Riesling-S - Qualitätsoptimiereung durch weinbauliche Maßnahmen

download Riesling-S - Qualitätsoptimiereung durch weinbauliche Maßnahmen

of 44

Transcript of Riesling-S - Qualitätsoptimiereung durch weinbauliche Maßnahmen

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    1/44

    Riesling-S ein Pldoyer fr den Steillagenweinbau

    -Teil 1: Ausgangssituation-Dr. Edgar Mller, SLVA Bad Kreuznach-Simmern

    Mosel-Saar-Ruwer - Ein Anbaugebiet im Wandel

    In den letzten 15 Jahren hat sich im Landschaftsbild an der Mosel und ihren Zuflssen ein erschreckenderWandel vollzogen. Der Verlust von ca. 3000 ha Rebflche, ca. 25 % der Anbauflche, hat unbersehbare Spu-ren hinterlassen. Es ist ungewiss, wie weit dieser Prozess weiter fortschreiten wird. Htte es in diesen 15 Jah-ren ein ausreichendes Angebot attraktiver Arbeitspltze in den brigen Bereichen der Wirtschaft gegeben, wreer noch dramatischer verlaufen.

    Das unverwechselbare und groartige Landschaftsbild, das seine Existenz einem fast 2000-jhrigen Steilla-genweinbau verdankt, ist aufs Hchste gefhrdet. Der Region, die -weit ber die eigentlichen Produzenten hin-

    aus- von und mit dem Weinbau lebt, droht ein Wandel mit unabsehbaren Auswirkungen.Abgesehen vom Anbaugebiet Mittelrhein, das schon erheblich frher diese Entwicklung durchlaufen hat, ist derRckzug des Weinbaus in anderen deutschen Anbaugebieten erheblich geringer, bzw. berhaupt nicht zu beo-bachten. Regionalspezifische Ursachen mssen daher als Grnde fr die Entwicklung an Mosel-Saar-Ruwerangenommen werden:

    Die Suche nach den Ursachen

    1. Schon immer und zu Recht wurde ber sehr viel schwierigere Bewirtschaftungsbedingungen im Steillagen-weinbau geklagt. Vielfltige Rationalisierungs- und Mechanisierungsfortschritte im Rahmen der Flurbereini-gung, vernderter Bewirtschaftungsverfahren und neuer Mechanisierungssysteme haben zur Einsparungvon Arbeitszeit und in geringerem Ma- auch Kosten gefhrt. Trotzdem konnte der Rckstand gegenbereinfacher zu bewirtschaftenden Standorten in groen deutschen oder auslndischen Weinbauregionen nurteilweise verringert werden, denn auch dort hat man die Produktionskosten, insbesondere aber den Ar-beitsaufwand, weiter senken knnen. Selbstverstndlich wird man auch zuknftig nach Lsungen suchenund diese nutzen mssen, um diesbezglich konkurrenzfhiger zu werden. Dies allein kann den Steillagen-weinbau jedoch nicht retten!

    2. Das Konsumverhalten und damit einhergehend das Weinangebot haben sich verndert. In jedem deut-schen Ladenregal sind heute die Weine dieser Welt versammelt und die Bedeutung dieser Absatzschieneist stetig gewachsen. Der Kunde hat das erweiterte Angebot freudig aufgegriffen. Der heutige Weintrinker istim Hinblick auf sein Kaufverhalten in der Mehrzahl neugierig und entdeckungsfreudig. Die Fixierung auf dieWeine einer ganz bestimmten Region oder gar eines bestimmten Winzers ist zwar immer noch anzutreffen,aber seltener geworden. In einem wachsenden Weinmarkt haben Moselweine Marktanteile verloren. ImVergleich zum nationalen und internationalen Angebot wird man berhhte Preise dafr nicht verantwortlichmachen knnen. Sehr viel nherliegend ist die Feststellung, dass Moselweine den Vorstellungen eines of-fensichtlich gewachsenen Konsumentenanteils nicht bzw. nicht immer entsprechen. Dafr knnen 3 denk-

    bare Ursachen herangezogen werden:- Die Qualitt eines Teils der Weine entspricht nicht den Vorstellungen.

    - Das Geschmacksprofil der Weine geht an den geschmacklichen Vorstellungen vieler Konsumentenvorbei. In diesem Zusammenhang gilt festzuhalten, dass trotz eines gestiegenen Anteils trockenerWeine der Anteil lieblicher Weine an Mosel-Saar-Ruwer auch heute noch hher ist, als in jedemanderen deutschen Anbaugebiet.

    - Weinkufe werden in hohem Ma auch vom Image des Produkts beeinflusst. Ein schlechtes Imagekann, unabhngig von der realen Qualitt, den Verkaufserfolg stark beeintrchtigen.

    Das Image eines Produkts ist das Ergebnis langfristiger objektiver und subjektiver Erfahrungen des Konsu-menten mit dem Produkt. Diesbezglich zeigen Moselweine ein ebenso ungewhnliches wie facettenrei-ches Profil:

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    2/44

    Nationale und internationale Weinkritiker berschlagen sich in den letzten Jahren mit Lobeshymnen aufSpitzenrieslinge aus der Region. Enthusiastisch wird von der Wiedergeburt des Rieslings gesprochen.Als grtes Rieslinganbaugebiet der Welt bieten solche Aussagen Anlass zu Optimismus. In Weinfach-

    zeitschriften und Gourmet-Journalen wird die extrem hohe Wertschtzung, die man heute (wieder) die-sen Weinen entgegenbringt, dokumentiert.

    Gleichzeitig werden andere Moselweine in Bewertungen den Anforderungen nicht gerecht, insbesonde-re ein Teil der Weine, die im LEH in Ladenregalen den Sockel des Preisgefges bilden. Auch bei Win-zern sind Weine anzutreffen, die bei Vergleichsverkostungen kein Ruhmesblatt erwerben wrden, so-fern sie den Weg dorthin fnden.

    Leider ist der Anteil der weintrinkenden Bevlkerung, die das in Fachkreisen in positivem Wandel be-findliche Image von Moselrieslingen registriert und im Kaufverhalten dadurch beeinflusst wird, offen-sichtlich relativ gering. Plakative und inhaltlich hufig fragwrdige Informationen ber Nahrungsmittel imAllgemeinen und Wein im Besonderen in Massenblttern zweifelhafter Seriositt sind fr einen weitausgreren Teil der Konsumenten die wesentliche Informationsplattform. Ein groer Teil dieser Konsu-menten, der im brigen sehr stark von Modetrends beeinflusst wird, hat Vorstellungen von Moselwein,

    die wesentlich fr den Verlust von Marktanteilen verantwortlich sind. Dnn, s-sauer, Sodbrennen,altmodisch sind wenig schmeichelhafte Assoziationen, die diese Konsumenten mit Moselweinen ver-binden. Als Produzent ist man geneigt, bei solchen Einschtzungen nach dem Motto das stimmt dochalles nicht! aufzuschreien. Wunschdenken hilft in dieser Situation jedoch nicht weiter. Nchtern be-trachtet wird man sich eingestehen mssen, dass dieses Image nicht vom Himmel gefallen ist, sondernauf konkreten objektiven oder subjektiven Erfahrungen beruht, denn folgende Feststellungen sind kaumzu leugnen:

    a) Die ha-Ertrge im Anbaugebiet nahmen mit 114 hl/ha im Mittel der Jahre 1980 bis 2001 eine bun-desweite und internationale Spitzenposition ein; eine Situation, die mit dem Anspruch, Top-Qualitten zu erzeugen, schwer vereinbar ist.

    b) Leichtigkeit und niedrige Alkoholgehalte wurden im positiven Sinne als besondere Merkmale vonMoselweinen lange Zeit herausgestellt. In diesem Zusammenhang ist die Frage aufzuwerfen, ob dieHerausstellung dieser Attribute wirklich werbewirksam war. Was im positiven Sinne als leicht be-worben wurde, ist von so manchem Konsumenten offensichtlich als klein und dnn empfundenworden. Htte dieser Weinstil den Vorstellungen und Wnschen vieler Verbraucher entsprochen,wren diese kritische berlegungen kaum notwendig geworden.

    c) Die Einschtzung sss-sauer ist allein bei einem Blick auf die analytischen Daten eines Groteilsder in der Vergangenheit produzierten Weine nachvollziehbar und an der Feststellung, dass vieleKonsumenten mit surebetonten Weine Vertrglichkeitsprobleme haben, fhrt auch kein Weg vor-bei. Diesem groen Konsumentenkreis ist auch nicht geholfen, wenn man ihm die unbestrittenensensorischen Finessen, eines sowohl von Se als auch von fruchtiger Sure geprgten Weinesimmer wieder vorbetet.

    d) Das Attribut altmodisch entzieht sich einer objektiven Beurteilung. Zutreffend ist wohl die Ein-schtzung, dass der Anteil der Lieblich-Trinker in der lteren Bevlkerung berproportional hochist. Im Gegensatz dazu spiegelt der Pinot grigio als Synonym fr moderne trockene, aber nicht

    zwangslufig hochwertige Weiweine die Geschmacksprferenzen vieler jngeren Konsumentenwiederspiegelt. Auch in Anbetracht der Aufmachung vieler Weine in der Vergangenheit oder der Artund Weise ihrer Darstellung, Prsentation, ihres Produktions- und Werbeumfelds kann man fr einederartige Einschtzung, verglichen mit vor allem internationalen- Konkurrenzprodukten, durchausVerstndnis aufbringen.

    Vor dem Hintergrund dieser berlegungen kann man zu dem kuriosen Schluss kommen, dass hoch-wertige Moselweine bei einem elitren Kreis gut informierter Weinfachleute und Konsumenten in sind,whrend gleichzeitig die Masse des Angebots bei einem sehr viel greren Kreis weniger gut informier-ter Weintrinker out ist. Leider hat der letztgenannte Konsumentenkreis fr die wirtschaftliche Situationdes Moselweinbaus weit grere Bedeutung.

    Es ist nicht schwer, auch heute noch Weine anzutreffen, fr die das beschriebene negative Klischee auch beiwohlwollender Betrachtung durchaus zutrifft. Mancher Winzer, der mit der kritischen Frage konfrontiert wird, ob

    dieser Weinstil wohl zukunftstrchtig sei, kontert mit einer auf den ersten Blick berzeugenden Antwort: Meine

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    3/44

    Kunden wollen den Wein so! Wenn die Kunden eines Betriebs die Weine bevorzugen, die dieser Betrieb vor-rangig produziert, weil sie der Weinphilosophie des Betriebsleiters entsprechen, so ist dies noch lange keinGrund zu der Annahme, mit dieser Weinphilosophie richtig zu liegen. In Anbetracht von Marktanteilen, Preis-

    und Absatzstatistiken kann man nicht die Augen davor verschlieen, dass der berwiegende Teil der Weintrin-ker offensichtlich andere Vorstellungen hat. Viele Winzer, die aus innerer berzeugung ausschlielich Mosel-weine traditionellen Stils produzieren, mssten auch sehr nachdenklich werden, wrden sie die Altersstrukturihres Kundenstamms analysieren.

    Ein Winzer kriegt die Kunden fr die Weine, die er hat. Kunden, fr die er keine Weine hat, wird er auchnicht kriegen!Salopp aber treffend beschreibt diese griffige Formulierung die Situation. Offensichtlich produ-zieren viele Winzer im Gebiet in erheblichem Ausma Weine, die den heutigen Vorstellungen breiter Konsum-entschichten nicht entsprechen.

    Untermauert wird diese Einschtzung durch die Erkenntnis, dass auch Weine, die unzweifelhaft von hoher Qua-litt sind und bei Prmierungen ihre Lorbeeren geerntet haben, in vielen Betrieben trotzdem Absatzproblemehaben. Es ist eine paradoxe Situation, wenn einerseits edelse Spt- und Auslesen renommierter Betriebe aufVersteigerungen Traumpreise erzielen, und in einer wesentlich greren Zahl von Kellern ebenfalls hochwertigeWeine hnlichen Stils den Weg zum Konsumenten nur schwer finden.

    Konsequenzen und Lsungsanstze

    Jeder, der ein Produkt erfolgreich vertreiben will, kann sein Ziel nur dann erreichen, wenn er es schafft, Pro-duktbeschaffenheit und Kundenwnsche in Einklang zu bringen. Dabei bieten sich prinzipiell 2 Wege an, diesich gegenseitig nicht ausschlieen:

    Man versucht, die Produktbeschaffenheit den Wnschen breiter Konsumentenkreise anzupassen.

    Man versucht, den Kunden vom angebotenen Produkt zu berzeugen.

    Bei ungeschickter Umsetzung dieser Strategien wrde die erstere darauf hinauslaufen, ein Nachahmerproduktzu kreieren; das zu produzieren, was andere mglicherweise besser und/oder billiger- schon knnen. Ob dieseStrategie fr ein Gebiet, dass immer mit dem Problem der aufwndigeren Produktion leben muss, eine Lsungder Probleme verspricht, ist mehr als zweifelhaft.

    Ebenso wenig erfolgversprechend wre das starre Umsetzen der zweiten Strategie, wenn sie darauf hinauslie-fe, einem bisher wenig erfolgreichen Produkt durch gebetsmhlenartige Hervorhebung seiner vom Konsumen-ten bisher angezweifelten Vorzge zum Erfolg zu verhelfen.

    Wie knnte die Strategie zur Verbesserung der Absatzmglichkeiten fr Moselwein aussehen: Erhalten derStrken und Beseitigung der Schwchen knnte man zu ihrem Motto machen. Konkret wrde dies folgen-des bedeuten:

    Zunchst einmal sollte sich das Gebiet seiner Strken besinnen und versuchen, sie wirkungsvoll einzusetzen:

    Fr das grte Rieslinganbaugebiet der Welt erweist sich die derzeit noch internationale- Renaissancedes Rieslings als Silberstreif am Horizont. National hatte und hat es die Sorte in den letzten Jahren schwer,was sich in den Pflanzstatistiken auch nachhaltig niederschlug.

    Fr diese Sorte finden sich an der Mosel einzigartige Anbaubedingungen. Die Terroir-beschaffenheit vielerRieslingsteillagen ermglicht die Produktion unverwechselbarer und kaum nach nachzuahmender Wei-weine, deren qualitative Vorzge derzeit neu-, oder richtiger, wiederentdeckt werden. Diese Standorte sindweder beliebig vermehrbar noch kopierbar, wobei ihre besondere Vorzglichkeit sich insbesondere beimRiesling entfalten kann.

    Diese Sorten/Standortkonstellation ermglichte schon in der Vergangenheit die Produktion herausragenderWeine von unvergleichlicher Aromastruktur ergnzt durch ein reizvolles Zusammenspiel von Se und Su-re. Dies ist die traditionelle, vielfach bewiesene und in Fachkreisen uneingeschrnkt anerkannte Strke desAnbaugebiets, die es zu wahren gilt.

    Sich allein darauf zu besinnen, erscheint jedoch nicht der richtige Weg, weil ein groer Konsumentenkreis, un-abhngig von seiner Qualitt, dieses Produkt einfach nicht sucht. Dazu ein Vergleich, der eine hnliche Situati-on beleuchtet: Was ntzen jemanden, der einen schnittigen Sportwagen sucht, die unumstrittenen Qualitts-merkmale der Luxuslimousine eines anderen Herstellers?

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    4/44

    Bei den von Restse geprgten Moselweinen traditionellen Stils gab es in der Vergangenheit Licht undSchatten. Besonders viel Schatten zeigten jedoch die trockenen Weine, die in vielen Fllen den Verbrau-cherwartungen nicht entsprachen. Wer sich auf den Standpunkt stellt, Moselweine und trockene Weine sei-

    en unvereinbare Gegenstze, eine Einschtzung, die in Winzerkreisen durchaus anzutreffen war, verab-schiedet sich freiwillig von einem groen Teil des Marktes. Sich auf nur ein Bein zu stellen, weil man glaubt,das andere nicht zu brauchen, drfte kaum klug sein und bringt einen leicht ins Wanken. So mancher tro-ckene Moselriesling der Vergangenheit erwies sich als harter Knochen, der geradezu nach einer herzhaf-ten Wurst- und Schinkenplatte rief. Sicherlich haben auch solche Weine ihre Existenzberechtigung. Mansollte aber bedenken, dass der Wunsch nach der weinbegleitenden rustikalen Platte im Hinblick auf Kon-sumgewohnheiten eher die Ausnahme als die Regel ist. Sehr viel gefragter sind harmonisch trockeneWeiweine, die trocken sind ohne sauer zu sein, Nachhaltigkeit und Dichte mitbringen. Wenn diese Eigen-schaften, die sozusagen Allerweltseigenschaften erfolgreicher trockener Weiweine sind, durch unver-wechselbare und faszinierende Aromakomponenten, wie sie fr Spitzenrieslinge an der Mosel prgendsind, ergnzt werden, dann hat man ein einzigartiges kaum nachzuahmendes Produkt geschaffen. Erst in

    jngster Vergangenheit demonstrieren Betriebe an der Mosel, dass es im Gebiet auch gelingt, unverwech-selbare trockene Weiweine zu produzieren, die zum einen hchsten Ansprchen gengen und zum ande-ren Verbraucherschichten ansprechen, die sich in der Vergangenheit von Mosel nicht angesprochen fhl-ten, weil sich nicht glaubten, dort das zu finden, was sie suchen. Diese Weine bilden den Spagat zwischenden beiden erwhnten Strategien. Sie sind angepasst an Kundenwnsche ohne Nachahmerprodukt zu seinund erlauben es, Kunden von der Qualitt und vom Verbrauchernutzen des Produkts zu berzeugen, diedieses Produkt aufgrund seiner Stilrichtung per se abgelehnt haben.

    Fazit

    Die Erzeugung eines hochwertigen unverwechselbaren Produkts ist als einziger Rettungsanker fr den Steilla-genweinbau im Gebiet anzusehen. Eine Modifikation des Geschmackbilds fr einen Teil des Angebots beigleichzeitiger Erhaltung der Gebietstypizitt sollte dies begleiten. Wer auf schwierig zu bewirtschaftenden un-verwechselbaren Standorten austauschbare Weine produziert, gibt den einzigen Trumpf aus der Hand den erhat. Die Tatsache, dass ein Wein aus einer Steillage stammt, reicht nicht aus, um ihn erfolgreicher absetzen zuknnen. Sie wre ein vergeblicher Appell an das Mitleid des Verbrauchers fr notleidende Steillagenwinzer. Esmuss gelingen, den Verbraucher von der besonderen Wertigkeit dieses Produkts zu berzeigen. Abgesehenvon ihrer Finanzierbarkeit reichen Werbemanahmen allein dazu nicht aus. Aus den bisherigen berlegungenergibt sich vielmehr, dass in der Produktion der Hebel anzusetzen ist.

    Der Autor dieser Ausfhrungen ist sich darber im Klaren, dass er damit nicht die ungeteilte Zustimmung allerLeser, d.h. vieler Winzer an Mosel-Saar-Ruwer erntet.Sicherlich wird man im Detail auch andere Einschtzun-gen haben knnen, ber die sich trefflich streiten lsst. Das Leugnen von Problemen und das Beharren aufbisherigen Einschtzungen helfen in der Situation jedoch nicht weiter. Die Realitt lsst dies nicht zu.

    Im brigen gibt es fraglos auch weitere Ursachen fr die schwierige Situation im Anbaugebiet, die sich der Ein-flussmglichkeiten der Erzeuger weitgehend entziehen. Allzu oft suchen Winzer dort die Wurzel allen bels.Ihre Bedeutung wird nicht geschmlert, wenn sie in diesem Beitrag nicht erwhnt werden. Die Auseinanderset-zung mit Fragen der Weinbaupolitik, des Bezeichnungsrechts, der Frderung oder gar der Globalisierung derWeinwirtschaft, um nur einige dieser vermeintlichen Problemfelder zu nennen, wrde den Rahmen dieser Ab-handlung sprengen und der Autor mat sich auch nicht an, diesbezgliche Bewertungen vornehmen zu knnen.

    Ausblick

    Dieser erste Beitrag einer mehrteiligen Fortsetzungsserie in der DWZ ist als Versuch zu verstehen, Problemeund Lsungsanstze aufzuzeigen. Er ist Bestandteil des vom Weinbauverband MSR in den Vergangenen Mo-naten vorgestellten Steillagen-Riesling-Qualittskonzepts und untermauert, wie fr den Leser unschwer zu er-kennen sein drfte, die berlegungen, die diesem Konzept zugrunde liegen. Die Mitwirkung bei diesem Konzeptist fr den Autor dieser Zeilen Anlass fr diese Ausfhrungen.

    In den folgenden Ausgaben geht es darum, aufzuzeigen, wie sich die darin steckende Qualittsphilosophie um-setzen lsst. Die weinbaulichen Entscheidungen und Manahmen, die dazu beitragen knnen, trockene Mosel-rieslinge zu erzeugen, die sowohl verbrauchergerecht wie auch unverwechselbar und gebietstypisch sein sol-len, werden in ihrer Gesamtheit vorgestellt und erlutert.

    Selbstverstndlich gelten viele der folgenden Ausfhrungen auch fr andere Standorte und Rebsorten. Auch

    wenn man dem Riesling ebenso wie dem Steillagenweinbau an der Mosel eine Einzigartigkeit attestieren darf,

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    5/44

    unterliegt der Weinbau in dieser Konstellation naturwissenschaftlichen Zusammenhngen von universeller Gl-tigkeit.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    6/44

    Riesling-S ein Pldoyer fr den Steillagenweinbau

    -Teil 2: Qualittskriterien und weinbauliche Grundlagen -Dr. Edgar Mller, SLVA Bad Kreuznach-Simmern

    Im ersten Beitrag dieser Publikationsreihe wurde die Notwendigkeit zur Qualittsoptimierung trockener Rieslin-ge im Rahmen Qualittskonzepts Riesling-S errtert. Die Produktion von Weinen, die den dort skizzierten Ziel-setzungen entspricht, erfordert ein ganzheitliches zielgerichtetes weinbauliches Konzept, das fast alle Bereicheder weinbaulichen Produktion berhrt. Es ist illusorisch, zu glauben, eine Teilentbltterung oder eine gezgelteKaltvergrung, um nur 2 Einzelmanahmen aus dem weinbaulichen und kellerwirtschaftlichen Sektor zu nen-nen, reiche aus, um mit hoher Konstanz Weine zu erzeugen, die diesen Zielsetzungen entsprechen.

    Die Wahrscheinlichkeit, Weine im beschriebenen Geschmacksprofil zu erzeugen, ist vergleichsweise gering,wenn nicht gezielt darauf hingesteuert wird. Das Steuern wird erleichtert, wenn ein konkretes Ziel und eineStreckenplanung vorhanden ist. Strategisches Denken und Handeln ist gefragt. Diesbezglich ist das Pferd vonhinten aufzuzumen, d.h. das Endprodukt steht am Anfang aller berlegungen. Das Strategiekonzept unterteilt

    sich in 4 Teilschritte:1. Formulierung nologischer Zielsetzungen fr den Wein

    analytische Beschaffenheit

    sensorische Beschaffenheit

    2. Ableitung von wnschenswerten Beschaffenheitsmerkmalen fr das Lesegut (z.B. Mostgewicht, Sure,Gesundheitszustand, Phenole), die fr die Erzeugung dieses Weines bestmgliche Voraussetzungenbieten

    3. Erkennen und Bewertung von qualittsbeeinflussender Faktoren im Weinberg

    nicht bzw. nur langfristig beeinflussbare Faktoren (z.B. Standort, Kloneigenschaften, Unterlage)

    steuerbare Faktoren (z.B. Laubarbeiten, Anschnitt, Bodenpflegesystem)

    4. Gezielte Auswahl, Durchfhrung und Steuerung qualittsbeeinflussender anbautechnischer Manah-men

    Qualittskriterien des LesegutsQualitativ optimales Lesegut lsst sich zielgerichtet nur erzeugen, wenn eindeutige Qualittskriterien existieren.Traditionell stand dabei jahrzehntelang fast ausschlielich das Mostgewicht im Blickpunkt und wurde gleichzei-tig die Basis unseres Qualittsstufensystems. In den letzten Jahren ist jedoch die Kritik an der einseitigen Fixie-rung auf das Mostgewicht immer grer geworden. Diese Kritik ist nur allzu nachvollziehbar, denn was nutzt einhohes Mostgewicht, wenn der Wein nach einem Jahr eine UTA aufweist oder wenn die erhofften kristallklarenfaszinierenden Rieslingaromen durch Fulnisnoten berdeckt werden. Welche Qualittskriterien gibt es? Wielassen sie sich messen und bewerten?

    1. Unter den traditionellen Qualittskriterien fanden neben dem Mostgewicht schon immer der Ge-sundheitszustand, der Suregehalt und im Falle roter Sorten auch die Ausfrbung Beachtung. Nicht

    im wnschenswerten Ma wurde zumeist der pH-Wert beachtet, der fr die Verarbeitung der Traubenund den Weinausbau (z.B. Mikrobiologie) eine wichtigeRolle spielt.

    2. Vllig unzureichend, wenngleich aus betriebswirtschaftlichen Grnden nachvollziehbar, war die Gewich-tung des Qualittsfaktors Ertragshhe. Auf die sowohl im nationalen wie auch internationalen Vergleichauerordentlich hohen langjhrigen Durchschnittsertrge im Gebiet wurde bereits hingewiesen. Die Be-reitschaft, deutlich niedrigere Ertrge anzustreben, wurde in vielen Fllen sicherlich auch dadurch ge-bremst, dass der Riesling sich als auerordentlich stabile Sorte hinsichtlich der Ertrags-

    /Mostgewichtsrelation verhlt. Verglichen mit anderen Sorten reagiert er auf bewusste Ertragsminde-rung (z.B. durch Ausdnnung) nur mit bescheidenen Mostgewichtszuwchsen und erweist sich diesbe-zglich als ausgesprochen undankbare Sorte. Wenn die Witterung mitspielt, konnten in der Vergan-genheit auch 150 hl/ha (analytische!) Sptlese geerntet werden. Daraus ist jedoch keinesfalls derSchluss abzuleiten, dass mit einer Ertragsminderung kein Qualittszuwachs erreichbar wre. Wer einenleichten von deutlich wahrnehmbarer Se geprgten Weintyp traditionellen Stils vor Augen hat, kann

    in der Tat die Ertragshhe etwas in den Hintergrund schieben. Wer jedoch Wein produzieren will, der

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    7/44

    den Intentionen von Riesling-S entspricht, kommt an einer Ertragsbegrenzung nicht vorbei. Die er-wnschte Dichte und Nachhaltigkeit, die zur Geschmacksharmonie eines trockenen Rieslings beitrgtund den Wunsch nach mehr Restse verstummen lsst, ist nur bei moderaten Ertrgen erreichbar.

    Nicht einfach zu beantworten ist die Frage, was in diesem Zusammenhang als wnschenswert anzuse-hen ist. Fruchtbare ertragreiche Standorte zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein gutes Nhrstoff- undWassernachlieferungsvermgen aufweisen, was letztlich der Grund fr die Fruchtbarkeit ist. Damit gehtin der Regel eine hohe Wuchskraft und eine geringe Stressgefahr einher. Werden auf diesen Standor-ten sehr geringe Ertrge (z.B. durch extrem geringen Anschnitt oder Ausdnnung) angestrebt, ist miteinem bermigen vegetativen Wachstum zu rechnen, dass fr die Qualitt vielfltige schwerwiegen-de nachteilige Auswirkungen haben kann, ber die an spterer Stelle noch zu berichten sein wird. Frertragsschwache Standorte gilt das Gegenteil. Das Risiko einer berforderung und damit einhergehendverschrftem Stress ist hoch. Insofern gilt es, hinsichtlich des wnschenswerten Zielertrags standortab-hngig zu differenzieren. Im brigen ist es gerade beim Riesling unklug, im Vorfeld den Ertrag schon soweit zu reduzieren, dass man hinterher das Wenige was noch hngt, vollstndig und rechtzeitig lesenmuss. Wer es sich im Herbst in Anbetracht des Traubenbehangs leisten kann, auf die ein oder andereTraube zu verzichten, indem er den Lesetermin noch etwas schiebt und selektiv liest, fhrt gerade beidieser Sorte besser. Vor dem Hintergrund dieser berlegungen, drfte der fr einen hochwertigen tro-ckenen Riesling anzustrebende Zielertrag standortabhngig in einer Spanne zwischen ca. 40 und 80hl/ha liegen.

    3. Die physiologische Reife der Traube ist ein Thema, dass die nologen in den letzten Jahren starkbeschftigt. Eine Traube kann ein gutes Mostgewicht aufweisen, ohne physiologisch wirklich reif zusein. Eine andere hat 10chsle weniger und ist trotzdem reifer. Die physiologische Vollreife mndet insensorischen und analytischen Merkmalen, die fr die Weinbereitung von auerordentlicher Bedeutungsind:

    Die Gesamtsuregehalte sind geringer, wobei der Weinsureanteil erhht ist.

    Hochreife Trauben weisen hhere Gehalte an hefeverwertbarem N und ein geringeres UTA-Gefhrdungspotenial auf ein Thema, das ebenfalls an spterer Stelle wieder aufgegriffen wird.

    Die Phenolgehalte in den Beerenhuten sind zwar hher als bei weniger reifem Lesegut, die Phe-nole, die im Wege der Traubenverarbeitung aus den Huten freigesetzt werden, sind jedoch senso-risch sehr viel angenehmer als bei unreifem Lesegut mit niedrigeren Gehalten. Sie schmeckenweich, tragen zum Krper und zur Nachhaltigkeit bei und vermitteln sogar ein Gefhl von Se.Moste aus weniger reifen Trauben haben zwar analytisch meist geringere Phenolgehalte, die aberauf der Zunge sehr viel grner und bitter-adstringierend wirken. Solche Phenole werden in hohemMa auch aus Stielgersten und Rebkernen mit geringem Verholzungsgrad ausgelaugt, die kenn-zeichnend fr weniger reifes Lesegut sind.

    Fr die Beurteilung der physiologischen Reife bedarf es keiner aufwndigen Analytik. Sie ist mit unse-ren Sinnesorganen sehr gut mglich. Kennzeichnend sind

    ein hoher Verholzungsgrad der Stielgerste und Kerne; im Gegensatz zu heien Weinbauregio-nen tritt eine vollstndige Verholzung bei uns jedoch nie ein.

    Die Beerenhaut ist stark pigmentiert, zumindest leicht gelblich, im Idealfall mit Tendenz zu Rosa-und Brauntnen. Sie ist dnn und bietet beim Beien nur noch einen geringen Widerstand.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    8/44

    Abbildung 1: Physiologisch vollreife Rieslingtraube mit optimaler geringer Packungsdichte

    Das Fruchtfleisch ist weitgehend verflssigt. Um die Kerne ist nur noch ein geringer Anteilhochviskosen Marks. Auf der Presse luft ein hoher Anteil des Mostes als Vorlauf ab.

    Die Beere schmeckt intensiv aromatisch mit einem leichten Bitterton beim Zerbeien der Bee-renhaut. Das messbare Aromapotenzial ist erhht.

    4. Differenziert ist der Gehalt an zuckerfreien Extrakt im Most zu bewerten. In vielen Kpfen besteht dieEinschtzung, dass hohe Gehalte an zfr. Extrakt ein Synonym fr Qualitt seien, und dass Weine mitgeringem zfr. Extrakt arm und dnn schmecken. Diese Einschtzung ist nur teilweise gerechtfertigt. Be-standteil des zuckerfreien Extrakts sind sowohl wertgebende wie auch wertmindernde Inhaltsstoffe, wo-bei wie im Falle der organischen Suren- bei einigen Inhaltsstoffen deren Menge darber entscheidet,ob der Gehalt positiv oder negativ zu bewerten ist. Manche Inhaltsstoffe sind zwar an sich positiv zubewerten (z.B. Glycerin), Ursache fr ihre hohen Gehalte knnen jedoch Vorgnge mit wertminderndenFolgen sein. So hat z.B. der extreme Fulnisbefall des Jahrgangs 2000 zwar den Gehalt an Glycerin indie Hhe getrieben, was aber mit der Produktion eines groen Spektrums an unerwnschten Substan-zen einherging. Rieslingtrauben mit optimalem Gesundheitszustand und geringer Gesamtsure liefernvergleichsweise extraktarme Moste. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass manche Spitzenweinetrockener Geschmacksrichtung mitunter sehr bescheidene Gehalte zwischen ca. 20 und 22 g/l aufwei-sen.

    5. Eine Schlsselrolle fr die sensorische Beurteilung eines Weines spielen seine Aromastoffe. Die Aro-matik eines Weines ist ein hchst komplexes Wechselspiel einer riesigen Zahl aromawirksamer Sub-stanzen, deren Bestimmung die Analytik vor groe Probleme stellt. Daher wundert es nicht, dass welt-weit groe Anstrengungen unternommen werden, um im Most Anhaltspunkte fr die qualitative undquantitative Zusammensetzung von Aromastoffen bzw. Aromavorstufen, die die Grundlage fr die sp-tere Bildung von Aromastoffen im Wege der Weinbereitung bilden, zu finden. Einige Anstze sinddurchaus viel versprechend und knnten zu Standarduntersuchungen zur Beurteilung von Lesegut fh-ren.

    Die Ausfhrungen sind keinesfalls so zu interpretieren, als spiele das Mostgewicht nur noch eine untergeordne-te Rolle oder an seine Stelle seien andere Qualittsfaktoren getreten. Wenn man von botrytisbedingter Mostge-wichtserhhung absieht, besteht zwischen dem natrlichen Zuckergehalt und der Konzentration anderer wert-gebender Inhaltsstoffe durchaus ein enger Zusammenhang. Dies ist insofern auch verstndlich, als die Bildung

    dieser Stoffe hufig in engem Zusammenhang zum Zuckerstoffwechsel steht.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    9/44

    Es gilt hingegen, zu verdeutlichen, dass die eindimensionale Ausrichtung allein auf das Mostgewicht unter Au-erachtlassung der erwhnten Qualittsfaktoren zu falschen weinbaulichen Entscheidungen fhren kann! DieErkenntnis, dass ein deutlich hherer Ertrag beim Riesling oft nur zu bescheidenen Mostgewichtseinbuen

    fhrt, knnte dazu animieren.Qualittsanforderungen an das Lesegut fr hochwertige trockene RieslingweineAus dem im ersten Beitrag beschriebenen Geschmacksprofil fr trockene Steillagenrieslinge der Spitzenklasseund den beschriebenen Qualittsfaktoren lassen sich wnschenswerte Beschaffenheitsmerkmale fr das Lese-gut ableiten.

    1. Gesamtalkoholgehalte zwischen ca. 11,5 und 13 % Vol. entsprechen einem Mostgewicht von ca. 87bis 100 chsle. Da im Gegensatz zur Riesling-S Weinen im edelsen Bereich die Zulssigkeit derAlkoholerhhung vorgesehen ist, knnen die Mostgewichte auch niedriger sein, sofern die brigen imfolgenden beschriebenen Forderungen erfllt sind. Dies drfte jedoch bei Mostgewichten unter ca. 80chsle kaum noch mglich sein.

    2. Die sortentypische Aromatik der Sorte Riesling wird durch einen moderaten Befall durch saubere (!)Sptbotrytis weniger stark in Mitleidenschaft gezogen, als das bei einigen anderen Sorten der Fall ist,

    wo fr Top-Weine im trockenen Bereich absolute Botrytisfreiheit angestrebt wird. Bei max. 10 bis 15 %sauberer Botrytis drfte jedoch auch bei Riesling im vorgesehenen Verwendungsbereich die Hchst-grenze liegen.

    3. Harmonisch trockene Rieslinge, die nicht im surearmen internationalen Allerlei in der Unkenntlichkeitverschwinden, sondern Sorten- und Gebietsprofil wahren, weisen als Weine Surewerte auf, die meistzwischen ca. 6,5 bis 8 g/l liegen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass ein teilweiser BSA oder einBSA mit Rckverschnitt dabei kein Tabu ist und nicht zwangslufig zum Verlust dieses Profils fhrt. Ei-nige Weine, die sich im Rahmen der Profilverkostungen an der Spitze etabliert haben, belegen das inForm moderater Milchsurewerte. Wer einen sauren Rieslingmost durch biologischen Abbau groerMengen an pfelsure in diesen Zielbereich herunterschraubt, wird jedoch ebenso wenig ein Produkt inder gewnschten Qualitt erzeugen knnen, wie derjenige, der durch massive chemische Entsuerungeinem Wein das Rckgrat bricht. Optimal drften Mostsurewerte zwischen 8 bis 10 g/l zu bewertensein, die allerdings nicht in jedem Jahr erreichbar sind. Bei Werten ber 12 g/l rckt das sensorischeZiel in weite Ferne. Vor dem Hintergrund dieser berlegungen genieen bei der Sorte Riesling dieweinbaulichen Mglichkeiten, Sureabbau am Stock zu betreiben, eine groe Bedeutung.

    4. Die wnschenswerten Anforderungen im Hinblick auf Ertragshhe und physiologische Reifemerk-male ergeben sich aus den Ausfhrungen im vorangegangenen Kapitel.

    In den folgenden Ausgaben der DWZ werden die einzelnen Teilbereiche der weinbaulichen Entscheidungenund Manahmen, die der Erreichung der gesteckten Ziele dienen, im Einzelnen errtert. Wie bereits gesagt, istdabei eine ganzheitliche Betrachtung notwendig. Es gibt kaum Entscheidungen oder Manahmen, die nichtvon vorausgegangenen abhngig sind oder Einfluss auf nachfolgende ausben. Dennoch lassen sich einigeSchwerpunkte skizzieren, wobei voraussichtlich jeder Schwerpunkt in einem Beitrag abgehandelt wird. Vielflti-ge Verknpfungen und Verweise auf vorausgegangene oder nachfolgende Beitrge sind dabei unvermeidbar.Dem Leser ist daher anzuraten, die Teilbeitrge zu sammeln. Die Themenpunkte 4 bis 6 werden von den Kolle-gen Treis (Fachstelle Cochem) und Dr. Zipse (SLVA Trier-Bernkastel) errtert.

    1. Wahl des Erziehungssystems und Standraumgestaltung, Laubwandgestaltung und Laubarbeiten

    2. Bedeutung und Steuerung der Wuchskraft, Bestandsfhrung

    3. Rebschnitt und Biegen, Manahmen der Ertragssteuerung, Lesezeitpunkt und -methodik

    4. Bodenpflege und Dngung

    5. Rebschutzmanahmen

    6. Unterlagen- und Klonwahl

    Gleichwohl gilt es, vor der Illusion zu schtzen, zu glauben, dass eine nach bestem Wissen vorgenommeneUmsetzung der angesprochenen Empfehlungen die Ausschpfung aller Qualittspotenziale garantiert. Ein qua-littsoptimierender Weinbau lsst sich nicht in einer derartigen Publikationsreihe mit dem wnschenswertenTiefgang vermitteln! Beobachtungsvermgen, Fingerspitzengefhl, Erfahrung, manchmal auch Risikobereit-

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    10/44

    schaft, kann man sich nicht anlesen, sind jedoch unverzichtbar. Wohl aber kann man sich von Gewohnheitenverabschieden, die unter den Rahmenbedingungen zurckliegender Jahrzehnte ihre Rechtfertigung hatten, derErreichung heutiger Zielsetzungen jedoch im Weg stehen. Der Grat zwischen Tradition und Rckstndigkeit ist

    manchmal sehr schmal.Fr das Verstndnis der Ausfhrungen in den Folgebeitrgen ist es notwendig, sich einiger elementarer physio-logischer Grundlagen zu vergegenwrtigen:

    Physiologische GrundlagenMit Ausnahme der Mineralstoffe im Most und des Wasseranteils sind alle sonstigen Inhaltsstoffe Produkte derPhotosynthese und daran gekoppelter, extrem komplexer Stoffwechselprozesse mit mannigfaltigen Abhngig-keiten und Wechselwirkungen, die zudem vielfltigsten weinbaulichen und umweltbedingten Einflssen unter-liegen. Dies erschwert das Verstndnis fr das, was in und an der Rebe passiert und ist der Grund, warum dieKalkulierbarkeit der Auswirkungen unserer Entscheidungen und Manahmen immer beschrnkt bleiben wird.Wir knnen damit die grobe Richtung vorgeben, aber nicht przise ins Ziel steuern!

    Der bei der Photosynthese gebildete Zucker hat im pflanzlichen Stoffwechsel zwei Aufgaben:

    1. Er ist die Ausgangssubstanz zur Bildung aller brigen organischen Inhaltsstoffe.2. Er ist der Energielieferant fr alle energieverbrauchenden Prozesse im pflanzlichen Stoffwechsel. Dazu

    gehren insbesondere auch Zellteilungs- und somit Wachstumsprozesse.

    Dieser energiereiche Zucker wird im Blatt aus den energiearmen Rohstoffen Kohlendioxid und Wasser produ-ziert, wobei Licht der dafr erforderliche Energielieferant ist. Gelegentlich anzutreffende Einschtzungen, derStock drfe nicht zu viel Blattmasse bilden, weil ihn das zu viel Kraft koste, erscheinen vor diesem Hintergrundreichlich merkwrdig. Rigoroses Ausgeizen und starkes Einkrzen von Trieben, Praktiken, die nach wie voranzutreffen sind, erwecken den Eindruck, als seien die berlegungen mancher Winzer immer noch von derarti-gen Einschtzungen geprgt.

    Im Hinblick auf ihre Assimilationsleistung (= Zuckerproduktion) lassen sich Bltter im bertragenen Sinnedurchaus mit Solarzellen fr die Stromgewinnung vergleichen. Fr die Stromausbeute wren dort folgende Ein-flsse von Bedeutung:

    Gre der Kollektorflche

    Ausrichtung der Kollektoren zum Licht

    Wirkungsgrad der Kollektoren

    All dies gilt auch fr den Solarkollektor Laubwand. Die Gre der Blattflche und die dort vorhandene Strah-lungsintensitt entscheiden ber die Menge an Licht, die die Laubwand auffangen kann (Lichtinterzeption,Lichtgenuss) und somit ber ihre Assimilationsleistung. Dabei besteht eine Abhngigkeit von Hangrichtung und-neigung des Standorts, insbesondere aber auch von der Beschattungssituation in der Anlage.

    Fr die Beschattung von Blttern in einer besonnten Anlage gibt es zwei Ursachen:

    Gegenseitige Beschattung benachbarter Zeilen (abhngig von der Relation Laubwandh-he/Gassenbreite)

    Gegenseitige Beschattung von Blttern innerhalb des Stockes; diesbezglich spielt die Triebdichte(Triebzahl/lfd. m Zeile), die Wuchsstrke und das sortentypische Wuchsverhalten (Internodienlngen,Neigung zur Geiztriebbildung) eine wichtige Rolle.

    Der Zustand der Bltter wre das Pendant zum Wirkungsgrad der Kollektoren. Von groer Bedeutung sind dies-bezglich der Chlorophyllgehalt und der Wasserversorgungszustand. Photosynthese kann beim Rebblatt nurstattfinden, wenn die Spaltffnungen geffnet sind, da dies die Voraussetzung fr den Gasaustausch ist. Geff-nete Spaltffnungen verdunsten jedoch Wasser, wobei die Temperatur, die rel. LF und die Windstrke wichtigeEinflussfaktoren darstellen. Fehlt Wasser, muss das Blatt zum Schutz vor Austrocknung Spaltffnungen schlie-en, wodurch die Photosyntheseleistung sinkt.

    Aus den berlegungen lassen sich erste Forderungen an die Rebenerziehung, die Laubwandgestaltung bzw.sonstige weinbauliche Manahmen ableiten, die aber bereits Zielkonflikte erkennen lassen:

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    11/44

    Maximale Photosyntheseleistung erfordert eine mglichst groe Blattflche. Dies birgt jedoch einerseits zuneh-mende Beschattungsprobleme und anderseits die Gefahr eines berhhten Wasserverbrauchs, der wiederumvorzeitigen Wassermangel und damit einen Einbruch der Photosyntheseleistung herbeifhren kann.

    Obwohl der Zuckergehalt der Traube ein herausragender Qualittsfaktor ist, lsst die Photosyntheseleistungund damit die Zuckerproduktion eines Rebstocks nur begrenzt Rckschlsse auf die zu erwartende Trauben-qualitt zu. Fast noch wichtiger als die Hhe der Zuckerbildung im Verlauf der Vegetationsperiode ist die Frage,was mit diesem Zucker passiert.

    Seine Funktion als Energielieferant lsst mgliche Probleme einer extrem hohen Photosyntheseleistung erah-nen: Sie ermglicht bermiges weiteres Triebwachstum und birgt die Gefahr der Ausbildung eines uner-wnscht hohen Ertrags.

    Daraus lsst sich die Forderung ableiten, dass es nicht nur darum geht, die Basis fr eine hohe Photosynthese-leistung zu schaffen, sondern insbesondere auch darum, diese Photosyntheseleistung in die richtigen Bahnenzu lenken. Es bedarf einer Steuerung des Assimilathaushalts mit dem Ziel Klasse anstatt Masse. 3 Zeitrumesind dabei fr Ertrags- und Mostgewichtshhe von besonderer Bedeutung.

    1. Assimilatversorgung der Gescheine in der Bltephase;der Blteverlauf wird von der Assimilatver-sorgung der Gescheine in erheblichem Ma beeinflusst. Geringes Assimilatangebot frdert Verriese-lungstendenzen. Die Durchblhrate (Anteil der sich zu Beeren entwickelnden Blten) sinkt ebenso wiedie mittlere Kernzahl/Beere, die fr das sptere Beerengewicht von Bedeutung ist.

    2. Assimilatversorgung der Trauben in der Zellteilungsphase; in dieser Phase, die unmittelbar nachder Blte einsetzt und je nach Jahreswitterungsverlauf ca. 4 bis 6 Wochen dauert, wird Zucker in den

    jungen Trauben nicht eingelagert, sondern fr Zellteilungsprozesse und somit Dickenwachstum ver-braucht.

    3. Assimilatversorgung der Trauben in der Reifephase; angelieferter Zucker wird nicht mehr ver-braucht, sondern eingelagert (Mostgewichtsanstieg).

    Daraus lassen sich konkrete Forderungen im Hinblick auf Manahmen zur Beeinflussung der Photosynthese-leistung und des Assimilathaushalts ableiten: Wer geringere Ertrge und lockere Trauben haben will, muss

    whrend der Blte und in den ersten 4 - 6 Wochen danach die Zuckeranlieferung an die Gescheine bzw. Trau-ben dmpfen. In der Reifephase gilt es, die Photosyntheseleistung zu frdern und ein Maximum des gebildetenZuckers in die Trauben zu leiten. Wie in den folgenden Beitrgen dargelegt wird, gibt es vielfltige Ansatzpunk-te, in dieser Richtung Einfluss auszuben.

    Der Boden ist der Lieferant von Wasser und Nhrstoffen. Die Gre und Leistung der Blattflche hngen auchvon diesem Angebot ab. Insofern ist ein enger Zusammenhang von Dngungs- und Bodenpflegemanahmenzur Photosyntheseleistung und den davon abhngigen Prozessen gegeben. Wenn man von dem bescheidenenAnteil an Mineralstoffen im Most absieht, ist es Unsinn, zu glauben, man knne wertbestimmende Inhaltsstoffeaus dem Dngersack ber den Boden in die Reben hineinpumpen. Dngungsmanahmen werden diesbezg-lich sowohl berschtzt wie auch falsch eingeschtzt.

    Eine Besonderheit des Weinbaus besteht darin, dass eine maximale Nhrstoff- und Wasseraufnahme keines-falls wnschenswert ist. Sie wre in fruchtbaren Ackerbden am ehesten zu erwarten. Jeder Winzer wei, dassauf solchen Sandorten die Gefahr auerordentlich gro ist, Masse auf Kosten der Klasse zu produzieren. Ge-rade auf Standorten, die eher ber ein sprliches Wasser- und Nhrstoffanlieferungsvermgen verfgen und fr

    jede andere Kultur schlichtweg unbrauchbar sind, wachsen oft faszinierende Weine. Nicht die im Luxus schwel-genden Reben, sondern diejenigen, die zumindest phasenweise einem moderaten Stress ausgesetzt sind, lie-fern die Top-Weine. Allein vor diesem Hintergrund msste klar sein, dass Bodenpflege- und Dngungsma-nahmen, die zu einem maximalen Nhrstoff- und Wasserangebot fhren, im Hinblick auf die Qualitt kontrapro-duktiv sein knnen. Andererseits ist vllig unbestreitbar, dass insbesondere bei Weiweinsorten bermigerWasser- und Nhrstoffstress fr die Qualitt fatal sein kann, wobei die Kombination mit hohem Ertrag danngeradezu tdlich wird. Allein dies lsst eine Vernachlssigung der im Rahmen der Bodenpflege und Dngungzu ergreifenden Entscheidungen nicht zu.

    Die Wechselwirkungen zwischen der Rebe, dem Boden, dem Kleinklima des Standorts und den weinbaulichenManahmen sind auerordentlich komplex und Bestandteil der Terroirforschung. Sie sind ein Teil des Geheim-nisses von Spitzenweinen hoher Individualitt, die sich nicht quasi nach Rezept erzeugen lassen. Diesbezglich

    bergen die Rieslingsteillagen rheinland-pflzischer Anbaugebiete ein ungeheures Potenzial. Die in den nchs-

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    12/44

    ten Ausgaben folgenden Ausfhrungen sollen Hilfestellung leisten, wie unter Bercksichtigung der beschriebe-nen Zielsetzung dieses Potenzial ausgeschpft werden kann.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    13/44

    Riesling-S ein Pldoyer fr den Steillagenweinbau

    - Teil 3: Erziehungssystem, Standraumgestaltung und Laubarbeiten -Dr. Edgar Mller, SLVA Bad Kreuznach-Simmern

    Im zweiten Beitrag dieser Publikationsreihe wurden die Anforderungen an das Lesegut zur Erzeugung hochwer-tiger trockener Rieslingweine, die den Kriterien von Riesling-S entsprechen, eingehend dargelegt. Auerdemwurden wichtige physiologische Grundlagen errtert, die fr das Verstndnis wichtiger Entscheidungen undManahmen im Wege der Rebenerziehung und Stockarbeiten unverzichtbar sind.

    Die Auswahl und konkrete Ausgestaltung eines Rebenerziehungssystems mitsamt der notwendigen Unterstt-zungsvorrichtung und die Festlegung von Stockabstand und Gassenbreite sind Entscheidungen bzw. Manah-men, die fr die Lebensdauer einer Anlage nur einmal zu treffen sind.

    Die Auswirkungen dieser Planungen

    erstrecken sich ber die gesamte Standzeit der Anlage,

    wirken sich in komplexer Weise auf die generative und vegetative Leistung der Rebe aus, sind von Bedeutung fr Ablauf, Methodik und Mechanisierbarkeit fast aller in der Anlage durchzufhren-

    den Arbeiten

    und beeinflussen die Bewirtschaftungskosten sowie die Menge und Gte des Ertrags.

    Vor diesem Hintergrund wird die herausragende Bedeutung dieser Planungen fr den Betriebserfolg und dieNotwendigkeit einer uerst sorgfltigen Abwgung aller entscheidungsrelevanten Aspekte deutlich.

    Die Wahl des Erziehungssystems

    An ein Erziehungssystem sind vielfltige Forderungen zu richten, die sich teilweise gegenseitig im Wege ste-hen. Gute Mechanisierbarkeit im Rahmen der topografischen Mglichkeiten, wenig zeitaufwendige Erledigungder verbleibenden Handarbeiten und einfache Bewirtschaftung wren Kriterien, die auf der Kostenseite zu Bu-

    che schlagen. Ertragsleistung und Qualitt des Leseguts sind von Bedeutung fr die Erlse. Die Gewichtungder einzelnen Forderungen kann in Abhngigkeit von der Situation sehr unterschiedlich sein. Im Rahmen derZielsetzungen von Riesling-S kommt jedoch der Forderung nach hchstmglicher Traubenqualitt gem der inTeil 2 beschriebenen Anforderungskriterien eine Bedeutung zu, die ber die sonstigen Anforderungen heraus-ragt. Die folgenden Ausfhrungen sind unter dieser Vorgabe zu sehen.

    Kein Erziehungssystem ist per se schlecht oder gut und einem anderen unter Qualittsaspekten grundstzlichunter- oder berlegen. Dies liegt auch daran, dass der Gestaltungs- und Variationsspielraum innerhalb einesSystems auerordentlich gro ist. Es kommt darauf an, was man daraus macht; dieser fast 30 Jahre alteWerbeslogan fr den Baustoff Beton gilt in hnlicher Weise auch hier. Gleichwohl gibt es bestimmte Probleme,die charakteristisch fr bestimmte Erziehungssysteme sind:

    Eine hngende Trieborientierung (Umkehrerziehung, Trierer Rad) begnstigt ebenso den Blteverlaufwie dies bei einem frhen Einkrzen von Trieben der Fall ist (Triebe auf der Bogrebe bei klassischerMosel-Pfahlerziehung). Daraus resultiert ein hherer Kompaktheitsgrad der Trauben, der ertragsfr-dernd und leider auch botrytisfrdernd wirkt.

    Ein unzureichendes Blatt/Frucht-Verhltnis oder ungnstige Belichtungs- und Belftungsverhltnisse frTrauben und Bltter sind andere Probleme mit qualittsmindernden Auswirkungen, die bei vielen Erzie-hungssystemen sich als Ergebnis von Fehlentscheidungen im Wege der Planung und/oder Bewirtschaf-tung ergeben knnen.

    Es wrde den Rahmen sprengen, alle im Gebiet anzutreffenden Erziehungssysteme und -varianten einer nhe-ren Betrachtung zu unterziehen und konkrete Planungs- und Bewirtschaftungsvorgaben darzulegen. Aus vielfl-tigen Grnden kommt der Spalierdrahtrahmenerziehung mit Bogrebenschnitt auf dem weitaus berwiegendenTeil der Rebflche im Gebiet eine besondere Vorzglichkeit zu:

    Stockaufbau und Stockarbeiten sind unkompliziert und knnen in hohem Mae schematisiert werden,was gerade beim Einsatz ungeschulter Arbeitskrfte von Vorteil ist. Es existieren eine ganze Reihe von

    Erziehungssystemen bzw. -varianten, die aus pflanzenphysiologischer Sicht und im Hinblick auf die

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    14/44

    Traubenqualitt durchaus positiv zu bewerten sind und es von daher verdienten, als Alternativen be-trachtet zu werden. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass alle diesbezglichen Vor-teile ziemlich wertlos sind, wenn die sachgeme Bewirtschaftung zu viele spezifische Fachkenntnisse

    erfordert. Fr kein System existieren sowohl im Direktzug wie auch im Seilzug bessere Mechanisierungsmglich-

    keiten.

    Bei sachgemer Bewirtschaftung ist die Gewinnung hchstmglicher Qualitten mglich. Verglichenmit konventioneller Pfahlerziehung bietet sie insbesondere im Hinblick auf den Qualittsfaktor Mostge-wicht noch Steigerungspotential.

    Dies schliet nicht aus, dass auf einzelnen Extremstandorten mit auergewhnlichen topografischen Gegeben-heiten auch Alternativen wie z.B. Vertiko oder Trierer Rad ihre Rechtfertigung haben knnen und ist auch keinWiderspruch zu der Erkenntnis, dass unter bestimmten Rahmenbedingungen alternative Erziehungssystemeebenso wie die traditionelle Pfahlerziehung die Produktion von Spitzenweinen durchaus ermglichen.

    Wer die physiologischen Zusammenhnge versteht und berblickt, bentigt fr eine qualittsoptimierende Pla-

    nung und Bewirtschaftung keine rezeptartigen Empfehlungen. Aus relativ wenigen, dafr aber umso wichtigerenpflanzenbaulichen Erkenntnissen lassen sich die wichtigsten Schlsse ableiten. Sie werden im Folgenden nurknapp dargelegt, da sie nicht neu sind und in der Vergangenheit in der DWZ schon Gegenstand zahlreicherPublikationen waren:

    1. Unter unseren klimatischen Normalbedingungen sind 18 bis 22 cm Blattflche pro Gramm Traubenertragnotwendig, um das in Abhngigkeit von Standort, Jahrgang und Sorte maximal mgliche Mostgewicht zu er-reichen. Unterstellt man bei Bogrebenschnitt eine normale Fruchtbarkeit zwischen ca. 2 und 2,4 Traubenpro Trieb mit einem Normalgewicht von 110 bis 140 g (= ca. 200 bis 300 g/Trieb), reichen mittlere Triebln-gen von ca. 15 bis 18 Internodien/Trieb aus, um das o.g. Blatt/Frucht-Verhltnis zu realisieren. Dabei ist einBelassen der Geiztriebe unterstellt. In modernen Spalieranlagen mit einer Laubwandhhe um 130 cm (z.B.Unterkante 70 cm, Oberkante 200 cm) werden diese durchschnittliche Trieblngen ungefhr erreicht, beieiner normalen Moselpfahlerziehung werden sie aufgrund des hohen Anteils der auf der Bogrebe befindli-chen frhzeitig und stark eingekrzten Triebe weit verfehlt. Damit wird ein gravierender qualittsmindernder

    Nachteil dieses Systems verdeutlicht.Krzere Triebe sind dann akzeptabel, wenn der Traubenertrag pro Trieb deutlich unter den o.g. Wertenliegt:

    Dies kann z.B. durch gezielte Ertragsregulierungsmanahmen erreicht werden, die Gegenstand derBetrachtungen in einem Folgebeitrag sind.

    Manche Anlagen erreichen aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters und/oder ertragsmindernderStandortbedingungen im Schnitt der Jahre Traubengewichte, die deutlich unter den o.g. Werten lie-gen. Dort ist unter Umstnden auch noch bei einer herkmmlichen Pfahlerziehung ein annherndoptimales BFV zu erreichen. Alte Moselpfahlanlagen mit geringen Traubenertrgen/Trieb ermgli-chen demnach durchaus die Ausschpfung des Mostgewichtspotentials. Dies gilt jedoch keinesfallsfr jngere wuchskrftige Anlagen mit hohem Ertragspotential! Die Wahrscheinlichkeit, dass diesesSystem ein unzureichendes BFV zur Folge hat, ist demnach sehr viel hher, worin letztendlich

    unabhngig von arbeitswirtschaftlichen Erwgungen- eine uerst kritische Bewertung resultiert.Auch in extrem strahlungsreichen Sdhngen mit problematischer Wasserversorgung kann es sinnvoll sein,ein BFV anzustreben, dass ca. 20 % unter den genannten Werten liegt.

    Aus den berlegungen lassen sich konkrete Schlsse fr die Gestaltung der Drahtrahmenhhe ableiten(Abbildung 4).

    Wie bereits in Teil 2 dieser Publikationsreihe angesprochen, entscheidet nicht allein die Gre der Blattflche,sondern auch die Belichtung der Bltter ber deren Leistungsfhigkeit. Beschattungseffekte sind zu minimieren:

    1. Die gegenseitige Beschattung benachbarter Zeilen ist abhngig vom Sonnenstand, also letztlich vonTageszeit und Jahreszeit, sowie Hangrichtung und Hangneigung des Standorts. Innerhalb einer Anlagesind diese Faktoren als gegeben und unabnderlich zu betrachten. Weitere wichtige Einflussfaktorensind die Laubwandhhe und die Gassenbreite, die im Gegensatz dazu im Gestaltungsbereich des Win-

    zers liegen. Bei einer aufgrund der vorgenannten Forderungen vorgegebenen Laubwandhhe kann

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    15/44

    durch Ausweitung der Gassenbreite die Beschattung der Laubwandoberflche verringert und die direkteBesonnung der Laubwand und speziell der Traubenzone verbessert bzw. verlngert werden.

    2. Fr die Erreichung eines konkreten Zielertrags spielt weniger die Anzahl der Stcke als vielmehr die

    Anzahl der pro Flcheneinheit angeschnittenen Augen eine Rolle. Im Hinblick auf die Zielvorstellungenvon Riesling-S drften in Abhngigkeit von der Fruchtbarkeit des Standorts und des RebenmaterialsAnschnittniveaus zwischen ca. 4 und 8 Augen/m sinnvoll sein. Keinesfalls darf der Anschnitt soschwach sein, dass daraus eine Unterforderung der Stcke und als Folge eine bermige Wuchskraftresultiert; dazu jedoch mehr im nchsten Beitrag. Eine Ausweitung der Gassenbreiten hat eine Verrin-gerung der Zeilenzahl zur Folge, die wiederum bei Beibehaltung des Anschnittniveaus die Notwendig-keit zum Anschnitt einer greren Augenzahl pro lfd. m Zeile notwendig macht. Die Dichtlaubigkeit derLaubwand und damit die laubwandinterne Beschattung hngt jedoch ganz entscheidend von derTriebdichte (Zahl der Triebe pro lfd. m Zeile ab). Die Laubwand soll einerseits eine so dichte Laubstruk-tur aufweisen, dass wenig Licht ungenutzt hindurchfllt, andererseits sollte sie aber nicht so dicht sein,dass ein groer Teil der Bltter durch andere beschattet wird. Je nach Wuchskraft ist diese Situationgegeben, wenn pro lfd. m Zeile ca. 10 bis 13 Triebe vorhanden sind.

    StandraumgestaltungAus diesen berlegungen lassen sich uerst wichtige Konsequenzen fr die Gestaltung der Gassenbreitenableiten. Je breiter die Gassen sind, umso geringer ist die gegenseitige Beschattung, aber umso strker drohteine Verdichtung innerhalb der Laubwand. So mssten z.B. bei 6 Augen/m bei einer Gassenbreite von 1,6 m =9,6 Augen/lfd. m angeschnitten werden, bei einer Gassenbreite von 2,2 m jedoch bereits 13,2 Augen/lfd. m. Wieso oft, gilt es, einen Kompromiss zu finden:

    1. Akzeptabel ist eine Mindestbreite, bei der der Freiraum zwischen zwei benachbarten Laubwndenmindestens der Hhe einer Laubwand entspricht (Abbildung 2). Ist eine Laubwand 1,3 m hoch, solltedazwischen mindestens 1,3 m Freiraum vorhanden sein. Addiert man die Dicke einer Laubwand hinzu,die beim Spalierdrahtrahmen mit ca. 40 cm anzusetzen ist, ergibt sich eine Mindestbreite von 1,7 m.Kommt einer direkten Besonnung der Traubenzone eine besondere Bedeutung zu, was bei Rotweingrundstzlich, bei Weiwein im Falle einer gewollten Sureminderung am Stock zu bejahen ist, sollteder Laubwandabstand bereits das 1,2 fache der Laubwandhhe ausmachen. In diesem Fall ergbe sichbereits eine Mindestbreite von 1,2 x 1,3 m + 0,4 m = 1,96. Aus diesen berlegungen ist abzuleiten,dass, vllig unabhngig von technischen oder gelndeabhngigen Erwgungen, bei durchlaufendenLaubwnden Gassenbreiten unter ca. 1,8 m inakzeptabel sind, sofern ihre Hhe den angegebenenMaen entspricht. Geringere Gassenbreiten sind nur akzeptabel, wenn die Laubwnde niedriger sind.Dies wiederum ist nur akzeptabel, wenn die Traubenertrge pro Trieb unter ca. 200 g/Trieb liegen bzw.durch Ertragsregulierungsmanahmen dorthin gebracht werden.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    16/44

    Abbildung 2: Bemessung der Mindestgassenbreite im Drahtrahmen

    2. Die Ausfhrungen lassen auch erahnen, dass es eine unter Qualittsaspekten sinnvolle Obergrenze frdie Gassenbreite gibt. Unterstellt man eine Austriebsquote von 80 bis 90 %, was einem normalen Aus-trieb entspricht, ein Ausbrechen von Doppeltrieben (Austrieb von Hauptauge + Nebenauge) sowie einAusbrechen der nicht fr die langfristige Formerhaltung bentigten Wasserschosse, so liegen die Trieb-

    zahl/lfd. m und die Zahl der pro lfd. m angeschnittenen Augen ungefhr auf gleichem Niveau. Aus

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    17/44

    Tabelle 1 lsst sich ablesen, welche Augenzahlen pro lfd. m in Abhngigkeit von Gassenbreite und An-schnittniveau unterzubringen sind. Bei Werten ber 13 (hellgraue Schattierung) wird die zu erwartendenTriebdichte kritisch, ber 15 (dunkelgraue Schattierung) wird sie inakzeptabel.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    18/44

    Tabelle 1: Augenzahl pro lfd. m in Abhngigkeit von Gassenbreite und Anschnittniveau

    Gassenbreite (m) Anschnittniveau (Augen/m)

    5 6 7 8 9 10

    Augen pro laufender Meter Zeile

    1,6 8 9,6 11,2 12,8 14,4 16

    1,7 8,5 10,2 11,9 13,6 15,3 17

    1,8 9 10,8 12,6 14,4 16,2 18

    1,9 9,5 11,4 13,3 15,2 17,1 19

    2,0 10 12 14 16 18 20

    2,1 10,5 12,6 14,7 16,8 18,9 21

    2,2 11 13,2 15,4 17,6 19,8 222,3 11,5 13,8 16,1 18,4 20,7 23

    2,4 12 14,4 16,8 19,2 21,6 24

    Die Ausfhrungen zur Triebdichte gehen von einer durchgehenden Laubwand mit gleichmigem Triebabstandaus. Falls die Unterbringung der notwendigen Fruchtholzlnge damit mglich ist, bietet eine Flachbogenerzie-hung dafr sehr viel gnstigere Voraussetzungen als Halb- oder Pendelbogen mit groen Biegdrahtabstnden(Abbildung 3), wo im brigen mit eingekrzten Schnabeltrieben zu rechnen ist, die als eindeutig qualittsmin-dernd einzustufen sind.

    Abbildung 3: Gleichmige Triebverteilung und keine Kurztriebe bei Flachbogen; ungleichmige Triebverteilung

    und eingekrzte Schnabeltriebe bei Pendelbogen

    Aus den berlegungen lassen sich auch Erkenntnisse im Hinblick auf Sinn oder Unsinn einer Dichtpflanzungableiten.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    19/44

    Eine Verringerung der Gassenbreiten unter die genannten Mae verbietet sich beim Drahtrahmen, so-lange nicht der Traubenertrag pro Trieb deutlich reduziert wird, was wiederum Voraussetzung fr krze-re Trieblngen wre.

    Eine Verringerung des Stockabstands ndert hingegen an der Belichtungssituation nichts. Bei gegebe-nem Anschnittniveau und gegebener Gassenbreite verringert sich die Zahl der pro Stock anzuschnei-denden Augen in gleichem Ma wie der Stockabstand verringert wird. Die Triebdichte pro lfd. m unddamit die Struktur der Laubwand verndert sich somit kaum.

    Beispiel:

    a) Anschnittniveau 7 A./m, Gassenbreite 1,8 m, Stockabstand 1,3 m

    1,8 m x 1,3 m x 7 A./m = 16,4 A./Stock (= 2 kurze Bogreben)

    b) Anschnittniveau 7 A./m, Gassenbreite 1,8 m, Stockabstand 0,8 m

    1,8 m x 0,8 m x 7 A./m = 10,0 A./Stock (= 1 lange Bogrebe)

    16,4 Augen auf einer Zeilenlnge von 1,3 m oder 10 Augen auf einer Zeilenlnge von 0,8 m fhren

    im Hinblick auf die Laubwandstruktur zum gleichen Ergebnis. In beiden Fllen ist mit ca. 12,5 Trie-ben/lfd. m, also einer akzeptablen Triebdichte zu rechnen.

    Sowohl eine Verringerung des Stockabstands wie auch der Gassenbreite bringen eine Erhhung derStockzahl/ha und bei Beibehaltung des fr die Ertragshhe entscheidenden Anschnittniveaus (Au-gen/m) eine Verringerung der notwendigen Augenzahl/Stock mit sich. Damit ist eine Entlastung desStockes und daraus resultierend eine Frderung der Wuchskraft verbunden. Die Bewertung dieses Ef-fekts hngt von den brigen wuchskraftbeeinflussenden Faktoren ab. Unter schwachwchsigen Boden-bedingungen, bei hohem Begrnungsanteil oder schwachwchsiger Unterlage ist dieser Effekt zu be-gren, da er das Risiko von hohem Stress und unzureichendem BFV mindert. Unter gegenteiligen Be-dingungen wre der Effekt verhngnisvoll, da mastige Anlagen das Resultat wren. Eine grerePflanzdichte kann somit weder als prinzipiell gut noch als schlecht bewertet werden. Beides ist mglich.Wer auf schwachwchsigen, austrocknungsgefhrdeten Standorten wirtschaftet und aus Erosions-schutzgrnden oder mit dem Ziel einer besseren Befahrbarkeit an einer Begrnung oder zumindest ei-nem Verzicht auf Bodenlockerung im Sommer nicht vorbeikommt, ist mit einer greren Pflanzdichtegut beraten. Qualittsrisiken, die im Zusammenhang mit physiologischem Stress stehen (UTA, Grst-rungen, unzureichendes BFV) werden dadurch gemindert. Zumindest im Drahtrahmen ist als variablerAnpassungsfaktor jedoch in erster Linie der Stockabstand und nicht die Gassenbreite zu sehen.

    Ohne dass es mglich wre, an dieser Stelle alle vorhandenen Begrndungen darlegen zu knnen, lsstsich zusammenfassend aus den bisherigen Ausfhrungen ein Standardmodell fr einen qualittsorientier-ten Weinbau im Drahtrahmen skizzieren, das ungefhr den Angaben in Abbildung 4 entspricht und mit ge-ringen Abwandlungen heute in vielen qualittsorientierten Betrieben in unterschiedlichen deutschen Anbau-regionen anzutreffen ist. Insbesondere fr die Teilentbltterung oder Ertragsregulierung, Manahmen, dieim Riesling-S-Konzept in vielen Fllen notwendig sein drften, ergeben sich mit der Entscheidung fr einenFlachbogen gravierende Vorteile; auch dazu Nheres in den Folgebeitrgen.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    20/44

    Abbildung 4: Standardmodell der Standraum- und Drahtrahmengestaltung in qualittsorientierten Betrieben

    Laubarbeiten

    a) Ausbrechen

    Das Ausbrechen ist als Regulativ fr den Rebschnitt zu betrachten. Qualittsmindernd wirken sich sowohl

    Kmmertriebe als auch Doppeltriebe aus. Kmmertriebe zeigen oft eine normale Gescheinszahl, wachsen abervon Anfang an deutlich schwcher als andere Triebe, ohne dass sich das Wachstum im Verlauf der Vegetati-onsperiode normalisiert. Ein hoher Anteil an Kmmertrieben ist im Allgemeinen ein Indiz fr eine berlastung inVorjahren. Die Qualittsminderung ergibt sich durch das unzureichende BFV dieser Triebe. Trauben an Km-mertrieben reifen auf Kosten der Trauben an normalen Triebe, da diese Triebe einen Teil der dort gebildetenAssimilate an die Kmmertriebe liefern und deren Trauben mitversorgen. Gleiches gilt im brigen fr stark ein-gekrzte Schnabeltriebe, die es aus diesem Grund zu vermeiden gilt.

    b) Heftarbeiten

    Insgesamt hat der Anteil sachgerecht erstellter und bewirtschafteter Drahtrahmenanlagen in den letzten 15 Jah-ren in erfreulichem Ma zugenommen. Dennoch sind im Gebiet in betrchtlichem Ausma z.T. erst wenigeJahre alte Drahtrahmenanlagen anzutreffen, denen anzusehen ist, dass die Bewirtschafter immer noch in denKategorien einer herkmmlichen Pfahlerziehung denken. Die Bewirtschaftungsfehler haben aufgrund eines

    ebenso sinnlosen wie unntigen Arbeitsaufwands nicht nur Auswirkungen auf die Kosten, sondern sind teilwei-se uerst nachteilig fr die Qualitt. In besonderer Weise gilt dies fr unsachgeme Laubarbeiten, was An-lass bietet, diese Bewirtschaftungsfehler an dieser Stelle anzusprechen.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    21/44

    Die Tabelle 2 in Verbindung mit den

    Abbildung 5 bis 7 zeigt eine Reihe schwerwiegender Fehler (Ziffern 1 bis 12) bei der Bewirtschaftung des Draht-rahmens sowie die entsprechenden Vermeidungsstrategien. Auf die meisten Punkte wurde bzw. wird im Rah-men der Publikationsreihe noch nher eingegangen. Der Autor ist sich bewusst, dass die Ausfhrungen zu die-ser Problematik fr einen gut ausgebildeten und fortschrittlichen Betriebsleiter sich teilweise hart an der Grenzezur Banalitt bewegen. Die Hufigkeit und Tragweite der Fehler ist jedoch Grund genug, sie detailliert aufzuzei-gen.

    Tabelle 2: Anzutreffende Fehler bei Drahtrahmenerziehung (hier Halbbogenerziehung mit 2 Bogreben/Stock)

    Fehler unsachgem sachgem1. berflssige Stammbindungen bei lteren

    Anlagen; in jungen Jahren in Folge vonFehler 2 notwendig, da Bogreben nichtauf berbiegdraht aufliegen

    Eine dauerhafte Stammbindung am unterenBiegdraht; in den ersten 5 8 Jahren Unterstt-zung durch Pflanzstbe mit mehreren Bindun-gen

    2. Bogrebe liegt auf dem berbiegdrahtnicht auf

    Bogrebe straff ber den berbiegdraht gezogen berbiegdraht trgt die Last des Stockes weniger Last auf dem Stamm wenigerStammbindungen notwendig

    3. Bindungen am berbiegdraht in Folgeunsachgemen Biegens

    Keine Bindung notwendig wenn Bogrebe aufDraht aufliegt

    4. Biegdrahtabstnde fr qualittsorientier-ten Weinbau zu gro; fhrt zu Fehler 5

    Gestreckte Halbbogen oder Flachbogen bevor-zugen

    5. Infolge zu groer Biegdrahtabstndezwangslufig eingekrzte Schnabeltriebe

    Bei flacher Bogrebengestaltung lassen sich alleTriebe im Drahtrahmen einschlaufen

    6. Mehr als 1 Auge unterhalb des unterenBiegdrahts

    Konsequent nur ein Auge unter unterem Bieg-draht; Bindung direkt ber diesem Auge

    7. Unntigerweise eingekrzte Triebe aufdem mittleren und ueren Bogrebenteil

    Alle Triebe haben die fr ein ausreichendesBFV notwendige Lnge

    8. berkreuzen der Bogreben; Triebver-dichtungen in Folge unsachgemenBiegens

    Auseinanderziehen der Bogreben vom Stamm-kopf schafft Luft fr Triebe auf einugigenErsatzzapfen (= nchstjhriges Zielholz)

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    22/44

    9. Kein sachgemer regelmiger An-schnitt von Ersatzzapfen; fhrt zu Fehler10

    Pro Bogrebe immer 1 einugiger Ersatzzapfenim Bereich des Stammkopfes, der auch leichtgegabelt sein kann

    10. Hochbauen des Stammes und Notwen-digkeit zu Stammverjngungen in Folgeunsachgemen Rebschnitts

    Keine Stock-verjngungen notwendig

    weit-gehende Vermeidung schwerer Schnittwundenund kein Verlust von wertvollem Altholz

    11. In Extremfllen unsinniges Aufbindendes Zielholzes

    berflssig

    12. Ausgeizen von Trieben Ausgeizen ist bei sachgerechtem Stockaufbauberflssig und qualittsmindernd; LediglichKappen der Geiztriebe und eventuelle Teilent-bltterung (alte Bltter) in Traubenzone

    Abbildung 5: Anzutreffende Fehler bei Drahtrahmenerziehung (hier Halbbogenerziehung mit 2 Bogreben/Stock)

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    23/44

    Abbildung 6: Arbeitsaufwendiges und qualittsminderndes Ausgeizen in der Laubwand

    Abbildung 7: Falsches Biegen und falscher Stockaufbau beim Drahtrahmen als Macht der Gewohnheit; diePfahlerziehung lsst gren

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    24/44

    Abbildung 8: Heftdrhte mit Alibifunktion; eingekrzte Triebe auf der Bogrebe und teilweises Aufbinden desZielholzes am Pfahl

    c) Laubschnitt

    Der Termin des ersten Laubschnitts beeinflusst sowohl den Ertrag wie auch die Botrytisanflligkeit wesentlich.Da die wachsenden Triebspitzen mit den Gescheinen bzw. Trauben um die Assimilate konkurrieren, erfahren

    die Gescheine bzw. Trauben um so eher eine verstrkte Assimilatanlieferung, je frher das erste Einkrzen derTriebe erfolgt. Erfolgt diese Manahme bereits kurz vor der Blte bzw. zum Bltebeginn, was beim Einsatz desLaubschneiders bei ausreichend hohem Drahtrahmen kaum mglich, bei der klassischen Pfahlerziehung zu-mindest bei den Trieben auf der Bogrebe jedoch durchaus blich ist, so kann insbesondere bei blteempfindli-chen Sorten der Blhverlauf wesentlich verbessert und der Ertrag damit gesteigert werden. Sowohl die Durch-blhrate wie auch die mittlere Kernzahl/Beere und damit die Beerendicke steigen an.

    Auch nach der Blte ist es fr die spteren Traubengewichte nicht egal, ob bereits wenige Tage oder erst einigeWochen nach Blteende gegipfelt wird. Die bei frhem Einkrzen verbesserte Assimilatversorgung der jungenTrauben begnstigt die Zellteilung und damit das Dickenwachstum der Beeren. Ein sptes erstmaliges Einkr-zen kann dazu genutzt werden, lockerere und damit weniger botrytisgefhrdete Trauben zu erzielen. Tabelle 1zeigt eindrucksvoll diesen Zusammenhang auf. Ohne dass dies aus den Versuchsergebnissen ersichtlich wre,lsst sich feststellen, dass der Termin der Manahme fr den Ertrag wichtiger ist als die verbleibende Triebln-ge. Letztere ist von grerer Bedeutung fr das sptere Mostgewicht. Lngere Triebe begnstigen das Most-

    gewicht solange damit eine Steigerung des BFV aus dem nicht optimalen Bereich in den Optimalbereich ver-bunden ist.

    Tabelle 3: Ertragsleistung (dt/ha) im fnfjhrigen Mittel (1983 bis 1987) bei Riesling in Abhngigkeit von Einkrz-

    termin und Trieblnge (nach Hgelschffer, 1990)

    Einkrzung auf Standort Rauenthal Standort Johannisberg

    8 Bltter/Trieb 2 Tage vor der Blte 159,1 141,8

    13 Bltter/Trieb 20 Tage nach der Blte 124,9 122,5

    18 Bltter/Trieb 20 Tage nach der Blte 121,7 109,4

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    25/44

    ber die Gestaltung der Trieblngen und die Variation des ersten Einkrztermins kann somit sowohl die Quali-tts- wie auch die Ertragsleistung erheblich beeinflusst werden. Zusammengefasst und vereinfacht kann mansagen: Frhes Einkrzen und kurze Trieblngen wirken ertragsfrdernd, sptes Einkrzen und lange

    Triebe wirken mostgewichtssteigernd und botrytismindernd, da die Trauben etwas lockerer werden.Hinsichtlich der Surewerte hat das BFV keine groe Bedeutung. Tendenziell gehen die Surewerte mit zu-nehmendem BFV leicht zurck. Der Einfluss von Jahrgang, Rebsorte und Besonnung der Traube ist jedochbedeutend grer.

    In starkwchsigen Anlagen ist auch in der Reifephase noch anhaltendes Triebspitzenwachstum von Geiztriebenzu beobachten, das als Indiz fr zu starke Wuchskraft infolge bermigen N-Angebots und/oder vegetativeund generative Unterforderung zu werten ist. Auch wenn sie nicht so lang sind, dass sie strend in die Zeilehngen, verbrauchen wachsende Triebspitzen im Wege der Blattneubildung fortwhrend Assimilate, die denTrauben vorenthalten bleiben. Daher ist ein nochmaliger Laubschnitt in solchen Anlagen unbedingt anzuraten.Langfristig gilt es, die Wuchskraft zu verringern, denn bermige Wuchskraft beeintrchtigt nicht nur die Zu-ckereinlagerung in die Traube, sondern in vielfacher Hinsicht auch deren physiologische Ausreife.

    d) Geiztriebbehandlung

    Bezogen auf einen cm Blattflche sind die untersten Bltter von Geiztrieben sowie Haupttriebbltter im oberenLaubwandbereich in der Reifephase die leistungsfhigsten Bltter. Das Ausgeizen hat seinen Ursprung in fernzurckliegenden Zeiten, als es galt, auf nhrstoffarmen Bden bei wuchsschwachen wurzelechten, schlechtselektionierten und hufig virusinfizierten Reben bei 3 bis 6 Bogreben pro Stock das Wachstum des Zielholzeszu frdern. Es drfte jedermann klar sein, dass diese Bedingungen kaum noch anzutreffen sind, womit auch dieeinzige nachvollziehbare Begrndung fr ein Ausgeizen entfllt. Umso verwunderlicher ist es, dass die Ma-nahme immer noch in vielen Betrieben praktiziert wird. Bei Beachtung der bisherigen und in den Folgebeitrgenaufgezeigten Empfehlungen wird sich eine Notwendigkeit zur Auslichtung der kompletten Laubwand ohnehinkaum ergeben. Sinnvoll ist indes das Kappen der Geiztriebe sptestens zu Beginn der Reifephase. Die Begrn-dung wurde unter c) bereits geliefert.

    Wenn es darum geht, Licht und Luft in die Traubenzone einzubringen, rcken eher alte Haupttriebbltter insBlickfeld. Damit ist das Thema Teilentbltterung angesprochen, das neben anderen Gegenstand des nchsten

    Beitrags sein wird.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    26/44

    Riesling-S ein Pldoyer fr den Steillagenweinbau

    - Teil 4: Teilentbltterung, Wuchskraft, Bestandsfhrung -Dr. Edgar Mller, SLVA Bad Kreuznach-Simmern

    Teilentbltterung

    Im dritten Beitrag dieser Publikationsreihe wurden die Mglichkeiten, im Rahmen der Laubarbeiten qualittsfr-dernde Einflsse auszuben, errtert. Ausbrechen, Heften und Laubschnitt sind im Drahtrahmen als obligatori-sche Manahmen zu betrachten. Seit einigen Jahren ist auch im deutschen Weinbau zunehmend zu beobach-ten, dass durch die Sondermanahme der Teilentbltterung (TE) versucht wird, die Trauben einer besserenBelichtung und Belftung auszusetzen. In vielen Betrieben gehrt diese Manahmen insbesondere bei rotenSorten inzwischen zum Repertoire der blichen Arbeiten. An dieser Stelle ist die Frage zu stellen, wie sie sichim Hinblick auf die in Teil 2 beschriebenen Qualittskriterien fr trockene Premiumrieslinge auswirkt.

    Hinsichtlich der Auswirkungen einer Teilentbltterung (TE) auf Qualittskriterien wurden in den letzten Jahren

    zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen, die teilweise im Widerspruch zu frheren Einschtzungen stehen:

    Abbildung 9: Das Dilemma von Entbltterungsmanahmen

    1. Basierend auf Untersuchungen aus den 60er Jahren ging man in der Vergangenheit davon aus, dassdie Bltter in der Traubenzone in der Reifephase nur noch eine geringe Assimilationsleistung haben, sodass eine Entfernung kaum Mostgewichtseinbuen zur Folge hat. Neuere Untersuchungen haben ge-zeigt, dass diese Annahme nur bedingt zutreffend ist, was die z.T. deutlichen Mostgewichtseinbuen inspt entbltterten Anlagen erklrt. Unter den folgenden Umstnden ist mit einer TE in der Reifephasenur ein geringer Verlust an Assimilationsleistung verbunden:

    Die Leistung der Bltter in der Traubenzone ist in der Reifephase umso geringer, je schlechter siebelichtet sind. Dabei spielt die bereits erwhnte Relation Laubwandabstand/Laubwandhhe eine

    entscheidende Rolle. In engen Drahtrahmenanlagen unter ca. 1,5 m Gassenbreite mit hohen Laub-wnden fllt aufgrund des dann bereits tieferen Sonnenstands in der Reifephase nur noch relativkurzzeitig direkte Sonnenstrahlung in den Bereich der Traubenzone, so dass die basalen Bltterschon allein aus diesem Grund eine verringerte Assimilationsleistung aufweisen.

    In schmalen Gassen setzt die Herbstverfrbung dieser Bltter frher ein, woraus ebenfalls ein Ver-lust an Assimilationsleistung resultiert.

    Auch wenn die Bltter durch andere Einflsse bereits stark geschdigt wurden (z.B. Zikaden, Mg-Mangel, Peronospora), ist ihre Leistung nur noch gering, so dass eine Teilentbltterung keine gro-en Verluste an Assimilationsleistung zur Folge hat.

    In Anlagen mit intakten Blttern, in denen zudem das Verhltnis zwischen Laubwandhhe und Gassen-breite ungefhr den in Teilbeitrag 3 skizzierten Forderungen entspricht, wre hingegen der Verlust anAssimilationsleistung bei einer starken TE der Traubenzone in der Reifephase gravierend und entspre-

    chende Mostgewichtseinbuen knnen dann auftreten.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    27/44

    2. Die Tatsache, dass gut belftete Trauben schneller abtrocknen und dadurch weniger botrytisgefhrdetsind, ist schon lange bekannt, was ein wesentlicher Grund fr eine TE um den Reifebeginn war. Erfolgtdie TE relativ frh in der Zellteilungsphase der Beeren in den ersten Wochen nach der Blte, bildet sich

    eine dickere Kutikula heraus, was die Widerstandsfhigkeit gegen Botrytis und Odium begnstigt. Un-tersuchungen Schweizer Forscher in den 90er Jahren fhrten zu der berraschenden Erkenntnis, dasseine frhe TE eine hhere Wirkung gegen Botrytis bringt als eine spte TE um Reifebeginn, obwohl dieTraubenzone durch Blattneubildung sich in der Reifephase wieder teilweise geschlossen hat (Abbildung10). Diese Erkenntnisse haben sich in den letzten Jahren unter unseren Bedingungen besttigt. Im Hin-blick auf die Notwendigkeit, die Lese mglichst lange hinaus zu schieben, ein Thema, dass im nchstenBeitrag errtert wird, sowie die Vorteile gesunden Leseguts fr die Erzeugung hochwertiger trockenerWeine, kommt dieser Erkenntnis im Rahmen der Zielsetzungen eine auerordentlich groe Bedeutungzu.

    Abbildung 10: Wirksamkeit unterschiedlicher Entbltterungstermine auf Botrytis (nach DESBAILET, 1997)

    3. Vermehrt traten auch beim Riesling in den letzten Jahren Beerenschden auf, die dem Schadbild desSonnenbrands zugeordnet werden. Die Verteilung der Schden innerhalb des Stockes bzw. der Trau-ben lsst den Zusammenhang zur Einwirkung von Strahlung naheliegend erscheinen. Ein Zusammen-hang mit klimatischen Vernderungen, die sich u.a. in einer Zunahme der UV-Strahlung uern, gilt alssehr wahrscheinlich. Besonders gefhrdet sind die Trauben in den letzten 2 bis 3 Wochen vor demWeichwerden. Das Risiko steigt weiter an, wenn diese Trauben unter schattigen Verhltnissen nach derBlte herangewachsen sind und dann in dem besonders kritischen Zeitraum freigestellt werden. Ver-schrfend wirkt dabei ein Wetterumschwung von khl feuchtem, sonnenarmen Wetter hin zu gegenteili-gen Bedingungen. Diese Erfahrungen treiben vielen Winzern beim Gedanken an eine TE verstndli-cherweise Sorgenfalten auf die Stirn. Es hat sich jedoch gezeigt, dass eine sehr frhzeitige TE unmit-telbar nach der Blte, verglichen mit einer TE zu einem spteren Zeitpunkt, das Risiko mindert. Offen-

    bar verhalten sich die Beeren hnlich wie unsere Haut. Wer diese frhzeitig und allmhlich der Sonneaussetzt, hat eine geringeres Sonnenbrandrisiko, als derjenige, der im Hochsommer erstmals dasHemd auszieht. Trauben, die nach der Blte unter besonnten Verhltnisse heranwachsen, durchlaufenAnpassungsprozesse, die sie in der kritischen Phase widerstandsfhiger machen.

    4. Eine frhzeitige Entbltterung kurz nach der Blte wurde in der Vergangenheit vor allem deshalb abge-lehnt, weil man den Verlust an Assimilationsflche zu diesem frhen Zeitpunkt als noch nachteiliger er-achtete, wie bei spter Entbltterung. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass dieser Ver-lust bei frher Entbltterung vom Stock besser kompensiert wird als bei spter Entbltterung, da er zurBlattneubildung angeregt wird und die Assimilationsleistung der verbleibenden Bltter steigert. DieseFhigkeit wird mit fortlaufender Vegetation immer geringer. In der Reifephase ist der Verlust an Assimi-lationsleistung weitgehend berwunden. Der Einbruch an Assimilationsleistung in der Zellteilungs-phase ist vor dem Hintergrund der Zielsetzung, Trauben mit dnneren Beeren zu ernten, sogarals eindeutiger Vorteil anzusehen!

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    28/44

    5. Vllig unblich war in der Vergangenheit eine Teilentbltterung der Traubenzone unmittelbar vor derBlte. Auch diesbezglich haben die vernderten Anforderungen zu einer vernderten Betrachtung ge-fhrt. Eine moderate Verrieselung, ausgelst durch geringeres Assimilatangebot an die Gescheine, ist

    bei dichtbeerigen Sorten hchst willkommen. Obwohl die auf Versuchen basierende Datengrundlage frabschlieende Empfehlungen noch zu dnn ist, zeigen einige Versuche begrenswerte Auswirkungenin Form einer moderaten Ertragsminderung durch lockere Trauben. So berichtet PRIOR, B. (2003) vonErtragsminderungen zwischen 11 und 21 % im Jahr 2002 durch eine TE kurz vor der Blte bei 4 unter-suchten Rebsorten.

    6. Die Besonnung in der Reifephase fhrt zu hheren Temperaturen in den Beeren, was den Abbau vonpfelsure begnstigt. Bei extrem hohen Temperaturen, die in diesem Zeitraum bei uns nur noch seltenbzw. kurzzeitig auftreten, kann es auch zum Abbau von Weinsure kommen. Vergleicht man Sonnen-und Schattentrauben am Stock, sind Sureunterschiede zwischen 2 bis 4 g/l durchaus normal, wobeidie Sonnentrauben sich insbesondere durch einen geringeren Gehalt an pfelsure auszeichnen. Sindmoderate Surewerte erwnscht, ist kein Sureabbau willkommener als derjenige, der im Weinbergstattfindet! Bei hohen pfelsuregehalten liee sich nur durch einen starken BSA oder eine Doppel-salzentsuerung eine analytische Geschmacksharmonie herstellen. Die sensorischen Auswirkungen

    wren jedoch in beiden Fllen fr die Zielsetzung fatal.7. Die Phenol- und, im Falle roter Sorten, Anthocyangehalte werden durch strkere Besonnung der Trau-

    ben erhht. Dies ist bei roten Trauben unstrittig positiv zu sehen. Bei weien Sorten ergibt sich hinge-gen eine differenzierte Betrachtung:

    Wenn fruchtige gerbstoffarme Weintypen gewnscht werden, erscheinen hhere Phenolgehaltevon Nachteil. Vor diesem Hintergrund kann es sinnvoller sein, die TE vorrangig auf der wenigerstark der Sonne ausgesetzten Laubwandseite durchzufhren. Im brigen kann auch die Trauben-verarbeitung einen Beitrag dazu leisten, die Extraktion von Phenolen in einem vertretbaren Rah-men zu halten.

    Im Hinblick auf die sensorischen Auswirkungen spielt nicht nur die Menge an Phenolen sondernauch deren Beschaffenheit eine wichtige Rolle. Ein hherer analytischer Phenolgehalt fhrt nichtimmer zu einer strkeren und unangenehmer empfundenen Adstringenz. Phenole aus physiolo-gisch hochreifen Beerenhuten sind weit weniger negativ zu werten als grasig-grn schmeckendePhenole aus physiologisch unreifen Stielgersten, Beerenhuten oder Kernen. Ein analytisch h-herer Phenolgehalt in Mosten aus gut besonnten Trauben muss sich daher nicht zwangslufigsensorisch nachteilig bemerkbar machen.

    Die frhe Teilentbltterung, bei der die Trauben in der Reifephase aufgrund der Blattneubildungweniger stark sonnenexponiert sind, fhrt zu geringeren Phenolgehalten als eine spte TE um denReifebeginn, bei der die Trauben in der Reifephase einer sehr starken direkten Besonnung ausge-setzt sind.

    Im Hinblick auf die sensorischen Auswirkungen stellen die Bemhungen zur Reduzierung der Phe-nolgehalte ein zweischneidiges Schwert dar. Einerseits kommen fruchtige Aromen strker zur Gel-tung, andererseits sind phenolarme Weiweine strker durch UTA gefhrdet.

    8. Die Zusammensetzung und Konzentration der Aromastoffe wird durch direkte Besonnung ebenfalls be-einflusst. Hinsichtlich der genauen Auswirkungen besteht in diesem Punkt der grte Forschungsbe-darf. In einigen Untersuchungen wird ber einen Anstieg von wichtigen fruchtigen Aromakomponenten(Terpene und Isoprenoide) berichtet, whrend vegetativ-grne Komponenten (Methoxypyrazine) zu-rckgingen (SCHULTZ, R. et al.; 1999). Dieser fr Riesling an sich positive Effekt kann jedoch durchhhere Phenolgehalte maskiert werden.

    9. Neu sind auch Beobachtungen, die darauf hindeuten, dass bei Teilentbltterung geringere Gehalte anhefeverwertbarem N in Form bestimmter Aminosuren im Most zu finden sind. Dies erscheint insofernlogisch, als bei normaler Abreife der Bltter N-Verbindungen aus den Blttern ins Holz und in die Trau-ben verlagert werden, bevor die Bltter abfallen. Dieser Vorgang kann bei Blttern, die vor ihrer Abreifeentfernt wurden, nicht mehr stattfinden. Im brigen kommt es aufgrund vernderter enzymatischer Ab-lufe zu einer verstrkten Aggregation hefeverwertbarer Aminosuren zu hochmolekularem Eiwei,was ebenfalls zu einer Verschlechterung der Ernhrungssituation fr die Hefe beitragen kann. Unzurei-

    chende Gehalte an den vorgenannten N-Formen im Most knnen die Grung hemmen und sind zu-

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    29/44

    meist mit einem erhhten UTA-Risiko gekoppelt, ohne dass der geringere N-Gehalt dafr urschlichverantwortlich wre. Da die N-Gehalte der Trauben in der fortgeschrittenen Reifephase noch ansteigen,kann die Mglichkeit, teilentbltterte Trauben aufgrund besseren Gesundheitszustands lnger hngen

    lassen zu knnen, zu einer teilweisen oder vollstndigen Kompensation der beschriebenen nachteiligenEffekte fhren.

    Somit ergibt sich bezglich Empfehlungen zur Teilentbltterung weder ein klares PRO noch ein eindeutigesCONTRA. Insgesamt berwiegen im Hinblick auf die Zielsetzungen fr einen trockenen Riesling-S die Vorteile,wenn die Teilentbltterung moderat und frhzeitig durchgefhrt wird. Unstrittig ist, schon aus arbeitswirtschaftli-chen Grnden, die Tatsache, dass es am besten wre, man knnte darauf verzichten und die Trauben wrenauch ohne Teilentbltterung hinreichend belftet und belichtet. Das Motto soviel wie ntig, aber so wenig wiemglich erscheint im Hinblick auf die zu entfernende Blattflche durchaus angemessen. Flachbogen bzw. flachgestreckte Halbbogen bieten eine ideale Basis, dieses Motto umzusetzen. Werden die im letzten Teilbeitragskizzierten Empfehlungen im Hinblick auf Standraumgestaltung, Stockaufbau, Anschnitt umgesetzt, wird, zu-mindest bei moderater Wuchskraft, eine Teilentbltterung in vielen Anlagen verzichtbar sein oder man wird sichauf die Entfernung einiger weniger Haupttriebbltter beschrnken knnen (Abbildung 11). Anders sieht diesaus, wenn die Anlagen eine hohe Wuchskraft und, daraus resultierend, eine dichtere Laubwandstruktur aufwei-

    sen. Die Steuerung und Optimierung der Wuchskraft ist im Zuge der Bemhungen zur Qualittsoptimierung einweiteres sehr wichtiges Thema, das nicht immer hinreichende Beachtung findet:

    Abbildung 11: Lockere Laubwandstruktur und gut belichtete Traubenzone Anfang Oktober dank sinnvollen

    Stockaufbaus, moderaten Anschnitts, sorgfltigen Ausbrechens und miger Wuchskraft auch ohne Teilentbltte-

    rung bei einer roten Sorte

    Bedeutung und Steuerung der WuchskraftDie Wuchskraft einer Anlage hngt entscheidend vom Wasser- und Stickstoffangebot, von der Unterlage undvom Anschnitt ab. Wasser- und Stickstoffangebot sind in hohem Ma abhngig von der Witterung, der Boden-beschaffenheit (Struktur, Humusgehalt, pH-Wert, biologische Aktivitt) sowie der Bodenpflege. Die Bedeutungder N-Dngung, also die Frage, ob im Frhjahr z.B. 40, 60 oder 80 kg N/ha gedngt wurden, wird diesbezglichvon vielen Winzern berschtzt! Die vorgenannten Faktoren spielen fr die Wuchskraft einer Anlage eine gr-ere Rolle als die Hhe der aktuellen N-Dngung.

    Ein weiterer uerst wichtiger Einflussfaktor ist der Rebschnitt. Je geringer der Anschnitt, desto weniger wird

    der Stock belastet. Er reagiert mit einer hheren Wuchskraft einer geringeren Zahl gebildeter Triebe.

  • 7/22/2019 Riesling-S - Qualittsoptimiereung durch weinbauliche Manahmen

    30/44

    Im Hinblick auf die wnschenswerte Wuchskraft sind hufig falsche Zielvorstellungen anzutreffen. Viele Winzersind glcklich ber von Vitalitt strotzende Anlagen mit sattgrnen groen Blttern und ppigem Triebwachs-tum. Diese Freude ist unberechtigt. Sowohl eine zu schwache Wuchskraft dies ist den meisten Winzern durch-

    aus bewusst- als auch eine zu starke Wuchskraft birgt vielfltige Probleme, die im Hinblick auf die Erreichungder nologischen Zielsetzungen von groer Bedeutung sind:

    Folgen unzureichender Wuchskraft

    Da die vegetative Leistung (Triebwachstum) frher und strker nachlsst als die generative Leistung(Ertrag) ist mit einem unzureichenden BFV zu rechnen, das oft mit geringen Chlorophyllgehalten undfrhzeitiger Herbstverfrbung einhergeht. Dies lsst die Ausschpfung des Mostgewichtspotentials nichtzu.

    Die bezogen auf den vorhandenen Ertrag unzureichende Assimilationsleistung versetzt den Stock in ei-nen Zustand von physiologischem Stress, worunter der Reservestoffhaushalt leidet. Noch wichtiger sinddie kurzfristigen nologischen Folgen:

    Die Trauben weisen erhhte Phenolgehalte auf.

    Die Ausbildung der fr fruchtige Weiweine so wichtigen Primraromen und das Aromapotentialwerden gemindert.

    Die Moste weisen geringere Gehalte an hefeverwertbarem N auf, was das Risiko von Grst-rungen verschrft und die Ausbildung bckserartiger Aromen begnstigt.

    Damit gekoppelt sind oft erhhte Gehalte an Indolessigsure, woraus eine erhhte UTA-Gefhrdung resultiert.

    Im Sinn der Zielsetzungen positiv zu bewerten sind niedrigere Suregehalte des Leseguts sowie eindeutlich verringerter Botrytisdruck. Letzterer ermglicht zumeist eine sptere Lese, wodurch die vorge-nannten nachteiligen Auswirkungen deutlich abgeschwcht oder sogar wieder ausgeglichen werden.Die extrem positiven Auswirkungen, die ein spter Lesetermin mit sich bringen kann, werden im Folge-beitrag nher errtert.

    Folgen bermiger Wuchskraft

    Bei einigen verrieselungsanflligen Sorten, wozu der Riesling fraglos zhlt, kann hohe Wuchskraft dieTendenz zur Verrieselung verstrken. Im Hinblick auf die Minderung des Botrytisdrucks und des Ertragswre eine moderate Verrieselung durchaus wnschenswert. Allerdings hat der Erfolg der Klonenzch-tung dazu gefhrt, dass die Sorte diesbezglich lngst nicht mehr so empfindlich reagiert, wie dies vorJahrzehnten noch der Fall war. Viel hufiger macht sich eine starke Wuchskraft in anderer und nachteili-ger Weise fr die Ausbildung der Trauben bemerkbar: In starkwchsigen Anlagen ist ein frher Laub-schnitt, oft bereits in den ersten 2 Wochen nach der Blte, unumgnglich. Die daraus resultierende ver-strkte Assimilateinlagerung in die Trauben in der frhen Zellteilungsphase der Beeren fhrt dort zu ei-nem beschleunigten Dickenwachstum. Ist die Blte gut verlaufen, so kommt es in Folge dieser Effektezu dicht gepackten schweren Trauben, also zu hohen Ertrgen. Die gerade bei der lteren Winzergene-ration, die sich frher solche Trauben wnschte aber oft nicht bekam, hufig anzutreffende Freude berdie vermeintlich schnen Trauben ist unter Qualittsaspekten vllig fehl am Platz:

    Dicht gepackte Trauben bergen ein deutlich erhhtes Botrytisrisiko.

    Unabhngig von diesem Problem sind dicke Beeren auch aus anderen Grnden nicht wn-schenswert. Aufgrund des im Vergleich zu dnneren Beeren vernderten Schalen/Fruchtfleisch-Verhltnisses weisen Moste aus dicken Beeren weniger Aromastoffe, ein geringeres Aromapo-tential und hhere Surewerte auf. Verglichen mit dnneren Beeren haben Sie einen Reiferck-stand und im Endeffekt ein geringeres Mostgewicht.

    In unterforderten starkwchsigen Bestnden ist die Seneszenz verzgert. Merkmale dieses Prozessessind u.a. die einsetzende Herbstverfrbung der Bltter und die Verholzung der Triebachsen. VerzgerteSeneszenz fhrt einerseits zu einer verzgerten Holzreife, andererseits aber auch zu lang anhaltendemTriebwa