Rotklee - natuerlich-online.ch · (Fluor albus) und bei ausbleibender Pe-riode (Amenorrhoe)...

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D er Rotklee (Trifolium pratense L.), der die heimischen Wiesen von Mai bis September mit sei- nem purpurroten Kleid färbt, wird seit alters her als Glückspflanze ge- schätzt. Wer im Rasen ein vierblättriges Kleeblatt findet, darf von der Göttin Fortuna viel Gutes erwarten. So wurde das Vierblatt den Reisenden früher sogar in die Kleider eingenäht, damit sie wohl- behütet heimkehrten. Auch heute noch ist der Rotklee ein Glückssymbol: etwa auf Gratulationskar- ten oder als goldumrahmter Anhänger an einer Halskette. Die Freude und das Glück, mit denen der Rotklee verbunden wird, scheint sich auch in der botanischen Zugehörigkeit zu den Schmetterlingsblüt- lern (Fabaceae) auszudrücken – eine Pflanzenfamilie, deren Mitglieder uns in freudigen Farben entgegenleuchten: hell- violett der Hauhechel, azurblau die Wicke, blaurot die Esparsette, goldgelb der Hornklee und purpurfarben der Rot- klee. Trifolium pratense ist eine wichtige Futterpflanze für Hummeln, wobei nur Langrüssler imstande sind, in die Tiefen der nektarführenden Schmetterlingsblüte vorzudringen. Eines der Kronblätter, die so genannte «Fahne», ist hoch aufgerich- tet, um den Naschmäulern den Weg zu weisen. Zwei seitliche Kronblätter, die «Flügel», dienen den Fluggästen als Landeplatz. Zwei weitere sind zu einem «Schiffchen» verwachsen und bergen die Staubfäden und Fruchtknoten. Die Flügel und das Schiffchen sind in ihrer Kons- truktion raffiniert ineinander verzahnt, so dass sich das Insekt nur mit seinem Gewicht darauf setzen muss, um die Blüte ruckartig aufzuschliessen. Wenn es mit seinem langen Rüssel den süssen Nektar von der Narbe abschlürft, kommt es zur Bestäubung. Dagegen müssen Kurzrüssler – wie zum Beispiel die Bienen – die Kron- röhre seitlich aufbeissen, um an den Ho- nig zu gelangen. 50 Natürlich | 7-2003 Rotklee statt Hormontherapie Rotklee statt Hormontherapie Der Rotklee, im Volksmund bekannt als Glücksbringer, ist von der Wissenschaft als Alternative zur Hormonersatztherapie entdeckt worden. Seine Extrakte sollen Wechseljahrbeschwerden und Osteoporose lindern. Text und Fotos: Bruno Vonarburg

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Der Rotklee (Trifolium pratenseL.), der die heimischen Wiesenvon Mai bis September mit sei-nem purpurroten Kleid färbt,

wird seit alters her als Glückspflanze ge-schätzt. Wer im Rasen ein vierblättrigesKleeblatt findet, darf von der GöttinFortuna viel Gutes erwarten. So wurde dasVierblatt den Reisenden früher sogar indie Kleider eingenäht, damit sie wohl-behütet heimkehrten.

Auch heute noch ist der Rotklee einGlückssymbol: etwa auf Gratulationskar-ten oder als goldumrahmter Anhänger aneiner Halskette. Die Freude und dasGlück, mit denen der Rotklee verbunden

wird, scheint sich auch in der botanischenZugehörigkeit zu den Schmetterlingsblüt-lern (Fabaceae) auszudrücken – einePflanzenfamilie, deren Mitglieder uns infreudigen Farben entgegenleuchten: hell-violett der Hauhechel, azurblau dieWicke, blaurot die Esparsette, goldgelbder Hornklee und purpurfarben der Rot-klee.

Trifolium pratense ist eine wichtigeFutterpflanze für Hummeln, wobei nurLangrüssler imstande sind, in die Tiefender nektarführenden Schmetterlingsblütevorzudringen. Eines der Kronblätter, dieso genannte «Fahne», ist hoch aufgerich-tet, um den Naschmäulern den Weg zu

weisen. Zwei seitliche Kronblätter, die«Flügel», dienen den Fluggästen alsLandeplatz. Zwei weitere sind zu einem«Schiffchen» verwachsen und bergen dieStaubfäden und Fruchtknoten. Die Flügelund das Schiffchen sind in ihrer Kons-truktion raffiniert ineinander verzahnt, sodass sich das Insekt nur mit seinemGewicht darauf setzen muss, um die Blüteruckartig aufzuschliessen. Wenn es mitseinem langen Rüssel den süssen Nektarvon der Narbe abschlürft, kommt es zurBestäubung. Dagegen müssen Kurzrüssler– wie zum Beispiel die Bienen – die Kron-röhre seitlich aufbeissen, um an den Ho-nig zu gelangen.

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Rotkleestatt HormontherapieRotklee

statt HormontherapieDer Rotklee, im Volksmund bekannt als Glücksbringer, ist von der

Wissenschaft als Alternative zur Hormonersatztherapie entdeckt worden.

Seine Extrakte sollen Wechseljahrbeschwerden und Osteoporose lindern.

Text und Fotos: Bruno Vonarburg

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Betrachten wir die dreizähligen (mit-unter auch vier- oder fünfzähligen), ei-förmigen und behaarten Blätter, die anStängeln von 10 bis 30 Zentimeter Längesitzen, erkennen wir in der Mitte ein weissverfärbtes Ornament. Gegen Abend rich-tet sich das Blattwerk wie bei vielen ande-ren Schmetterlingsblütlern aufwärts.

Ein wichtigerBodenverbessererAn den büschelartigen Wurzeln derPflanze sitzen winzige Knötchen, die Bak-terien enthalten. Diese sind imstande, denStickstoff der Erde zu binden, ihn für dieWiesengewächse in eine verwertbareForm umzuwandeln und durch die Stick-stoff-Fixierung die Bodenqualität zu ver-bessern. Aus diesem Grunde wird der Rot-klee in Europa seit dem 11. Jahrhundertals wichtige eiweisshaltige Futterpflanzeauf den Weiden angebaut.

Der botanische Gattungsname «Trifo-lium» wird aus den lateinischen Wörtern«tria» für «drei» und «folium» für «Blatt»abgeleitet, was «Dreiblatt» bedeutet. Derlateinische Beiname «pratense» heisstübersetzt «Wiese», ein Hinweis auf denStandort der Pflanze.

Früher saugten die Kinder den süssenNektar des Rotklees aus den Blüten-röhren. So ist der Name Himmels- oderZuckerbrot entstanden. Im Volksmundist die Pflanze auch als Wiesenklee, Tür-kischer Klee, Spanischer Klee, Holländi-scher Klee, Futterklee, Katzenklee, Acker-klee, Mattenklee, Mäuseklee, Fleischklee,Heublume, Honigblume, Herrgottsbrotoder Sügerli bekannt.

In Mitteleuropa wachsen bis zu 30Kleearten. Ein naher Verwandter mit ver-blüffender Ähnlichkeit zum Rotklee ist derMittlere Klee (Trifolium medium L.), derzickzack gebogene Stängel und schmalereBlätter besitzt. Der Kriechende Klee (Trifo-lium repens L.) trägt kugelförmige, weisseBlüten, der Inkarnatklee (Trifolium in-carnatum L.) purpurrote, zylindrischeBlüten. Auffallend ist der Blütenstand desAlpenklees (Trifolium alpinum L.), derfackelartig aufrecht gerichtet ist.

Rotklee in der VolksmedizinIn der Volksmedizin besitzt der Rotkleeseinen festen Platz, obwohl die Pflanze inden Kräuterbüchern kaum Erwähnung

findet. Aus Erfahrung weiss man, dass dieBlüten, die kurz vor der Mittagszeit vonMai bis September an biologisch reinenStellen geerntet werden, schleim- undhustenlösend, krampfwidrig und wund-heilend wirken.

Als Tee werden die getrockneten Blü-ten des Rotklees bei Husten, Keuchhus-ten, zur Nervenberuhigung, bei Ausfluss(Fluor albus) und bei ausbleibender Pe-riode (Amenorrhoe) eingesetzt. Anwen-dung: 1 Teelöffel voll Blüten in einerTasse mit kochend heissem Wasser über-brühen. Dann lässt man 5 Minuten zie-hen, filtriert ab und trinkt den Tee 3-maltäglich ungesüsst oder mit Honig versüsstschluckweise nach den Mahlzeiten.

Dieser Blütentee kann auch zur äus-serlichen Behandlung von Hautausschlä-gen und Ekzemen verwendet werden. Indiesem Fall die zu behandelnden Haut-stellen mit einem mit Rotklee-Absudbefeuchteten Gazetuch morgens undabends reinigen.

Volksmedizinisch wird der Rotkleeauch als Sirup zur Blutreinigung empfoh-len. Ein entsprechendes Rezept stammtvon «Chrüteroski», welches in seinemBuch «Die Natur im Kochtopf» (Ex librisVerlag) aufgeführt wird: Für zirka 1,2 lSirup benötigt man 0,75 l ausgezupfteRotkleeblüten, 1 l Wasser, 3 Zitronen-scheiben, 2 Orangenscheiben und 1 kgRohrzucker. Die sauber gewaschenenund verlesenen Rotkleeblüten mit demWasser und den Zitronen- und Orangen-scheiben kurz aufkochen und zugedeckt20 Minuten ziehen lassen. Den Saft durchein Leinentuch giessen und zusammenmit dem Zucker ca. 1 Stunde lang ein-kochen. Heiss in sterile, vorgewärmteFlaschen abfüllen und verkorken.

Bei Bedarf nimmt man 3-mal täglich 1EL voll verdünnt in einem Glas Wasser ein.

Vorsicht: In der Schwangerschaft undStillzeit sollte der Rotklee nicht verwendetwerden, da er vorzeitige Wehen oder dasVersiegen der Muttermilch auslösen kann.

Pflanzliche Hormone Vielen Frauen werden zur Linderung vonWechseljahrbeschwerden und zur Osteo-porose-Prophylaxe synthetische Hormonein Form von Pflastern, Gel, Depotspritzenoder Dragees empfohlen. In einer kürzlichdurchgeführten amerikanischen Studiekonnte aber nachgewiesen werden, dass

sich diese so genannte Hormonersatzthera-pie auf die Gesundheit der Frau schädlichauswirkt: 16000 Frauen erhielten in demklinischen Test während 8 Jahren eineÖstrogen-Gestagen-Kombination oder einPlacebo (Scheinmedikament). Die bisherweltweit grösste Studie über die Hormon-thematik musste vom NIH (NationalesGesundheitsinstitut der USA) nach einerZwischenprüfung vorzeitig abgebrochenwerden, da die mit Hormonen behandelteGruppe häufiger an Brustkrebs und Herz-infarkt erkrankte als die mit Placebo be-handelten Frauen.

Seit einigen Jahren werden Phyto-östrogene als Alternative zur Hormoner-satztherapie erforscht. Unter dem Begriff«Phytoöstrogene» versteht man ausPflanzen stammende Verbindungen, dieim menschlichen Organismus hor-monähnliche Effekte auslösen. Phyto-östrogene enthalten beispielsweise Rot-klee, Soja, Hülsenfrüchte wie Bohnen,Linsen und Kichererbsen. In über 300Pflanzen aus 16 Pflanzenfamilien konnteman diese Verbindungen bisher nachwei-sen und sie wurden in verschiedene Stoff-gruppen unterteilt: Lignane aus Vollkorn-getreide, Ölsamen (Lein, Sesam), Son-nenblumenkerne, Hülsenfrüchte undCruziferengemüse; Stilbene aus der Wein-traube; Isoflavone aus Rotklee, Weissklee,Bitterklee und Steinklee sowie Cumestaneaus Alfalfa-Sprossen.

Diese Natursubstanzen entfalten jeneWirkungen, die üblicherweise mit derklassischen Hormonersatztherapie erzielt

Chrüteregge GESUNDHEIT

Glückssymbol: vierblättriges Kleeblatt

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werden, allerdings ohne unerwünschteNebenwirkungen, und sie besitzen einenachweisbar brustkrebshemmende Wir-kung. Bestätigt wird dies auch durch diedeutlich niedrigere Brustkrebsrate inasiatischen Ländern mit ihrer an Phyto-östrogenen reichen, vegetarischen undsojareichen Ernährung. Auch in Finn-land, wo besonders viel dunkles Voll-kornbrot und Beeren aller Art aus denheimischen Wäldern gegessen werden,soll das Brustkrebsrisiko nach epidemio-logischen Studien nur halb so hoch seinwie in den USA. Ferner treten klimakte-rische Störungen (Wechseljahrbeschwer-den), Osteoporose (Verminderung derKnochendichte) und koronare Herz-erkrankungen in Finnland wie auch inAsien deutlich seltener auf.

Den Phytoöstrogenen wird ein gros-ses Interesse entgegengebracht, wobeider Rotklee eine privilegierte Sonderstel-lung einnimmt. Diese Kleeart beinhaltet

vier verschiedene Isoflavone – Genistein,Daidzein, Biochanin A, Formononetin – ,die von den körpereigenen Enzymen ge-spalten und vom Organismus verwertetwerden können.

Der komplizierte Wirkungsmechanis-mus der Inhaltsstoffe wurde von einemWiener Wissenschaftlerteam erforscht.Dieses konnte nachweisen, dass Rotklee-Extrakt typische Östrogenmangel-Be-schwerden in den Wechseljahren zu lin-

dern vermag: u.a. Wallungen, Schwitzen,Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen,Osteoporose und Schlaflosigkeit. Auchfanden die Forscher heraus, dass die Iso-flavone im Rotklee um ein Vielfacheshöher konzentriert vorliegen als im Soja.Die Gefahr, Krebs auzulösen, ist ausge-schlossen, da die im Rotklee enthaltenenPhytoöstrogene nur selektiv Beta-Rezep-toren aktivieren, nicht aber die Alpha-Rezeptoren, die sich im Brustgewebe oderin der Gebärmutter befinden.

Im Gegensatz zur Hormonersatzthera-pie verursachen Rotklee-Präparate keineNebenwirkungen, sondern sind ein injeder Hinsicht vorzügliches Mittel gegentypische Wechseljahr-Beschwerden – mitpräventiver Wirkung gegen Osteoporoseund Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

In einer placebokontrollierten Doppel-blindstudie an 110 Frauen wurden die Wir-kungen von Rotklee-Extrakt während derMenopause untersucht: Die eine Hälfte derProbandinnen nahm täglich eine Kapselmit 40 mg Isoflavonen aus Rotklee ein, dieandere Hälfte ein Placebo. 84% der mitIsoflavonen behandelten Frauen spürteneine deutliche Besserung des Allgemein-befindens und eine Reduktion ihrer kli-makterischen Beschwerden (Hitzewallun-gen, Schweissausbrüche, Depressionen). ■

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ChrütereggeGESUNDHEIT

Rotklee-PräparateUm über die bereits erfolgten Untersuchungen und zukünftige Studien zum Thema

«Rotklee» zu informieren, wurde ein interdisziplinäres Forum bzw. eine Plattform

([email protected]) gegründet, denen eine wissenschaftliche Forschungsgemein-

schaft mit Prof. Dr. Johannes C. Huber und Prof. Dr. Markus Metka von der Universi-

tätsklinik für Frauenheilkunde Wien angehört.

In Deutschland sind bereits Rotkleepräparate unter dem Namen «Menoflavon»

der Firma Pascoe im Angebot. In der Schweiz sind Rotkleepräparate dagegen noch

nicht erhältlich. Arzneien mit Traubensilberkerzenextrakt (Actaea racemosa) aus

Drogerie, Apotheke oder (Natur-)Arztpraxis zeigen bei klimakterischen Beschwer-

den jedoch gleich gute Wirkungen.

Dosierung: Im Normalfall ist bei leichten bis mittelstarken menopausalen Be-

schwerden mit der Einnahme von 1 bis 2 Kapseln Rotklee-Extrakt (40–80 mg Wirk-

substanz) täglich eine ausreichende Versorgung mit Isoflavonen gewährleistet, um

den Beschwerden des Klimakteriums auf natürliche Weise zu begegnen.

Besitzt schmalere Blätter als der Rotklee: Mittlerer Klee (unten), zum Vergleich Rotklee (rechts)

Trägt kugel-runde weisseBlüten:KriechenderKlee

Charakteristische zylin-drische Blüten: Inkarnatklee

Der Blütenstandist fackelartigaufrechtgerichtet:Alpenklee