonisch definiertes, auf zwei Geschossebenen verteiltes Raum­programm charakterisiert den im Auftrag eines Badmöbelherstellers erstellten pavillonartigen Neubau ebenso wie der Materialmix (Beton, Stahl, Glas und Holz) der baulichen Projektumsetzung.

Präsentations­ und Büro­pavillon mit einem umlaufenden Portikus

Publikationsvorlagen:Burkard Meyer Architekten AG (Projektbeschrieb, Pläne);Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG (Tragwerkbeschrieb, Fotos, Pläne);Renggli AG (Baufotos)

Ein tradionelles Ele­ment der Archikektur in der Interpretation der Neuzeit: ein Porti­kus, der mit seinen Säulen den neu ge­bauten Präsentations­und Büropavillon der Talsee AG umläuft. Grundriss / Erdgeschoss

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als Retentionsfläche. Es ruht auf schlanken Stahlstützen, die keinem Raster folgen und «tanzend» ange-ordnet sind. Die Stützen zwischen dem aussen liegenden Walzträger und der «Fusspfette» sind rein gestal-terischer Natur, haben also keine statische Funktion zu übernehmen. Die Portikusuntersicht ist zur opti-schen Akzentuierung mit einem leicht reflektierenden Anstrich ver-sehen. Die Lackierung der Stahlstüt-zen weist einen perlmutartigen Licht-reflex auf.

Um den Luftraum in der Mitte des Gebäudes, der mit BSH-Trägern (GL24h, Q/S:100 mm × 800 mm) überspannt wird, verläuft ein Pfet-tenkranz, auf dem sämtliche Sparren aufliegen. Die Lasten werden über die Pfetten in die Stahlbetonstützen eingeleitet und auf die Decke (über EG) abgetragen. Die Stösse der drei Pfetten auf die Eckstütze (Pen-delstütze) wurden ohne Exzentritä-ten und möglichst montagefreund-lich mit (Eck-)Blättern ausgeführt.

Materialien­Hersteller/ ­Lieferanten:

Hüsser Holzleimbau AG, Bremgarten AG:Brettschichtverleimte Tragteile in diversen Querschnitten und Längen (bis 22,6 m)

Hiag Handel AG, Füllinsdorf BL:Ständerhölzer, Grobspanplatten (OSB, 25 mm), 3-Schichtplatten (27 mm, 5000 mm × 2050 mm), Massivholzplatten (27 mm), Gipsfaserplatten («Rigidur», 15 mm)

Kronospan AG, Menznau LU:MDF «Kronotec» Wandplatte (15 mm, 2800 mm × 1247 mm)

Meier & Schärer AG, Dagmarsellen LU:Deckenverkleidung («Fermacell»)

Hunkeler AG, Keilzinkwerk, Altishofen LU:Lattenware

Krieger Produktions AG, Ruswil LU:Stahlstützen (Ø 140 mm, L: 8000 mm) undStahlträger (Q/S: 120 mm × 240 mm)

In Brettschichtholz­qualitäten ausgeführt

(oben und rechts): Balkenlage mit Grat­sparren und Pfetten, welche die Lasten in

die Stahlbetonstützen auf die Decke über

dem EG einleiten.

Der Positionsplan (oben) zeigt den hyb­riden Aufbau des Daches, das überwie­gend in Holzbau­weise ausgeführt wurde.

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ausstellflügel positioniert. Der umlau-fende Portikus führt zu einem hohen Grad an Eigenverschattung, wo-durch auf aussenliegende Sonnen-schutzelemente verzichtet werden konnte. Zusätzliche flankierende Massnahmen, wie innenliegender Blendschutz stellen die Anforderun-gen an die Behaglichkeit sicher.

Brandschutz

Das Gebäude gilt als Atriumbau. Deswegen hat das Tragwerk über dem Atrium eine R30-Anforderung. Alle innenliegenden Anschlüsse wur-den aufgrund der Einfachheit beim Einfahren durchgeschlitzt und sind dann mit aussenliegenden Gipsfa-serplatten auf R30 ausgelegt. Das Tragwerk selbst, die Brettschichtholz-binder, wurden in diesem Bereich auf 30 Minuten Abbrand berechnet. -bo-

Die Pfetten liegen an diesem Punkt aufeinander und sind nur konstruk-tiv verbunden. Die Sparren sind mit Balkenträgern und Stabdübeln an-geschlossen. Die Pfetten weisen an den Auflagern Querdruckverstär-kungen mit Vollgewindeschrauben auf.

Lastabtragung und Aussteifung

Die Lasten werden mittels Stahl oder Stahlbetonstützen auf die Betonde-cke des Erdgeschosses geleitet. Zur Aussteifung werden nur die Bereiche rechts und links des Atriumbereiches herangezogen. Sie erfolgt über die Anbindung der Dachscheibe, die aus Grobspanplatten (OSB, 25 mm) besteht, an den hinteren Treppen-hauskern. Aufgrund des sehr wei-chen Baugrunds mussten hohe Erd-bebenkräfte aufgenommen werden.

Fassade und Sonnenschutz

Als transparente Fassadenkonstruk-tion wurde eine Pfosten-/Riegel-Sys-temfassade in Metall mit äusseren Abdeckleisten und 3-Fach-Isolierver-glasung gewählt. Im Obergeschoss sind schmale, raumhohe Parallel-

Am Bau Beteiligte

Bauherrschaft:Talsee AG, Hochdorf LU

Bauherrenvertretung:Consero AG, Weggis LU

Projekt:Burkard Meyer Architekten AG,Baden AG

Ingenieurarbeiten/Holzbau:Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG,Rain LU

Holzbau/Montage:Renggli AG, Holzbau, Schötz LU

Bauphysik:Ragonesi Strobel & Partner, Luzern

Energiekonzept/HLKK­/MSR­Planung:Künzle Partner AG, Horw LU

Um den zentralen Luftraum des Gebäudes herum verläuft ein Pfetten­kranz, an den sämtliche Sparren (oben) angeschlossen sind. – Die Eindeckung der Dachkonstruktion erfolgte mit vorfabrizierten Rippen­decken (unten).

Ausführung der Schub einleitung in den Treppenhaus­

trakt.

Massnahme der Aus­steifung: Die Anbin­dung der Dachscheibe (OSB) an den hinte­ren massiven Treppen­hauskern.