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BAULEITER HOCHBAU S T A T I K / F E S T I G K E I T S L E H R E 10) DAS ZENTRISCHE KNICKEN 1) Stabilität 2) Das Knicken 3) Knicklängen 4) Kritische Spannungen, Schlankheitsgrad, Trägheitsradius 5) Knickspannungen, zul. Schlankheitsgrade,Knickwiderstand 6) Grobe Berechnung von Stützen mit Näherungstabellen 7) Beispiele zu Knicken g.bettschen

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BAULEITER HOCHBAU

S T A T I K / F E S T I G K E I T S L E H R E

10) DAS ZENTRISCHE KNICKEN

1) Stabilität

2) Das Knicken

3) Knicklängen

4) Kritische Spannungen, Schlankheitsgrad, Trägheitsradius

5) Knickspannungen, zul. Schlankheitsgrade,Knickwiderstand

6) Grobe Berechnung von Stützen mit Näherungstabellen

7) Beispiele zu Knicken

g.bettschen

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1) Stabilität Auf die Bauwerke wirken vertikale und horizontale Kräfte Ein System, dessen an ihm angreifenden Kräfte im Gleichgewicht sind, ist stabil, wenn Arbeit geleistet werden muss um das Gleichgewicht der Kräfte zu verändern.

Es gibt aber auch Bauteile, die von der Belastung her instabil werden können. Besonders gefährdet sind Druckstäbe, Scheiben und Schalen. Das unstabilwerden von

sogenannten Druckstäben

nennt man Knicken.

Die vorher gezeigten Formeln für die Spannungen und Formänderungen sind nur anwendbar und theoretisch richtig wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind : 1) Die Last F greift absolut zentrisch an. 2) der Stab muss absolut gerade sein. 3) Das Material ist absolut homogen.

Alle drei Voraussetzungen sind in der Praxis nicht erfüllt, deshalb sind obige

Formeln nur gültig, wenn die Stabilität gewährleistet ist.

2) Das Knicken

Fast jede Säule hat eine anfängliche Ausbiegung yo. Durch diese Ausbiegung yo entsteht im Stab ein

Moment M = F yo. Dieses Moment M hat nun wiederum eine zusätzliche Ausbiegung y1 zur Folge, worauf sich das Moment nochmals

um F y1 vergrössert und eine weitere Ausbiegung y2 bewirkt. Dieser Prozess setzt sich fort, bis schlussendlich die Materialfestigkeiten überschritten werden.

y = yo + y1 + y2 + . . . + yn

Diese Ausbiegungen sind zueinander ähnlich :

y1 = yo ; y2 = y1 = 2

yo ; y3 = y2 = 3

yo

y = yo + y0 + 2

yo+ 3

yo+ . . . n

yo

y = yo (1+ + 2 +

3. . .

n)

1

10yy

Sobald nun der Wert = 1 wird, wird y = , auch bei noch so kleinem y0.

Man nennt daher = 1 die Knickbedingung.

= F / FE

FE = Eulersche Knicklast

labiles

System

stabiles

System

l

F

F

AE

l

lE

lF l

E A

F

F

Yo Y2 Y1

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Für die folgenden Berechnungen wird angenommen, dass die Ausbiegung mit einer

Sinuskurve erfasst werden kann und E I konstant ist. Aus der Differentialgleichung der Durchbiegung

y’’ + M/( E I ) = 0 und der Funktionsgleichung der Sinuskurve erhält

man durch integrieren und durch einsetzten von M = F yo die

sogenannte Euler’sche Knicklast für die Knickbedingung = 1: (FE= Euler’sche Knicklast)

Da der Stab in Form einer Sinuswelle ausknickt, kann er je nach Befestigung in verschiedenen Halbwellen ausknicken. Fkritisch ist also diejenige Last, die ein Stab gerade noch erträgt.

3) Knicklängen

Die Knicklänge ist diejenige Länge, bei der ein beidseitig gelagerter Stab unter der gleichen Belastung wie der zu untersuchende Stab ausknickt.

F F F F

L L L L Bei den eingespannten Stäben ist aufzupassen, ob durch die Einspannung nicht zusätzliche Momente in die Stäbe eingeleitet werden, was dann ein exzentrisches Knicken

zur Folge haben kann und zu einer Verminderung der berechneten Tragfähigkeit führt.

Es empfiehlt sich daher, bei nicht genauen Kenntnissen der Einspannung für

das Knicken eine beiderseitig gelenkige Lagerung anzunehmen.

4) Kritische Spannungen, Schlankheitsgrad, Trägheitsradius

Aus der kritischen Knickkraft können die kritischen Spannungen berechnet werden:

2

2

K

KrKr

lA

IE

A

F

I und A sind nur von der Grösse und Gestalt des Stabes abhängig, man hat deshalb einen neuen Begriff eingeführt:

Trägheitsradius A

Ii

Trägheitsradius beim Rechteck aus I, A ergibt sich beim Rechteck folgende einfache Formel zur Berechnung vom Trägheitsradius i:

Weiter muss zur Berechnung noch der folgende Wert bekannt sein:

FE I

LKr

2

2

F

E I

LKr 2 2

2

F

E I

LKr 4 2

2

FE I

LKr

1

4

2

2

lK = L lK=0.7 L

lK=0.5 L lK=2 L

2

2

L

IEFKr

x

l

F

F

y

b

y

z

h

Der Querschnittswert i ist der Massstab für die

Steifigkeit des Stabes, er ist sehr wichtig und

deshalb in den Querschnittstabellen aufgeführt.

i y ≈ 0289 · h

i z ≈ 0289 · b

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der Schlankeitsgrad l

i

K

Aus diesen oben aufgeführten Werten kann nun die

Kritische Spannung Kr

K

E i

l

E2 2

2

2

2 berechnet werden

Die kritische Spannung ist nur von E und der Schlankheit des Stabes abhängig und stellt die durchschnittliche Spannung dar, die ein Stab gerade noch erträgt. Im Mauerwerksbau versteht man unter Schlankheit oft das Verhältnis der Mauerhöhe zur geringsten Wandstärke.

Die Formeln von Euler für Fkrit und krit gelten nur für den elastischen Bereich, das heisst also, so lange bis

krit kleiner p bzw. f wird

( p = Proportionalitätsgrenze, f = Fliessgrenze).

5) Knickspannungen, zulässige Schlankheitsgrade und

Bemessungswert des Knickwiderstandes

Aus den vorher besprochenen theoretischen Überlegungen und auf Grund vieler Versuche werden in den verschiedenen Normen Angaben für das Berechnen von Druckstäben gemacht :

Holzbau ( SIA 265, Zif 4.2.8) Die maximale Schlankheit sollte normalerweise nicht grösser als = 150 sein. Für den nachweis der Tragfähigkeit des Druckstabes aus Holz muss die folgende Bedingung erfüllt sein:

c,d kc · fc,d

Schlankheit λ = lk / i

Relative Schlankheit für Vollholz: λ rel = λ / 56.5 Für Brettschichtholz: λ rel = λ / 62.8

Knickbeiwert kc aus Tabelle Figur 7, SIA 265

c,d = Bemessungswert der Druckspannung

fc,d = Bemessungswert der Druckfestigkeit für

vor Witterung geschützte Bauteile:

Nadelholz C24: fc,d = 12 N/mm2

Brettschichtholz GL24h: fc,d = 14.5 N/mm

2

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Stahlbau ( SIA 263, Zif 4 5)

Die maximale Schlankheit sollte normalerweise nicht grösser als

= 200 für Haupttragelemente und = 250 für Verbände sein. Für verschiedene Profilsorten wurden die Knickspannungskurven bestimmt ( siehe Fig. 7, SIA 263), mit den Werten aus diesem Diagramm kann die Tragfähigkeit des Druckstabes berechnet werden.

Der Bemessungswert des Knickwiderstandes NK, Rd = K fd A

muss grösser sein als der Bemessungswert der Beanspruchung ( mit den Sicherheitsfaktoren vergrösserte charakteristische Werte)

Stahlbeton ( SIA 262) Druckglieder sind auf Knicken zu berechnen, sobald der Schlankheitsgrad cr den Wert 30 übersteigt.

Zusammenfassung: zulässige Schlankheitsgrade

Holzbau gem. SIA 265, Zif. 4.2.8 Die maximale Schlankheit sollte normalerweise nicht grösser als = 150 sein.

Stahlbau gem. SIA 263 Zif. 4.5 Die maximale Schlankheit sollte normalerweise nicht grösser als

= 200 für Haupttragelemente und = 250 für Verbände sein

Stahlbeton gem. SIA 262 Druckglieder sind auf Knicken zu berechnen, sobald der Schlankheitsgrad cr den Wert 30 übersteigt.

S235: ΛE = 94

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6) Grobe Berechnung von Stützen mit Näherungstabellen

Im Rahmen dieses Kurses wird auf diese vorher gezeigten, in der Statik üblichen Berechnungsverfahren, nicht speziell eingegangen. Für unsere Zwecke genügt es, wenn wir die Berechnung der Stützen mit einfachen Näherungstabellen durchführen.

Hier eine solche einfache Hilfstabelle, die für uns genügend genaue Resultate liefert.

Berechnungsgang: 1) Querschnitt wählen ( Fläche A, Trägheitsradius i) 2) Schlankheitsgrad λ = lk / i berechnen 3) Reduzierte Baustoff-Knickfestigkeit fkd aus Tabelle herauslesen

4) Nachweis das Nrd

= fkd

x A > (grösser als) Nd

Schlank-

heits-

grad λ

lk / i

Näherungswerte der reduzierten Baustoff-Knickfestigkeit fkd

Bau-

stahl S235

Stahlbeton Mit Bewehrungsgrad in % vom Querschnitt

Holz Mauer-

werk 3 - 4 2 - 3 1 -2 0.6 – 1 0.6

20 224 23 13 17 15 13 12.3 2.9

30 210 20 12 15 12 10 11.5 2.6

40 198 19 11 13 10 9 10.3 2.5

50 184 17 10 12 9 7 9.3 2.2

60 169 16 9 10 9 7 8.1 1.9

70 153 15 8 9 7 6 7.1 1.7

80 139 12 7 7 6 4 5.9 1.5

90 125 10 6 6 4 3 4.8 1.2

100 112 9 5 6 4 3.8 1.0

110 101 7 4 4 3 3.2 0.7

120 90 7 4 4 2.6 0.4

130 81 6 3 3 2.3

140 74 4 3 1.9

150 65 4 2 1.7

Zwischenresultate linear interpolieren

Stützen aus Stahlbeton, Stahl, Holz

Beispiel: Knickberechnung Holzstütze, lk = 5 m, Nd = 190 kN 1) Querschnitt gewählt 200/200 mm, A = 40'000 mm

2, i = 58 mm

2) Schlankheit λ = lk / i = 87 3) fk d aus Tabelle: für λ= 80 = 5.9 N/mm

2

für λ= 90 = 4.8 N/mm2

lineare Interpolation

: f k d = 5.9-((5.9 - 4.8)x 0.7) = 5.1 N/mm

2

4) Nachweis: Nk d = fk d · A = 5.1 · 40'000 = 204'000 N = 204 kN

NR d

= 204 kN > Nd = 190 kN → i.O.

f k d für λ= 87 = 5.1 N/mm2

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7) weitere Beispiele zu Knickberechnungen

Holzstütze, lk = 4.64 m, Nd = 200 kN Querschnitt 200/220 mm

1) Querschnittswerte 200/220 mm, A = 44'000 mm2, i = 0.289 x 200= 58 mm → schwache Achse (oder Wert aus Querschnittstabelle)

2) Schlankheitsgrad: λ = lk / i = 4`640/58 = 80

3) Reduzierte Knickfestigkeit aus Tabelle für λ= 80: f k d = 5.9 N/mm2

4) Nachweis: NR d = fk d · A = 5.9 · 44'000 = 259'600 N ≈ 260 kN

NR d = 260 kN > Nd = 200 kN → i.O.

Beispiel a: Holzstütze

Beispiel b : Stahlstütze

Beispiel c : Stütze

Nd = 406 kN, lk = 4.50 m

Beispiel d : Stahlstütze

Lösungen:

Gesucht : Bestimmung der erforderlichen Stützengrösse mit Knicknachweis, lky = lkz

a) Brettschichtstütze GL234h von 200 mmm Breite b) Walzprofil HEA-Reihe, S235 c) Betonstütze Beton C25/30

2.50 m

N

Kantholz C24 10/16 cm ; lk = 2.50 m

Gesucht : Bemessungswert NR d des Knickwiderstandes

Nd = 105 kN, lk = 3.00 m

Gesucht : erforderliches Stahlrohr aus S235

3.00 m

N

4.50 m

N

Stahlstütze aus IPE 200, S235

Gesucht : Bemessungswert NR d des Knickwiderstandes

2.80 m

2.80 m

N

IPE 200

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