Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische...

31
Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania HSK 23.1

Transcript of Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische...

Page 1: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

Romanische SprachgeschichteHistoire linguistique de la Romania

HSK 23.1

Page 2: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

Handbücher zurSprach- und Kommunikations-wissenschaftHandbooks of Linguisticsand Communication Science

Manuels de linguistique etdes sciences de communication

Mitbegründet von Gerold Ungeheuer (†)Mitherausgegeben 1985�2001 von Hugo Steger

Herausgegeben von / Edited by / Edites parHerbert Ernst Wiegand

Band 23.1

Walter de Gruyter · Berlin · New York2003

Page 3: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

RomanischeSprachgeschichteHistoire linguistiquede la RomaniaEin internationales Handbuch zur Geschichteder romanischen SprachenManuel international d’histoire linguistiquede la Romania

Herausgegeben von / Edite parGerhard Ernst · Martin-Dietrich GleßgenChristian Schmitt · Wolfgang Schweickard

1. Teilband / Tome 1

Walter de Gruyter · Berlin · New York2003

Page 4: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

�� Gedruckt auf säurefreiem Papier, das dieUS-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-014694-0

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber �http://dnb.ddb.de� abrufbar.

” Copyright 2003 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin.Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb derengen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dasgilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung undVerarbeitung in elektronischen Systemen.Printed in GermanySatz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, LemfördeDruck: Tutte Druckerei GmbH, SalzwegBuchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, BerlinEinbandgestaltung und Schutzumschlag: Rudolf Hübler, Berlin

Page 5: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 747

fühls, eine von den Nachbaridiomen Italie-nisch und / oder Deutsch deutlich distinkte‘Sprache’ zu sprechen («Wir sprechen Roma-nisch, Ladinisch, Friaulisch und nicht Italie-nisch»); (2) des sozialpsychologisch relevan-ten Gefühls für die nach innen (bzw. außen)wirksame Identität (bzw. Alterität) der eige-nen Sprechergruppe («Wir sind (Bünd-ner)Romanen, (Dolomiten)Ladiner, Friaulerund keine Deutschbündner, Deutschtiroleroder Italiener»). Es ist klar, dass damit Ein-stellungen (und konsequenterweise auch Ver-haltensweisen) verbunden sind, die zum einendas Resultat plurisäkulärer historischer Pro-zesse darstellen und außerdem einem bestän-digen Auf und Ab unterworfen waren bzw.sind.

Das ursprünglich synchron relevante Ter-minologiepaar Rätoromanisch (Gartner) –Ladinisch (Ascoli) wird hier in exklusiv wis-senschaftssystematischer Funktion verwen-det, wobei der Ausdruck Rätoromanischzu einem Feld analog gebildeter Namenvon romanischen Großgruppen – wie Gallo-,Ibero-, Italo- oder Dakoromanisch – gehört.Insofern liegt hier ein Begriff für Dispositi-ons-, nicht aber für Definitionszwecke vor.

Wenn hier zwischen Graubünden, Ladi-nien und Friaul situative Ähnlichkeiten fest-gestellt werden, so erklären sich diese durchden Einfluss konvergenter bzw. miteinan-der vergleichbarer geographischer und poli-tischer Grundgegebenheiten:– inner- und präalpine Einbettung und

damit Lage an der nördlichen PeripherieOberitaliens und der südlichen Peripheriedes deutschen Sprach- und Kulturraumes;

– Evolution an der Nahtstelle zwischen demItaloromanischen (bzw. Italienischen) undAlemannisch-Bairischen (bzw. Deutschen);

– damit verbunden eine gewisse Satelli-sierung bzw. Peripherisierung (gegenüberdem Italienischen und / oder Deutschen)in politischer und kultureller Hinsicht;

– Teilnahme (in variablem Umfang) an derEntstehung der frühmittelalterlichen ger-manischen Territorialverbände (Herzog-tümer der Alemannen, Bayern und Lan-gobarden) und anschließende Einbindungin das Römisch-Deutsche Reich;

1. Allgemeines2. Bündnerromanisch3. Dolomitenladinisch4. Friaulisch5. Literatur

1. Allgemeines

Wiewohl eine gemeinsame externe Sprach-geschichte der drei Teile des Rätoromani-schen eher ein Rarum darstellt (Gsell 1990),ist sie aus romanistischer Sicht durchausnützlich. Immerhin lassen sich – trotz vielerUnterschiede – bei jenen Prozessen, die über2000 Jahre zur Ausformung der drei heutegut individualisierten Sprachlandschaftengeführt haben, zahlreiche Ähnlichkeitenfeststellen, die für die vis analytico-compara-tiva eines Romanisten eine interessante He-rausforderung darstellen.

Vorab ein Wort zur Terminologie. Der deut-sche Wissenschaftsterminus ‘Rätoroma-nisch’ wird hier im Sinne Gartners (1883,XXI und 1882, Karte) synonym zum italie-nischen Terminus ‘ladino’ (Ascoli 1873, 1und Karte) gebraucht. Bekanntlich sind aufden beiden Karten – die anhand genau defi-nierter innerlinguistischer Merkmale undeiner expliziten Klassifikationstheorie er-stellt wurden – zwischen den drei Teilen desRätoromanischen zahlreiche Übergangszo-nen (wie Bergell, oberes Veltlin, Sulzberg,Nonsberg, Val di Cembra, Fleimstal, Comè-lico, Cadore, Agordino etc.) vermerkt, wo-für Ascoli und Gartner – stets aus innerlin-guistischer Sicht und anhand der ihnendamals zur Verfügung stehenden Daten ar-gumentierend – einen geringeren Grad an‘Ladinität’ bzw. ‘Rätizität’ feststellten. Vondiesen Übergangszonen ist in dieser au-ßerlinguistisch ausgerichteten Studie nichtdie Rede: M Art. 227–229b. Zur Behandlungkommen hier nur jene Gebiete bzw. die heutedort gesprochenen Idiome, die vom gemein-schaftlichen Auftreten eines metalinguis-tisch und eines sozialpsychologisch relevan-ten Merkmals gekennzeichnet sind: (1) desdie eigene individuelle und kollektive Iden-tität bestimmenden metalinguistischen Ge-

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen imZentral- und OstalpenraumHistoire externe des langues romanes: les Alpes centrales etorientales

Page 6: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

748

– Einfügung in früh- und hochmittelalter-liche kirchliche Feudalstrukturen (Diöze-sen), die die Ausbildung lokaler bzw. re-gionaler anthropischer sowie sprachlicherIdentitäten und kultureller Sonderformenbegünstigten;

– Herausbildung und langfristige Stabilisie-rung mehrschichtiger kollektiver und indi-vidueller Kommunikationsformen durchdie Mitverwendung dominanter Sprachen(Italienisch und Dialekte, Deutsch undDialekte, besonders Schweizerdeutsch undbairisch-österreichische Mundarten);

– Wirksamwerden von Sprachkontaktphä-nomenen aller Art (in Morphosyntax, Le-xikon etc.);

– Auftreten von Sprachkonfliktsituationen(‘natürliche’ Sprachverdrängung, Sprach-und Kulturkampf, sprachpolitische Re-pressionen von staatlicher Seite);

– Bemühungen um die sprachliche Loyali-tät der eigenen Gruppe, um Sprachausbauund Schutz der Minderheit vonseiten desStaates etc.

Die 181 v.Chr. in die Ebene zwischen Aqui-leia und Alpen sowie 15 v.Chr. in den östli-chen und mittleren Zentralalpenraum imZuge der augusteischen Reichserweiterungverpflanzte(n) Latinität(en) erfuhr(en) inSpätantike, Früh- und Hochmittelalter zahl-reiche Überformungen und Konditionierun-gen, die zur Ausbildung der drei rätoro-manischen Sprachblöcke führten. Analogesbetraf natürlich auch die sozialen Netzwer-ke der einheimischen Bevölkerung, derenkommunikative Anbindungen nach Nordund Süd, West und Ost sich in direkter Ab-hängigkeit von der lokalen und regionalenGeschichte gestalteten. In grober Vereinfa-chung ergibt sich dabei die folgende syn-chrone Bilanz: aus gesamtromanischer Sichtbesteht eine gewisse Konservativität des(inner)linguistischen Korpus gegenüber denoberitalienischen Dialekten; daneben kames aber zu zahlreichen lokalen Eigenentwick-lungen mit dem Resultat einer nicht gerin-gen geolinguistischen Variation auf relativkleinem Raum bei gleichzeitigem Weiterbe-stehen gemeinsamer Leitmerkmale («carat-teri fondamentali», cf. Ascoli 1873, 337).Diese Leitmerkmale sind gegenüber der la-teinischen Basis sowohl konservativ (Erhal-tung von postkonsonantischem l, von lat.au, von lat. -s in der Nominal- und Verbal-flexion etc.) als auch innovativ (Vokalisie-rung von präkonsonantischem l, Delabiali-sierung von qu, gu, Diphthongierung von

lat. ´i, ¯e und � ´u, ´o in offener Silbe etc.). DieKomplexität des eingetretenen Sprachwan-dels hat die klassifikatorische Einordnungdes heute vorfindbaren und für frühereZeiten rekonstruierbaren Sprachstandeskeineswegs erleichtert und zu zahlreichenKontroversen geführt, die traditionell als‘questione ladina’ bezeichnet werden (Goebl1990c).

Trotzdem (oder vielleicht gerade deswe-gen?) ist die zur Verfügung stehende wissen-schaftliche Literatur hinsichtlich Quanti-tät und Qualität beeindruckend. Dafür istletztlich das weltpolitische Klima mitverant-wortlich, worin seit dem Ende des 19. Jh.die drei Sprachblöcke eingebettet waren unddas in den strittigen Gebieten selbst sowieim deutschen und italienischen Sprachraumzu zahlreichen wissenschaftlichen Nachfor-schungen geführt hat. Dabei ist der vonbündnerromanischer, dolomitenladinischerund friaulischer Seite geleistete Eigenbei-trag beachtlich.

Die innerrätoromanischen Kontakte zwi-schen Romanischbünden, Dolomitenladi-nien und Friaul haben – vornehmlich unterden Intellektuellen und Kulturschaffenden –seit dem Ende des Ersten Weltkriegs pro-gressiv zugenommen und in der zweitenHälfte des 20. Jh. sogar zu mehreren «inter-ladinischen» Arbeitstreffen geführt (Craffo-nara 1981, 103). Die Graubünden-Romanenhaben sich 1919 vehement für die politi-schen Anliegen der Dolomitenladiner ein-gesetzt (Fontana 1981, 155–157). Unzwei-felhaft hat die von Ascoli und Gartnerbegründete wissenschaftliche Lehre der ge-meinsamen Zugehörigkeit der drei rätoro-manischen Blöcke zu einer ‘unità’ im (kul-tur)politischen Klima vor und nach demErsten Weltkrieg auch bei vielen nicht mitLinguistik befassten rätoromanischen Intel-lektuellen eine identitäts- und motivations-stärkende Wirkung ausgeübt. Unter ande-rem mag darauf die Mitverwendung desAdjektivs ladin(o) (statt alleinigem furlan /friulano) in Friaul zurückgehen (Virgili1978; Faggin 1979).

Eine ‘ungesteuerte’ – d.h. ‘alltägliche’ – In-terkomprehension zwischen (‘normalen’)Sprechern der drei rätoromanischen Blöcke istschwierig bzw. kaum gegeben. Dies betrifftauch die talschaftsübergreifende Alltagskom-munikation in Romanischbünden und derDolomitenladinia, wo oft aus kampanilisti-schen Gründen mit Unbekannten aus demNachbartal eher deutsch oder italienisch als

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 7: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 749

die autochthone Varietät gesprochen wird. Al-lerdings soll im Gesamtraum von Friaul diegenerelle Interkomprehension gut funktionie-ren. Bei interrätoromanischen Treffen ist die‘normale’ Kommunikation über Bündnerro-manisch, Dolomitenladinisch und Friaulischdurchaus üblich und wird auch von einigenprofilierten rätoromanischen Intellektuellenbzw. Kulturschaffenden gut beherrscht (inter-rätoromanische ‘Semikommunikation’ nachskandinavischem Vorbild).

Gesamträtoromanische Perspektiven bie-ten die Bibliographien von Iliescu / Siller-Runggaldier (1985) und Siller-Runggaldier /Videsott (1998), die zusammen die Zeitvon der zweiten Hälfte des 19. Jh. bis 1997abdecken. Dann sind die Bibliographiender Artikel 229a–229b (Bündnerromanisch),228 (Dolomitenladinisch) und 227 (Friau-lisch) im dritten Band des LRL zu nennen.Schließlich wurden zwischen 1986 und 1997von Holtus und Kramer fünf Forschungsbe-richte publiziert. Einschlägige wissenschaft-liche Beiträge erscheinen regelmäßig in denfolgenden Zeitschriften:

Romanischbünden: Annalas da la Socie-tà / Societad Retorumantscha;Dolomitenladinien: Ladinia, Mondo la-dino;Friaul: Ce fastu?, Sot la nape, Studi gori-ziani.Gesamtüberblicke liegen im noch immer

nützlichen Handbuch von Gartner (1910)vor, bei Francescato (1982) und bei Haiman /Benincà (1992). Daneben sind Ascoli (1873)und Gartner (1883) – Ersterer v.a. die Pho-netik, Letzterer auch das Lexikon anhandselbst gesammelter Daten einbeziehend –noch immer unentbehrlich. Zur sprachgeo-graphischen Dokumentation cf. 2.6., 3.6.und 4.6.

2. Bündnerromanisch

2.1. Geographie, Demographie aktuelle(sprach)politische Lage(Hauptquellen: Billigmeier 1983; Catrina1983; Diekmann 1996; Furer 1999; Holtus1989; Kraas 1992; Lia rumantscha 1996;Liver 1999)

Der wissenschaftliche Terminus ‘Bündner-romanisch’ – dem im allgemeinen SchweizerDiskurs die Glottonyme ‘Rätoromanisch’(so in der Bundesverfassung von 1996, § 116)und einfaches ‘Romanisch’ entsprechen –fasst als Überbegriff jene fünf ‘Idiome’ –

auch das ein Schweizer Fachausdruck – zu-sammen, die heutzutage in Graubünden(und durch Emigration der Bündnerroma-nen auch in der Innerschweiz) gesprochenwerden:– Sursilvan (dt. Oberwaldisch): im Vorder-

rheintal westlich von Chur; nach der Volks-zählung von 1990 sprechen es als ‘bestbe-herrschte Sprache’ ca. 14.600 Personen;

– Sutsilvan (dt. Unterhalbsteinisch): in denLandschaften Heinzenberg (Muntogna),Schams (Schons) und Domleschg (Tum-leastga); ca. 800 Sprecher;

– Surmiran (dt. Surmiranisch, Surmeirisch,Oberhalbsteinisch): in Oberhalbstein(Sursés) und im Albulatal: ca. 2.400 Spre-cher;

– Putér (dt. Oberengadinisch): im Oberen-gadin zwischen Malojapass und der ValPunt Ota bei Brail: ca. 2.800 Sprecher;

– Vallader (dt. Unterengadinisch): im Unter-engadin zwischen der Val Punt Ota undder Finstermünzer Klause; ca. 5.200 Spre-cher (alle Zahlen nach Lia rumantscha1996, 25). Das Münstertal (Val Müstair)wird traditionell zum Unterengadin ge-zählt.

Das Bündnerromanische ist seit 1938 (Volks-abstimmung vom 20.2.) eine der vier ‘Na-tionalsprachen’ (im 1996 revidierten Textder Schweizer Verfassung: ‘Landesspra-chen’) der Schweiz und innerhalb des Kan-tons Graubünden eine der drei ‘Landes-sprachen’. Amtsoffiziellen Charakter hatdas Bündnerromanische in der Gestalt so-wohl eines der fünf Idiome als auch in je-ner der seit 1982 existierenden Einheits-dachsprache Rumantsch Grischun (2.5.).Früher galt das nur für Graubünden, neuer-dings (seit 1996) auch darüberhinaus (Furer1999). Es gehört heute in der Schweiz vor al-lem außerhalb Graubündens zum gutenTon, das Bündnerromanische legistisch, fi-nanziell und symbolisch (z.B. durch die Mit-verwendung auf den Schweizer Banknotenoder auf den öffentlichen Beschriftungen inder Bundeshauptstadt Bern) zu unterstüt-zen. Dennoch ist das Bündnerromanischehinsichtlich seines konkreten Gebrauchslängst in eine schwere Krise gekommen, diev.a. im Zentrum (Sutselva) und Süden (Ober-engadin) des traditionellen Sprachgebiets zueinem spektakulären Rückgang der Spre-cherzahlen geführt hat, welcher sich auchin den Volkszählungsergebnissen von 1990widerspiegelt (Lia rumantscha 1996, 25).Die um 1860 noch gegebene Geschlossen-

Page 8: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

750

heit des bündnerromanischen Sprachgebietszwischen Oberalppass und FinstermünzerKlause existiert heute nicht mehr. Metapho-risch wird dieser Sachverhalt bedauerndmit dem Satz La punt croda (“Die Brückestürzt ein”) umschrieben. In sprachpoliti-scher Hinsicht hat das in der Schweiz fürDeutsch, Französisch und Italienisch (au-ßerhalb Graubündens) seit langem geltendeTerritorialprinzip für das Bündnerromani-sche keine Bedeutung, da in Graubündenfür die Regelung von Sprachenfragen tradi-tionell die Gemeinden zuständig sind. Seitetwa 20 Jahren wird eine gesamtbündneri-sche Sprachpolitik zum Schutz des Bünd-nerromanischen diskutiert (Viletta 1978).

Abgesehen von den durch Sprachwechsel(vom Bündnerromanischen zum Deutschen)in den letzten Jahrzehnten entstandenenVerlusten sind im traditionellen bündner-romanischen Sprachgebiet (Fig. 67.1.–3.)zwei größere deutsche Enklaven zu vermer-ken: Die Walser-Enklave Obersaxen im Sur-selvischen (seit dem frühen 13. Jh.) und dasdurch tirolische Einwanderung im 19. Jh.verdeutschte Samnaun am Nordostrand desUnterengadins. Alle L1-Sprecher des Bünd-nerromanischen sind heutzutage auch Spre-cher des (Schweizer) Hochdeutschen sowiedes Schweizerdeutschen und nehmen somitan der in der Deutschschweiz üblichen Di-glossie zwischen Hoch- und Schweizer-deutsch teil.

In identitätsspezifischer Hinsicht partizi-pieren die Bündnerromanen am Graubünd-ner Regionalbewusstsein und -gefühl, dasseinerseits Teil eines helvetischen Staatspat-riotismus ist. Ethnisch relevante Sonder-gefühle im Sinne eines vom Rest Graubün-dens deutlich geschiedenen bündnerroma-nischen ‘Volkes’ sind nicht beobachtbar. Diedennoch vorhandenen Sprach- und Kultur-konflikte werden zumeist con sordino be-handelt bzw. gelöst. Ein Blick in den Schwei-zer Strukturatlas (Schuler 1997) zeigt über-dies, dass – abgesehen von der Sprache – dasWohngebiet der Bündnerromanen sich de-mographisch, ökonomisch (etc.) in nichtsvom Rest Graubündens (und der Südost-schweiz) unterscheidet.

2.2. Geschichte(Hauptquellen: Catrina 1983; Clavadetscher1979; Degen 1987; Diekmann 1996; Holtus1989; Liver 1995)

Die Romanisierung unseres Raumes geht –so wie jene Ladiniens – auf die auguste-

ischen Eroberungszüge von 16 und 15 v.Chr.zurück. In weiterer Folge lag der RaumGraubündens innerhalb der Provinz Raetia,nach der Neuordnung der römischen Pro-vinzialeinteilung unter Kaiser Diocletian(284–305) innerhalb der Raetia prima.Hauptort war Curia (Chur). Seit der Mittedes 3. Jh. lastet alemannischer Invasions-druck auf unserem Raum. Die invadentePräsenz bzw. Nachbarschaft der Alemannenwurde für das weitere Schicksal der räti-schen Latinität entscheidend: bis zum En-de Westroms (476) kann man Rätien dieFunktion eines Bollwerks zuschreiben: Mag-nus Aurelius Cassiodorus (485–583 n.Chr.):«Raetiae namque munimina sunt Italiae etclaustra provinciae» (var. VII, 4). Nach 476geriet Rätien in das Spannungsfeld zwischenden von Nordwesten andrängenden mero-wingischen Franken und den nach demSturz Odoakers (493) Italien beherrschen-den Ostgoten unter König Theoderich(493–526). Schließlich verzichtete im Jahr536 der von den Byzantinern schwer be-drängte Ostgotenkönig Witichis zugunstendes Frankenkönigs Theudebert auf Rätien,so dass dessen Bewohner – gemeinsam mitden schon früher (496 bzw. 506) unterworfe-nen Alemannen – definitiv in die fränkischeEinflusssphäre kamen. Sie wurden damitgeopolitisch nach Norden orientiert (Degen1987). Allerdings besaß unser Raum biszu Karl dem Großen als ‘Churrätien’ einesehr weitgehende Autonomie und wurde defacto von einheimischen Machthabern ver-waltet, unter denen die Familie der Vikto-riden (oder Zacconen, ca. 510–720) heraus-ragte. 773 kommt Rätien offiziell unter den‘Schutz’ Karls des Großen, der 806 das Ge-biet in Nieder- und Oberrätien teilt und diefränkische Grafschaftsverfassung einführt(Clavadetscher 1997; Martin 1996). Damitentsteht aber ein weiterer (geo)politischerAntagonismus, der – ähnlich wie in Ladi-nien und Friaul – das ganze Mittelalter viru-lent bleiben sollte: nämlich die Oppositionzwischen dem lokalen Bischof, der seit derSpätantike auch weltlich herrschte, und demGrafen bzw. sonstigen Vertretern der könig-lichen Feudalmacht.

Diözesan organisiertes christliches Lebenist in Chur seit der Mitte des 5. Jh. belegt.Die Diözese Chur gehörte anfänglich zurKirchenprovinz Mailand und wurde 843bei der ersten karolingischen Reichsteilung(Vertrag von Verdun) der KirchenprovinzMainz zugeschlagen (Fig. 67.2.). Damit

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 9: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 751

wird auch in religiöser Hinsicht die frü-here Südorientierung Graubündens durcheine Nordorientierung abgelöst. Ein analo-ger Vorgang fand für Ladinien bereits 798durch den Übergang der Diözese Säben vonAquileia zur neu gegründeten Kirchenpro-vinz Salzburg statt.

Die von den Alemannen ausgehende Ger-manisierung (bzw. spätere Verdeutschung)dürfte südlich der Linie Rhein–Bodenseeerst im 5. Jh. eingesetzt und bis zu einer LinieBregenz–Buchs–Walensee relativ rasch Ge-ländegewinne erzielt haben. Danach scheintsie sich aber verlangsamt zu haben. In Vor-arlberg, im oberen Inntal und im Vinschgaubleibt das autochthone Romanentum dage-gen noch bis ins Hochmittelalter, im oberenVinschgau sogar bis ins 18. Jh. erhalten. DieStadt Chur wird erst 1464 im Zuge des Wie-deraufbaus nach einem Stadtbrand ganz ver-deutscht (Holtus 1989, 857).

Für die weitere Geschichte Graubündenswerden seit dem 14. Jh. die Emanzipationvom Haus Habsburg und die Gründung drei-er autonomer Talschaftsverbände bedeut-sam, deren älteste – der ‘Gotteshausbund’(gegründet 1367: mit Engadin, Poschiavo,Bergell und Oberhalbstein: Fig. 67.3.) undder ‘Obere’ oder ‘Graue Bund’ (gegründet1395: das ganze Vorderrheintal, das Einzugs-gebiet des Sutselvischen sowie die italopho-nen Täler Misox und Calanca umfassend) –gemeinsam das heutige Sprachgebiet desBündnerromanischen abdecken. Erst 1436entsteht der den (deutschen) Nordteil Grau-bündens umfassende ‘Zehngerichtebund’.Die drei Bünde schließen sich 1471 zum‘Freistaat der drei Bünde’ zusammen undpflegen zugleich ein besonderes Nahever-hältnis zur seit 1291 bestehenden Eidgenos-senschaft. Von 1512 bis 1797 gehört auch dasrein italophone Veltlin (Valtellina) zu Grau-bünden.

Im 17. Jh. kommt es mehrfach zu poli-tischen Ingerenzen von Frankreich undÖsterreich (‘Bündner Wirren’), in denen sichder Graubündner Volksheld Jörg Jenatschbesonders auszeichnet.

Die napoleonischen Umgestaltungen be-ginnen im Jahr 1797 und führen 1798 zurGründung der ‘Helvetischen Republik’, derGraubünden als ‘Kanton Rätien’ ange-schlossen wird. Nach der offiziellen Wieder-herstellung der Eidgenossenschaft im Jahr1803 wurde ihr auch Graubünden als einerder sechs neuen Kantone angegliedert undgehört ihr seither in Kontinuität an. Die heu-

te geltende Rechtsstellung Graubündens in-nerhalb der Schweiz wurde schließlich in denVerfassungen von 1815 und 1848 geregelt.

Anders als in Ladinien und Friaul kam esim 16. Jh. in Graubünden zu einer für diepolitische, kulturelle und sprachliche Ent-wicklung wichtigen Spaltung in einen –grosso modo – katholisch verbleibendenWesten (Rheintal mit Surselva) und einenab ca. 1520/21 progressiv zur Reformationübergehenden Osten (Engadin, Hinterrhein-tal). In sprachlich-kultureller Hinsicht wirddabei das von den örtlichen Humanistenverfasste religiöse Schrifttum prägend, daszugleich die Tradition der bündnerromani-schen Schriftsprachen begründet. Freilichbefördert die Reformation und die mit ihrverbundene Valorisierung des Deutschenauch die Germanisierung von damals bereitszweisprachigen Gebieten.

Versuche zur schriftsprachlichen Verein-heitlichung von Romanischbünden im Sinneeiner gemeinschaftlichen Überdachung er-folgten erst im 19. Jh. und stehen im Zusam-menhang mit der Entwicklung des bünd-nerromanischen Schulwesens (romontschfusionau von G. A. Bühler, ab 1865: Darms1989, 839s.). Ein oft zitierter Vorläufer die-ser Bestrebungen ist der aus Disentis stam-mende Benediktinermönch Placi a Spescha,der im Zuge seiner politischen Verbannungin Österreich (1799–1801) mit dem Dolomit-enladinischen in direkten Kontakt kam unddabei auffällige Ähnlichkeiten zwischen die-sem und dem Bündnerromanischen feststell-te (Decurtins 1965, 270–274; Goebl 1987,140).

2.3. Soziolinguistisches, Überdachung,Schule, Medien(Hauptquellen: Billigmeier 1983; Catrina1983; Diekmann 1996; Holtus 1989; Kristol1989; Müller 1996)

In soziolinguistischer Hinsicht ist für dieSprecher der diversen bündnerromanischenIdiome heute die «doppelte Diglossie»(Kristol 1989, 816) kennzeichnend, da sieneben der örtlichen bündnerromanischenSchriftsprache noch das Hoch- bzw. Schrift-deutsche und daneben die bündnerromani-sche Ortsmundart sowie das Schweizerdeut-sche (nach Churer Art) beherrschen.

Die heute in ganz Romanischbündenerdrückende Dominanz des Deutschen istdas Resultat einer auf das Spätmittelalterzurückgehenden deutschen Schriftüberda-chung und einer damit verbundenen Valori-

Page 10: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

752

sierung des Deutschen auch in symbolischerHinsicht (Hauptsprache Graubündens undder Eidgenossenschaft). Die im 19. Jh. in Ro-manischbünden besonders starke bündner-romanische Emigration und – dazu komple-mentär – deutsche Immigration haben dieSituation des Bündnerromanischen auch de-mographisch sehr verschlechtert. Gab es lautSchweizer Volkszählung (Frage nach der‘Muttersprache’) 1880 in Graubünden noch40,3 % Romanen, so waren es 1980 nur mehr21,9 %, im Jahr 1990 (Frage nach der ‘best-beherrschten Sprache’) gar nur mehr 17,06 %.Bei der Annahme eines Indexwerts von 100für das Jahr 1880 sind bis 1990 in Graubün-den das Deutsche auf den Wert 183,1 unddas Italienische immerhin auf 147,9 an-gestiegen, wohingegen das Rätoromanischeauf 78,5 abgerutscht ist (Zahlen nach Kraas1992, 153; Furer 1999, 70–76). Zudem lebenheute viele Bündnerromanen nicht mehr inGraubünden, sondern in der Innerschweiz.1990 betraf das rund ein Viertel der ca. 41.000bei der Volkszählung erfassten Bündnerro-manen. In den traditionellen Sprachgebie-ten werden germanophone Zuzügler sprach-lich kaum mehr assimiliert, so dass es beiromanisch-deutschen Mischehen heutzuta-ge nur noch selten zur Transmission desBündnerromanischen an die Kinder kommt.Exemplarisch für diese Situation ist die aktu-elle Lage am Heinzenberg (Kristol 1989,817–823). In den Grundschulen ist das Bünd-nerromanische in den meisten als bündnerro-manisch geltenden Gemeinden noch Unter-richtssprache und wird als solche – je nachGemeinde und Schulordnung – mindestensdrei Jahre nach der Einschulung verwendet.Nur im Gebiet des Sutselvischen gibt es Ge-meinden, in denen das Bündnerromanischenur mehr Unterrichtsfach (neuerdings sogarin der Form des Rumantsch grischun) ist,während das Deutsche bereits als einzigeUnterrichtssprache fungiert (cf. Karte beiKristol 1989, 825). Nach der Grundschulekommt das Bündnerromanische in Roma-nischbünden nirgends als Unterrichtssprachevor. Es gibt auch in der KantonshauptstadtChur keine Schule mit bündnerromani-scher Unterrichtssprache. Die bündnerroma-nischen Schulen unterrichten bzw. unterrich-teten zwar in den jeweiligen lokalen Idiomen,haben bzw. hatten dabei aber v.a. die guteVermittlung des Deutschen zum eigentlichenHauptzweck.

Bis zum Beginn des 20. Jh. gab es prak-tisch nur drei kodifizierte Schriftidiome –

Surselvisch, Ober- und Unterengadinisch,wobei das Surselvische die heutigen Ein-zugsgebiete des Sutselvischen und Sur-miranischen mitüberdachte. 1922 kam eszur Ausbildung des Surmiranischen und1944 zu jener des Sutselvischen, wobei dieseSprachsezessionen in surselvischen Kreisenauf heftige Kritik stießen. Die innersursel-vische Schriftspaltung nach den Konfessio-nen konnte erst 1924 überwunden werden(Darms 1989, 844).

In Rundfunk und Fernsehen ist dasBündnerromanische seit deren Einführungin Graubünden – 1924 bzw. 1963 – zwar prä-sent, aber in bis vor kurzem zu geringemUmfang. Auf dem Rundfunksektor wurdeseit den späten 80er Jahren die tägliche Sen-dezeit auf Bündnerromanisch auf zuletzt13–14 Stunden angehoben (Lia rumantscha1996, 48). Dies ist u.a. deshalb günstig, weilsich solcherart die Bündnerromanen derverschiedenen Täler akustisch an andereIdiome gewöhnen (Furer 1999, 59) und da-mit die passive Interkomprehension in Ro-manischbünden gefördert wird. Seit 1998gibt es auch private Lokalradios. Neuer-dings wird auch das Internet für die Be-kanntmachung des Bündnerromanischen be-nützt, was natürlich auch für das Dolomi-tenladinische und Friaulische gilt.

Das bündnerromanische Pressewesen,dessen Vorläufer auf das 18. Jh. zurückge-hen, hat sich im 19. Jh. vor allem talschafts-spezifisch entwickelt. Für die Zeit bis 1996waren die wichtigsten Blätter (keines davontäglich) die Gasetta romontscha (surselvisch,katholisch, 5.700 Exemplare) und das Föglladin (engadinisch, protestantisch, 4.000 Ex-emplare). Seit 1997 hat die täglich (außerSamstag und Sonntag) erscheinende Zei-tung La Quotidiana die gemeinsame Nach-folge aller bündnerromanischen Lokalblät-ter angetreten.

Die Sprachloyalität der Bündnerromanenist eine noch durchaus gegebene Größe, hates aber – trotz vieler legistischer Schutzbe-stimmungen zugunsten der Graubündner‘Amtssprache’ Rätoromanisch – schwer, sichgegen dem in Graubünden überall zuguns-ten des Hoch- und Schweizerdeutschen auf-tretenden Nützlichkeitsdruck zu behaupten.

Nicht unerwähnt soll in diesem Zusam-menhang jener (kultur)politische Abwehr-kampf bleiben, der in der Zwischenkriegs-zeit von der Schweiz gegen italienischeVersuche geführt wurde, das Bündnerroma-nische als italienischen Dialekt und seine

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 11: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 753

Sprecher – ähnlich wie die Ladiner Südti-rols – als «fratelli irredenti» einzustufen.Markante Wortführer auf Schweizer Seitewaren dabei die Linguisten Jakob Jud(1882–1952) und Robert von Planta (1864–1937) sowie der Dichter Peider Lansel(1863–1943): «Ni Talians, Ni Tudais-chs!Rumantschs vulains restar!» (1917). Innen-politisch erzeugten diese italienischen Inge-renzen einen gesamthelvetischen Schulter-schluss mit den Bündnerromanen, zu dessensichtbarstem Ausdruck die offizielle Sta-tuserhebung des Rätoromanischen zur vier-ten «Nationalsprache» wurde (Referendumvom 20. 2. 1938). Sprechend ist der die ita-lienische Enttäuschung darüber gut wider-spiegelnde Kommentar von Battisti (1937).

2.4. Sprachkontakte: Substrate, Adstrate,Superstrate(Hauptquellen: Decurtins 1981; Diekmann1996; Holtus 1989; Liver 1999)

Hinsichtlich älterer und jüngerer Sprach-kontakte ist die geographische Lage desBündnerromanischen im Zentrum der Al-pen und an der Schnittstelle von Deutschund Italienisch bedeutsam. Die nach der au-gusteischen Eroberung einsetzende Roma-nisierung erfolgte auf einem linguistischnur unscharf fassbaren keltisch-rätischenSubstrat, woraus – bzw. über dessen Ver-mittlung – zahlreiche «Alpenwörter» (Hub-schmid 1951) in das sich langsam herausbil-dende Bündnerromanisch gelangt und darinnoch heute erhalten sind. Dabei handelt essich um Benennungen von die alpine Naturund Kultur kennzeichnenden Dingen bzw.Begriffen, die zudem häufig auch im Dolo-mitenladinischen, seltener aber im Friauli-schen belegt sind: alp “Berg”, crep “Stein”,camutsch “Gemse”, tschess “Adler”, dascha“Tannenzweige”, dschember “Zirbelkiefer”etc. (Liver 1989, 801).

Der bereits seit dem 6. Jh. wirksameSprachkontakt mit dem Alemannischen(und später auch mit dem Deutschen) hatnicht nur den Wortschatz des Bündnerroma-nischen, sondern auch dessen Morphosyn-tax in der Form von Lehnprägungen erfasst:betg pli discurrer “nicht mehr reden” (stattbetg discurrer pli; Solèr 1997, 1885) oder odzvain nus bial aura “heute haben wir schönesWetter” (Inversion des Verbs bei Spitzen-stellung des Adverbs) oder las nuorsas haijeu de perver “die Schafe habe ich zu versor-gen” (Simon 1985, 77) etc. Auffällig sind fer-ner die zahlreichen Verbalperiphrasen mit

Ortsadverb vom Typ (surs.) sedar giu con“sich abgeben mit”, dar si “aufgeben (Haus-aufgabe)” oder drizzar en “einrichten (Haus)”etc. (Gsell 1982, 72), die große Affinitätenzum Deutschen zeigen. Generell nehmeninnerhalb von Romanischbünden solchebündnerromanisch-deutschen Konvergen-zen von West (Surselva) nach Ost (Engadin)ab.

Für das Engadinische ist seit dem 16. Jh.auch der italienische Einfluss unübersehbar(Decurtins 1972/73 und Diekmann 1981).Allerdings darf man weder hier noch in La-dinien bzw. Friaul den numerischen Anteildieser Sprachkontakteinflüsse im Ganzender im Alltag verwendeten Sprache über-schätzen.

2.5. Älteste Texte, älteres und neueresSchrifttum, Kodifizierung,Standardisierung(Hauptquellen: Darms 1989; Diekmann 1991und 1996; Holtus 1989; Lia rumantscha 1996;Liver 1999; Mützenberg 1973; Schmid 1982)

Die aus Philologensicht ältesten Texte stam-men bereits aus dem 10. und 11. Jh. Es sinddie Würzburger Federprobe (eine aus 5 Wör-tern bestehende Schreiberglosse), die Ein-siedler Interlinearversion (wahrscheinlich ausdem späten 11. Jh.: bilingualer Text einer ur-sprünglich lateinischen Predigt von 15 Zei-len) und eine Zeugenaussage aus einemMünstertaler Urbar von 1389, bestehendaus rund 30 Wörtern (cf. Liver 1999, 84ss.).Die Kargheit dieser Überlieferung darf abernicht erstaunen, da immerhin das gesamteSchrifttum in dieser Gegend anfangs aus-schließlich lateinisch und später (süd)-deutsch war. Die eigentliche Entstehung derbündnerromanischen Schriftsprache(n) fällterst in das frühe 16. Jh. und erfolgt im kul-turell und sprachlich überaus stimulieren-den Spannungsfeld von talschaftlicher undreligiöser Konkurrenz. Die Tradition be-ginnt im reformierten Oberengadin. 1527:La Chianzun dalla guerra dagl Chiaste daMüs (Kleinepos über den ‘Müsserkrieg’)und 1534: Historgia da Joseph (biblischesDrama), beide von Gion Travers (1483–1563); 1552: Üna cuorta et christiauna fuor-ma da intraguider la giuventüna […] (Kate-chismus); 1560: L’g Nuof Sainc Testamaintda nos Signer Jesu Christ (erste – und zu-gleich gedruckte – Übersetzung des NeuenTestaments in ein bündnerromanischesIdiom), beide von Giachem Bifrun. 1562 er-schien in der Sprache des Unterengadin das

Page 12: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

754

Psalmenbuch – Ün cudesch da Psalms – vonDurich Chiampel. In der katholischen Sur-selva beginnt die Schriftsprachtradition erst1611 mit der Glaubenslehre (Ilg vêr Sulaz dapievel giuvan) von Steffan Gabriel; in derprotestantischen Surselva ist dagegen schon1602 Daniel Bonifaci mit einer Katechis-musübersetzung (Curt mussameint dels prin-cipals punctgs della Christianevla Religiun)hervorgetreten. Die schriftsprachliche Zwei-teilung der Surselva bleibt dann bis 1924aufrecht. Seit der Mitte des 17. Jh. steigt imRhein- und Inngebiet die Zahl der v.a. reli-giösen und politischen Themen gewidmetenTexte laufend an. Im zweiten Drittel des 19.Jh. kommt es zu einer als ‘rätoromanischeRenaissance’ bezeichneten Erneuerungsbe-wegung, die von v.a. pädagogisch Tätigenaus allen Talschaften getragen wird, welchesowohl fiktionale Texte aller Genera alsauch zahlreiche Übersetzungen ins Bünd-nerromanische verfassen. Die folgenden Na-men stehen stellvertretend für zahlreicheandere: Gion Antoni Huonder (1824–67),Mustér; Peider Lansel (1863–1943, Sent;Giachen Caspar Muoth (1844–1906), Breil /Brigels; Giachen Michel Nay (1860–1920),Trun u.a.m. (Holtus 1989, 861; Mützenberg1974, passim).

Die überaus respektablen literarischenAktivitäten wurden von der Gründung zahl-reicher, ebenso meist talschaftsgebundenerkultur- und sprachfördernder Vereine be-gleitet (1866: Societad Retorumantscha,1896: Romania etc.). 1919 wurde als Dach-organisation die Ligia romontscha (surs.) /Lia rumantscha (vall.) gegründet, die in derFolge auf dem pädagogischen (Schulwörter-bücher und -grammatiken) und sprachpoli-tischen (Anstoß zur Kodifizierung des Ro-mantsch grischun 1982) Sektor eine überausertragreiche Arbeit leistete. Dem 1982 anden Zürcher Romanisten Heinrich Schmid(1922–99) vergebenen Auftrag, die linguisti-schen Grundlagen einer alle fünf Idiomemöglichst gerecht und geschickt einbezie-henden Deckmantelgraphie zu schaffen, wa-ren zahlreiche Orthographiequerelen vor-ausgegangen, die ein gutes Jahrhundert ge-dauert haben und für die kulturpolitischeSzene von Romanischbünden ziemlich be-lastend waren (Schmid 1982; Darms 1989;Lia rumantscha 1996, 58s.).

Zwischenzeitlich hat das Rumantsch gri-schun, wofür es bei der Lia rumantscha eineArbeitsstelle gibt, in den ihm ab ovo zuge-dachten (schriftlichen) Domänen (wie ge-

samtbündnerromanisches amtliches Schrift-tum, Außenkontakte, Werbung etc.) guteFortschritte gemacht (Diekmann 1990) undsich sogar als Medium literarischen Schaf-fens etabliert. Ein im wahrsten Wortsinn ge-wichtiger Ausdruck des Sprachausbaus desRumantsch grischun ist das 1993 als Buchund 1995 auch auf CD-ROM erschienenePledari grond von Darms et al.

2.6. Grammatikographie, Lexikographie,sprachgeographische Erschließung(Hauptquellen: Decurtins 1965; 1972/73;Lutz 1989; Dazzi / Gross 1989; Holtus 1989)

Von den drei Blöcken des Rätoromanischenist das Bündnerromanische grammatiko-und lexikographisch am besten erschlossen.Die bündnerromanische Grammatikogra-phie geht auf Vorläufer im 17. Jh. zurückund setzt massiv im 19. Jh. ein. Es handeltsich dabei meist um pädagogisch ausgerich-tete Spracherlernungs- bzw. Sprachbeherr-schungsgrammatiken, die für mehrere Be-nützergruppen bestimmt sind: ausländischeSeelsorger, die in Romanischbünden arbeitenwollen, Sprachliebhaber inner- und außer-halb Graubündens, L1-Sprecher des Bünd-nerromanischen. Nur für die letzte Gruppeist die Vermittlungssprache der betreffendenGrammatiken nicht überwiegend das Deut-sche. In ihrer Gesamtheit haben diese Gram-matiken bzw. ihre Autoren (exempli causaseien Otto Carisch und Peter Justus Andeerfür das 19. Jh. sowie Anton Vennemann undSep Modest Nay für das 20. Jh. erwähnt)für den Rätoromanisch-Unterricht unddie Schärfung des Sprachbewusstseins derBündnerromanen sowie für die Bekannt-machung des Bündnerromanischen nach au-ßen unschätzbare Dienste geleistet. Über-dies gibt es seit 1983 auch mehrere Gramma-tiken für die neue Dachsprache Rumantschgrischun, die größtenteils selbst auf Ru-mantsch grischun verfasst sind.

Ähnliches gilt für die Lexikographie, diemit handschriftlich überlieferten mehrspra-chigen Wörterlisten aus dem 17. Jh. beginnt(Dazzi / Gross 1989). 1729 wurde das ersteWörterbuch gedruckt. Das Gros der bünd-nerromanischen Lexikographie setzt abererst im frühen 19. Jh. ein, wobei – ähnlichwie bei den Grammatiken – deren Produktebei ausländischen Gelehrten (Wilhelm vonHumboldt, Eduard Boehmer etc.) auf gro-ßes Interesse stoßen. Unter den für die Schu-le tätigen Lexikographen des 19. Jh. seienhier namentlich Mattli Conradi (1745–1832,

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 13: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 755

Surselva), P. Baseli Carigiet (1811–83, Sur-selva) sowie Vater (Zaccaria, 1820–73) undSohn (Emil, 1854–1919) Pallioppi – beideaus dem Oberengadin – zitiert.

Eine besondere Rolle spielt das Dicziunarirumantsch grischun (DRG), das neben demSchweizerischen Idiotikon, dem Glossaire despatois de la Suisse romande und dem Voca-bolario dei dialetti della Svizzera italiana ei-nes der vier ‘nationalen Wörterbücher’ derSchweiz ist (Decurtins 1982). Die Grund-konzeption des DRG geht auf das Ende des19. Jh. zurück und sieht eine thesaurusarti-ge Erfassung und Aufarbeitung aller in Ro-manischbünden erreichbaren schriftlichenund mündlichen Quellen hinsichtlich desdarin vorhandenen Wortschatzes vor. Dazuparallel werden alle für die Erforschung desWortschatzes wesentlichen Aspekte histori-scher, geographischer, ethnographischer, ju-ristischer, religiöser etc. Provenienz berück-sichtigt. Die konkreten Arbeiten begannen1904 unter Leitung des IndogermanistenRobert von Planta und führten im Jahr 1939zur Publikation des ersten Faszikels. Derzeit(Mai 2002) liegen zehn vollständige Bändeund zusätzlich das Faszikel 143/144 (levgiar-runt bis limitaziun) vor.

Eine ähnliche Stellung hat das RätischeNamenbuch (RN), derzeit drei Bände.

Sprachgeographisch ist Romanischbün-den in den folgenden Opera erfasst: DRG:Grundnetz mit 225 Messpunkten, AIS:19 Messpunkte, ALD-I: 12 Messpunkte (um-fassend Unterengadin, Münstertal und denOstteil des Oberengadins).

In den Annalas da la Società(d) Retoru-mantscha (1, 1886s., Chur) werden laufendlinguistisch relevante Beiträge zum Bünd-nerromanischen – oft auch in den Idiomen –publiziert.

3. Dolomitenladinisch

3.1. Geographie, Demographie, aktuelle(sprach)politische Lage(Hauptquellen: Belardi 1994; 1996; Craffo-nara 1981; 1997; Fontana 1981; Kattenbusch1996; Richebuono 1982; 1992)

Unter Dolomitenladinisch wird hier (Katten-busch 1988) das in einigen Tälern der italie-nischen Provinzen Bozen, Trient und Bellu-no von der autochthonen Bevölkerung erst-sprachlich verwendete Idiom verstanden. Eshandelt sich dabei traditionsgemäß um diefolgenden Talschaften: Provinz Bozen: Grö-

den (dld. Gherdëina, it. Val Gardena) undAbtei (bzw. Gadertal, dld. und it. (Val) Ba-dia); Trient: Fassa (dld. Fascia, it. (Val di)Fassa); Belluno: Buchenstein (dld. Fodóm,it. Livinallongo), Colle S. Lucia (dld. Col)und Cortina d’Ampezzo (dld. Ampez / An-pezo). Ausgeklammert bleiben hier die miteiner aus innerlinguistischer Sicht reduzier-ten Ladinität versehenen Talschaften Ca-dore (inkl. Comèlico), Agordino und Zoldo,da die dortige ethnolinguistische Lage aussprachexternen Gründen von jener der altti-rolischen Ladina deutlich abweicht (Goebl1997, passim). Gleiches gilt für die trentini-schen Täler Nonsberg (Val di Non) undSulzberg (Val di Sole).

Insgesamt dürften heute in den genann-ten fünf Tälern rund 30.000 L1-Sprecherdes Dolomitenladinischen leben; genauereZahlen sind derzeit nur für die Provinz Bo-zen vorhanden, da nur dort im Rahmen deroffiziellen italienischen Volkszählungen (zu-letzt 2001) die (subjektive) ‘Sprachgruppen-zugehörigkeit’ erhoben wird. Die Ladinergenießen allein in der Provinz Bozen vollenrechtlichen Schutz, wobei die älteste diesbe-zügliche Bestimmung auf das Jahr 1948(Erstes Autonomie-Statut für die RegionTrentino-Südtirol) zurückgeht. In der Folgewurden die Schutzbestimmungen kontinu-ierlich ausgebaut, so dass heute in Grödenund Abtei eine Situation vorliegt, die vonden meisten Ladinern als zufriedenstellendangesehen wird. Das Ladinische gilt heuteneben Deutsch und Italienisch als eine derdrei offiziellen Sprachen Südtirols. Seit 1948existiert in Gröden und Abtei eine ‘paritäti-sche’ Schule für die Ladiner, in der zu glei-chen Teilen auf Deutsch und Italienischunterrichtet wird, während das Ladinischesowohl als Vermittlungssprache als auch alsUnterrichtsfach (obgleich in sehr beschei-denem Rahmen) fungiert (Mair 1989). Dieheute gültige rechtliche Situation würde denLadinern sogar die Möglichkeit geben, dasLadinische in der Schule (von 6–19 Jahren)weiter auszubauen; doch besteht ein diesbe-zügliches Zögern v.a. vonseiten der Eltern-schaft.

Im Fassatal sind die entsprechenden Son-derrechte der Ladiner weniger elaboriert,weil das politische Klima in der ProvinzTrient lange Zeit für die Ladiner ungünstigwar. Wesentliche Marksteine für die Fassa-ner Ladiner – für die im Autonomie-Statutder Region Trentino-Südtirol (1948) gewisseSonderrechte vorgesehen worden waren –

Page 14: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

756

sind die Errichtung der ladinischen Tal-schaft unter Einschluss von Moena (Com-prensorio ladino) im Jahr 1976 und die obli-gatorische Hereinnahme des Ladinischen indie fassanischen Grundschulen (ab 1993).

In der Provinz Belluno existieren – wie-wohl diesbezügliche Forderungen seit demEnde des Zweiten Weltkriegs von den Ladi-nern mehrfach vorgebracht worden waren –für Buchenstein, Colle S. Lucia und Cortinad’Ampezzo keinerlei Sonderrechte. Seit1983 hat die Region Veneto – zu der diesedrei Gemeinden gehören – für ihre nichtita-lienischen Bewohner (d.h. für die Germano-phonen in Pladen / Sappada, in den VII undXIII Gemeinden und für die Ladiner) meh-rere kulturelle Förderungsmaßnahmen be-schlossen, die aber keinen wie immer gearte-ten politischen Sonderstatus implizieren. Inneuerer Zeit werden in gewissen Kreisen derRegion Veneto unter Ladinern bzw. ladinischin zunehmendem Maß nicht nur die alttiro-lischen Bewohner von Buchenstein, Colle S.Lucia und Cortina d’Ampezzo, sondernauch die Bewohner der 1420 unter venezia-nische Herrschaft gekommenen TalschaftenComèlico, Cadore, Agordino und Val diZoldo verstanden. Allerdings sind dieserneuen Sprachregelung und den dazugehö-renden sprach- bzw. ethnopolitischen Dis-kursen eine gewisse Artifizialität und Volks-ferne nicht abzusprechen (Goebl 1997).

Die Ladiner der fünf historischen Tal-schaften gehörten als integraler Bestandteilder ‘Gefürsteten Grafschaft Tirol mit Vorarl-berg’ bis 1918 zum habsburgischen Öster-reich und sind bis zum heutigen Tag in vielfa-cher Weise Träger von aus dieser Zeit stam-menden Einstellungs- und Verhaltensweisengeblieben, die nach 1918 in Italien auf z.T.heftige Kritik gestoßen sind. Dies betrifftauch die einschlägige wissenschaftliche Pu-blizistik: siehe dazu v.a. die Schriften vonBattisti (z.B. 1962) und Pellegrini (z.B. 1972).

3.2. Geschichte(Hauptquellen: Belardi 1994; Craffonara1997; Fontana 1981; Goebl 1999; Katten-busch 1996; Richebuono 1980–92)

Die Romanisierung der Dolomitenladinergeht so wie jene der Bündnerromanen aufdie augusteischen Eroberungen der Jahre 16und 15 v. Chr. zurück. Im Rahmen der römi-schen Provinzialeinteilung gehörten allerWahrscheinlichkeit nach das Abteital zuNoricum, Gröden zur Raetia secunda unddie restlichen Täler zur Provinz Venetia et

Histria (Fig. 67.1.). In wissenschaftlicherHinsicht ist die Frage strittig, ob die Roma-nisierung in Ladinien auf eine bereits re-lativ stabile vorrömische Bevölkerung ge-stoßen ist bzw. – falls nicht – eine solche inden ersten Jahrhunderten n.Chr. hervorge-rufen hat. Eine v. a. von italienischer Seite(früher von Battisti, heute von Pellegrini)vertretene Extremansicht nimmt die Exis-tenz einer stabilen Besiedlung in den fünfladinischen Tälern erst für die Zeit nach1000 n.Chr. an und bringt diese mit demhochmittelalterlichen Landausbau der Bi-schöfe von Brixen und Trient in Verbin-dung. Dagegen werden seit rund 20 Jahrenv. a. archäologische Argumente geltend ge-macht, die die Frage der Besiedlung Ladi-niens in einem viel differenzierteren Lichterscheinen lassen und die von Battisti undPellegrini postulierte Menschenleere in La-dinien vor der Jahrtausendwende recht un-wahrscheinlich machen (Richebuono 1992;Lunz 1987; Tecchiati 1994).

Am Ende der für die Ladiner weitgehendfriedlich (d.h. invasionsfrei) verlaufenenRömerzeit erlangte die frühmittelalterlicheDiözesangliederung eine besondere Bedeu-tung. Für die Diözese Trient ist seit dem5. Jh. kirchlich organisiertes Leben bezeugt,für die Diözese Säben (lat. Sabiona) – diezur Keimzelle der Glosso- und Ethnogeneseder Ladiner werden sollte – ab dem 6. Jh.Beide gehörten anfangs zum Metropolitan-verband von Aquileia und dürften von dorther christianisiert worden sein. Die zweitefür die Ausbildung des Ladinischen (hierverstanden als eine durch spezielle Einflüssegeprägte Sonderlatinität: cf. Stefenelli 1996)und in weiterer Folge der Ladiner (hier ver-standen als Volksgruppe mit selbstempfun-dener Identität) entscheidend gewordeneKraft erwuchs aus der geopolitischen Reor-ganisation dieses Gebietes im Verlauf derVölkerwanderungen. Nach dem Fall West-roms (476) und dem Tod Odoakers (493)kam unser Gebiet unter König Theoderichdem Großen zunächst an die Ostgoten, diees aber 536/37 an die Franken abtraten. Da-mit wurde erstmals ein politischer Nord-Süd-Antagonismus sichtbar, der für das La-dinische und die Ladiner bis heute bestim-mend bleiben sollte.

Nach dem Ende der Ostgotenherrschaft(553) fielen Ladinien und Umgebung erneutkurz an Ostrom (Byzanz) zurück. 568 be-setzten die Langobarden Oberitalien und er-richteten in Trient ein eigenes Herzogtum.

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 15: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 757

Sie übernahmen dabei von den Oströmernden Part der südwärts gerichteten geopoliti-schen Kraft. Schließlich tauchten im Schat-ten der Franken und Langobarden um dieMitte des 6. Jh. die Bayern auf, die – inwechselnder Interaktion mit diesen – die fürunser Gebiet fortan bestimmende weltlicheGruppierung werden sollten. Dabei dürftevon Anfang an das Zusammenleben derBayern mit den Romanen weitgehend fried-lich gewesen sein. Es gibt auch zahlreicheHinweise dafür, dass die Romanen (also dieProto-Ladiner) ab ovo rechtlich ein integra-ler Bestandteil des Stammesverbandes derBayern waren. Kennzeichnend dafür ist derarchäologische Befund des Burgbergs vonSäben, wo ab etwa 600 romanische Alt- undgermanische Neusiedler in Gräbergemein-schaft bestattet wurden.

In weiterer Folge haben sich die Bayernweiter nach Süden vorgeschoben: Ab 680regiert ein bayerischer Graf in Bozen. Dererste urkundlich sicher belegte Bischof vonSäben, der Hl. Ingenuin, datiert in das aus-gehende 6. Jh. Von 600 bis 769 schweigen diehistorischen Quellen zu Säben. Als sie wie-der einsetzen, gravitiert das Bistum Säben(unter Bischof Alim) eindeutig nordwärts,und zwar im Rahmen des Stammesherzog-tums Bayern und der aufsteigenden DiözeseSalzburg. Nach der Eingliederung Bayernsin das Frankenreich (788) wird im Jahr 798Salzburg von Kaiser Karl dem Großen(768–814) zum Erzbistum erhoben. Es über-dacht dabei die Suffraganbistümer Säben,Regensburg, Freising und Passau und dientvor allem der Bekehrung der Slaven (Slove-nen, Kroaten, Serben) im norisch-pannoni-schen Raum. «Die Ausrichtung Säbens nachdem Norden kann in ihrer Tragweite kaumüberschätzt werden. Die wichtigste kirch-liche Institution im Gebiet des späteren Ti-rol, deren Wirksamkeit sich keineswegs aufgeistliche Belange beschränkte, öffnete sichdamit dem Einfluß aus dem Norden» (Ried-mann 1988, 31). Anschließend wurde – ähn-lich wie bei der Diözese Chur und beimPatriarchat Aquileia – der Ausbau der welt-lichen Macht der Bischöfe von Trient undvor allem von Säben-Brixen bedeutsam. Un-ter Kaiser Heinrich II. (1002–24) wurde1004 die Grafschaft Trient dem Bischof die-ser Stadt übertragen. Kaiser Konrad II.(1024–39) übergab dem Bischof von Brixen1027 die Grafschaftsrechte im Inn- undEisacktal. Schließlich bekam 1091 der Bi-schof von Brixen unter Kaiser Heinrich IV.

(1056–1106) zusätzlich die Grafschaft Pus-tertal.

Damit waren die Grundlagen der späte-ren Territorialentwicklung Tirols gelegt, indie die Ladiner voll eingebunden waren. Diesolcherart begründete Koexistenz der geist-lichen Fürstentümer Brixen und Trient aufder einen Seite sowie der weltlichen Herr-schaft von deren Vögten auf der anderen –aus denen später die Grafen von Tirol her-vorgingen – dauerte bis zum Reichsdeputati-onshauptschluss von 1803. In Säben-Brixensind ab dem 9. Jh. (bis heute), in Trient abdem 11. Jh. (bis zum 16. Jh.) die Bischöfedeutscher bzw. nicht mehr romanischer Her-kunft. Mit der Verleihung der weltlichenMacht an die Bischöfe wurden u.a. Landes-ausbau-Aktivitäten in den höheren Lagenund damit auch in Ladinien – das zur Gänzeoberhalb von 1000m Seehöhe liegt – inGang gesetzt, die zu einer Verstärkung deraus früheren Zeiten datierenden Siedlungs-kerne führten. Der forcierte Landausbaubedeutete aber auch eine intensivere Germa-nisierung und damit einen Rückzug der Al-penromanen auf das heutige Ladinien (Fins-terwalder 1965). Für die Herausbildung desladinischen Ethnos und der heute beobacht-baren sprachlichen Gliederung Ladinienswar ferner die spätestens seit dem 13. Jh.belegte Einteilung des Landes in Gerichtewichtig. Diese wurden zu den für das ge-samte zivile und ökonomische Leben we-sentlichsten Instanzen (Richebuono 1981,passim; 1992, 34s.). Das Gebiet von Cortinad’Ampezzo kam erst im Jahr 1511 unterKaiser Maximilian I. (1493–1519) nach län-geren Kämpfen gegen Venedig an Tirol bzw.Österreich.

Man kann also drei Hauptkräfte festma-chen, die für die Herausbildung des ladi-nischen Ethnos bedeutsam waren: (1) diegeistliche Herrschaft der Diözese Säben-Brixen; (2) die weltliche Herrschaft der Di-özese Brixen und der Grafen von Tirol;(3) die Gerichte. Bei der Gestaltung des ladi-nischen Ethnos ist vor allem die Ausfor-mung der sprachlichen und ethnischen Dif-ferenzen am Südrand Ladiniens, d.h. ge-genüber den Romanen Oberitaliens, wichtig.Dagegen war die objektiv klar feststellbareund subjektiv sicher immer zweifelsfrei er-lebte Differenzierung der Ladiner gegen-über den Bayern bzw. den Deutschen natur-gemäß weniger problematisch.

Hinsichtlich der heutigen Nordgrenze derLadiner ist noch eine Klarstellung bedeut-

Page 16: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

758

sam. Wenn in historischen Traktaten vomRückgang des Romanentums und dem pa-rallelen Vorrücken des Deutschen diesseitsund jenseits der Alpen die Rede ist (Dopsch1988), so wird meist unterstellt, dass es sichbei den allmählich aus den Quellen ver-schwindenden Romanen um direkte Vorfah-ren der Ladiner (oder Rätoromanen) han-delt. Derartige Zuschreibungen sind aller-dings problematisch; doch ist zuzugeben,dass es kaum bessere Lösungen gibt, daheutzutage im Raum diesseits und jenseitsder Zentralalpen nur zwei in Kontinuität ge-wachsene romanische Völker, nämlich dieLadiner und die Italiener, bekannt sind.Gleichwohl ist zu fragen, zu welchem Eth-nos die Salzburger Romanen sowie die Breo-nen und die Noriker hätten heranreifen kön-nen, wenn sie nicht in den Bayern aufge-gangen wären.

Informationen zur ethnischen und lin-guistischen Sonderstellung der Ladiner gibtes in drei Sorten historischer Quellen:(1) Berichte landeskundlicher Art, die –

meist aus der Außenperspektive – vonder Existenz eines grobwalschen – d.h.vom Klugwalschen (Schatz 1955, 355)bzw. dem Italienischen verschiedenen –Idioms in Ladinien sprechen;

(2) sprachvergleichende Mitteilungen, diedas Ladinische ganz oder teilweise in Be-ziehung zum Bündnerromanischen oder /und Friaulischen setzen bzw. es als be-sonders interessante Sprache einstufen.Die Urheber solcher Sprachvergleichesind meist Außenstehende, manchmalaber auch Ladiner;

(3) das eigene Volkstum beleuchtende Stel-lungnahmen der Ladiner selbst.

Der älteste landeskundliche Bericht stammtaus der Tiroler Landesbeschreibung vonMarx Sittich von Wolkenstein von ca. 1600.Dort wird für Gröden und Welschnofen vonder Existenz einer «grobwelschen Sprach»und eines «grobwelschen Volkhs» berichtet(Stolz 1934, 267s.; 1938, 64; Richebuono,1980, 231). Für 1717 ist ein Visitationsbe-richt von Jesuiten belegt, worin das Ladini-sche als «rauhes verdorbenes Gemisch ausdeutschen, französischen, italienischen undspanischen Bruchstücken» bezeichnet wird.1771 beklagt ein in Wolkenstein (Gröden)tätiger Chirurg, dass die Grödner weder«Welsch- noch Teutschgeborene» seien unddass das Grödnerische eine «unter keineNation der Welt passierende Sprache» sei(Richebuono 1982, 96).

Die sprachvergleichenden Beobachtun-gen setzen 1760 mit Simone Pietro Bartolo-mei, einem Advokaten aus Pergine beiTrient, ein, der mehrere ladinische Varietä-ten als vom Italienischen Welschtirols sehrverschieden und mit dem Bündnerromani-schen verwandt bezeichnet (Stolz 1938, 64;Wright 1981, passim). 1781 zitiert der spani-sche Lexikograph Lorenzo Hervás y Pan-duro in einem Katalog romanischer Spra-chen auch das «Tirolese», worunter wohldas Ladinische Tirols zu verstehen ist. 1805schreibt der aus der Surselva stammendePlaci i Spescha nach einem Besuch Grödensdem Grödnerischen eine spezielle Verwandt-schaft mit dem Surselvischen zu. 1806 be-richtet Ähnliches der Freiherr von Hormayrin seiner Geschichte der Gefürsteten Graf-schaft Tirol. Ab 1808 ist die Kunde vonder inneralpinen West-Ost-Verwandtschaftdes Ladinischen mit dem Bündnerroma-nischen und dem Friaulischen in zahlrei-chen als präszientifisch anzusprechenden lin-guistischen Fachbüchern inner- und außer-halb Deutschlands anzutreffen (Goebl 1987,133–141). In das Jahr 1833 fällt schließlichdas großartige Eigenzeugnis des GadertalerGeistlichen Nikolaus Bacher bzw. Micuráde Rü, des Autors einer 1995 in extenso pu-blizierten Deütsch-ladinischen Sprachlehre(Craffonara 1994, passim). Weitere diesbe-zügliche Marksteine sind ethnographischeAtlanten und Einzelkarten, die vor undnach der Jahrhundertmitte erscheinen, wiez.B. die Atlanten der beiden DeutschenBerghaus und Kiepert sowie die Sprachen-und Völkerkarten der Österreicher Häuflerund Freiherrn von Czoernig, des bekanntenEthnographen (Goebl 1987, passim). Von dabis zur eingangs erwähnten Verwissenschaft-lichung der Ladinien-Problematik durch die(Alt)Österreicher Schneller, Ascoli und Gart-ner verbleibt nur mehr ein kurzes StückWeg.

Eine genuin ethnopolitische Stellungnah-me aus ladinischer Hand in eigener Sache isterst für 1810 überliefert (Stolz 1934, 255s.).Damals haben Grödner und Enneberger Ge-richtsvorsteher angesichts der drohendenSpaltung Tirols in einen bayerischen und ei-nen italienischen Teil zwei sehr ausführlicheEingaben an die Münchner Behörden ge-richtet, in denen auf die Sonderstellung undNicht-Italianität der eigenen Sprache unddes eigenen Volkstums hingewiesen wurde.

Wenig später begann auch die territorialeZerreißung Ladiniens in kirchlicher Hin-

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 17: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 759

sicht, und zwar dadurch, dass Gröden undFassa von der Diözese Brixen abgetrenntund jener von Trient zugeschlagen wurden.Immerhin sind aber Buchenstein und Am-pezzo nach 1817 bei der angestammten Di-özese Brixen verblieben. Als diese beidenTäler 1964 zur Diözese Belluno kamen, wardarüber die Betroffenheit der Buchensteinerund Ampezzaner sehr groß. Zum Wandelder Diözesanzugehörigkeit cf. Tab. 67.1.

Die Dolomitenladiner nahmen in der Folgean allen Tirol und Österreich bewegendenpolitischen Ereignissen aktiv teil. Dies be-trifft die napoleonischen Kriege (vor allemdes Jahres 1809), die Kriege gegen Italien1848, 1859 und 1866 sowie den Ersten Welt-krieg (in dessen Verlauf Ladinien – besondersBuchenstein – Frontgebiet war) und auch dieZerreißung Alttirols mit dem Anschluss allerseiner südlich des Brenners gelegenen Teilean Italien. Ähnlich wie 1810 gab es auch imJahr 1919 dagegen Proteste der Ladiner(Fontana 1981, 152s.). Das Hitler-Mussolini-Abkommen (zur Umsiedlung der Südtiroler)von 1939 (‘Option’) umfasste auch die Dolo-mitenladiner. Die 1943 einsetzende NS-deut-sche Verwaltung des Gebietes (‘Operations-zone Alpenvorland’) wurde nach denErfahrungen der Faschistenzeit eher begrüßt.1945 gab es zahlreiche ladinische Bekundun-gen für eine Rückgliederung an Österreichbzw. wenigstens für eine administrative Zu-sammenführung unter Bozen, welche die inden Jahren 1923 und 1927 erfolgte Aufspal-tung auf drei Provinzen (Bozen, Trient, Bel-luno) rückgängig machen sollte. Bei den Ver-handlungen zwischen Österreich und Italien,die zum ‘Pariser Vertrag’ von 1946 führten,lehnte Italien – vertreten durch den Außen-minister Alcide Degasperi – die expliziteBerücksichtigung Ladiniens im Vertragstextab. Eine Entspannung der weiteren Entwick-lung trat erst 1948 mit dem ‘Ersten Autono-miestatut’ für das Trentino und Südtirol ein.

3.3. Soziolinguistisches, Überdachung,Schule, Medien

(Hauptquellen: Belardi 1994; 1996; Born1992; Craffonara 1981; 1997; Kattenbusch1996; Müller 1996)

Ladinien war und ist traditionell mehrfachüberdacht: In den nach Norden offenen Tä-lern Gröden und Abtei dominierte seit derEmanzipation des lokalen Schrifttums vomLateinischen das Deutsche als Amts-, Ver-waltungs- und Schulsprache; in Fassa, Bu-chenstein und Colle S. Lucia sowie in Cor-tina d’Ampezzo tat dies analog dazu dasItalienische. Im Bereich der Kirchensprachewar bis zum Beginn des 20. Jh. auch in Grö-den und Abtei das Italienische vorherr-schend. Vor 1918 wurden in den Schulen vonGröden und Abtei (in variierendem Um-fang) das Deutsche und Italienische vermit-telt, in jenen der restlichen Täler nur das Ita-lienische. Das Ladinische hat in den Schuleneinen de iure gesicherten Platz erst seit 1948,de facto war das aber schon vor 1918 derFall. Zur Zeit des Faschismus (1922–43)herrschte in den Schulen Ladiniens strengeitalienische Einsprachigkeit. Zusätzlich zurSprachvermittlung durch die Schule war vor1918 auch die Verschickung von Kindernnach Deutsch-Tirol für den Erwerb vondeutschen Sprachkompetenzen bedeutsam.Heute kann man – bei unverkennbaren in-dividuellen Unterschieden – die BewohnerGrödens und Abteis als dreisprachig (ladi-nisch, deutsch und italienisch), jene der an-deren drei Täler als zweisprachig (ladinischund italienisch) bezeichnen. Überall sind zu-sätzliche Kompetenzen in den angrenzendendeutschen oder italienischen Dialekten vor-handen. Im Fassatal erheben sich immerwieder Stimmen für die Mitberücksichti-gung des Deutschen in der Grundschule.

In den Medien Südtirols (Radio, Fern-sehen) ist das Ladinische heute angemes-sen vertreten und verfügt über tägliche (frei-

Tab. 67.1: Wandel der Diözesanzugehörigkeit von Gröden, Fassa, Buchenstein und Cortina d’Ampezzo

811–1788 1789–1809 1810–1813 1814–1817 1818–1963 1964s.

Abtei Brixen Brixen Brixen Brixen Brixen Brixen

Gröden Brixen Brixen Brixen Brixen Trient Brixen

Fassa Brixen Brixen Trient Brixen Trient Trient

Buchenstein Brixen Brixen Belluno Brixen Brixen Belluno

Cortina d’Ampezzo Aquileia Brixen Udine Brixen Brixen Belluno

Page 18: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

760

lich zeitlich recht kurze) Sendungen. Auchbündnerromanische Sendungen aus derSchweiz werden über Umsetzer in Südtirolausgestrahlt. Auf dem Pressesektor sind einefür alle Talschaften bestimmte und in allenTalschaftsorthographien berichtende Wo-chen-Zeitung Usc di Ladins (“Stimme derLadiner”) und eine verschiedenen deutschenund italienischen Tageszeitungen Südtirols(Dolomiten, Alto Adige etc.) angeschlosseneplata ladina (“ladinische Seite”) zu erwäh-nen. Vor allem in den ladinischen Ortschaf-ten der Provinz Bozen (Gröden und Abtei),weniger aber in jenen der Provinz Trient(Fassa) gibt es drei- bzw. zweisprachigeOrtstafeln. In der Provinz Belluno (Buchen-stein, Colle S. Lucia und Cortina d’Ampez-zo) sind zweisprachige Ortstafeln offiziellnicht zugelassen, werden jedoch als ‘segnaleturistico’ toleriert.

Die Sprachloyalität der Ladiner ist im all-gemeinen hoch, variiert aber nach den Tälern:In Gröden ist deutscher, in Fassa, Buchensteinund Ampezzo italienischer Einfluss loyalitäts-mindernd wirksam. Den Zahlen der Südtiro-ler Volkszählung zufolge hat die Bereitschaft,sich zur ‘ladinischen Sprachgruppe’ zu beken-nen, in den letzten Jahrzehnten laufend zu-genommen. Insofern besitzen die beiden ladi-nischen Talschaften Südtirols eine gewisseVorbildfunktion für die anderen Täler.

Genuin soziolinguistische Untersuchun-gen zum Dolomitenladinischen sind eherselten: Born (1992), Großrubatscher (1992)oder Goebl (1993). Auffällig sind gewisseEinseitigkeiten bei älteren und jüngeren ita-lienischen Analysen der soziolinguistischenSituation der Dolomitenladiner (dazu Goebl1990a).

3.4. Sprachkontakte: Substrate, Adstrate,Superstrate(Hauptquellen: Craffonara 1997; Heilmann /Plangg 1989; Kuen 1978; 1995; Mair 1984;1989)

Ladinien war und ist wie Romanischbündenund auch Friaul reich an älteren und jünge-ren Sprachkontakten verschiedenster Art.Neben dem vorrömischen und dem kel-tischen Substrat sind dabei das deutsche(d.h. bairisch-österreichische) und italieni-sche (d.h. venedische, trentinische) Adstratzu nennen. So sind im Ladinischen (und al-len angrenzenden Idiomen) nicht wenige Re-liktwörter nachweisbar, die sich semantischauf verkehrsferne Spezifika der Alpen, spe-zielle Geländeformen, Beeren und Pflanzen,

Tierbezeichnungen oder Werkzeugnamenbeziehen (Heilmann / Plangg 1989, 732s.):(in etymologischer Notation) *krepp “Fels”,*bova “Erdrutsch”, *trogiu “Weg”, *glasina“Heidelbeere”, *tsirm “Zirbe”, *baranca“Latsche”, *dasia “abgehauene Fichten-zweige”, *camork- “Gemse” etc.

Auch in Orts-(etc.)Namen sind zahlreichekeltische Radikale zu finden: *enos “Was-ser” > Inn, *tragisa “die schnell Laufende”> Trisanna, ambe “Bach” > Ampaß, *brig“Erhöhung” > Brixen etc. (Heilmann /Plangg 1989, 732s.; Anreiter 1997).

Die romanisch-germanischen Sprachkon-takte beginnen mit der bayerischen Land-nahme ab 600. Sprachgeschichtlich erfassensie also bereits die althochdeutsche Zeit understrecken sich damit – ähnlich wie in Ro-manischbünden – über mehr als 1000 Jahre(Kuen 1978; 1995). Neben direkten lexikali-schen Entlehnungen sind – wie in Romanisch-bünden – auch Lehnprägungen (Calques)bedeutsam, wofür Ascoli das Schlagwort«materia romana con ispirito tedesco» (As-coli 1873, 2) geprägt hat. Sie betreffen nebendem Lexikon (samt Semantik) auch dieMorphosyntax: z.B. lad. (badiot) astíletesciöch’ al alda! “benimm dich, wie es sich ge-hört!”, wo die deutsche Doppelbedeutungvon hören – “perzipieren” und “sich ziemen” –im Ladinischen nachvollzogen wird (Craffo-nara 1997, 1391). Wie im (vor allem west-lichen) Bündnerromanischen und Friauli-schen sind auch im Dolomitenladinischen(und angrenzenden Dialekten) die Verbalpe-riphrasen mit Ortsadverb sehr häufig: z.B.(badiot) se dè jö cun “sich abgeben mit”, dèsö “aufgeben (Hausaufgabe)” oder purvéfora “ausprobieren” (Gsell 1982, 72).

Die südlichen Einflüsse sind zufolge der in-nerromanischen Verwandtschaft der Sprach-strukturen des Ladinischen und der es umge-benden Dialekte (Venedisch, Trentinisch etc.)zwar weniger auffällig, numerisch aber be-deutsamer. Mengenmäßig nimmt ihre Vertei-lung von Süd nach Nord ab. Beispiel: im Ober-fassanischen (cazét) sollte traditionell für “gehsie kaufen!” va a les comprer! – mit Stellungdes Personalpronomens vor dem Infinitiv –gesagt werden. Heute hört man dagegen fastnur va a comprerles!, nach dem Vorbild von it.va a comprarle! (Craffonara 1997, 1394).

Allgemein kann aber festgestellt werden,dass deutsch-romanische Interferenzen inOberitalien auch außerhalb Ladiniens (so-wie von Romanischbünden) weit verbreitetsind und mit progressiv abnehmender Fre-

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 19: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 761

quenz bis etwa zum Apennin auftreten(Gsell 1982, 81 [Karte] und Mair 1984). Da-bei ist aber nicht nur Transferenz fremdenMaterials, sondern auch Verstärkung inner-romanisch angelegter Tendenzen durchSprachkontakt zur sprachhistorischen Er-klärung heranzuziehen.

3.5. Älteste Texte, älteres und neueresSchrifttum, Kodifizierung,Standardisierung(Hauptquellen: Belardi 1985; 1994; 1996;Heilmann / Plangg 1989; Kattenbusch1989–96; Mair 1989; Schmid 1998)

Gegenüber Romanischbünden setzt ein ge-nuin ladinisches Schrifttum erst spät – im17. Jh. – und sehr bescheiden ein. Damit ver-bunden sind die auch in Romanischbündenund Friaul beobachtbaren Probleme der an-fangs instabilen Graphie, die sich in Ladi-nien v.a. an italienischen Schreibusancenorientiert. In Fassa, Buchenstein und Abteisind die ältesten Texte im 17. bzw. 18. Jh. zufinden (1631, 1632 und 1703); Gröden undAmpezzo folgen erst im 19. Jh. nach (1815bzw. 1852: Heilmann / Plangg 1989, 728s.sowie Kattenbusch 1989 und 1994, passim).Abgesehen von kurzen Administrationstex-ten handelt es sich dabei meist um kirchli-chen oder rein poetischen Thematiken ge-widmete Texte. Eine deutliche Zunahme deseinheimischen ladinischen Schrifttums istvor dem Ersten Weltkrieg und danach wie-der in den 50er Jahren des 20. Jh. festzustel-len, so dass sogar (Belardi 1985) von derEntstehung einer vollwertigen neuen roma-nischen Literatur die Rede ist. Zitiert seienhier die Lyriker Angelo Trebo (1862–88)oder Max Tosi (1913–88), die ErzählerFranz Moroder (1847–1920) und Frida Pi-azza (1922–) und der Dramatiker MateoTaibon (Belardi 1985, 1994 und 1996).

Hinsichtlich Sprachnormierung und Schaf-fung einer panladinischen Standardsprachegibt es noch zahlreiche Schwierigkeiten, dieprimär – ähnlich wie in Romanischbünden –auf der engen Anbindung der Sprachein-stellungen (Attitüden) der Sprecher bzw.Schreiber an ihre jeweilige Talschaftsvarietätberuhen. Hier wäre allerdings auch die nurschwache Unterstützung der Schule für denladinischen Schreibunterricht zu nennen.

Die Dinge sind seit der Gründung derzwei ladinischen Kulturinstitute in Vich /Vigo di Fassa (1975: Istitut cultural ladin‘Majon de Fascegn’) und in S. Martin de Tor /St. Martin in Thurn (1976/77: Istitut cultu-

ral ladin ‘Micurá de Rü’) und durch sprach-politische Maßnahmen der Provinz Bozenin Bewegung geraten. In den Jahren 1984–87 wurden von einer panladinisch besetz-ten Graphie-Kommission einheitliche Ver-schriftungsregeln für die fünf Talschafts-idiome erarbeitet. 1989 kam es durch die Er-hebung des Dolomitenladinischen zur obli-gatorischen mündlichen und schriftlichenVerwaltungssprache im äußeren Amtsver-kehr in Gröden und Abtei (neben Deutschund Italienisch) zu einer deutlichen Status-verbesserung des Ladinischen. 1988 wurde –analog zu Romanischbünden und der dortinzwischen recht gut etablierten Kombinati-onsschriftsprache Rumantsch grischun –Prof. H. Schmid beauftragt, die Prinzipieneiner panladinischen Dachsprache (ladin do-lomitan) zu entwerfen (Schmid 1998; Belardi1993). Seither ist um diese Einheitsschrift-sprache ein panladinisch finanziertes Sprach-büro namens SPELL (Servisc de planificazi-on y elaborazion dl lingaz ladin) bemüht(Kattenbusch 1989; 1994).

3.6. Grammatikographie, Lexikographie,sprachgeographische Erschließung(Hauptquelle: Kramer 1989)

Die Grammatikographie des bzw. zum Do-lomitenladinischen beginnt 1833 mit derDeütsch-ladinischen Sprachlehre von Ni-kolaus Bacher (Micurá de Rü), wird fortge-setzt von einer panladinischen Analyse desin Ladinien selbst tätigen Gymnasialdirek-tors J. Alton (1879) und mündet danach indie als rein wissenschaftlich anzusprechendeForschungstradition ein, deren erster Ver-treter Gartner (1883 und 1910) ist. Genuin(schul)pädagogisch ausgerichtete Gramma-tiken erscheinen – stets talschaftsbezogen –erst nach dem Zweiten Weltkrieg bzw. nachder Einrichtung der ladinischen Schule inGröden und Abtei im Jahr 1948.

Ähnliches gilt für die Lexikographie, wodie einheimischen Beiträge den genuin wis-senschaftlichen Opera deutlich vorangehen.In Vertretung für viele andere Werke sei-en hier die ladinischen Wörterbücher vonLardschneider-Ciampac (1933, Neuredakti-on 1992) für Gröden, von von Rossi (1999[unpubl. 1914]) für Unterfassa (brach), vonVidesott und Plangg (1998) für Ennebergund von Mischì (2000) für das Gadertal zi-tiert. 1998 ist das achtbändige Etymologi-sche Wörterbuch des Dolomitenladinischen(EWD) von Kramer vollendet worden: siehedazu auch die genauen Rezensionen von

Page 20: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

762

Gsell in Ladinia (ab vol. 13, 1989, 278–286)und seine Serie Beiträge und Materialien zurEtymologie des Dolomitenladinischen in La-dinia 13 (1989), 14 (1990), 15 (1991), 16(1992) und 17 (1992).

Geolinguistisch ist das Dolomitenladini-sche in den Sprachatlanten AIS (6 Mess-punkte), ALI (8 Messpunkte) und ALD-I(21 Messpunkte) vertreten.

Seit den späten 70er Jahren sind die Zeit-schriften Mondo ladino (1/1977s., publiziertvom Kulturinstitut in Vich / Vigo di Fassa)und Ladinia (1/1977s., publiziert vom Kul-turinstitut in S. Martin de Tor / St. Martin inThurn) zentrale Plattformen für die Diskus-sion linguistischer, pädagogischer, histori-scher, ethnographischer und literarischerProbleme der Dolomitenladiner und derganzen Rätoromania.

4. Friaulisch

4.1. Geographie, Demographie, aktuelle(sprach)politische Lage(Hauptquellen: Francescato / Salimbeni 1977;Frau 1984; Marcato 1989a; 1997; Menis1984; Morgana 1992; 1994; Pellegrini 1979)

Das Friaulische (fr. furlan, it. friulano) wirdin den Provinzen Udine, Pordenone und Go-rizia (dt. Görz) der heutigen italienischenautonomen Region Friuli-Venezia Giuliavon einer nur approximativ angebbaren An-zahl von ausnahmslos zweisprachigen Indi-viduen gesprochen. Die in der Literatur zi-tierten Zahlen schwanken zwischen 400.000und 700.000 Sprechern. Innerhalb der Dop-pelregion Friuli-Venezia Giulia umfasst derTeil Friuli (friaul. Friûl, dt. Friaul) hinsicht-lich Fläche (7.633 km2) und Bevölkerung(1991: 935.841) den Löwenanteil. Aus die-sen Zahlen wird klar, dass das Friaulischein Friaul nicht alleinherrschend sein kann(Fig. 67.1.–3.). Im Südwesten (mandamentodi Portogruaro), entlang der Adriaküste(Marano, Grado, Gebiet um Monfalcone)werden venedische Dialekte gesprochen; imOsten (Zone um Görz, Val Natisone, Val Re-sia) und im Nordosten (Kanaltal) kommenslowenische Dialekte vor. Innerhalb desmandamento di Portogruaro gilt seit Lüdtke(1957) die Ostgrenze des friaulisch-venedi-schen Bilinguismus als westliche Außen-grenze des Friaulischen.

Dazu kommen deutsche Dialekte (nachKärntner Typus) im Kanaltal (1027–1918bei Kärnten) sowie in den Sprachinseln Zah-

re (it. Sauris) und Tischelwang (it. Timau),die beide auf hochmittelalterliche Ansied-lungen aus Kärnten und Osttirol zurück-gehen. Im Norden verläuft die friaulisch /italienische-deutsche Sprachgrenze entlangdes Hauptkamms der Karnischen Alpen: imSüdosten gilt der kleine Karstfluss Timavo(frl. Timau) bei Duino als historische GrenzeFriauls und des Friaulischen. Das Choro-nym Friûl / Friuli verweist historisch auf die‘Patria dal Friûl’, die Kernzone des ehemali-gen Patriarchats Aquileia. Dieser Begriff istseit dem 11. Jh. (‘patria Fori Iulii’) belegtund wird oft in Verbindung mit piccolo – pic-cola patria “Friaul” – antonymisch zum Be-griff grande patria “Italien” gebraucht. Ety-mologisch gehen die Choronyme Friûl /Friuli / Friaul auf den Namen der Stadt Fo-rum Iulii zurück (Fig. 67.1.).

Innerhalb der seit 1963 autonomen Regi-on Friuli-Venezia Giulia besitzt das Friauli-sche bis in die jüngste Zeit (1996/99) keinenrechtlichen Sonderstatus. Allerdings wer-den die nichtitalienischen Sprachen undKulturen seit 1969 von der Region finanziellunterstützt. Das Friaulische wird weder of-fiziell in den Schulen unterrichtet, noch beiden italienischen Volkszählungen berück-sichtigt und ist auch in der öffentlichen Be-schilderung (von Ortschaften, Amtsgebäu-den etc.) kaum sichtbar. Daraus erwach-sen gewisse sprachpolitische Spannungen,da sich die Mehrzahl der Friulanophonendurchaus als eine vom italienischen Mehr-heitsvolk wenigstens linguistisch unter-schiedene Gruppe betrachtet und somit imSinne der Artikel 3 und 6 der italienischenVerfassung von 1947 Sonderrechte bean-spruchen könnte (Salvi 1973, 332–367). Al-lerdings ist in Friaul anders als in Roma-nischbünden und in der Dolomitenladiniaein deutlicher Hiat zwischen dem kollektivErwünschten und dem politisch de iure undde facto Umgesetzten zu beobachten. Erstin allerneuester Zeit (1996 auf Regionalebe-ne, 1999 für die Stadt Udine) sind Gesetzeverabschiedet worden, denen zufolge dasFriaulische auch in offiziellen Texten undim äußeren Amtsverkehr verwendet werdenkann. 1996 kam es auch zur Gründung ei-nes ‘Osservatorio regionale della lingua edella cultura friulane’, u. a. mit Beteiligungder Società filologica friulana und der Uni-versitäten Udine und Triest.

Gegenüber den Bündnerromanen undDolomitenladinern haben die Friauler denVorteil der um vieles größeren demographi-

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 21: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 763

schen Masse, aber den Nachteil, dass sie ihresprachlichen und regionalen Sondergefühlenie in jener Weise artikulieren und politischumsetzen konnten (oder wollten), wie diesdie Bündnerromanen von jeher und die Do-lomitenladiner in den letzten Jahrzehntentaten. Dies erklärt sich durch ihre Geschich-te und die seit wenigstens fünf Jahrhunder-ten andauernde (Ko)Präsenz des Italieni-schen als der eindeutig wichtigsten Dach-sprache Friauls.

4.2. Geschichte(Hauptquellen: Benincà 1995; Francescato /Salimbeni 1977; Marcato 1989a; Menis 1984;Pellegrini 1979; Salvi 1973)

Die Romanisierung Friauls beginnt mit derGründung der Kolonie Aquileia im Jahr 181v.Chr. Weitere bedeutende römische Städtewaren Concordia, Forum Iulii (Cividale)und Iulium Carnicum (Zuglio), deren ur-bane Bedeutung ungebrochen bis in dasMittelalter erhalten blieb. Von Christi Ge-burt bis zum Ende Westroms (476) war

Friaul Teil der Provinz Venetia et Histria(Fig. 67.2.). Anders als die durch ihre inner-alpine Lage besser geschützten Gebiete Ro-manischbündens und Ladiniens wurde un-sere Gegend mehrfach durch katastrophaleInvasionen aus dem Osten heimgesucht, vondenen jene der Hunnen unter Attila (452)und der Ungarn (9. und 10. Jh) im kollekti-ven Gedächtnis der Friauler sowie im Habi-tat Friauls (Ortsnamen) die tiefsten Spurenhinterlassen haben.

Nach der Herrschaft der Ostgoten (493–553) und der anschließenden oströmischenRestauration wurde die 568 beginnende Ein-wanderung der Langobarden unter KönigAlboin zum für die Herausprägung des eth-nolinguistischen Sondercharakters Friaulsentscheidenden Faktor. Die Langobardenerrichteten in Cividale eines ihrer zahlrei-chen Herzogtümer und wurden für zweiJahrhunderte zur unangefochtenen Ord-nungsmacht. 774 wurde ihr König Deside-rius von Karl dem Großen geschlagen,wodurch sich die seit dem 6. Jh. progressiv

Fig. 67.1. Römische Provinzialeinteilung nach Kaiser Diocletian (284–305)Rot: moderne Verbreitungsgebiete des Bündnerromanischen, Dolomitenladinischen und Friaulischen so-wie die heute geltenden Staats- und Regionalgrenzen.Quellen: Müller-Wolfer 1981, I; Putzger 1977, 35.

Page 22: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

764

Fig. 67.2. (Stammes-)Herzogtümer, Kirchenprovinzen und Bistümer im 10. JahrhundertRot: moderne Verbreitungsgebiete des Bündnerromanischen, Dolomitenladinischen und Friaulischen so-wie die heute geltenden Staats- und Regionalgrenzen.Quellen: Corbanese 1983; Engel 1979, 66; Müller-Wolfer 1981, I–IV; Putzger 1977, 59; Stier 1956.

in alle Himmelsrichtungen ausgreifendenFranken auch in Italien großräumig etablie-ren konnten. Knapp vor Beginn der Lango-bardenherrschaft ist die seit 314 nachweis-bare Diözese Aquileia in den Rang einesPatriarchats erhoben worden, dessen Inha-ber 568 beim Einfall der Langobarden in dasvon Lagunen geschützte Grado auswich.Damit entstanden auf kurze Distanz zweieinander fortan heftig befehdende kirchlicheZentren, wobei sich letztendlich Aquileiageopolitisch kontinental (Langobarden,Franken, Römisch-Deutsches Reich) undGrado maritim (Byzanz, Venedig) orientier-te. Diese (kirchen)politische Oppositionspiegelt sich noch heute in der linguistischenVerschiedenheit wieder: Aquileia – friau-lisch, Grado – venedisch.

So wie in Romanischbünden und in Ladi-nien wird fortan auch in Friaul das Zusam-menwirken kirchlicher und weltlicher Fak-toren bedeutsam, wobei dem vom römisch-

deutschen Kaiser mit weltlichen Funktionenbetrauten Patriarchen von Aquileia – ähn-lich wie den Bischöfen von Chur, Säben-Bri-xen und Trient – eine besondere Rolle zufiel.Kaiser Otto der Große (936–973) gliederte952 Friaul als Teil der neu zum Reich ge-kommenen Markgrafschaft Verona demHerzogtum Bayern an, von dem es 976 andas neugegründete Herzogtum Kärntenüberging. 1077 schließlich übertrug KaiserHeinrich IV. (1056–1106) dem Patriarchenvon Aquileia Sighard die Herzogswürde vonFriaul sowie die Grafentitel von Istrien undKrain, wodurch dieser zum Reichsfürstenaufstieg. Von damals bis 1251 waren diePatriarchen deutscher Herkunft. Das alleshat – was zu Recht oft betont wurde – einegewisse Isolation Friauls und seiner kultu-rellen Oberschicht gegenüber dem in dieserZeit kulturell aufblühenden Italien bewirkt.Unzweifelhaft wurde dadurch auch die He-rausbildung des Friaulischen als Sprach- und

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 23: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 765

wohl auch der Friauler als Ethnotyp be-günstigt.

Die weltliche Macht der Patriarchen be-traf allerdings seit dem 11. Jh. nicht die Ge-biete um Görz, dessen Grafen die Vogtei-Rechte des Patriarchats in zunehmendemUmfang usurpierten. Damit wurde einehistorische Bipolarität Friauls (Udine vs.Görz) begründet, die sich nach 1420 (Erobe-rung des Patriarchats durch Venedig) in derOpposition zwischen Venedig und den je-weiligen Herren der Görzer Territorien (ab1500: Habsburg) fortsetzte und de facto bis1918 andauerte. Diese Bipolarität (Friuliveneto vs. Friuli imperiale) hatte verschie-dene (auch heute noch spürbare) kulturelleund sprachliche Konsequenzen.

Die Herrschaft Venedigs verstärkte – u.a.durch die große Irradiationskraft der vene-zianischen Kultur und Lebensart – den italia-

nisierenden Einfluss auf Friaul und führtedazu, dass dessen vorherige Isolation gegen-über Oberitalien allmählich kompensiertwurde. Nominell bestand das Patriarchat bis1751, als es unter Kaiserin Maria Theresia(1740–80) abgeschafft und durch die Erzbis-tümer Udine und Görz ersetzt wurde. 1797endete unter Napoleon mit dem Sturz Vene-digs auch dessen Herrschaft über den Zent-ral- und Westteil Friauls. Seine Nachfolge tratbis 1805 und erneut 1815–66 Österreich an.1866 wurde der Zentral- und Westteil Friaulsgemeinsam mit Venetien an das seit 1861 be-stehende Königreich Italien angeschlossen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jh. kames aus wirtschaftlichen Gründen zu einersehr starken Emigration aus fast allen Tei-len Friauls nach Zentraleuropa, Nord- undSüdamerika, wo heute rund 300.000 Friau-ler leben, die sich ihrer friaulischen Her-

Fig. 67.3. Geistliche und weltliche Herrschaften um ca. 1400Rot: moderne Verbreitungsgebiete des Bündnerromanischen, Dolomitenladinischen und Friaulischen so-wie die heute geltenden Staats- und Regionalgrenzen.Quellen: Corbanese 1983; Engel 1979, 72; Müller-Wolfer 1981, III, Putzger 1977, 56–57; Stier 1956, 80.

Page 24: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

766

kunft noch durchaus bewusst sind. Diesefriaulische Emigration ist durch den damitverbundenen Spracherhalt in völlig anders-sprachiger Umgebung auch linguistisch sehrinteressant (Iliescu 1972).

Überhaupt kam es bis 1914 in den beidenTeilen Friauls (Friuli veneto und Friuli au-striaco) zu einer divergierenden ökonomi-schen Entwicklung. Während im Friuli ve-neto weitgehend die Landwirtschaft domi-nant blieb, kam es im Friuli austriaco zuzahlreichen industriellen und touristischenInitiativen, welch letztere u.a. den Ruf vonGörz als dem ‘österreichischen Nizza’ be-gründeten (Czoernig 1973/74).

Das 1866–1918 bei Österreich verbleiben-de Gebiet um Görz – welches auch Aquileia,Grado und Gradisca umfasste sowie Teil desösterreichischen Kronlandes Küstenland (it.Litorale, slowenisch / kroat. Primorska) war –galt in Italien als ‘terra irredenta’. Interes-sant ist dabei die als Konkurrenzname fürdas assoziativ neutrale Choronym Litoralegeschaffene Neubenennung Venezia Giulia.Sie geht auf Ascoli zurück, der sie gemein-sam mit den Termini Venezia Tridentina(Trentino und Tirol bis zum Brenner) undVenezia Euganea (Terraferma) 1863 in ex-plizit politischer Absicht kreiert hat (Goebl1990b). Die irredentistische TerminologieAscolis wurde nach 1918 offizialisiert, wobeidie in der neuen Venezia Giulia wohnen-den Slowenen und Kroaten vom Faschismuseiner gnadenlosen Assimilations- und Re-pressionspolitik unterworfen wurden.

Nach 1943 kam es am Ost- und Süd-ostrand Friauls zu einer intensiven Tätigkeitjugoslawischer bzw. antifaschistischer Parti-sanen, der zahlreiche italo- und friulanopho-ne Bewohner Friauls (sowie Triests undIstriens) zum Opfer fielen. Die Erinnerungdaran (Stichwort foibe “Karstgrube”) belas-tet noch heute das Nachbarschaftsverhältniszwischen Italien und v.a. Slowenien. Nach1945 bekam die italienische Staatsgrenze denheutigen Verlauf, wobei Görz in unglück-licher Weise zweigeteilt wurde (Gorizia vs.Nova Gorica). Während das Gebiet Friaulsim Zweiten Weltkrieg von größeren Zerstö-rungen weitgehend verschont blieb, war es imErsten Weltkrieg an seinem Ostrand Frontge-biet und nach 1917 (Durchbruch der Zentral-mächte bei Flitsch und Tolmein, ‘rotta di Ca-poretto’) Kampf- und Besatzungszone. 1919wurde im fortan zu Italien gehörenden Görzdie ‘Società filologica friulana (SFF)’ ge-gründet, deren Aufgabe es war, den friauli-

schen Autonomismus auf sprachlichem undkulturellem Gebiet in betont italophiler (undslavophober) Weise zu kanalisieren. DieseGrundausrichtung der SFF wird ihr nochheute von gewissen friaulischen Autonomis-ten vorgeworfen (Strassoldo 1996).

Die erst 1963 realisierte Errichtung derautonomen Region Friuli-Venezia Giuliaentsprach zahlreichen friaulischen (undauch Triestiner) Wünschen. Anzumerken istfreilich, dass innerhalb der heutigen Dop-pelregion bzw. zwischen den respektivenHauptstädten Udine und Triest gewisseSpannungen bestehen, die ihre Ursachen inden verschiedenen Historien der beiden Tei-le haben (Udine: seit 1420 bei Venedig, vor-her beim Patriarchat; Triest: 1382–1918 beiÖsterreich). Die bei der Behebung der Schä-den des Erdbebens von 1976 aufgetretenenProbleme mit den staatlichen Stellen Italienshaben zu einer Verstärkung des friaulischenAutonomismus geführt.

Auf die Zeit vor der Angliederung Triestsan Österreich (1382) oder jener Udines anVenedig (1420) dürften zwei dem Friau-lischen sehr nahe verwandte Sprachschich-ten – das Tergestino und das Muglisano –zurückgehen, die von Ascoli (1886–88) ne-ben bzw. unterhalb der venezianisierendenMundart von Triest und Muggia nachge-wiesen wurden (Marcato 1989a, 625). Ähn-liches gilt für das um Monfalcone gespro-chene Bisiac(c)o, das sich auf friaulischemSubstrat innerhalb einer in venezianischer(und nicht habsburgischer) Hand befind-lichen Enklave um Monfalcone herausgebil-det hat (Zamboni 1986).

4.3. Soziolinguistisches, Überdachung,Schule, Medien(Hauptquellen: Francescato 1989; Frances-cato / Salimbeni 1977; Moretti 1985; Salvi1973; Strassoldo 1996)

Gegenüber Romanischbünden und derDolomitenladinia – wo die meist dörflichenSiedlungen soziolinguistisch sehr homogensind – bietet Friaul vermöge seiner vielfälti-gen Geographie (Gegensatz Ebene – Berg-land) und seiner zahlreichen Städte (Ge-gensatz Stadt – Land) ein viel komplexeressoziolinguistisches Spektrum. Auszugehenist zunächst von einer generalisierten Ko-präsenz von Friaulisch und Italienisch,wozu in den größeren Städten (Udine, Pal-manova, Pordenone, Maniago, Cividale,Görz) ein – je nach geografischer Lage – ander venedischen Stadtmundart von Treviso

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 25: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 767

bzw. Triest orientiertes Venedisch mit meso-lektalen Funktionen (d.h. als überlokaleVerkehrsmundart) kommt. Im Bereich desfriaulisch-italienischen Bilinguismus wurdenvon der recht aktiven friulanistischen Sozio-linguistik (Francescato, Strassoldo) die fol-genden – woanders allerdings auch vorkom-menden – Grundtendenzen ermittelt: DieOriginalität bzw. Archaizität der Friaulisch-Kenntnisse ist umso größer, je geringer dieBildung des betreffenden Sprechers ist, je äl-ter er ist, sowie je ländlicher seine Herkunftund je handwerklicher seine berufliche Tä-tigkeit sind (Francescato 1989). Die inter-generationelle Weitergabe des Friaulischenist eingeschränkt. Für Jugendliche ist dasFriaulische heutzutage als L1 kaum mehrdenkbar. Eine gesprochene gemein-friauli-sche Koiné gibt es nicht. Die beträchtlicheninner-friaulischen Dialektunterschiede ver-hindern aber eine generelle Interkomprehen-sion unter den Friulanophonen nicht, derenFriaulisch-Kompetenz damit im passivenBereich größer als im aktiven ist. In vielenFällen wird heute in den Städten das Friau-lische nicht vom Venedischen, sondern di-rekt vom Italienischen – bzw. dem jeweiligenitaliano regionale friulano – konkurrenziert.Trotz geringer werdender Kommunikations-frequenz behält das Friaulische jedoch inden Augen vieler (auch jüngerer) Friaulereine starke regionale Identifikationskraft,die immer wieder zu seiner (oft plakativen)Verwendung im kirchlichen und politischenBereich (z.B. im Rahmen des autonomisti-schen Movimento Friuli) führt. Auch die fürdie weltweite friaulische Emigration be-stimmte Zeitschrift Friuli nel Mondo mussdurch die Mitverwendung des Friaulischendiesem Umstand Rechnung tragen.

Die Slowenen der ‘Slavia friulana’ (bzw.‘Beneska slovenija’), die den Ostrand der Pro-vinzen Görz und Udine sowie das Altkärnt-ner Kanaltal bewohnen, sind allesamt min-destens zweisprachig (slowenisch + italie-nisch), manche auch drei- (+ friaulisch) odersogar viersprachig (+ friaulisch + deutsch +venedisch). Einen offiziellen Rechtsstatusdes Slowenischen als Minderheitensprachegibt es nur in der Provinz Görz, allerdingsin eher bescheidener Form (betrifft Schuleund öffentliche Verwaltung). Die Altkärnt-ner Slowenen des Kanaltals zeigen gegen-über ihren Sprachgenossen der Val Resiaund Val Natisone eine vergleichsweise grö-ßere linguistische und sprachpolitische Vita-lität (Steinicke 1984).

Die Bewohner der deutschen SprachinselnZahre / Sauris und Tischelwang / Timausind dreisprachig: bairisch-österreichischerBasilekt / karnisches Friaulisch / Italienisch(Francescato / Solari Francescato 1994) undhaben offiziell genauso wenig sprachpoliti-sche Rechte wie die (durch den Einbezugin die ‘Option’ von 1939 numerisch sehrgeschwächten) Kanaltaler Deutschen. Eineschulische Pflege des Deutschen als Hoch-sprache und / oder Dialekt wäre de iuremöglich, erfolgt aber – aus verschiedenenGründen – in nur sehr bescheidenem Rah-men (Hornung 1994, passim).

Das Friaulische verfügt über ein zwarrelativ altes (ab dem 14. Jh.), aber bis heutenicht voll durchstandardisiertes Schrift-dach, so dass die für seine schulische Pflegenötige Normierung nach Korpus und Statusfehlen. Über einen de iure möglichen Unter-richt des Friaulischen wird seit längerer Zeitergebnislos diskutiert. Konkrete Aktivitätenin diesem Bereich wurden nach 1945 von derprivaten Gruppierung Scuele libare furlanegesetzt. Sie werden heute von Zuan NazziMatalon mit großem persönlichem Engage-ment fortgeführt. Vielleicht führen diejüngsten sprachpolitischen Impulse (1999s.)zu weiteren Fortschritten. Hauptdiskussi-onspunkt war bislang die Frage des Friau-lisch-Unterrichts an den Pflichtschulen.

In den Printmedien ist das Friaulischeviel weniger präsent als das Bündnerroma-nische oder Dolomitenladinische. Es verfügtvor allem noch über keine täglich oder wö-chentlich erscheinende Pressepublikation.Wahrscheinlich gibt es dafür keinen hinrei-chend tragfähigen Markt. Auch bezüglichRundfunk und Fernsehen rangiert das Fri-aulische weit hinter dem Bündnerromani-schen und Dolomitenladinischen, v.a. dakeine täglichen friaulischen Sendungen exis-tieren. Seit einiger Zeit senden allerdingsPrivatradios regelmäßig auf Friaulisch.

4.4. Sprachkontakte: Substrate, Adstrate,Superstrate(Hauptquellen: Frau 1984; 1989a; 1999;Marcato 1989a; Pellegrini 1969; 1979;Skubic 1997)

Im Friaulischen unterscheidet sich dieSchichtung der durch Sprachkontakt verur-sachten Trans- und Interferenzen von jenerim Bündnerromanischen und Dolomitenladi-nischen v.a. durch das Fehlen eines konti-nuierlich wirksam gewesenen deutschen Ad-strats (Frau 1999). Für Substrateinwirkungen

Page 26: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

768

kommen die nicht direkt überlieferten Spra-chen der Veneter und v.a. der keltischen Kar-nier in Frage. Etymologisch eindeutig iden-tifizierbar sind eine Reihe von Keltismen (wiebroili “frutteto”, glàsigne “mirtillo”, drac“staccio con maglia larga” etc.; Frau 1989a,594), die z.T. auch im Dolomitenladinischenund im angrenzenden deutschsprachigen Al-penraum vorkommen. Aus späterer Zeitstammen Gotismen (z.B. sedón “cucchiaio”)und v.a. Langobardismen (bleòn “lenzuolo”,crùchie “stampello”, farc “talpa” etc.). Jünge-ren Datums sind alt- und mittelhochdeutscheGermanismen, die wohl zur Zeit der deut-schen Patriarchen (11.–13. Jh.) entlehnt wur-den und heute eher veraltet sind (sèiter “bic-chiere”, slòier “velo”, cjast “granaio” zu dt.Kasten; dàne “abete bianco” etc.).

In Ostfriaul ist durch die fast 1000jährigekontinuierliche Verbundenheit mit Mittel-europa die Zahl v.a. jüngerer Germanismennaturgemäß größer (clànfar “lattoniere”, fraila“Signorina”, ringhespîl “giostra” zu Deutsch“Ringelspiel” etc.). Prägnant ist auch dasvon den zahlreichen friaulischen Arbeitsmig-ranten rückimportierte deutsche Fachvoka-bular: prènar “fornaciaio”, sìne “rotaia”, stàn-col “carbone fossile” zu dt. Steinkohle etc.Unübersehbar sind ferner die z.T. sehr altenSlowenismen, die meist die Landwirtschaft be-treffen: còs “cesto”, jèche “aiola”, pustòt “ter-reno abbandonato” etc. (Frau 1989a, 595;Pellegrini 1969; Skubic 1997).

Auch in der Onomastik sind viele der ebenzitierten Ad- und Superstrate (v.a. Lango-bardisch, Slowenisch und Deutsch) wirksamgeworden (Frau 1989b). Selbstverständlichhat das Friaulische vermöge der sich seit demSpätmittelalter kontinuierlich intensivieren-den italienischen Überdachung auch zahlrei-che Italianismen aufgenommen bzw. assimi-liert. Im Friaulischen sind die sprachkontakt-bedingten Lehnprägungen im Bereich derMorphosyntax – abgesehen von den ‘verbianalitici’ vom Typ mandâ indâur “rendere”etc. (Vicario 1997) – geringer als im Bündner-romanischen und Dolomitenladinischen.

4.5. Älteste Texte, älteres und neueresSchrifttum, Kodifizierung,Standardisierung(Hauptquellen: Benincà 1995; D’Aronco1982; Faggin 1979; Francescato / Salimbeni1977; Marcato 1989a; Morgana 1992; 1994;Pellegrini 1979; Virgili 1978)

Hinsichtlich Alter und Menge der historischüberlieferten Texte literarischen und nicht-

literarischen Zuschnitts übertrifft das Friau-lische das Bündnerromanische und Dolo-mitenladinische bei weitem. Der Grund liegterneut in der größeren demographischenMasse des Friaulischen und in der Präsenzfriaulischer Schreibzentren höfischer oderstädtischer Ausprägung seit dem Mittelal-ter. Daher kann auch eine mittelalterlichefriaulische Skripta beobachtet werden, dieallerdings ab ovo unter venedisch-veneziani-schem bzw. toskanisch-italienischem Ein-fluss stand (Benincà / Vanelli 1998, 7–10).Die immer wieder als traditionsbegründendzitierten Texte sind eine längere anonymeBallade von ca. 1380 (Piruç myo doç inculu-rit “Pera mia dolce colorita”) und ein11-strophiger Wechselgesang aus derselbenZeit (Biello dumlo di valor “Bella fanciulla divalore”), dessen Autor sogar bekannt ist(Simone di Vittore oder Diolaiuti di Civi-dale: D’Aronco, vol. 1, 31s. und Virgili 1978,vol. 1, 49–56). Beide Texte zeigen eine vollentwickelte und poetisch bemeisterte friau-lische Skripta. Ab dem 16. Jh. entsteht wiein Romanischbünden eine am Humanismusorientierte Literatur, deren Träger in der Re-gel auch italienisch schreiben. Oft zitierteLeitsterne der neuzeitlichen friaulischen Li-teratur sind die Dichter Ermes de Colloredo(1622–92), Pietro Zorutti (1792–1867) unddie Erzählerin Caterina Percoto (1812–87).Von da bis zu den Poesie a Casarsa (1942)von Pier Paolo Pasolini oder den großenEpen des 1986 zum Nobelpreis für Literaturvorgeschlagenen Domenico (Domeni) Zan-nier spannt sich ein beeindruckend reichhal-tiger und weiter Bogen: cf. Faggin (1979).

Heute präsentiert sich die Frage der Ko-difikation des Friaulischen in einer eigenar-tig komplexen Form. Wiewohl sich hinsicht-lich der tonangebenden Norm das Zentral-friaulische um Udine de facto seit dem19. Jh. durchgesetzt hat, bleiben dennoch –vor allem in Karnien und im ehemals habs-burgischen Ostfriaul – davon abweichendeNormvorstellungen lebendig. Besonderskruzial ist aber die Frage der graphischenbzw. graphematischen Gestaltung der Or-thographie des Friaulischen, welche die fri-aulische Kulturszene bis heute spaltet. ImWesentlichen konkurrieren zwei Traditio-nen: (1) jene der SFF, die auf literarischeVorbilder des 19. Jh. (u.a. auf den Lexiko-graphen Pirona) zurückgeht und im Prinzipdas Schriftbild des Friaulischen jenem desItalienischen annähern will (z.B. cjan, gjol-di, poz “cane, godere, pozzo”) und (2) jene

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 27: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 769

von Giorgio Faggin (1985), die u.a. mit ausdem Slawischen entlehnten Diakritika ar-beitet, welche allerdings von italopatrioti-schen Kreisen abgelehnt werden (chan, ghol-di, poc). Daneben existieren noch die Tra-dition der ‘Scuele libare furlane’ und ein vonder Provinz Udine vorgeschlagenes System(Lamuela 1987). Neuerdings (1996) ist esauf regionaler Ebene sogar zu gesetzlichenRegelungen gekommen, deren Effizienz nochunklar ist (cf. ansonsten Marcato 1989a,Moretti 1985 (Gesamtüberblick) und diePräsentationstexte von Lamuela 1987 undder SFF 1993). Bemerkenswert ist die sichsolcherart in der Toponomastik manifestie-rende Polymorphie: z.B. für Terzo di Aqui-leia: Tiarz, Tiarc, Tierz, Tierc di Naquilee /Aculee, oder für Zuglio: Zui, ’Zui, Zuj, Zui,Gui (cf. Moretti 1985, 289).

Neben der SFF gibt es auch einige privateInitiativen zur Pflege des friaulischenSchrifttums (v.a. belletristischer Art) undzur Bereitstellung sprachdidaktischer Hilfs-mittel für den Unterricht des Friaulischenan den Schulen.

4.6. Grammatikographie, Lexikographie,sprachgeographische Erschließung(Hauptquelle: Marcato 1989b)

Die Anfänge der friaulischen Grammatiko-graphie liegen in der Mitte des 19. Jh. undsind mit den Namen Ascoli (1846) und Piro-na (1871) verbunden. Allerdings verdichtensich die diesbezüglichen Aktivitäten generellerst nach der Jahrhundertwende. Heute gibtes drei normativ-didaktisch ausgerichteteGrammatiken des Friaulischen: Marchetti(1952), Nazzi Matalon (1975), Faggin (1997).Eine genuin wissenschaftliche Gesamtgram-matik des Friaulischen fehlt noch.

Erste lexikographische Versuche gehenauf das 18. Jh. zurück; weitere Fortschrittewerden in der ersten Hälfte des 19. Jh. er-zielt. Das bis heute unersetzte opus magnumfällt in die zweite Hälfte des 19. Jh. und istdem Gymnasiallehrer Jacopo Pirona (1789–1870) zu verdanken, erscheint aber erst pos-tum (1871). Es berücksichtigt v.a. das Zen-tralfriaulische um Udine. Weitere Verbesse-rungen wurden von Pironas Neffen GiulioAndrea Pirona (1822–95) in Angriff genom-men und noch zu dessen Lebzeiten partiellpubliziert. Die SFF hat schließlich eine Ein-arbeitung der von Pirona kompilierten Ma-terialien in jene seines Onkels unter Be-rücksichtigung zusätzlicher Ergänzungen

in Auftrag gegeben, deren Resultat im Jahr1935 als Nuovo Pirona vollendet im Druckerschien. Die beiden Pironas stellen – so wieviele ihrer Nachfolger – nicht nur lexikogra-phisch, sondern auch orthographisch rele-vante Opera dar. Im 19. und 20. Jh. sindschließlich noch mehrere friaulisch-italieni-sche und italienisch-friaulische Wörterbü-cher – auch in Taschenbuchformat – erschie-nen, wovon hier nur das friaulisch-italie-nische Wörterbuch von Faggin (1985) unddessen italienisch-friaulisches Komplementvon Nazzi Matalon (1993) zitiert seien. Zwi-schenzeitlich existieren auch französisch-friaulische und englisch-friaulische (sowieumgekehrt) Wörterbücher. Erwähnung ver-dient noch das Dizionario etimologico stori-co friulano (DESF) (bis zum Lemma ezzitâ).Es beruht auf den im ASLEF enthaltenenDaten sowie auf jenen des Nuovo Pirona(1935). Zum ASLEF sind einige onomasio-logische Aufarbeitungen in Monographie-(Pellegrini / Zamboni 1982; Pellegrini / Mar-cato 1988) und Artikelform (in der nur kurz-lebigen Zeitschrift Studi linguistici friulani1/1969–4/1974) erschienen.

In sprachgeographischer Hinsicht infor-mieren zum Friaulischen der AIS (13 Mess-punkte), der ASLEF (120 romanische Mess-punkte), der ALI (49 Messpunkte, derenDaten z. T. bereits im ASLEF mitpubliziertworden waren) und – nur für den WestteilFriauls – der ALD-I (23 Messpunkte). Aufsehr feinmaschigen Aufnahmen beruhtdie Dialettologia friulana von Francescato(1966), sie gewährt aber nur einen be-schränkten Einblick in die gesammeltenOriginaldaten.

Die folgenden Zeitschriften publizierenregelmäßig Beiträge zu friaulischen und rä-toromanischen Themen: Ce fastu? (1/1924s.,Udine), Sot la nape (1/1967s., Udine), Studigoriziani (1/1923s., Görz) und Ladinia(1/1977s., S. Martin de Tor / St. Martin inThurn).

5. Bibliographie

Alton, Johann, Die ladinischen Idiome in Ladi-nien, Gröden, Fassa, Buchenstein, Ampezzo, Inns-bruck, 1879 (Neudr.: Bologna, 1990).

Anreiter, Peter, Breonen, Genaunen und Fokuna-ten. Vorrömisches Namengut in den Tiroler Alpen,Innsbruck, 1997.

Ascoli, Graziado Isaia, Sull’idioma friulano e sul-le sue affinità colla lingua valaca, Udine, 1846.

–, Saggi ladini, AGI 1 (1873), 1–556.

Page 28: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

770

–, Il dialetto tergestino, AGI 10 (1886–88), 356–367.

Bacher, Nikolaus (= de Rü, Micurá), Versucheiner Deütsch-ladinischen Sprachlehre, ed. LoisCraffonara, Ladinia 19 (1995), 23–304.

Battisti, Carlo, La quarta lingua svizzera: il grigio-ne [sic], NA 309 (1937), 407–417.

–, (ed.), Le valli ladine dell’Alto Adige e il pensierodei linguisti italiani sull’unità dei dialetti ladini, Fi-renze, 1962.

Belardi, Walter, Antologia della lirica ladina dolo-mitica, Roma, 1985.

–, La questione del ladin dolomitan, Bozen, 1993.

–, Profilo storico-politico della lingua e della lette-ratura ladina, Roma, 1994.

–, Breve storia della lingua e della letteratura ladi-na, S. Martin de Tor, 1996.

Benincà, Paola, Friaulisch: il friulano, in: LRL 2/2(1995), 42–61.

Benincà, Paola / Vanelli, Laura (eds.), Esercizi diversione dal friulano in latino in una scuola notarilecividalese (sec. XIV). Testo, traduzione italiana,commento linguistico, Udine, 1998.

Billigmeier, Robert H., Land und Volk der Räto-romanen. Eine Kultur- und Sprachgeschichte,Frauenfeld, 1983 (ed. orig. engl. A Crisis in SwissPluralism. The Romansh and their Relations withthe German- and Italian-Swiss in the Perspective ofa Millenium, Den Haag, 1979).

Born, Joachim, Untersuchungen zur Mehrspra-chigkeit in den ladinischen Dolomitentälern. Ergeb-nisse einer soziolinguistischen Befragung, Wil-helmsfeld, 1992.

Catrina, Werner, Die Rätoromanen zwischen Resig-nation und Aufbruch, Zürich / Schwäbisch Hall,1983.

Clavadetscher, Otto P., Churrätien im Übergangvon der Spätantike zum Mittelalter nach denSchriftquellen [1979], in: id., Rätien im Mittelal-ter. Verfassung, Verkehr, Recht, Notariat. Ausge-wählte Aufsätze, Disentis / Sigmaringen, 1994,1–20.

Corbanese, Guerrino Guglielmo, Il Friuli, Triestee l’Istria. Dalla preistoria alla caduta del Patriar-cato d’Aquileia. Grande atlante storico-cronologi-co comparato, Udine, 1983.

Craffonara, Lois, Die kulturelle und politische Si-tuation der Sellaladiner (Frühjahr 1981), in: Ure-land 1981, 81–109.

–, Nikolaus Bacher. Versuch einer Deütsch-ladini-schen Sprachlehre – erstmalige Planung einer ge-samtladinischen Schriftsprache – 1833, Ladinia 18(1994), 135–205.

–, Ladinien, in: HSK 12/2 (1997), 1383–1398 (dazuLangversion: Sellaladinische Sprachkontakte, in:Kattenbusch, Dieter (ed.), Minderheiten in derRomania, Wilhelmsfeld, 1995, 285–329).

Czoernig, Carl Freiherr von, Görz, ÖsterreichsNizza. Nebst einer Darstellung des Landes Görz

und Gradiska, 2 vol., Wien, 1873–74 (ed. orig.,dazu ital. Übersetzung: Gorizia – ‘la Nizza au-striaca’. Il territorio di Gorizia e Gradisca, übers.Ervino Pocar, Gorizia, 21987, 11969).

D’Aronco, Gianfranco, Nuova antologia della let-teratura friulana, 4 vol., Udine, 1982.

Darms, Georges, Bündnerromanisch: Sprachnor-mierung und Standardsprache, in: LRL 3 (1989),827–853.

Darms, Georges / Gross, Anna-Alice (eds.), Ple-dari grond (tudestg-rumantsch / deutsch-roma-nisch), Chur, 1993.

Dazzi, Anna-Alice / Gross, Manfred, Bündnerro-manisch: Grammatikographie und Lexikographie –b) Lexikographie, in: LRL 3 (1989), 897–912.

Decurtins, Alexi, Das Rätoromanische und dieSprachforschung. Eine Übersicht, VR 23 (1965),256–304 (auch in: Decurtins 1993, vol. 1, 27–86).

–, Contributo italiano alla letteratura romancia, Cefastu? 48/49 (1972/73), 70–94 (auch in: Decurtins1993, vol. 1, 145–166).

–, Zum deutschen Sprachgut im Bündnerromani-schen. Sprachkontakte in diachronischer Sicht, in:Ureland 1981, 111–137 (auch in: Decurtins 1993,vol. 1, 171–191).

–, Die Bedeutung des Dicziunari rumantsch gri-schun für die romanische Bewegung, in: Lurati, Ot-tavio / Stricker, Hans (eds.), Die schweizerischenWörterbücher. Beiträge zu ihrer wissenschaftlichenund kulturellen Bedeutung, Freiburg, 1982, 205–217 (auch in: Decurtins 1993, vol. 1, 325–340).

–, vol. 1: Rätoromanisch. Aufsätze zur Sprach-, Kul-turgeschichte und zur Kulturpolitik; vol. 2: Viarva ro-montscha. Contribuziuns davart il lungatg, sia histo-ria e sa tgira, Chur, 1993.

Degen, Rudolf, Die raetischen Provinzen des römi-schen Imperiums, in: Historisch-antiquarischeGesellschaft von Graubünden (ed.), Beiträge zurRaetia romana. Voraussetzungen und Folgen derEingliederung Rätiens ins römische Reich, Chur,1987, 1–43.

Diekmann, Erwin, Zum italienischen Einfluß imEngadinischen, in: Schwarze, Christoph (ed.), Ita-lienische Sprachwissenschaft (Beiträge zur Tagung‘Romanistik interdisziplinär’, Saarbrücken 1979),Tübingen, 1981, 9–26.

–, Berichte über eine Umfrage zur Akzeptanz desRumantsch grischun, RK V (1991), 69–104.

–, Das Rätoromanische in der Schweiz, in: Hinder-ling / Eichinger 1996, 335–384.

Dopsch, Heinz, Zum Anteil der Romanen undihrer Kultur an der Staatsbildung der Bajuwaren,in: Dannheimer, Hermann / Dopsch, Heinz (eds.),Die Bajuwaren. Von Severin bis Tassilo, 488–788(Gemeinsame Landesausstellung des FreistaatesBayern und des Landes Salzburg in Rosenheim undMattsee, 1988), München / Salzburg, 1988, 47–54.

Engel, Josef (ed.), Großer historischer Weltatlas,vol. 2, München, 21979.

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 29: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 771

Faggin, Giorgio, Letteratura ladina del Friuli, in:Enciclopedia monografica del Friuli-Venezia Giu-lia, vol. 3/2: La storia e la cultura, Udine, 1979,1243–1264.

–, Vocabolario della lingua friulana, Udine, 1985.

–, Grammatica friulana, Basaldella / Campofor-mido, 1997.

Finsterwalder, Karl, Das Werden des deutschenSprachraumes in Tirol im Licht der Namenfor-schung, in: Die Alpen in der europäischen Geschich-te des Mittelalters (Reichenau-Vorträge, 1961–62),Konstanz / Stuttgart, 1965, 261–274.

Fontana, Josef, Die Ladinerfrage in der Zeit 1918bis 1948, Ladinia 5 (1981), 151–220.

Francescato, Giuseppe, Dialettologia friulana,Udine, 1966.

–, ‘Rhaeto-Friulan’, in: Posner, Rebecca / Green,John N. (eds.), Trends in Romance Linguistics andPhilology, vol. 3, Den Haag / Paris / New York,1982, 131–169.

–, Friaulisch: Soziolinguistik, in: LRL 3(1989),601–610.

Francescato, Giuseppe / Salimbeni, Fulvio, Sto-ria, linguistica e società in Friuli, Udine, 21977.

Francescato, Giuseppe / Solari Francescato, Pao-la, Timau. Tre lingue per un paese, Galatina, 1994.

Frau, Giovanni, Friuli, Pisa, 1984.

–, Friaulisch: interne Sprachgeschichte II: Lexik,in: LRL 3 (1989), 586–596 (= 1989a).

–, Friaulisch: interne Sprachgeschichte III: Ono-mastik, in: LRL 3 (1989), 596–601 (= 1989b).

–, I tedeschismi nel friulano, Ce fastu? 75 (1999),7–36.

Furer, Jean-Jacques, Graubünden von der Drei-sprachigkeit zur deutschen Einsprachigkeit(?).Eine traurige Ausnahme in der Schweizer Praxis,in: Kattenbusch, Dieter (ed.), Studis romontschs.Beiträge des Rätoromanischen Kolloquiums (Gie-ßen / Rauischholzhausen, 1996), Wilhelmsfeld,1999, 1–76.

Gartner, Theodor, Viaggi ladini, Linz, 1882.

–, Raetoromanische Grammatik, Heilbronn, 1883,(Neudr.: Vaduz, 1984).

–, Handbuch der rätoromanischen Sprache und Li-teratur, Halle, 1920 (Neudr.: Vaduz, 1996).

Goebl, Hans, Drei ältere kartographische Zeugnis-se zum Dolomitenladinischen (J. V. Häufler 1846,H. Kiepert 1848 und C. Freiherr von Czoernig1856), Ladinia 11 (1987), 113–146.

–, Methodische Defizite im Bereich der Rätoroma-nistik. Kritische Bemerkungen zum Stand der so-ziolinguistischen Diskussion rund um das Dolomi-tenladinische, Sociolinguistica 4 (1990), 19–49(= 1990a).

–, Zur Geschichte des Namens eines Großraumes: LeTre Venezie, Schlern 64 (1990), 553–562 (= 1990b).

–, ‘Ma il distintivo necessario del determinato tiposta appunto nella simultanea presenza o nella par-ticolar combinazione di quei caratteri’. Methodi-sche und wissenschaftsgeschichtliche Bemerkungenzum Diskussionskomplex ‘unità ladina’, Ladinia 14(1990), 219–257 (= 1990c).

–, Die dialektale Gliederung Ladiniens aus derSicht der Ladiner. Eine Pilotstudie zum Problemder geolinguistischen ‘Mental Maps’, Ladinia 7(1993), 59–95.

–, Der Neoladinitätsdiskurs in der Provinz Belluno,Ladinia 21 (1997), 5–57.

–, Die Ethnogenese der Ladiner. Einige kurzgefaßtehistorische und linguistische Bemerkungen, in:Dopsch, Heinz / Krammel, Peter F. / Weiß, AlfredStefan (eds.), 1200 Jahre Erzbistum Salzburg. Dieälteste Metropole im deutschen Sprachraum (Bei-träge des internationalen Kongresses, Salzburg,1998), Salzburg, 1999, 45–60.

Großrubatscher, Lorenzo Giuseppe, Sprachwahlund Sprachbewußtsein der Schuljugend Grödens.Auswertung eines Fragebogens, Diss. ms., Salz-burg, 1992.

Gsell, Otto, Las rosa dattan ora – les röses dafora – le rose danno fuori: Verbalperiphrasen imRätoromanischen und im Italienischen, in: Heinz,Sieglinde / Wandruszka, Ulrich (eds.), Fakten undTheorien. Beiträge zur romanischen und allge-meinen Sprachwissenschaft. Festschrift für Hel-mut Stimm zum 65. Geburtstag, Tübingen, 1982,71–85.

–, Die Kirchen und die romanischen Minderheitenvon Graubünden bis Friaul, in: RK III (1990),125–143.

Haiman, John / Benincà, Paola, The Rhaeto-Ro-mance Languages, London / New York, 1992.

Heilmann, Luigi / Plangg, Guntram A., Ladi-nisch: externe Sprachgeschichte, in: LRL 3 (1989),742–753.

Hinderling, Robert, et al. (eds.), Handbuch dermitteleuropäischen Sprachminderheiten, Tübingen,1996.

Holtus, Günter, Bündnerromanisch: externeSprachgeschichte, in: LRL 3 (1989), 854–871.

Holtus, Günter / Kramer, Johannes, ‘Rätoroma-nisch’ in der Diskussion, in: Holtus / Ringger 1986,1–88.

–, ‘Rätoromanisch’ heute, in: iid. (eds.), ‘Rätoro-manisch’ heute (Kolloquiumsakten Mainz, 20. 12.1986), Tübingen, 1987, 3–25.

–, Neue Forschungen zur Romanität zwischenSt. Gotthard und Adria, in: Kramer, Johannes(ed.), Sive Padi ripis Athesim seu propter amoe-num. Festschrift für Giovan Battista Pellegrini,Hamburg, 1991, 23–48.

–, Neuere Arbeiten zum Bündnerromanischen, Do-lomitenladinischen und Friaulischen (1989–1992),ASRR 107 (1994), 99–134.

Page 30: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

772

–, Neue Forschungen zum Bündnerromanischen,Dolomitenladinischen und Friaulischen, MLad 21(1997), 515–553.

Holtus, Günter / Ringger, Kurt (eds.), Raetia an-tiqua et moderna. Wilhelm Theodor Elwert zum 80.Geburtstag, Tübingen, 1986.

Hornung, Maria (ed.), Die deutschen Sprachinselnin den Südalpen. Mundarten und Volkstum, Hildes-heim / Zürich / New York, 1994.

Hubschmid, Johannes, Alpenwörter romanischenund vorromanischen Ursprungs, Bern, 1951.

Iliescu, Maria, Le Frioulan: à partir des dialectesparlés en Roumanie, The Hague, 1972.

Iliescu, Maria / Siller-Runggaldier, Heidi (eds.),Rätoromanische Bibliographie, Innsbruck, 1985.

Kattenbusch, Dieter, Rätoromanisch oder Ladi-nisch? Dolomitenladinisch = Sellaladinisch = Zen-tralladinisch = Zentralrätoromanisch? Einige Be-merkungen zu einem terminologischen Streit,Ladinia 12 (1988), 5–16.

–, Ladinisch: Sprachnormierung und Standardspra-che, in: LRL 3 (1989), 704–720.

–, Die Verschriftung des Sellaladinischen. Von denersten Schreibversuchen bis zur Einheitsgraphie, S.Martin de Tor, 1994.

–, Ladinien, in: Hinderling / Eichinger 1996, 311–333.

Kraas, Frauke, Die Rätoromanen Graubündens.Peripherisierung einer Minorität, Stuttgart, 1992.

Kramer, Johannes, Ladinisch: Grammatikographieund Lexikographie, in: LRL 3 (1989), 757–763.

Kristol, Max Andres, Bündnerromanisch: Sozio-linguistik, in: LRL 3 (1989), 813–826.

Kuen, Heinrich, Der Einfluß des Deutschen aufdas Rätoromanische, Ladinia 2 (1978), 35–43.

–, Ladinisch, in: LRL 2/2 (1995), 61–68.

Lamuela, Xavier (ed.), La grafie furlane normali-zade. Regulis ortografichis de lenghe furlane e siel-te des formis gramaticâls dal furlan comun, Udine,1987.

Lardschneider-Ciampac, Archangelus, Wörter-buch der Grödner Mundart, Innsbruck, 1933 (neuherausgegeben als: Vocabulèr dl ladin de Gherdëi-na-tudësch, S. Martin de Tor, 1993).

Lia rumantscha (ed.), Rätoromanisch. Facts & Fi-gures, Chur, 1996.

Liver, Ricarda, Bündnerromanisch: interne Sprach-geschichte II: Lexik, in: LRL 3 (1989), 786–803.

–, Bündnerromanisch, in: LRL 2/2 (1995), 68–81.

–, Rätoromanisch. Eine Einführung in das Bünd-nerromanische, Tübingen, 1999.

Lüdtke, Helmut, Inchiesta sul confine dialettalefra il veneto e il friulano, Orbis 6 (1957), 122–125.

Lunz, Reimo, Zur Vor- und Frühgeschichte vonAbtei und Enneberg mit Ausblicken auf Gröden,Ladinia 3 (1979), 147–163.

Lutz, Florentin, Bündnerromanisch: Grammatiko-graphie und Lexikographie – a) Grammatikogra-phie, in: LRL 3 (1989), 888–897.

Mair, Walter N., Transferenz oder autonome Bil-dung? Bemerkungen zum Problem der Partikelver-ben im Ladinischen, Friulanischen, Italienischenund Französischen, ZrP 100 (1984), 408–432.

–, Ladinisch: Soziolinguistik, in: LRL 3 (1989),697–704.

Marcato, Carla, Friaulisch: externe Sprachge-schichte, in: LRL 3 (1989), 617–627 (= 1989a).

–, Friaulisch: Grammatikographie und Lexikogra-phie, in: LRL 3 (1989), 637-645 (= 1989b).

–, Friaulisch: Sprachnormierung und Standard-sprache, in: LRL 3 (1989), 611–616 (1989c).

–, Italien-frioulan, in: HSK 12/2 (1997), 1337–1344.

Marchetti, Giuseppe, Lineamenti di grammaticafriulana, Udine, 1952.

Martin, Max, Von der römischen Randprovinz zueiner zentralen Region des Abendlandes, in: Fur-ger, Andres (ed.), Die Schweiz zwischen Antike undMittelalter. Archäologie und Geschichte des 4. bis9. Jahrhunderts, Zürich, 1996, 41–60.

Menis, Giancarlo, Storia del Friuli dalle originialla caduta dello Stato patriarcale (1420), Udine,1984.

Mischì, Giovanni, Wörterbuch Deutsch-Gaderta-lisch. Vocabolar todësch-ladin (Val Badia), S. Mar-tin de Tor, 2000.

Moretti, Aldo, La grafia della lingua friulana,Udine, 1985.

Morgana, Silvia, Il Friuli-Venezia Giulia, in: Bru-ni, Francesco (ed.), L’italiano nelle regioni. Lin-gua nazionale e identità regionali, Torino, 1992,282–315.

–, Il Friuli-Venezia Giulia, in: Bruni, Francesco(ed.), L’italiano nelle regioni. Testi e documenti,Torino, 1994, 311–338.

Müller, Bodo, Bezeichnungen für die Sprachen,Sprecher und Länder der Romania, in: LRL 2/1(1996), 134–151.

Müller-Wolfer, Theodor (ed.), Putzger: Histori-scher Atlas zur Welt- und Schweizer Geschichte,Aarau, 1981.

Mützenberg, Gabriel, Destin de la langue et de lalittérature rhéto-romanes, Lausanne, 1974.

Nazzi Matalon, Zuan, Dopre la to lenghe! Grama-tiche furlane, Gurize / Pordenon / Udin, 1975.

Nazzi, Gianni, Vocabulario italiano-friulano, Udi-ne, 1993.

Pellegrini, Giovan Battista, Contatti linguistici fri-ulani [1969], in: id. 1972, 420–438.

VII. Die externe Sprachgeschichte der Romania continua

Page 31: Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la … 2003... · 2011-10-19 · Romanische Sprachgeschichte Histoire linguistique de la Romania Ein internationales Handbuch

67. Externe Sprachgeschichte der romanischen Sprachen im Zentral- und Ostalpenraum 773

–, Saggi sul ladino dolomitico e sul friulano, Bari,1972.

–, Lineamenti di storia linguistica friulana, in: En-ciclopedia monografica del Friuli-Venezia Giu-lia, vol. 3: La storia e la cultura, Udine, 1979,993–1018.

Pellegrini, Giovan Battista / Marcato, Carla, Ter-minologia agricola friulana – Parte prima, Udine,1988.

Pellegrini, Giovan Battista / Zamboni, Alberto,Flora popolare friulana, Udine, 1982.

Pirona, Giulio Andrea / Carletti, Ercole / Corgna-li, Giovanni Battista, Il Nuovo Pirona. Vocabola-rio friulano, Udine, 1935.

Pirona, Jacopo, Vocabolario friulano pubblicatoper cura del dr. Giulio A. Pirona, Venezia, 1871.

Putzger, Friedrich W., Historischer Weltatlas zurallgemeinen und österreichischen Geschichte, Wien,511977.

Richebuono, Bepe, La presa di coscienza dei Ladi-ni. Cenni cronologici, Ladinia 6 (1982), 95–154.

–, Breve storia dei Ladini dolomitici, S. Martin deTor, 1992.

Richebuono, Giuseppe, Storia d’Ampezzo. Studi edocumenti dalle origini al 1985, Cortina d’Ampez-zo, 1993.

Richebuono, Josef, Von der einstigen zur heutigenAusdehnung des ladinischen Sprachraumes, Ladi-nia 4 (1980), 219–241.

Riedmann, Josef, Geschichte Tirols, Wien, 1988.

Rohlfs, Gerhard, Rätoromanisch. Die Sonderstel-lung des Rätoromanischen zwischen Italienisch undFranzösisch, München, 1975.

Rossi, Hugo von, Ladinisches Wörterbuch (Voca-bolario ladino (brach) – tedesco, eds. Ulrike Kindl /Fabio Chiocchetti, Innsbruck, 1999.

Salvi, Sergio, Le nazioni proibite. Guida a dieci co-lonie ‘interne’ dell’Europa occidentale, Firenze,1973.

Schatz, Josef, Wörterbuch der Tiroler Mundarten,Innsbruck, 1955 (Neudr.: Innsbruck, 1993).

Schmid, Heinrich, Richtlinien für die Gestaltungeiner gesamtbündnerischen Schriftsprache Ru-mantsch grischun, Chur, 1982.

–, Wegleitung für den Aufbau einer gemeinsamenSchriftsprache der Dolomitenladiner, S. Martin deTor / Vich, 21989.

Schneller, Christian, Die romanischen Volksmund-arten in Südtirol. Nach ihrem Zusammenhange mitden romanischen und germanischen Sprachen ety-mologisch und grammatikalisch dargestellt, Gera,1870 (Neudr.: Vaduz, 1994).

Schuler, Martin, et al. (eds.), Strukturatlas derSchweiz. Atlas structurel de la Suisse, Zürich, 1995.

Siller-Runggaldier, Heidi / Videsott, Paul, Räto-romanische Bibliographie 1985–1997, Innsbruck,1998.

Simon, Heinz-Joachim, Deutsch-rätoromanischeund (räto)romanisch-deutsche Interferenzen, IncLing 10 (1985), 69–87.

Skubic, Mitja, Italien-slovène, in: HSK 12/2 (1997),1357–1362.

SFF = Società filologica friulana (ed.), Grafia del-la lingua friulana, Udine, 1993.

Solèr, Clau, Rätoromanische Schweiz, in: HSK 12/2(1997), 1879–1886.

Stefenelli, Arnulf, Thesen zur Entstehung und Aus-gliederung der romanischen Sprachen, in: LRL 2/1(1996), 73–90.

Steinicke, Ernst, Das Kanaltal. Val Canale. Sozial-geographie einer alpinen Minderheitenregion,Innsbruck, 1984.

Stier, Hans-Erich, et al. (eds.), Westermanns Atlaszur Weltgeschichte, 3 vol., Braunschweig, 1956(Neudr.: Darmstadt, 1997).

Stimm, Helmut / Linder, Karl Peter, Bündnerro-manisch: interne Sprachgeschichte I: Grammatik,in: LRL 3 (1989), 764–785.

Stolz, Otto, Die Ausbreitung des Deutschtums inSüdtirol im Lichte der Urkunden, 4 vol., München/ Berlin, 1927–1934.

–, Die geschichtlichen Erwähnungen der ladinischenSprache in Südtirol, ASNS 173 (1938), 59–66.

Strassoldo, Raimondo, Lingua, identità, autono-mia. Ricerche e riflessioni sociologiche sulla que-stione friulana, Udine, 1996.

Tecchiati, Umberto, Il popolamento preistorico eprotoistorico delle valli del Sella secondo linguistie archeologi: un contributo metodologico, Ladinia18 (1994), 289–298.

Ureland, Per Sture (ed.), Kulturelle und sprach-liche Minderheiten in Europa. Aspekte der europäi-schen Ethnolinguistik und Ethnopolitik (Symposi-on, Mannheim, 1980), Tübingen, 1981.

Vicario, Federico, I verbi analitici in friulano, Mi-lano, 1997.

Videsott, Paul / Plangg, Guntram A., Ennebergi-sches Wörterbuch. Vocabolar mareo. Enneber-gisch-deutsch / mareo-todësch, Innsbruck, 1998.

Viletta, Rudolf, Grundlagen des Sprachenrechts.Abhandlungen zum Sprachenrecht mit besondererBerücksichtigung des Rechts der Gemeinden desKantons Graubünden, Zürich, 1978.

Virgili, Dino, La flôr. Letteratura ladina del Friuli,2 vol., Udine, 1978.

Zamboni, Alberto, Sul neolatino delle aree margi-nali friulane: il problema del ‘bisiacco’ e la presen-za storica del veneto, in: Holtus / Ringger 1986,617–646.

Zinsli, Paul, Walser Volkstum. In der Schweiz, inVorarlberg, Liechtenstein und Italien, Chur, 1968(61991).

Hans Goebl, Salzburg