Schweißnahtprüfung in 3D : Optisches Prüfsystem beurteilt Nahtqualität online

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PROZESSKONTROLLE www.laser-journal.de LTJ 41 © 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Schweißnahtprüfung in 3D Optisches Prüfsystem beurteilt Nahtqualität online Die Automatisierung des Schwei- ßens in der industriellen Produktion ist heute Stand der Technik. Die Ergebnisse prüfen Mitarbeiter jedoch oft noch mit dem Auge. Moderne Bildverarbeitung er- möglicht es inzwischen, Nähte vollauto- matisch zu prüfen. Der folgende Beitrag zeigt, wie sich mit Hilfe eines integrierten Prüfsystems Qualitätskontrollen automa- tisieren lassen. Damit werden qualitative Aussagen zur Güte der Naht möglich und Schweißprozesse lassen sich gezielt opti- mieren. Die Anforderungen an die Qualität und Sta- bilität von Schweißprozessen sind bei vielen Automobilherstellern identisch: 100-prozentige Sicherheit, kein Auto darf an Kunden ausgeliefert werden, das ein fehlerhaftes sicherheitsrelevantes Teil be- inhaltet, Produktionsprozesse sollen weitgehend automatisiert werden, verlässliche Erkenntnisse über die Quali- tät der Naht sind zu generieren und mittels Prozesskontrolle ist der Schweiß- prozess zu optimieren. Deshalb entscheiden sich immer mehr Au- tomobilhersteller für eine automatische Nahtinspektion. Das hier vorgestellte Prüf- system VIRO wsi von VITRONIC erstellt ein dreidimensionales Profil der Naht und wer- tet dies nach vorgegebenen Kriterien aus, angelehnt an die Normen EN 30042 und EN 5817. Automatisieren der Achsmontage Ein Beispiel aus der Praxis: für zwei Modell- reihen verfolgt ein Automobilhersteller eine Plattformstrategie und produziert dafür ei- nen gemeinsamen Vorderachsträger. Zur Erreichung der Stückzahlen werden an drei parallelen identischen Fertigungslinien die benötigten Werkstücke zu Vorderachsträ- MARKUS MAURER Dipl.-Ing. Markus Mau- rer studierte an der Fachhochschule in Frankfurt/Main Elektro- technik und schloss 1995 als Diplominge- nieur ab. Bei der Firma VITRONIC Dr.-Ing. Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH ar- beitete er zunächst als Entwicklungsingeni- DER AUTOR ●● VITRONIC Dr.-Ing. Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH Hasengartenstr. 14 65189 Wiesbaden Tel.: 0611 – 7152 - 0 Fax: 0611 – 7152 – 133 E-Mail: [email protected] ABBILDUNG 1: Das Bildverarbeitungssystem VIRO wsi wird zur robotergeführten 3D- Schweißnahtinspektion an Automobilteilen eingesetzt. Mit Hilfe des Prüfsystems wer- den Fertigungsprozesse automatisiert, qualitative Aussagen zur Güte der Naht gemacht und der Schweißprozess optimiert. Wird nach der Nahtprüfung das Signal NIO gegeben, wird das Teil zur Nacharbeit aus- geleitet oder komplett verworfen. An der fast vollständig automatisierten Fertigungslinie legt der Mitarbeiter nur noch die zu verschweißenden Teile auf und entnimmt die fertigen Vorderachsträger der Fertigungszelle. Die Prüfeinheit ist in der Schweißzelle installiert. eur für OCR (Klarschrift)-Lesesysteme. 1997 wechselte er als Vertriebsingenieur in den Bereich Industrieautomation. Seit 1999 ist er als Produktmanager für 3D-Technologie verantwortlich. gern zusammengeschweißt. An der ersten Station verbindet ein Schweißroboter die Teile aus Aluminium. Das Nahtinspektions- system prüft an der nächsten Station die Nähte. Gibt das Prüfsystem das Signal IO, wird noch an dieser Station ein Aluminium- teil zur Versteifung aufgebracht, das an der nächsten Station verschweißt wird und die zuvor geprüften Nähte komplett verdeckt.

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PROZESSKONTROLLE

www.laser-journal.de LTJ 41 © 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Schweißnahtprüfung in 3DOptisches Prüfsystem beurteilt Nahtqualität online

Die Automatisierung des Schwei-ßens in der industriellen Produktion ist heute Stand der Technik. Die Ergebnisse prüfen Mitarbeiter jedoch oft noch mit dem Auge. Moderne Bildverarbeitung er-möglicht es inzwischen, Nähte vollauto-matisch zu prüfen. Der folgende Beitrag zeigt, wie sich mit Hilfe eines integrierten Prüfsystems Qualitätskontrollen automa-tisieren lassen. Damit werden qualitative Aussagen zur Güte der Naht möglich und Schweißprozesse lassen sich gezielt opti-mieren.

Die Anforderungen an die Qualität und Sta-bilität von Schweißprozessen sind bei vielen Automobilherstellern identisch:• 100-prozentige Sicherheit, kein Auto darf

an Kunden ausgeliefert werden, das ein fehlerhaftes sicherheitsrelevantes Teil be-inhaltet,

• Produktionsprozesse sollen weitgehend automatisiert werden,

• verlässliche Erkenntnisse über die Quali-tät der Naht sind zu generieren und

• mittels Prozesskontrolle ist der Schweiß-prozess zu optimieren.

Deshalb entscheiden sich immer mehr Au-tomobilhersteller für eine automatische Nahtinspektion. Das hier vorgestellte Prüf-system VIROwsi von VITRONIC erstellt ein dreidimensionales Profil der Naht und wer-tet dies nach vorgegebenen Kriterien aus, angelehnt an die Normen EN 30042 und EN 5817.

Automatisieren der Achsmontage

Ein Beispiel aus der Praxis: für zwei Modell-reihen verfolgt ein Automobilhersteller eine Plattformstrategie und produziert dafür ei-nen gemeinsamen Vorderachsträger. Zur Erreichung der Stückzahlen werden an drei parallelen identischen Fertigungslinien die benötigten Werkstücke zu Vorderachsträ-

MARKUS MAURERDipl.-Ing. Markus Mau-rer studierte an der Fachhochschule in Frankfurt/Main Elektro-technik und schloss 1995 als Diplominge-nieur ab. Bei der Firma VITRONIC Dr.-Ing. Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH ar-beitete er zunächst als Entwicklungsingeni-

DER AUTOR

●●VITRONIC Dr.-Ing. Stein

Bildverarbeitungssysteme GmbHHasengartenstr. 1465189 Wiesbaden

Tel.: 0611 – 7152 - 0Fax: 0611 – 7152 – 133

E-Mail: [email protected]

ABBILDUNG 1: Das Bildverarbeitungssystem VIROwsi wird zur robotergeführten 3D-Schweißnahtinspektion an Automobilteilen eingesetzt. Mit Hilfe des Prüfsystems wer-den Fertigungsprozesse automatisiert, qualitative Aussagen zur Güte der Naht gemacht und der Schweißprozess optimiert.

Wird nach der Nahtprüfung das Signal NIO gegeben, wird das Teil zur Nacharbeit aus-geleitet oder komplett verworfen.

An der fast vollständig automatisierten Fertigungslinie legt der Mitarbeiter nur noch die zu verschweißenden Teile auf und entnimmt die fertigen Vorderachsträger der Fertigungszelle. Die Prüfeinheit ist in der Schweißzelle installiert.

eur für OCR (Klarschrift)-Lesesysteme. 1997 wechselte er als Vertriebsingenieur in den Bereich Industrieautomation. Seit 1999 ist er als Produktmanager für 3D-Technologie verantwortlich.

gern zusammengeschweißt. An der ersten Station verbindet ein Schweißroboter die Teile aus Aluminium. Das Nahtinspektions-system prüft an der nächsten Station die Nähte. Gibt das Prüfsystem das Signal IO, wird noch an dieser Station ein Aluminium-teil zur Versteifung aufgebracht, das an der nächsten Station verschweißt wird und die zuvor geprüften Nähte komplett verdeckt.

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Schweißprozesse dokumentieren und optimieren

Immer stärker wird gefordert, mit Hilfe der automatischen Nahtprüfung die Erkennung systematischer Fehler zu vereinfachen und so den Fertigungsprozess zu optimieren. Deshalb prüft das Nahtinspektionssystem VI-ROwsi unter anderem auf folgende Kriterien:• A-Maß• Nahtbreite und -länge• fehlende Naht• Nahtanbindung• Nahteinfall• Perlenkontrolle• Löcher und Oberflächenporen• Ungleichschenkligkeit

Eine automatisch mitgeführte Protokolldatei auf dem Rechner protokolliert bauteilbezo-gen sämtliche Fehlerarten, Fehlerhäufig-

keiten und Fehlerpositionen. Wird einer der beschriebenen Fehler erkannt, wird das Bauteil automatisch zur Nacharbeit ausge-schleust.

Zusätzlich kann ein Mitarbeiter alle not-wendigen Informationen dem Fehlerpro-tokoll entnehmen und umgehend in den Fertigungsprozess eingreifen. Außerdem können diese Daten anschließend für ver-schiedene Teilbereiche der Prozesskontrolle weiter verwendet werden. So lässt sich bei-spielsweise nachträglich der Schweißprozess optimieren, indem mit Hilfe der Statistiken über definierte Zeiträume Rückschlüsse auf den vorherigen Schweißprozess, über Mate-rial- und stationsspezifische Fehler gezogen werden. So kann das Nahtinspektionssy-stem entscheidend zur Fehlerminimierung und damit zu geringerem Ausschuss, we-niger Nacharbeit und höherer Nahtqualität beitragen.

Daneben erlaubt das System, individu-elle Warngrenzen festzulegen. Das Personal kann korrigierend in den Prozess eingreifen, bevor fehlerhafte Nähte entstehen. Die Be-wertung erfolgt damit automatisch und un-terliegt keinen subjektiven Kriterien.

Weiterhin können die ermittelten Daten als Basis für die automatische Nacharbeit der Nähte dienen. Das Nahtinspektionssystem klassifiziert Fehlstellen und zeigt detailliert die Position und die Art des Fehlers auf. Mit diesen Informationen kann die Naht feh-lerspezifisch automatisch nachgeschweißt werden.

Qualitätssicherung und Innovation

Qualität und hohe Produktivität sind heute maßgeblich für den Erfolg eines Unterneh-mens. Ein Nahtinspektionssystem ist dabei unabdingbar für eine standardisierte fehler-freie Produktion und optimale Prozesskon-trolle. Eine manuelle Sichtprüfung unterliegt grundsätzlich subjektiven Einflüssen und ist gleichzeitig abhängig von der Tagesform des Prüfpersonals oder den Umgebungs-bedingungen. Das hier vorgestellte Nahtin-spektionssystem erfüllt die genauen Anfor-derungen der Hersteller im Hinblick auf eine

ABBILDUNG 3: Nahtinspektion an Cockpitträgern.

ABBILDUNG 2: Nahtinspektion an Rädern.

ABBILDUNG 4: Lichtschnittverfahren und seine Anwendung.

DIE FIRMA

VITRONICWiesbaden

Seit 1984 liefert VITRONIC in Wiesba-den Standardprodukte mit kundenspe-zifisch erweiterbaren Modulen bis hin zu individuellen Sonderlösungen. Diese entwickelt VITRONIC selbst, stellt sie her und vertreibt sie. So erhalten die Kunden schlüsselfertige Systeme aus einer Hand – von der Hard- bis zur Software. Aufgrund seiner Pionierleistungen und permanen-ten Investitionen in Forschung und Ent-wicklung ist VITRONIC heute eines der weltweit führenden Unternehmen der Bildverarbeitung. 2006 setzte das Unter-nehmen mit über 300 Mitarbeitern 35 Mio. Euro um. www.vitronic.com

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werden können. Dem Kunden steht dabei eine breite Palette an Werkzeugen zur Ver-fügung, um unterschiedliche Schweißnähte überprüfen zu können und individuelle Feh-lergrenzen zu setzen.

Lichtschnitt-Technik – erheblicher Zeitvorteil

Das Messverfahren basiert auf dem Prinzip des Lichtschnitts. Während der Halbleiter-laser eine helle Linie auf die Naht projiziert, erfasst die schräg angeordnete Hochge-schwindigkeitskamera das Höhenprofil. Durch die Relativbewegung von Sensor und Objekt wird schrittweise ein dreidimensi-onales Abbild der Schweißnahtoberfläche geschaffen. Der von der Sensorkamera auf-genommene Laserlichtstrich wird in analoge elektrische Signale umgewandelt, digitali-siert sowie in reelle Weltkoordinaten umge-rechnet. Damit wird eine dreidimensionale Inspektion der Nahtoberfläche möglich. Bei einer einstellbaren Aufnahmefrequenz von 450 bis 2805 Hz und einer typischen Scann-geschwindigkeit von bis zu 200 mm/sec nimmt VIROwsi Merkmale im Mikrometer-bereich auf.

vollautomatische Inspektion und liefert kon-krete und dokumentierbare Aussagen zur Qualität. Das Prüfsystem erfasst die Schweiß-naht optisch in ihren drei Dimensionen und errechnet daraus beispielsweise das A-Maß über die gesamte Nahtlänge.

Von der Hardware zur Software

VIROwsi besteht aus zwei Komponenten: dem robusten Aufnahmekopf und dem Aus-werterechner. Der Aufnahmekopf setzt sich aus einer Matrix-Kamera und einem 40 mW starken Halbleiterlaser zusammen. Die Hard-ware wird von VITRONIC entwickelt und selbst produziert.

Aus Gründen der Störsicherheit sind die Datenleitungen zwischen den beiden Kom-ponenten in Lichtwellenleiter-Technologie ausgeführt. Über ein c-link Kabel werden die Prüfergebnisse zum Rechner übertragen und mit Hilfe der von VITRONIC entwickelten Software verarbeitet und visuell dargestellt. Die Software ist auf individuelle Kundenan-forderungen zugeschnitten. Sie bewertet die Naht nach spezifischen Prüfkriterien, die über einen Teach-In Modus oder wahlweise über feste Parameter vom Kunden festgelegt

ABBILDUNG 5: Das Zusammenspiel von Sensor und Laser.