Sabine Fuhlbrück Wie die Mundatmung Zunge, Zähne und ... · † chronische Tonsillitis...

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Thema 1 06/10 Sabine Fuhlbrück Wie die Mundatmung Zunge, Zähne und Sprache beeinflusst Erfahrungen mit der Myofunktionellen Therapie und der Körperorientierten Sprachtherapie k-o-s-t ® nach Susanne Codoni, CH Für viele Berufsgruppen wie Kieferorthopäden, Zahnärzte, Kinderärzte, Logopäden etc. ist die Myofunktionelle Therapie (MFT) eine complementärmedizinische Metho- de. Während es das Berufsbild des Myofunktionellen Therapeuten in der Schweiz und auch in den USA schon seit vielen Jahrzehnten gibt, ist es in Deutschland leider noch nicht etabliert. Ich selbst arbeite nun bereits seit 15 Jahren als MF-Therapeutin und möchte in diesem Artikel über meine Erfahrungen berichten. Prof. Dr. Dr. Sergl wünschte sich vor 16 Jah- ren eine MF-Therapeutin für die Kieferortho- pädische Abteilung der Universitätsklinik in Mainz. Als mein damaliger Chef weckte er mein Interesse für diese gesamte Thematik sehr nachhaltig und unterstützte sowohl den Ar- beitskreis für Myofunktionelle Therapie als auch meine Ausbildung. Der Austausch mit ihm und anderen funktionell denkenden Zahnärz- tinnen und Zahnärzten ist für mich bis heute von unschätzbarem Wert. Meine Schwer- punkte in der Myofunktionellen Therapie wur- den außerdem von den sehr vielen unter- schiedlichen Ausbildungs-Therapeuten auf mei- nem Weg, auch von Logopäden, beeinflusst. Durch sie habe ich erfahren, dass sich die MFT nicht nur „Rund um den Mund“ dreht, sondern einen Einfluss auf alle Bereiche des Körpers hat. Nicht zuletzt durch die Mundatmung, die sehr starke negative Auswirkungen auf den ge- samten menschlichen Organismus ausprägt. Die Bedeutung der Mundatmung Nach Auswertung eines Teils meiner persön- lichen Fälle (ohne wissenschaftliche Fundie- rung;) die mir nach langjähriger Tätigkeit als MF-Therapeutin zur Verfügung stehen, stellte ich fest, dass nach erfolgter Polypen-Opera- tion nur ca. 40 % der Kinder (zwischen drei und sieben Jahren) die Mundatmung selbst- ständig auf Nasenatmung umstellten. Die ver- bleibenden 60 % atmeten leider auch nach der durchgeführten Operation noch weiter durch den Mund. Alles, was wir nicht „benutzen“, wird in seiner Funktion geschwächt. Das gilt auch für die Nasenatmung. Ich spreche hier ausschließlich von den habi- tuellen Mundatmern (angewöhnte Mundat- mung), nicht von Allergikern und / oder Kin- dern und Erwachsenen, bei denen die phy- siologische Nasenatmung nicht funktions- tüchtig war. Immer wieder habe ich in meiner langjährigen Tätigkeit festgestellt, dass der HNO-Arzt zwar die Primärursache der Mundatmung beseitigt und eine Polypen-Operation anordnet; hier- durch wird jedoch die Gewohnheit der Mund- atmung nicht automatisch abtrainiert. Es ist aber aus verschiedensten Gründen, die ich im Folgenden erläutern möchte, so wichtig, dass parallel vor und unbedingt kurz nach der Ope- ration das Kind spielerisch mit seiner Nase / Nasenatmung vertraut gemacht wird. Wenn die Eltern dieser verbleibenden 60 % durch die Unterstützung einer MF-Therapeu- tin oder einer in MFT geschulte Helferin der HNO-Praxis vor der geplanten Polypen-OP schon mit ihrem Kind „Lippenschlussübun- gen“ trainieren würden, wäre das ein sehr gu- ter Einstieg – in eine bleibende Nasenatmung nach erfolgter Operation. Da die Eltern mit ihren Kindern zu Hause üben, stehen die Kosten für diese Therapie im Ver- gleich zu weiteren Erkältungen, Medikamen- ten, späteren Polypen-Operationen etc. in kei- nem Verhältnis. Ziele der Myofunktionellen Therapie sind: Mundatmung auf Nasenatmung umzutrai- nieren einen spannungsfreien Lippenschluss an- zutrainieren jegliche Gewohnheiten wie z. B. Mundat- mung, Finger- Haare- Bettzipfellutschen, Lippensaugen, Lippenbeißen, Nägelkauen etc. abzutrainieren Physiologische Zungenruhelage über Kör- perwahrnehmung einhalten, auch nach Kie- feroperationen (Zungen-Orientierungspro- blematik) sehr wichtig Physiologisches Schluckmuster anzutrai- nieren und im Körpersystem integrieren Was wird genau bei MFT gemacht? Wenn der Klient mit einer Überweisung des behandelnden Arztes in meine Praxis kommt, erstelle ich bei diesem ersten Kennenlernen nach Erstuntersuchung und Befunderhebung (Dauer: ca. 60 Min.) meine eigene Diagnose. In der zweiten Therapiestunde werden jeweils drei Fotos intraoral und extraoral angefertigt. Bei Mundatmern beginne ich mit der Aktivie- rung der Nasenatmung. Dabei erlernen mei- ne Klienten u. a. das „richtige“ Naseputzen. Die Beweglichkeit der Zungen-, Lippen-, Wan- genmuskulatur wird durch bestimmte Übun- gen gestärkt bzw. entspannt – je nach Mus- keltonus. Saugen, Blasen (auch mit Ballo- vent ® ) und Kauen sind hierfür hervorragend geeignet. Die Übungen werden bei kleineren Kindern natürlich immer mit lustigen Spielen verstärkt. Sabine Fuhlbrück 25 Jahre Tätigkeit als Zahn- medizinische Angestellte. Ausbildung in Myofunktio- neller Therapie bei Mary Ann Bolten, Mathilde Fur- tenbach, S. Codoni, Cas- tillo-Morales, N. Annunciato, Barbara Green, B. Padovan. Seit 16 Jahren Myofunktionelle Therapeutin. Seit 11 Jahren eigene Praxis, Spezialistin für Myofunktionelle Störungen. Seit 2003 Erfahrung mit k-o-s-t ® Körperori- entierter Sprachtherapie nach S. Codoni. Do- zentin für die Landeszahnärztekammer und die Bernd-Blindow-Schule in Leipzig, Weiter- bildungen für Kieferorthopäden, Zahnärzte, Logopäden, Kinderärzte, HNO-Ärzte und alle Interessierten auch mit Mary Ann Bolten und Cathrin Wegner. Kontakt: Marbachstr. 8, D-04155 Leipzig Tel.: 0341 / 4928966 Mobil: 0163 / 6681105 Fax: 0341 / 4928967 [email protected]

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Thema

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Sabine Fuhlbrück

Wie die Mundatmung Zunge, Zähne und Sprache beeinflusstErfahrungen mit der Myofunktionellen Therapie und der KörperorientiertenSprachtherapie k-o-s-t® nach Susanne Codoni, CH

Für viele Berufsgruppen wie Kieferorthopäden, Zahnärzte, Kinderärzte, Logopädenetc. ist die Myofunktionelle Therapie (MFT) eine complementärmedizinische Metho-de. Während es das Berufsbild des Myofunktionellen Therapeuten in der Schweiz undauch in den USA schon seit vielen Jahrzehnten gibt, ist es in Deutschland leider nochnicht etabliert. Ich selbst arbeite nun bereits seit 15 Jahren als MF-Therapeutin undmöchte in diesem Artikel über meine Erfahrungen berichten.

Prof. Dr. Dr. Sergl wünschte sich vor 16 Jah-ren eine MF-Therapeutin für die Kieferortho-pädische Abteilung der Universitätsklinik inMainz. Als mein damaliger Chef weckte er meinInteresse für diese gesamte Thematik sehrnachhaltig und unterstützte sowohl den Ar-beitskreis für Myofunktionelle Therapie alsauch meine Ausbildung. Der Austausch mit ihmund anderen funktionell denkenden Zahnärz-tinnen und Zahnärzten ist für mich bis heutevon unschätzbarem Wert. Meine Schwer-punkte in der Myofunktionellen Therapie wur-den außerdem von den sehr vielen unter-schiedlichen Ausbildungs-Therapeuten auf mei-nem Weg, auch von Logopäden, beeinflusst.Durch sie habe ich erfahren, dass sich die MFTnicht nur „Rund um den Mund“ dreht, sonderneinen Einfluss auf alle Bereiche des Körpershat. Nicht zuletzt durch die Mundatmung, diesehr starke negative Auswirkungen auf den ge-samten menschlichen Organismus ausprägt.

Die Bedeutung der MundatmungNach Auswertung eines Teils meiner persön-lichen Fälle (ohne wissenschaftliche Fundie-rung;) die mir nach langjähriger Tätigkeit alsMF-Therapeutin zur Verfügung stehen, stellteich fest, dass nach erfolgter Polypen-Opera-tion nur ca. 40 % der Kinder (zwischen dreiund sieben Jahren) die Mundatmung selbst-ständig auf Nasenatmung umstellten. Die ver-bleibenden 60 % atmeten leider auch nach derdurchgeführten Operation noch weiter durchden Mund.

Alles, was wir nicht „benutzen“,wird in seiner Funktion

geschwächt. Das gilt auch für die Nasenatmung.

Ich spreche hier ausschließlich von den habi-tuellen Mundatmern (angewöhnte Mundat-

mung), nicht von Allergikern und / oder Kin-dern und Erwachsenen, bei denen die phy-siologische Nasenatmung nicht funktions-tüchtig war.

Immer wieder habe ich in meiner langjährigenTätigkeit festgestellt, dass der HNO-Arzt zwardie Primärursache der Mundatmung beseitigtund eine Polypen-Operation anordnet; hier-durch wird jedoch die Gewohnheit der Mund-atmung nicht automatisch abtrainiert. Es istaber aus verschiedensten Gründen, die ich imFolgenden erläutern möchte, so wichtig, dassparallel vor und unbedingt kurz nach der Ope-ration das Kind spielerisch mit seiner Nase /Nasenatmung vertraut gemacht wird.

Wenn die Eltern dieser verbleibenden 60 %durch die Unterstützung einer MF-Therapeu-tin oder einer in MFT geschulte Helferin derHNO-Praxis vor der geplanten Polypen-OPschon mit ihrem Kind „Lippenschlussübun-gen“ trainieren würden, wäre das ein sehr gu-ter Einstieg – in eine bleibende Nasenatmungnach erfolgter Operation.

Da die Eltern mit ihren Kindern zu Hause üben,stehen die Kosten für diese Therapie im Ver-gleich zu weiteren Erkältungen, Medikamen-ten, späteren Polypen-Operationen etc. in kei-nem Verhältnis.

Ziele der Myofunktionellen Therapie sind:

• Mundatmung auf Nasenatmung umzutrai-nieren

• einen spannungsfreien Lippenschluss an-zutrainieren

• jegliche Gewohnheiten wie z. B. Mundat-mung, Finger- Haare- Bettzipfellutschen,Lippensaugen, Lippenbeißen, Nägelkauenetc. abzutrainieren

• Physiologische Zungenruhelage über Kör-perwahrnehmung einhalten, auch nach Kie-

feroperationen (Zungen-Orientierungspro-blematik) sehr wichtig

• Physiologisches Schluckmuster anzutrai-nieren und im Körpersystem integrieren

Was wird genau bei MFT gemacht?

Wenn der Klient mit einer Überweisung desbehandelnden Arztes in meine Praxis kommt,erstelle ich bei diesem ersten Kennenlernennach Erstuntersuchung und Befunderhebung(Dauer: ca. 60 Min.) meine eigene Diagnose.In der zweiten Therapiestunde werden jeweilsdrei Fotos intraoral und extraoral angefertigt.

Bei Mundatmern beginne ich mit der Aktivie-rung der Nasenatmung. Dabei erlernen mei-ne Klienten u. a. das „richtige“ Naseputzen.

Die Beweglichkeit der Zungen-, Lippen-, Wan-genmuskulatur wird durch bestimmte Übun-gen gestärkt bzw. entspannt – je nach Mus-keltonus. Saugen, Blasen (auch mit Ballo-vent®) und Kauen sind hierfür hervorragendgeeignet. Die Übungen werden bei kleinerenKindern natürlich immer mit lustigen Spielenverstärkt.

Sabine Fuhlbrück25 Jahre Tätigkeit als Zahn-medizinische Angestellte.Ausbildung in Myofunktio-neller Therapie bei MaryAnn Bolten, Mathilde Fur-tenbach, S. Codoni, Cas-

tillo-Morales, N. Annunciato, Barbara Green,B. Padovan. Seit 16 Jahren MyofunktionelleTherapeutin. Seit 11 Jahren eigene Praxis,Spezialistin für Myofunktionelle Störungen.Seit 2003 Erfahrung mit k-o-s-t ® Körperori-entierter Sprachtherapie nach S. Codoni. Do-zentin für die Landeszahnärztekammer unddie Bernd-Blindow-Schule in Leipzig, Weiter-bildungen für Kieferorthopäden, Zahnärzte,Logopäden, Kinderärzte, HNO-Ärzte und alleInteressierten auch mit Mary Ann Bolten undCathrin Wegner.

Kontakt:Marbachstr. 8, D-04155 Leipzig

Tel.: 0341 / 4928966Mobil: 0163 / 6681105

Fax: 0341 / [email protected]

Thema

2 06/10

Auch die Körperwahrnehmung (im Gesichts-bereich / Mundraum) wird durch Sinnlich-keitsspiele intensiviert – damit der Klient auchwirklich spürt, dass die Lippen geschlossensind und die Zunge ihre physiologische Ruhe-lage einhält.

Jeder Klient erhält jedoch ein individuelles, aufihn „zurecht geschneidertes“ Therapiepro-gramm nach dem Motto: So wenig wie mög-lich, so viel wie nötig.

Salopp gesagt ist die MFT-Praxisein Fitness-Studio für die orofaziale Muskulatur.

Das neu erlernte Schluckmuster im Körpernachhaltig zu integrieren ist das Langzeitziel.Wenn der Klient physiologisch (korrekt)schluckt, ohne darüber nachzudenken, dannist es erreicht.

Synergien nutzen: MFT und k-o-s-t®

Seit 1995 therapiere ich Klienten / Patientenmit orofazialen Störungen. Seit einigen Jahrenarbeite ich immer häufiger sehr erfolgreich mitkleineren Kindern. Auch bei Eineinhalbjährigenist schon eine Therapie möglich.

Meine Patienten kommen im Intervall von 14Tagen in die Praxis. Überwiesen werden siemeist von Kieferorthopäden und Zahnärzten,leider weniger von HNO- und Kinderärzten etc.

Die Eltern werden als Therapiepartner, als „fes-te Säule“ in dieses Konzept mit eingebundenund betreiben liebevoll, geduldig und mit Spaß– nach Möglichkeit täglich – mit ihren Kindern

zu Hause Muskelaufbau vorrangig im Mund.Den Kindern machen viele Übungen sehr vielSpaß, Muskulatur und Körperwahrnehmungbauen sich auf spielerische Art kontinuierlichauf, und in der Zeit genießen sie die 100%igeAufmerksamkeit eines Elternteils etc.

Mit Myofunktioneller Therapie in Verbindung mitder Körperorientierten Sprachtherapie k-o-s-t®

nach S. Codoni (siehe Kasten) habe ich meinganz spezielles Therapiekonzept entwickelt,dass schon sehr zeitig, auch bei sehr kleinenKindern zum Tragen kommt. (Bei Spaltkindernselbstverständlich schon im Babyalter, z. B.nach erfolgter OP, Babyernährung).

Es ist sehr unterschiedlich, zu welchem Zeit-punkt ich während der Behandlung mit der An-wendung von k-o-s-t® beginne. Normalerweiselasse ich beide Programme parallel laufen, da-mit sich das neu erlernte Schluckmuster schnel-ler im Körper integriert / automatisiert. DerMundraum ist jedoch eine der intimsten Zonenunseres Körpers. Ein Kind, das beispielswei-se sehr angespannt ist oder noch Angst hat,sollte nicht gleich am / im Mund therapiert wer-den. Die Körperorientierte Sprachtherapie nachSusanne Codoni hilft hier nach meiner Erfah-rung auch Vertrauen aufzubauen. Bei Kindern,die neu in meiner Praxis und von vorangegan-genen Heilbehandlungen etwas „therapiemü-de“ sind, beginne ich auch erst einmal mit k-o-s-t®. Zum nächsten Termin kommen die klei-nen Klienten in der Regel dann sehr gerne wie-der, weil sie genau wissen, dass sie nicht nur„pauken“ müssen.

Meine persönliche Sicht:

Durch die Anwendung der KörperorientiertenSprachtherapie nach Susanne Codoni kommtes im Körper zur Entspannung, die einsetzen-de Tiefenatmung führt zur Körperaufrichtungund Körperstabilisierung, und das wiederumlöst Blockaden im Körper, weckt die Selbst-heilungskräfte und stärkt die gesamte Kör-perwahrnehmung. Über die Arbeit an den Fü-ßen kann dieser Effekt noch vertieft werden.

Ressourcen, die schon im Körpervorhanden sind, werden verstärkt.

Wir schauen leider oft nach Defiziten. Wenn wiraber das stärken, was schon vorhanden ist,verläuft die Therapie in positiven Bahnen undder Klient kommt schneller an das Ziel.

Wenn über die MF-Therapie eine Mundatmungsehr frühzeitig auf Nasenatmung umtrainiertund durch die Körperorientierte Sprachthera-pie nach S. Codoni nachhaltig stabilisiert wird,bedeutet das nicht nur für die Zahngesundheiteinen großen Schritt in die richtige Richtung,sondern auch für die allgemeine körperlicheGesundheit. Durch die physiologische Atmungbilden sich nicht nur die Atemwege gut aus.(Schleimhaut innerhalb des Nasenbereichesübernimmt ihre Funktion) und die physiologi-sche Sauerstoffversorgung im Körper wird ins-gesamt nunmehr besser gewährleistet. Durchdas korrekte Atmen kann auch die Nasen-schleimhaut (Flimmerephitel) ihre eigentlichenAufgaben erfüllen, d. h. die Atemluft reinigen,anwärmen und befeuchten, Bakterien abtötenund Tiefenatmung vorantreiben.

In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig,dass der Klient, ob groß oder klein, bei die-sem Umtrainieren der Atmung viel stilles Was-ser trinkt. Nur wenn der Körper ausreichendmit Flüssigkeit versorgt ist, können die Schleim-häute (ob Nase, Lunge etc.) im Körper ihre na-türliche Funktion übernehmen und voll ausfül-len.

Die Körperorientierte Sprachtherapiek-o-s-t® nach Susanne Codoni

• zählt zu den Kurzzeit-Interventionen.

• basiert auf langjährigen sonderpäda-gogischen und logopädischen Berufs-erfahrungen von Frau Codoni.

• geht von der Grundannahme aus, dassSprachstörungen in den meisten Fällenvon leichten bis schweren körperlichenDysfunktionen begleitet sind.

• ist geeignet als Basis- und / oder Be-gleittherapie bei allen Sprach-, Sprech-, Stimm- und Redefluss-Störungen, dieeine Körperstabilisierung und / oder -auf-richtung erfordern.

• eine geschützte Methode, die nur durchspezielle ausgebildete Therapeuten an-gewendet werden darf.

Abb. 1a-b: Rechtsseitiger Kreuzbiss mit Zun-gendysfunktion.

a)

b)

Abb. 2: Bei diesem Kind ist der Rachenring alsFolge der Mundatmung gerötet. Ein Dauerzu-stand, der sich erst nach Umstellung der Mund-atmung auf Nasenatmung einstellte.

Abb. 3: Junge mit offener Mundhaltung, Kraftdes Lippenringmuskels (M. orbicularis oris) = 500g (normale Kraft des Ringmuskels: ca. 2.000 g).

Thema

306/10

Bei kleineren Kindern bekommt auch der Ober-kiefer Wachstumsreize durch die Belüftungder Kieferhöhle während des Atmens. (Die op-timale Entwicklung des Oberkiefers bei Klein-kindern erfolgt durch die Bewegung der Zun-ge und durch das physiologische Atmen.)

Weich formt hart.

Mit vielen gesetzlichen Krankenkassen habeich mich zwischenzeitlich auseinandergesetzt– mit Erfolg. Viele übernehmen die Kosten fürdiese Therapie, obwohl es rein gesetzlich ei-ne private Leistung ist. Den Kassen ist bewusst,dass sie eine nicht unerhebliche Geldsummeeinsparen, wenn die Therapie erfolgreich ist.

Im nächsten Abschnitt stelle ich die umfas-senden Folgen einer nicht behandelten Mund-atmung sowie einige meiner mit MFT und k-o-s-t® behandelten Praxisfälle vor.

Mundatmung und ihre Auswirkung …

… intraoral (im Mund):• hoher, enger Gaumen (gotischer Gaumen)

• einseitiger oder doppelseitiger Kreuzbissund Zungendysfunktion (s. Abb. 1)

• Zahnstein

• Karies

• Gingivitis (Zahnfleischentzündung)

• geröteter Rachenring (s. Abb. 2)

• stark vergrößerte Tonsillen

• chronische Tonsillitis (Entzündung der Ra-chenmandeln)

• ausgetrocknete Lippen

• Hypersalivation (vermehrter Speichelfluss,nicht nur bei Kleinkindern)

… auf die Mundmuskulatur:

• M. orbicularis oris geschwächt (ca. 500 g,vgl. Abb. 3)

• Kauen mit geöffnetem Mund, Oberlippe starkverkürzt, Lippenschluss erfordert viel Ener-gie

• orofaziale Dyskinesien / Störung der mus-kulären Bewegungsabläufe

• interdentale / addentale / laterale Zungen-ruhelage

• unphysiologisches Schluckmuster durch ver-größerte sagittale Stufe (Artikulationsstö-rung, vgl. Abb. 4)

• Kieferanomalien bei vergrößerter sagittalerStufe (Abstand der Schneidezähne vom Un-terkiefer zum Oberkiefer) – schiebt sich dieUnterlippe unter die vorderen oberen Front-zähne und vergrößert damit weiter die Kie-ferdeformation

• Eingeschränkte Beweglichkeit der Zunge

• Kauproblematik

… auf die Ohrenfunktion:

• Eustachische Röhre wird nicht belüftet

• Tubenfunktionsstörung / Schleimansamm-lung im Mittelohr

• Verminderte Hörfähigkeit / verzögerteSprachentwicklung

… auf die Nasenfunktion:

• verengte Naseneingänge

a)

b)

Abb. 4: Vergrößerte sagittale Stufe Mundat-mung, Zungendysfunktion. Da am Tag ca. 2.000Mal geschluckt wird, ist die Tendenz zur weite-ren Vergrößerung der sagittalen Stufe sehrwahrscheinlich.

Abb. 5: (a) Mädchen, 2 ¼ Jahre, Diagnose: Zun-genfehlfunktion, Sigmatismus (Lispeln). (b) Nachsechs Monaten und acht Therapieeinheiten MFT+ k-o-s-t®, Sigmatismus war nicht mehr vor-handen

Abb. 6: (a) Mädchen, 2 ½ Jahre, Diagnose: Mund-atmung, Zungendysfunktion. (b) Nach 7 Mona-ten und 10 Therapieeinheiten MFT + k-o-s-t®. Dievergrößerte sagittale Stufe (c) normalisierte sich(d) durch Lippenschluss, Nasenatmung und Ver-stärkung des Lippenringmuskels. Ein leichterSigmatismus war nicht mehr vorhanden.

a)

b)

c)

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Thema

4 06/10

• Starke Blässe

• Dunkle Augenringe / Sauerstoffmangel

• Müder Blick

• Verkürzte Oberlippe

• Hyperaktiver Muskel mentalis (verstärkterKinnmuskel)

• Unterlippe dick, „aufgequollen“, nach außen„gerollt“

… auf den Körper:

• gesteigerte Infektanfälligkeit

• Sauerstoffmangel im Gehirn (= Konzentra-tionsproblematik) / in den Muskeln (= Klien-ten sind körperlich nicht stark belastbar /können volle Kapazitäten nicht nutzen).

• Sauerstoffmangel=Unruhiges Schlafen

• Sauerstoffmangel=Zwerchfelltätigkeit zu ge-ring, körperliche Aufrichtung fehlt

• Verdauungsproblematik, da Zwerchfellbe-weglichkeit zu gering

• Tiefenatmung nicht vorhanden/Beweglich-keit des Zwerchfells zu gering

• Verdauungsprobleme, da die Enzyme imSpeichel durch Sauerstoff verändert werden.

• Tiefenatmung fehlt, starke Daueranspan-nung

InterdisziplinäreZusammenarbeit möglichOft überlappt sich das Gebiet der Logopädiemit dem der Myofunktionellen Therapie. Wennerst einmal eine gute Basis geschaffen ist, mitNasenatmung, zwanglosem Lippenschluss,physiologischer Zungenruhelage und ge-schlossenem Biss, wird davon auch die Aus-sprache sehr positiv beeinflusst. Schon wäh-rend der Therapie verringert sich ein vorhan-dener Sigmatismus merklich (was oft zur gro-ßen Freude von den Eltern wahrgenommenwird). Auch eine undeutliche, schwammigeAussprache verbessert sich wesentlich, dader gesamte orofaziale Bereich gestärkt wird.

Wenn die Zungendysfunktion abtrainiert ist,hat das ebenfalls einen sehr starken Einflussauf Zahnfehlstellungen und Kieferdeformatio-nen. Auch die Rezidivgefahr (Rückfall) in derKieferorthopädie nimmt um ein Vielfaches ab,wenn die o. g. Funktionen physiologischer Na-tur sind. Die MFT ist zwar kein Ersatz für einekieferorthopädische Behandlung, hilft aber,die Zahngesundheit zu erhalten, körperliche Vi-talität zu fördern und Sprache zu verbessern.

SchlussbemerkungImmer wieder stelle ich während der Therapiebei meinen Klienten, ob groß oder klein, fest,dass Körperaufrichtung und Selbstbewusstsein„Hand in Hand gehen.“

Durch die Körperorientierte-Sprachtherapienach S. Codoni (k-o-s-t®) kommt es bei vielenKindern (ohne klimatische Veränderung) zu ei-nem Wachstumsschub und zu einem großenSchritt in der Reifung des Gehirns. Auch in vie-len anderen Bereichen (wie Schule, Arbeit,Freunde etc.) kommt es zu positiven Entwick-lungen, Veränderungen. Das bestätigen mirauch oft die Eltern durch eigene Beobachtun-gen zu Hause.

Durch die Zusammenarbeit mit ihren Eltern er-halten die kleinen Klienten darüber hinaus vielliebevolle Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt des-wegen wird das Team „Eltern und Kind“ gestärktund wächst noch enger zusammen.

Es würde mich insgesamt sehr freuen, wennich auf diesem Wege Kieferorthopäden, Zahn-ärzte, HNO-Ärzte etc. kennen lerne, die an ei-ner fruchtbaren Zusammenarbeit Interesse be-kunden.

Abb. 7: (a) Mädchen, 6 Jahre, Diagnose: Unter-kieferzahnbogen größer als im Oberkiefer. Zun-genlutschen, Mundatmung. Das Ergebnis mei-ner MFT in Verbindung mit k-o-s-t® ohne kie-ferorthopädische Therapie: Nach 25 Therapie-einheiten innerhalb 2 ½ Jahren Nasenatmung,Lippenschluss, physiologische Zungenruhelageund physiologisches Schlucken. (b) Patientin imAlter von 7 ½ Jahren (c) Patientin im Alter von8 ½ Jahren. Da die Mutter die Tochter allein er-zieht und das Kind in einer Ganztagsschule un-terrichtet wurde, war es nicht immer leicht, 15Minuten täglich die MF-Übungen durchzufüh-ren. Trotzdem blieb das Ergebnis stabil.

Abb. 8: (a) Junge, 2 Jahre, Diagnose: Mundat-mung, nur die Eltern konnten seine Sprache ver-stehen, unsicherer Gang, offener Biss. (b) Nachdrei Monaten, Eltern wurden in das Therapie-konzept MFT + k-o-s-t® eingebunden und trai-nierten täglich zu Hause mit ihrem Sohn. Er-gebnis: Mundatmung auf Nasenatmung umge-stellt, Biss geschlossen. Der Junge wurde auchvon anderen Personen sprachlich verstanden, si-cheres Gehen, sprang auch von kleinen Mauern,was vorher undenkbar war.

a)

b)

c)

• verminderte Riechfähigkeit

• unausgeformtes Nasenprofil

• Anfeuchten, Anwärmen, Säubern und Bak-terienabtöten entfällt

• vertrocknete Nasenschleimhäute

• chronischer Schnupfen

• chronische Sinusitis (Kieferhöhlenentzün-dung)

… im Gesichtsbereich:

• mangelnde Durchblutung / Beweglichkeitder Nase fehlt

• Lymphstau, gestaute Wangenpolster / ver-quollene Augen

Thema

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L i t e r a t u r h i n w e i s e1. Hilla Ehrenberg: Atemtherapie in der Phy-siotherapie / Krankengymnastik. Pflaum Phy-siotherapie 20012. Renate Clausnitzer: KieferorthopädischeGrundlagen für Logopäden und Sprachthera-peuten. Dortmund: Verlag Modernes Lernen20023. Mario Bondi: Orofaziale und craniozervika-le Myotherapie. Quintessenz Bibliothek 19944. Daniel Garliner: Myofunktionelle Therapie inder Praxis. München: Verlag zahnärztlich-me-dizinisches Schrifttum 19825. Rudolfo Castillo Morales: Die orofaziale Re-gulationstherapie. Pflaum Physiotherapie,19986. Walter Schöttl: Die cranio-mandibuläre Re-gulation. Hüthig Verlag 19917. www.scodoni.ch/therakost.php