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Rheumatologische Leitlinien versus Wirtschaftlichkeitsgebot - was bedeutet dies in der Rheumatologie Leitliniengerechte Behandlung bei Regressdrohung – geht das überhaupt? Einfluss der neuen Annex-Praxisbesonderheiten nach AMNOG auf die Ärzte Dr. Edmund Edelmann

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Rheumatologische Leitlinien versus Wirtschaftlichkeitsgebot -was bedeutet dies in der Rheumatologie

Leitliniengerechte Behandlung bei Regressdrohung –geht das überhaupt?

Einfluss der neuen Annex-Praxisbesonderheiten nach AMNOG auf die Ärzte

Dr. Edmund Edelmann

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In welchem Umfeld bewegen wir uns mit den rheumatologischen Indikationen?

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Immunsuppressiva ( überwiegend TNF-Blocker, Biologica bei Rheuma) an der Spitze der Verordnungen

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Prognose Spezialversorgung IGES-InstitutEntwicklung von Immunsuppresiva bei rheumatoider Arthritis

plus andere rheum. Indikationen = ca. 6 % des Gesamtmarktes

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Arzneiverordnungsreport 2012 GKV der AOK U.Schwabe D.Pfaffrath

Nettokosten (Brutto minus Hersteller- und Apothekenabschläge)

GKV-Verordnungskosten i. J. 2011 zu Enbrel

376,01 Mio € (+ 6,9 %) 2010 (%)

• Humira 492,90 Mio € (+15,9 %)

• Infliximab 296,08 Mio € (+ 7,4 %)

• RoActemra 37,45 Mio € (+29.3 %)

Summe 1.202,44 Mio € ( + 11 %)

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Umsetzung einer Leitlinien-gerechten

Arzneimitteltherapieim Jahre 2008?

„Setzen Sie als Rheumatologe bei Ihren Patienten, die nicht ausreichend auf klassische DMARDs ansprechen ein Biologicumals Kombinationspartner ein.“

( S3 Leitlinie 5.1.7; S. 38)

Kerndoku/DRFZ

Im Jahre 2013 nach IGES fast 3x sovielBiologicaverordnungen wie 2008)

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US-Markt für Biologica 2009= ca. 9 Mrd. für TNF-Blocker

USA 2009 ca. 9 Mrd. € für Biologica bei ca. 310 Mio EinwohnerDeutschland 2013 ca. 2 Mrd. € für Biologica bei ca. 81 Mio Einwohner

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Arzneimittel-Wirtschaftlichkeitsprüfungen: ist das alte Damoklesschwert durch das Versorgungsstrukturgesetz entschärft?

• Vor 2012 unbegrenzte Regresse pro Jahr und v.a. rückwirkend – allerdings fast kein Regress in der Rheumatologie vollzogen

Seit 2012 mit dem Versorgungsstrukturgesetz:

• Beratung vor Regress nach § 106 Abs. 5e SGB V : Regress erst 1 Jahr nach Beratung möglich, falls keine

Praxisbesonderheiten u. sonstige Gründe geltend

gemacht wurden

• Begrenzung der Regress-Summe nach § 106 Abs. 5a

SGBV auf 25.000 € für die ersten beiden Jahre

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Wirtschaftlichkeitsprüfungen:ist das alte Damoklesschwert durch das Versorgungsstrukturgesetz entschärft?

Arzneimittelprüfungen nach §106:

• arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen

bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina nach § 84 (Auffälligkeitsprüfung) bei > 15 % der Fachgruppe

• Stichprobenprüfung ( 2% der Arztgruppe)

• Zu überprüfen sind insbesondere verordnete

Leistungen von Ärzten, die an einer Untersuchung nach § 67 Abs. 6 des Arzneimittelgesetzes beteiligt sind (= AWB oder NIS).

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Anwendungsbeobachtungen (AWB) bzw. Nicht-interventionelle Studien (NIS)

Gesetzesänderung mit dem Ziel einer absoluten Transparenz ist ante portas

Gesetzesänderung des BMG zur AWB sieht vor:

• Zwingende Meldung der an den Arzt erfolgten Vergütung• Meldung an GKV-Spitzenverband, KBV, KVen, PKV, BfArM• der Aufwand ist darzustellen, Angemessenheit der Vergütung ist

durch das Pharmaunternehmen nachzuweisenUnklar inwieweit auch rückwirkende Meldung bisheriger und laufender NIS

• Transparenz wird von KBV, von Krankenkassen und auch der Pharma-Industrie begrüßt

= völlig neue Prüf- und Regressmöglichkeiten, mit der geplanten Aufnahme des Tatbestandes der Korruption in das SGB V drohen gleichzeitig staatsanwaltliche Anklagen

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Wie sehen die Pharmafirmen das Problem der Korruption ? Ärzte Zeitung, 23.04.2013

Auf die Frage: „Wo sehen Sie ein Risiko in Korruptionsvorwürfe verstrickt zu werden?“antworteten Pharmafirmen (n= 36 bzw. 50)

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Umsetzung der Leitlinie frühe rheumtoide Arthritis

• „4.3 Dokumentation der Krankheitsaktivität“

Die Dokumentation ist entscheidend für die Beurteilung, den Vergleich und die

Qualitätssicherung der Therapie der RA.

Diese Erfassung sollte ca. alle 3 Monate erfolgen. Als Standardinstrument

hat sich in der Praxis der Disease Activity Score (DAS28) bewährt, …“

Leitlinie S. 20

• Umsetzung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab:Assessment bei RA über DAS 28 und/oder FFbH ist Voraussetzung für die Abrechnung der GOP 13701 (Rheumatolog. Assessment)

• Umsetzung in Selektivverträgen: Erfassung von DAS 28 ( quartalsweise) und FFbH sind zum Teil Bestandteil der Sondervergütung

Leitlinien-gerechte Therapie ist kein Hindernis für eine wirtschaftliche Arzneimitteltherapie sondern ein Teil derselben

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Arzneimittelhinweis des G-BA

• nach 2 DMARD`s, darunter MTX, Dosierung i. d. Regel 20 bis 25mg/Woche , mindestens jeweils 3 bis 6 Monate

• kein Wirkungsunterschied zwischen TNF-Blockern, Therapiekosten ausschlaggebend f. die Auswahl

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Umsetzung einer raschen Arzneimitteltherapie?

� „Beginnen Sie die krankheitsmodifizierende Behandlung möglichst früh.“ (S3 Leitlinie

frühe RA S.24; 5.1.2)

� Biologicatherapie bei Nichtansprechen von MTX und/oder in Kombination mit anderen

sDMARDs nach frühestens 3 bis 6 Monaten (S1 Leitlinie)

� Biologicatherapie bei Nichtansprechen von MTX und hochaktivem, erosiven Verlauf (S1

Leitlinie)

• Daten der Kerndokumentation zeigen, dass Rheumatologen eine Behandlung mit DMARD`s im erforderlichen Umfang gewährleisten

• Selektivverträge setzen eine DMARD-Therapie bei RA voraus ( KV-Bayern Qualitätsvereinbarung E-Doku und Frühdiagnostik Rheuma: > 75 % Anteil Basistherapien)

• DMARD-Therapie innerhalb von 12 Wochen nach Krankheitsbeginn wurden 2008 bestenfalls nur von 23 % der RA-Pat. erreicht (Zuweiserprojekt 2008)

Ein frühzeitiger Einsatz von Biologica ist bei entsprechend aktivem Verlauf

und mangelndem Ansprechen auf sDMARDs Therapiestandard

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sog. Annex-Praxisbesonderheitenbei Arzneimitteln die die Kosten-Nutzenbewertung

durchlaufen haben

Nach §130b SGB V Abs.2, S.1: Eine Vereinbarung nach Absatz 1

(Nutzenbewertung) soll vorsehen, dass Verordnungen des

Arzneimittels von der Prüfungsstelle als Praxisbesonderheiten

im Sinne von §106 Absatz 5a anerkannt werden, wenn der

Arzt bei der Verordnung im Einzelfall die dafür vereinbarten

Anforderungen an die Verordnung eingehalten hat.

• Gesetzesvorgabe besteht seit Jan. 2011

• Gilt neben der Geltendmachung von (Anlagen)-

Praxisbesonderheiten auf KV-Ebene

• und Arzt-individuellen Praxisbesonderheiten

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sog. Annex-Praxisbesonderheitenbei Arzneimitteln die die Kosten-Nutzenbewertung

durchlaufen haben

Nach §130b SGB V Abs.2, S.1:

• Insbesondere haben die Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung sie von Amts wegen zu

beachten.

• Eines separaten Umsetzungsaktes, etwa durch Aufnahme in die regionalen Anlagen der Prüfvereinbarungen, bedürfen

diese "Annex"-Praxisbesonderheiten nicht

• Die Prüfgremien dürfen nur prüfen ob „der Arzt bei der

Verordnung im Einzelfall die dafür vereinbarten

Anforderungen an die Verordnung eingehalten hat".

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sog. Annex-Praxisbesonderheitenbei Arzneimitteln die die Kosten-Nutzenbewertung

durchlaufen haben

Nach §130b SGB V Abs.2, S.2 und 3 :

• „ ²Diese Anforderungen sind in den Programmen zur

Verordnung von Arzneimitteln nach §73 Absatz 8 Satz 7 zu

hinterlegen. ³ (= regionale Ebene, KV, Krankenkassen).Das

Nähere ist in den Verträgen nach §82 Absatz 1 zu

vereinbaren.“ (=Bundesmantelvertrag)

• Nach Einschätzung von Prof. Dierks ( Fachanwalt f. Sozialrecht): „ Hier besteht Regelungsbedarf hinsichtlich einer

Informationsplattform für Vertragsärzte wie Prüfgremien. Aus Gründen der Rechtsklarheit wäre eine eindeutige gesetzliche Regelung zu begrüßen.“

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sog. Annex-Praxisbesonderheitenbei Arzneimitteln die die Kosten-Nutzenbewertung

durchlaufen haben Nach §130b SGB V Abs.2, S.2 und 3

Beispiel Belimumab: − Beschlussfassung zur Nutzenbewertung durch G-BA am 02.08. 2012 erfolgt− Hinweise für beträchtlichen Zusatznutzen− Preisvereinbarung zwischen G-BA und GSK ist erfolgt− Bisher keine Information der Vertragsärzte über Anforderungen an die Verordnung

Bekanntmachung der Nutzenbewertung im Bundesanzeiger am 02.08.2012Zugelassenes Anwendungsgebiet von Belimumab:

• Benlysta® ist indiziert als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit aktivem, Autoantikörper-positiven systemischen Lupus erythematodes (SLE), die trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität (z. B. positiver Test auf Anti-dsDNA-Antikörper und niedriges Komplement) aufweisen

• Möglicher Zusatz zur Therapie mit Benlysta: z.B. Glucocorticoide, NSAIDs, Hydroxy/-Chloroquin, Azathioprin

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3. AMG-Novelle

= u.a. die Vorbereitung zur Kosten-Nutzenbewertung

von Biologica bei rheum. Erkrankungen

• Es wird klargestellt, dass für Arzneimittel des

Bestandsmarkts, die einer Nutzenbewertung

unterzogen werden, grundsätzlich dieselben

Regelungen gelten wie für neue Arzneimittel

• d.h. eine Preisfestlegung ist damit gesetzlich

abgesichert

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Grundsätzliche gesetzliche Vorgaben, juristische Aspekte und Verhaltensweisen die zur Verhinderung eines Arzneimittelregresses beitragen

• SGB V § 106: Beratung und Anhörung vor Regress

• KV Bayern: Regresse bei Rabatten rechtswidrig

Kündigung der Richtgrößenvereinbarungen mit den Krankenkassen

Mehrzahl der Biologicafirmen hat Rabatt-Vereinbarungen mit den meistenKrankenkassen

• Annex-Praxisbesonderheiten aktuell für Belimumab bei SLE, künftig für Biologica

• Rheumatologen:

� Leitliniengerechte Verordnung,

� Beachtung von Arzneimittelhinweis(en) des G-BA

� Sorgfältige Dokumentation aller Biologica-Verordnungen (DAS, BASDAI etc.)

� Vermeidung von off-label Verordnungen

� Beachtung von Anforderungen an die Verordnung von Medikamenten die eine Nutzenbewertung durchlaufen haben ( Beispiel Belimumab)

Künftiger Umgang mit NIS?

Ziel der KBV (7 Punkte Plan) : grundsätzliche Abschaffung von Arzneimittelregressen