Ressourcennutzung zwischen politischen Zäsuren Die Entwicklung im 20. Jahrhundert.
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Ressourcennutzung zwischen politischen Zäsuren
Die Entwicklung im 20. Jahrhundert
Die Agrarpolitik: der neue Mitspieler
Das Agrarsystem bis zum 1. Weltkrieg
Einführung der Agrarzölle
• 1879 im Zuge der Einführung von Eisenzöllen auch kleiner Zoll auf Getreide
– aus Gründen der „gesellschaftlichen Gleichberechtigung“ von Seiten landwirtschaftlicher Interessenvertretern gefordert
Einführung der Agrarzölle
Agrarzölle im Zeitablauf deutlich angehoben
• als Reaktion auf – veränderte Weltmarktbedingungen
• Entwicklung des Getreideproduktion in den USA
– der Technik• Verbesserung der Transportmöglichkeiten per
Schiff
– unter Druck großagrarisch dominierter landwirtschaftlicher Interessenverbände
Einführung der Agrarzölle
• politisch hoch umstritten– Agrarzölle bewirken tendenziell
• zwar Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Teilen der Landwirtschaft
• Aber auch Verteuerung der Lebenshaltung der breiten Masse der Bevölkerung
• Zolleinnahmen auch wichtiger Beitrag zur Finanzierung des Reiches
Der Einschnitt des 1. Weltkriegs
Rahmendaten
• Beginn: 28.07.1914– 28.06.1914 Ermordung des österreichischen
Thronfolgers in Sarajewo
• Kriegsende: 11.11. 1918– 28.06.1919 Vertrag von Versailles
• Niederlage der Mittelmächte Deutschland und Österreich- Ungarn
Ernährung und Kriegsplanungen
• Ernährungssicherung in Kriegszeiten von zentraler Bedeutung
• Erwartung eines kurzen Krieges– keine Vorbereitungen zur
Ernährungssicherung
• mit Länge des Krieges auftretende Probleme der Ernährungssicherung
Selbstversorgungsgrad
• Das Grundproblem:Selbstversorgungsgrad bei Lebensmittel lag bei 80 – 85 %
• 15 – 20 % der Bevölkerung in der Ernährung vom Ausland abhängig
• Einfuhr durch britische Blockade weitgehend unterbunden– Ausnahme: Einfuhr aus Niederlanden und z.
T. aus Südosteuropa
Krieg und landwirtschaftliche Produktion
• Auswirkungen auf Blockade auf Produktion:Ausfall– 1/3 Drittel des Düngers aus dem Ausland– 1. Mio. ausländischer Wanderarbeiter vor
allem aus Polen
Krieg und landwirtschaftliche Produktion
• Auswirkungen der Militäranstrengungen:• Einberufung von kriegsfähigen Männer
– Rückgang der in der Landwirtschaft tätigen Personen um 3 Mio.
– später „Ersatz“ von 900 000 Kriegsgefangenen
• „Einberufung“ von Pferden • Einführung einer Zwangswirtschaft
– kann Probleme nicht lösen
Folgen des Kriegswirkungen
• Rückgang der Nutzfläche (ca. 5 %)• Rückgang des Viehbestands
– vor allem von Schweine auf fast ein Drittel• „Schweinemord“ 1915/16: Schlachtung von 9 Mio. Stück
– Folge: Rückgang des Aufkommens an Wirtschaftsdünger
• Rückgang der Bodenproduktion um 30 % • Zunahme der Produktion von Stickstoff
– neue Syntheseverfahren
Auswirkungen des Kriegs auf die Ernährung
• Hunger: – Steckrübenwinter 1916/17
• 500 000 bis 800 000 Tote als Folge von Unterernährung
Weimarer Republik
Rahmendaten
• Ausrufung der Republik 09.11.1918
• bis zur Machtergreifung Hitlers am 30.01.1933
Strukturpolitik
• Reichssiedlungsgesetz 11.08.1919– Auch Umsetzung des Siedlungsversprechens
Hindenburgs an seine Soldaten
• Abgabe von Siedlungsland durch den Großgrundbesitz vor
• in Regionen in denen dieser über mehr als 10 % der Nutzfläche verfügte – Landlieferungsverbänden
Strukturpolitik
• Ansiedlung von kleinbäuerlichen Betrieben
• Ergebnis der Siedlungsbemühungen:– 650 000 ha mit 62 000 neuen Siedlerstellen– 100 000 ha für Landzulagen an 160 000 bestehende
Betriebe
• Politische Bedeutung des Siedlungsgesetzes höher– Hoffnung in ansonsten scheinbar aussichtsloser Lage
• Diskussion um Auswanderung oder Siedlung in den Gewerkschaften
Handels- und Marktpolitik
• Wiederanknüpfen an die Agrarschutzzollpolitik• Ausbau des Außenschutzes
– auch unter verstärkten Druck nordamerikanischer Konkurrenz
• Übergang zur Motorisierung machte Flächen frei • Fortschritte im Anbau in niederschlagsarmen Prärien
• unter Druck der Wirtschaftskrise Übergang zu prohibitiven Zöllen und Marktordnungen – drastischer Einbruch der Binnennachfrage
Wirtschaftssituation
• 1928 Erreichung des Vorkriegsniveaus der Agrarproduktion
• in Teilen Ostdeutschlands große wirtschaftliche Probleme– betroffen Großbetriebe
• Roggen
• Agrarkrise vor der Weltwirtschaftskrise• heftige politische Auseinandersetzungen um
Unterstützung der (ostdeutschen) Landwirtschaft
Das „Dritte Reich“
Rahmendaten
• Machtergreifung Hitlers 30.01.1933
• Ende des 2. Weltkriegs 08.05.1945
Landwirtschaft in der nationalsozialistischen Politik
• Teil der Rassenpolitik der Nationalsozialisten
• Teil der nationalsozialistischen Kriegspolitik
• Autarkiepolitik
Agrarpolitik als Rassenpolitik
Das Reichserbhofgesetz 29.09.1933
• Leitvorstellung: Bauerntum als Blutsquell der Nation
• Ziel: „Erbhöfe“ auf Dauer der Bauernsippe erhalten
Agrarpolitik als Rassenpolitik
• Erbhöfe– Größe von einer „Ackernahrung“ bis 125 ha– Bauer
• deutscher Staatsangehörigkeit • deutschen oder stammesgleichen Bluts• ehrbar
– genaue Erbfolge für die Höfe– nicht belastbar– Anerkennungsverfahren
Agrarpolitik als Lenkungspolitik
Reichsnährstand
• Zusammenschluss aller mit der Agrarproduktion und seinem Absatz befassten Gruppen
• Gestaltung des Rahmens für die Agrarproduktion– auch Preissicherung angesichts der noch
bestehenden Agrarkrise
Agrarpolitik als Lenkungspolitik
• vor allem aber auch Instrument zur Vorbereitung einer Ernährungssicherung im Kriegsfall
Erzeugungsschlacht• Versuch ohne entsprechende vermehrte
Produktionsmittel Produktionsrekorde und vollständige Selbstversorgung herzustellen
Ergebnis
• rassepolitische Strukturpolitik ohne Wirkung– Schaffung von Erbhöfen stand im
Widerspruch zur Produktionspolitik
• Ernährungssicherung bis 1944 gelungen – aber nicht zuletzt durch Raub von
Nahrungsgütern aus besetzten Gebieten
Entwicklungen in der SBBZ / DDR
Das Primat der Strukturpolitik
• Bodenreform
• Kollektivierung
• Übergang zur industriemäßigen Agrarproduktion
Bodenreform
• 1945/46 Enteignung aller Großbetriebe mit mehr als 100 ha– Kampf gegen den „Junker“– Erfüllung einer alten Forderung– Schaffung von 200 000 neuen
kleinbäuerlichen Stellen
Kollektivierung
• Anpassung der Agrarstruktur an das sowjetische Vorbild
• Beginn in den ersten 50er Jahre• Zwangskolletivierung 1960/61• Schaffung von Dorf-LPG mit einer
Durchschnittsgröße von 580 ha – LPG = Landwirtschaftliche
Produktionsgenossenschaft– aber auch mehrer LPG in einem Dorf
Industriemäßige Agrarproduktion
• Schaffung zu Beginn der 1970er Jahre
• Zusammenlegung von Orts-LPG zu Groß-LPG
• Spezialisierung:Trennung von Pflanzen und Tierproduktion
Lenkung der Agrarproduktion
• in einer Planwirtschaft selbstverständlich
• Ziel Selbstversorgung mit Agrarrohstoffen– auch aus Mangel an Devisen
Die Entwicklung in der der Bundesrepublik
Grundzüge der Agrarpolitik
• Einbindung in die wirtschaftliche Entwicklung
• partielle Einbindung in den Weltmarkt
• Strukturpolitischen Leitbild: bäuerlicher Familienbetrieb – in wandelnden Ausprägungen der Zeit
Grundzüge der Agrarpolitik
• strukturpolitische Gestaltung vor allem über die Regelung der Agrarpreise – Wiederaufnahme und Weiterentwicklung des
Außenschutzsystem und der landwirtschaftlichen Marktordnungen
– Fortentwicklung in der EWG/EU– Aktuell Bruch mit dieser historischen
Politiktraditon
Entwicklung der Landwirtschaft
• Strukturwandel– Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe
halbierte sich schon zwischen 1949 und 1975– Schlagwort: „Wachsen und Weichen“
• Entwicklung heftig diskutiert
– deutliche Vergrößerung der Betriebe
• Produktionsanpassung an Marktverhältnisse
Literatur
• Henning, Friedrich-Wilhelm (1979): Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Bd. 2 1750 bis 1976Paderborn u. a. O.
• Kluge, Ulrich (2005): Agrarwirtschaft und ländliche Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 73, München
Ende der Lehrveranstaltung