Schule Gepflegt pflegen! -...

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8 Schule Gepflegt pflegen! von Martin Sturm Pflegearbeiten an schuppigen Wacholdern (Juniperus chinensis) Chinesische Wacholder gelten in Anfängerkreisen mitunter als schwierige Bäume. Beherzigt man allerdings einige Pflegemaßnahmen, so sind schuppige Wacholder sehr genüg- same Pflanzen, mit denen schnell recht gute Erfolge zu erzielen sind. Gutes Ausgangsmaterial kann im Fachhan- del bereits zwischen 100 und 200 Euro gefunden werden, wie diese vom Bon- sai Park Remscheid zur Verfügung gestellten Wacholder zeigen. Auch fin- det sich immer wieder gutes Material in Waschbetonkübeln an Bürgerstei- gen und Parkplätzen. Um Erlaubnis zu fragen, ob man sie durch Baumschul- ware ersetzen kann, oder einfach so bekommt, ist in diesem Fall selbstver- ständlich und oft erfolgreich. Wann ist die beste Zeit für Pflegearbeiten? Zunächst sei gesagt, dass die gezeig- ten Pflegearbeiten bei Chinesischen Wacholdern jedes Jahr erneut durchge- führt werden sollten, unabhängig davon, ob es sich um einen gestalteten oder ungestalteten Baum handelt. Auf jeden Fall müssen diese Arbeiten nach einer Gestaltung fortgeführt werden, um den Baum weiter zu verbessern und dadurch eine feingliedrige Erscheinung zu errei- chen. Pflegemaßnahen sind an Chin. Wacholdern in der gesamten Wachs- tumsperiode, also vom Frühjahr bis in den Herbst möglich. Die beste Zeit ist aber in den heißen Monaten, von Juni bis August, da die Bäume dann am kräftigs- ten und die Wirkungen am größten sind. Material: Chin. Wacholder (Juniperus chinensis ‘Itoigawa’) Chin. Wacholder (Juniperus chinensis ‘Shinpaku’) Vier wichtige Pflegemaßnahmen an Chin. Wacholdern Ziel: Verbesserung von Roh- und vor- gestaltetem Material. Vitalisierung der Pflanze durch verschiedene Zupftechniken, Säuberungstech- niken und Gestaltungsarbeiten. Erreichen einer gleichmäßig ver- teilten, strukturierten Laubmasse. Verhinderung von Schädlingsbefall Detail des Laubes eines Chin. Wa- cholders (Juniperus chinensis)

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Gepflegt pflegen!von Martin Sturm

Pflegearbeiten an schuppigen Wacholdern (Juniperus chinensis)

Chinesische Wacholder gelten in Anfängerkreisen mitunter als schwierige Bäume. Beherzigt man allerdings einige Pflegemaßnahmen, so sind schuppige Wacholder sehr genüg-same Pflanzen, mit denen schnell recht gute Erfolge zu erzielen sind. Gutes Ausgangsmaterial kann im Fachhan-del bereits zwischen 100 und 200 Euro gefunden werden, wie diese vom Bon-sai Park Remscheid zur Verfügung gestellten Wacholder zeigen. Auch fin-det sich immer wieder gutes Material

in Waschbetonkübeln an Bürgerstei-gen und Parkplätzen. Um Erlaubnis zu fragen, ob man sie durch Baumschul-ware ersetzen kann, oder einfach so bekommt, ist in diesem Fall selbstver-ständlich und oft erfolgreich.

Wann ist die beste Zeit für Pflegearbeiten?Zunächst sei gesagt, dass die gezeig-ten Pflegearbeiten bei Chinesischen Wacholdern jedes Jahr erneut durchge-führt werden sollten, unabhängig davon,

ob es sich um einen gestalteten oder ungestalteten Baum handelt. Auf jeden Fall müssen diese Arbeiten nach einer Gestaltung fortgeführt werden, um den Baum weiter zu verbessern und dadurch eine feingliedrige Erscheinung zu errei-chen. Pflegemaßnahen sind an Chin. Wacholdern in der gesamten Wachs-tumsperiode, also vom Frühjahr bis in den Herbst möglich. Die beste Zeit ist aber in den heißen Monaten, von Juni bis August, da die Bäume dann am kräftigs-ten und die Wirkungen am größten sind.

Material: Chin. Wacholder (Juniperus chinensis ‘Itoigawa’)

Chin. Wacholder (Juniperus chinensis ‘Shinpaku’)

Vier wichtige Pflegemaßnahmen an Chin. Wacholdern

Ziel: Verbesserung von Roh- und vor-gestaltetem Material. Vitalisierung der Pflanze durch verschiedene Zupftechniken, Säuberungstech-niken und Gestaltungsarbeiten. Erreichen einer gleichmäßig ver-teilten, strukturierten Laubmasse. Verhinderung von Schädlingsbefall

Detail des Laubes eines Chin. Wa-cholders (Juniperus chinensis)

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Auswirkungen der Pflegearbeiten

Ü Eine feinere Struktu-rierung und filigranere Anordnung der Zweige

Ü Eine Verjüngung des Laubs von innen her

Ü Optimale Vorberei-tung für die Gestaltung

Chin. Wacholder (Juniperus chinensis ‘Shinpaku’), Höhe 25 cm. Diese Variante zeichnet sich durch dicht geschupptes, blaugrünes Laub aus

Das Bild links zeigt, dass der Baum stark verdichtetes Laub hat und unstruk-turiert wirkt

Auf dem rechten Foto wurde der Baum aus der Kunststoffschale gekippt. Hier sieht man das Laub von oben. Die kompakte Laubmasse wird besonders deutlich

ZupfenDies ist die wichtigste Pflegemaßnah-me, da durch sie der Zuwachs gesteu-ert und so der Baum geformt wird. Die bestehende Form des Baumes kann so erhalten und verbessert werden.

Chin. Wacholder neigen zu kompaktem WachstumBetrachtet man die typische Form eines ungezupften Wacholders, so fällt das dichte, lichtundurchlässige Laub auf. Durch Zupfen sollte es auf-

gelockert werden, um die Verjüngung des Laubes von innen zu fördern. Oft wachsen einzelne starke Wachstums-spitzen und stehen über die Silhouette hinaus. Sie bilden regelrechte Laub-stränge, die es einzukürzen gilt.

Um die Qualität eines Chin. Wachol-ders zu verbessern, sind die Pflege-maßnahmen zu empfehlen, die ich auf den nächsten Seiten vorstelle.

Chin. Wacholder (Juniperus chinensis ‘Itoigawa’), Höhe 27 cm. Hier ist das Laub schon offener, sollte aber trotzdem gezupft werden

Von oben gesehen sieht man die verschiedenen Ar-ten des Laubes. Außer dem wüchsigen, jungen, eng geschuppten Laub ist im Inneren der Äste das weit geschuppte, stehende Laub zu sehen. Auch die Far-be ist verschieden, weniger frisch und dunkler grün

Zwei Arten des Zupfens und des Laubausdünnens

1 - Triebschnitt

2 - Selektion des Laubes

Die Variante ‘Itoigawa’ ist sehr eng und fi-ligran verzweigt. Sie besitzt die kleinsten Schuppen unter den Chin. Wacholdern, seine Farbe ist ein goldgelbes helles Grün

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1 - Hier sieht man einen der großen Triebe, die entfernt werden müssen

2 - A zeigt den Trieb, der entfernt wird. Geschnitten wird an der Stelle C, die kurz oberhalb des braunen Zweigendes liegt

Nachdem große und kleine Triebspitzen geschnitten und gezupft wurden. Das verbliebene Laub wird nun in seinem Wachstum gestärkt. Die Silhouette ist jetzt licht- und luftdurchlässiger, so dass sich der Baum nun besser entwickeln wird

Der unbearbeitete Baum vor dem Triebschnitt. Einige der zu entfernenden Triebe sind gut zu erkennen

Die erste Art des Zupfens ist die bekanntere von beiden. Es handelt sich hierbei um die Entfernung von Wachstumsspitzen, um eine bessere

Verzweigung des Laubes zu erreichen. Die bestehenden Triebe sollen sich dadurch verdichten und nicht in die Länge wachsen. Durch ein vollständi-

ges Zurücknehmen aller Spitzen wird die Wachstumskraft des Baumes über das gesamte Laub verteilt und dadurch ausgeglichen.

1. Triebschnitt: Verzweigung des Laubes durch Entfernen der primären Triebspitzen

A

B

C

Zweig für Zweig wird so durchgearbeitet. Die Triebe sind gut an ihren gro-ßen, hellgrünen Schuppen zu erkennen

3 - Nach dem Schnitt

Triebspitzen mit den Fingernägeln herauszupfen oder vorsichtig zwi-schen den Schuppen schneiden. Das gleiche Polster nach dem Entfernen der Triebspitze. Die seitlichen Triebe werden dadurch gefördert

Nun werden die kleinen Triebspit-zen gezupft. Mit den Fingerspitzen werden die Laubbüschel am Ende der Zweige zusammen gehalten. Die Triebspitze wird so am besten sicht-bar und kann jetzt entfernt werden

Auch die kleinen Triebspitzen eines jeden Zweigs werden akribisch gezupft

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Beim normalen Zuwachs eines Chin. Wacholders entsteht durch die Verzwei-gung des Laubes im Außenbereich eine Verschattung der Innenbereiche der Äste. Daraus folgt eine Minderversor-

gung der neuen, von innen wachsenden Triebe mit Licht. Diese Triebe sterben ab und es kommt zu einer Verkahlung der inneren Baumbereiche. Es fehlt eine Möglichkeit, durch Rückschnitt

der Äste eine Verjüngung herzustellen. Die Proportionen der Äste im Verhält-nis zum Stamm verschieben sich immer mehr und die Gesamtproportion des Baumes gerät ins Wanken.

2. Selektion des Laubs

Links ist die wachsende, vitale Form des schuppigen Laubes erkennbar. Hier entstehen neue Triebe, die es zu fördern gilt.Rechts ist das bestehende Strukturlaub zu sehen. An dem dunkelgrünen bis graubraunen Laub entsteht kein Zuwachs mehr. Dieses Laub stellt allenfalls Füllmaterial dar und kann zur Förderung der wachsenden Triebe entfernt werden

Hier sieht man, wie das dunkelgrüne, grauere Laub ausgezupft wird

Die jungen hellgrünen Knospen werden nun gefördert

Das unterhalb der Triebspitze befindliche alte Laub ist wertlos und sollte zur Stärkung der jungen Triebe entfernt werden

Die kleine Etage nach dem Entfernen des stehenden, dunkelgrünen Laubes. So wird auch eine leichte Aufwärtsbewe-gung des hellgrünen, wachsenden Laubs erreicht, das sich so dem Licht entge-genbewegt

Dieses grauere, stehende Laub zupft man vorsichtig in Wachstumsrichtung aus, um so vitalen, kräftigen Knospen wieder Licht zu geben. Das fördert eine

Verjüngung von innen her. Auch entfernt man das Laub auf der Unterseite der klei-nen Zweige, sodass der junge, hellgrüne Trieb leicht dem Licht entgegenwächst.

Entfernen des Strukturlaubes

Die Vitalität fördern

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Es gibt neben den im vorherigen Abschnitt beschriebenen noch eine dritte Laubform bei Chin. Wachol-dern. Hierbei handelt es sich um das so genannte Stress- oder Juvenillaub (Jugendlaub), das sich bildet, wenn der Wacholder einen Mangel zu ver-kraften hat. Bei dieser Notreaktion öffnet der Wacholder seine Schup-

pen, um seine Oberfläche zu vergrö-ßern. Der Baum kann so seinen Stoff-wechsel erhöhen und den bestehenden Mangel kompensieren. Als erstes soll-te die Ursache überprüft und behoben werden. Stress kann z. B. für einen Wacholder zu starker Rückschnitt, zu wenig Licht oder Wasser, falsche Düngung und eine schlechte Draina-

ge bedeuten. Anschließend versucht man, dieses Laub zu reduzieren, um zur geschlossenen Form zurückzukeh-ren. Stresslaub ist für die Gestaltung eines Wacholders völlig wertlos, da es nie wieder zur schuppigen Form zurückkehrt. Ist der Baum wieder vital, sollte dieses Laub komplett ent-fernt werden.

3. Entfernen des Stresslaubes

Deutlich zu erkennen sind hier die aus den Schuppen entstandenen Nadeln des Stresslaubes. Zweige, die solches Laub zeigen, werden entfernt, wenn der entsprechende Ast genügend geschlos-senes Laub aufweist

Links sieht man die angestrebte vollständig geschlossene schuppige Form. In der Mitte eine Mischform, die man solange wachsen lässt, bis sich im unteren Teil des Zweiges wieder die geschlossene Form bildet. Rechts sieht man den Zustand, bei dem man den Zweig entfernt, wenn das geschlossene Laub zur Versorgung des As-tes ausreicht. Ist nicht genügend geschlossenes Laub vorhanden, wird sich wieder Stresslaub bilden

Alle Arten von Wacholdern bilden eine wenig ausdrucksstarke, faserige Rinde, deren Hohlräume leicht zum Ansammlungspunkt von Schädlingen werden. Deshalb gehört die vorsich-tige Entfernung dieser Schichten zum

integralen Bestandteil der jährlichen Pflege. Außerdem erreicht man so einen attraktiven Kontrast zwischen der grünen Farbe des Laubes und der rötlichen Stammfarbe.

4. Säuberung des Stamms

Das vorsichtige Abziehen der abstehenden Rindenfasern. Zu-sätzlich werden die am Stamm befindlichen Reste mit einer Messingbürste vorsichtig entfernt

Hier sieht man die faserige, lose Rinde des Stammes vor der Reinigung

Vermeidung von Schädlingsherden durch das Entfernen der faserigen Rinde

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Hier sieht man das Pflegeergebnis. Auffällig ist die Masse des entfernten Laubes

Ansicht von unten nach der Pflege. Licht und Luft erreichen den inneren Teil des Baumes nun wieder besser. Es kann zu einem besse-ren Austrieb von innen kommen

Das ErgebnisDiese Pflegetechniken kann man auch durchführen, wenn es sich noch um einen ungestalteten Wacholder handelt. Egal ob gestaltet oder unge-staltet, dienen diese Pflegemaßnahmen in jedem Fall der Verbesserung der Pflanze. Prebonsai können so auf eine spätere Gestaltung vorbereitet wer-den. Vitalität und Neuaustrieb werden bereits gefördert, bevor es zu einem späteren Zeitpunkt zu gestalterischen Eingriffen kommt. Äste und Laub sind dann überschaubarer, das Gestaltungs-ergebnis ist reifer und filigraner.

Anhand dieses Wacholders wird deutlich, wie sich die Pflegearbeiten auswirken. Nachdem der Baum in zwei Wachstumsperioden durch Zupfen und Düngung kräftiger geworden ist, wur-de er schließlich in diesem Jahr gestal-tet. Nach der Gestaltung, bei der der Wacholder zwei Äste verliert, treibt

Entwicklung eines Wacholder über 3 Jahre

Chin. Wacholder (Juniperus chinen-sis), Höhe 22 cm, als Ausgangsma-terial. Beginn der Pflegearbeiten im Mai 2003

Sommer 2005. Der Baum wirkt durch die Pflegemaßnahmen und das Umtopfen gesünder

er leicht aus. Besonders auffällig ist, wie sehr sich anschließend ein leichtes Nachzupfen für den Baum auswirkt. Das gesamte Erscheinungsbild ist nun viel klarer, die Etagen lassen sich bes-ser erkennen und der spätere Neuaus-trieb wird gezielt gesteuert.

August 2006. Der Wacholder nach seiner Ge-staltung. Durch den Neuaustrieb ist das Laub noch unstrukturiert

September 2006. Das Ergebnis nach den Pflegearbeiten. Der Wacholder ist durch das Nachzupfen nun deutlich differen-zierter. Im Herbst wird er in eine passende Schale gesetzt

In BONSAI ART 78, Seite 58 ff., konnten Sie über eine Gestaltung eines ‘Itoigawa’-Wacholders von Martin Sturm lesen. Unter www.bonsai-art.com können Sie nun die verblüffende Entwicklung des Baumes mit Hilfe der genannten Techniken nach nur 5 Monaten sehen.

Bei bereits gestalteten Bäumen wird die Qualität des Laubes erhöht und somit der Gesamteindruck ver-bessert.