RepoRT Trafo-Transpor T Kraftwerk voraus! - hadel.net · Insgesamt rund 2000 PS (TGX 41.680, Actros...

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© Jens Hadel Kraftwerk voraus! F reitag abend am Moselanleger der Firma Hein in Bech-Klein- macher: Punkt 20 Uhr starten die Fahrer Manfred Geier und Dany Schmidt ihre vierachsigen Schwer- last-Zugmaschinen, die mit sattem Grollen den Dienst antreten. Ihre nächtliche Fracht: Der größte Trafo, der je auf Luxemburgs Straßen un- terwegs war. Ziel des Transports: Das Pumpspeicherkraſtwerk Vianden. Hier wird seit 2010 an der Er- weiterung für zusätzliche 200 MW gearbeitet, der Trafo stellt ein Herz- stück dar. Vianden ist eines der größten derartigen Kraſtwerke in Europa, die mit der Energiewende einen Boom erleben. Es dient als Energiereservoir fürs deutsche Am- prion-Netz. Neben dem Staat Lux- emburg ist RWE daran beteiligt. VORFüHR-EFFEKT: ERSTER SLT-ACTROS IM EINSATZ Um die enge Ortsdurchfahrt von Remich zu meistern, rollt der 211 Tonnen schwere Trafo auf nur 16 Achsen. Schaulustige säumen die Strecke und staunen über die Wen- digkeit des rund 47 Meter langen Gespanns. Der Actros 4165 an der Spitze des Zuges erledigt hier als Vorführgerät von Mercedes-Benz seinen ersten Einsatz für die Spedi- tion P. Adams. Gerade weil das Lu- xemburger Unternehmen bisher hauptsächlich Fahrzeuge von MAN und Scania als Schwerlasttrucks im Einsatz hat, nutzte man das Ange- bot, dieses Kraſtpaket einmal aus- giebig im Einsatz zu testen. Die besonderen Anforderun- gen der Strecke werden schnell deutlich, schon kurz nach dem Ortskern ist ein erster Stopp nötig. Für die jetzt anstehende zwölfpro- zentige Steigung wird eine weitere Zugmaschine vor den Tross ge- Die Energiewende sorgt bei Firmen wie P. Adams für Aufträge. Etwa beim Trans- port in ein Pumpspeicherkraftwerk. spannt. Insgesamt rund 2000 PS (TGX 41.680, Actros 4165 und TGX 41.680 8x6) bewegen den Tra- fo dann zügig bis zur ersten Um- baustelle auf der N2 nach Bous. üBERBRüCKUNG: 52 METER UM DEN FLUSS ZU QUEREN Um die Achslast auf die üblichen zwölf Tonnen zu drücken, müssen weitere Achsen an den Anhänger montiert werden. Damit der Um- bau ohne erneutes Verladen oder Kraneinsatz vonstatten gehen kann, hat sich das Team von P. Adams eine perfekte Lösung einfallen lassen. An beiden Enden des Anhängers waren dreiachsige Module verbaut. Die werden nun abgeschraubt und durch Fünfachser ersetzt. So wird aus dem 16-Achser binnen drei Stunden ein 20-achsiger Anhänger. Die restliche Strecke der Nacht beinhaltete zwar einige Kreisver- kehre und Ortsdurchfahrten. Gegen zwei Uhr morgens erreicht der Kon- voi aber problemlos den Flughafen Findel, wo man bis Samstag Abend pausiert. Während Fahrer und eini- ge Begleiter ausschlafen können, beginnt ein Montageteam von P. Adams in Diekirch damit, eine gro- ße Fly-Over-Brücke über die Sauer zu bauen, insgesamt 52,8 Meter muss die Traverse lang sein. Doch zuvor wartet noch die Querung der Autobahn A1. Da die Brücke nicht überfahren werden kann, muss man die Autobahn selbst nutzen, die teils komplett ge- sperrt wird. Während der Verkehr über eine Fahrspur am Transport vorbeifließt, drehen die Zugmaschi- nen um. Entgegen der vorherigen Fahrtrichtung geht es dann über die Zufahrt wieder von der Auto- bahn herunter. Die weitere Route dieser Nacht mit engen Ortsdurch- Tunnelblick: Die Abfahrt zur Entladestelle in der Kaverne ist nicht nur eng, sondern auch dunkel. Lenkfehler kann man sich hier nicht erlauben Die Kraft von über 1300 PS bringt den 350-Tonnen-Tross über den Berg Nadelöhr: Bereits die Einfahrt in den Tunnel muss genau „sitzen“ Trucker 1/2013 3 2 Trucker 1/2013 REPORT TRAFO-TRANSPORT

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Jens

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Kraftwerk voraus!

Freitag abend am Moselanleger der Firma Hein in Bech-Klein-macher: Punkt 20 Uhr starten

die Fahrer Manfred Geier und Dany Schmidt ihre vierachsigen Schwer-last-Zugmaschinen, die mit sattem Grollen den Dienst antreten. Ihre nächtliche Fracht: Der größte Trafo, der je auf Luxemburgs Straßen un-terwegs war. Ziel des Transports: Das Pumpspeicherkraftwerk Vianden.

Hier wird seit 2010 an der Er-weiterung für zusätzliche 200 MW gearbeitet, der Trafo stellt ein Herz-stück dar. Vianden ist eines der größten derartigen Kraftwerke in Europa, die mit der Energiewende einen Boom erleben. Es dient als Energiereservoir fürs deutsche Am-prion-Netz. Neben dem Staat Lux-emburg ist RWE daran beteiligt.

Vorführ-EffEkt: ErstEr SLT-AcTroS im EinSATzUm die enge Ortsdurchfahrt von Remich zu meistern, rollt der 211 Tonnen schwere Trafo auf nur 16 Achsen. Schaulustige säumen die Strecke und staunen über die Wen-digkeit des rund 47 Meter langen Gespanns. Der Actros 4165 an der Spitze des Zuges erledigt hier als Vorführgerät von Mercedes-Benz seinen ersten Einsatz für die Spedi-tion P. Adams. Gerade weil das Lu-xemburger Unternehmen bisher hauptsächlich Fahrzeuge von MAN und Scania als Schwerlasttrucks im Einsatz hat, nutzte man das Ange-bot, dieses Kraftpaket einmal aus-giebig im Einsatz zu testen.

Die besonderen Anforderun-gen der Strecke werden schnell deutlich, schon kurz nach dem Ortskern ist ein erster Stopp nötig. Für die jetzt anstehende zwölfpro-zentige Steigung wird eine weitere Zugmaschine vor den Tross ge-

Die Energiewende sorgt bei Firmen wie P. Adams für Aufträge. Etwa beim Trans-port in ein Pumpspeicherkraftwerk.

spannt. Insgesamt rund 2000 PS (TGX 41.680, Actros 4165 und TGX 41.680 8x6) bewegen den Tra-fo dann zügig bis zur ersten Um-baustelle auf der N2 nach Bous.

übErbrückung: 52 MEtEr um dEn FLuSS zu quErEnUm die Achslast auf die üblichen zwölf Tonnen zu drücken, müssen weitere Achsen an den Anhänger montiert werden. Damit der Um-bau ohne erneutes Verladen oder Kraneinsatz vonstatten gehen kann, hat sich das Team von P. Adams eine perfekte Lösung einfallen lassen. An beiden Enden des Anhängers waren dreiachsige Module verbaut. Die werden nun abgeschraubt und durch Fünfachser ersetzt. So wird aus dem 16-Achser binnen drei Stunden ein 20-achsiger Anhänger.

Die restliche Strecke der Nacht beinhaltete zwar einige Kreisver-kehre und Ortsdurchfahrten. Gegen zwei Uhr morgens erreicht der Kon-voi aber problemlos den Flughafen Findel, wo man bis Samstag Abend pausiert. Während Fahrer und eini-ge Begleiter ausschlafen können, beginnt ein Montageteam von P. Adams in Diekirch damit, eine gro-ße Fly-Over-Brücke über die Sauer zu bauen, insgesamt 52,8 Meter muss die Traverse lang sein.

Doch zuvor wartet noch die Querung der Autobahn A1. Da die Brücke nicht überfahren werden kann, muss man die Autobahn selbst nutzen, die teils komplett ge-sperrt wird. Während der Verkehr über eine Fahrspur am Transport vorbeifließt, drehen die Zugmaschi-nen um. Entgegen der vorherigen Fahrtrichtung geht es dann über die Zufahrt wieder von der Auto-bahn herunter. Die weitere Route dieser Nacht mit engen Ortsdurch-

Tunnelblick: Die Abfahrt zur Entladestelle in der Kaverne ist nicht nur eng, sondern auch dunkel. Lenkfehler kann man sich hier nicht erlauben

Die Kraft von über 1300 PS bringt den 350-Tonnen-Tross über den Berg

Nadelöhr: Bereits die Einfahrt in den Tunnel muss genau „sitzen“

Trucker 1/2013 32 Trucker 1/2013

R e p o RT T r a f o - T r a n s p o r T

fahrten, Brücken und Kreiseln be-reitet keine Probleme, fast entspannt ist die nächtliche Atmosphäre. Nach knapp drei Stunden erreicht der Tross die überbaute Brücke in Diekirch. Doch die Abzweigung un-mittelbar dahinter ist mit 20 Achsen nicht zu schaffen. Also schrumpft der Hänger wieder auf 16 Achsen.

Pünktlich um 9 Uhr am Sonntag erwachen die Maschinen, um die Brückenfahrt in Angriff zu nehmen. Langsam zieht der MAN TGX

41.680 mit Manfred Geier am Lenk-rad den 16-achsigen Tiefladeanhän-ger auf die improvisierte Brücke.

EinEr Zog, EinEr schob: BLoSS KEinE HEKTiKDany Schmidt schiebt mit dem Ac-tros vorsichtig am Heck, während Transportleiter Robert Müller die Ausrichtung des Gespanns auf der Fly-Over-Brücke koordiniert. Fast lautlos biegen sich die vorgespannten Segmente des Fly-Over-Systems un-

ter der Last von knapp 350 Tonnen. Auf der anderen Seite wartet das nächste Problem: Die Brücke lässt sich nur in gerader Fahrt bewältigen. Da das Gespann gepresst zwischen Hauswänden und Fly-Over steht, werden die schrägen Abfahrten der Behelfsbrücke demontiert. Die we-

nigen Meter reichen, um schräg zu-rückzusetzen, abzukuppeln und die Zugmaschine auf der linken Seite der Verkehrsinsel wieder anzukuppeln.

Gegen Mittag erreicht der Kon-voi die CR342 bei Hosingen, wo schon vorher klar war: Diese schma le Straße mit vielen Kurven

und steilen Gefällepassagen wird höchste Konzentration erfordern. Für die extremsten Kurven nimmt Robert Müller die Steuerung des Anhängers in die Hand und lenkt per Fernsteuerung das Heck manu-ell nach – echte Millimeterarbeit, da Berg und Abhang eine enge und absolute Grenze setzen.

Zwischenzeitlich hat das Mon-tageteam Teile des Fly-Over-Sys-tems in Diekirch abgebaut, nach Obereisenbach geschafft und wie-

der aufgebaut, da hier ein kleiner Bach zu queren ist. Auf der stark abfallenden Gefällestrecke unmit-telbar zuvor muss der Actros am Heck die Bremsleistung soweit hochfahren, dass die hinteren Rei-fen die feuchte Straße trocknen. Dann ist der Weg frei zum Park-platz vor dem Kraftwerk Vianden.

Doch bevor am Montag die Einfahrt in die Kaverne ansteht, muss das gesamte Team eine Sich-erheitsunterweisung mit anschlie-

ßender Prüfung am Computer ab-solvieren. Um den Anhänger später unter dem Trafo herausziehen zu können, werden vor der Einfahrt in den Stollen Generator und Hilfs-mittel entladen. Für den Verkehr war die Straße seit der Nacht ge-sperrt, die Zufahrt der Behelfsstra-ße muss für den weit ausschwen-kenden Schwertransport teils per Bagger entfernt werden.

Bei der Einfahrt in die Kaverne rollt das Gespann extrem langsam,

feiner Baustaub hätte eine abrupte Bremsung unmöglich gemacht. Ne-ben der seitlichen Ausrichtung in der Abfahrt müssen Fahrer und Hel-fer den knappen Abstand zum Luft-schacht über dem Trafo im Blick behalten. 45 Minuten braucht der Tross bis zur Entladestelle. Als der Begleiter des Trafoherstellers Siem-ens den Shock-Absorber prüft und eine „perfekte Null“ attestiert, weiß das Team von P. Adams, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Jens Hadel

dany Schmitt, fährt mAn TGA 41.660:Vor über 30 Jahren begann ich als LKW-Fahrer, zu Beginn mit ei-nem Planenzug und später In-nenlader für Glas. Seit 14 Jahren bin ich bei P.Adams, zuerst auf einem 6x2 Scania mit Telesattel, später auf Volvo und MAN. Meine erste richtige Schwerlastzugma-schine war ein vierachsiger Mer-cedes 3550. Aktuell fahre ich ei-nen MAN TGA 41.660 mit V10-Motor. Um mit den Selbstfahrern

sicher umgehen zu können, war ich bei Goldhofer auf Lehrgang. Am Beruf des Schwerlast-Fahrers reizt mich immer noch, dass ich

jeden Tag Neues lerne, neue Auf-gaben meistern muss und flexi-bel reagieren muss. Die meist nächtlichen Ar-beitszeiten und die körperlichen

Anstrengungen beim Umbau der Anhänger und Auflieger fordern einen bis ans Li-mit. Trotzdem überwiegt der Stolz auf die geleistete Arbeit.

Bei diesem Trafo-Transport durfte ich einen neuen Mercedes Actros Titan 4165 probefahren. Gerade durch den Test im Einsatz konnte ich die aktuelle Fahrzeugtechnik der beiden großen Hersteller gut vergleichen. Der Actros Titan 4165 mit Voith VIAB Turbokupplung lässt sich ruckfrei anfahren und sehr feinfühlig rangieren. Die Kraft bringt der Vierachser mit Stern gut auf die Straße. Komfort und Platzangebot machen den harten Arbeitsalltag angenehmer.

manfred Geier fährt mAn TGX 41.680 8x6:1990 begann ich als Fahrer für Schwertransporte bei Schütz/Ha-gen, wo man viel Wert auf präzises Arbeiten legte. Grundlagen und Möglichkeiten der Technik erhielt ich in Lehrgängen bei den Goldho-fer, Scheuerle und Titan. Gefahren bin ich auf einem V12 Titan, mit dem ich auch in mehreren Fachbü-chern zu sehen bin. Damals muss-ten die Fahrer vor Ort oft Verant-wortung übernehmen und Lösun-

gen finden. Heute wird dies durch umfangreiche Vorplanungen und Computersimulationen im Vorwege erledigt. Auch sind die zu fahrenden

Strecken durch den kombinier-ten Transport auf dem Wasserweg viel kürzer. Spä-ter kam ich zu Felbermayr, wo die Schwerlast-SK 3850 (Basis

dreiachsiger Ex-port-Mercedes SK 2636 V10) einge-setzt wurden. Rückblickend ist der MAN 41.602/603 mein Lieblings-Truck, da hier noch ohne Computer

gefahren werden musste. Bei den heutigen Zugmaschinen begrenzt die Elektronik die Möglichkeiten der Technik. Mein aktueller MAN TGX 41.680 8x6 ist ein wunderba-res Auto, aber der V10 hatte mehr Kraft. Mittlerweile sind Wirtschaft-lichkeit, simple Handhabung und auch Optik mehr in den Vorder-grund gerückt. Beim Trafotrans-port nach Vianden waren die Fly-Over-Überfahrt und die Einfahrt in den Stollen herausfordernd. Hier werden keine Fehler verziehen.

Hintergrund: P.AdAms

für alles, was wirklich schwer wiegtGegründet: 1988Standorte: Belgien, Lux., DresdenMitarbeiter aktuell: 30Fuhrpark: 15 Zugmasch., 20 Auflie-ger 3-6 Achsen, 100 Modul achsenSpezialitäten: Schwertransporte aller Art bis 1000 to (Windkraft, Baumaschinen, Industrie, Ener-gie), Trafomontagen

Referenzen: Kraftwerk Irsch-ing,Transport der weltgrößten Gasturbine (500 to); Windpark Es-tinnes: Transport von 11 Enercon E-126-Anlagen (insgesamt ca. 900 Schwertransporte); Kesselbauer Coek: Regelmäßige Transporte von Reaktoren und Autoklaven bis 750 to Gewicht; www.p-adams.eu

R e p o RT T r a f o - T r a n s p o r T

Nächtliche Routine: Abmontier-te Schilder, die Bahn ist frei

Brückenkünstler: Die Fly-Over-Konstruktion

muss 350 to tragen

Umbaumaßnahmen: Von 16 auf 20 Achsen – und wieder zurück

Millimeterarbeit: Per Fernsteuerung wird der Trailer nachgelenkt

Wie gepresst: Enges Ran-gieren vor der Hauswand