Ruhr Universität Bochum · Im Tractus opticus ziehen die Fasern weiter zum Corpus geniculatum...

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Ruhr Universität Bochum Prof. Dr. rer. nat. Th. Mittmann Dienstort: Johannes Gutenberg-Universität Abt. Physiologie und Pathophysiologie Die Rolle des neurotrophen Faktors BDNF für läsionsinduzierte Plastizität im visuellen Kortex der BDNF (+/-) Maus Inaugural-Dissertation Zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin Einer Hohen Medizinischen Fakultät Der Ruhr-Universität Bochum Vorgelegt von Sarah Breiter Aus Vreden 2010

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Ruhr Universität Bochum Prof. Dr. rer. nat. Th. Mittmann

Dienstort: Johannes Gutenberg-Universität Abt. Physiologie und Pathophysiologie

Die Rolle des neurotrophen Faktors BDNF für läsionsinduzierte Plastizität im visuellen Kortex der BDNF (+/-) Maus

Inaugural-Dissertation Zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin

Einer Hohen Medizinischen Fakultät Der Ruhr-Universität Bochum

Vorgelegt von Sarah Breiter Aus Vreden

2010

Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. rer. nat. Th. Mittmann Korrekferent Prof. Dr. rer. nat. G. Zoidl Tag der mündlichen Prüfung: 17.05.2011

Abstract

Nach Läsionen im zerebralen Kortex kann das Gewebe in der Nähe der Läsion

teilweise den funktionellen Verlust kompensieren, der durch die Läsion

entstanden ist. Die Mechanismen dieser erhöhten Plastizität sind jedoch nicht

ausreichend verstanden. Der neurotrophe Faktor BDNF könnte die

läsionsinduzierte Plastizität vermitteln, da er unter anderem für Reifung und

Stabilisierung von Synapsen verantwortlich ist und ihm eine große Rolle bei

Lernprozessen wie LTP zugesprochen wird.

Um die Rolle von BDNF bei läsionsinduzierter Plastizität näher zu

untersuchen, wurden heterozygote BDNF knockout Tiere mit Wt Tieren

verglichen. Bei 21 Tage alten narkotisierten Mäusen wurden Läserläsion im

visuellen Kortex induziert. Nach einer Überlebenszeit von zwei bis sechs Tagen

wurden Gehirnschnitte der Tiere elektrophysiologisch untersucht. Dabei konnte

in Wt Kontrolltieren nach Reizung der kortikalen Schicht IV eine

Langzeitpotenzierung (LTP) von extrazellulär abgeleiteten Feldpotentialen in

Schicht II/III beobachtet werden, während BDNF(+/-) Mäuse keine LTP

ausbildeten. Wt Tiere zeigten am Läsionsrand eine erhöhte LTP von ca. 40%.

Überraschenderweise wurde bei BDNF(+/-) Mäusen post-Läsion ebenfalls eine

stabile LTP von etwas mehr als 20% gemessen. Durch die Läsion wurden also

Mechanismen ausgelöst, die sowohl in Wt Tieren wie auch in BDNF(+/-)

Mäusen zu einer Erhöhung, bzw. Wiederherstellung der LTP führen.

Um diese Mechanismen näher zu untersuchen, wurde die Expressions-

Stärke der BDNF mRNA gemessen. 24h nach Läsion zeigte sich am Rande der

Läsion in BDNF(+/-) Tieren wie auch in Wt Tieren eine signifikante Reduktion

der BDNF mRNA, nach fünf Tagen war kein Unterschied im BDNF Level mehr

zu messen.

Diese Daten zeigen, dass die Läsions-induzierte Auslösbarkeit von LTP

in BDFN(+/-) Mäusen ebenso wie die gesteigerte LTP nach Läsionen in Wt

Tieren mit einer Erniedrigung der BDNF-Expression einher geht. Dies könnte

das bereits beschriebene Ungleichgewicht zwischen kortikaler Hemmung und

Erregung post-Läsion ermöglichen und so zu der hier beobachteten

verbesserten synaptischen Plastizität in den BDNF(+/-) Tieren am Läsionsrand

führen.

Meiner Familie

I

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

1.1 Das visuelle System 1 1.1.1 Die Sehbahn 1 1.1.2 Aufbau des primär visuellen Kortex 3 1.1.3 Zellen des primär visuellen Kortex 4

1.2 Exitatorisches und Inhibitorisches System 5 1.3 Synaptische Plastizität 6

1.3.1 Langzeitpotentierung 8 1.3.2 Läsionsinduzierte Plastizität 10

1.4 Neurotrophine 14 1.4.1 Das Neurotrophin BDNF 15 1.4.2 BDNF und Epilepsie 16 1.4.3 BDNF und synaptische Transmission 17 1.4.4 Bedeutung von BDNF für Plastizität 18 1.4.5 Das Modell der BDNF(+/-) Maus 20

1.5 Ziele der Arbeit 21 2 Material und Methoden 24

2.1 Tiere 24 2.2 Genotypisierung 25 2.3 In vivo Läsion 26

2.3.1 Sham-Operationen 27 2.4 Herstellung von akuten Gehirnschnitten 28 2.5 Histologie 29

2.5.1 Nissl-Färbung 29 2.5.2 Immunhistochemie:GFAP-Färbung 29

2.6 Elektrophysiologischer Messplatz 30 2.7 Elektrophysiologie 32

2.7.1 Elektrophysiologische Messungen 32 2.7.2 Auswertung der extrazellulären Messungen 35

2.8 Messung der BDNF mRNA-Konzentration im

visuellen Kortex mittels RT-PCR 35 2.8.1 Herstellung der cDNA 36 2.8.2 DNA-Amplifikation mit der Polymerase-Kettenreaktion 39 2.8.3 Agarose-Gelelektrophorese 40 2.8.4 Auswertung der Messung der mRNA-Konzentration 41

Formatiert

Formatiert

II

3 Ergebnisse 42

3.1 Histologie 42 3.2 Ergebnisse der Elektrophysiologie 44

3.2.1 Einfluss von Läsionen auf synaptische Plastizität im visuellen Kortex der Maus 46

3.2.1.1 Basale synaptische Übertragung (I-O-Kurve) nach Läsion 46

3.2.1.2 Verstärkte LTP nach Läsionen im visuellen Kortex 48 3.2.1.3 Keine Veränderung in der LTP nach Scheinoperation 50

3.2.2 Veränderte synaptische Plastizität im visuellen Kortex der BDNF(+/-) Maus 52

3.2.2.1 Basale synaptische Übertragung (I-O Kurve) in Hirnschnitten von BDNF (+/-) Mäusen 52 3.2.2.2 Beeinträchtigte LTP Expression in

BDNF(+/-) Mäusen 54

3.2.3 Einfluss von Läsionen auf die LTP Expression in BDNF(+/-) Mäusen 56 3.2.3.1 Basale synaptische Übertragung (I-O Kurve) in

BDNF(+/-) Mäusen nach Läsion 56 3.2.3.2 Wiederherstellung von LTP in BDNF(+/-) Mäusen

nach Läsion 58 3.2.3.3 Keine Änderung der LTP nach Scheinoperationen

bei BDNF(+/-) Mäusen 60 3.2.3.4 Vergleich zwischen Ausprägung der LTP in

unbehandelten Wt-Mäusen und läsionierten BDNF(+/-) Mäusen 62

3.2.4 Vergleich der LTP zwischen verschiedenen Versuchsgruppen 62

3.3 Ergebnisse der RT-PCR 64 3.3.1 Expression von BDNF nach Läsion 64

Formatiert

III

4 Diskussion 68

4.1 Gliose in der Umgebung der Läsion 69 4.2 Typische Form der Feldpotentiale 69 4.3 Diskussion der Methode 70 4.4 Verstärkte LTP nach Läsion im visuellen Kortex der Wt Maus 72 4.5 Erneute Auslösbarkeit von LTP nach Läsion im visuellen Kortex der BDNF(+/-) Maus 74 4.6 Quantifizierung der BDNF mRNA 76 4.7 BDNF und Hemmung 78 4.8 Räumliche und zeitliche Veränderung der BDNF Expression - nach Läsion 79 4.9 Zusammenfassung der Diskussion 82

5 Literaturverzeichnis 84

Formatiert

Formatiert

Formatiert

Abkürzungen

A Ampere

ACSF zerebrospinale Flüssigkeit

Aqua dest. Destilliertes Wasser

BDNF brain-derived neurotrophic factor

°C Grad Celsius

cAMP zyklisches Adenosinmonophosphat

D-AP5 D-2-amino-5-phosphonopentanoate

DNA Desoxyribonuclein-Säure

DNQX 6,7-Dinitroquinoxalin-2,3-dion

FP Feldpotentiale

GABA γ-Aminobuttersäure

GAD Glutamat-Decarboxylase

GFAP Glial fibrillary acidic protein (Gliäres saures Filamentprotein)

Hz Hertz

KO Knockout

LTD Langzeit-Depression (engl.: long-term depression)

LTP Langzeit-Potenzierung (engl.: long-term potentiation)

n Anzahl der Experimente

NMDA N-Methyl-D-Aspertat

p Irrtumswahrscheinlichkeit

PARV Parvalbumin

PBS Phosphate-Buffer-Solution (Phosphat-Puffer-Lösung)

RNA Ribonucleinsäure

SEM Standartfehler des Mittelwertes

TBS Theta burst stimulation

Trk A/B/C Tyrosin Kinase Rezeptor A/B/C

V Volt

1

1. Einleitung

Synaptische Plastizität ist seit Jahrzehnten ein wichtiger

Forschungsgegenstand der Neurowissenschaft. Unter dem Begriff der

synaptischen Plastizität werden sowohl funktionelle als auch strukturelle

Veränderungen an Neuronen des Nervensystems als Reaktion auf Umweltreize

zusammengefasst. Diese Fähigkeit des Nervensystems, sich individuell der

Umwelt anzupassen ist insbesondere bei jungen Tieren in der sogenannten

„kritischen Periode“ (Kirkwood et al., 1995) sehr hoch und nimmt im Alter

dramatisch ab. Gleichwohl gibt es Mechanismen, die auch dem adulten Gehirn

eine hohe Plastizität ermöglichen. Insbesondere nach Hirnverletzungen scheint

das umliegende Gewebe in beeindruckendem Maße fähig zu sein, sich

funktionell zu reorganisieren und somit den Ausfall der verletzten Region

auszugleichen (Taub et al. 2002). Eine erhöhte Plastizität nach Verletzungen

wurde bereits in verschiedenen Hirnarealen beobachtet, wie zum Beispiel im

somatosensorischen (Jenkins & Merzenich, 1987) und im visuellen System

(Eysel & Schweigart, 1999; Mittmann & Eysel, 2001). Entgegen der früheren

Annahme, dass Nervenzellen ihr Leben lang nur einen Aufgabenbereich

erfüllen können, wird nun immer deutlicher, dass diese Zellen nach

entsprechender Modulation auch Aufgaben anderer Nervenzellen übernehmen

und so den Ausfall, der zum Beispiel aus einer Hirngewebeschädigung

resultiert, ausgleichen können.

1.1 Das visuelle System

1.1.1 Die Sehbahn

Sehen ist ein komplexer Vorgang, der einer Umwandlung eines physikalischen

Reizes (Licht) in ein elektrisches Signals bedarf. Visuelle Informationen der

Umwelt treffen in Form von Lichtwellen einer bestimmten Frequenz auf die

Netzhaut des Auges. Die in der Netzhaut enthaltenen Photorezeptoren wandeln

das Licht in elektrische Impulse um, die vom Axon der Fotorezeptorzelle

weitergeleitet wird. Über Schaltstationen wird das Bild verarbeitet und über

Ganglienzellen an die Großhirnrinde (Cortex cerebri) geschickt. Dabei werden

Detail-, Farb- und Bewegungsinformationen bereits in der Retina von

2

unterschiedlichen Zellklassen verarbeitet. Das magnozelluläre System der

Ganglienzellen zeichnet sich durch hohe Kontrast- und

Bewegungsempfindlichkeit aus. Das parvozelluläre System ist dagegen

farbempfindlich und auf Detailanalyse spezialisiert. Die funktionelle Unterteilung

des magno- und parvozellulärem System bleibt auch auf dem gesamten Weg

der Signalverarbeitung bis in den visuellen Kortex erhalten.

Zunächst trifft der optische Reiz dabei auf die Sinneszellen der Retina.

Hier vermitteln sogenannte Stäbchen die Hell- Dunkel- Wahrnehmung und

Zapfen die Farbwahrnehmung. Von diesem ersten Neuron, das auf der äußeren

Körnerzellschicht liegt, wird das Signal an das zweite Neuron der Sehbahn, die

Bipolarzelle, weitergeleitet. Diese befindet sich auf der inneren

Körnerzellschicht. Die nächste Umschaltung von Bipolarzellen auf

Ganglienzellen wird ebenso innerhalb der Retina organisiert. Durch

Horizontalzellen und Amakrine Zellen erfolgt eine weitere Verarbeitung des

Signals auf dem Weg zur Ganglienzelle. Durchschnittlich enthält jede

Ganglienzelle Input aus ca. 126 Millionen Photorezeptoren. Um diese Fülle an

Information verarbeiten zu können gibt es laterale Hemmungsmechanismen,

die durch sogenannte Off-Zentren zur inhibitorischen Off-Reaktion führen. In

den On-Zentren kommt es hingegen zu einer exitatorischen On-Reaktion. Die

langen Axone der Ganglienzellen bilden den Sehnerven (Nervus opticus). Die

beiden Sehnerven des rechten und linken Auges vereinigen sich dann oberhalb

der Hypophyse im Chiasma opicum. Beim Menschen kreuzen sich die Fasern,

die aus dem nasalen Bereich der Netzhaut (somit aus den temporalen

Gesichtsfeldhälften) stammen, während die Fasern der lateralen

Netzhauthälften ungekreuzt verlaufen. Im Tractus opticus ziehen die Fasern

weiter zum Corpus geniculatum laterale (CGL), einem Kerngebiet des

Thalamus, wo eine Verarbeitung und Umschaltung der Nervenfasern stattfindet.

Von dort erstreckt sich schließlich das vierte Neuron der Sehbahn in der

Sehstrahlung (Radiatio optica) zum primären visuellen Kortex (V1) im Bereich

des Okzipitalpols, der nomenklatorisch der Area 17 nach Brodmann entspricht.

Über die gesamte Sehbahn hinweg wird die räumliche Gestalt der

Reizeinwirkung beibehalten, was man als Retinotopie bezeichnet. Dies

bedeutet, dass nebeneinander liegende Sinneszellen auch in benachbarte

Gebiete im ZNS projizieren. Dabei wird eine Nervenzelle im primären visuellen

3

Kortex immer von den selben Ganglienzellen der Netzhaut erregt. Dieser

Bereich des Gesichtfeldes, in dem visuelle Reize eine bestimmte Nervenzelle

erregen wird als rezeptives Feld bezeichnet. Nebeneinander liegende retinale

Ganglienzellen besitzen benachbarte und auch überlappende rezeptive Felder

und projizieren zu benachbarten Neuronen der nächst höheren Stufe. Diese

räumliche Ordnung bleibt von der Rezeptorebene in der Retina bis in die

höheren Verarbeitungsebenen im Kortex weitgehend erhalten.

1.1.2 Aufbau des primär visuellen Kortex

Die Verarbeitung im primären visuellen Kortex geschieht durch drei

verschiedene Zelltypen (Hubel & Wiesel, 1959). Die einfachen Zellen (simple

cells) entdecken durch die oben genannten On- und Off-Zentren die

Orientierung im Raum. Die komplexen Zellen (complex cells) sind für

Entdeckung der Reizbewegung zuständig. Der dritte Zelltyp, die

hyperkomplexen Zellen (hypercomplex cells), reagiert nicht nur auf Orientierung

und Bewegungsrichtung, sondern zusätzlich auf Länge, Breite oder andere

Eigenschaften von Formen.

Der primäre visuelle Kortex ist auf Grund morphologischer Merkmale in

sechs nicht scharf begrenzte parallel zur Kortexoberfläche verlaufende

Schichten unterteilt (layer I-VI): Schicht I: Molekularschicht (lamina molecularis)

– sie ist die äußerste Schicht und enthält fast ausschließlich Fasern aus

anderen Hirnregionen. Diese Schicht enthält nur wenig Zellen, deren Dendriten

parallel zur Kortexoberfläche verlaufen. Es finden sich vor allem dünne Axone,

Dendriten und synaptische Verbindungen (Hoffmann und Wehrhahn, 2001).

Schicht II: äußere Körnerschicht (lamina granularis externa) und Schicht III:

äußere Pyramidenschicht (lamina piramidalis externa) werden häufig

zusammengefasst, da es keine deutliche Grenze zwischen ihnen gibt. Hier

befinden sich Pyramidenzellen, die in Schicht III größer sind als in II. Ihre Axone

verlaufen in vertikaler Richtung zur Kortexoberfläche in tiefer gelegene

intrakortikale Schichten (Kisvárday et al., 1997) und senden ebenfalls

Axonkollaterale in horizontaler Richtung und bilden somit kortiko-kortikale

Faserverbindungen. Schicht IV: innere Körnerzellschicht (lamina granularis

interna) – diese Schicht ist im primären visuellen Kortex besonders stark

4

ausgebildet, da sie über den Thalamus Afferenzen von den sensorischen

Neuronen erhält. Sie ist reich an kleinen Sternzellen mit kurzen Axonen, die ihre

Signale dann zunächst in die Schichten II-III und dann zu den Schichten V und

VI schicken. Zellen der Schicht IV besitzen überwiegend Horizontalfasern.

Schicht V: innere Pyramidenschicht (lamina pyramidalis interna) – sie ist durch

die größten Pyramidenzellen gekennzeichnet. Efferenzen aus dieser Schicht

projizieren zurück zum Mittelhirn und schicken ihre Signale ebenfalls zum

kontralateralen Kortex. Schicht VI: multiforme Schicht (lamina multimorfis) –

diese Schicht wird von Zellen verschiedener Morphologie aufgebaut, deren

aufsteigende Neuriten zu oberflächlichen Rindenschichten ziehen. Die großen

Pyramidenzellen dieser Schicht liefern Rückprojektionen zum Corpus

geniculatum laterale des Thalamus.

1.2.3 Zellen des primär visuellen Kortex

Der Kortex enthält zwei Haupttypen von Neuronen: Pyramidenzellen und Nicht-

Pyramidenzellen Die Pyramidenzellen machen ca. 85 % der Neurone im primär

visuellen Kortex aus und verdanken ihren Namen dem annähernd dreieckigen

Zellkörper (Soma). Sie sind vorwiegend in Schicht III und V zu finden. Ihre

feinen langen Dentriten sind dicht mit Dornfortsäzten (spines) besetzt sind.

Über diese synaptische Verbindung empfangen sie exitatorischen Input anderer

Nervenzellen. Am Zellkörper hingegen sitzen vorwiegend inhibitorische

Synapsen. Die Axone der Pyramidenzellen verzweigen sich in alle Richtungen

und projizieren sowohl in andere Hirnregionen als auch zu Neuronen der

Umgebung. Sie senden exitatorische Reize zu zum Teil weit entfernten Zellen.

Die Nicht-Pyramidenzellen kommen besonders dich in Schicht IV des primär

visuellen Kortex vor. Sie sind kleiner als Pyramidenzellen und haben eine

unregelmäßigere Gestalt und Anordnung als die Pyramidenzellen. Als

sogenannte Sternzellen besitzen sie eine sternenförmige Morphologie mit

entweder „dornigen“ (spiny stellate cells) oder „glatten“ (smooth stellate cells)

Zellkörpern. Die Pyramidenzellen und die dornigen Sternzellen sind exitatorisch

und benutzen als Transmitter vorwiegend Glutamat (Glu). Werden synaptische

Übertragungen von Schicht IV zu Schicht II/III gemessen, so sind dies

vorwiegend exitatorische Signale (Kirkwood & Bear, 1994). Daneben haben die

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GABAergen glatten Sternzellen inhibitorische Funktion (Wurtz & Kandel, 2000).

Im Gegensatz zu Pyramidenzellen haben Nicht-Pyramidenzellen relativ kurze

Axone und nehmen nur Kontakt zu benachbarten Zellen auf und schicken ihre

Axone nicht in andere Teile des Gehirns.

1.2 Exitatorisches und Inhibitorisches System

Die Kommunikation zwischen Neuronen im Nervensystem erfolgt über

synaptische Verbindungen, die die Information entweder elektrisch durch Strom

oder chemisch durch Transmitter weitergeben. Es gibt im Wesentlichen zwei

Arten von chemischen Synapsen im zentralen Nervensystem: erregende und

hemmende. Dabei wird im sog. präsynaptischen Anteil der Transmitter

ausgeschüttet, der an Rezeptoren des sog. postsynaptischen Teiles bindet und

so seine Wirkung entfaltet. Bei hemmenden Synapsen wird durch den

wichtigsten hemmenden Transmitter γ-Aminobuttersäure (GABA) eine

Hyperpolarisierung des Ruhemembranpotentials der Zelle und somit ein

inhibitorisches postsynaptisches Potential (IPSP) ausgelöst. Dahingegen

kommt es durch Glutamat, den wichtigsten Transmitter der erregenden

Synapsen, zu einer Depolarisierung des Ruhemembranpotentials und somit zu

einem exitatorischen postsynaptischen Potential (EPSP).

Normalerweise herrscht ein gewisses Gleichgewicht zwischen diesen

hemmenden und erregenden Transmittern (Martin, 1993), das unter anderem

durch ein Enzym, die Glutamat-Decarboxylase (GAD) aufrecht erhalten, bzw

moduliert wird. Durch GAD wird Glutamat durch Decarboxylierung in GABA

umgewandelt (Roberts & Frankel, 1950). GAD kommt in den meisten

GABAergen Interneuronen in zwei Isoformen vor, GAD65 und GAD67, die

beide in der Synthese des GABA-Transmitterpools involviert sind. GAD67 findet

sich als freies Protein vor allem im Cytoplasma, während GAD65 stärker in

Axonterminalen lokalisiert und mit synaptischen Vesikeln assoziiert ist

(Esclapez et al., 1994). Kleine Änderungen im Gleichgewicht zwischen

Hemmung und Erregung können bereits die neuronale

Informationsverarbeitung beeinflussen (Liu, 2002). Kann das Gleichgewicht

zwischen Glutamat und GABA nicht aufrecht erhalten werden, z.B. bei GAD

knock out Tieren, resultieren schwerwiegende Folgen. GAD-65 knock out Tiere

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synthetisieren weniger GABA und entwickeln in Folge dessen schnell Epilepsie,

während ein GAD-67 knock out sogar letal ist, da diese Tiere am Tag der

Geburt an einer ausgeprägten Gaumenspalte sterben (Asada et al., 1997).

1.3 Synaptische Plastizität

Die Fähigkeit des Gehirns, sich an unterschiedliche Umweltbedingungen

anzupassen, wird als neuronale Plastizität bezeichnet. Dies wird durch eine

veränderte synaptische Übertragung von einem Neuron zu einem anderen

erreicht. Diese Verbindungen zwischen Neuronen können durch

Veränderungen während der Entwicklung, bei Lernvorgängen, bei

Regenerationsprozessen nach Verletzungen, erfahrungsbedingt und bei

altersbedingten Degenerationsprozessen moduliert werden. Dazu stehen

verschiedene Mechanismen zur Verfügung. Unter anderem sind dies die

Ausbildung neuer dendritischer axonaler oder terminaler Neuronenfortsätze, die

Knüpfung zusätzlicher synaptischer Kontakte und die bedarfsorientierte

Modifizierung biochemischer Prozesse (Kasai et al., 2010).

Ein Beispiel für diese Umstrukturierung und Anpassung an äußere

Bedingungen ist, das eine Auge bei einem jungen Patienten für einen

definierten Zeitraum zu verschliessen, während das andere normal weiter

benutzt wird. Nach einer bestimmten Zeit entwickelt sich eine sog. Amblyopie.

Das heißt, dass auf dem zuvor geschlossenen Auge auch nach dem Öffnen im

schlimmsten Falle sogar eine funktionelle Blindheit entstehen kann, obwohl

sowohl Retina, Thalamus, visueller Kortex wie auch die nervalen Verbindungen

keinen äußeren Schaden erlitten haben (Wiesel & Hubel, 1963; Berardi et al.,

2000). Im visuellen Kortex findet währenddessen eine aktive Reorganisation

statt. Der Input jedes Auges wird im Kortex durch bestimmte Bereiche

repräsentiert. Dabei existieren sog. ocular dominance columns, die das

dominante Auge erkennen lassen (Hubel & Wiesel, 1976; Shatz & Stryker,

1978). Nach einer bestimmten Zeit nach Schließen eines Auges (monokkulare

Deprivation) wird der Bereich im Kortex, der dieses Auge repräsentiert, immer

kleiner, der Bereich, der das andere Auge widerspiegelt, dafür größer (Antonini

& Stryker, 1996; Antonini et al., 1999). Die bipolaren Neurone des visuellen

Kortex verarbeiten nur noch Eingänge vom normal benutzen Auge. Durch den

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fehlenden Aktivitätseingang des verschlossenen Auges werden diese Eingänge

also abgeschwächt, die anderen dafür verstärkt. Wie schnell diese

Reorganisation umgesetzt wird, bzw. wie viel Zeit vergeht, bis das

geschlossene Auge funktionell erblindet, ist von dem Zeitpunkt der Entwicklung

abhängig. Es gibt eine bestimmte Phase im Leben einer jeden

Säugetierspezies, in der diese Plastizität besonders groß ist. Diese Phase ist in

der frühen Entwicklung angesiedelt und proportional zur Lebenserwartung der

Spezies. Jeder kennt sicher aus eigener Erfahrung, dass es jungen Menschen

leichter fällt etwas Neues zu Lernen oder Dinge zu behalten. Diese Zeitspanne

der genetisch vorprogrammierten erhöhten Plastizität wird critical period (d:

kritische Periode) genannt (Hubel & Wiesel, 1970; Hubel et al., 1977; Berardi et

al., 2000). Bei Mäusen beginnt diese Entwicklungsphase etwa eine Woche

nachdem die Tiere die Augen öffnen (ungefähr am 13. postnatalen Tag), also

ca. am 20. postnatalen Tag und hat ihren Höhepunkt ungefähr 28 Tage nach

der Geburt (Gordon & Stryker, 2003).

Durch welche Mechanismen Plastizität vermittelt wird und wie diese weiter

modiziert oder sogar verstärkt werden können ist seit Jahrzehnten Gegenstand

der neurowissenschaftlichen Forschung. Bereits im Jahre 1949 wurde die

Hebbsche Regel aufgestellt, die noch heute als grundlegendes Prinzip für

synaptische Plastizität und Lernen gilt. In seinem Werk The Organization of

Behaviour heisst es:

„Wenn ein Axon der Zelle A [%] Zelle B erregt und wiederholt und

dauerhaft zur Erzeugung von Aktionspotenzialen in Zelle B beiträgt, so resultiert

dies in Wachstumsprozessen oder metabolischen Veränderungen in einer oder

in beiden Zellen, die bewirken, dass die Effizienz von Zelle A in Bezug auf die

Erzeugung eines Aktionspotenzials in B größer wird.“ (Hebb, 1966). Eine

verstärkte synaptische Übertragung über einen längeren Zeitraum nennt man

Langzeitpotentierung (engl.: long-term potentiation; LTP) (Bliss & Lomo, 1973),

geschwächte synaptische Effektivität hingegen Langzeitdepression (engl.:

longterm depression; LTD) (Artola et al., 1990; Dudek & Bear, 1993).

8

1.3.1 Langzeitpotentierung

Hier soll näher auf LTP eingegangen werden, die als wichtigstes zelluläres

Korrelat von Lern- und Gedächtnisvorgängen angesehen wird (Holscher, 1999).

Man teilt die Veränderungen nach Induktion von LTP nach ihrer zeitlichen

Abfolge in drei Phasen ein (Sweatt, 1999). Die unmittelbaren Kurzzeiteffekte,

die direkt nach der Induktion von LTP greifen, werden short-term potentiation

(STP) genannt. Posttranslationale Modifikationen an schon vorhandenen

Proteinen, die Minuten bis Stunden dauern, werden zeitlich dem early LTP

zugeordnet. Die späteren, auf veränderte Expression von Proteinen

zurückzuführenden Effekte werden late LTP genannt und dauern Stunden in

vitro und Tage bis Monate in vivo und können sogar ein Leben lang anhalten

(Bliss & Gardner-Medwin, 1973; Abraham et al., 2002).

Bisher sind noch nicht alle zellulären und molekularen Mechanismen, die

zu LTP führen, bekannt. Die Induktion und Aufrechterhaltung von LTP ist sehr

komplex und bedarf vieler molekularer Mechanismen. Bevor an einer Synapse

eine LTP induziert wird, erfolgt die basale synaptische Übertragung über eine

Aktivierung von α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionsäure (AMPA)-

Rezeptorkanälen. Als ionotrope Glutamatrezeptoren ermöglichen sie erst nach

Aktivierung durch einen entsprechenden Liganden (in diesem Falle Glutamat)

den Durchtritt eines bestimmten Ions durch den Rezeptorkanal. Glutamat wird

von der Präsynapse ausgeschüttet und setzt sich an den AMPA-Rezeptor, der

dadurch aktiviert wird. Dies ermöglicht einen Natrium-Einstrom und einen

schwachen Kalium-Ausstrom. Insgesamt kommt es zur schnellen

Depolarisation der Zelle. Wichtig für die Induktion von LTP sind nun

spannungsabhängige N-Methyl-D-Aspertat (NMDA) Rezeptoren (Malenka &

Bear, 2004). Diese gehören ebenfalls zu den ionotropen Glutamatrezeptoren.

Während basaler synaptischer Übertragung sind diese NMDA-Rezeptoren

jedoch durch Magnesium-Ionen blockiert und somit für Ionen unpassierbar

(Nowak et al., 1984; Antonov & Johnson, 1999). Die Magnesium-Ionen werden

entfernt, wenn die postsynaptische Zelle durch einen hochfrequenten

präsynaptischen Reiz und verstärkte Glutamatfreisetzung depolarisiert wird.

Dadurch wird der Magnesiumblock der MDA-Rezeptoren aufgehoben (Bliss &

Collingridge, 1993; Malenka & Nicoll, 1999). Nach der Aufhebung dieser

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spannungsabhängigen Blockade durch z.B.. einem präsynaptisch applizierten

„Theta-Burst“, ist der NMDA-Rezeptorkanal für Kalzium-Ionen permeabel, die

nun neben Natrium in die Zelle strömen.

Eine weitere Möglichkeit der LTP-Induktion wird nicht über NMDA-

Rezeptoren sondern über sog. metabotrope (d. h. G-Protein gekoppelte)

Glutamatrezeptoren (mGluR I) vermittelt. Diese stimulieren die

membranständige Phospholipase C, die ihrerseits die Spaltung des

Membranlipids Phosphatidylinositolbisphosphat (PIP2) zu Diacylglycerol (DAG)

und Inositoltrisphosphat (IP3) hervorruft. IP3 führt als sog. „Second Messenger“

zur Freisetzung zusätzlicher Kalziumionen aus intrazellulären Kalziumspeichern

(Endoplasmatisches Retikulum). Beide Mechanismen führen zu einem

erheblichen, wenn auch kurzen Anstieg der intrazellulären

Kalziumkonzentration (Malenka et al., 1992). Kalzium ist nun ebenfalls ein

Second Messenger, der weitere metabolische Prozesse auslöst. In der Regel

handelt es sich um die Aktivierung von Enzymen wie Adenylatcyclase,

Phosphodiesterase, Proteinphosphatase 2B (= Calcineurin) oder CaM-

Proteinkinase. Zusammenfassend bewirken diese Enzyme eine Stärkung der

synaptischen Verbindung und eine erhöhte postsynaptische Erregbarkeit. Um

dies zu gewährleisten, werden zum Beispiel neue AMPA-Rezeptoren in die

Plasmamembran eingebaut (Malinow & Malenka, 2002; Bredt & Nicoll, 2003).

Außerdem werden Glutamatrezeptoren phosphoryliert, was zu einer Änderung

der Eigenschaften dieser Rezeptoren und somit einer Stärkung der

synaptischen Verbindung führt (Soderling & Derkach, 2000).

Um die LTP für Stunden und Tage aufrecht zu erhalten (late LTP) bedarf

es der Änderung der Gentranskription und der Proteinsynthese. Durch die

Erhöhung der Kalziumkonzentration während der früheren Phasen der LTP

werden verschiedene Kinasen wie Proteinkinase-A (PKA), Kalziumcalmodulin-

Kinase (CaMK) und mitogen activated protein kinase (MAPK) stimuliert. Diese

Proteine phosphorylieren bestimmte Transkriptionsfaktoren, insbesondere das

cAMP (cyklisches Adenosin Monophosphat) response element-binding protein

(CREB) (Impey et al., 1996), das im phosphorylierten Zustand an das CREP-

Bindungs-Protein (CBP) bindet. Dieses bildet mit weiteren Proteinen einen

Proteinkomplex, mit dem die Promoter-Region für die Transkription des c-Fos-

Gens freigelegt werden kann (Herdegen & Leah, 1998; Lamprecht, 1999).

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Zusammen mit anderen Proteinen kann nun die Gentranskription weiterer Gene

initiiert werden.

Das Gegenstück zur Langzeitpotentierung stellt die Langzeitdepression

da. Hierbei handelt es sich um die dauerhafte Abschwächung der synaptischen

Effektivität. Ebenso wie LTP wird LTD über NMDA-Rezeptoren vermittelt.

Ausschlaggebend ist dabei die Frequenz der Stimulation (Dudek & Bear, 1992).

Durch eine niedrigfrequente Stimulation kommt es zu einem relativ geringen

Kalziumeinstrom, der dann zu LTD führt, während eine hochfrequente

Stimulation einen starken Kalziumeinstrom bewirkt und so LTP auslöst

(Bienenstock et al., 1982). Als intrazelluläres Signalmolekül aktiviert Kalzium

auch bei LTD weitere Enzyme, die für die Aufrechterhaltung der LTD sorgen.

Auch existiert wie bei LTP eine mGlu-Rezeptor-abhängige Form der

LTD, bei der über weitere Signalmoleküle die Ausschüttung von Kalzium aus

intrazellulären Speichern initiiert wird. Durch LTD werden nicht nur synaptische

Verbindungen geschwächt, sondern LTD ist ebenso ein wichtiger Mechanismus

bei räumlicher Orientierung.

1.3.2 Läsionsinduzierte Plastizität

Die Fähigkeit des Gehirns, sich an wechselnde Umweltbedingungen

anzupassen und flexibel zu bleiben, nimmt im Alter dramatisch ab. Doch in

jüngster Zeit wurde festgestellt, dass es bestimmte Situationen gibt, in denen

das adulte Gehirn erneut zu höher Plastizität fähig ist, so als ob es wieder jung

wäre. Es wurde zum Beispiel beobachtet, dass nach Läsionen das intakte

Gewebe in Umgebung des Schadens die verlorengegangenen Funktionen

zumindest teilweise übernehmen kann. Dies wurde zum Beispiel nach einem

Schlaganfall (Nudo & Milliken, 1996; Carmichael, 2003), oder einer Läsion in

verschiedenen Kortexarealen wie dem Motorkortex (Jenkins & Merzenich,1987;

Cohan et al., 1993; Seitz et al., 1995) gesehen. Auch für den visuellen Kortex

sind Mechanismen der funktionellen Reorganisation bekannt: Ein

umschriebener Schaden im visuellen Kortex resultiert in einem umschriebenen

Defekt im Blickfeld. Diese Lücke im Blickfeld wird Skotom genannt. Mit Hilfe der

erhöhten Plastizität in der Umgebung der Läsion konnte durch visuelles

Training die Größe des Skotoms reduziert werden. Es lies sich beispielsweise

11

feststellen, dass sich rezeptive Felder in vivo in der Umgebung von chronischen

Läsionen im visuellen Kortex von Katzen durch die gesteigerte Plastizität

vergrößern und so ggf. den Funktionsverlust ausgleichen können, der durch die

Läsion zuerst entstanden ist (Eysel & Schweigart, 1999).

Unterschiedliche strukturelle und funktionelle Reorganisationsprozesse

können den funktionellen Verlust kompensieren und sogar zur Reparatur von

verletztem Gewebe führen. Ein Zeichen für die verstärkten Umbauprozesse

nach Läsionen zeigt die erhöhte Aktivität, die in der Umgebung einer Läsion

gefunden wurde (Eysel & Schmidt-Kastner, 1991). Die Mechanismen, die zu

erhöhter Plastizität nach Läsionen führen, sind sehr komplex und noch nicht

hinreichend erforscht. Es ist jedoch bekannt, dass viele zellulären

Mechanismen in der Umgebung eines Schadens dem juvenilen, also „jungen“,

Gewebe sehr ähnlich sind, so dass zum Beispiel LTP, einer der wichtigsten

Mechanismen für Plastizität, leichter und stärker ausgelöst werden kann. Dabei

ist eine verstärkte LTP nur in bestimmten Bereichen nahe der Läsion zu

messen (Dohle et al., 2009). Ebenso finden verschiedene Veränderungen in

einem limitierten Bereich um die Läsion herum statt, fehlen jedoch am direkten

Läsionsrand (Barmashenko et al., 2003). Im Folgenden soll näher auf zellulären

Mechanismen nach Läsionen eingegangen werden und ein Vergleich zur

Plastizität in jungem Gewebe gezogen werden.

Es wurden bereits einige Faktoren identifiziert, die für erhöhte Plastizität

verantwortlich gemacht werden. Beispielsweise ist nach Läsionen die Balance

zwischen Erregung und Hemmung dahingehend verändert, dass die Hemmung

unterdrückt wird und somit eine „Netto-Erregung“ resultiert (Mittmann et al.,

1994; Redecker et al., 2000). Es ist bereits bekannt, dass eine LTP leichter

auszulösen ist, wenn die Hemmung reduziert wurde (Artola & Singer, 1987,

Bear et al, 1992). Diese Veränderung der Balance zwischen Inhibition und

Excitation wird auch durch Modifikation der Transmittersysteme

wiedergespiegelt. Deafferenzierungsexperimente und kortikale

Läsionsexperimente zeigen eine reduzierte Aktivität des inhibitorischen

Transmittersystems (GABA, GABA-Rezeptor, GAD) nach Läsionen (Warren et

al., 1989; Hendry & Carder, 1992; Redecker et al., 2000). Dies geht einher mit

einer Vergrößerung der angrenzenden rezeptiven Felder (Warren et al., 1989;

Jones, 2000). Es wurde außerdem eine Glutamat-Zunahme am Rande des

12

Projektionsgebietes gesehen, die mit einer Vergrößerung der rezeptiven Felder

einher geht (Arckens et al., 2000). Pharmakologische Experimente zeigen, dass

nach Glutamat-Applikation die Feuerschwelle der Neurone vermindert ist, es

jedoch nicht zu einer Vergrößerung der rezeptiven Felder kommt (Dykes et al.,

1984). Die Applikation eines GABA-Antagonisten führt hingegen sehr wohl zur

Zunahme der rezeptiven Feldgröße (Dykes et al., 1984; Alloway & Burton,

1991; Kyriazi et al., 1998). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass dem

inhibitorischen System eine große Rolle bei plastischen Prozessen wie

Reorganisation der kortikalen Topographie zukommt.

Auch während frühen Entwicklungsphasen ist das Gleichgewicht

zwischen Erregung und Hemmung zu Gunsten der Erregung verändert, da sich

hemmende Synapsen erst später ausbilden als erregende (Long et al., 2005).

Es konnte gezeigt werden, dass junge Tiere jedoch erst die kritische Periode für

Okular Dominanz erreichen, also hochplastisch sind, wenn die Inhibition zu

einem gewissen Anteil ausgebildet worden ist. BDNF übernimmt hier eine

große Rolle, da es die Reifung der inhibitorischen Neuronen vermittelt (Huang

et al., 1999). In späteren Entwicklungsstadien führt eine verstärkte Inhibition

jedoch zu einer Reduktion der Plastizität (Sale et al., 2010). Hierbei scheint

nicht das absolute Level der Inhibition sondern die Balance zwischen Inhibition

und Excitation entscheidend zu sein. Die genauen Mechanismen, die zu einer

Veränderung im Gleichgewicht zwischen Hemmung und Erregung führen, sind

jedoch noch nicht identifiziert. Ebenso ist unklar, auf welchem Wege die

veränderte Balance zwischen Hemmung und Erregung eine erhöhte Plastizität

vermittelt. Mehrere Arbeiten geben jedoch Hinweise darauf, dass eine NMDA-

Rezeptor unabhängige LTP ausgelöst werden kann, wenn es zu einer

Reduktion der Hemmung gekommen ist, wie es nach Läsionen der Fall ist.

Diese Form der LTP wird über metabotrophe Glutamatrezeptoren vermittelt. Die

Aktivierung dieser Rezeptoren führt dann indirekt zu einer Freisetzung

intrazellulärer Kalziumspeicher (Wilsch et al., 1998). Dies erfolgt nach Kopplung

an die Phospholipase C über Proteinkinase C und Ca²+/Calmodulin abhängige

Kinase II, die die intrazellulären Kalziumspeicher öffnen und so LTP induzieren

(Bortolotto et al., 1999; De Blasi et al. 2001 ). Diese nicht NMDA-Rezeptor

abhängige LTP ist jedoch nicht allein verantwortlich für erhöhte Plastizität nach

Läsionen.

13

Nach Läsionen ist auch die intrazelluläre Kalziumkonzentration

(Barmashenko et al., 2001) auf Grund veränderter NMDA- (Rumpel et al., 2000;

Hümmeke et al., 2004) und AMPA-Rezeptor Zusammensetzung (Barmashenko

et al., 2003) erhöht, was ebenfalls zu verstärkter Plastizität führen kann. Die

Aktivierung von NMDA-Rezeptoren führt also zu einem Einstrom von Kalzium in

die Zelle und spielt so eine Schlüsselrolle bei der Induktion von NMDA-

Rezeptor abhängiger LTP (Malenka et al., 1989). NMDA Rezeptoren sind

Heteromere und enthalten die Untereinheit NR1 und eine oder mehrere der vier

verschiedenen NR2 Untereinheiten (NR2A-D) (Monyer et al., 1994). Je nach

Zusammensetzung des NMDA Rezeptors mit verschiedenen NR2

Untereinheiten variieren die biophysikalischen Eigenschaften des Rezeptors.

So kann die Größe der LTP beeinfllusst werden. Enthält der NMDA Rezeptor

die NR2B Untereinheit, ist die Öffnung des Rezeptors verlängert und es kommt

zu einem größeren Kalziumeinstrom in die Zelle und dadurch zu einer

vergrößerten LTP (Camignoto & Vicini, 1992). Nach Läsionen wurde eine

veränderte Expression der m-RNA für die Untereinheiten NR2A und NR2B

beobachtet (Rumpel et al., 2000). Es konnte gezeigt werden, dass die

verstärkte LTP am Läsionsrand von der spezifischen Aktivität von NMDA

Rezeptoren, welche die NR2B Untereinheit exprimieren, abhängig ist.

(Huemmeke et al., 2004). Auch in der Phase der frühen postnatalen

Entwicklung werden hohe Anteile von NR2B Untereinheiten mit hoher

synaptischer Lernfähigkeit in Verbindung gebracht (Barth & Malenka, 2001).

Zudem haben die C-Terminale der verschiedenen NR2 Untereinheiten

unterschiedliche Wirkung auf die Signalkaskaden, die zu einer lang

andauernden LTP führen. Die C-Terminalen mit der NR2B Untereinheit werden

dabei als besonders förderlich für LTP angesehen (Husi et al., 2000; Sprengel

et al., 1998).

Neben diesen funktionellen Veränderungen kommt es nach Läsionen

auch zu strukturellen Veränderungsprozessen im neuronalen System. Durch

Neurogenese und Gliagenese werden neue Nerven- und Gliazellen gebildet,

um interneuronale Verbindungen wieder herzustellen (Dash et al., 2001; Jin et

al., 2001). Nicht nur Nervenzellen, sondern auch Gliazellen sind wichtig für

Reorganisationsprozesse (Guthrie et al., 1997), da diese die metabolische

Versorgung und sogar die Modulation von Signalübertragungen vermitteln. Eine

14

Gliose nach Läsionen wurde unter anderem nach Kortexläsionen bei Ratten

gefunden (Mittmann et al., 1994; Kálmán et al., 2000). Auch die Verbindungen

der Nervenzellen untereinander werden moduliert. So kommt es nach Schäden

des peripheren und des zentralen Nervensystems zu axonalem Wachstum,

Auswachsen von Dendriten und zur Bildung oder Rückbildung von Spines und

Synapsen, wie es zum Beispiel nach traumatischer Durchtrennung des peripher

somatosensorischen Inputs bei Affen (Florence et al.,1998), nach

Retinaläsionen bei Katzen (Arckens et al., 2000) oder nach Kortexläsionen des

entorhinalen Kortex bei Ratten (Deller & Frotscher, 1997) beobachtet wurde.

Auch die Morphologie der Spines unterliegt nach Läsionen im Hippokampus

(Reeves & Steward, 1986) oder der Retina (Keck et al., 2007) strukturellen

Reorganisationsprozessen, die die Erregbarkeit postsynaptischer Neurone

verändern können. All diese Mechanismen helfen dabei, verloren gegangene

interneuronale Verbindungen wiederherzustellen (Niquet et al., 1995).

In den letzten Jahren gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass

sogenannte Neurotrophine, besonders brain-derived- neurotrophic factor

(BDNF), nach Läsionen und nach Schlaganfall im umgebenden Gewebe eine

veränderte Expression zeigen (Sulejczak et al., 2007). In diesem

Zusammenhang wird vermutet, dass BDNF für die erhöhte Plastizität nach

Läsionen verantwortlich ist.

1.4 Neurotrophine

Neurotrophine haben eine enorme Bedeutung für das Überleben und die

Differenzierung bestimmter Neuronenpopulationen. Die Zellen im

Nervensystem konkurrieren um die Neurotrophine, da Neurone, die keinen oder

nur sehr begrenzten Zugang zu Neurotrophinen haben, durch Apoptose zu

Grunde gehen (J. Yuan, B. A. Yankner, 2000). Ferner sind Neurotrophine in der

Lage, synaptische Verbindungen aufrecht zu erhalten (Vicario-Abejon et al.,

2002). So ist in BDNF knockout Mäusen die Anzahl der sensorischen Neurone

reduziert (Ernfors et al., 1994).

In Säugetieren existieren fünf Typen von Neurotrophinen: NGF (nerv

groth factor) (Levi-Montalcini & Booker, 1969), BDNF (brain derived

neurotrophic factor) (Leibrock et al., 1989), NT-3 (Neurotrophin 3), NT-4

15

(Neurotrophin 4) , NT-5 (Neurotrophin 5). Da NT-4 und NT-5 ähnliche

Eigenschaften besitzen, werden sie häufig als NT-4/5 zusammengefasst (Hohn

et al., 1990; Maisonpierre et al., 1990). Die Neurotrophine können an zwei

verschiedene Klassen von membranständigen Rezeptoren binden: p75

Neurotrophin Rezeptor (p75NTR), ein Rezeptor der TNF-Rezeptor Familie und

Rezeptoren der Tyrosinkinase-Rezeptor-Familie (Trk A, Trk B und Trk C).

Während alle Neurotrophine mit recht geringer Affinität an den p75NTR binden

können, sind die Trk Rezeptoren spezifisch für einzelne Neurotrophine: Trk A

für NGF, Trk B für BDNF, NT-4 und NT-5 und Trk C für NT-3. Nach Bindung

eines der Neurotrophine an seinen spezifischen Trk Rezeptor gibt es eine

Vielzahl hochkomplexer Möglichkeiten der Weitergabe des Signals durch

sogenannte Signaltransduktionskaskaden. Diese sind zudem von

unterschiedlichen Faktoren abhängig. Allen gemein ist jedoch, dass die Trk-

Rezeptoren nach Ligandenbindung dimerisieren und einige Tyrosine ihrer

intrazellulären Domäne autophosphorylieren. Diese phosphorylierten Tyrosine

dienen nun als Anker für weitere Proteine der Signaltransduktion, die als

Adaptoren, Kinasen, Lipasen oder Phosphatasen die Information weitertragen

(Kaplan & Miller, 2000).

Im Laufe der letzten Jahre gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass

Neurotrophine, besonders brain-derived-neurotrophic factor (BDNF) auch für

erhöhte Plastizität nach Hirngewebeschäden mitverantwortlich sein könnten.

1.4.1 Das Neurotrophin BDNF

Da BDNF eine besondere Rolle in synaptischer Transmission und

aktivitätsabhängiger Plastizität wie LTP zugeschrieben wird (Poo, 2001), ist

BDNF ein wichtiger Faktor, der Plastizität modulieren kann. Die Freisetzung von

BDNF ist stark aktivitäts-abhängig (Patterson, 1996; Desai, 1999; Genaud,

2004) und macht BDNF daher zu einem geeigneten Kandidaten,

aktivitätsabhängige Prozesse wie LTP zu beeinflussen.

BDNF wird unter anderem von Neuronen exprimiert. Neueste Arbeiten

geben Hinweise darauf, dass BDNF zum Beispiel nach Läsionen wie einem

lakunären Schlaganfall auch durch Gliazellen exprimiert werden kann (Sato et

al., 2009). BDNF wird sowohl im zentralen wie auch dem peripheren

16

Nervensystem gefunden. Im Gehirn ist BDNF im Hippocampus, dem Kortex und

dem basalen Vorderhin besonders vertreten, genau in den Arealen, die für

Lernen, Gedächtnis und höheres Denken zuständig sind. Im Hippocampus und

kortikalen Regionen ist BDNF hauptsächlich somatodendritisch (Fawcett et al.,

1997; Goodman et al., 1996; Hartmann et al., 2001; Kojima et al., 2001) und

axonal (Kohara et al., 2001) lokalisiert. Außerdem wurde es auch innerhalb der

Synapse entdeckt (Fawcett et al., 1997; Goodman et al., 1996).

Zunächst wird BDNF als Präpro-Protein synthetisiert. Im

Endoplasmatischen Retikulum wird die Prä-Sequenz abgespalten und das

verbleibende Pro-BDNF wird am Golgie-Apparat in sekretorische Vesikel

verpackt. Einerseits konnte gezeigt werden, dass Proteinkonvertasen (z.B.

PC1, Furine) in diesen Vesikeln das Propeptid abspalten (Seidah et al., 1998)

und so eine regulierte Exozytose des Neurotrophins ermöglichen (Heymach et

al., 1996; Mowla et al., 1999). Andererseits kann das Pro-BDNF auch als Pro-

Protein sekretiert werden und extrazellulär durch Proteasen gespalten werden

(Lee et al., 2001; Lessmann et al., 2003). Die BDNF- Vesikel werden sowohl in

das präsynaptische Axon (anterograd), wie auch in die postsynaptischen

Anteile (retrograd) transportiert. Das Level von BDNF in der Synapse untersteht

zwei Regulationsmechanismen: Einerseits wird der Transport der BDNF-Vesikel

zu ihrem Ziel reguliert. Andererseits wird die Konzentration von BDNF durch

lokale Translation von BDNF mRNA gesteuert (Tongiorgi et al., 1997; Kang &

Schuman 1996; Cassadio et al., 1999).

1.4.2 BDNF und Epilepsie

Obwohl alle Neurotrophine für das Nervenzellwachstum und die Differenzierung

der Nervenzellen eine essentielle Rollen spielen, scheint eine besonders hohe

Konzentration von BDNF jedoch pathologische Prozesse wie abnorme

elektrische Aktivität und Übererregbarkeit des Gehirns zu vermitteln. Die

neuronale Erkrankung Epilepsie ist ebenso durch eine Übererregbarkeit des

Gehirns und durch wiederkehrende abnorme elektrische Aktivität

charakterisiert. Es gibt mehrere Ursachen, die Epilepsie generieren. So führen

zum Beispiel der Verlust von Neuronen, hippokampale Neurogenese, Gliose

und Austreiben neuer neuronaler Verbindungen zu einer Umorganisation des

17

neuronalen Netzwerkes und zu einer Veränderung der zellulären Homöostase

(Lukasiuk & Pitkanen, 2004; Pitkanen et al., 2002; Scharfmann et al., 2002) .

Der neurotrophe Faktor BDNF und sein Rezeptorsystem Trk B scheinen in

diese Umorganisation und die Entstehung von Epilepsie verwickelt zu sein

(Binder et al., 2001; Lindvall et al., 1994; Scharfman et al., 2002). Sowohl BDNF

wie auch der Trk B Rezeptor sind bei epileptischen Anfällen erhöht (Ernfors et

al., 1991; Jankowsky & Patterson, 2001; Merlio et al., 1993). Wenn exogenes

BDNF in vitro zu akuten Hirnschnitten gegeben wird, erhöht dies die

synaptische Übertragung (Scharfman, 1997). Auch transgene Mäuse, die

vermehrt BDNF bilden, zeigen eine erhöhte Bereitschaft zu epileptischen

Anfällen (Croll et al., 1999). Ebenso reduziert eine herabgesetzte Wirkung von

BDNF die Entstehung von Epilepsie (Lahteinen et al., 2002) . Heterozygote

BDNF Mäuse (BDNF (+/-) und ebenso Mäuse, die mit TrkB-Antikörpern

behandelt wurden, zeigten ein verzögertes Auftreten von Epilepsie (Binder et

al., 1999; Kokaia et al., 1995). Zusammengefasst ist es sehr wahrscheinlich,

dass ein erhöhtes Angebot von BDNF und oder vom TrkB Rezeptor durch die

Verstärkung neuronaler Aktivität auch das Risiko zur Entwicklung einer

Epilepsie steigern.

1.4.3 BDNF und synaptische Transmission

BDNF ist als neurotropher Faktor nicht nur für Differenzierung und Reifung von

Neuronen zuständig, sondern vermittelt verschiedenste Aspekte neuronaler

Funktion während Entwicklung und Veränderung des Nervensystems. In der

Wirkweise von BDNF kann ein akuter von einem chronischen Effekt

unterschieden werden (Gottmann et al., 2009).

Die akute Wirkung von BDNF bezieht sich besonders auf die Modulation

synaptischer Übertragung (Lu, 2003; Poo, 2001). Hierbei beeinflusst BDNF

sowohl das exitatorische wie auch das inhibitorische System.

Im exitatorischen System verstärkt BDNF die synaptische Übertragung

vor allem durch Erleichterung der Transmitter Freisetzung an der Präsynapse

(Li et al., 1998; Taniguchi et al., 2000). Doch auch die postsynaptische

Membran wird von BDNF verändert, indem BDNF unter anderem die Zahl und

18

Effektivität von AMPA Rezeptoren erhöht (Nariswa-Saito et al., 1999; Itami et

al., 2003).

Auch im inhibitorischen System hat BDNF einen Einfluss auf prä- und auf

postsynaptische Mechanismen (Frerking et al., 1998; Bruning et al., 2001) und

scheint eine entscheidende Rolle für schnelle synaptische Inhibition zu spielen

(Tanaka et al., 1997; Cheng & Yeh 2003). Der Einfluss von BDNF auf GABA

Transmissionen ist sehr komplex. So wurde beobachtet, dass BDNF

interessanterweise GABA-A vermittelte inhibitorische Transmission

abschwächen, aber auch verstärken kann (Tanaka et al., 1997; Frerking et al.,

1998; Bruning et al., 2001).

Die chronische Wirkung von BDNF spiegelt sich vor allem in der

Ausreifung glutamaterger und GABAerger Synapsen wider. So kann sogar der

Eintrittszeitpunkt der kritischen Periode durch das enge Zusammenspiel von

BDNF und GABA verändert werden. Es wurde herausgefunden, dass eine

Überexpression von BDNF die Reifung von inhibitorischen Neuronen fördert

(Hanover et al., 1999; Huang et al., 1999) und so die kritische Periode für

monoculare Deprivation zu einem früheren Zeitpunkt auftreten lässt (Fagiolini &

Hensch, 2000; Iwai et al., 2003). Umgekehrt kann der Eintritt dieser kritischen

Periode auch nach hinten verschoben werden. Bei Dunkelaufzuchten kommt es

beispielsweise zu einem reduzierten Level an BDNF (Castren et al., 1992) und

damit auch zu reduzierter Hemmung (Morales et al., 2002, Chen et al., 2001),

was die kritische Periode für monoculare Deprivation bis zum Erwachsenenalter

verschieben kann (Iwai et al., 2001; Mower, 1991; Fagiolini et al., 2003).

1.4.4 Bedeutung von BDNF für Plastizität

Trotz oder gerade wegen der epileptogenen Komponente ist BDNF ist ein sehr

geeingeter Kanditat, um aktivitätsabhängige Prozesse wie LTP zu beeinflussen,

da die Freisetzung von BDNF aktivitätsabhängig moduliert wird (Patterson

1996; Desai 1999; Genaud 2004). Die Freisetzung von Neurotrophinen wird

auch durch Neurotrophine selbst reguliert (Lindholm et al., 1994; Patz & Wahle,

2004), was die Aktivitätsabhängigkeit unterstreicht.

Durch verschiedene Studien wurde eine aktivitätsabhängige Anpassung

der BDNF Expression, bzw. der BDNF-mRNA untersucht: Es wurde

19

beobachtet, dass die mRNA für BDNF nach visuellem Lernen herauf reguliert

wird (Gomez-Pinilla et al., 2001; Kesslak et al., 1998; Mizuno et al., 2000).

Weiterhin führt eine angereicherte Umgebung (engl.: enriched environment)

dazu, dass mRNA und das Proteinlevel für BDNF in Kortex, Hippocampus,

basalem Vorderhirn und Medulla oblongata erhöht werden (Falkenberg et al.,

1992; Ickes et al., 2000). Freiwilliges Training führt zu einem Anstieg von BDNF

mRNA im Hippocampus (Gomez-Pinilla et al., 2001; Neeper et al., 1996;

Russo-Neustadt et al., 1999; Vaynman et al., 2003). Sogar durch

vergleichsweise kleine Stimulationen wie das Berühren von Barthaaren einer

Katze wird eine BDNF mRNA Expression induziert (Rocamora et al., 1996). All

dies zeigt die große Bedeutung von BDNF für Lernprozesse. Ein Entzug von

Stimulation und damit von Aktivität hingegen führt dazu, dass BDNF vermindert

ausgeschüttet wird. Zum Beispiel führt eine Deprivation von Licht zu einer

Herunter-Regulation des BDNF Protein sowie der mRNA (Castren et al., 1992).

BDNF erleichtert die Ausbildung von LTP auf der synaptischen Ebene

(Akaneya et al., 1997). Zusätzlich vermindert BDNF die Ausbildung von LTD in

Schicht II/III des visuellen Kortex (Akaneya et al., 1997, Huber et al., 1998,

Kinoshita et al., 1999). In Versuchsmodellen, in denen die Möglichkeiten, BDNF

zu synthetisieren, herabgesetzt waren, führte dies dazu, dass die Tiere

schlechter lernen konnten. Heterozygote BDNF-knockout Mäuse zeigen

dementsprechend verringerte LTP in der CA1-Region des Hippokampus (Korte

et al., 1995). Eine Wiederherstellung normaler LTP gelang durch Transfektion

mit einem BDNF-exprimierenden Adenovirus (Korte et al., 1996). Auch in

Wildtyp-Tieren war es möglich, eine LTP durch TrkB-IgG- oder BDNF-

Antikörper-Applikation zu verhindern (Figurov et al., 1996; Kang et al., 1997).

BDNF ist also ein entscheidender Faktor zur Auslösung von LTP.

In den letzten Jahren wurde auch diskutiert, ob das Neurotrophin BDNF

läsionsinduzierte Plastizität modulieren kann. Seine Rolle hierbei wird allerdings

kontrovers diskutiert. Nach retinalen Läsionen wurde zum Beispiel eine

Erhöhung von BDNF mRNA im visuellen Kortex gefunden (Obata et al 1999).

Exzitatorische Läsionen im Striatum hatten eine erhöhte BDNF Expression zur

Folge (De March et al., 2008). Auch nach Läsionen im Kortex wurden erhöhte

BDNF Konzentrationen in der Umgebung der Läsion gefunden. Messungen der

BDNF mRNA im somatosensorischen Kortex haben ergeben, dass die mRNA

20

vier Stunden nach Läsionen im Kortex vermehrt in der Umgebung der Läsion zu

finden sind (Comelli et al., 1992). Fokale photothrombotische Läsionen im

motorischen Kortex führen ebenso zu erhöhter BDNF Expression in der

Umgebung der Läsion (Sulejczak et al 2007). In diesem Zusammenhang wird

diskutiert, ob BDNF einen protektiven Effekt auf das Gehirn nach Läsionen

ausüben kann und so therapeutische Konsequenzen bei der Behandlung von

Patienten nach Schlaganfall oder anderen Substanzdefekten des Gehirn

resultieren könnten (Sizonenko et al. 2007). Andererseits konnte gezeigt

werden, dass nach Rückenmarksverletzungen bei Ratten ein intrathekal

applizierter Antikörper gegen den Trk B Rezeptor verbesserte zelluläre

Reorganisation und somit erhöhte Plastizität zur Folge hat (Fouad et al., 2010).

Ebenso wurde nachgewiesen, dass BDNF(+/-) Mäuse nach thrombotischem

Verschluss der mittleren Zerebralarterie bessere motorische Funktionen und

eine bessere Regeneration zeigten (Nygren et al., 2006). Hier wird also

postuliert, dass ein erniedrigtes Level von BDNF die Regeneration nach

experimentellem Hirninfarkt sogar verbessert.

1.4.5 Das Modell der BDNF(+/-) Maus

Es existieren verschiedene Tiermodelle, mit denen die Effekte von BDNF oder

des TrkB Rezeptors näher untersucht werden sollen. Für die vorliegende Arbeit

wurde ein BDNF knockout Modell benutzt. Hierbei ist die homozygote Form,

BDNF(-/-) jedoch nicht länger als zwei bis vier Wochen nach der Geburt

überlebensfähig (Ernfors et al., 1994). Diese BDNF(-/-) Tiere zeigen

dramatische Defizite in Koordination und Balance, hatten einen ataktischen

Gang, waren hyperaktiv und zeigten Atmungsunregelmäßigkeiten (Ernfors et

al., 1994; Jones et al., 1994).

Die heterozygote BDNF(+/-) Maus hingegen zeigt keine äußeren

Auffälligkeiten. Dennoch wurde durch eine Arbeitsgruppe eine herabgesetzte

Anzahl von sensorischen Neuronen beobachtet (Ernfors et al., 1994). Dieses

Ergebnis konnte jedoch durch Genoud et al. (2004) nicht bestätigt werden. Es

ist bekannt, dass in den BDFN(+/-) Tieren die Auslösung einer stabilen LTP

scheitert, wobei nicht endgültig geklärt ist, ob die Induktion oder die

Aufrechterhaltung der LTP gestört ist (Korte et al., 1995; Patterson et al., 1996;

21

Pozzo-Miller et al., 1999, Bartoletti et al., 2002). Auch wurde in BDNF(+/-)

Mäusen ein reduziertes Level sowohl an BDNF mRNA als auch an BDNF

Protein gefunden, das für die gestörte Plastizität dieser Tiere verantwortlich

gemacht wird (Kolbeck et al., 1999; Chourbaji et al. 2004; Genoud et al., 2004,

Abidin et al., 2006). Es ist bekannt, dass chronische Applikation von BDNF

dendritisches Wachstum und Verzweigung in Kulturen des visuellen Kortex

erhöhen kann (McAllister et al., 1995). Es wurde ebenso eine erhöhte

Dendritendichte in hippocampalen Kulturen nach chronischer Behandlung mit

BDNF gefunden (Tyler & Pozzo-Miller, 2001). So ist auf der anderen Seite

herausgefunden worden, dass in BDNF knockout Mäusen die Anzahl der

sensorischen Neurone reduziert ist. Im Hippocampus der BDNF (+/-) Tiere

wurde jedoch kein Unterschied in der Morphologie und somit kein Unterschied

in der Dendritendichte zu Wt Tieren gefunden (Korte et al., 1995). Ähnliche

Ergebnisse brachten Studien am Barrel Kortex, die auch keine Veränderung in

der Dichte von excitatorischen und inhibitorischen Synapsen aufzeigen konnten

(Genoud et al., 2004).

In letzter Zeit wurde herausgefunden, dass in BDNF(+/-) Mäusen

Exzitation und Inhibition im Vergleich zu Wt Mäusen verändert sind. Es konnte

gezeigt werden, dass die Vorraussetzungen für eine erregende Übertragung in

verschiedenen Hirnarealen reduziert sind und beispielsweise nicht genügend

Transmitter zur Verfügung gestellt werden können, bzw. der präsynaptische

excitatorische Input reduziert ist (Pozzo-Miller et al., 1999; Abidin et al., 2006).

Neben den Veränderungen im excitatorischen System wurden noch stärkere

Defizite im inhibitorischen System der BDNF(+/-) Mäuse beschrieben. Es wurde

eine verminderte Anzahl von GABAergen Kontakten (Kohara et al., 2007) und

eine reduzierte Effektivität der GABA Freisetzung im visuellen Kortex von

BDNF(+/-) Tieren (Abidin et al., 2008) gefunden.

BDNF ist also ein wichtiger Faktor, der Plastizität modulieren kann. Die

Erkenntnis, in wie weit BDNF am Auftreten läsionsiniduzierter Plastizität

beteiligt ist, würde entscheidend zum Verständnis erhähter Plastizität beitragen.

Bisher ist nicht bekannt, wie sich eine Läsion auf die BDNF(+/-) Maus und das

Level von BDNF in dieser Maus auswirkt. Dieses Modell der heterozygoten

knock out Maus eignet sich daher besonders für die aktuelle Studie, um die

zellulären Mechanismen einer läsionsinduzierten Plastizität näher zu

22

untersuchen und die spezifische Rolle des neurotrophen Faktors für diese Form

der Plastizität weiter zu charakterisieren .

1.5 Ziele der Arbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Rolle des neurotrophen Faktors BDNF

für Plastizität im visuellen Kortex der Maus zu untersuchen. Für diese

Fragestellung stehen genetisch veränderte Mäuse, sog. Knockout (KO)-Mäuse,

bei denen das Gen für BDNF auf einem Allel deaktiviert wurde, zur Verfügung.

Bei diesen Mäusen ist also statt zweien nur ein Allel funktionell, so dass

entsprechend weniger BDNF synthetisiert werden kann.

Durch elektrophysiologische Messungen soll an akuten kortikalen

Hirnschnitten untersucht werden,

- ob eine fokale Läsion im visuellen Kortex der Maus ebenso zu einer

Erhöhung der LTP führt, wie es bei Ratten schon beobachtet werden

konnte.

- ob im visuellen Kortex der BDNF(+/-) Maus eine Veränderung der

basalen synaptischen Transmission vorliegt.

- inwieweit die Inaktivierung eines Allels für BDNF bei BDNF(+/-)

Mäusen die Plastizität nach Läsionen beeinflusst.

In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Wahle (Biologische Fakultät,

RUB) sollten darüber mit Hilfe der PCR-Technik eruiert werden,

- welche Auswirkung eine Läsion auf das Level der mRNA

verschiedener neurotropher Faktoren, insbesondere BDNF, auf den

Kortex von Wt Mäusen hat.

- ob es einen Unterschied läsionsinduzierter Effekte auf das Level der

mRNA neurotropher Faktoren zwischen Wt und BDNF(+/-) Mäusen

gibt.

Die Ergebnisse der Versuchsreihen sollen zum besseren Verständnis der

läsionsinduzierten Plastizität im visuellen Kortex beitragen und könnten wichtige

Hinweise für die zellulären Mechanismen von Reorganisationsprozessen

liefern. Da BDNF im Verdacht steht, Plastizität zu beeinflussen, könnte eine

Bestätigung dieser Hypothese einen Nutzen für verbessertes Lernen im

23

Allgemeinen, bei Kindern wie bei älteren Menschen, und möglicherweise auch

therapeutischen Nutzen bei Patienten mit Lerndefiziten oder

Hirnsubstanzdefekten zur Folge haben.

24

2 Material und Methoden

2.1 Tiere

In der vorliegenden Arbeit wurden transgene heterozygote BDNF Mäuse (BDNF

+/-) sowie Wildtyp-Geschwistertiere (Wt) benutzt. Die Zuchttiere stammten aus

der Zuchtlinie, die erstmals von Korte et al. (1995) beschrieben wurden. Um

heterozygote Mäuse zu erhalten, wurde auf einem Allel die BDNF kodierende

Region durch eine Neomycin-Kassette ersetzt, wodurch die ursprüngliche

Region funktionslos wird. Homozygote Knock-out-Tiere (BDNF(-/-)) wurden

nicht benutzt, da diese nur eingeschränkt lebensfähig sind. Diese Tiere zeigen

ein geringeres Gewicht und eine geringere Größe im Vergleich zu gleichaltrigen

Geschwistern, eine eingeschränkte Koordination und geringere Neuronendichte

in den Hinterwurzelganglien. Bei den in der vorliegenden Arbeit verwendeten

BDNF (+/-) Tieren sind diese Abnormalitäten nicht zu beobachten (Korte et al.,

1995).

Um die Zucht in unserem Institut fortzuführen wurden männliche BDNF

(+/-) Tiere mit weiblichen Wt Mäusen verpaart. Unter den Nachkommen waren

so zu etwa einem Viertel BDNF(+/-) und zu drei Vierteln Wt Tiere zu erwarten.

Die Tiere wurden unter konstanten Bedingungen gehalten: bei 22±1 °C und

einer Luftfeuchtigkeit von 50-60 % wurde ein 12h/12h Hell-Dunkel-Rhythmus

generiert. Zur Paarung wurde jeweils ein Männchen mit maximal zwei

Weibchen zusammengesetzt. Nach ungefähr vier Wochen wurden die Tiere

getrennt und die Weibchen wurden einzeln und später mit ihrem Nachwuchs

zusammen in einem eigenen Käfig gehalten. Für alle Tiere war zu jeder Zeit

Futter und Wasser frei zugänglich.

Für die Experimente wurden Tiere beiderlei Geschlechts im Alter von 21-

28 Tagen benutzt. Um zwischen den Wt und BDNF (+/-) Tieren zu

unterscheiden, wurden die Tiere durch PCR an DNA-Extrakten von

Schwanzspitzengeswebe genotypisiert. Dies war notwendig, da die Tiere sich

äußerlich nicht unterscheiden lassen.

25

2.2 Genotypisierung

Zur Bestimmung wurde eine Genotypisierung mittels PCR durchgeführt. Dazu

wurde ein kleines Stück des Mausschwanzes zunächst in Lysepuffer

homogenisiert. Im Lysepuffer enthalten waren 500 mM KCl, 100mM Tris-HCl,

0.1 mg/ml Gelatine, 0.45 % Nonidet P-40, 0.45 %Tween 20 und 500 mg/ml

Proteinase K, die direkt vor Gebrauch aus einer Stammlösung von 20 mg/ml

hinzugefügt wurde.

Nachdem das Gewebe über Nacht zur Homogenisierung bei 55°C

inkubiert wurde, konnte am folgenden Tag die DNA mittels PCR vervielfältigt

werden. Dazu wurde eine PCR Lösung aus folgenden Bestandteilen hergestellt

(Angaben pro Probe): 14,2 µl H2O, 1,2 µl MgCl2,, 2 µl 10-fach konzentrierte

Polymerase-Pufferlösung, 0,4 µl dNTP (dATP, dGTP, dCTP, dTTP), 0,4 µl Taq-

Polymerase und 0,8 µl Primer. Um die BDNF-Region und die Region, die das

BDNF-Gen bei den BDNF (+/-) Mäusen mutiert, zu detektieren, wurden zwei

verschiedene Primer eingesetzt. Diese kurzen Oligonukleotide stellen den

Startpunkt für die DNA-Polymerase darstellen. Der Primer für die BDNF-Region

hatte die Sequenz 5`-ACC ATA AGG ACG CGG ACT TGT AC-3´und der für

Neomyzin, das die BDNF- Region blockiert 5`GAT TCG CAG CGC ATC GCC

TT-3`. Der reverse Primer für beide Regionen war 5´ -GAA GTG TCT ATC CTT

ATG AAT CGC- 3´.

Für eine Mausschwanzprobe wurden jeweils 19 µl der PCR-Lösung mit

1µl der homogenisierten DNA gemischt. Um mögliche Verunreinigungen

auszuschließen wurde bei jeder PCR eine Wasserprobe mit amplifiziert, in der

zu den 19 µl der PCR-Lösung 1 µl Wasser gegeben wurde. Im sog.

Thermocycler fand dann die PCR unter folgenden Bedingungen statt:

Zunächst wurden die Proben für 3 Minuten auf 94° C erhitzt, dann erfolgten 36

Zyklen mit

30 sec 94°C

30 sec 52°C

1 min 72°C

Anschließend folgten 10 min mit 72°C und hiernach eine Kühlung bis auf 4°C.

Die PCR-Produkte wurden durch Agarose-Gelelektrophorese identifiziert

(Abb. 2.1). Dazu wurde jede Probe in ein 2%iges Agarosegel eingebracht und

26

durch die angelegte Spannung separiert. Um die Größe der erhaltenen Banden

einordnen zu können wurde zu jeder PCR-Reihe eine sogenannte Leiter

gegeben, bei der die Banden im Abstand von 100 Basenpaaren (bp) im Gel

wandern.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Neomycin

BDNF500 bp

500 bp

Abbildung 2.1: Gelelektrophorese

Durch die angelegte Spannung wurden die einzelnen PCR-Produkte aufgetrennt.

BDNF(+/-) Tiere exprimieren sowohl Neomycin (grauer Pfeil) als auch BDNF

(Nummer drei, vier und fünf), bei Wt Mäusen sind nur BDNF-Banden zu sehen

(sechs, sieben, acht und neun). Nummer zwei ist eine Wasserkontrolle, Nummer

eins zeigt eine Leiter an, an der die Größe der Basenpaare abgelesen werden

kann.

2.3 In vivo Läsion

Für die Läsionen wurden 20-22 Tage alte Mäuse durch eine intraperitoneale

Injektion von Chloralhydrat (4%; 0.1 ml pro 10 g Körpergewicht) anästhesiert.

Die Tiere wurden auf einer Stereotakt-Apparatur fixiert und mit Hilfe einer

Wärmematte bei ca. 37°C gehalten (Abb. 2.2A). Die Kopfhaut der narkotisierten

Mäuse wurde rasiert und die Haut über dem visuellen Kortex eröffnet. Die

Schädelkalotte wurde mit einem Bohrer dünn geschliffen, ohne dabei die Dura

mater zu verletzten (Abb. 2.2B). Mit Hilfe eines Infrarot Dioden Laser (OcuLight

27

Slx, Iris Medical, USA) wurde eine unilaterale fokale Läsion in die rechte

Hemisphäre induziert (Abb. 2.2C). Hierfür wurden unter visueller Kontrolle

parallel zur Mittellinie durch den lichtdurchlässigen Knochen fünf bis zwölf sich

teils überlappende Läsionen induziert. Nach dieser Operation wurde die Haut

mit Gewebekleber (Histoacryl, Braun-Dexon, Melsung, Deutschland)

geschlossen.

Um eine Unterkühlung zu vermeiden wurden die Tiere direkt nach der

Operation unter eine Wärmelampe gelegt und später dann in den Tierstall

gebracht, wo sie unter Kontrollbedingungen gehalten wurden und freien Zugang

zu Futter und Wasser hatten.

A B C

Abbildung 2.2: Läsionierung der Tiere

A Fixierung des Schädels, Lagerung des Tieres auf einer Wärmedecke B

Aufbohrung der Kalotte C Läsion des visuellen Kortex paramedian rechts

2.3.1 Sham- Operationen

Um zu zeigen, dass die Operationsmethode an sich keinen Effekt auf die

Erregbarkeit und Plastizität des Gewebes hat, wurden „Schein-Operationen“,

sogenannte Sham-Operationen, durchgeführt. Dazu erhielten die Tiere die

gleiche Betäubung wie zuvor beschrieben. Auch die Freipräparierung des

Kortex erfolgte in gleicher Weise wie bei den Läsionstieren. Allerdings wurde

hier nach dem Dünnbohren des Schädels keine Läsion gesetzt, sondern die

entsprechende Zeit, die eine Läsion in Anspruch nehmen würde, gewartet.

Anschließend wurde die Haut genau wie bei den Läsionstieren mit

Gewebekleber verschlossen. Auch die Schein- operierten Tiere wurden nach

28

der Operation unter Kontrollbedingungen gehalten und hatten freien Zugang zu

Nahrung und Wasser.

Weder Läsionstiere noch scheinoperierte Tiere zeigten nach der

Behandlung besondere Verhaltensauffälligkeiten. Die operierten und die

scheinoperierten Tiere überlebten nach der Operation zwei bis sechs Tage

unter den gleichen Umweltbedingungen wie die nichtbehandelten Kontrollen.

2.4 Herstellung der akuten Gehirnschnitte

Um Schnitte des visuellen Kortex zu gewinnen, wurden die Tiere zunächst mit

Äther anästhesiert und anschließend dekapitiert. Mit einem sagitalen

Hautschnitt wurde die Kalotte freigelegt, um dann mit einem Stich eines spitzen

Skalpells auf Höhe der hinteren Fontanelle Hirnstamm und Kleinhirn

abzutrennen. Die Kalotte wurde nun mit einer Knochenschere auf der linken

Seite eingeschnitten, so dass die Kalotte angehoben werden konnte ohne die

rechte Hemisphäre zu verletzen. Eventuell bestehende Faserverbindungen der

Arachnoidea wurden durchtrennt um dann die Kalotte zu entfernen. Nach

dieser Freipräparierung, die nicht länger als 90 sec dauerte, um hypoxische

Gewebeschäden zu vermeiden, wurde das Gehirn mit einem Löffel in 2° C

gekühlte artifizielle zerebrospinale Flüssigkeit (ACSF, Konzentration in mM: 125

NaCl, 2,5 KCL, 1,25 NaH2PO4, 25 NaHCO3, 25 D-Glucose, 2 CaCl2 und 1,5

MgCl2) überführt. Die ACSF wurde während des gesamten Experimentes mit

Carbogen (95 % O2 und 5 % CO2) zur Sauerstoffsättigung bei einem pH-Wert

von 7,4 begast. Nach ca. 2 min Kühlung wurde das Gehirn in eine Petrischale

mit kaltem ACSF gebracht, um einen Block des kompletten visuellen Kortex der

rechten Hemisphäre herzustellen. Dafür wurde ein frontaler Schnitt und ein

Schnitt durch die beiden Hemisphären gesetzt. Dieser Gewebeblock wurde mit

Hilfe von Gewebekleber mit der frontalen Schnittfläche auf einer Metallplatte

befestigt, die dann in der mit kalter ACSF gefüllten Schneidekammer des

Vibratoms (VT 1000 S; Leica, Nussloch, Deutschland) festgeschraubt wurde.

Nun wurden drei bis vier coronale Schnitte mit einer Dicke von 350 µm

angefertigt, die den visuellen Kortex enthielten. Um eine Erholung der Schnitte

zu erreichen, wurden diese für mindestens 2 Stunden in einer Vorratskammer

bei Raumtemperatur inkubiert.

Formatiert

29

2.5 Histologie

2.5.1 Nissl-Färbung

Um die Morphologie der Läsion und des Gewebes in der unmittelbaren

Umgebung zu untersuchen wurde eine Nissl-Färbung angewandt. Mit dem

verwendeten Farbstoff Cresylviolett werden basophile Zellbestandteile

(Chromatin und Nukleinsäuren) blau dargestellt. Für die Färbung wurden

zunächst akute Hirnschnitte von BDNF (+/-) Wt Tieren zwei bis vier Tage nach

der Läsion hergestellt. Die Schnitte wurden direkt nach der Präparation in 4%

Paraformaldehyd (gepuffert mit 0,025 M PBS, pH 7,4) fixiert. Nach 24 Stunden

wurden die Schnitte in 30 % Saccharose zur Kryoprotektion überführt. Die so

vorbehandelten 400µm Schnitte wurden an einem Gefriermikrom (Leitz Kryomat

1703) in 30 µm dicke Schnitte dünngeschnitten. Vor der eigentlichen Färbung

mussten die Schnitte über eine aufsteigende Alkoholreihe, in Xylol und

anschließend einer absteigenden Alkoholreihe entfettet und rehydriert werden.

Danach wurden die Schnitte in 0.001% Cresylviolett Lösung (gelöst in Aqua

dest.) gefärbt, über eine aufsteigende Äthanolreihe differenziert, mit Isopropanol

dehydriert und mit Xylol geklärt. Abschließend wurden die Schnitte in Depex

(Serva) eingedeckt um sie haltbar zu machen.

2.5.2 Immunhistochemie: GFAP-Färbung

Bei immunhistochemischen Untersuchungen werden Antikörper gegen

Transmitter und Proteine verwendet. Mit Hilfe der Antikörper gegen Glial

fibrillary acidic protein (GFAP) kann die Glia-Reaktion in der Nähe der Läsion

beurteilt werden. Aus Voruntersuchungen, bei denen dieselbe Methode der

Läsionierung bei Ratten angewendet wurde, ist bekannt, dass die Glia-

Reaktion, die sog. Gliose, auf einen Bereich von 100-200 µm um die Läsion

begrenzt war (Mittmann et al., 1994) und dass ab einem Abstand von 500µm

das Gewebe histologisch intakt erschien (Mittmann & Eysel, 2001;

Barmashenko et al., 2003).

Die Fixierung der Schnitte ist die selbe, wie die für die Nissl-Färbung.

Anschließend erfolgte die Färbung nach der indirekten Methode. Dies bedeutet,

30

dass das entsprechende Protein, hier GFAP, mit einem unmarkierten

Primärantikörper detektiert wird. Zunächst wurden die Schnitte in PBS gespült,

dann die endogene Peroxidase mit 0.3% H2O2 inaktiviert. Die Blockierung

unspezifischer Bindungen erfolgte mit 10% normalen Ziegenserum mit einem

Zusatz von 0.2% Triton X-100 in (Sigma) in PBS. Die Inkubation im

Primärantikörper (polyclonales GFAP von Dako) erfolgt in einem

Verdünnungsmedium bestehend aus 1 % normalen Ziegenserum und 0.2 %

Triton X-100 in PBS über Nacht bei Raumtemperatur. Als Sekundärantikörper

wurde ein biotinylierter Ziegen-Anti-Kaninchen-Antikörper (Vectorstain)

verwendet. Dieser wurde mit dem ABC-Kit (Avidin-Biotin-Complex mit

Peroxidase; Vectorstain) detektiert. Sekundärantikörper und Detektionssystem

wurden in einem Verdünnungsmedium aus 1 % normalen Ziegenserum und

0.1% Triton X-100 in PBS benutzt

Der Nachweis der Peroxidase (Farbreaktion) erfolgte mit

Diaminobenzidin-dihydrochlorid (Sigma) (Yousef et al., 2004).

2.6 Elektrophysiologischer Messplatz

Jeweils einzelne Schnitte wurden in eine Messkammer überführt, die mit

oxygeniertem ACSF überflutet wurde (Abb. 2.3). Der ACSF-Vorrat befand sich

dabei in einem temperierten Wasserbad und wurde dauerhaft mit Carbogen (95

% O2 und 5 % CO2) begast. Durch eine Schlauchpumpe wurde die

Messkammer mit ACSF bei 32 ± 1°C mit einer Durchflussgeschwindigkeit von

16 ml/min durchspült. Damit eine konstante Messtemperatur gewährleistet

werden konnte, wurde der ACSF führende Schlauch zusätzlich durch ein

temperiertes Warmwassergefäß geleitet. In der vorliegenden Arbeit wurde eine

Messkammer benutzt, in der der Schnitt von ACSF umspült wird („submerged

Chamber“). Dabei liegt der Hirnschnitt auf einem Nylonnetz, um die Diffusion

mit Nährstoffen von allen Seiten zu gewährleisten.

Formatiert

31

ACSFWarmwasserbad

Gehirnschnitt

O2O2

O2

O2

O2

1

2

3

4

56

7

Abbildung 2.3: Messkammer

Mit einem Gasschlauch (1) wurde die ACSF-Lösung (2.) des Vorratsbehälters

mit Sauerstoff begast. Mit Hilfe einer Pumpe wurde die im Wasserbad (4.)

temperierte ACSF-Lösung in die Messkammer (5) geleitet. Der zuführende

Schlauch (3.) verlief ebenfalls durch das Warmwasserbad, um eine schnelle

Abkühlung der Lösung zu verhindern. Durch den ableitenden Schlauch (6)

wurde die ACSF-Lösung abgepumpt und aufgefangen (7).

Um die Elektroden richtig platzieren zu können war ein Mikroskop (Binokular,

LNC) über der Kammer montiert. Damit die Messsituation nicht von

Erschütterungen gestört werden konnte, waren die Messkammer, die

Reizelektrode und die Ableitelektrode auf einem schwingungsdämpfenden

Tisch montiert. Um vor elektrischen Störsignalen zu schützen war die gesamte

Messsituation von einem Faradaykäfig umgeben (Abb. 2.4).

32

Abbildung 2.4: schematische Darstellung der Messplatzsituation

2.7 Elektrophysiologie

2.7.1 Elektrophysiologische Messungen

Feldpotentiale(FPs) /Feld-exzitatorische-postsynaptische Potentiale (Feld-

EPSP) sind elektrische Potentiale, die extrazellulär abgeleitet werden und so

die Summe von synaptischen Übertragungen widerspiegeln. Sie sind das

extrazelluläre Korrelat der an den einzelnen Neuronen bei Reizung ausgelösten

EPSP (exitatorische postsynaptische Potentiale).

Um die FP hervorzurufen, wurde eine konzentrische bipolare

Stimulationselektrode auf der Oberfläche der Kortexschicht IV platziert. Bei den

Tieren, bei denen eine Läsion gesetzt worden war, wurde diese

Stimulationselektrode im Abstand von 1.0 - 2.0 mm zum Läsionsrand platziert.

Diese Distanz wurde mit Hilfe einer Skala, die sich Okular des Binoculars

befand, kontrolliert. Bei unbehandelten und scheinoperierten Tieren wurde die

gleiche Region stimuliert. Dieser Abstand zur Läsion wurde gewählt, da schon

in früheren Studien gezeigt wurde, dass bei Ratten der Ort der höchsten

Plastizität eine Entfernung von 2,0 – 3,2 mm zur Läsion aufweist (Mittmann &

Eysel, 2001; Hümmeke et al., 2004). Wird dies nun auf die Größe des Schnittes

umgerechnet ergibt sich nun ein ungefährer Abstand von 1,0 – 2.0 mm zum

Läsionsrand in einem Maushirnschnitt. Um die FPs der afferenten Fasern

abzuleiten, wurde eine mit ACSF gefüllte Glaselektrode in Kortexschicht II/III

33

eingeführt (Abb. 2.5). Die Glaselektroden wurden aus Brosilikat-Glasröhrchen

(GB 150-8P; Science Produkts, Hofheim) mit einem elektronisch gesteuerten

horizontalen Elektroden-Ziehgerät hergestellt (DMZ Universalpuller , Zeitz,

Augsburg) und wiesen einen Widerstand von 1-3 MΩ auf.

Nachdem die Stimulationselektrode und die Ableitelektrode platziert

worden waren, wurde eine halbe Stunde gewartet, ohne einen Reiz abzugeben,

um eine Regeneration des Zellmetabolismus zu erreichen. Monosynaptische

Stromimpulse von 40 – 200 µs Dauer und einer Intensität von 60 – 130 µA

wurden nach dieser Erholungsphase von einem Reizgerät (A 360, WPI)

generiert, um reproduzierbare FP zu induzieren.

Stimulationselektrode

Ableitelektrode

Abbildung 2.5: Extrazelluläre FP Ableitung im Hirnschnitt

Die Abbildung zeigt einen Nissl gefärbten Hirnschnitt vom visuellen Kortex

einer 23 Tage alten Maus. Fasern der Schicht IV wurden stimuliert, um dann in

Schicht II/III die extrazellulären Feldpotentiale abzuleiten.

Die basale exitatorische Transmission wurde mit Hilfe von Input-Output-Kurven

(I-O-Kurven) dargestellt. Hierfür wurden AMPA-Rezeptor dominierte

Feldpotentiale in der kortikalen Schicht II/III nach elektrischer Stimulation der

Schicht IV abgeleitet. Zunächst wurde die minimale Reizstärke ermittelt, mit der

bei einer Stimulationsdauer von 200 µs ein maximales Feldpotential evoziert

werden konnte. Diese ermittelte Intensität der Reize blieb danach konstant und

die Stimulusdauer änderte sich zwischen 40 und 200 µs in 20 µs Abständen.

34

Nur Feldpotential mit einer maximalen Amplitude von mindestens 1,0 mV,

wurden für die weitere Evaluation ausgewählt.

Für die LTP Experimente wurde die Intensität der Reize so gewählt, dass

FP von 40-65 % der maximal erreichbaren Amplitude evoziert wurden. Diese

Stromstärke wurde für die Dauer des gesamten Experimentes beibehalten. Die

Stimulationsdauer war konstant bei 100 µs. Zunächst wurde alle 30 sec ein

Einzelreiz gegeben, um die basale synaptische Reizantwort zu messen. Wenn

diese Kontrollsignale für mindestens 10 min eine stabile Amplitude zeigten,

wurde eine Theta-Burst-Stimulation (TBS) appliziert. Diese bestand aus 3

Reizfolgen in einem Abstand von je 10 sec. Jede dieser Reizfolgen setzte sich

aus zehn Pulsfolgen zusammen, die alle 200 ms (5 Hz) dauerten. Jede

Pulsfolge bestand ihrerseits aus vier Reizen im Abstand von 10 ms (100 Hz)

(Abb. 2.6).

Abbildung 2.6: Theta-Burst-Stimulation

Die Theta-Burst-Stimulation bestand aus drei Reizfolgen in einem Abstand von

je 10 Sekunden. Jede Reizfolge setzte sich aus zehn Pulsfolgen zusammen, die

im Abstand von 200 ms (5 Hz) erfolgten. Eine Pulsfolge bestand wiederum aus

vier Einzelreizen mit einer Frequenz von 100 Hz.

Während der TBS wurde die Stimulationsdauer der Einzelreize auf 200µs

erhöht, dauerte nun also doppelt so lange wie die zuvor applizierten

Kontrollreize. In der nachfolgenden Post-Konditionierungsphase wurde wieder

10 sec

5 Hz

100 Hz

35

im Abstand von 30 sec und einer Reizdauer von 100 µs stimuliert und nun

wurden die FP eine Stunde lang aufgenommen.

2.7.2 Auswertung der extrazellulären Messungen

Die Feldpotentialsignale wurden mit 3 kHz gefiltert und durch einen

Differentialamplifier verstärkt (EPMS07; NPI Electronics, Tamm). Die

abgeleiteten Signale wurden nach Digitalisierung durch einen A/D D/A Wandler

(Digidata 1200, Axon Instruments, Foster City, USA) mit einer Samplingrate von

50 kHz mit dem Programm CLAMPEX 9.2 (Molecular Devices, Union City,

USA) auf einem Computer gespeichert und später analysiert. Es wurden nur

diejenigen Messungen in die Auswertung genommen, bei denen eine stabile

Baseline vor TBS vorhanden war.

Alle Änderung der FPs in der Post-Konditionierungsphase, also eine Stunde

nach dem TBS, wurden in Bezug zu den FPs 10 Minuten vor der TBS normalisiert.

Diese Baseline vor TBS entspricht also definitionsgemäß 100%. Um festzustellen, ob

eine Veränderung der FP-Amplitude nach TBS eine signifikante LTP induzierte,

wurden diese relativen FP- Amplituden 10 min vor und 50-60 min nach TBS

miteinander verglichen. Zunächst wurde mit dem K-S Test festgestellt, ob die Werte vor

und nach TBS normalverteilt waren. Da dies in allen Gruppen der Fall war, konnte

anschließend ein gepaarter t-Test für verbundene Stichproben angewandt werden. Das

Konfidenzintervall betrug hierbei 95%; bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit p ≤0.05

wurden die Unterschiede als signifikant definiert.

Alle Daten werden als Mittelwerte mit dem Standardfehler der Mittelwerte

(SEM) angegeben.

2.8 Messung der BDNF mRNA-Konzentration im visuellen

Kortex mittels RT-PCR

Die Bestimmung der m-RNA Konzentration erfolgte in Kooperation mit dem

Labor von Prof. Petra Wahle (Abt. für Entwicklungsneurobiologie der Ruhr-

Universität Bochum). Die Präparation des Gehirns wurde in unserem Institut

vorgenommen, die PCR wurde dann in der Abt. für Entwicklungsneurobiologie

durchgeführt. Mit der hier angewandten Technik der RT-PCR (Reverse

36

Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion) soll die RNA bestimmter Gene

quantitativ untersucht werden, um eine Aussage über die Expressionsrate der

einzelnen Gene machen zu können. Da die verwendeten DNA-Polymerasen

jedoch nicht in der Lage sind, RNA zu amplifizieren, muss die zu untersuchende

RNA zunächst in DNA umgeschrieben werden. Diese aus der RNA hergestellte

komplementäre DNA nennt man cDNA (complementary DNA).

2.8.1 Herstellung der cDNA

Nachdem die Tiere zwei Tage nach der Läsionsinduzierung überlebt hatten,

wurde das Hirngewebe für die Bestimmung mRNA für BDNF aufbereitet. Die

Kontrolltiere waren 22-26 Tage alt. Die Tiere wurden wie bei der Präparation

der elektrophysiologischen Messungen mit 4 ml Äther narkotisiert und

anschließend dekapitiert. Auch die folgende Präparation des Gehirns und

Herstellung der Hirnschnitte erfolgte wie in der elektrophysiologischen

Messreihe: Das Gehirn wurde ebenso freipräpariert und vorsichtig entnommen.

Nach Kühlung in 2° C kalter ACSF (artifizielle zerebrospinale Flüssigkeit,

Konzentration in mM: 125 NaCl, 2,5 KCL, 1,25 NaH2PO4, 25 NaHCO3, 25 D-

Glucose, 2 CaCl2 und 1,5 MgCl2) wurden coronale Schnitte mit einer Dicke von

300 µm hergestellt. Dabei wurden zunächst zwei bis vier Schnitte hergestellt,

die den visuellen Kortex mit entsprechender Läsion enthielten. Nun wurde ein

größerer Gewebeblock coronal geschnitten um anschließend coronale Schnitte

herzustellen, die den Motorkortex ohne Läsion enthielten, der als

Kontrollgewebe dienen sollte (Abb. 2.7A). Aus den Läsionsschnitten wurden

nun kleine Gewebeblöcke auf Eis präpariert (Abb..2.7B).

37

A

MC

VC

ab

c

B

1mm

Abbildung 2.7: Darstellung der Entnahmeorte des Gewebes für PCR.

Die Läsion ist in roter Farbe dargestellt.

A zeigt die Aufsicht auf ein Mäusegehirn. Koronale Schnitte, die den visuellen

Kortex und den Motorkortex enthielten wurden entnommen. B Aus diesen

Schnitten wurden Gewebestücke von ca. 1mm Länge, die bis zur weißen

Substanz reichen, entnommen.

Jeweils vier Gewebestücke wurden für einen definierten Abstand für die

jeweilige Tiergruppe (Wt oder BDNF (+/-)) zusammen bei –80°C eingefroren.

So entstanden für BDNF (+/-) Tiere je drei Gefäße mit jeweils vier

Gewebestücken für den Abstand a (nahe der Läsion), für den Abstand b

(mittlere Entfernung von der Läsion) und für den Abstand c (weit von der Läsion

entfernt). Ebenfalls wurden so für die Wt Tiere je drei Gefäße für jeden

definierten Abstand hergestellt. Als Kontrollgewebe diente der Motorkortex

derselben Tiere. Hierzu wurden ebenso je vier Gewebestücke zusammen in

einem Gefäß eingefroren. Alle Gewebestücke wurden unverzüglich eingefroren

und bei –80 °C gelagert. Für die Durchführung der PCR wurde das Gewebe auf

Tockeneis in das Institut für Entwicklungsneurobiologie gebracht.

Dort wurde aus dem Gewebe zunächst cDNA hergestellt. Die Synthese

der cDNA wurde nach dem Protokoll der Firma Dynal (Dynal, Oslo, Norwegen)

38

durchgeführt. Dabei wurden magnetischen Polystyren-Kugeln von 2.8 µm

Durchmesser, sogenannte Dynabeads, benutzt. Diese Dynabeads wurden in

einem Magnetständer (Dynal, Oslo, Norwegen) magnetisch an der Wand eines

0.5 ml Eppendorfgefäßes fixiert, um dann an ihnen die Synthese der cDNA

vorzunehmen. Flüssigkeit konnte nun mit einer Pipette aus dem

Reaktionsgefäß entfernt werden, ohne die Dynabeads mit zu entfernen. Die

Dynabeads tragen an ihrer Oberfläche einen molekularen Linker, der mit den

PolyA-Sepuenzen prozessierter mRNA hybridisiert. Die so gebundene mRNA

dient als Matrize für eine reverse Transkription (RT), bei der die Oligo(dT)-Kette

der Dynabeads als Startermolekül benutzt wird. Dieses Startermolekül wurde

nun mit der komplementären Einzelstrang-cDNA verlängert. Auf diese Weise

erhält man an die magnetischen Dynabeads gebundene cDNA, die langfristig

bei 4° C gelagert werden können. Das genaue Protokoll zur Synthese der cDNA

wird im Folgenden beschrieben:

Die Dynabeads wurden zunächst in 150 µl Lyse-/Bindepuffer gewaschen

und sedimentiert. Für jede Synthese der cDNA wurden die Gewebestücke in

400 µl Lyse-Bindungspuffer in einem 2 ml Eppendorf-Reaktionsgefäß

aufgeschlossen und danach für ca. 1 min mit dem Vortexgerät geschüttelt. Um

weiter bestehende größere Zellverbände zu zerkleinern, wurde das Lysat für 30

sec. mit einem Turrax zerkleinert. Danach wurden die Proben für 2 min bei

14000 rpm zentrifugiert. Anschließend wurde der Überstand mit einer 21

Gauge-Kanüle abgenommen, in ein neues Reaktionsgefäß überführt und

dreimal geschert, um die Viskosität des Lysats zu vermindern und so ein

Verklumpen der Dynabeads zu umgehen. Das Lysat wurde danach erneut für 2

min bei 14000 rpm zentrifugiert. Die Dynabeads wurden nun magnetisch

separiert und der zuvor zu den Dynabeads gegebene Lyse-/Bindepuffer wurde

abgezogen. Nun wurde der Überstand des Lysates zu den Dynabeads

gegeben. Der Magnet wurde bei allen folgenden Mischvorgängen entfernt. Das

Gemisch wurde gevortext und für 15 min bei Raumtemperatur inkubiert.

Anschließend wurden die Dynabeads erneut magnetisch separiert und der

Überstand entfernt. Um die Dynabeads zu reinigen, wurde zweimal mit 200 µl

Waschpuffer mit Lithiumdodecylsulfat (LiDS) gemischt und magnetisch

separiert. Anschließend wurde zweimal mit 200 µl Waschpuffer ohne LiDS

gemischt und separiert. Um nun den Waschpuffer zu entfernen, wurden die

39

Dynabeads mit der hybridisierten und gereinigten mRNA dreimal mit RT-Puffer

gewaschen und separiert. Nach dem letzten Mischen wurde die Lösung in ein

neues steriles 500 µl Reaktionsgefäß pipettiert. Die Dynabeads wurden

separiert und der Überstand verworfen. Zum Schluss wurde jedes

Reaktionsgefäß mit 50 µl „Mastermix“ für die reverse Transkription versetzt.

Dieser Mastermix bestand pro Ansatz aus: 5 µl RT-Puffer (Quiagen), 5 µl

dNTP´s (Quiagen), 2.5 µl RNasin (40 Units/µl, Promega), 2.5 µl Sensicript

(Quiagen), 35 µl H2O (RNase-frei Quiagen). Zur cDNA-Synthese wurden die

Dynabeads mit dem Mastermix für 1 Stunde bei 37° C inkubiert und dabei alle

10 min neu gemischt. Danach wurden die Beads magnetisch separiert und der

Überstand entfernt. Die Dynabeads mit der neu synthetisierten cDNA und der

immer noch gebundenen mRNA wurden in 100 µl TE-Puffer gemischt und für 1

min bei 95° C inkubiert. So wurde die mRNA von den Dynabeads

abgeschmolzen. Danach wurde die noch heiße Lösung sofort im

Magnetständer für 3 min separiert und der Überstand mit der abgeschmolzenen

mRNA entfernt. Die Dynabeads wurden nochmals mit 100µl TE-Puffer

gewaschen, für 3 min sedimentiert und der Überstand abgenommen.

Abschließend wurden zu den Dynabeads 50 µl TE-Puffer hinzugefügt um die

cDNA-Banken schließlich bei 4° C zu lagern.

2.8.2 DNA-Amplifikation mit der Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Zur Analyse der Expression der BDNF mRNA wurde die Polymerase-

Kettenreaktion (PCR: Saiki et al., 1985) eingesetzt. Bei dieser Methode werden

sogenannte Primer benutzt. Dies sind kurze Oligonukleotide, die den Startpunkt

für die DNA-Polymerase darstellen. Die Sequenz der Primer ist der Tabelle

(Tab 1) zu entnehmen.

Zur Vervielfältigung der gewonnenen cDNA wurde 1 µl der cDNA-Bank

mit 49 µl Reaktionsmix versetzt. Jeder Reaktionsmix bestand aus 10 mM

dNTPs (Biozym), je 25 µM forward und reverse Primer (Eurogentec, Köln,

Deutschland), 2,5 u BiothermTM DNA Polymerase (Gene Craft Germany) sowie

dem dazugehörigen 10 x Puffer (5 µl) und Wasser. Bei jeder PCR-Reaktion

erfolgte eine initiale fünfminütige Denaturierung bei 95°C. Die Reaktionszyklen

wurden dann mit einer fünfminütigen terminalen Elongation bei 72°C beendet.

40

Die weiteren PCR-Bedingungen sind ebenfalls in der Tabelle (Tab. 1)

dargestellt. Einige Primer in dieser Tabelle enthalten Restriktionsschnittstellen,

damit diese PCR-Fragmente anschließend kloniert werden können. Diese

Restriktionsschnittstellen vergrößern das Amplifikat um insgesamt 18

Basenpaare.

Tabelle 2.1: Primer - Sequenzen PCR-Produkt

Primer- Sequenzen Fragmentgröße PCR-Programm

Actin

Sense Primer 5´-TCATGAAGTGTGACGTTGACATCCGTAAAG-3´ Antisense Primer 5´-CCTAGAAGCATTTGCGGTGCACGATGGAGG-3´

285 bp (924 bis 1208)

1 min 94°C 2 min 57°C 2 min 72°C 26 Zyklen

BDNF

Sense Primer 5´-GGA CAA GGC AAC TTG GCC-3´ Antisense Primer 5´-CAG AGG AGG CTC CAA AGG-3´

384 bp (158 bis 542)

1 min 94°C 1 min 55°C 1 min 72°C 30 Zyklen

PARV

Sense Primer 5´-GCA GAC TCC TTC GAC CAC AA-3´ Antisense Primer 5´-GAA TTC TTC AAC CCC AAT CT-3´

240 bp (1 bis 240)

40 sec 94°C 40 sec 55°C 1 min 72°C 30 Zyklen

GAD65

Sense Primer 5´-CCC CAA GCA GCA TCC ACA T-3´ Antisense-Primer 5´-TCT TTT CTC CTG GTG GTG CC-3´

391 bp (788 bis 1179)

1 min 94°C 1 min 51°C 1 min 72°C 33 Zyklen

GAD67

Sense Primer 5´-CCC CAA GCA GCA TCC ACA T-3´ Antisense-Primer 5´-TAC GGG GTT CGC ACA GGT C-3´

600 bp (712 bis 1312)

1 min 94°C 1 min 51°C 1 min 72°C 33 Zyklen

GFAP

Sense Primer 5´-CCACGTGGAGATGGATGTGGCCA-3´ Antisense-Primer 5´-AGTGCCTCCTGGTAACTGGCCGAC-3´

324 bp (734 bis 1057)

1 min 94°C 1 min 63°C 1 min 72°C 25 Zyklen

2.8.3 Agarose-Gelelektrophorese

Die Agarose-Gelelektrophorese dient der Auftrennung geladener Moleküle,

welche eine unterschiedliche Größe besitzen. Nach Anlegen einer Spannung

von 40 – 80 mV wandert die DNA im Gel aufgrund ihrer negativ geladenen

Phosphatgruppen in Richtung Anode. Dabei laufen kleinere Moleküle schneller

als größere. Die PCR-Amplifikate wurden auf ein 2 %-iges Agarosegel

(Agarose: Biozym, Hess. Oldendorf, Deutschland) aufgetragen. Um die

41

einzelnen Banden später sichtbar machen zu können, enthielt dieses Gel

Ethidiumbromid (Merck, Darmstadt, Deutschland). Als Ladepuffer wurden 5 µl

PCR-Farbe für 50 µl Probe verwendet. Dabei wurde dieselbe Probe zu gleichen

Teilen (20 µm) jeweils einmal in die obere und einmal in die untere Tasche

pipettiert, um den Ethidiumbromid-Gradienten auszugleichen. Zum

Längenvergleich wurden DNA-Längenmarker (100 bp-Leiter, Fermentas, St.

Leon-Rot, Deutschland) mit auf das Gel aufgetragen.

2.8.4 Auswertung der Messung der mRNA Konzentration

Die Agarosegele wurden mit Hilfe des Biometra UV Solo® eingescannt, um die

Intensität der einzelnen Banden mit dem Computerprogramm Biometra®

BioDocAnalyze Version 2.1 analysieren zu können. Die Matrizen können

aufgrund unterschiedlich effektiver mRNA-Isolierung und cDNA-Synthese

Unterschiede in der PCR-Effektivität aufweisen. Daher wurden zunächst die

Werte für Aktin gemittelt. Aktin ist ein Strukturprotein des Zytoskeletts und

kommt in allen eukaryoten Zellen vor. Da es bei den vorherrschenden

Konditionen keine Schwankungen zeigt ist es gut zur Standardisierung

geeignet. Dieser Standardmarker dient gleichzeitig als interne Kontrolle der

Qualität des verwendeten Gewebes und der cDNA-Banken-Synthese.

Für jedes Zielgen wurden mindestens drei unabhängige PCRs

durchgeführt und ausgewertet. Zum Nachweis möglicher Verunreinigungen

wurden bei jeder PCR eine Wasserkontrolle mit amplifiziert und auf das Gel

aufgetragen. Der obere und untere Intensitätswert des Agarosegels wurde bei

jedem Zielgen gemittelt und durch den Mittelwert des dazugehörigen

Aktinwertes geteilt. Um relative Einheiten bzw. Relationen zu erhalten wurden

diese Ergebnisse wiederum auf die Kontrolle normiert. Abweichungen der

Werte wurden als S.E.M. der Relationen berechnet. Die Signifikanz der mRNA-

Expressions-Veränderungen wurde mittels Mann-Whitney Rangsummentest

überprüft.

42

3. Ergebnisse

3.1 Histologie

Die Morphologie der Läsion und des umgebenden Gewebes wurden mit Hilfe

von Nissl- und GFAP-Färbung charakterisiert. Die Läsionen wurden in ca. 1,5

mm Entfernung und parallel zur Mittellinie im visuellen Kortex der rechten

Hemisphäre induziert. Es wurden bis zu 3 akute Hirnschnitte mit einer Dicke

von je 350 µm und einer reproduzierbaren Läsion gewonnen, die den visuellen

Kortex enthielten.

Nissl-Färbungen von PFA-fixierten Schnitten (Abb. 3.1A und 3.1C)

erlauben einen Überblick über die Ausdehnung der Läsion und die Morphologie

des umgebenden Gewebes. Das nekrotische Gewebe der Läsion erstreckte

sich über ca. 0,5 bis 1,0 mm in mediolateraler Richtung und dehnte sich in der

Tiefe bis zur Lamina V des visuellen Kortex aus. Die Läsion war weitestgehend

scharf begrenzt, zum Teil von einem bis zu 100 µm breiten Randsaum

umgeben, der beschädigte Zellen enthielt. Außerhalb des Randgebietes wurde

eine normale Zellmorphologie gefunden, die für die entsprechenden kortikalen

Schichten typisch ist.

Durch die GFAP-Färbung wurde eine leichte Gliose in der Umgebung der

Läsion sichtbar (Abb. 3.1B und 3.1D). Die Ausdehnung der Gliose rund um die

Läsion war individuell unterschiedlich, meist jedoch auf ein Gebiet von 100 bis

200 µm um die Läsion begrenzt. Es wurde kein Unterschied in der Morphologie

und Veränderung nach Läsion zwischen Wt und BDNF(+/-) gefunden.

Auch die Hirnschnitte sham-operierter Tiere wurden untersucht, um

einen möglichen Einfluss der Operationstechnik auf die Ergebnisse

auszuschließen. Im Operationsgebiet dieser Versuchsgruppe wurde jedoch

keine Schädigung des Gewebes, keine vermehrte Kapillarisierung und auch

kein Zellödem gesehen. Ebenso war keine Gliose im Operationgebiet der

sham- operierten Tiere feststellbar.

43

1mm 1mm

0,1 mmD

A B

0,1 mm

1

Abbildung 3.1: Fotografien eines Nissl gefärbten und eines GFAP

gefärbten Schnittes des visuellen Kortex einer 24 Tage alten Wt Maus zwei

Tage nach Läsion

A Der Nissl gefärbte Schnitt ist in 2,5facher Vergrößerung dargestellt. Die

Läsion ist mit einem Pfeil markiert B GFAP Färbung des selben Tieres in

2,5facher Vergrößerung. In C wird eine 20fache Vergrößerung des Nissl

gefärbten Schnittes dargestellt. D zeigt eine 20fache Vergrößerung des GFAP

gefärbten Schnittes. Die Gliose ist hier am Rand der Läsion durch den dunklen

Saum gut erkennbar (durch 1 gekennzeichnet).

In höherer Vergrößerung war die Morphologie der Läsionsumgebung in der Nissl-

Färbung gut zu erkennen. Am inneren Läsionsrand wurden viele Makrophagen,

Zellfragmente und vereinzelte Granulozyten gefunden. In den meisten Schnitten

wurde eine verstärkte Kapillarisierung in nächster Umgebung zur Läsion

beobachtet, die in der Abb 3.2 gut zu erkennen ist.

44

3

2

15

0,05 mm

Abbildung 3.2: 40fache Vergrößerung des lateralen Läsionsrandes einer 24

Tage alten Wt Maus 2 Tage nach Läsion

Die verstärkte Kapillarisierung (Nr. 1) und viele Makrophagen (z. B. Nr. 2) sind

gut erkennbar. Einige Zellfragmente können am Läsionsrand differenziert

werden (Nr. 5). Vereinzelt sind auch Granulozyten auszumachen (Nr. 3)

3.2 Ergebnisse der Elektrophysiologie

Um zu zeigen, dass die evozierten Feldpotentiale synaptischen Ursprungs sind,

wurde der AMPA-Rezeptor-Antagonist 6,7-Dinitroquinoxalin-2,3-dion (DNQX)

eingesetzt. Bei einer Reizstärke von 62 µA wurde zunächst unter

Kontrollbedingungen ohne den Blocker ein Feldpotential evoziert, das im

vorliegenden Beispiel eine Amplitude von 1,2 mV und eine Latenz von 3,9 ms

aufwies. Nachdem dieses Feldpotential 15 Minuten keine Schwankungen in der

Amplitude zeigte, wurden dem ACSF-Bad 10 µM DNQX zugefügt. DNQX

blockiert spezifisch AMPA Rezeptoren und inhibiert somit die basale

exzitatorische, synaptische Übertragung (Abb. 3.3).

Zehn Minuten nach Einwaschen von DNQX ist die zuvor beobachtete

negative Spannungsveränderung im Feldpotential verschwunden. Die

zusätzliche Gabe von 1 µM Tetradotoxin (TTX) zur Blockierung

45

spannungsabhängiger Natriumkanäle verändert die Ableitung nicht weiter.

Somit ist das gesamte unter normalem ACSF zu beobachtende Feldpotential

exzitatotischen synaptischen Ursprungs.

Alle Feldpotentiale, die gemessen worden sind, hatten eine vergleichbare

Form.

Kontrolle

Nach Inkubation von 10 µM DNQX

Kontrolle

Nach Inkubation von 10 µM DNQX

Abbildung 3.3: Repräsentatives Feldpotential

Die synaptische Komponente des Feldpotentials (schwarze Linie) wird v.a.

durch die Aktivität von AMPA-Rezeptoren dominiert. Nach Inhibition der

AMPA-Rezeptoren mit 10µM 6,7-Dinitroquinoxalin-2,3-dion (DNQX) ist keine

Spannungsveränderung im FP messbar (graue Linie).

46

3.2.1 Einfluss einer Läsion auf die synaptische Plastizität im

visuellen Kortex der Maus

In der zweiten Versuchsreihe wurde erstens der Einfluss von Läsionen im

visuellen Kortex auf die basale synaptische Erregung im Randbereich der

Verletzung untersucht (3.2.1.1), zweitens wurden läsionsbedingte Änderungen

der synaptischen Plastizität ermittelt (3.2.1.2) und drittens wurde überprüft, ob

die Operationsmethode selbst einen Einfluss auf die Plastizität des visuellen

Kortex hat (3.2.1.3).

Hierzu wurde in mehreren Versuchsserien bei jeweils einer Gruppe von

Mäusen eine Läsion in den visuellen Kortex induziert. Nach zwei bis sechs

Tagen Überlebenszeit wurden akute Hirnschnitte aus dem visuellen Kortex

präpariert und elektrophysiologische Messungen durchgeführt. Die Ergebnisse

wurden mit denen von gleichaltrigen unbehandelten und sham-operierten

Tieren, zwei bis sechs Tage nach Operation, verglichen.

3.2.1.1 Basale synaptische Übertragung (I-O Kurve) nach Läsionen

Um die basale synaptische Übertragung zu charakterisieren, wurde

zunächst eine sogenannte input-output Kurve (I-O Kurve) angefertigt. Es

wurden die I-O-Kurven von nichtbehandelten Mäusen (n= 5) mit denen

läsionierter Tiere (n=6) verglichen (Abb. 3.4). Dabei unterschieden sich die

maximalen Amplituden der beiden Gruppen nicht (bei einer Stimulationsdauer

von 200 µs: Wt unbehandelt 1,3 ± 0,1 mV, Wt nach Läsion 1,4 ± 0,1 mV; p =

0,75). In beiden Gruppen änderte sich die Form der Feldpotentiale mit längerer

Stimulationsdauer nicht und die Latenz zwischen dem Stimulusartefakt und der

maximal negativen Feldpotentialamplitude blieb ebenfalls konstant (Wt

unbehandelt = 4,22 ± 0,52 ms, Wt nach Läsion = 4,22 ± 0,55 ms; p=0,99). Es

gab weder in der Form noch im relativem Anstieg der Amplitude Unterschiede

zwischen nichtbehandelten und läsionierten Tieren. Für keine

Stimulationsdauer konnte ein signifikanter Unterschied in der Höhe der

Amplitude festgestellt werden (p > 0,05). Es wurde also keine läsionsbedingte

Änderung der basalen synaptischen Transmission festgestellt.

47

A

Wt unbehandelt Wt Läsion 40 µs

100 µs

200 µs 1 mV

5 ms

1 mV

5 ms

1 mV

5 ms

B

FP

Am

plit

ude

(m

V)

Stimulus Dauer (µsec)

20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

Wt unbehandelt (n=5)

Wt Läsion (n=6)

Abbildung 3.4: Die basale synaptische Übertragung ist nach Läsionen nicht

verändert

A repräsentative Feldpotentiale einer unbehandelten und einer läsionerten Maus,

die bei einer Stimulation von 40, 100 und 200 µs evoziert wurden

B durchschnittliche Feldpotentialamplituden unbehandelter (Dreiecke, n=5) und

läsionierter (Kreise, n=6) Tiere in Beziehung zur Stimulationsdauer

48

3.2.1.2 Verstärkte LTP nach Läsionen im visuellen Kortex

Zunächst wurden Gehirnschnitte unbehandelter Wt Mäuse (n=8) untersucht.

Bei diesen Tieren kam es nach repetitiver Reizung durch TBS zu einer

reproduzierbaren LTP. Die Amplituden der Feldpotentiale, die in akuten

Hirnschnitten nach Reizung der kortikalen Schicht IV in Schicht II / III abgeleitet

wurden, hatten vor TBS eine durchschnittliche Höhe von 0,75 ± 0,03 mV, was

58% der maximalen Amplitude entspricht. Unmittelbar nach der TBS waren die

Amplituden meist zunächst verkleinert, bis sie nach durchschnittlich drei

Minuten das Level der Baselineamplitude übertrafen. Nach TBS wurde in der 7

± 1 Minute dann ein LTP-Level von 120 ± 4,5 % der Baseline erreicht, das sich

bis zum Ablauf der 60 Minuten noch leicht vergrößerte. Diese Änderung der

Amplitude zwischen der Siebten und der 51. Minute war allerdings nicht

signifikant (p > 0,05). 51-60 min nach TBS hatten die Amplituden eine

durchschnittliche Höhe von 0,93 ± 0,04 mV und entsprachen so 121 ± 4% der

durchschnittlichen Baselineamplitude. Auf Form und Latenz zwischen dem

Stimulusartefakt und der maximal negativen Feldpotentialamplitude der

einzelnen Feldpotentiale hatte die TBS keinen Einfluss ((Wt unbehandelt vor

TBS = 4,27 ± 0,47 ms, nach TBS = 4,22 ± 0,31; p=0,50).

Die Ergebnisse unbehandelter Wt Mäuse wurden anschließend mit

läsionierten Wt Tieren (n = 9) verglichen (Abb. 3.5). Dazu wurde den Tieren

zunächst unter Narkose eine Laserläsion zugefügt. Nach einer Überlebenszeit

von zwei bis fünf Tagen wurden dann akute Hirnschnitte hergestellt und

elektrophysiologische Messungen durchgeführt. Die Feldpotentiale, die in

Hirnschnitten von läsionierten Tieren in 1,5 – 2,2 mm Abstand vom Rand der

Läsion evoziert wurden, hatten dieselbe Form und Latenz, wie diejenigen, die

bei unbehandelten Tieren gesehen worden waren (Wt unbehandelt = 4,24 ±

0,31 ms; Wt nach Läsion = 4,21 ± 0,39 ms, p=0,71). Auch die Amplitude vor

TBS (0,77 ± 0,06 mV) zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden

Gruppen. Nach TBS Stimulation konnte auch bei läsionierten Tieren eine

reproduzierbare LTP beobachtet werden. Allerdings wurde eine weniger

ausgeprägte Depression der Feldpotentialamplitude direkt nach der TBS

beobachtet. Auch der darauf folgende Anstieg der Amplitude auf ein Level, das

über der Grundlinie liegt, geschah früher (bereits in der ersten Minute nach

49

TBS) als bei den ungehandelten Tieren. Die Ampituden, die 51- 60 min nach

TBS in Hirnschnitten läsionierter Mäuse gemessen wurden, hatten eine

durchschnittliche Größe von 1,10 ± 0,09 mV und waren somit auf 141 ± 6,4 %

der Baselineamplitude vergrößert.

A

Wt Wt Läsion

vor TBS

nach TBS

10 ms

1 mV

10 ms

1 mV

B

-10 0 10 20 30 40 50 60

80

100

120

140

160 Wt unbehandelt (n= 8)

Wt mit Läsion (n= 9)

rela

tive

FP A

mp

litud

e (

%)

Zeit (min)

Abbildung 3.5: LTP ist läsionierten Wt Mäusen vergrößert

A: Repräsentative Feldpotentiale einer Wt Maus ohne Läsion und einer Wt Maus

drei Tage nach Operation vor (1) und 60 Minuten nach (2) TBS.

B: Zeitverlauf der mittleren Amplituden von Hirnschnitten unbehandelter

(gefüllte Kreise, n=8) und läsionierter Tiere (ungefüllte Vierecke, n=9)

50

Vergleicht man also die Ergebnisse der läsionierten mit denen unbehandelter

Tiere, ergibt sich bei unveränderter Form und Latenz der Feldpotentiale ein

signifikanter (p = 0,013) Unterschied in der Ausprägung der LTP: die LTP in

läsionierten Tieren zwei bis fünf Tage nach Läsion ist 20 Prozentpunkte größer

als bei Messungen von unbehandelter Mäuse.

3.2.1.3 Keine Veränderung in der LTP nach Sham-Operationen

Um nachzuweisen, dass die Operationsmethode keinen Einfluss auf die

Plastizität des visuellen Mauskortex hat, wurden Hirnschnitte von sham-

operierten Wt Mäusen untersucht. Während der Sham-Operation erfolgte die

Freipräparation des Kortex genau wie bei Läsionstieren, jedoch ohne eine

Läsion zu induzieren. Auch nach Sham-Operationen wurden die Tiere nach

einer Überlebenszeit von zwei bis fünf Tagen untersucht. Die

elektrophysiologischen Messungen erfolgten genau wie bei den läsionierten

und bei den unbehandelten Tieren. Die in den akuten Hirnschnitten evozierten

Feldpotentiale hatten dieselbe Form und Latenz zwischen dem Stimulusartefakt

und der maximal negativen Feldpotentialamplitude wie diejenigen

unbehandelter Tiere (Wt unbehandelt = 4,24 ± 0,31 ms; Wt sham-operiert =

4,21 ± 0,39 ms; p = 0,69). Die gemessenen Feldpotentiale sham-operierter Wt

Tiere (n= 6) zeigten auch eine vergleichbare Amplitude wie die Feldpotentiale

unbehandelter Wt Mäuse. Diese entsprachen vor TBS einer durchschnittlichen

Amplitude von 0,71 ± 0,04 mV. Die Form der Feldpotentiale blieb auch nach

TBS unverändert. Die relativen Amplituden der sham-operierten Wt Tiere waren

51-60 min nach TBS auf durchschnittlich 0,86 ± 0,03 mV erhöht, was einer

relativen Amplitude von 122 ± 3,3 % der Baseline entspricht. Somit konnte kein

signifikanter Unterschied in der Größe der relativen Amplitude 51-60 min nach

TBS zwischen unbehandelten und sham-operierten Tieren festgestellt werden

(p = 0,95). Ebenso waren Form und Latenz der Feldpotentiale nach TBS nicht

verändert (Wt sham-operiert vor TBS= 4,19 ± 0,42 ms, nach TBS= 4,21 ± 0,41;

p=0,73). Auch der zeitliche Verlauf der LTP nach TBS war mit dem der

unbehandelten Tiere vergleichbar (Abb. 3.6). Die Operationsmethode selber

bewirkt also keine messbare Veränderung in der LTP gegenüber nicht

behandelten Tieren.

51

A

Wt unbehandelt Wt sham-operiert

vor TBS

nach TBS

10 ms

1 mV

10 ms

1 mV

B

Zeit (min)

-10 0 10 20 30 40 50 60

80

100

120

140

160

Wt unbehandelt (n= 8)

Wt shamoperiert (n= 6)

rela

tive

FP

Am

plit

ud

e (%

)

Abbildung 3.6: Sham-Operationen haben keinen Einfluss auf die Stärke der

LTP in Wt Mäusen

A Repräsentative Feldpotentiale einer Wt und einer sham-operierten Maus drei

Tage nach Sham-Operation

B kein signifikanter Unterschied in der Expression von LTP zwischen Wt und

sham-cheinoperierten Mäusen

52

3.2.2 Veränderte synaptische Plastizität im visuellen Kortex der

BDNF (+/-) Maus

In der zweiten Versuchsserie wurde die LTP in Hirnschnitten von BDNF (+/-)

Mäusen untersucht. Dazu wurden akute Hirnschnitte von BDNF (+/-) Mäusen

und von gleichaltrigen Wt Mäusen hergestellt und zunächst die basale

synaptische Übertragung in BDNF(+/-) Tieren gemessen (3.2.2.1). Im nächsten

Schritt wurde eine LTP in BDNF(+/-) Mäusen ausgelöst und mit der LTP in Wt

Tieren verglichen (3.2.2.2).

3.2.2.1 Basale synaptische Übertragung (I-O Kurve) in Hirnschnitten

von BDNF (+/-) Mäusen

Auch für BDNF(+/-) Tiere wurde eine I-O Kurve angefertigt, um die basale

synaptische Übertragung zu bestimmen und mit den Werten unbehandelter Wt

Tiere zu vergleichen (Abb. 3.7). Die maximalen Amplituden, die in Hirnschnitten

von unbehandelten BDNF (+/-) Tieren evoziert wurden, unterschieden sich

dabei nicht in Form, Höhe der maximalen Amplitude (Wt unbehandelt 1,3 ± 0,1

mV ; BDNF(+/-) unbehandelt = 1,2 ± 0,03 mV; p = 0,41) und Latenz zwischen

dem Stimulusartefakt und der maximal negativen Feldpotentialamplitude (Wt

unbehandelt = 4,22 ± 0,52 ms, BDNF(+/-) unbehandelt = 4,28 ± 0,62 ms;

p=0,54) von denen, die in Hirnschnitten unbehandelter Wt Tiere abgeleitet

wurden. Für keine Stimulationsdauer konnte ein signifikanter Unterschied in der

Höhe der Amplitude zwischen BDNF(+/-) und Wt Tieren festgestellt werden (p

> 0,05). Somit zeigen sich keine Unterschiede in der basalen synaptischen

Übertragung zwischen Wt und BDNF (+/-) Mäusen.

53

A

Wt BDNF(+/-)

40 µs

100 µs

200 µs 1 mV

5 ms

1 mV

5 ms

1 mV

5 ms

B

FP

Am

plit

ude

(m

V)

Stimulus Dauer (µsec)

20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

BDNF (n=6)

Wt (n=5)

Abbildung 3.7: Es gibt keinen Unterschied in der basalen synaptischen

Übertragung zwischen BDNF (+/-) und Wt Mäusen

A repräsentative Feldpotentiale einer Wt und einer BDNF (+/-) Maus, die bei

einer Stimulationsdauer von 40, 100 und 200 µs evoziert wurden

B mittlere Feldpotentialamplituden von Wt (Dreiecke, n=5) und BDNF (+/-)

Tieren (Kreise, n=6) in Abhängigkeit von der Stimulationsdauer

Formatiert

54

3.2.2.2 Beeinträchtigte LTP Expression in BDNF (+/-) Mäusen

Im Folgenden wurde nun die LTP in BDNF(+/-) Mäusen untersucht und mit der

LTP in Wt Tieren verglichen (Abb. 3.8). In akuten Hirnschnitten von BDNF(+/-)

Mäusen hatten die evozierten Feldpotentiale eine durchschnittliche Höhe von

0,86 ± 0,07 mV. Die Form der Feldpotentiale war gegenüber der in Wt Tieren

gesehenen Form der Feldpotentiale nicht verändert. Auch war kein Unterschied

in der Latenz zwischen dem Stimulusartefakt und der maximal negativen

Feldpotentialamplitude ((Wt unbehandelt = 4,24 ± 0,31 ms, BDNF(+/-)

unbehandelt= 4,28 ± 0,42 ms; p=0,51) auszumachen. Nach der TBS zeigte sich

zunächst eine Depression der Amplitudenhöhe, die auch bei unbehandelten Wt

Mäusen beobachtet worden war. Sie hatte bei den BDNF (+/-) Mäusen den

gleichen zeitlichen Verlauf. In den ersten Minuten nach TBS war die Ampitude

meist verringert, bis sie nach 3 ± 2 Minuten das Level der Baseline übertraf.

Nach TBS waren in Minute 7 ± 1 die Feldpotentialamplitude signifikant

vergrößert und erreichte maximal eine durchschnittliche Amplitude von 1,0 ±

0,10 mV, was 115 ± 1,6 % der Baseline entsprach. Sie erreichte allerdings

nicht das Level von 121%, das in Hirnschnitten von unbehandelten Wt Mäusen

beobachtet worden war. Auch blieb die Amplitude nicht stabil auf diesem

erhöhten Niveau, sondern verkleinerte sich danach bis sie am Ende des

Experimentes wieder annähernd das Baselinelevel erreicht hatte (51 – 60 min

nach TBS durchschnittlich 104 ± 3,4 % der Baseline) und sich so signifikant von

der LTP in Wt Mäusen unterschied (p = 0,005). Auf die Form und die Latenz

zwischen dem Stimulusartefakt und der maximal negativen

Feldpotentialamplitude der einzelnen Feldpotentiale hatte die TBS auch in

Hirnschnitten von BDNF (+/-) Mäusen keinen Einfluss (BDNF(+/-) unbehandelt

vor TBS= 4,27 ± 0,50 ms, nach TBS= 4,31 ± 0,51; p = 0,56).

55

A

Wt BDNF (+/-)

vor TBS

nach TBS

10 ms

1 mV

10 ms

1 mV

B

Zeit (min)

160

-10 0 10 20 30 40 50 60

80

100

120

140

BDNF (+ /-) ( n= 7)

Wt (n= 8)

rela

tive

FP

Am

plit

ud

e (%

)

Abbildung 3.8: Defizit in der Expression einer LTP in BDNF (+/-) Mäusen

A: Repräsentative Feldpotentiale einer Wt Maus (wie in Abb. 3.5 gezeigt) und

einer BDNF (+/-) Maus vor (1) und 60 Minuten nach (2) TBS.

B: Zeitverlauf der mittleren Feldpotentialamplituden von BDNF (+/-) (gefüllte

Kreise, n=7) und Wt Tieren (ungefüllte Vierecke, n=8)

56

3.2.3 Einfluss von Läsionen auf die LTP Expression in BDNF (+/-)

Mäusen

In der nächsten Versuchsreihe wurde untersucht, in wie weit Läsionen einen

Einfluss auf die LTP Expression in BDNF(+/-) Tieren haben. Zunächst wurde

die basale synaptische Übertragung in BDNF(+/-) Tieren nach Läsionen

bestimmt und mit unbehandelten BDNF(+/-) Tieren verglichen (3.2.3.1). Danach

wurden die Effekte einer TBS an Hirnschnitten läsionierter BDNF(+/-) Mäuse

gemessen und mit unbehandelten BDNF(+/-) Tieren und im nächsten Schritt mit

unbehandelten Wt und läsionierten Wt Mäusen verglichen.

Dazu wurden den BDNF (+/-) Mäusen vergleichbare Läsionen wie in Wt

Mäusen zugefügt. Die elektrophysiologischen Experimente wurden zwei bis

sechs Tage nach der Läsion durchgeführt.

3.2.3.1 Basale synaptische Übertragung (I-O Kurve) in BDNF (+/-) Mäusen nach Läsionen

Um die basale synaptische Übertragung in BDNF(+/-) Tieren zu untersuchen,

wurde auch für läsionierte BDNF(+/-) Mäuse eine I-O Kurve ermittelt und mit

den Daten unbehandelter BDNF(+/-) und läsionierten Wt Tieren verglichen

(Abb. 3.9). Zwischen den maximalen Amplituden läsionierter und unbehandelter

BDNF(+/-) Tiere war kein Unterschied zu erkennen (BDNF(+/-) unbehandelt =

1,2 ± 0,03 mV; BDNF(+/-) nach Läsion = 1,3 ± 0,1 mV; p = 0,49). Ebenso war

kein Unterschied zu den Feldpotentialen läsionierter Wt Mäusen (Wt nach

Läsion 1,4 ± 0,1 mV; BDNF(+/-) nach Läsion = 1,3 ± 0,1 mV; p = 0,57) zu

sehen. Auch die Form und Latenz der Feldpotentiale war derjenigen gleich, die

zuvor bei unbehandelten BDNF (+/-) und Wt sowie läsionierten Wt Tieren

gesehen worden waren (Latenz BDNF(+/-) unbehandelt = 4,28 ± 0,61 ms,

BDNF(+/-) nach Läsion = 4,23 ± 0,57; p = 0,54) Für keine Stimulationsdauer

konnte ein signifikanter Unterschied in der Höhe der Amplitude festgestellt

werden (p > 0,05). Somit gab es auch für läsionierte BDNF (+/-) Tiere keine

feststellbare Änderung der basalen synaptischen Übertragung.

57

A

BDNF(+/-) unbehandelt BDNF(+/-) Läsion

40 µs

100 µs

200 µs 1 mV

5 ms

1 mV

5 ms

1 mV

5 ms

B

FP

Am

plit u

de (

mV

)

Stimulus Dauer (µsec)

20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

BDNF unbehandelt (n=6)

BDNF Läsion (n=7)

Abbildung 3.9: Die basale synaptische Übertragung ist nach Läsionen in

BDNF (+/-) Tieren nicht verändert

A repräsentative Feldpotentiale einer unbehandelten und einer läsionerten BDNF

(+/-) Maus, die bei einer Stimulation von 40, 100 und 200 µs evoziert wurden

B durchschnittliche Feldpotentialamplituden unbehandelter BDNF(+/-) (Kreise,

n=6) und läsionierter BDNF(+/-)Tiere (Dreiecke, n=7) in Beziehung zur

Stimulationsdauer

58

3.2.3.2 Wiederherstellung von LTP in BDNF(+/-) Mäusen durch Läsionen

Im nächsten Schritt sollte nun der Einfluss von Läsionen auf BDNF(+/-) Mäuse

untersucht werden. Dazu wurde die LTP in BDNF(+/-) Tieren nach Läsion mit

der LTP in unbehandelten BDNF(+/-) Tieren verglichen (Abb. 3.10). In

Hirnschnitten von läsionierten BDNF (+/-) Tieren erzeugten die Reize in einem

Abstand von 1,0 – 2,0 mm vom Rand der Läsion vor der TBS Feldpotentiale,

deren Amplitude eine durchschnittliche Höhe von 0,74 ± 0,03 mV hatten. Somit

unterschieden sie sich nicht signifikant (p > 0,05) von den Feldpotentialen, die

in den anderen Versuchsgruppen gemessen worden waren. Auch die Form der

Feldpotentiale war ebenfalls die schon zuvor gesehene. Ebenso konnte kein

Unterschied in der Latenz zwischen dem Stimulusartefakt und der maximal

negativen Feldpotentialamplitude nach Läsionen in BDNF(+/-) Tieren

ausgemacht werden (BDNF(+/-) unbehandelt = 4,28 ± 0,42 ms, BDNF(+/-) nach

Läsion = 4,32 ± 0,40; p = 0,56). Nach der TBS erfolgte bei läsionierten

BDNF(+/-) Tieren keine anfängliche Depression der Amplitude, die die LTP in

unbehandelten und läsionierten Wt Mäusen sowie unbehandelten BDNF(+/-)

Mäusen auszeichnete. Das erste Feldpotential nach TBS hatte eine

durchschnittliche Höhe von 0,7 ± 0,07 mV und unterschied sich somit nicht

signifikant vom Level der Baseline. Innerhalb von 5 Minuten erreichten die

Amplituden der Feldpotentiale eine Höhe von 0,96 ± 0,03 mV, was 128 ± 3,4 %

der Baseline entsprach. Dieses Level blieb die gesamten 60 Minuten nach TBS

konstant. Im Gegensatz zu Hirnschnitten unbehandelter BDNF (+/-) Tiere

konnte eine LTP in Hirnschnitten läsionierter BDNF (+/-) Mäuse nun wieder

ausgelöst werden. Die relativen Amplituden der Feldpotentiale erreichten dabei

in den letzten 10 Minuten 0,95 ± 0,05 mV (126 ± 6,4 % der Baseline) und waren

so signifikant von den nichtbehandelten BDNF(+/-) Tieren zu unterscheiden (p =

0,019). Auf die Form und die Latenz zwischen dem Stimulusartefakt und der

maximal negativen Feldpotentialamplitude der einzelnen Feldpotentiale hatte

die TBS auch in Hirnschnitten von läsionierten BDNF (+/-) Mäusen keinen

Einfluss (BDNF(+/-) unbehandelt vor TBS= 4,27 ± 0,50 ms, nach TBS= 4,31 ±

0,51; p = 0,56).

59

A

BDNF(+/-) unbehandelt BDNF(+/-) Läsion

vor TBS

nach TBS

10 ms

1 mV

10 ms

1 mV

B

-10 0 10 20 30 40 50 60

80

100

120

140

160

BDNF (+ /-) unbehandelt (n = 7)

BDNF (+ /-) mit Läsion (n = 9)

Zeit (min)

rela

tive

FP

Am

plit

ud

e (%

)

Abbildung 3.10: Ausgleich des Defizits in der Expression von LTP in BDNF

(+/-) Mäusen nach Läsionen

A: Repräsentative Feldpotentiale einer unbehandelten BDNF (+/-) Maus (wie in

Abb. 3.8 bereits gezeigt) und einer läsionierten BDNF (+/-) Maus vor (1) und

60 Minuten nach (2) TBS.

B: Zeitverlauf der mittleren Feldpotentialamplituden von unbehandelten BDNF

(+/-) (gefüllte Kreise, n=7) und BDNF (+/-) Tieren zwei bis sechs Tage nach

Läsion (ungefüllte Vierecke, n=9)

60

3.2.3.3 Keine Änderung der LTP nach Sham-Operationen bei BDNF (+/-) Mäusen

Auch bei BDNF(+/-) Tieren sollte ein möglicher Effekt der Operationsmethode

auf die Plastizität ausgeschlossen werden. Der Vergleich zwischen der LTP in

BDNF(+/-) Tieren nach Sham-Operationen und in unbehandelten BDNF(+/-)

Mäusen ist in Abb 3.1. gezeigt. In Hirnschnitten sham-operierter BDNF(+/-)

Mäuse (n= 6) hatten die Feldpotentiale vor TBS eine durchschnittliche Höhe

von 0,74 ± 0,02 mV. Die Form der Feldpotentiale blieb auch nach Sham-

Operationen unverändert. Auch auf die Latenz zwischen dem Stimulusartefakt

und der maximal negativen Feldpotentialamplitude hatten die Sham-

Operationen keinen Einfluss (BDNF(+/-) unbehandelt = 4,28 ± 0,42 ms;

BDNF(+/-) sham-operiert = 4,23 ± 0,59 ms; p = 0,68). In der Höhe der relativen

Amplituden 51 – 60 min nach TBS in sham-operierten Tieren ( 0,74 ± 0,04 mV,

entspricht 100 ± 2,6 % der Baseline) war kein signifikanter Unterschied zu

nichtbehandelten Tieren feststellbar (p > 0.21). Auch bei läsionierten BDNF(+/-)

Tieren war durch die TBS keine Änderung der Form der Feldpotentiale oder der

Latenz zwischen dem Stimulusartefakt und der maximal negativen

Feldpotentialamplitude ausgelöst worden (BDNF(+/-) sham-operiert vor TBS =

4,28 ± 0,51 ms; nach TBS = 4,19 ± 0,37 ms; p = 0,22). Die Ergebnisse sham-

operierter Tiere unterschieden sich also in keinem Aspekt von denen

nichtbehandelter BDNF(+/-) Mäuse.

61

A

BDNF (+/-) unbehandelt BDNF(+/-) sham-operiert

vor TBS

nach TBS

10 ms

1 mV

10 ms

1 mV

B

160

-10 0 10 20 30 40 50 60

80

100

120

140

BDNF (+ /-) unbehandelt (n= 7)

BDNF (+ /-) shamoperiert (n= 6)

Zeit (min)

rela

tive

FP

Am

plit

ud

e (%

)

Abbildung 3.11: Sham-Operationen haben keinen Einfluss auf das Level

von LTP in BDNF(+/-) Mäusen

A Repräsentative Feldpotentiale einer unbehandelten BDNF(+/-) und einer

sham- operierten BDNF(-/-) Maus drei Tage nach Sham-Operation

B kein signifikanter Unterschied in der Expression von LTP zwischen

unbehandelten BDNF(+/-) (gefüllte Kreise, n=7) und sham-operierten BDNF(+/-

) Mäusen (ungefüllte Vierecke, n=6)

62

3.2.3.4 Vergleich zwischen Ausprägung der LTP in unbehandelten Wt-Mäusen und läsionierten BDNF (+/-) Mäusen

Da die Ergebnisse der elektrophysiologischen Messungen gezeigt haben, dass

das Level von LTP in unbehandelten und läsionierten BDNF(+/-) Tieren eine

ähnlliche Höhe erreicht, sollen im Folgenden die Ergebnisse unbehandelter Wt

und läsionierter BDNF(+/-) Mäuse im Vergleich dargestellt werden. Auf den

ersten Blick hat die LTP läsionierter BDNF(+/-) Mäuse und die LTP

unbehandelter Wt-Mäuse eine sehr ähnliche Ausprägung. Vergleicht man die

LTP, die in Hirnschnitten unbehandelter Wt-Mäusen gemessen worden ist, mit

der, die in läsionierten BDNF(+/-) Mäusen evoziert worden ist, besteht kein

signifikanter Unterschied zwischen der relativen Amplitude 51-60 min nach TBS

in Hirnschnitten unbehandelter Wt-Mäuse und Hirnschnitten läsionierter BDNF

(+/-) Mäuse (p = 0,63).

Der Gesamtverlauf der LTP ist jedoch unterschiedlich. Während die

Amplitude der unbehandelten Wt Tiere nach TBS nach einem ersten raschen

Anstieg weiter kontinuierlich ansteigt, erreicht die LTP läsionierter BDNF(+/-)

Tiere bereits nach einigen Minuten das Level, das sie für die Länge des

gesamten Experimentes beibehält ohne weiter anzusteigen. Dieser Trend ist

jedoch nicht signifikant.

3.2.4 Vergleich der LTP zwischen verschiedenen Versuchsgruppen

Der abschließende Vergleich der LTP 51-60 min nach TBS in den

verschiedenen Versuchsgruppen wird in Abb. 3.12 dargestellt. In den

Kontrolltieren, den unbehandelten Wt Mäusen, wird durch TBS eine LTP

hervorgerufen, die durchschnittlich 121% der Baseline entspricht. Nach

Läsionen des visuellen Kortex ist die LTP dann auf durchschnittlich 141% der

Baseline erhöht. In BDNF(+/-) Tieren kann durch die TBS keine dauerhafte LTP

ausgelöst werden. Nach Läsionen ist jedoch bei diesen BDNF(+/-) Tieren eine

LTP von durchschnittlich 126% durch dieselbe Stimulation zu beobachten.

63

*re

lativ

eF

PA

mp

litud

e(%

)

0

20

40

60

80

100

120

140

160

Wt o

hne L

äsion

Wt m

it Läsio

n

BDNF ohne

Läsio

nBDNF m

it Lä

sion

*

Abbildung 3.12: Einfluss von Läsionen auf Wt und BDNF(+/-) Tiere

Vergleich der relativen FP Amplitude 51-60 min nach TBS.

Das Level der LTP war bei Wt ohne Läsion 121 ± 4%, bei läsionierten Wt

wurden 141 ± 6,4 % gemessen. Bei den BDNF Tieren war nach 51-60 min

keine LTP (104 ± 3,4 %) vorhanden, nach Läsionen in BDNF Tieren konnte

dann eine LTP von 128 ± 3,4 % wieder beobachtet werden.

64

3.3 Ergebnisse der RT-PCR

3.3.1 Expression von BDNF nach Läsionen In dieser Versuchsreihe sollte untersucht werden, in wie weit Läsionen einen

Einfluss auf die Expression verschiedener Substanzen, vor allem dem

Neurotrophin BDNF haben. Zu diesem Zweck wurde eine Kontrollregion

außerhalb des visuellen Kortex definiert, um die Änderung der Expression im

Läsionsbereich im visuellen Kortex mit diesem Areal vergleichen zu können. Als

Kontrollbereich wurde der Motorcortex der läsionierten Tiere gewählt. Die

Expression von Aktin diente hierbei als interne Kontrolle, da es unter den

vorherrschenden Versuchsbedingungen keinen Schwankungen unterliegt.

actin

bdnf

trkB

GAD 65

PARV

GFAP

GAD 67

WT TG

MC VC MC VC

actin

bdnf

trkB

GAD 65

PARV

GFAP

GAD 67

WT TG

MC VC MC VC

Abbildung 3.13: Darstellung representativer PCR-Banden im Motor- und

visuellen Kortex von Wt und Tg Mäusen

MC = Motorkortex, VC = visueller Kortex, TG = transgen (BDNF(+/-))

TrkB = Tyrosin Kinase Rezeptor B, GAD = Glutamatdecarboxylase,

PARV = Parvalbumin, GFAP = Glial fibrillary acid protein

Die Abbildung zeigt repräsentative PCR Banden für verschiedene Proteine. Aktin

diente als interne Kontrolle und hat im Kontrollbereich des Motorkortex und im

visuellen Kortex dieselbe Intensität.

65

In Abb. 3.13 ist eine gleichmäßige Expression von Aktin in Motorkortex und im

visuellen Kortex von Wt wie auch von BDNF(+/-) Mäusen zu sehen. Es lässt

sich eine unterschiedliche BDNF Expression zwischen Wt und BDNF (+/-)

Tieren erkennen. In den BDNF(+/-) Mäusen sind die Banden sowohl im

Motorkortex als auch im visuellen Kortex schwächer ausgebildet.

Abb 3.14 – 3.16 zeigen die mRNA Expression von BDNF anhand der

PCR-Banden in Abhängigkeit von der Entfernung zur Läsion zu verschiedenen

Überlebenszeitpunkten. Nach einer bestimmten Überlebenszeit (ein, zwei oder

fünf Tage) wurden akute Hirnschnitte hergestellt und verschiedene

Gewebeproben entnommen. Wie in den Methoden beschrieben, wurde das

Gewebestück A jeweils im Abstand von 0,2 bis 1,2 mm vom Rand der Läsion, B

in 1,5 bis 2,5 mm und C in 3,0 bis 4,0 mm Entfernung entnommen. Als

Kontrollregion diente wiederum ein Gewebestück des Motorcortex. Da kein

signifikanter Unterschied zwischen dem Abstand von 0,2 bis 1,2 mm und 1,5 bis

2,5 mm festgestellt wurde, ist diese Region von 0,2 bis 2,5 mm Entfernung als

„Läsion 0,2 – 2,5 mm“ in den Abbildungen 3.14 – 3.6 zusammengefasst. In Wt

Tieren ist eine signifikante Reduktion (p<0,05) in der BDNF Expression am

ersten Postläsionstag nahe der Läsion zu erkennen (Abb 3.14).

BD

NF

/ A

ctin

rela

tive E

i nh

eite

n

0,0

0,5

1,0

1,5

WT TG

*

**

MC

Läsion 0,2 -

2,5 mm

Läsion

3 - 4

mm MC

Läsion 0,2 -

2,5 mm

Läsion 3 -

4 mm

1.Tag post-Läsion

Abbildung 3.14: BDNF mRNA Expression in Abhängigkeit der

Läsionsentfernung einen Tag nach Läsion

BDNF mRNA Expression in Wt Mäusen (unausgefüllte Balken, n=12) ist einen

Tag nach Läsion nur am Rande der Läsion erniedrigt, während in BDNF Mäusen

66

(+/-) (ausgefüllte Balken, n=12) auch in weiterer Entfernung zur Läsion eine

signifikante Erniedrigung des mRNA Levels zu sehen ist. Als Kontrollareal

dient der Motorkortex (MC).

Am zweiten und fünften Tag nach Läsion ist dagegen kein signifikanter

Unterschied mehr nachweisbar (Abb 13.15, Abb 3.16). In 3,0 – 4,0 mm

Entfernung zur Läsion ist zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Unterschied zu

sehen. Die BDNF Expression in BDNF (+/-) Tieren ist nahe der Läsion sowohl

am ersten, als auch am zweiten Tag im Vergleich zum Motorkortex signifikant

(p<0,05) erniedrigt. Dieser signifikante Unterschied ist nicht auf die Region

nahe der Läsion beschränkt, sondern ist am ersten wie auch am zweiten

Postläsionstag ebenfalls noch in größerer Entfernung (3,0 – 4,0 mm) zur

Läsion festzustellen. Am fünften Tag nach Läsion ist auch bei den BDNF (+/-)

Mäusen kein signifikanter Unterschied in der BDNF Expression zu erkennen.

MC

Läsion 0,2 - 2

,5 mm

Läsion 3 -

4 mm MC

Läsion 0,2 - 2

,5 mm

Läsion 3 -

4 mm

0,0

0,5

1,0

1,5

**

BD

NF

/ A

ctin

rela

tive E

inhe

iten

WT TG

2. Tag post-Läsion

Abbildung 3.15: BDNF mRNA Expression in Abhängigkeit der

Läsionsentfernung zwei Tage nach Läsion

In Wt Mäusen (unausgefüllte Balken) ist kein signifikanter Unterschied in der

BDNF mRNA nach Läsionen im Vergleich zum Kontrollareal (Motorkortex =

MC) feststellbar. Bei BDNF(+/-) Tieren (ausgefüllte Balken) zeigt sich

weiterhin eine signifikante Reduktion der BDNF mRNA in der Nähe der Läsion

und in weiterer Entfernung.

67

0,0

0,5

1,0

1,5

BD

NF

/ A

ctin

re

lativ

e E

i nheite

n

WT TG

MC

Läsion 0,2 -

2,5 mm

Läsion 3 -

4 mm MC

Läsion 0,2 - 2

,5 mm

Läsion 3 -

4 mm

5. Tag post-Läsion

Abbildung 3.16: BDNF mRNA Expression in Abhängigkeit der

Läsionsentfernung fünf Tage nach Läsion

Fünf Tage nach Läsion ist kein Unterschied in der BDNF mRNA Expression

mehr festzustellen. Dies zeigt sich BDNF (+/-) Tieren (ausgefüllte Balken,

n=12) wie auch in Wt Tieren (unausgefüllte Balken, n=12).

Die veränderte BDNF Expression ist also nicht nur von der Entfernung zur

Läsion abhängig, sondern auch von der Überlebenszeit nach Läsion. Am ersten

Tag nach Läsion ist die Expression von BDNF in beiden Gruppen am stärksten

eingeschränkt. Fünf Tage nach Läsion kommt es wiederum bei Wt als auch bei

BDNF (+/-) Tieren zu einem Ausgleich der BDNF Expression auf ein

Kontrolllevel, was der BDNF-Expression vor Läsion entspricht.

68

4 Diskussion

Untersuchungen zur Plastizität des Gehirns sind ein bedeutender

Forschungsschwerpunkt der Neurowissenschaften. Die Entschlüsselung der

Mechanismen, die die Plastizität des Gehirns steigern können, wäre von großer

Bedeutung im alltäglichen Leben und hätten ebenso therapeutische

Konsequenzen für Patienten mit Läsionen des Gehirngewebes oder anderen

Veränderungen der neuronalen Aktivität.

Die Mechanismen, die durch eine Läsion ausgelöst werden, sind sehr

komplex und bisher wenig verstanden. Da bislang mehrheitlich davon

ausgegangen wurde, dass erhöhte Plastizität nach Läsion durch ein erhöhtes

Level von BDNF vermittelt wird, ergeben sich aus unseren Ergebnissen

weitreichende Konsequenzen für den therapeutischen Nutzen von BDNF. Es

wurde sogar gezeigt, dass Mäuse von einem reduzierten Level an BDNF nach

einem experimentellem Infarkt profitieren (Nygren et al., 2006). Auf Grund der

Diskrepanz der verschiedenen Studien (BDNF-Erhöhung versus BDNF-

Erniedrigung nach Läsionen) können die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit

dazu beitragen die Rolle von BDNF für läsionsinduzierte Plastizität besser zu

verstehen.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen:

1. In Wt sowie in BDNF(+/-) Mäusen sind reproduzierbare Läsionen zu

finden, die durch eine Gliose in der Umgebung der Läsion

gekennzeichnet sind.

2. Nach Läsionen im visuellen Kortex von Wt Mäusen ist die LTP verstärkt

auslösbar, wobei die basale synaptische Übertragung nicht verändert

ist und auch die Operationsmethode keinen Einfluss auf die LTP hat.

3.A In unbehandelten BDNF(+/-) Tieren kann durch eine TBS keine

anhaltende LTP ausgelöst werden.

Formatiert

69

3.B Läsionen im visuellen Kortex von BDNF(+/-) Tieren führen dazu, dass

die bei unbehandelten Tieren beeinträchtigte LTP nun wieder

auslösbar ist und dem Level von unbehandelten Wt Mäusen

entspricht. Auch hier wird keine Änderung der basalen synaptischen

Übertragung gefunden und ebenso hat die Operation selbst keine

Änderung der LTP zur Folge.

4. Das Level der BDNF mRNA ist nach Läsionen reduziert.

4.1 Gliose in der Umgebung der Läsion

Ein Ausdruck der funktionalen Veränderung nach Läsionen ist die Gliose am

Rand einer Läsion. Eine Zunahme der Gliazellen weist auf einen erhöhten

Metabolismus der Zellen hin und ist von hoher Bedeutung für

Reorganisationsprozesse (Guthrie et al., 1997). Gliazellen vermitteln eine

metabolische Versorgung der Nervenzellen und können sogar

Signalübertragungen modulieren.

Wie bereits im Rattenkortex beschrieben, zeigten auch die untersuchten

Mäusegehirnschnitte eine Gliose in der Läsionsumgebung, die in Stärke und

Ausdehnung der Reaktion nach Läsionen im visuellen Kortex von Ratten ähnelt.

Auch die Ausdehnung der Läsion und die Morphologie des umgebenen

Gewebes im Mäusekortex ist mit der Histologie im Rattenkortex nach Läsionen

vergleichbar (Mittmann et al., 1994; Kálmán et al., 2000; Barmashenko et al.,

2001). Dies gibt einen ersten Hinweis darauf, dass die Laserläsion bei Mäusen

ähnliche Reaktionen hervorruft wie bei Ratten.

4.2 Typische Form der Feldpotentiale

Nach Reizung des visuellen Kortex der Maus wurden Feldpotentiale gemessen,

die denen ähneln, die schon zuvor zwischen Schicht IV und II/III gemessen

worden sind (Kirkwood & Bear, 1994). Form und Latenz waren mit diesen

Feldpotentialen vergleichbar, was dafür spricht, dass es sich auch bei den von

uns gemessenen Feldpotentialen um die Summe von EPSPs (excitatorisches

postsynaptisches Potential) handelt und somit durch Glutamat übermittelte

erregende synaptische Übertragungen gemessen wurden. Um zu beweisen,

70

dass die evozierten Feldpotentiale synaptischen Ursprungs sind, wurde der

spezifische AMPA-Rezeptor-Antagonist 6,7-Dinitroquinoxalin-2-3-dion (DNQX,

10µM) eingewaschen, nachdem ein stabiles Feldpotential evoziert worden war.

Da das Signal unter DNQX vollständig verschwindet und durch Tetradotoxin

(TTX) nicht weiter verändert wird, entsteht das Feldpotential vor Zugabe von

DNQX durch die Aktivierung exzitatorischer Neurotransmitter (Glutamat) und ist

damit synaptischen Ursprungs (EPSP).

Die elektrophysiologischen Signale, die in den läsionierten Tieren

gemessen wurden, zeigten die gleiche Form und Latenz wie in unbehandelte

Mäusen. Ebenso konnte kein Unterschied zwischen unbehandelten und sham-

operierten Mäusen festgestellt werden. Das lässt darauf schließen, dass auch

nach Gehirnläsionen die selben synaptischen Übertragungswege benutz

werden wie bei den Kontrolltieren.

4.3 Diskussion der Methode

Der Zeitpunkt, an dem die Läsionen gesetzt worden sind , 21 bis 22 Tage

postnatal, ist so gewählt, dass er in der kritischen Phase für Okularplastizität

liegt (Bartoletti et al., 2002; Hensch, 2005). Dies lässt zunächst nur theoretische

Rückschlüsse auf Läsionseffekte bei adulten Tieren oder gar beim Menschen

zu. Die Läsionsexperimente wurden dennoch in dieser Phase der Entwicklung

durchgeführt, da Vorarbeiten aus dem eigenen Labor existieren, die ebenfalls

zu diesem Entwicklungszeitpunkt angefertigt worden sind.

Möglicherweise ist durch die Tatsache, dass die Läsionsexperimente bei

Tieren durchgeführt wurden, die sich in der Kritischen Periode befanden, die

Diskrepanz zwischen den dargestellen erniedrigten BDNF Level und den in der

Literatur mehrheitlich gezeigten Erhöhung des BDNF Levels nach der Läsion zu

erklären. Ein weiterer Unterschied zu anderen Studien stellt die Methode der

Läsion dar.

Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit zeigen in Wt Mäusen einen

Tag nach Läsion ein signifikant erniedrigtes Level von BDNF-mRNA am Rande

der Läsion, während nach zwei und nach fünf Tagen kein signifikanter

Unterschied festzustellen ist. Dennoch konnte durch die vorliegende Arbeit eine

71

stärkere LTP nach Läsionen nachgewiesen werden, das somit nicht auf ein

erhöhtes Level von BDNF zurückzuführen ist.

Andere Arbeiten hingegen zeigen eine verstärkte Expression von BDNF

nach Läsionen oder einen positiven Effekt von erhöhtem BDNF-Level auf

Läsionen.

Bei den Arbeiten von Sulejczak et al. (2006) wurde beispielsweise nach

einem Hirninfarkt durch photothrombotische Läsion eine erhöhte Expression

von BDNF im Proteinlevel gezeigt. Hier ergibt sich ein Unterschied in der

Methode der Messung von BDNF zur vorliegenden Arbeit, da wir nicht das

Proteinlevel, sondern die BDNF-mRNA gemessen haben. Möglich wäre eine

Regulation des BDNF Levels auf einer anderen Ebene als der mRNA, doch die

entgegengesetzte Wirkung: mRNA-Erniedrigung und Proteinerhöhung, ist sehr

unwahrscheinlich. Da die Versuche von Sulejczak et al. (2006) bei adulten

Ratten durchgeführt wurden, befanden sich die Tiere zudem in einem anderen

Entwicklungszustand. Zusätzlich weicht die Läsionsmethode von der in der

vorliegenden Arbeit verwendeten ab, da bei Sulejczak et al. (2006) Hirninfarkte

durch photothrombotische Läsion ausgelöst wurden, während in unserer Studie

die Läsionen durch einen Laser verursacht wurden. Interessanterweise zeigten

die Ergebnisse von Sulejzcak et al. zwar eine Erhöhung des BDNF Levels, dies

ging jedoch nicht mit einer verbesserten Kompensation der durch die Läsion

entstandenen motorischen Defizite einher. Möglicherweise sind durch

verschiedene Läsionsmethoden und Analysen zu verschiedenen

Entwicklungszeitpunkte unterschiedliche Mechanismen in Gang gesetzt

worden, die bei den Studien von Sulejczak zu einer Erhöhung des BDNF Levels

ohne Erhöhung der Plastizität und in unseren Studien zu einer Reduktion des

mRNA Levels mit daraus resultierender erhöhter Plastizität führen.

Auch in einer Studie von Sizonenko et al. (2007) wird diskutiert, ob ein

erhöhtes Level von BDNF die Läsionsgröße oder die Reparaturmechanismen

nach Läsionen positiv beeinflussen kann. Hier wurde der Effekt von zusätzlich

intrazerebroventrikulär appliziertem BDNF auf Zellnekrosen nach

exzitotoxischen und hypoxischen Läsionen in Mäusen untersucht. Es zeigte

sich nur eine positive Wirkung von zusätzlich appliziertem BDNF auf die Läsion,

wenn die Applikation zusammen mit der Läsion am fünften postnatalen Tag

verabreicht wurde. Am Tag der Geburt zeigte sich sogar eine verstärkte

72

Ausdehnung der Apoptose bei DNF-Applikation, am zehnten Tag nach der

Geburt waren keine Effekte mehr feststellbar. Zudem werden in dieser Studie

excitotoxische Läsionen gesetzt, die möglicherweise andere Mechanismen in

Gang setzten als Laserläsionen. Auf Grund der unterschiedlichen Methode und

Entwicklungszeitpunkt der Tiere kann hier kein direkter Vergleich zur

vorliegenden Studie gezogen werden.

Durch Nygren et al., 2006 wird hingegen ein reduziertes Level von BDNF

nach Läsionen mit verbesserten Motorfuntionen in Zusammenhang gebracht.

Hier wurden reduzierte Level von BDNF Protein und mRNA nach

experimentellem Hirninsult in BDNF(+/-) Mäusen im Vergleich zu Wt Tieren

gemessen. Dieses reduzierte Level von BDNF ging in der Studie mit

verbesserten motorischen Funktionen einher.

4.4 Verstärkte LTP nach Läsion im visuellen Kortex der Wt

Maus

Auch die elektrophysiologischen Messungen nach Läsionen im Mäusekortex

stimmten mit Ergebnissen, die in Ratten gesehen worden waren, überein. Im

visuellen Kortex der Ratte wurde bereits eine erhöhte LTP nach Läsionen

gefunden (Huemmeke et al., 2004). Die Erhöhung der Feldpotentiale nach TBS

im visuellen Kortex der Ratte zeigte ein vergleichbares Level wie das in Wt

Mäusen gemessene. Dieser gleichsinnige Läsionseffekt lässt darauf schließen,

dass auch die molekularen Mechanismen nach Läsionen im Kortex der Ratte

und der Maus ähnlich sind. Wie auch bei den Ratten beobachtet ist die basale

synaptische Übertragung nach Läsionen nicht verändert, so dass die erhöhten

Feldpotentiale nach TBS nicht auf Veränderungen in der normalen

Reizweiterleitung zurückzuführen sind. Da das Projekt aufbauend auf einem

intern etablierten Laborstandard und Vorarbeiten geplant wurde, mussten auch

möglichst gleiche Versuchsbedingungen vorherrschen. Aus diesem Grund

wurden die Läsionsexperimente an 21 bis 28 Tage alten Tieren durchgeführt,

da ebenfalls an den zuvor untersuchten Mäusen in dieser Zeitspanne

Experimente durchgeführt worden waren (Abidin et al., 2006). Natürlich

bestehen im jungen Gehirn andere Vorraussetzung für Plastizität als im adulten

Gewebe, da sich die untersuchten Wt Mäuse genau in der kritischen Periode für

73

die monokulare Deprivation befinden (Bartoletti et al., 2005) und in dieser

Entwicklungsphase per se eine erhöhte Plastizität vorzufinden ist. Verschiedene

Arbeiten haben gezeigt, dass läsionsinduzierte Plastizität und Plastizität des

juvenilen Gehirns ähnliche Mechanismen zu Grunde liegen. Ein Beispiel ist das

veränderte Gleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung, das nach

Läsionen zu mehr Erregung hin modifiziert ist (Mittmann et al., 1994). Auch

während frühen Entwicklungsphasen ist das Gleichgewicht zwischen Erregung

und Hemmung zu Gunsten der Erregung verändert, da sich hemmende

Synapsen erst später ausbilden als erregende (Long et al., 2005). Ein anderes

Resultat ist die veränderte Kalziumkonzentration auf Grund verschiedener

Rezeptormodulationen (Barmashenko et al., 2001, Rumpel et al., 2000;

Huemmeke et al., 2004), die ebenfalls sowohl in der kritischen Phase wie auch

nach Läsionen beobachtet werden konnte. Nun könnte argumentiert werden,

dass bei Läsionsexperimenten bei Tieren, die bereits erhöhte Plastizität zeigen

eine Trennung zwischen läsionsinduzierter Plastizität und schon vorhandener

erhöhter Plastizität nicht möglich ist. Die durchgeführten Experimente zeigen

jedoch vielmehr, dass trotz schon existierender erhöhter Plastizität eine Läsion

Mechanismen auslöst, die beispielsweise eine Steigerung der LTP zur Folge

haben. Die gefundenen Unterschiede zwischen unbehandelten Wt und

läsionierten Wt Mäusen sind also sehr wohl auf eine läsionsinduzierte Erhöhung

der Plastizität zurückzuführen, die zwar ähnliche Mechanismen wie im jungen

Gewebe auslöst, aber dennoch in einigen Aspekten von erhöhter Plastizität

während der kritischen Periode abzugrenzen ist.

Auffällig ist, dass sowohl bei der erhöhten Plastizität während der

kritischen Periode (Sale et al., 2010) als auch bei läsionsinduzierter Plastizität

die Balance zwischen Erregung und Hemmung eine Rolle spielt. Die Plastizität

der kritischen Periode kommt erst durch das Ausreifen der Inhibition zu Stande

(Huang et al., 1999; Hanover et al., 1999; Hensch, 2000), während

läsionsinduzierte Plastizität jedoch unter anderem durch eine Reduktion der

Hemmung ausgelöst zu werden scheint. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre,

dass ein bestimmtes Maß an Hemmung benötigt wird, um die erhöhte Plastizität

in der kritischen Periode vermitteln zu können, da ohne Hemmung eine

Modulation und Selektion der Signalübertragung nicht möglich ist. Ist dann

jedoch eine bestimmte Mindeststärke an Hemmung erreicht, ist nicht eine noch

74

weitere Steigerung der Hemmung, sondern eine verstärkte Erregung für

Plastizität förderlich (Artola & Singer, 1987, Bear et al, 1992, Sale et al., 2010).

4.5 Erneute Auslösbarkeit von LTP nach Läsion im visuellen

Kortex der BDNF(+/-) Maus

Durch die vorliegende Arbeit wurde gezeigt, dass in nicht läsionierten BDNF(+/-

) Mäusen keine LTP ausgelöst werden kann. Dies wurde bereits durch andere

Arbeiten nachgewiesen (Korte et al., 1995; Patterson et al., 1996; Pozzo-Miller

et al., 1999, Bartoletti et al., 2002; Abidin et al., 2006). Das zeigt, dass das

Maus-Modell, welches bereits 1995 etabliert wurde, grundsätzlich funktional ist.

In der vorliegenden Arbeit sollte nun weiter untersucht werden, wie das Gewebe

von BNDF(+/-) Mäusen auf eine Läsion im Kortex reagiert. Als Gründe für die

reduzierte Plastizität in BDNF(+/-) Mäusen werden verschiedene Mechanismen

diskutiert. Da bekannt ist, dass BDNF dendritisches Wachstum und

Verzweigung in Kulturen des visuellen Kortex erhöhen kann (McAllister et al.,

1995) und Behandlung mit BDNF in hippocampalen Kulturen eine Erhöhung

des Dendritenwachstums und der Verzweigung auslösen kann (Tyler & Pozzo-

Miller, 2001), ist es auf der anderen Seite möglich, dass ein chronisch

reduziertes Level von BDNF in BDNF(+/-) Tieren eine verminderte synaptische

Verzweigung im visuellen Kortex zur Folge hat. In BDNF knock out Mäusen

wurde eine reduzierte Anzahl der sensorischen Neurone gesehen (Ernfors et

al., 1994). Diese Ergebnisse konnten jedoch Im Hippocampus der BDNF (+/-)

Tiere (Korte et al., 1995) und im Barrel Kortex nicht reproduziert werden

(Genoud et al., 2004). Da auch in der vorliegenden Studie kein Unterschied in

der basalen synaptischen Übertragung, gemessen an der input-output Kurve,

festgestellt werden konnte, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die beobachtete

reduzierte Plastizität durch eine geringere Anzahl synaptischer Verbindungen

zu Stande kommt. Ein weiterer möglicher Auslöser für eingeschränkte

Plastizität der BDNF(+/-) Mäuse könnte eine reduzierte erregende synaptische

Übertragung sein. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die

erregende Übertragung in unterschiedlichen Gehirnarealen der BDNF(+/-)

Maus reduziert ist und beispielsweise nicht genügend Transmitter an der

Präsynapse freigesetzt werden können (Pozzo-Miller et al., 1999; Abidin et al.,

75

2006). Unter diesen Umständen ist auch mit dem in der aktuellen Studie

benutzten Stimulationsprotokoll eine beständige LTP nicht auszulösen. Der

Grund für das Defizit in der LTP in BDNF(+/-) Mäusen ist noch nicht endgültig

geklärt. In einigen Studien wurde das Fehlen einer längerdauernder LTP auf

insuffiziente postsynaptische Depolarisation während der LTP Induktion

zurückgeführt (Figurov et al., 1996; Kang et al., 1997; Zakharenko et al., 2003).

Neben den Veränderungen im excitatorischen System wurden bei den

BDNF(+/-) Mäusen noch stärkere Defizite im inhibitorischen System der

BDNF(+/-) Mäuse beschrieben (Abidin et al., 2008). Zwar wurde gezeigt, dass

unter den Vorraussetzungen einer relativ überwiegenden Erregung LTP besser

ausgelöst werden kann (Artola & Singer, 1987, Bear et al, 1992), doch unter der

Annahme, dass der nötige Input sowie Transmitter etc nicht in genügendem

Masse vorhanden sind, werden diese Voraussetzungen zum limitierenden

Faktor und eine LTP ist dennoch nicht auszulösen.

Studien haben gezeigt, dass durch Veränderung in der GABAergen

Funktion, die BDNF vermittelt sein können, der Zeitpunkt der kritischen Periode

für monokulare Deprivation verändert werden kann. Eine Überexpression von

BDNF soll dabei die Reifung inhibitorischer Neurone fördern (Hanover et al.,

1999; Huang et al., 1999) und so die kritische Periode zu einem früheren

Zeitpunkt auftreten lassen (Fagiolini & Hensch, 2000; Iwai et al., 2003).

Andererseits kommt es bei Dunkelaufzuchten zu einem reduzierten Level an

BDNF (Castren et al., 1992) und damit auch zu reduzierter Hemmung (Morales

et al., 2002, Chen et al., 2001), was die kritische Periode für visuelle Plastizität

hier bis zum Erwachsenenalter verschieben kann (Iwai et al., 2001; Mower,

1991; Fagiolini et al., 2003). In dem hier benutzten Tiermodell könnten das

chronisch reduzierte Level von BDNF also auch zu einer Verschiebung der

kritischen Periode geführt haben. Durch Untersuchungen von Bartoletti et al.

(2002) konnte jedoch keine Veränderung in der Plastizität für monokulare

Deprivation im selben Tiermodell gefunden werden, was dafür spricht, dass sich

die hier benutzen BDNF(+/-) Tiere genau wie die Wt Tiere in der kritischen

Periode befanden.

Nachdem auch durch unsere Studie gezeigt werden konnte, dass LTP in

BDNF(+/-) Mäusen nicht zu evozieren war, ist es erstaunlich, dass in diesen

Mäusen nach einer Läsion eine konstante LTP ausgelöst werden konnte. Die

76

Tatsache, dass nach Läsionen bei BDNF(+/-) Tieren die basale synaptische

Übertragung nicht verändert ist, spricht dafür, dass primär nicht morphologische

Veränderungen für die erhöhte Feldpotentialamplitude nach TBS verantwortlich

sind, sondern dass erst durch den TBS Mechanismen ausgelöst werden, die

erhöhte Plastizität zur Folge haben. Neueste Arbeiten aus dem eigenen Labor

geben Hinweise darauf, dass möglicherweise die Balance zwischen Hemmung

und Erregung eine große Rolle in der Modifikation von Plastizität spielt (Abidin

et al., 2006; Abidin et al., 2008). Es ist bekannt, dass auch nach Läsionen die

Excitation und Inhibition dahingehend verändert ist, dass die Excitation

überwiegt. Diese Tatsache könnte für läsionsinduzierte Plastizität

mitverantwortlich sein, sodass eine modifizierte Balance zwischen Erregung

und Hemmung möglicherweise auch für die erneute Auslösung einer

längerdauernden LTP in BDNF(+/-) Tieren verantwortlich ist.

Schließlich ist denkbar, dass alle Mechanismen, die zu läsionsinduzierter

Plastizität führen, BDNF-unabhängig sind und so auch ohne BDNF als direkter

Mediator läsionsinduzierter Plastizität nach Läsion ein bestimmtes Level von

LTP auslösen können. Hinweise für diese Hypothese gibt die Höhe der LTP

nach Läsionen im Kortex von BDNF(+/-) Mäusen, da diese nicht der LTP nach

Läsionen in Wt Tieren beobachteten Höhe von ca. 140% entspricht. Vielmehr

zeigt sich bei läsionierten BDNF(+/-) Mäusen ungefähr das Level der LTP, das

in unbehandelten Wt Tieren evoziert werden kann. Es wird also nach Läsionen

sowohl in Wt wie auch in BDNF(+/-) Tieren eine um ca. 20% größere relative

Amplitude nach TBS gemessen, als in unbehandelten Tieren des selben

Genotypes. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass durch die Läsion

Mechanismen ausgelöst werden, die unabhängig vom BDNF Level im visuellen

Kortex jeweils eine Erhöhung der LTP um ca. 20% hervorrufen.

4.6 Quantifizierung der BDNF mRNA

Um Hinweise auf eine läsionsinduzierte Änderung der BDNF Expression zu

bekommen, wurde die Konzentration der BDNF mRNA nach Läsionen im

Kortex gemessen. Die hierzu benutzten Primer wurden in der Abteilung für

Entwicklungsneurobiologie der Ruhr-Universität Bochum synthetisiert. Um

sicher zu gehen, dass unter den eingestellten PCR-Bedingungen die zu

77

untersuchende DNA amplifiziert wurde und keine unspezifischen

Reaktionsprodukte vorliegen, wurden die Amplifikate mittels Restriktionsanalyse

überprüft.

Für die Messung der BDNF mRNA wurde der Motorkortex der

läsionierten Tiere als Kontrollareal benutzt. Zuvor wurde jedoch sichergestellt,

dass im Motorkortex läsionierter Tiere keine läsionsbedingten Änderungen der

BDNF Expression stattfanden. Hierfür wurden Schnitte des Motorkortex von

läsionierten Tieren mit dem Motorkortex unbehandelter Tiere verglichen. Die

durchgeführte PCR zeigte keinen Unterschied zwischen dem Level von BDNF

mRNA im Kortex läsionierter und unbehandelter Mäuse, so dass wir dieses

Gehirnareal als interne Kontrolle verwenden konnten.

Durch Vorarbeiten war bekannt, dass in BDNF(+/-) Mäusen das Level

von BDNF in allen neocorticalen Hirnarealen reduziert war (Abidin et al., 2006).

Dies wird auch durch die PCR Experimente widergespiegelt, in denen BDNF(+/-

) Tiere in der Kontrollregion immer eine reduzierte Expression von BDNF im

Vergleich mit den Wt Mäusen zeigen. Dennoch gibt es noch die Möglichkeit,

dass das Proteinlevel von BDNF auf einer anderen Ebene als mit Hilfe der

mRNA reguliert wird, so dass das Protein nicht proportional zur BDNF mRNA

vorliegt. Auf diese Weise wäre es möglich, dass trotz reduzierter BDNF mRNA

ein erhöhtes Level an Protein gemessen werden kann. In verschiedenen

Arealen des zentralen Nervensystems wie zum Beispiel in Hippocampus,

frontalem Kortex, Cerebellum, Rückenmark und Barrel Kortex wurde bereits ein

um etwa die Hälfte reduziertes Proteinlevel von BDNF nachgewiesen (Kohlbeck

et al., 1999; Chourbaji et al. 2004; Genoud et al., 2004). Durch Vorarbeiten aus

dem eigenen Labor wurde ebenso gezeigt, dass das Proteinlevel in

unbehandelten BDNF(+/-) Mäusen genau wie die mRNA um ungefähr 50% im

visuellen Kortex reduziert ist (Abidin et al., 2006). Dies gibt einen Anhalt dafür,

dass vom Level der mRNA auf das Proteinlevel geschlossen werden kann.

Diese Versuche haben allerdings auch gezeigt, dass das Proteinlevel von

BDNF mittels ELISA nur mit großen Schwierigkeiten und hohem zeitlichen

Aufwand zu bestimmen war, da nicht genügend Gewebe aus dem visuellen

Kortex der Maus zu gewinnen war. Um genauere Aussagen über das Ausmaß

und die räumliche Ausdehnung der Proteinveränderung am Läsionsrand

machen zu können wäre das zu untersuchende Gewebe von noch geringerer

78

Masse gewesen. Aus diesem Grund erfolgte bisher noch keine direkte

Proteinbestimmung von BDNF nach Läsionen.

Aus der Bestimmung der mRNA können jedoch Rückschlüsse auf die

Modulation von BDNF gezogen werden. Die Ergebnisse der Studien von

Comelli et al. (1992) und De March et al. (2008), die eine Erhöhung der BDNF

mRNA gezeigt haben, konnten in der vorliegenden Arbeit nicht bestätigt

werden. Vielmehr wurde eine erniedrigte Expression von BDNF mRNA in der

Umgebung der Läsion gefunden. Unsere Ergebnisse stimmen aber mit einer

Studie von Nygren et al. (2006) überein, die ebenfalls ein erniedrigtes Level von

BDNF mRNA nach Läsionen zeigten. Die Hypothese, dass läsionsinduzierte

Plastizität durch eine Erhöhung von BDNF vermittelt wird, kann somit nicht

bestätigt werden.

4.7 BDNF und Hemmung synaptischer Übertragung

Die Mechanismen, die durch BDNF vermittelt werden, sind vielfältig. Da

gezeigt werden konnte, dass reduzierte Level von BDNF in BDNF(+/-) Tieren zu

einer Erniedrigung der Erregung und noch stärkerer Reduktion der Hemmung

führt (Abidin et al., 2008), wird möglicherweise in Wt Mäusen unter anderem

durch die Reduktion von BDNF am Rande der Läsion die Inhibition unterdrückt,

so dass eine LTP besser auszulösen ist. Dabei reicht eine Reduktion von BDNF

jedoch nicht aus, um erhöhte Plastizität zu vermitteln, denn in BDNF(+/-)

Mäusen, bei denen eine deutliche Reduktion des BDNF-Levels besteht, konnte

keine LTP ausgelöst werden (Abidin et al., 2006). Auch in Wildtyp-Tieren, bei

denen durch TrkB-IgG- oder BDNFAntikörper-Applikation das funktionell

verfügbare BDNF verringert wird, ist Plastizität wie LTP nicht erhöht, sondern

gar nicht mehr auslösbar (Figurov et al., 1996; Kang et al., 1997). Es müssen

durch die Läsion also noch weitere Faktoren für die erhöhte Plastizität nach

Läsionen mit verantwortlich sein und zusammenspielen, wie zum Beispiel

erhöhte Erregung (Arckens et al., 2000), erhöhte Kalziumkonzentration

(Barmashenko et al. 2001) auf Grund Veränderung in NMDA- (Rumpel et al.

2000; Hümmeke et al. 2004) und AMPA-Rezeptorzusammensetzung

(Barmashenko et al. 2003) o.ä.. In BDNF(+/-) Mäusen, bei denen bereits durch

das reduzierte Level von BDNF eine erniedrigte Erregung und Hemmung

besteht, könnte eine weitere Reduktion von BDNF und dadurch vermittelte

79

weitere Reduktion der GABAergen Hemmung in Zusammenhang mit anderen

durch die Läsion ausgelösten Faktoren eine Auslösung von LTP erneut

ermöglichen.

4.8 Räumliche und zeitliche Veränderung der BDNF Expression

nach Läsion

Auffällig ist der zeitliche Verlauf der veränderten BDNF Expression nach

Läsion, der nur in den ersten Tagen nach Läsion zu messen ist. Die stärkste

Senkung ist dabei am ersten Postläsionstag zu finden, am zweiten nähert sich

das Level von BDNF mRNA dem Kontrollzustand an, bis am fünften Tag nach

Läsion kein signifikanter Unterschied mehr festzustellen ist. Die intrazelluläre

Kalziumkonzentration nach Läsion im Rattenkortex zeigte einen ähnlichen

zeitlichen Verlauf (Barmashenko et al., 2001), was auf eine Verbindung

zwischen Kaliziumkonzentration und BDNF Expression hinweisen könnte.

Veränderungen in der intrazellulären Kalziumkonzentration sind ebenfalls nur

während der ersten Tage nach Läsion zu messen, acht Tage nach Läsion ist

kein signifikanter Unterschied mehr festzustellen. Das Zeitfenster für

Änderungen in der BDNF mRNA ist also noch enger. Ein weiterer Unterschied

ist die initiale Depression der Kalziumkonzentration in unmittelbarer Nähe zur

Läsion. Eine kontroverse Änderung des Levels der BDNF mRNA wurde nicht

festgestellt. Alles in Allem ist also eine direkte Wirkung von BDNF auf die

Kalziumkonzentration eher unwahrscheinlich, eine indirekte Beeinflussung ist

jedoch sehr wohl möglich. In diesem Zusammenhang sind veränderte

Aktivitätslevel nach Läsionen eine mögliche Erklärung. Durch eine Studie wurde

gezeigt, dass in der Umgebung einer Läsion eine neuronale Hyperaktivität

auftritt (Eysel & Schmidt-Kastner, 1991). Durch eine BDNF-Reduktion könnte

die GABAerge Hemmung so unterdrückt werden, dass im neuronalen System

die Erregung überwiegt. Dadurch könnte eine erhöhte Aktivität und somit

erhöhte Kalziumkonzentrationen nach Läsionen erklärt werden.

Erhöhte LTP ist ebenso auf ein bestimmtes Zeitfenster nach Läsion

begrenzt. So wurde gezeigt, dass sieben Tage nach Läsion des visuellen

Kortex der Ratte keine signifikante Erhöhung der LTP im Vergleich zu

Kontrolltieren evoziert werden konnte (Barmashenko et al., 2003). Wenn man

80

nun davon ausgeht, dass BDNF mitverantwortlich für die erhöhte Plastizität ist,

würden durch die Veränderungen im BDNF Level Mechanismen in Gang

gesetzt, die auch nach Normalisierung des BDNF Levels noch für einige Tage

eine erhöhte Plastizität vermitteln könnten.

Ungewöhnlich ist das Ausmaß der Veränderung der BDNF mRNA. In

weiterer Entfernung zur Läsion, was ca. drei bis vier mm entspricht, ist am

ersten und auch am zweiten Postläsionstag eine ähnliche Erniedrigung des

mRNA Levels gemessen worden wie nahe der Läsion, obwohl dieses Areal

formal nicht mehr dem visuellen Kortex zuzuordnen ist. Da die verschiedenen

Areale nicht nach anatomischen Aspekten sondern rein anhand der

Millimeterangabe entnommen wurden, ist es möglich, dass bei einigen Tieren

noch ein Teil des visuellen Kortex enthalten war. Gegen diese Theorie spricht

jedoch, dass das Level der mRNA in weiterer Entfernung dem Level in der

Nähe zu beiden Zeitpunkten nicht signifikant zu unterscheiden sind. Wäre bei

einem Tier ein Stück des visuellen Kortex mit entnommen worden, müsste das

Level der mRNA gemittelt sehr viel höher ausfallen und eher dem Kontrolllevel

entsprechen. Auffällig ist auch, dass beim Wt Tier eine solche Veränderung in

weiterer Entfernung der Läsion nicht beobachtet werden kann. Auch dies

spricht dafür, dass die Veränderung des BDNF mRNA Levels auch über die

Grenzen des visuellen Kortex´ hinaus wahrscheinlich nicht durch

Vermischungen mit visuellem Kortexmaterial zu Stande gekommen sind. Eine

mögliche Erklärung für diese räumliche Verteilung der BDNF Veränderung

wären Reorganisationsprozesse, die nach der Läsion in Gang gesetzt worden

sind und so zu einer Ausdehnung des visuellen Kortex geführt haben, so dass

sich die Grenzen des visuellen Kortex verschoben haben. Damit könnte sich

das entnommene Gewebestück trotz weiter Entfernung funktionell im visuellen

Kortex befunden haben. Dies würde nun auch bedeuten, dass die

Reorganisationsprozesse im visuellen Kortex nach Läsion in BDNF(+/-) Mäusen

größere Ausmaße annehmen als in Wt Mäusen. Zu dieser These passt die

Entdeckung, dass BDNF(+/-) Mäuse nach thrombotischem Verschluss der

mittleren Zerebralarterie bessere motorische Funktionen und eine bessere

Regeneration zeigten (Nygren et al., 2006). Das würde bedeuten, dass

Gehirngewebe – der verbreiteten Meinung wiedersprechend – sogar von einer

erniedrigten Konzentration von BDNF profitiert.

81

Gegen diese These spricht jedoch die Tatsache, dass in BDNF(+/-)

Mäusen keine längerdauernde LTP auszulösen ist und dass nach Läsionen in

BDNF(+/-) Mäusen die gemessene LTP nicht das Level der läsionierten Wt

Mäuse erreicht. Denkbar wäre die Möglichkeit, dass das Zusammenspiel von

Läsionseffekten bei einem erniedrigten Level von BDNF in BDNF(+/-) Mäusen

eine weitere örtliche Ausdehnung der Reorganisation zur Folge hat als in Wt

Tieren, auch wenn die LTP nicht das Level der läsionierten Wt Mäuse erreicht.

Es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass bereits 24 Stunden nach

Läsion diese weitreichenden Reorganisationsprozesse zur räumlichen

Ausdehnung des visuellen Kortex geführt haben. Nach Läsion in Ratten war 24

Stunden nach Läsion keine erhöhte LTP zu messen, 48 Stunden nach Läsion

war die LTP jedoch signifikant erhöht (Huemmeke et at., 2004). In Katzen

wurde zwei Tage nach Läsion des visuellen Kortex allenfalls eine

Verkleinerung, jedoch keinesfalls eine Vergrößerung der rezeptiven Felder

gefunden (Eysel & Schweigart 1999).

Aus den hergestellten cDNAs für die RT-PCR konnten noch weitere PCR

–Analysen für unterschiedliche Substanzen durchgeführt werden. So zeigte sich

beispielsweise am zweiten Postläsionstag eine signifikante Erhöhung von GAD

67 sowohl in Wt als auch in BDNF(+/-) Tieren, die am fünften Tag nach Läsion

nicht mehr nachzuweisen war. Interessanterweise wurde dafür am fünften Tag

eine Erniedrigung von GAD 65 verzeichnet, die am zweiten Postläsionstag nicht

nachzuweisen war. Schon durch andere Studien wurde eine Veränderung des

inhibitorischen Transmittersystems nach Läsion beobachtet. Beispielsweise

zeigten Deafferenzierungsexperimente eine reduzierte Aktivität des

inhibitorischen Transmittersystems (GABA und GAD) (Warren et al., 1989;

Hendry & Carder 1992) bei einer Vergrößerung der angrenzenden rezeptiven

Felder (Warren et al., 1989; Jones, 2000). Es wurde außerdem eine Glutamat-

Zunahme am Rande des Projektionsgebietes gesehen, die mit einer

Vergrößerung der rezeptiven Felder einhergeht (Arckens et al., 2000). Die

Bedeutung der Inhibition wird weiter dadurch wiedergespiegelt, dass Applikation

von GABA-Antagonisten eine Vergrößerung von rezeptiven Felder zur Folge

haben (Dykes et al., 1984; Alloway & Burton, 1991; Kyriazi et al., 1998),

während Applikation von Glutamat keinen Einfluss auf die rezeptive Feldgröße

hat. Unsere Versuche geben einen weiteren Anhalt dafür, dass insbesondere

82

die veränderte Inhibition eine große Rolle bei läsionsinduzierter Plastizität spielt.

Der anfängliche Anstieg von GAD 67 hat hierbei wahrscheinlich nicht so große

Auswirkungen auf die Inihibition wie GAD 65 , da GAD 67 lediglich den

tonischen Grundumsatz der GABA-Syntheserate gewährleistet, während alleine

GAD 65 durch höhere Aktivitätszustände aktiv ist (Esclapez et al., 1994).

Zusätzlich macht GAD 67 auch nur ca. 20% des GAD Levels in Rattenhirnen

aus (Sheikh et al., 1999). Um genauere Aussagen über die Veränderungen in

der Balance zwischen Erregung und Hemmung treffen zu können, müssten

zusätzlich die Proteinlevel der einzelnen Substanzen bestimmt werden, um

festzustellen, ob möglicherweise eine Regulation auf anderer Ebene als durch

mRNA-Expression vermittelt wird.

All diese Ergebnisse zeigen, dass Läsionen sehr komplexe

Mechanismen in Gang setzen und nicht nur eine Substanz für die erhöhte

Plastizität nach Läsionen verantwortlich sein kann.

4.9 Zusammenfassung der Diskussion

Abschließend kann zusammengefasst werden, dass BDNF nicht direkt durch

eine Erhöhung des mRNA Levels läsionsinduzierte Plastizität vermittelt. Es gibt

Arbeiten, die ein erhöhtes Level nach Läsion gemessen haben. Nach retinalen

Läsionen wurde zum Beispiel eine Erhöhung von BDNF mRNA im visuellen

Kortex gefunden (Obata et al 1999). Exzitatorische Läsionen im Striatum hatten

eine erhöhte BDNF Expression zur Folge (De March et al., 2008). Auch nach

Läsionen im Kortex wurden erhöhte BDNF Konzentrationen in der Umgebung

der Läsion gefunden. Messungen der BDNF mRNA im somatosensorischen

Kortex und des Proteinlevels von BDNF haben ergeben, dass die mRNA und

das Protein BDNF nach Läsionen im Kortex vermehrt in der Umgebung der

Läsion zu finden sein können (Comelli et al., 1992; Sulejczak et al 2007).

Dieses Ergebnis konnte mit dem vorliegenden Laser-Läsionsmodell nicht

reproduziert werden. Im Gegensatz dazu wurde in der vorliegenden Arbeit

vielmehr ein erniedrigtes Level von BDNF mRNA gefunden. Inwieweit diese

Verringerung von BDNF für verstärkte Plastizität nach Läsionen verantwortlich

ist, bleibt abschließend nicht vollständig geklärt. Durch die Ergebnisse dieser

Arbeit gibt es jedoch neue Erkenntnisse: Vermehrte Plastizität nach Läsionen

83

scheint nicht wie bisher angenommen durch erhöhte Level an BDNF vermittelt

zu sein. Vielmehr sprechen die Ergebnisse dafür, dass ein enger

Zusammenhang zwischen veränderter Hemmung und Erregung einerseits und

erhöhter Plastizität nach Läsion andererseits existiert. In Wt Mäusen ist nach

Läsionen eine funktionell reduzierte GABAerge Hemmung beobachtet worden

(Mittmann et al., 1994; Redecker et al., 2000). Da in BDNF(+/-) Tieren eine

stark reduzierte GABAerge Hemmung vorliegt (Abidin et al., 2008), könnte ein

reduziertes Level von BDNF die vermehrte Plastizität nach Läsionen durch eine

funktionell zusätzlich reduzierte GABAerge Hemmung vermitteln. In BDNF(+/-)

Tieren, in denen schon zuvor Hemmung und Erregung reduziert sind, werden

durch die Läsion wahrscheinlich ähnliche Mechanismen wie in Wt Tieren in

Gang gesetzt. Durch die weitere Reduktion von BDNF und dadurch

möglicherweise folgende weitere Reduktion der GABAergen Hemmung könnte

ein Zustand erreicht werden, mit dem die Auslösung von LTP erneut möglich

ist.

Durch die vorliegende Studie sind neue Erkenntnisse über die Rolle von

BDNF gewonnen worden. Jedoch scheint BDNF nur einen indirekten Beitrag zu

vermehrter Plastizität nach Läsionen zu leisten. Um dies besser zu

charakterisieren sollten die Erkenntnisse dieser Arbeit in Zukunft noch durch

weitere Studien ergänzt werden. Beispielsweise könnte BDNF in Wt Mäusen zu

verschiedenen Zeitpunkten durch Antikörper geblockt werden, um zu sehen, zu

welchem Zeitpunkt BDNF die größten Auswirkungen auf läsionsinduzierte

Plastizität hat.

84

6. Literaturverzeichnis

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Danksagung Für diese Doktorarbeit verdienen sehr viele Menschen meinen herzlichen Dank.

Besonders möchte ich mich bei Herrn PD Dr. T. Mittmann für seine hervorragende

Betreuung bedanken. Stets stand er für alle Fragen zur Verfügung und trug mit

wertvollen Ratschlägen und Diskussionen maßgeblich zum Gelingen der Arbeit bei.

Herrn Prof. Dr. Eysel möchte ich herzlich für die Unterstützung und Förderung des

Projektes sowie die ausgezeichneten Arbeitsmöglichkeiten in den Laboratorien

danken.

Herzlichst bedanke ich mich bei PD Dr.G. Zoidl für die geduldige Hilfe bei

verschiedensten Problemen mit der Genotypisierung sowie die Übernahme des

Zweitgutachtens. Ebenso schulde ich Frau Prof. Dr. P. Wahle und ihrem Team

einen großen Dank für die freundliche Aufnahme und exzellente Betreuung im

Graduierten Kolleg und die hilfreiche Laborkooperation.

Weiterhin möchte ich meinen Kollegen und Mitarbeitern der Abteilung

Neurophysiologie für die inspirierende Arbeitsatmosphäre und die hilfreichen

Anregungen danken. Sie haben mir mit ihrem Fachwissen, ihrer konstruktiven Kritik

und ihren Ideen immer wieder den nötigen Aufschwung gegeben. Mein besonderer

Dank gilt Frau Ute Neubacher für ihre unendliche Hilfsbereitschaft bei der

Histologie sowie Petra Hentrich für die zuverlässige Vorbereitung der Experimente.

Ein großer Dank geht an meine Eltern Ruth und Micheal und meine Schwester

Nina, die mich zu dem Menschen gemacht haben, der ich heute bin. Ohne ihren

Rückhalt und Zuspruch sowie ihre bedingungslose Unterstützung wäre mein

Studium und meine Doktorarbeit niemals möglich geworden.

Nicht zuletzt möchte ich mich bei meinen Freunden bedanken, die mir stets zur

Seite standen und für die nötige Abwechslung sorgten. Mein besonderer Dank

gilt meinem Freund Tobias, der mich mit viel Ausdauer, Verständnis und

Geduld stets unterstützt und inspiriert.

Lebenslauf

Name: Breiter Vorname: Sarah Geburtsdatum: 29.10.1982 Geburtsort: Vreden Familienstand: ledig Religion: römisch-katholisch Bildungsweg 1986 - 1989 Maria-Frieden Grundschule Coesfeld 1989 - 2002 Heriburg-Gymnasium Coesfeld, Abschluss: Abitur 2002 - 2008 Medizinstudium an der Ruhr-Universität Bochum,

Abschluss Staatsexamen 2004 Physikum 2005 - lfd. Anfertigung der Doktorarbeit mit dem Titel „Die Rolle des

neurotrophen Faktors BDNF für läsionsinduzierte Plastizität im visuellen Kortex der BDNF (+/-) Maus“

2005 - 2006 Forschungsstipendium des Graduiertenkolleg

“Development and Plasticity of the Nervous System: Molecular, synaptic and cellular mechanisms”

2006 - 2007 Studentische Hilfskraft in der Abteilung Neurophysiologie 2009 – lfd. Assistenzärztin der Unfallchirurgie St. Vincenz Hospital

Coesfeld

Formatiert