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hfkm-Regensburg / Stimmkunde / Script SS 09 Christian Schmidt 1 Anatomie und Physiologie - Bau und Funktion des Stimmorgans Ansatzrohr Kehlkopf Atmungsorgan Das Stimmorgan gliedert sich in Atmungsorgan, Kehlkopf und Ansatzrohr Lauterzeugungsprozesse Im Stimmorgan laufen bei der Lautbildung be- stimmte Prozesse ab die in nebenstehender Grafik dargestellt sind. Das Atemorgan ist für den Luft- stromprozess verantwortlich, im Kehlkopf läuft der Phonationsprozess ab und das Ansatzrohr über- nimmt den Artikulationsprozess zu dem der Oro- Nasale-Prozess hinzugerechnet werden kann.

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Anatomie und Physiologie - Bau und Funktion des Stimmorgans

Ansatzrohr

Kehlkopf

Atmungsorgan

Das Stimmorgan gliedert sich in Atmungsorgan , Kehlkopf und Ansatzrohr

Lauterzeugungsprozesse

Im Stimmorgan laufen bei der Lautbildung be-stimmte Prozesse ab die in nebenstehender Grafik dargestellt sind. Das Atemorgan ist für den Luft-stromprozess verantwortlich, im Kehlkopf läuft der Phonationsprozess ab und das Ansatzrohr über-nimmt den Artikulationsprozess zu dem der Oro-Nasale-Prozess hinzugerechnet werden kann.

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1. Das Atmungsorgan

1.1. Das Organ Die Atmung dient primär dem Gasaustausch in den Lungen. Sie hat damit zual-lererst eine lebenserhalten-de Funktion. Die Lunge liegt geschützt in den Brustkorb (Knochen, Knorpel) und die dazugehörigen Mus-keln/Bänder eingebettet und wird nach unten (zum Bauchraum, den Eingewei-den) durch das Zwerchfell (Muskel) begrenzt. Die durch die geöffnete Kehle einströmende Luft gelangt über die Luftröhre in den sich in zwei Lungenlappen immer feiner verzweigenden Bronchialbaum, in die Bronchien/Bronchioli, schließlich in die Alveolen (Ge-samtoberfläche ca. 100 m2), in denen der Gasaustausch stattfindet.

1.2. Funktion/Luftstromprozesse/Mechanismen

Wie bereits mehrfach gesagt wurde, ist die Grundlage eines jeden Lautes ein Luftstrom, d.h. bewegte Luft. Bei der Erzeugung von Sprachlauten gibt es verschiedene Mechanismen zur Erzeugung eines solchen Luftstromes. Alle haben gemein, dass die beteiligten Organe die Luft entweder komprimieren oder verdünnen, dass also entweder ein Druck oder ein Saugef-fekt entsteht. Durch diese beiden Prozesse wird die Luft in Bewegung versetzt. Von diesen beiden unterschiedlichen Effekten (Druck oder Sog) hängt auch die Richtung des Luftstromes ab. Luftstrom kann nach außen gerichtet sein. Druck erzeugt dabei einen exspiratorischen Luft-strom. Luftstrom kann nach innen gerichtet sein. Sog erzeugt dabei einen inspiratorischen Luftstrom. Bei der Mehrzahl aller Sprachlaute sowie beim Gesangsakt wird der benötigte Luftstrom durch exspiratorische Aktivität des Atmungsorgans hervorgebracht. Der Transport der ein- und ausströmenden Luft wird von den Atemmuskeln erledigt (die Lunge selbst ist ja ein Gewebe und kein Muskel). Man unterscheidet Einatmungs- und Ausat-mungsmuskeln , sowie Atemhilfsmuskeln .

1.3. Atemphasen: Ein und Ausatmung 1.3.1. Einatmung

Bei der Einatmung wichtigster Muskel ist das kuppelförmige Zwerchfell (zwerch = quer). Die-se vom Muskel gebildete Kuppel flacht bei Kontraktion ab und fördert dabei allein bis zu zwei Drittel des Atemvolumens. Gleichzeitig erweitert sich der Brustkorb. In Folge des bei die-sem Vorgang entstehenden Un-terdruckes wird Luft in die Lun-ge eingesaugt. Die Bauchein-geweide werden dabei durch das Tiefertreten des Zwerchfelles komprimiert, die Körpermitte tritt hervor.

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1.3.2. Ausatmung Beim Erschlaffen des Zwerchfelles erfolgt die Ausatmung . Das normale Ausatmen (nicht zu verwechseln mit der tönenden Ausatmung beim Singen) ist ein eher passiver Vorgang. Die Zwischenrippen- bzw. das Zwerchfell erschlaffen, wodurch sich der Brustkorb infolge seines Gewichtes (Schwerkraft) senkt bzw. das Zwerchfell durch seine Elastizität nach oben wölbt, wobei die Aufwärtsbewegung des Zwerchfelles durch die Kontraktion der Bauchmuskulatur unterstützt werden kann. Dabei schlankt die Körpermitte ab. Auf diese Weise erhöht sich der Druck auf die Lunge und führt in der Folge zu einer Volumenverkleinerung und einem Luft-druckanstieg. Besteht eine Verbindung zur Außenluft, wird im Falle eines Überdrucks Luft aus dem Körper ausströmen. Atmung und Körperform (Haltung) stehen in enger Wechselbeziehung und hängen beide we-sentlich von Art und Intensität der geforderten Leistung ab. Deswegen wird in der Physiologie der Atmung auch zwischen verschiedenen Atemarten und Atemtypen unterschieden. Für die Stimmbildung ist wichtig, dass die sängerische Atemführung (Singatmung) eine besondere Art der Atmung ist und sich zum Teil wesentlich von Ruheatmung, Leistungsatmung oder Sprech-atmung unterscheidet, weil für die Tonerzeugung ein möglichst konstanter mittlerer Atemdruck erforderlich ist. Dieser wird erst durch gezielte Aktivität der Atmungsmuskulatur erreicht. Sie setzt eine sängerische Körperhaltung (Form) voraus.

Luftröhre

Lunge verkleinert sich

Kleine Brustmuskeln ent-spannen sich Zwischenrippenmuskeln entspannen sich

Zwerchfell erschlafft und wölbt sich nach oben

________________________________________ 2. Der Kehlkopf

Ein Tongenerator 2.1. Das Organ

seitl. Längsschnitt Längsschnitt von hinten gesehen

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Der Kehlkopf kann die unteren Luftwege gegen den Rachen verschließen. Die Kehlkopfmus-keln dienen (mit einer Ausnahme) dem Verschluss und verhindern so das Eindringen von Fremdkörpern. Außerdem erzeugt der Kehlkopf Töne. Dem Kehlkopf liegt ein Knorpelgerüst mit Bändern zugrunde, das die Muskeln trägt und großenteils von Schleimhaut überkleidet ist. Das Knorpelgerüst (Skelett) setzt sich aus Schildknorpel, Ringknorpel, den beiden Stellknorpeln und dem Kehldeckel zusammen. Im durch die Knorpel gebildeten Kehlkopf befinden sich damit verbunden zwei muskulöse, mit einem elastischen Gewebe überzogenen Falten (vulgo: die Stimmbänder), die den Atemstrom in Ton wandeln . Physiologisch korrekt werden die inneren kompakten Muskelkörper dieser Falte als Musculus vocalis (paarig) bezeichnet, die Ränder, ein elastisches Gewebe, in das dieser M. vocalis gebettet ist, als Ligamenta vocalia (Ausläufer eines größeren elastischen Gewebes, Conus elasticus genannt). Diese beiden muskulösen Schleimhautfalten bezeichnet man auch als Stimmlippe (eher benützt für die gemeinsame Be-zeichnung von M. vocalis und Ligg. vocalia) oder Stimmfalte (eher benützt für die gesamte Fal-te). Glottis nennt man die stimmbildenden d.h. alle die Stimmritze begrenzenden Strukturen, Stimmritze bezeichnet den Spalt der geöffneten Glottis. Doch herrscht leider bis heute noch keine wirklich detaillierte Einheitlichkeit in der Begriffsbestimmung Jedoch erst in Verbindung und Feinabstimmung mit einer gan zen Reihe von weiteren be-nachbarten meist paarigen Muskelgruppen ist die den Gesangston bildende Funktion der Glottis gewährleistet . Diese Muskeln ermöglichen der Glottis in ihrem antagonistischen Wir-ken (d.h. sie wirken untereinander als Gegenspieler) erst den dazu nötigen kompletten Schluss, die Feineinstellung, sowie das weite Öffnen bei der Einatmung und unterstützen außerdem we-sentlich die Spannungsarbeit der Stimmlippen. Dabei unterscheidet man Spanner, Dehner, Öff-ner und Schließer. Darüber hinaus mitbestimmen Teile eines auch als Einhängemechanismus bezeichneten Muskelgeflechtes (man unterscheidet hier Heber und Senker) Lage und Veranke-rung des Kehlkopfes, somit auch Länge und Form des Ansatzrohres, z. B. im sogenannten tie-fen Verankern der Kehle Außenansicht Kehlkopf (Knorpel, Bänder, Muskeln)

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Blick in den Kehlkopf , von oben auf die Stimmfalte (nach Husler, Singen, Abb.13)

2.2. Funktion/Mechanismus der Tonerzeugung

2.2.1. Stellungen der Glottis: 2.2.1.1. Die Atemstellung

Am einfachsten lässt sich die Stellung der Glottis beim Atmen beschreiben. Sowohl die Stimmlippen als auch die Stellknorpel liegen in ihrer ganzen Länge auseinander, so dass ein Lungenluftstrom relativ ungehindert entweichen kann.

Beim normalen Ausatmen liegen sie etwas enger beieinander als beim Einatmen. So-weit bekannt, ist die Stellung der Glottis bei stimmlosen Lauten die gleiche wie beim Ausatmen. Ein typischer Laut, der mit dieser Glot-tisstellung gebildet wird, ist das stimmlose h, bei dem auch die Artikulationsstelle glottal ist. Im Übrigen ist diese Glottisstellung die Grundlage für alle stimmlosen Laute.

2.2.1.2. Die Phonationsstellung

Bei der Bildung von stimmhaften Lauten, d.h. bei Vokalen wie [a e i o u] oder Klingern wie [m n l j w], sind die Stimmlippen so angeordnet, dass sie sich in ih-rer gesamten Länge fast berühren. Wenn durch diese sehr enge Annäherung ein exspiratorischer Luftstrom geschickt wird, bilden sich Kräfte, durch deren Zu-sammenspiel dieser Luftstrom in eine Folge von periodischen Pulsen verwandelt wird. Dieser Vorgang soll im Folgenden etwas genauer betrachtet werden.

2.2.1.3. Die Flüsterstellung

Flüstern ist ein kräftiges zischendes Geräusch, das durch einen turbulenten Luft-strom durch eine stark verengte Glottis hervorgebracht wird. In geflüsterter Spra-che sind normalerweise stimmhafte Laute geflüstert, somit stimmlos, stimmlose Laute bleiben unverändert.

Flüsterdreieck-> 2.2.1.4. Der Glottisverschluss

Bei der Bildung eines Glottisverschlusses werden die Stimmlippen in ihrer gesam-ten Länge fest zusammengepresst.

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2.2.2. Die Tonerzeugung

Die heute gültige Phonati-onstheorie geht von einer an der Glottis wirksam wer-denden Wechselwirkung zwischen Atemdruck und den Muskelkräften im Kehl-kopf aus (muskoelastisch-aerodynamische Theorie) und zwar nach dem Prinzip der Polsterpfeife. Demnach sind die aerodynamischen Größen, d. h. subglottischer Druck, Strömungsge-schwindigkeit und Glottiswi-derstand die entscheiden-den stimmbildenden Para-meter. Damit sind jedoch wesentliche Stimmphänomene wie Nachsingen eines Tones auf exakt der vorgegebenen Tonhöhe, Glissando und Schwellton nicht hinreichend erklärbar. Es besteht die Ansicht, dass darüber hinaus noch nervale Steuermechanismen in Aktion treten.

2.2.2.1 Phasen der Phonation und Randkantenverschie bung

Die folgende Abbildung zeigt das Öffnen und Schließen der Glottis genauer: Phase 1: Ausgangsposition, die Stimmlippen sind sanft geschlos-sen Phase 2-4: Drückt die kompri-mierte Atemluft von unten gegen die Stimmlippen entsteht ein subglottaler Druck, der bei Errei-chen eines Schwellwertes diese auseinander drängt. Dabei tren-nen sich zunächst die unteren Ränder. Später trennen sich auch die oberen Ränder. Phase 5-8: Sind die Stimmfalten geöffnet, kann die Atemluft wie durch eine Düse in den Rachen-raum entweichen. Durch diese schnelle Strömung entsteht je-doch eine seitliche Sogwirkung, der sog. Bernoulli Effekt, der die Randkantenverschiebung zur Folge hat. Er saugt die Stimm-lippen, unterstützt durch deren Elastizität, an und zieht diese zusammen. Dabei schließen sich zuerst die unteren Ränder, die oberen Folgen, wenn der subglottale Luftstrom abgeschnitten ist. Phase 9: Die Stimmlippen liegen breit aneinander und sind geschlossen. Als Folge davon wird unterhalb der Glottis erneut ein Druck aufgebaut, der sie den Phonationszyklus von vorne be-ginnen lässt. Auf diese Weise wiederholt sich dieser Zyklus immer wieder und erzeugt die re-gelmäßige Vibration, die wir Stimme nennen. Die Vibrationsgeschwindigkeit und damit die Stimmhöhe eines stimmhaften Lautes hängen von der Spannung der Stimmlippen ab, die von der Kehlkopfmuskulatur kontrolliert wird.

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2.2.2.2. Tonveränderungen in der Glottis Neben dieser grundsätzlichen Bewegung bei der Tonerzeugung, vermag der Kehlkopf durch vielgestaltige Veränderungen der Stimmlippen und Spannung der umgebenden Muskulaturen eine Reihe von Klangveränderungen hervorzubringen: Tonhöhenveränderung: Als Grundregel gilt: Je höher der Ton, desto gespannter und länger die Stimmlippen, je tiefer ein Ton, desto entspannter und kürzer die Stimmlippen (Es gibt daneben noch andere Regeln, so ist die Tonhöhe zuweilen auch von der Menge der schwingenden Masse der Stimmlippen abhängig. Das bedeutet, dass nur ein Teil der Stimmlippen zur Tonerzeugung herangezogen werden kann) Stimmregister: Bestimmten Einstellungen und Spannungskombinationen (Funktionen des Stimmorgans) sind ganz bestimmte Stimmklänge zugeordnet. Bereiche von mit gleicher Stimmfunktion erzeugten Klängen werden als Register bezeichnet. Gleitende Übergänge zwischen den Registern sind möglich und in bestimmten Grenzen erlernbar und stimmpädagogisch erstrebenswert im so-genannten Registerausgleich Lautstärke: Die Lautstärke ist eine Funktion der Qualität des Stimmlippenverschlusses, der schwingenden Masse und des eingesetzten Atemdruckes. Als Grundregel gilt: Je höher Masse und Druck, desto lauter der Ton. Eine tragfähige und durchdringungskräftige Stimme hängt aber noch von weiteren Faktoren (Individueller Bau des Organs, Einstellungen im Resonanzrohr, Formanten, ausgewogener Spannkraft) ab

________________________________________ 3. Das Ansatzrohr - Ein Tonmodulator

3.1. Das Organ Das oberhalb der Stimm-lippenebene gelegene Raumsystem wird Ansatz-rohr genannt. Es beginnt in den Taschenfalten, dem Kehlkopfeingang hinter dem Kehldeckel, erstreckt sich weiter über den Rachen, die Mundhöhle, Nase und die Nebenhöhlen, wird weiter gebildet durch Mundbo-den/Kiefer mit der Zunge und durch Wangenmuskula-tur und Lippen. Zahlreiche Muskeln ermöglichen au-ßerordentlich vielgestaltige Formveränderungen die-ses hochgradig gedämpf-ten Resonanzsystems . Das Ansatzrohr macht den an den Stimmlippen erzeugten Ton (Primärton) erst zu dem, was man die menschliche Stimme nennt.

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3.2. Funktion

Das Ansatzrohr hat artikulatorische und phonatorische Funktion . Artikulatorische Funktion bedeutet Bildung von stimmhaften und stimmlosen Phonemen. Phonatorische Funktion be-deutet Beeinflussung des Obertonspektrums bezüglich Frequenz, Bandbreite und Amplitude durch Änderungen der Konfiguration und Wandbeschaffenheit. Dadurch kann der Stimmklang, die Stimmfarbe verändert werden. Es dient also der Lautbildung allgemein, sowie der Verstärkung , insbesondere jedoch der Färbung des Primärtones durch die Ausprägung von Formanten .

Die Hauptresonanzräume des Ansatzrohres sind: Nasenhöhle, Mundhöhle, Rachen (Parynx), Bereich unmittelbar über dem Kehlkopf (Larynx) 3.2.1. Die Artikulatoren

In den Resonanzräumen des Ansatzrohres befinden sich die sogenannten Artikulato-ren . Artikulatoren sind Sprechorgane oder Teile von Sprechorganen, die am unmit-telbarsten an der Erzeugung eines bestimmten Lautes be-teiligt sind. Wir unterscheiden passive und aktive Artikulato-ren. Je nach Aufgabe hat ein und derselbe Artikulator manchmal passive oder aktive Funktion.

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3.2.2. Die sängerische Grundeinstellung des Ansatzr ohres Abb. a zeigt die entspannte Ruhelage des Kehlkopfes und des Ansatzrohres Abb. b zeigt die sängerische Position von Kehlkopf und Ansatzrohr. Sie wird erzielt durch tiefe Verankerung des Kehlkopfes mit gleichzeitigem Anhe-ben des Gaumensegels. Der Raum-gewinn lässt sich an der dunkelschraf-fierten Fläche ablesen. Beteiligt: unterhalb desselben gelege-ne Muskulaturen (Teile des sogenann-ten Einhängemechanismus). Der da-bei erzielte Raumgewinn soll nicht durch eine nach hinten rutschende oder drückende Zunge wieder gemin-dert werden. Daraus resultiert die stimmbildnerische Forderung: Kehle tief und möglichst ruhig, Zunge kurz und breit vorne an die Zähne, Gau-mensegel hochgespannt.

3.2.2.1. Der Einhängemechanismus

Der Einhängemechanismus kann die Kehle in alle Rich-tungen verankern und bewegen. Die beteiligten Muskeln (rot) gliedern sich in Heber und Senker.