Schriftenreihe Theorie und Praxis 2012 Interkulturelle Öffnung in...

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Schriftenreihe Theorie und Praxis 2012 Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung Eine Handreichung für die Praxis Bundesverband e.V.

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  • Schriftenreihe Theorie und Praxis 2012

    Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Eine Handreichung für die Praxis

    Bundesverband e.V.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

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    Impressum

    Herausgeber: AWO Bundesverband e.V.

    Verantwortlich: Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender

    Autorin: Ina Schiffhauer

    Satz: Typografie Marx, Andernach

    © AWO Bundesverband e.V.Heinrich-Albertz-HausBlücherstr. 62/6310961 BerlinTelefon: 030 26309-0Telefax: 030 26309-32599Email: [email protected]: awo.org

    Berlin, Oktober 2012

    Abdruck, auch in Auszügen, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages oder Herausgebers.Alle Rechte vorbehalten.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Eine Handreichung für die Praxis

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Inhalt

    Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Die Sinus-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    Beratung ist Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    Beratungskonzepte sind gesellschaftlich geprägt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    Miteinander reden: Wie funktioniert Kommunikation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Ein Kommunikationsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Verständigung trotz unterschiedlicher Sprachkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    Kann-Bestimmungen des GER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Einfaches Deutsch – leicht gemacht! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    Nonverbale Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

    Interkultureller Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Ein Kulturmodell: Die Kulturpyramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Wegweiser und Stolperstein: Stereotype . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Wahrnehmung und (Fehl-)Interpretation: Zuschreibungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    Ein Modell zur Erklärung unterschiedlicher Verhaltensweisen: Kulturdimensionen . . . . . . . . . . . 16Einführung in die Kulturgrammatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    Kulturdimension „Zeitverständnis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18Kulturdimension „Macht und Hierarchie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19Kulturdimension „Geschlechterrollen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Kulturdimension „Kontext“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21Kulturdimension „Individualismus versus Kollektivismus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Kulturdimension „Raum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

    Erweitern Sie Ihren Handlungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Kurzgefasst: Tipps zur erfolgreichen interkulturellen Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

    Kundenmonitor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Kundenbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

    Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Linkliste (Stand Oktober 2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27AWO Veröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Weitere Veröffentlichungen der AWO (Bundesverband e.V.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Literaturtipps zum Weiterlesen – Eine Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

    Theorie – allgemein verständlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Unterhaltsame Einsichten aus anderen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

    Das Projekt: Beratung und Betreuung in der AWO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Vorwort

    Diese Arbeitshilfe dient der Weiterentwicklung des Arbeitsfeldes Schuldner- und Insolvenzberatung in derArbeiterwohlfahrt (AWO). Sie stellt gleichzeitig eine Positionierung zur Beratung von Menschen mit Migra-tionshintergrund in diesem Handlungsfeld dar. Sie zielt darauf ab, die Qualifizierung der bestehendenAngebote der Schuldner- und Insolvenzberatung zu untermauern und den Prozess der interkulturellenÖffnung (IKÖ) zu fördern.

    Die Arbeitshilfe soll für mehr Handlungssicherheit bei Führungs- und pädagogischen Fachkräften aus den Beratungsstellen in der interkulturellen Praxis sorgen. Darüber hinaus bietet sie Planungs- und Reflexionswerkzeuge für die weitere Konzeptentwicklung und Argumentationshilfen für die politische Interessenvertretung.

    Für die AWO bedeutet interkulturelle fachliche Qualifizierung, Vielfalt und Anderssein zu erkennen, zu respektieren, zu würdigen und zu fördern. Die Debatte der interkulturellen Öffnung findet in diesem Zusammenhang im Verband als Querschnittsthema in vielfältiger Form ihren Eingang, wie z. B. in Dis-kussionen, Leitdiskursen, Fortbildungsangeboten, Durchführung von Projekten usw. Diese Initiativen undAktivitäten sind, wie die vorliegende Handreichung, Ausdruck der Verantwortung des Bundesverbandes,gemeinsame interkulturelle Konzepte für die einzelnen Arbeitsfelder der sozialen Arbeit zu entwickelnund umzusetzen.

    Zur interkulturellen Öffnung sozialer Dienste initiierte der Bundesverband bereits Projekte in verschiede-nen Handlungsfeldern.

    Im Zusammenhang mit Inklusion bedeutet interkulturelle Öffnung der Schuldner- und Insolvenzbera-tung, die Angebote zielgruppen- und bedarfsorientiert in einer inklusiven Gesellschaft so zu gestalten, dassMenschen mit Migrationshintergrund einen gleichberechtigten Zugang zu diesen haben.

    Um dies zu erreichen, sind Führungskräfte und Beschäftigte der Dienste und Einrichtungen aufgerufen,Konzepte und Methoden zur Verfügung zu stellen, mit denen sie ihre Angebote entsprechend der Ein-wanderungsrealität konzipieren sowie Zugangsbarrieren identifizieren und abbauen können. Grundsätz-lich und wichtig ist, interkulturelle Orientierung und Öffnung als Suchbegriff zu verstehen, der je nachStandort, Handlungsfeld, kommunalen Ressourcen etc. unterschiedlich gefüllt und umgesetzt werdenkann. Der Prozess der interkulturellen Öffnung wird als offener, fortwährender Prozess begriffen.

    Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen AWOSchuldnerberatungsstellen, die in einer Arbeitsgruppe die Grundlage für die weitere Entwicklung und Aus-arbeitung der Handreichung durch die Autorin erarbeitet haben.

    Brigitte Döcker, Mitglied des Vorstands AWO Bundesverband e.V.

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Einleitung

    Diese Handreichung „aus der Praxis für die Praxis“dient der Weiterentwicklung des ArbeitsfeldesSchuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt. Sie stellteine Hilfe zur Beratung von Menschen mit Migra-tionshintergrund1 in den Schuldnerberatungs-stellen dar und basiert auf Erfahrungen aus diesemHandlungsbereich. Sie richtet sich an Träger, Lei-ter/innen, Berater/innen und Mitarbeiter/innen inSchuldner- und Insolvenzberatungsstellen.

    Die Handreichung ist Teil des Gesamtkonzeptes derArbeiterwohlfahrt zur interkulturellen Öffnung dersozialen Dienste.

    Handlungsleitend für die Arbeiterwohlfahrt ist einentsprechender Beschluss der Bundeskonferenz ausdem Jahr 2000. Dieser ist auch Grundlage für dieErarbeitung von Arbeitshilfen in den unterschied-lichen Arbeitsfeldern.

    In diesem Beschluss werden alle AWO-Gliederun-gen aufgefordert, bestehende und neue Diensteund Einrichtungen interkulturell zu öffnen, indemdarauf geachtet wird,• dass Migrantinnen/Migranten ihrem Bevölke-

    rungsanteil entsprechend in den Angeboten repräsentiert sind;

    • dass konzeptionell, organisatorisch und perso-nell den Bedürfnissen von Migrantinnen/Migran-ten in den Einrichtungen und Maßnahmen ent-sprochen wird.

    Maxime des Interkulturellen

    In einer Einwanderungsgesellschaft ist jede (soziale) Dienstleistung und jedes soziale Hand-lungsfeld so zu gestalten, dass Migrantinnen undMigranten sich entsprechend ihrer Handlungs-und Orientierungsmuster angenommen fühlen.

    Von Schuldner- und Insolvenzberaterinnen und -beratern wird gefordert: „Der Berater muss/solltein der Lage sein, die Probleme und Schwierigkeitender Ratsuchenden zu erkennen und deren Selbst-

    hilfemöglichkeiten zu aktivieren. Er/sie sollte Kennt-nisse über die Lebenssituation spezieller Klienten-gruppen besitzen und gegenüber Dritten mit dereninstitutionellen Gegebenheiten und Abläufen ver-traut sein.“2 Dazu gehört auch, über die Lebens-verhältnisse von Migrantinnen und Migranten infor-miert zu sein.

    Seit Jahren haben die Beraterinnen und Berater miteiner zunehmenden Zahl von Schuldnerinnen undSchuldnern mit immer mehr Gläubigern zu tun, dieBeratung wird komplexer und vielfach auch schwie-riger, und für die einzelnen Fälle steht immer we-niger Zeit zur Verfügung. Es gibt lange Wartelistenund die Träger oder Zuwendungsgeber üben Druckaus, die Fallzahlen zu erhöhen. Viele Arbeitsstun-den werden mit verwaltungstechnischen, formalenund statistischen Anforderungen3 und umfangrei-chen Einzelfallabrechnungen verbracht; zudem bil-den sich Berater/innen regelmäßig über Änderun-gen in Rechtsprechung und Gesetzgebung fort.

    Sich um interkulturelle Öffnung zu bemühen, magauf den ersten Blick als weitere Belastung erschei-nen. Kenntnisse zur Verhaltensorientierung in Hin-blick auf effektive Interaktion und Kooperation mitden ratsuchenden Migrantinnen und Migranten zuerwerben, sodass die Beratung ohne Reibungsver-luste und größere Missverständnisse vertrauensvollstattfindet, wird jedoch letztlich zu Zeitersparnis undVerbesserung der Beratungspraxis führen. Mit einereinmaligen Aktion kann interkulturelle Öffnung nichterreicht werden, vielmehr handelt es sich um einenfortwährenden Prozess, in dem immer wieder dieBeratungspraxis reflektiert wird: Im KollegenkreisIhrer Schuldnerberatungsstelle, bei einer Super-vision und mit den Ratsuchenden selbst.

    Diese Handreichung ergänzt die für den BereichSchuldnerberatung der AWO bereits erarbeiteten Arbeitshilfen:• das Muster-Qualitätsmanagement-Handbuch4,

    in dem die Normen zur Sicherung der Qualität derSchuldner- und Insolvenzberatung vorgestelltwerden und

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    1 Die Begriffe Menschen mit Migrationshintergrund, Einwanderer/innen, Migrantinnen/Migranten o. ä. werden in dieser Hand-reichung synonym verwendet. Damit sind alle Menschen gemeint, die selbst oder deren Vorfahren eingewandert sind.

    2 Zitiert aus: Funktions- und Tätigkeitsbeschreibung Schuldnerberater/in, AWO Bundesverband e.V., 20043 kommunales Controlling, Landes- und Bundesstatistik, Benchmarking, usw.4 AWO Bundesverband e.V.; AWO Verlag, April 2002, zurzeit vergriffen

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    • die Rahmenkonzeption, die Leitlinien und fach-liche Standards der Schuldner- und Insolvenz-beratung der AWO beschreibt.5

    In dieser Handreichung finden Sie Impulse und Anregungen, wie eine interkulturelle Öffnung in derSchuldnerberatung erreicht werden kann. Hand-lungsanweisungen oder konkrete Vorgaben werdenSie hier vergeblich suchen. Auch Hinweise darauf,wie Angehörige der einen oder anderen Gesellschaft„ticken“, fehlen. Auf die Frage, wie denn „dieDeutschen“ sind, würden die meisten Deutschenantworten: „Sehr unterschiedlich – kommt draufan, wo und wann sie geboren sind, wie sie sozia-lisiert sind, etc.“ „Sehr unterschiedlich“, diese Aussage trifft auch auf Menschen mit Migrations-hintergrund zu, die sich nicht nur in den mitge-brachten Kulturen ihres Herkunftslandes bewegenkönnen und sich in Deutschland kulturell orientierthaben, sondern vielleicht mit Eltern aus zwei unterschiedlichen Gesellschaften aufgewachsensind und/oder mit einer Partnerin/einem Partner

    aus einer weiteren Kultur leben. Die Kommunika-tionsmuster der in einem Einwanderungsland wieDeutschland lebenden Migrantinnen und Migran-ten und insbesondere die der zweiten und drittenGeneration sind kaum vorhersagbar, sondern viel-mehr individuell ausgeprägt und breit gefächert.6

    Kommunikative Handlungsmuster werden in Fami-lie, Schule, Beruf, Sportverein, Freundeskreis etc.erlernt und geprägt. Innerhalb der Familie spre-chen, handeln und fühlen Menschen mit Migrati-onshintergrund beispielsweise vielleicht „russisch“,in Schule und Beruf „deutsch“, im Sportverein pas-sen sie ihr Verhalten den dortigen Kommunika-tionsmustern an. Mühe- und nahtlos, automatischund unbewusst wird das Rollenverhalten angepasst,je nach Umgebung wird ein anderes, als passendempfundenes „Register gezogen“. InterkulturelleKommunikation bildet zwar den Schwerpunkt derBroschüre, da jedoch soziokulturelle Unterschiedeauch innerhalb der deutschen Bevölkerung existie-ren, finden Sie hier auch Hinweise zur Kommuni-kation im Allgemeinen.

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    5 Rahmenkonzeption, AWO Bundesverband e.V. 20046 Siehe hierzu auch folgenden Abschnitt: Die Sinus-Studie.

    Die Sinus-Studie

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

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    7 Zitiert nach: Sinus Sociovision, Zentrale Ergebnisse der Sinus-Studie über Migranten-Milieus in Deutschland, 9. 12. 2008. Den Textfinden Sie unter http://www.jum.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/show/1231460/ZentraleErgebnisse09.12.2008.pdf

    Der Begriff Sinus-Milieu stammt aus dem Marke-ting und beschreibt geographische, soziodemo-graphische, verhaltensbezogene und psycho-graphische Segmentierungsvariablen. Bei der Sinus-Migranten-Studie handelt es sich um einesozialwissenschaftliche Studie des Sinus-Insti-tuts. Die repräsentative Studie macht deutlich,dass Menschen mit Migrationshintergrund inDeutschland keine soziokulturell homogeneGruppe bilden. Vielmehr zeigt sich eine vielfäl-tige und differenzierte Milieulandschaft: So wur-den insgesamt acht Migranten-Milieus mit jeweils ganz unterschiedlichen Lebensauffassun-gen und Lebensweisen identifiziert, beschriebenund quantitativ bestätigt.

    Die Migranten-Milieus unterscheiden sich ehernach Wertvorstellungen, Lebensstilen und ästhe-

    tischen Vorlieben als nach ethnischer Herkunft.So verbindet Menschen des gleichen Milieus, aberunterschiedlichem Migrationshintergrund mehrmiteinander, als Menschen unterschiedlicher Milieus bei gleicher ethnischer Herkunft. Von derHerkunftskultur auf das Milieu zu schließen odervom Milieu auf die Herkunftskultur zu schließen,ist also nicht möglich. Die Ergebnisse der Unter-suchung zeigen, „dass es sich bei den inDeutschland lebenden Menschen mit Migra-tionshintergrund nicht um ein besonderes undschon gar nicht um ein einheitliches Segment inder Gesellschaft handelt. Die den verbreitetenNegativ-Klischees entsprechenden Teilgruppengibt es zwar, und sie sind im vorliegenden Migranten-Milieumodell auch lokalisierbar. Aberes sind sowohl soziodemografisch als auch soziokulturell marginale Randgruppen.“7

    Beratung ist Interaktion

    Überschuldete wissen beim Erstkontakt im Allge-meinen relativ wenig über den Ablauf der Beratung.Die erste Phase im Beratungsgeschehen kann deshalb als Verständigung über die Möglichkeitendes gemeinsamen Beratungsprozesses bezeichnetwerden. Was erwartet die Klientin/der Klient von derBeratung konkret? Wie kann das Ziel im Zusam-menspiel mit der/dem Ratsuchenden erreicht werden? Welche äußeren Faktoren beeinflussen dieBeratung? Besteht dringender Handlungsbedarfdurch eine anstehende Räumungsklage oder Pfän-dung etc.? Sind die Ratnehmenden mit dem Kon-zept vertraut, selbst aktiv zu werden und sind sie

    dazu in der Lage? Welche Erfahrungen hat die/derRatsuchende mit Beraterinnen und Beratern bishergemacht? Wie können Sie angemessen mit Klien-tinnen und Klienten mit Migrationshintergrundumgehen und deren kulturelle Besonderheiten be-achten, ohne sie dabei „in Schubladen“ zu stecken?Diese erste Phase in Beratungsgesprächen ist heikelund abbruchgefährdet, dies gilt insbesondere fürinterkulturelle Beratungsprozesse. Sinnvoll ist es,einen höheren Zeitaufwand in der Anfangsphaseder Beratung von Menschen mit Migrationshinter-grund einzuplanen.

    Beratungskonzepte sind gesellschaftlich geprägt

    Beratungsansätze sind kulturspezifisch, „Hilfe zurSelbsthilfe“ ist ein typisch deutsches Konzept, inanderen Gesellschaften kann unter Hilfe beispiels-weise das Teilen von Gütern oder das Bereitstellenvon Informationen und Handlungsanweisungen

    verstanden werden. Nicht nur die Persönlichkeit derRatsuchenden, auch Ihre Persönlichkeit hat Einflussauf die Kommunikation: Beraten Sie mütterlich/väterlich oder auf gleicher Augenhöhe? VerhaltenSie sich den Ratsuchenden gegenüber persönlich

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    zugewandt oder konzentrieren Sie sich eher darauf,das Sachproblem zu lösen? Welcher Beratungs-ansatz liegt zugrunde? Inwiefern ist Ihr Beratungs-ansatz welchen Klientinnen/Klienten gegenüberangemessen, sinnvoll, durchführbar und zielfüh-rend? In welchen Situationen führt Ihr Beratungs-verhalten (nicht) zu einer vertrauensvollen Zusam-menarbeit? Reflektieren Sie innerhalb Ihres Teamsdie jeweiligen Hilfe- und Beratungskonzepte undmachen Sie sich die Schwerpunkte der einzelnenMitarbeiter/innen bewusst, so können die mannig-fachen Kompetenzen passend eingesetzt werden.Erläutern Sie den Ratnehmenden Ihren Beratungs-ansatz und stellen Sie Einverständnis darüber her.Sollte eine Klientin/ein Klient nicht zur Beraterin/zum Berater passen, diskutieren Sie im Team, wer

    den Fall übernehmen kann, nicht jede/r passt zujedem.

    Die Beratungskonzepte mögen unterschiedlich sein,eines haben sie sicherlich gemeinsam: sie strebenein Vertrauensverhältnis zwischen Ratgeber/in undRatnehmer/in an, bzw. setzen dieses voraus. Wiejedoch kann Vertrauen hergestellt werden? Wäh-rend sich in Deutschland das Vertrauen vorwiegenddurch die Autorität und den guten Ruf einer Insti-tution oder durch eine entsprechende Ausbildungder Berater/innen herstellt und das persönliche Verhältnis eine eher untergeordnete Rolle spielt,beruht in anderen Gesellschaften das Vertrauen z. B.aufdenAufbaufreundschaftlicherBeziehungenoder auf der gemeinsamen Religionszugehörigkeit.

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    8 http://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Seiten-Modell

    Miteinander reden: Wie funktioniert Kommunikation?

    Ein Kommunikationsmodell

    Kommunizieren, Interagieren, Verstehen und Ver-ständigen sind die wichtigsten Formen der Bezie-hungsarbeit zwischen Beratenden und Ratsuchen-den. Kommunikation kann durch Nichtverstehen,Missverstehen oder Nichtakzeptieren von Mei-nungen und Haltungen scheitern – das gilt in der

    Kommunikation zwischen Angehörigen einer Ge-sellschaft ebenso wie für die interkulturelle Kom-munikation. Es sind einige Kommunikations-modelle bekannt, die jeweils von einem Sender (Sprecher/in) und einem Empfänger (Hörer/in) ausgehen. Das bekannteste Modell dürfte das Vier-Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun8

    sein:

    Diese Graphik stellte Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun freundlicherweise zur Verfügung.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Demzufolge wird „mit vier Schnäbeln“ gesprochen,jede Nachricht hat vier Aspekte: Ein Aspekt ist dieSelbstkundgabe, ein weiterer sagt etwas über dieBeziehung zwischen Sender/in und Empfänger/inaus, die Nachricht enthält drittens einen Appell undviertens einen Sachinhalt. Ein Beispiel: Eine Bera-terin fragt ihren Klienten: „Haben Sie schon denTermin mit der Hausverwaltung gemacht?“ Die Beraterin sagt, bei entsprechender Intonation, übersich aus, dass sie meint, die Terminabsprache hät-te längst erledigt werden müssen. Die Beziehungs-seite der Nachricht könnte sein: „Ohne Nachfragepassiert nichts, dem Klienten muss man alles mehr-fach sagen.“ Die Appellseite lautet: „Machen Siejetzt schnell einen Termin bei der Hausverwaltung.“Wenn man die Sachebene anschaut, wird hier dieFrage gestellt: „Haben Sie einen Termin mit derHausverwaltung vereinbart?“

    Der Empfänger seinerseits hört die Aussage „mit vierOhren“, und dabei passiert es oft, dass die Nach-richt nicht korrekt dekodiert wird, also falsch „ankommt“. Es spielt auch eine Rolle, welche Ebe-ne für den Klienten wichtig ist, mit welchem der vierOhren er hört: Filtert er Nachrichten in erster Linienach den Aussagen über die Selbstkundgabe, rea-giert er vielleicht mit: „Sie sind aber ungeduldig!“,wenn er bei der Aussage auf die Beziehungsseitehorcht, so könnte er mit „Sie müssen mir nicht alles wie einem Kind sagen!“ reagieren. Geht erschwerpunktmäßig auf die Appellseite ein, wäre dieAntwort: „Ja, mach’ ich noch heute.“, und auf derSachebene könnte er antworten: „Ja, wir haben unsfür nächste Woche Dienstag verabredet.“

    Beziehen Sie sich innerhalb der Kommunikationimmer auf die Sachebene und versuchen Sie, dieseherauszufiltern – steigen Sie auf die anderen Aspekte einer Aussage nicht ein. Durch Nachfragenwie „Habe ich Sie richtig verstanden? Sie möch-ten/meinen/sagen …?“ führen Sie den Klienten ggf.auf die Sachebene zurück. Bleiben Sie höflich,freundlich, zugewandt und wertschätzend, selbstwenn Sie sich über einen Gesprächsbeitrag ärgernsollten.

    Verständigung trotz unterschied-licher Sprachkenntnisse

    Beratungsprozesse werden zusätzlich verkompli-ziert, wenn die Beratung nicht in der Mutterspra-che9 der Ratgebenden/Ratsuchenden durchgeführtwerden kann. Wie steht es mit den Deutschkennt-nissen von Migrantinnen und Migranten? Neuzu-wanderer/innen sind verpflichtet, an einem Inte-grationskurs teilzunehmen. Auch Migrantinnen undMigranten, die vor 2005 eine Aufenthaltsgenehmi-gung erhalten haben, können zur Teilnahme ver-pflichtet werden.10 Der Integrationskurs umfasst 600Unterrichtseinheiten Deutsch als Zweitsprache11

    (900 UE für lernungewohnte Teilnehmer/innen undfür solche, die vorab nicht in lateinischer Schrift alphabetisiert wurden) und schließt mit dem 60Unterrichtseinheiten umfassenden Orientierungs-kurs ab, in dem Landeskunde, das politische undsoziale System Deutschlands sowie Geschichte undkulturelle Kommunikation im Mittelpunkt stehen.Am Ende des Sprachkurses steht der Deutschtest fürZuwanderer, auch der Orientierungskurs wird durcheinen Test abgeschlossen. Das Ziel des Sprachkur-ses ist die Kompetenzstufe B1 nach dem Gemein-samen Europäischen Referenzrahmen; mindestensjedoch sollte die Kompetenzstufe A2 erreicht wer-den. Was bedeuten diese Kompetenzstufen?

    Kann-Bestimmungen des GER12

    Elementare SprachverwendungA1: kann vertraute, alltägliche Ausdrücke undganz einfache Sätze verstehen, sich vorstellenund auf einfache Art verständigen.A2: kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrückeverstehen, wie z. B. Informationen zur Personund Familie, Einkaufen, Arbeit und mit einfachensprachlichen Mitteln über diese Themen Auskunftgeben.

    Selbständige SprachverwendungB1: kann die Hauptpunkte bei Erzählungen, Gesprächen und Vorträgen verstehen, wenn klareStandardsprache gesprochen wird und es sich umvertraute und aktuelle Informationen handelt.

    12

    9 Auch Erstsprache genannt, im Englischen bezeichnet man Muttersprachler/innen treffender als „native speaker“10 Einzelheiten: http://www.tagesschau.de/inland/integrationskurs100.html und vor allem unter http://www.bamf.de 11 Deutsch als Zweitsprache ist die offizielle Bezeichnung, auch wenn Lerner/innen mehrere Sprachen gelernt haben.12 Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    B2: Kann Redebeiträge und Vorträge auch beikomplexer Argumentation verstehen, wenn dasThema bekannt ist. Versteht bei anspruchsvol-leren Radio- oder Fernsehbeiträgen die wesent-lichen Informationen.

    Kompetente SprachverwendungC1: Kann sprachlich und inhaltlich komplexenVorlesungen, Reden und Berichten folgen, selbstwenn nicht Standardsprache gesprochen wird.C2: Beschreibt Kompetenzen, wie sie ein „nativespeaker“ hat.

    Detaillierte Kompetenzbeschreibungen mit denLernzielen Hören, Lesen, An Gesprächen teilneh-men, Zusammenhängend sprechen und Schrei-ben finden Sie unter http://www.b.shuttle.de/b/vhs-schoeneberg/vhs-sprachen/stufen.htm,klicken Sie dann auf Lernziele und die entspre-chende Niveaustufe. Eine gute Darstellung fin-den Sie auch unter http://www.gilde-verlag.de/DE/Verlagsprogramm/GER/index.php

    Nach dem Erreichen der Kompetenzstufe A2/B1können Lerner/innen private Mitteilungen verfas-sen und in einfacher Sprache auch beispielsweiseMietsachen klären, mit juristischer Sprache jedochsind sie überfordert.

    Fragen Sie bei Ratsuchenden mit Migrationshinter-grund nach, über welches Sprachniveau sie verfü-gen, die meisten können darüber Auskunft geben.Ausländer/innen13, die schon seit vielen Jahren hierleben, verfügen über einen größeren Wortschatz alsdiejenigen, die erst seit einem Jahr Deutsch lernen,grammatikalische Kenntnisse entwickeln sich nichtimmer parallel mit dem Wortschatz, so werden beispielsweise Passiv oder Konjunktiv I oft nichtverstanden.

    Bei Ratsuchenden mit Englischkenntnissen oder Angehörigen der romanischen Sprachfamilie (Spanisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch,Rumänisch) können Sie auf Internationalismen zurückgreifen. Ansonsten können Sie Begriffe miteinfachen Wörtern umschreiben, oft geht das aller-dings auf Kosten der Genauigkeit; sollte das Bera-tungsgespräch an Sprachkenntnissen zu scheitern

    drohen, sollte ein Dolmetscher hinzugezogen oderan Stellen verwiesen werden, die in der Erstspracheoder Muttersprache beraten können. Kinder sind alsDolmetscher nicht geeignet! Zum einen werden siedurch die Thematik psychisch stark belastet, zumanderen verfügen sie nicht über den entsprechen-den Wortschatz. Auch Verwandte oder Bekanntesind nicht immer eine Hilfe, denn auch hier fehlenhäufig die Sprachkenntnisse, Fachtermini korrekt zuübersetzen und es könnte überdies den Schuldne-rinnen/Schuldnern unangenehm sein, ihre Verhält-nisse offen diskutiert zu finden. Am besten eignensich professionelle Dolmetscher/innen oder auchKulturdolmetscher/innen, ggf. können auch Kolle-ginnen oder Kollegen der Beratungsstelle überset-zen.14

    Um Kontinuität in der Beratung zu gewährleisten,machen Sie sich Notizen zum Sprachstand und zuvorhandenen Kommunikationshemmnissen, so istIhre Kollegin/Ihr Kollege auch im Bilde, falls einWechsel stattfindet.

    Einfaches Deutsch – leicht gemacht!

    Praxistipps zur sprachlichen Kommunikation:

    Formulieren Sie kurze, klare Aussagesätze undFragen:

    „Gern würde ich heute mit Ihnen dennächsten Termin abstimmen, es wäre schön,wenn es Ihnen am Dienstag kommenderWoche um halb drei passen würde.“„Machen wir einen neuen Termin: Passt Ihnen Dienstag, der 26. Februar, 14 Uhr 30?“

    Bevorzugen Sie Aktiv anstatt Passiv:„Unterstützung wird angeboten und Infor-mationen werden bereitgestellt.“ „Wir helfen Ihnen und wir informieren Sie.“

    Sprechen Sie einfach:„Wo haben Sie denn noch offene Rechnungen– also, was ich fragen wollte, liegen aus-schließlich Mietrückstände vor oder sitzen Ihnen noch andere Gläubiger im Nacken?“„Bei wem haben Sie Schulden?“

    13

    13 s. Fußnote 1 zu „Menschen mit Migrationshintergrund“14 Dies sollte aber nicht zu einer Doppelbelastung führen, es sollte einen Austausch geben: Beispielsweise dolmetscht Kollege A

    gelegentlich für Kollegin B, dafür unterstützt Kollegin B Kollegen A bei einer anderen Arbeit – so entsteht ein internes Netzwerkan Kompetenzen.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Sprechen Sie Standardsprache, sprechen Siedeutlich und langsam. Verzichten Sie auf indi-rekte Anspielungen, Ironie und Humor – oftkommt das missverständlich an. Vergewissern Siesich durch Nachfragen, ob Sie verstanden wur-den. Drücken Sie sich sprachlich einfach unddennoch korrekt aus. Stellen Sie sich bewusst aufden Kontakt mit Menschen ein, die Deutsch nichtvon Kindesbeinen an erlernt haben.

    Erstellen Sie im Team sprachlich leicht verständ-liche Informationen zu Themen, die immer wie-der vorkommen oder lassen Sie diese erarbeiten.Nutzen Sie dazu die alphabetischen Wortlistenmit dem Wortschatz, den Deutschlerner/innennach 600 UE kennen sollten.15 Auch Klientinnenund Klienten mit der Erstsprache Deutsch wer-den die Broschüren gern nutzen. Legen Sie Informationsbroschüren (sofern vorhanden) mitden wichtigsten rechtlichen Inhalten in den ammeisten verbreiteten Fremdsprachen aus oderplanen Sie deren Erstellung.

    Nonverbale Kommunikation

    Kommunikation findet nicht nur auf sprachlicherEbene statt. Körpersprache sowie Gestik und Mimikspielen eine bedeutsame Rolle, hinzu kommen Intonation und die Auffassung davon, was aktivesZuhören bedeutet. Während in einem Gesprächzwischen Deutschen vor jedem Rednerwechsel einekleine Pause festzustellen ist, ist diese bei Finnenwesentlich länger, wohingegen bei Italienern sichBeiträge der verschiedenen Redner/innen oft überlappen. Es gilt zwischen Deutschen als unhöf-lich, die Gesprächspartnerin/den Gesprächspartnerzu unterbrechen; aufmerksames, interessiertes Zuhören äußert sich in Kopfnicken oder einem gelegentlich eingeflochtenen „ah!“ oder „hm“ etc.In anderen Gesellschaften wird Aufmerksamkeitwortreicher gezollt und es wird als Desinteresse ge-wertet, wenn jemand schweigend zuhört. Auch dieLautstärke, die als angemessen empfunden wird,

    variiert – so können Sie beobachten, dass bei-spielsweise Japaner/innen tendenziell leiser spre-chen und weniger Gestik und Mimik einsetzen alsDeutsche, wohingegen sich Menschen aus dem ara-bischen Kulturraum mehrheitlich lauter äußern undihren Gesprächsbeitrag mit mehr Gesten begleiten.Wie lange ein höflicher Blickkontakt dauert, bzw.ob man sich überhaupt in die Augen schaut, ist eine gesellschaftliche Vereinbarung, jede/r hat einfeines Gespür dafür, wie lange ein „Augenblick“dauern sollte.

    Kommunikation ist ein fortwährender Prozess, indem sich alle Beteiligten laufend vergewissern, ob die Kommunikation erfolgreich ist. Es gibt keineAnleitung, die auf alle passt. Gehen Sie mit irritie-renden Situationen im Beratungsgespräch reflek-tierend und offen um: Haben Sie das Gefühl, dieoder der Ratsuchende reagiert merkwürdig oder esstimmt etwas in der Kommunikation nicht, dannsprechen Sie über das Erlebte im Kollegenkreis, beieiner Supervision oder mit Menschen, die einenähnlichen Migrationshintergrund haben. SprechenSie vor allem auch mit Ihren Klientinnen und Klien-ten in der Situation darüber und teilen Sie IhreWahrnehmung als Ich-Botschaft mit, zum Beispiel:„Ich habe das Gefühl, Sie ärgern sich, ist das rich-tig?“ Gehen Sie offen und positiv auf Ihre Klientin-nen und Klienten mit dem Bewusstsein zu, dass Siebeide Lernende innerhalb der interkulturellen Kom-munikation sind. Machen Sie sich Notizen, tragenSie Informationen über die Gesellschaften zusam-men, mit denen Sie des Öfteren zu tun haben, zumBeispiel aus Zeitungsartikeln, Fernsehsendungen,aus Gesprächen und Ihren Beobachtungen an öffentlichen Plätzen. Schauen Sie sich Fernseh-diskussionen in der Sprache der Ratsuchenden an, um unterschiedliche Konzepte der Kommuni-kation wahrzunehmen. Aufgrund der individuellenAusprägung soziokultureller Orientierung kann keine zuverlässige Aussage getroffen werden, inwieweit Menschen mit Migrationshintergrund ihrGesprächsverhalten angepasst haben, das könnenSie nur im persönlichen Kontakt herausfinden.

    14

    15 Eine Liste finden Sie z. B. unter http://www.goethe.de/lhr/pro/daz/dfz/dtz_Wortliste.pdf

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Interkultureller Dialog

    15

    ererbt und erlernt

    erlernt

    vererbt

    Individuum

    Kultur

    Natur

    Eine/r

    Einige

    Alle

    Ein Kulturmodell: Die Kulturpyramide

    Nicht alles, was als schwierig in der interkulturellenKommunikation empfunden wird, ist unter demThema „Kultur“ abzubuchen. Was ist in diesem Zusammenhang eigentlich unter dem Begriff Kulturzu verstehen?

    Die untere Ebene zeigt, was allen Menschen gemeinsam, was genetisch bedingt ist: So habendie meisten Menschen zwei Füße, zwei Hände, eine Nase, sie verspüren Hunger, Durst, etc. DieseEbene kann nicht verändert werden. Die darüberliegende Ebene „Kultur“ verweist auf das soziokul-turelle System, in dem man aufgewachsen ist. Abernicht alles, was einen Menschen ausmacht, ist„Kultur“ – hinzu kommt die individuelle Ebene, das„Ich“, hier sind alle Eigenschaften versammelt, diejeden Menschen einzigartig machen. Zum Beispielist allen gemein, ihren Hunger stillen zu müssen.Die Interpretation jedoch, wann, was und wie gegessen wird, variiert von Gruppe zu Gruppe erheblich. Hinzu kommen individuell ausgeprägteVorlieben oder Abneigungen. Der Begriff „Kultur“ist hier keinesfalls mit Herkunftsland oder Staats-angehörigkeit gleichzusetzen. Innerhalb eines Lan-des bestehen parallel verschiedene Verhaltensre-geln darüber, „wie man es normalerweise macht“.So finden sich in Unternehmen, Vereinen, Freun-deskreisen etc. Regeln, die im Umgang mitein-ander innerhalb dieser Gruppe gültig sind. Regelnverändern sich im Laufe der Zeit fließend, sie sindnicht stabil, sondern werden den Lebensgegeben-heiten angepasst.

    Wegweiser und Stolperstein: Stereotype

    Ratgeber/innen und Ratnehmer/innen haben sichim Laufe ihrer Sozialisation gleichermaßen Stereo-type angeeignet, die dazu dienen, die Welt zu kategorisieren und die Flut der Sinneseindrückeverarbeiten zu können. Wenn vor Ihrem Büro einMann steht, der Sie fragend anschaut, gehen Siedavon aus, dass er zu Ihnen möchte, wohingegenSie die Frau mit weißem Overall und offenem Farb-eimer nicht als Klientin sehen. Dieses „Vor-Urteil“ist für die erste Orientierung nützlich, Stereotypekönnen aber zum Problem werden, wenn sie Hin-tergründe nicht berücksichtigen, sich verfestigenund nicht korrekturfähig sind. Auch bei der Erfor-schung der Ursachen für die Überschuldung vonRatsuchenden kann es leicht zu Fehleinschätzun-gen kommen, wenn nicht differenziert nachgefragtwird; in der interkulturellen Kommunikation istdieses Risiko größer, weil die durch gesellschaftlichunterschiedliche Sozialisation erworbenen Hand-lungsmuster die Kommunikation zusätzlich er-schweren. Der Umgang mit Geld und Schulden kannim jeweiligen Sozialraum unterschiedlich gehand-habt werden. Dies zu erforschen und zu erkennenist wichtig, damit Sie im Beratungsprozess gemein-sam mit den Ratnehmerinnen und Ratnehmern einen adäquaten Lösungsweg erarbeiten können.

    Stereotype sind stark generalisierte, vereinfach-te Beschreibungen, die sich auch über längereZeiträume kaum ändern. Stereotype sind Be-standteile einer jeden Gesellschaft und werdenvon Generation zu Generation weitergegeben.Unter Autostereotypen versteht man (meistenspositive) Zuschreibungen, die eine Gesellschaftüber sich selber vornimmt, um ein Zusammen-gehörigkeitsgefühl herzustellen, wohingegen Heterostereotypen (Aussagen über andere) aufAbgrenzung von den anderen zielen. In den Medien finden Sie viele wiederkehrende Stereo-type, so sind z. B. Berichte über Muslimas inDeutschland sehr oft von Fotos begleitet, auf denen eine Frau mit Kopftuch zu sehen ist.

    Niemand ist frei von Stereotypen, weder Bera-ter/innen noch Klientinnen/Klienten. Machen Siesich Ihre Stereotype bewusst und bleiben Sie im Gespräch aufgeschlossen für den Menschen,der mit Ihnen an einem Tisch sitzt. Versuchen Sie,

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Ihre persönliche Betroffenheit zu kontrollieren,falls Ratsucher/innen Sie mit stereotypen Bemer-kungen über Ihre Gesellschaft konfrontieren.

    Wahrnehmung und (Fehl-)Interpretation: Zuschreibungsprozesse

    Die menschlichen Sinne können die Gesamtheit derobjektiven Wirklichkeit nicht vollständig aufneh-men. Einströmende Sinnesreize werden gefiltertund mit bisherigen Erfahrungen abgeglichen, ein-geordnet und bewertet. Wahrnehmung ist ein aktiver, komplexer Vorgang: Wenn in einem Filmdie Schauspielerin auf eine Treppe zugeht und inder nächsten Einstellung an eine Tür klopft, setzenwir voraus, dass sie nach oben gegangen ist – wirhaben also zum Gezeigten etwas hinzugefügt unddie Bildfolge interpretiert. Dieser Prozess geht blitz-schnell und weitestgehend unreflektiert vor sich.Wenn Sie Hunger haben, überlagert der Duft frischen Brotes alle anderen Wahrnehmungen –sind Sie satt, nehmen Sie den Duft kaum wahr, obwohl er in der Luft liegt.

    Im interkulturellen Kontext spielen Wahrnehmungund die damit verbundenen Zuschreibungspro-zesse eine wichtige Rolle. Wir neigen dazu, für alles,

    was wir beobachten, eine Erklärung zu suchen, umuns in unserem sozialen Umfeld zu orientieren. Wirsuchen fortlaufend nach Begründungen für Verhal-ten, entweder eine personale Begründung (Charak-ter, psychische oder physische Merkmale) oder einesituative (äußere Umstände), um unser weiteres Verhalten danach ausrichten zu können.

    Nehmen wir an, eine Klientin bringt die verab-redeten Unterlagen nicht mit. Die/der Beratende interpretiert (unausgesprochen) personal: „Sie sindsehr vergesslich! Interessieren Sie sich nicht für dieRegulierung Ihrer Schulden?“ Die Klientin reagiertdaraufhin verschlossen oder ungehalten, denn siefühlt sich missverstanden und angegriffen. Fragt derBerater jedoch sachlich: „Warum haben Sie die Unterlagen nicht dabei?“ antwortet die Klientinvielleicht mit einer situativen Erklärung: „Der Kopierer war defekt.“

    Beobachten, Hinterfragen und Ursachenerklärungfinden stetig und in Sekundenbruchteilen statt. Ins-besondere in der interkulturellen Kommunikationist es schwer, das Verhalten anderer korrekt zu interpretieren. Üben Sie, Wahrnehmung und Zuschreibung zu entkoppeln. Vermeiden Sie, dasVerhalten anderer umgehend zu be- oder verurtei-len. Fragen Sie die Klientin/den Klienten nach denGründen und nehmen Sie die Begründungen wert-schätzend zur Kenntnis.

    16

    16 1914-2009

    Ein Modell zur Erklärung unterschiedlicher Verhaltens-weisen: Kulturdimensionen

    Einführung in die Kulturgrammatik

    Im Prozess der gesellschaftlichen Organisation bilden sich in unterschiedlichen Gesellschaften verschiedene Wertesysteme heraus, die wir von Kindheit an verinnerlichen. Das Konzept der Kul-turgrammatik stammt von dem Ethnologen EdwardT. Hall16; wenn Verhalten innerhalb einer Gesell-schaft erlernt werde, dann müsse es auch lehrbarsein, so seine These. Ebenso, wie eine Fremdspra-

    che erlernbar sei, müsse auch Verhalten erlernbarsein, sofern es sich um Kategorien handelt, die variabel sind und einen Vergleich zu Verhaltens-weisen innerhalb der eigenen Gesellschaft erlau-ben. Es geht hierbei um universelle Bereiche desmenschlichen Lebens, also um Bereiche, die inner-halb jeder denkbaren menschlichen Gesellschaftgeregelt werden. Traditionelle wie moderne Gesell-schaften sind mit den gleichen Grundfragen desmenschlichen Daseins konfrontiert (sogenannten

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Universalien17).18 Einige davon sind für die inter-kulturelle Kommunikation in Beratungsprozesseninteressant, um darzustellen, welche möglichenFormen des Verhaltens dazu existieren. Es werdenjeweils die (extremen) Außenpositionen dargestellt,beachten Sie bitte, dass zwischen den Polen nochviele andere Verhaltensweisen Platz finden. Darüberhinaus gibt es gesellschaftliche Übereinkünfte, wiein offiziellen oder privaten Situationen gehandeltwerden sollte, um nicht anzuecken. So funktioniertinnerhalb einer geschlossenen Gesellschaft das Sys-tem fast reibungslos und wird als Norm unhinter-fragt hingenommen, zu Konflikten kommt es erstim Kontakt mit Angehörigen einer anderen Gesell-schaft. Ein Verstoß gegen die verinnerlichten Nor-men und Regeln kann sehr starke emotionale Reaktionen hervorrufen. Eine Bewertung findethier, wie bei einem Vergleich zwischen Sprachen,nicht statt: Estnisch ist nicht besser als Rätoroma-nisch, es ist nur anders und je nachdem, ob mansich gerade in Zuoz oder in Tallin befindet, dient Rätoromanisch oder Estnisch als das perfekte Kom-munikationsmittel. Teilnehmer/innen an Integrati-onskursen haben neben Deutschkenntnissen auchWissen über die deutsche Gesellschaft erworben, imKurs und durch den gelebten Alltag. Selbstver-ständlich gibt es hier unterschiedliche Stufen derAnpassung: Es gibt Migrantinnen und Migranten,die sich fast mühelos in zwei oder mehr Gesell-schaften bewegen können, anderen hingegen fälltdieses schwer. Es hängt oft mit der Gesamtsitua-

    tion zusammen, in der sie leben. Fühlen sie sichwillkommen? Sind sie aus eigenem Wunsch hieroder „zwangsweise“? Sind es eher offene Men-schen, die selbstsicher genug sind, sich auf andereseinzulassen etc.

    Schauen wir uns einmal die Dimension „Zeit“ an: Esbestehen vielfältige Konzepte, wie mit dem Thema„Zeit“ umgegangen wird. Beim Antritt einer Flug-reise pünktlich zu sein, bedeutet international ca. 60 bis 120 Minuten vor dem geplanten Abflugam Abflugschalter einzutreffen. Die Variation des-sen, was Pünktlichkeit in anderen Lebensbereichenangeht, wird jedoch von Gesellschaft zu Gesellschaftanders ausgehandelt und hängt von vielen Fakto-ren ab. Hat man sich für 18 Uhr an einem lauenSommerabend in einem Biergarten mit Freundenverabredet, wird es die Mehrheit der Deutschen akzeptabel finden, wenn man bis zu ca. 15 Minu-ten später eintrifft; trifft jemand bis zu ca. 5 Minu-ten später ein, wird keine Erklärung oder Entschul-digung erwartet, bei 15 Minuten sieht das schonanders aus – eine Bemerkung, die darauf abzielt,den Wartenden zu zeigen, dass man weiß, nichtpünktlich gewesen zu sein, wird als angemessenempfunden. Im Alltag werden diese Dinge über-haupt nicht reflektiert und innerhalb der eigenenGesellschaft ist ein feines Gespür dafür vorhanden,was „normal“ ist, dies trifft auch auf andere Aspek-te der Kulturgrammatik zu.

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    17 Eine Liste der Universalien finden Sie unter http://zeus.zeit.de/zeit-wissen/2009/06/universalienlisten.pdf 18 Die Darstellung der Kulturgrammatik und -dimensionen erfolgt in Anlehnung an Juliana Roth, Christoph Köck

    (Hg.): Interkulturelle Kompetenz; Stuttgart und Mun̈chen 2011.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Menschen mit monochronem Zeitverständnis haltenMenschen mit polychronem Zeitverständnis für unzuverlässig; andersherum halten Menschen mitpolychronem Zeitverständnis Menschen mit mono-chronem Zeitverständnis für unflexibel.

    Stellen Sie sich darauf ein, dass Ihr Zeitverständnisnicht das aller ist. Um Konflikte zu vermeiden, machen Sie bei der Terminvergabe deutlich, dassgenau dieses Zeitfenster für die Beratung zur Ver-fügung steht und der Termin ggf. verfällt. Eine andere, weniger restriktive Möglichkeit: Bieten Sieflexiblere Zeiten an und planen Sie bewusst Leer-zeiten ein, die Sie kurzfristig vergeben können.

    18

    Kulturdimension „Zeitverständnis“

    In einigen Gesellschaften spielt die Vergangenheit eine wichtige Rolle, so werden z. B. Traditionen befolgtund positiv bewertet; andere Gesellschaften sind stärker auf die Gegenwart ausgerichtet, Kurzzeitzieleund ein schneller Erfolg sind wichtig; andere planen zukunftsbezogen, also langfristig. Stammt die Bera-terin/der Berater aus einer zukunftsorientierten Gesellschaft und die/der Ratnehmende aus einer gegen-wartsorientierten, kann das zu Frustrationen auf beiden Seiten führen: Die Ratnehmerin/der Ratnehmerbemüht sich um eine nachhaltige Lösung, während die Ratnehmerin/der Ratnehmer den Wunsch hat,jetzt gleich die Situation zu verändern.

    Welche Auffassungen bestehen in Hinblick auf das Thema Zeit? Wie ist der Umgang damit?

    Monochrones Zeitverständnis Polychrones Zeitverständnis

    Eine Aufgabe wird nach der anderen erledigt,Gründlichkeit zählt.

    Mehrere Dinge werden gleichzeitig getan. Improvisation ist wichtig.

    Zeitpläne sind verbindlich, Pünktlichkeit ist einhohes Ideal.

    Zeitliche Vereinbarungen gelten als Orientierungsrahmen.

    Termine und Verabredungen sind verbindlichund werden langfristig geplant.

    Termine und Verabredungen werden flexibelgehandhabt.

    Die Zeit beherrscht die Menschen und ist einknappes Gut: Zeit muss effektiv genutzt werden. Man kommt schnell zur Sache.

    Die Menschen beherrschen die Zeit, man kannsich Zeit nehmen. Man kommt nicht sofort zurSache.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Kulturdimension „Macht und Hierarchie“

    Wie gehen Menschen mit der ungleichen Verteilung von Macht (Einfluss) innerhalb einer Gesellschaft um?

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    Eine Ratsuchende aus einem Land mit tendenziellhoher Machtdistanz könnte einen Berater, der dieBeratung leger in Jeans und T-Shirt durchführt, kritisch beäugen und ggf. dessen Kompetenz an-zweifeln.

    Ein Klient hält sich mit Kritik zurück, obwohl esschwerwiegende Gründe gibt, warum ein vorge-schlagener Lösungsweg nicht sinnvoll ist.

    In der Anfangsphase der Beratung sollten Sie kurzIhre Erfahrung mit dem Thema und Ihren Werde-gang schildern. Fragen Sie bei Lösungsvorschlägennach, ob diese zur Klientin/zum Klienten passenund durchführbar sind. Sprechen Sie mit den Klien-tinnen/Klienten über deren Erwartungen an die Beratung, verdeutlichen Sie Ihren Beratungsansatzund stellen Sie Rollentransparenz her: Sie handelnstets als qualifizierte Fachkraft.

    Geringe Machtdistanz Hohe Machtdistanz

    Ungleiche Machtverteilung wird nicht betont:Besprechungen finden an einem runden Tischstatt.

    Ungleiche Machtverteilung wird betont. Bei Besprechungen gibt es eine hierarchische Sitzverteilung.

    Privilegien und Statussymbole werden nichtbetont, aufgrund der Kleidung kann oft nichtbestimmt werden, welche Position jemand innehat. Titel und Status beeinflussen kaumden Umgang miteinander.Die Verantwortung einer Vorgesetzten/einesVorgesetzten existiert lediglich in Bezug auf Arbeitszusammenhänge und dehnt sich nichtauf den privaten Bereich aus.

    Privilegien und Statussymbole werden offengezeigt, Höherstehende sind ihrer Position entsprechend besser gekleidet. Status und Titel dienen der gesellschaftlichenEinordnung.Die Vorgesetzte/der Vorgesetzte ist sich seinerVerantwortung für die Mitarbeiter/innen auchüber die Arbeitssituation hinaus bewusst.

    Vorgesetzte dürfen kritisiert werden. Kritik an Vorgesetzten ist nicht erwünscht.

    Kinder lernen, ihre eigene Meinung zu äußernund diskutieren mit Eltern, Lehrern, Professoren.

    Kinder sollen die Autoritätspersonen respektieren und nicht durch Diskussionen deren Autorität infrage stellen.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Kulturdimension „Geschlechterrollen“

    Wie sieht die Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen aus? Gibt es bestimmte Aufgaben, die tendenziell von einem Geschlecht übernommen werden? Wie steht es mit der Akzeptanz von Frauen inFührungspositionen?

    20

    Eine Beraterin könnte von Ratsuchenden abgelehntwerden, weil sie eine Frau ist. Werden Lösungs-wege aufgezeigt, die nicht dem Rollenbild derKlientin/des Klienten entsprechen, kann es zu Ablehnung kommen.

    Falls eine Beraterin nicht akzeptiert wird, kann entweder ein Berater eingesetzt werden oder Siekönnen die Ratsuchenden an eine andere Stelleverweisen. Wenn Sie starken Widerstand bei Vor-schlägen verspüren, die ggf. das Rollenbild betref-fen, sprechen Sie Ihre Wahrnehmung an, suchen Siegemeinsam nach anderen Möglichkeiten.

    Geringe Unterschiede in den Geschlechterrollen Große Unterschiede in den Geschlechterrollen

    Die Gleichwertigkeit von Frau und Mann wirdangestrebt, Frauen und Männer haben formaldie gleichen persönlichen, sozialen, politischenund gesetzlichen Rechte.

    Die Ungleichwertigkeit zwischen Frau und Mannwird als gegeben angenommen; Frauen undMänner haben formal unterschiedliche persön-liche, soziale, politische und gesetzliche Rechte.

    Männlichkeit oder Weiblichkeit werden in derKleidung und im Äußeren nicht sehr betont.

    Männlichkeit oder Weiblichkeit wird betont,beispielsweise durch Kleidung.

    Berufliche Karriere ist für beide Geschlechtermöglich, alle Berufe stehen Frauen wie Männern offen.

    Berufliche Karriere ist für Männer vorgesehen,für Frauen weniger. Es gibt Berufe, die für Männer oder Frauen als unpassend gesehenwerden.

    Haushaltsarbeit und Kindererziehung werdenvon Frauen und Männern geleistet.

    Haushaltsarbeit und Kindererziehung sindFrauensache, für das finanzielle Einkommen zusorgen Männersache.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Kulturdimension „Kontext“

    Welche Art der Kommunikation wird bevorzugt, die direkte oder indirekte Vermittlung von Botschaften?

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    Der in Deutschland bevorzugte direkte Kommuni-kationsstil wird von vielen anderen Gesellschaftenals „zu direkt“ wahrgenommen, Angehörige ande-rer Gesellschaften haben das Gefühl, sie werden fürunwissend gehalten und reagieren entsprechendmit Ablehnung. Deutsche fühlen sich mit dem indi-rekten Kommunikationsstil unwohl, sie können indirekte Botschaften nur schwer entschlüsseln, dasführt zu Unsicherheiten.

    Finden Sie im Gespräch heraus, welche Vorkennt-nisse bei Ratsuchenden vorhanden sind. Fragen Sienach, wenn Sie indirekte Anspielungen vermuten,aber nicht dekodieren können. Bitten Sie die Rat-suchenden, direkt zu kommunizieren und stellenSie klar, dass eine Sachkritik nicht eine Kritik an derPerson darstellt – Ihre wertschätzende Einstellungzu Ihrem Gegenüber wird im Allgemeinen wahrge-nommen.

    Schwacher Kontext Dichter Kontext

    Direkter Kommunikationsstil wird bevorzugt,man kommuniziert „klipp und klar“, vermitteltInformationen und setzt Vorkenntnisse nichtvoraus.

    Indirekter Kommunikationsstil wird bevorzugt,man kommuniziert „durch die Blume“, es werden Anspielungen gemacht und Vorkennt-nisse des Kontextes werden vorausgesetzt.

    Dinge werden ausgesprochen, nonverbaleKommunikation spielt eine geringere Rolle.

    Dinge werden angedeutet, die nonverbaleKommunikation spielt eine wichtige Rolle.

    Sache und Person werden getrennt: So kannman die Sache kritisieren, ohne dass die Personsich kritisiert fühlen muss.

    Sache und Person werden eher nicht getrennt:Wird die Sache kritisiert, wird das auch als Kritikan der Person verstanden.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Kulturdimension „Individualismus versus Kollektivismus“

    Stehen Gruppeninteressen oder die Interessen der Einzelnen im Vordergrund? Ist es in Ordnung, andererMeinung zu sein, also eigene Wege zu gehen?

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    19 Zu dolmetschenden Kindern und Verwandten s. a. im Abschnitt: Verständigung trotz unterschiedlicher Sprachkenntnisse

    In dieser Kulturdimension steckt eine MengeSprengstoff! Stammt die Beraterin aus einer indivi-duell ausgerichteten Gesellschaft und berät einenAngehörigen einer kollektiv ausgerichteten, kann eszu folgenden Missverständnissen kommen: Wäh-rend die Beraterin die Unabhängigkeit und den eigenen Anteil an Erfolg betont, geht der Ratnehmerdavon aus, dass Erfolg nur dadurch erreicht wird,dass es einen Gruppen- und Familienzusammen-halt gibt, der z. B. auch beinhalten kann, der klei-nen Schwester während des Studiums finanziell unter die Arme zu greifen oder die Arztrechnungenund Medikamente der im Herkunftsland lebendenVerwandten zu begleichen. Das Sozial- und Gesundheitssystem in Deutschland gilt im Auslandals vorbildlich und in anderen Ländern fallen staatliche Hilfen, die Renten- und Gesundheitsleis-tungen im Vergleich zu Deutschland wesentlich magerer aus. Auch dadurch ist es notwendig, sichinnerhalb von Familienverbänden gegenseitig stär-ker in Zeiten der Not zu unterstützen. Für viele ist esundenkbar, diese Hilfeleistungen einzustellen, dasie ihrerseits auch Unterstützung erfahren haben:

    bei der Familiengründung, in Zeiten von Krankheitoder während der Ausbildung; sie können sich die-ser Verpflichtung nicht einfach entziehen.

    Ein weiterer Konflikt ergibt sich aus der Erwartungder Beraterin, der Ratsuchende werde zu bestimm-ten Aspekten seine persönliche Meinung äußern.Das ist in kollektiv orientierten Gesellschaften eherunüblich, Anpassung wird höher bewertet, damitdas harmonische Gruppengefüge erhalten bleibt.Auf Menschen von eher individuell orientierten Gesellschaften kann das so wirken, als habe der An-dere keine eigene Meinung oder als sei ihm allesegal.

    Auch, was die Privatsphäre betrifft, gibt es unter-schiedliche Einstellungen: In der bundesdeutschenGesellschaft wissen Familienmitglieder unterein-ander oft nicht über die finanzielle Situation deranderen Bescheid – Geld ist ein Tabuthema – innerhalb anderer Gesellschaften sieht das vielleichtanders aus, und ggf. wird eine Verwandte zum Dolmetschen mitgebracht.19

    Individualismus Kollektivismus

    Die Würde und die Unabhängigkeit des Einzelnen sind hohe gesellschaftliche Ideale.

    Die Stabilität der Gruppe und der Gruppen-zusammenhalt werden hoch geschätzt.

    „Jeder ist seines Glückes Schmied“: Erfolg wirdden individuellen Fähigkeiten zugeschrieben,vom Erfolg profitiert der Einzelne.

    Erfolg wird durch den Gruppenzusammenhalterzielt, von den Leistungen profitiert die gesamte Gruppe.

    Es wird erwartet, dass persönliche Meinungengeäußert werden, Selbstsicherheit wird geschätzt.

    Der Zusammenhalt der Gruppe ist wichtig, persönliche Meinungen könnten diesen infragestellen; Bescheidenheit wird geschätzt.

    Es gibt lockere Netzwerke zu vielen Gruppen,man fühlt sich gegenüber anderen Individuennicht sehr stark verpflichtet.

    Es gibt feste Beziehungsgefüge zu wenigenGruppen; man fühlt sich Menschen aus den eigenen Netzwerken gegenüber stark verpflichtet.

    Es besteht das Recht auf eine eigene Privat-sphäre.

    Gruppenmitglieder dürfen die Privatsphäre betreten.

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Es erfordert Zeit und Feingefühl, mit den Ratsu-chenden gemeinsam einen gangbaren Weg aus derSchuldensituation zu erarbeiten. Fragen Sie nach,ob die Familie (im Herkunftsland oder in Deutsch-land) unterstützt wird und beziehen Sie diesen Aspekt explizit in die Beratung mit ein. Menschenaus kollektiv orientierten Gesellschaften werden einen Lösungsweg ablehnen, der ausschließlich aufdie individuelle Situation, nicht aber die Familien-situation ausgerichtet ist: Nur wenn es der Familie(Gruppe) gut geht, dann geht es den Einzelnen in-nerhalb dieser Gruppe gut. Es gilt also entweder einLösungskonzept zu finden, das der Gruppe keinenSchaden zufügt, oder es kann im Beratungsgesprächversucht werden, den Fokus des Ratsuchenden aufden engeren Kreis der Familie zu richten.

    Kulturdimension „Raum“

    Wie viel Raum (Territorium) benötigen Individuenverschiedener Soziokulturen? Was passiert, wenndieser Raum nicht respektiert wird?

    Innerhalb aller Gesellschaften herrscht stilles Einverständnis darüber, wie nahe sich Fremdekommen dürfen. Man spricht von Fingerspitzen-,Handgelenk- und Ellenbogenkulturen, d. h. in Fin-gerspitzenkulturen kommen sich Fremde bei derBegrüßung etwa so nahe, wie es einem ausge-streckten Arm mit ausgestreckter Hand entspricht,der Abstand verringert sich entsprechend bei denHandgelenk- und Ellenbogenkulturen.

    Jede/r versucht, den als richtig empfundenen Abstandzum Gegenüber herzustellen. Wird der Abstand als zugroß empfunden, geht man einen Schritt auf den anderen zu, wird er als zu klein empfunden, weichtman zurück. Es kann einerseits großen emotionalenStress auslösen, wenn der als „richtig“ empfundeneAbstand unterschritten wird, man sich also zu nahekommt, andererseits kann das Zurückweichen, dasunbewusst und automatisch erfolgt, als Ablehnunginterpretiert werden und seinerseits Stress auslösen.

    Richten Sie Ihren Raum so ein, dass Sie sich darinwohlfühlen. Möchten Sie Abstand zu Ihren Klien-tinnen/Klienten, rücken Sie beispielsweise den Tischan die Wand oder stellen Sie Pflanzen auf, ordnenSie Dinge auf Ihrem Schreibtisch so an, dass erkennbar wird, wo Ihr Raum ist. Wenn Sie wenigerWert auf Distanz legen, führen Sie das Gespräch aneinem runden Tisch und überlassen Sie den Rat-suchenden die Wahl des Sitzplatzes.

    Wie können Sie trotz finanzieller und räumlicherRahmenbedingungen den Eingangs- und Warte-bereich sowie die Beratungsräume so gestalten, damit sich Ratgeber/innen und Ratnehmer/innendarin wohlfühlen? Hinweisschilder und ausliegen-des Informationsmaterial in verschiedenen Spra-chen dokumentieren, dass hier Menschen jeg-licher Herkunft willkommen sind und beraten werden. Sie können Bilder aufhängen, die Land-schaften und/oder Menschen verschiedener Länderzeigen. Auch z. B. Straßenszenen aus der Umge-bung, auf denen Menschen verschiedener Herkunftzu sehen sind, verdeutlichen die interkulturelle Öff-nung Ihrer Beratungsstelle. Diskutieren Sie vorabdas Bildmaterial mit Menschen, die aus unter-schiedlichen Gesellschaften kommen: Ist die Bild-sprache verständlich? Sind die Bilder angemessen?Verletzen die Bilder Tabus? Werden hier Stereotypegepflegt?

    Grünpflanzen, eine gute Beleuchtung, eine Spiel-ecke für Kinder, interessante internationale Zeit-schriften, um die Wartezeit zu überbrücken, ein Getränkeautomat – das alles ist sehr wünschens-wert und kommt allen Ratsuchenden zugute, dieMöglichkeiten der Gestaltung sind lediglich durchfinanzielle Vorgaben beschränkt.

    Menschen unterschiedlicher Herkunft, Abstammungund Werteorientierung soll die gleichberechtigte Inanspruchnahme des Beratungsangebots der AWOzu Schuldner- und Insolvenzberatung ermög-licht werden – aber wie erfahren Menschen mit Migrationshintergrund von diesen Angeboten? Wogibt es im Umfeld Ihrer Beratungsstelle Orte (z. B.Volkshochschulen, Sprachinstitute, Märkte, Cafés,Teestuben, Kulturinstitute, ethnisch-spezifischeNetzwerke, Arztpraxen etc.), an denen sich Migran-tinnen und Migranten treffen? Dort können Bera-tungsmaterialien ausgelegt werden. Nehmen SieKontakt zu Handelnden in Integrationskursen, ethnisch-spezifischen Beratungsanbietern, Lehrer-innen/Lehrern, Kindergarten-Mitarbeiterinnen und-Mitarbeitern u. a. auf und informieren Sie über dieAngebote.

    Informations- und Beratungsmaterialien sollten(auch) in niedrigschwelligem Deutsch sowie in denwichtigsten Fremdsprachen erstellt und dort aus-gelegt werden, wo sich Menschen mit Migrations-hintergrund aufhalten.

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Erweitern Sie Ihren Handlungsspielraum

    Kurzgefasst: Tipps zur erfolgreicheninterkulturellen Kommunikation

    Akzeptieren Sie Differenzen: Gehen Sie von sichaus, aber schließen Sie nicht von sich auf andere:Jeder Mensch, der Rat sucht, wird sich höflich undfreundlich verhalten – orientiert an seinem gesell-schaftlich erworbenen Kommunikations- und Wer-tesystem, das sich nicht mit Ihrem decken muss. Inder Regel wird während der Sozialisation das Ver-halten erlernt, das sich innerhalb einer Gesellschaftals sinnvoller Umgang miteinander herausgestellthat. Dies ist tief verwurzelt und emotional starkaufgeladen und kann nur schwer verändert wer-den. Gelten in einer Gesellschaft andere Regeln,eckt man an. Jede der möglichen Verhaltensweisenbringt Vor- und Nachteile mit sich, es gibt kein ansich „richtiges“ oder „falsches“ Verhalten.

    Reflektieren Sie Ihre kulturelle Herkunft: Wie sehendie als angemessen empfundenen VerhaltensweisenIhrer eigenen Soziokultur aus? Was verstehen Sie unter „normalem“ Verhalten, was empfinden Sie als„selbstverständlich“? Denken Sie dabei auch an dieunterschiedlichen Rollen, in die Sie tagtäglich ohneNachdenken schlüpfen und in denen Sie Ihr Verhal-ten und Ihre Kommunikationsweise automatisch anpassen: Berater/in, Kollegin/Kollege, Freundin/Freund, Mitarbeiter/in, Chef/in, Tante/Onkel, Kun-din/Kunde, Fahrgast – in jeder dieser Rollen werdenSie sich anders verhalten, anders sprechen, anderskommunizieren. Wo ordnen Sie sich bei den Kultur-dimensionen ein? Welche Werte sind für Sie wichtig?

    Bleiben Sie sensibel – für Ihre Reaktionen und dieIhrer Gesprächspartner: Irritationen im Gesprächliefern oft einen wichtigen Hinweis darauf, dasszwei gesellschaftliche Systeme aufeinandertreffen.Kontrollieren Sie Ihre eigene emotionale Betroffen-heit und bleiben Sie sachlich. Machen Sie sich nachdem Gespräch Notizen: Was hat Sie irritiert? Warum?Welche Rückschlüsse lässt das auf Ihr Wertesystemund das Ihres Gesprächspartners zu?

    Hören Sie aktiv zu: Fragen Sie nach, stellen Sie sicher, dass Sie verstanden wurden, fassen Sie Gehörtes sachlich zusammen und machen Sie (interkulturelle) Verständigung zum Thema. Spre-

    chen Sie aus, dass Sie beide Lernende in einer interkulturellen Situation sind. Zeigen Sie Empathieund wechseln die Perspektive: Wie sieht die Situa-tion aus der Sicht Ihres Gegenübers aus? Aktives Zuhören führt zur Präzisierung der Wahrnehmung.

    Interessieren Sie sich für andere Gesellschaften:Sammeln Sie Informationen über die Länder, ausdenen Ihre Klientinnen und Klienten kommen, bzw.über deren Sozialraum. Medien berichten tagtäg-lich über das Ausland und über die Lebenssitua-tion der in Deutschland lebenden Migrantinnen undMigranten. In Reiseführern oder auf Internetseitenfinden Sie Tipps zum richtigen Verhalten im Ausland(aus der Perspektive der Deutschen). Lesen Sie hin-gegen Verhaltenstipps für Ausländer in Deutschland,dann ändert sich die Perspektive: Hier wird diedeutsche Gesellschaft als fremd und irritierend dar-gestellt. Lesen Sie gern? Dann beschäftigen Sie sichmit deutschsprachigen Autorinnen/Autoren mit Migrationshintergrund, Sie erfahren dort auf unter-haltsame Weise viel über das Leben von Migrantin-nen und Migranten in Deutschland.

    Bleiben Sie offen: Machen Sie sich die in den Medien verwendeten Stereotype bewusst, damit SieIhre Klientinnen/Klienten nicht von vornherein aufbestimmte Verhaltensweisen festlegen. Ziehen Siein Betracht, dass viele hier lebende Migrantinnen/Migranten als Kulturwechsler/innen Normen über-nommen und sich einen erweiterten Handlungs-spielraum erarbeitet haben.

    Bilden Sie sich fort: Seminare und Fortbildungenzum Thema interkulturelle Kommunikation, Kon-fliktmanagement und Gesprächsführung finden Siez. B. im Fortbildungsprogramm der Bundesakade-mie der AWO.20 Sprachen lernen ist Kultur lernen:In allen Sprachkursen erfahren Sie immer auch etwas über die jeweilige Politik, Gesellschaft undGeschichte eines Landes.

    Bleiben Sie im Dialog: Tauschen Sie sich mit IhrenKolleginnen und Kollegen sowie mit Ihren Klientin-nen und Klienten aus – wir alle sind Lernende ininterkulturellen Situationen. Bleiben Sie offen fürneue Erkenntnisse: Über die anderen, aber auchüber sich selbst.

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    20 http://www.awo-bundesakademie.org/home/

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Kundenmonitor

    Mit der folgenden für die Schuldnerberatungsstellen erarbeiteten Kundenbefragung kann die Zufrieden-heit der ratsuchenden Menschen mit Migrationshintergrund überprüft werden. Kopieren Sie die Vorlageund geben Sie sie allen Ratsuchenden, um einen Vergleich zu ermöglichen. Sie können den Fragebogenauch als Grundlage für eine Befragung, die die regionalen und sonstigen Besonderheiten Ihrer Bera-tungsstelle berücksichtigt, verwenden.

    Kundenbefragung

    Sehr geehrte Damen und Herren,bitte helfen Sie uns, die Qualität der Beratung weiter zu verbessern. Bitte beantworten Sie die folgendenFragen.

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    1. Mit der Erreichbarkeit der Beratungsstelle bin ich zufrieden. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    2. Die Atmosphäre in der Beratungsstelle ist gut. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    3. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind offen. Ich fühle mich akzeptiert. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    4. Die Beraterin/der Berater nimmt sich Zeit für mich. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    5. Meine Sache wird ernst genommen. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    Kundenmonitor ☺ K L+ +– –

  • 6. Die Beraterin/der Berater kann sich gut in meine Situation versetzen. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    7. Ich verstehe alles gut, was mir meine Beraterin/mein Berater erklärt. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    8. Die vorgeschlagenen Lösungen passen gut zu meiner Lebenssituation. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    9. Ich glaube, dass ich die vorgeschlagenen Lösungen gut umsetzen kann. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    10. Meine Erwartungen an die Beratung wurden insgesamt erfüllt. ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    11. Ich werde die Beratungsstelle Verwandten, Bekannten oder Freunden weiterempfehlen.

    ■■ ■■ ■■

    Ihr Kommentar:

    12. Was möchten Sie uns noch mitteilen?

    Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!Ihr AWO Schuldnerberatungs-Team

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    Kundenmonitor ☺ K L+ +– –

  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Anhang

    Linkliste (Stand Oktober 2012)

    Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: http://www.bamf.de

    Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB): http://www.good-practice.de

    IKO-Verlag für interkulturelle Kommunikation: http://www.iko-verlag.de

    Integrations- und Bundesbeauftragter der Bundesregierung: http://www.bundesregierung.de

    Interkulturelle Kompetenz online: http://www.ikkompetenz.thueringen.de/

    Interkultureller Rat: http://www.interkultureller-rat.de/

    LAG SIB Berlin:Ratgeber – Ein Wegweiser zum Thema Schulden (in Deutsch)http://schuldnerberatung-berlin.de/ratgeber2010.pdfRatgeber – Ein Wegweiser zum Thema Schulden (in Türkisch)http://schuldnerberatung-berlin.de/WegWtuerk.pdf

    Achtung – Mietschulden! Bei Mietschulden droht Obdachlosigkeit (in Deutsch)http://www.schuldnerberatung-berlin.de/A_Mietschu.pdfAchtung – Mietschulden! Bei Mietschulden droht Obdachlosigkeit (in Türkisch)http://www.schuldnerberatung-berlin.de/Miet_t.pdf

    Achtung – Überschuldet und ausgeplündertDie Broschüre warnt vor unseriösen kommerziellen Schuldenregulierernhttp://www.schuldnerberatung-berlin.de/ReguliererDt.pdf

    LAGSB Hessen: Informationen zu verschiedenen Schuldenthemen in Deutsch und neun weiteren Sprachenhttp://www.schuldnerberatung-hessen.de/informationsblaetter.html

    Verein Schuldnerhilfe Essen: Faltblätter zu speziellen Schuldenfragen und -problemenhttp://www.schuldnerhilfe.de

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    AWO Veröffentlichungen

    Interkulturelle Öffnung der Hilfe zur Erziehung in den Diensten und Einrichtungen der AWO – Eine Handreichung für die Praxis. Berlin, 2010 (Schriftenreihe Theorie und Praxis 2010).

    Muster- und Qualitätsmanagement Handbuch Schuldner- und Insolvenzberatung, Berlin, 2008. (vergriffen)

    Chancengleichheit im Einwanderungsland Deutschland – Die Rolle der AWO. Berlin, 2008.

    Theorie und Praxis der interkulturellen Öffnung. Einstieg in Theorie und Praxis mit einem Training für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sozialen Handlungsfelder. Bonn, 2007 (Schriftenreihe Theorie und Praxis).

    Interkulturelle Öffnung der Suchtberatung. Ein Leitfaden für die Praxis. Bonn, 2006 (Schriftenreihe Theorie und Praxis).

    Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit.Eine Arbeitshilfe für die Praxis. Bonn, 2005 (Schriftenreihe Theorie und Praxis).

    Interkulturelle Aspekte in der Altenpflegeausbildung. Arbeitshilfe für die Unterrichtspraxis. Bonn, 2005(Schriftenreihe Theorie und Praxis).

    Interkulturelle Orientierung in Tageseinrichtungen für Kinder – Ein Leitfaden für die Praxis. Bonn, 2004(Schriftenreihe Theorie und Praxis). (vergriffen)

    Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe – Begegnungsstätten, Betreutes Wohnen –(Dokumentation Fachtagung) Bonn, 2003. (vergriffen)

    Die Einwanderungsgesellschaft. Forderungen an das Jahrzehnt der Integration. (Sozialbericht) Bonn, 2002.

    Weitere Veröffentlichungen der AWO (Bundesverband e.V.)

    Barth, Wolfgang: Die Umsetzung der interkulturellen Öffnung in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit. Bonn, AWO Bundesverband e.V., 2006 (Schriftenreihe Theorie und Praxis).

    Dr. Süzen, Talibe (2006): Integration im Sozialraum – Wie viel Integration brauchen die Einwanderer?In: TuP – Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit. Bonn, AWO Bundesverband e.V., 2006.

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Literaturtipps zum Weiterlesen – Eine Auswahl

    Theorie – allgemein verständlich

    Das Kommunikationsmodell finden Sie hier ausführlich beschrieben:Friedemann Schulz von ThunMiteinander reden: 1 – Störungen und KlärungenReinbek, 1981

    Im zweiten Band geht es um unterschiedliche Kommunikationsstile.Friedemann Schulz von ThunMiteinander reden: 2 – Stile, Werte und PersönlichkeitsentwicklungReinbek, 1981

    Der dritte Band von Miteinander reden beschäftigt sich mit dem „inneren Team“, den unterschiedlichen„Seelen“ in einem Menschen.Friedemann Schulz von ThunMiteinander reden: 3 – Das „innere Team“ und situationsgerechte KommunikationReinbek, 1998

    Im folgenden Buch lesen Sie, wie die Grundlagen aus Miteinander reden 1 – 3 in der interkulturellenKommunikation genutzt werden können.Dagmar Kumbier, Friedemann Schulz von Thun (Hg.)Interkulturelle Kommunikation: Methoden, Modelle, BeispieleReinbek, 2006

    In diesem Werk finden Sie ausführliche Beschreibungen der Kulturdimensionen und Indexwerte für vieleLänder:Geert Hofstede, Gert Jan HofstedeLokales Denken, globales HandelnMünchen, 2009

    Im folgenden Werk setzt sich der Autor für eine radikale interkulturelle Öffnung aller Institutionen ein.Mark TerkessidisInterkulturBerlin, 2010

    Unterhaltsame Einsichten aus anderen Gesellschaften

    Wie sehen andere die Deutschen? Überspitzt und unterhaltsam können Sie nachlesen, wie die Deutschenvon anderen Gesellschaften wahrgenommen werden.Stefan Zeidenitz, Ben BarkowXenophobe’s guide to the GermansLondon, 2008 (in englischer Sprache)

    In dem Thriller erfahren Sie einiges über die innere Erlebniswelt von Menschen mit Migrationshintergrund.Yassin MusharbashRadikalKöln, 2011

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  • Interkulturelle Öffnung in der Schuldnerberatung

    Das Projekt: Beratung und Betreuung in der AWO

    Projektleitung:

    Hedi BossAWO Bundesverband e.V.Blücherstr. 62/6310961 BerlinTel. 030 26309-157Fax 030 26309-32157E-Mail: [email protected]

    Referentin:

    Sabine WeisgramAWO Bundesverband e.V.Blücherstr. 62/6310961 BerlinTel. 030 26309-156Fax 030 26309-32156E-Mail: [email protected]

    Autorin:

    Ina SchiffhauerBergmannstr. 6710961 BerlinTel. 030 6911520E-Mail: [email protected]

    Arbeitsgruppe:

    Wolfgang Barth, AWO Bundesverband e.V.Sibel Danisman, Schuldnerhilfe Köln e.V.Dirk Franke, AWO-Integrations gGmbHWolfgang Huber, Verein Schuldnerhilfe Essen e.V.Anita Morhard, Bonn

    Finanzsteuerung und -bearbeitung:

    AWO Bundesverband e.V.Abteilung FördermittelmanagementBlücherstr. 62/6310961 Berlin

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  • awo.org