Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? · Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä - re und...

4
Praxis 32 www.kleinundgross.de 12 / 2015 Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? Partizipation in der Krippe Praxis 32 www.kleinundgross.de 12 / 2015 Partizipation von Kindern ist nicht nur ein Recht, sondern Herausforderung und Bildungschance zu gleich. Sie ist der Nährboden, dass Kinder sich in ih- rem eigenen Tempo entwickeln kön- nen, sich im sozialen Miteinander üben und ausprobieren, um sprachfä- hig zu werden. So kann Selbstwirk- samkeit wachsen und gespürt wer- den.Dies setzt ein kontinuierliches Reflektieren der pädagogischen Ar- beit voraus und fordert Fachkräfte je- den Tag aufs Neue heraus. Denn Parti- zipation in der Krippe ist eine Bring-Schuld. Ursula Günster-Schöning Pädagogische Fachkräfte in der Krippe müssen für die kindgerechten Partizi- pationsmöglichkeiten sorgen, da die Kleinstkinder diese noch nicht verbal einfordern können. Das bedeutet, dass schon bei den Allerkleinsten die eige- nen Interessen und Meinungen wert- geschätzt und vor allem respektiert werden sollten. Wenn Krippenkinder spüren, dass nicht ständig für sie be- stimmt wird, was sie zu tun und lassen haben, sondern ein Verständnis wächst von „ich darf hier allein ent- scheiden“, „ich darf es hier selber tun“, „ich werde gefragt, bevor man etwas mit mir macht“ und letztendlich „ich kann … z. B. Lösungen finden“ trägt D I E 0 3 - J Ä H R I G E N Fotos: Günster-Schöning

Transcript of Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? · Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä - re und...

Page 1: Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? · Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä - re und Lernkultur sowie die offene Haltung und das Vertrauen auf indivi-duelle kindliche Lernwege

Praxis32 www.kleinundgross.de 12 / 2015 33Praxiswww.kleinundgross.de 12 / 2015

Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? Partizipation in der Krippe

Praxis32 www.kleinundgross.de 12 / 2015

Partizipation von Kindern ist nicht nur ein Recht, sondern Herausforderung und Bildungschance zu gleich. Sie ist der Nährboden, dass Kinder sich in ih-rem eigenen Tempo entwickeln kön-nen, sich im sozialen Miteinander üben und ausprobieren, um sprachfä-hig zu werden. So kann Selbstwirk-samkeit wachsen und gespürt wer-den.Dies setzt ein kontinuierliches Reflektieren der pädagogischen Ar-

beit voraus und fordert Fachkräfte je-den Tag aufs Neue heraus. Denn Parti-zipation in der Krippe ist eine Bring-Schuld.

Ursula Günster-Schöning

Pädagogische Fachkräfte in der Krippe müssen für die kindgerechten Partizi-pationsmöglichkeiten sorgen, da die Kleinstkinder diese noch nicht verbal

einfordern können. Das bedeutet, dass schon bei den Allerkleinsten die eige-nen Interessen und Meinungen wert-geschätzt und vor allem respektiert werden sollten. Wenn Krippenkinder spüren, dass nicht ständig für sie be-stimmt wird, was sie zu tun und lassen haben, sondern ein Verständnis wächst von „ich darf hier allein ent-scheiden“, „ich darf es hier selber tun“, „ich werde gefragt, bevor man etwas mit mir macht“ und letztendlich „ich kann … z. B. Lösungen finden“ trägt

DIE 0–3 - JÄ HR IG

EN

Foto

s: G

ün

ste

r-S

chö

nin

g

Page 2: Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? · Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä - re und Lernkultur sowie die offene Haltung und das Vertrauen auf indivi-duelle kindliche Lernwege

Praxis32 www.kleinundgross.de 12 / 2015 33Praxiswww.kleinundgross.de 12 / 2015 33Praxis

dies zur Entwicklung eines positiven Selbstbildes bei. So hebt auch Profes-sor Ronald Lutz im Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks 2012 her-vor, dass Partizipation nicht nur zu ei-nem positiven Selbstbild, sondern eben auch zu einem positiven Effekt auf die Resilienzbildung der Kinder führt. In seiner Studie betont er eben-so, dass durch frühe Beteiligung von Kindern die Vererbung von Armut durch die Resilienzerfahrung und die Entwicklung sozialer Kompetenzen kompensiert werden kann (vgl. Lutz

2012).

Eigene LösungsmöglichkeitenAuch das eigenständige Lösen vonKonflikten kommt schon den allerKleinsten in der Krippe zu Gute. Sie lernen zum einen den Umgang mit dosiertem Scheitern, üben sich bereits früh darin eine Problemsituation über-haupt zu erkennen, sie auszuhalten und kreativ zu nutzen. So entwickeln sie durch aktives Selbertun eigene Lösungswege. Dies ist jedoch nur mög-lich, wenn Erzieherinnen eine partizi-pative und ressourcenorientierte Bil-dung, Erziehung und Betreuung ermöglichen.

Aktive Mitgestaltung ja, aber wo?Rüdiger Hansen schlägt in diesem Kon-text 4 grundlegende Eckpfeiler vor (vgl.

Hansen 2013), wenn es um die Etablie-

rung von Partizipation in der Krippe geht. Er stützt sich dabei auf die Erfah-rungen mit dem Konzept der „Kinder-stube der Demokratie“ (vgl. Hansen/

Knauer/Sturzenhecker 2011), in welchem es vorrangig um strukturell verankerte Partizipation in Kindertageseinrichtun-gen geht. Demnach gilt es folgende Bereiche im Fachkräfte-Team zu disku-tieren und Wege zu finden, sie auszu-gestalten.ßß Wo sollen Kinder in der Krippe betei-ligt sein? Welche Mitbestimmungs-rechte werden den Kindern einge-räumt? Wo dürfen sie nicht mitbe- stimmen?ßß Wie und welche verlässlichen Beteili-gungsgremien sollen eingeführt wer-den? Wo und wie können Kinder mit-entscheiden und ihre Interessen äußern?ßß Wie können Beteiligungsverfahren angemessen und altersgerecht ge-staltet werden? Was brauchen Kinder dafür, wie können sie unterstützt werden, um sich Meinungen zu bilden?ßß Was gehört zu einer wertschätzen-den Interaktion und Kommunikati-on? Wie werden respektvolle und dialogische Gespräche geführt?

Wie gerade in der Krippe eine ange-messene Mitgestaltung gelingen kann,

um eine positive Entwicklung der Kin-der zu ermöglichen, müssen Krippen-erzieherinnen im Team besprechen und aushandeln. Partizipation setzt voraus, dass die pädagogischen Fach-kräfte sich für das interessieren, was die Kinder (wie) tun, und bereit sind, ihnen Verantwortung zu übertragen. Gleichzeitig bedeutet es auch, dass die päd. Fachkräfte bereit sind, sich zu-rückzunehmen, Nähe und Distanz zu-zulassen und Abläufe zu unterbre-chen, wenn Kinder Bedürfnisse und Wünsche signalisieren oder äußern, deren Befriedigung das erforderlich macht. Diese Entscheidung ist nicht immer leicht und einfach im Alltag umzuset-zen, da Rahmenbedingungen wie Es-senanlieferung oder die Nutzungs-möglichkeiten bestimmter Räume ein spontanes auf Kinderwünsche Reagie-ren häufig erschwert. Für die pädago-gischen Fachkräfte der Krippe ist es daher wichtig, den Krippenalltag der Kinder als Prozess zu verstehen, in welchem sie aus Erfahrung lernen dür-fen. Dieser Prozess ist dann auch gleichsam das Herzstück der Arbeit und bedarf keiner künstlichen Lernan-gebote. Der Alltag mit seinen Heraus-forderungen wie Essen, Spielen, Wi-ckeln, Schlafen und Sich-Ausprobieren -Dürfen ist dann das zentrale Erfah-rungs- und Lernfeld der Kinder.

Welche Mitbestimmungsrechte werden den Kindern eingeräumt?

Page 3: Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? · Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä - re und Lernkultur sowie die offene Haltung und das Vertrauen auf indivi-duelle kindliche Lernwege

Praxis34 www.kleinundgross.de 12 / 2015 35Praxiswww.kleinundgross.de 12 / 2015

„Zeitwohlstand“Es bedarf der Kompetenz und nötigen Sensibilität, sich immer wieder zurück-zunehmen, sich und die geplanten Ak-tionen nicht aufdrängen zu wollen und für „Zeitwohlstand“ zu sorgen. Zeit ist in der Krippe das kostbarste Gut. Kleinstkindern Zeit geben, unver-plante Zeit bereitwillig zur Verfügung stellen, damit sie diese nutzen können zum Verweilen, Beobachten, Ausruhen und intensivem Spiel. So eröffnen wir erste Wege hin zu einer partizipativen Haltung. Basierend auf dieser Grund-haltung lernen Krippenkinder, sich für oder gegen eine Sache zu entscheiden, und spüren bewusst durch das eigene Tun ihre Selbstwirksamkeit. Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä-re und Lernkultur sowie die offene Haltung und das Vertrauen auf indivi-duelle kindliche Lernwege wären eine gute Grundlage und sogleich auch von Vorteil, wenn es um das Befriedigen individueller Bedürfnisse der Kleinkin-der und einer gelebten Partizipation in der Krippe geht. „Unplanbarkeit“Erzieherinnen in der Krippe brauchen daher die Kompetenz, Ungewissheit und Unplanbarkeit aushalten zu kön-nen, denn Kleinkinder reagieren nun einmal anders als Kindergartenkinder. Sie haben oft noch nicht die Möglich-

keit, sich verbal auszudrücken, und nutzen daher vielmehr paraverbale oder nonverbale Signale, um sich und ihre Bedürfnisse mitzuteilen. So sind, meiner Ansicht nach, die vorrangigen Mitbestimmungsthemen im Krippenal-ter jene, die sich auf den eigenen Kör-per der Kinder beziehen, wie Essen, Wickeln, Schlafen und Bewegen. Darf ein Kind selbst entscheiden, ßß ob und was es essen möchte (z. B. nur den Nachtisch)?ßß wann und mit wem es essen möchte?ßß neben wem es am Tisch sitzen möchte?ßß ob es Essen auswählen und probieren möchte?ßß ob es sein Essen aufessen möchte?ßß wie/mit welchen Werkzeugen es es-sen möchte?ßß ob es mit dem Essen experimentieren /matschen möchte?ßß wie lange und oft es essen möchte?ßß wie viel es essen möchte?ßß ob es sich selber aufgeben möchte und wie viel?ßß ob es sich an den Vorbereitungen zum Essen beteiligen kann/möchte?ßß ob es sich beim Abräumen beteiligen kann/möchte?ßß ob und was es trinken möchte?ßß wie viel und woraus es trinken möchte?ßß ob, wann und wie lange es schlafen möchte?

ßß ob es sich an den Vorbereitungen für das Schlafengehen beteiligen möchte?ßß wo und wie (Kleidung/Bettzeug etc.) es schlafen möchte?ßß ob es alleine oder neben jemandem schlafen möchte?ßß ob es „Einschlafhilfe“ (Schnuller/Ku-scheltiere etc.) benutzen möchte?ßß ob eine Erzieherin es in den Schlaf begleitet?ßß ob es sich alleine aus- und anziehen möchte?ßß wie es gewickelt werden möchte? ßß von wem es gewickelt werden möchte?ßß ob und wie (stehen/liegen) es gewi-ckelt werden möchte?ßß wann es trocken werden möchte?ßß ob es eine Toilette benutzen möchte oder nicht?ßß ob es die Toilette auch im Spiel entde-cken darf (hineinfassen, Wasser spüren)?ßß was es als Wechselkleidung anziehen möchte?ßß ob es Farbe/Schaum/Creme am gan-zen Körper anbringen und ausprobie-ren möchte/darf?ßß ob es die Farbe/Schaum/Creme auch in den Mund nehmen darf?ßß ob es mit nackten Füßen, Socken oder Hausschuhen im Gruppenraum/der Krippe herumlaufen möchte?ßß ob es im Sandkasten den Sand auch in den Mund nehmen darf?ßß ob es mit Händen und ggf. auch Ge-sicht in die Pfütze eintauchen darf?ßß welche Materialien es frei und unab-hängig erkunden möchte?ßß wann und wo es sich im Gruppen-raum bewegen oder ausruhen möchte?ßß wann und wie es Körperkontakt zur Erzieherin haben möchte?

Praxis34 www.kleinundgross.de 12 / 2015

Page 4: Selbst entscheiden: mitmachen oder zuschauen? · Eine fehlerfreundliche Lernatmosphä - re und Lernkultur sowie die offene Haltung und das Vertrauen auf indivi-duelle kindliche Lernwege

Praxis34 www.kleinundgross.de 12 / 2015 35Praxiswww.kleinundgross.de 12 / 2015

Literatur

Bayerisches Staatsministerium für Arbeit

und Sozialordnung, Familie und Frauen;

Staatsinstitut für Frühpädagogik München

(Hrsg.): Der Bayerische Bildungs- und Erzie-

hungsplan für Kinder in Tageseinrich-

tungen bis zur Einschulung. Cornelsen,

2005

Booth, Tony/Ainscow, Mel/ Kingston, De-

nise: Index für Inklusion. Lernen, Partizipa-

tion und Spiel in der inklusiven Kinderta-

geseinrichtung entwickeln. Gewerkschaft

Erziehung und Wissenschaft (Hrsg.), 2006

Hansen, Rüdiger/Knauer, Raingard/ Stur-

zenhecker, Benedikt: Partizipation in Kin-

dertageseinrichtungen – So gelingt Demo-

kratiebildung mit Kindern! Verlag das Netz,

2011

Knauer, Raingard/ Hansen, Rüdiger: Erfolg-

reich starten. Leitlinien zum Bildungsauf-

trag in Kindertageseinrichtungen. Ministe-

rium für Bildung und Frauen des Landes

Schleswig Holstein (Hrsg.), 2008

Link: www.schleswig-holstein.de/DE/

Fachinhalte/K/kindertageseinrichtungen/

kindertageseinrichtungen_Bildungsauf-

trag_LeitlinienBildungsauftrag_Bildung-

Kindertageseinrichtungen.html

Lutz, Ronald: Mitbestimmung in Kinderta-

geseinrichtungen und Resilienz. Deutsches

Kinderhilfswerk e.V. (Hrsg.): Kinderreport

Deutschland 2012, 2012

Petrie, Stephanie/Owen, Sue: Authentische

Beziehungen in der Gruppenbetreuung von

Säuglingen und Kleinkindern. Arbor Verlag,

2006

Bewegte EntscheidungenAuch das Thema Bewegung rückt schnell in den Fokus der Krippenkinder und kann partizipatorisch betrachtet werden. Wo möchte ich meinen Kör-per hinbewegen? Wie möchte ich das tun? Womit möchte ich das tun? Mit wem möchte ich das tun? Dies können Kinder z. B. signalisieren, indem sie an der Tür stehen und versuchen die Klin-ke zu erreichen, um den Raum zu ver-lassen, da sie den Flur oder einen an-deren Raum erkunden wollen. Andere versuchen ihre Schuhe anzuziehen, um zu signalisieren: „Ich will nach draußen gehen“. „Sich verstecken“ oder „auf den Boden legen und steif machen“ können hingegen Signale dafür sein, dass ein Kind nicht mit allen anderen nach draußen möchte. Wenn Krippen-kinder sich langsam und träumend be-wegen, verweilen, beobachten oder sich ausruhen, sind das häufig Signale für „Entschleunigung“, für „ich bin müde“, „erschöpft“ oder „brauche jetzt einfach eine Auszeit für mich“. In solchen Situationen brauchen die Klei-nen kein Angetrieben-Werden nach dem Motto: „Schnell, schnell“, oder ein schnelles „Hochgehobenwerden“, um weiterzumachen, fertig zu werden, aufzuräumen oder nach draußen zu gehen, sondern ein emphatisches Ein-gehen auf dieses Signal und ein Res-pektieren des kindlichen Bedürfnisses. Räume als Wegweiser Die Raumstruktur spielt dabei neben der Haltung der Erzieherin eine sehr entscheidende Rolle, auch in Hinblick auf die Partizipation von Kleinstkin-dern. Die Entwicklungsthemen und Lerninteressen von 0-3-Jährigen Kin-dern gehen weit auseinander. Findet da jede/jeder in den Gruppenräumen, was er braucht? Finden Kinder jeden Alters spannende Herausforderungen und gelangen Kinder ohne Hilfe des Erwachsenen an Materialien und in benachbarte Funktionsräume? Gibt es genügend Platz und Raum für Bewe-gung, Transport und Rückzug? Exis-tiert eine klare Struktur? Ist die Mate-rialauswahl überschaubar, dennoch reichhaltig und vielfältig? Lädt der Raum zum Experimentieren und Ver-

weilen ein? Fühlen sich alle wohl? Und wenn ja, woher wissen wir das? Wie können wir das erkennen? Gibt es un-terschiedliche Rückzugsmöglichkeiten? usw.

Keine Regel- und Grenzenlosigkeit Partizipation in der Krippe ist eine echte Chance für die Jüngsten in unse-rer Gesellschaft sich kindgerechtund unter der Begleitung von Erwach-senen in Entscheidungen, welche die eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Belange betreffen, üben zu können. Gelingenskriterien für partizipatori-sches Handeln in der Krippe sind daher vor allem die personellen Kompeten-zen der pädagogische Fachkräfte, wie eine wohlwollende Grundhaltung, re-flektiertes Handeln, Wissen um und über die Fertig- und Fähigkeiten der Kinder und deren Entwicklungsstand, ein Nachdenken über die eigenen Hal-tungen und Einstellungen, eine wert-schätzende Kommunikation und die Fähigkeit zu einfühlsamen Dialogen. Auch die Bereitschaft und Kompetenz sich zurück zu nehmen und Unplanbar-keit auszuhalten ist in diesem Zusam-menhang sehr wichtig. Dass bei all dem die Rahmen- und Schutzbedin-gungen beachtet werden versteht sich von selbst. Grundsätzlich geht es dar-um, das Kind als eigenständiges Indivi-duum zu betrachten, das ein Recht da-rauf hat, an Entscheidungen, die es selbst betreffen, beteiligt zu werden. Die Partizipationsformen und -Themen in der Krippe können dabei generell unterschiedlich aussehen, und sind im Idealfall „zielgruppenorientiert“ und an das jeweilige Kind mit seinen per-sönlichen Fähigkeiten, Stärken und an den jeweiligen Entwicklungsstand an-gepasst. Das man sich zudem an den Interessen, Bedürfnissen und an der Lebenswelt des Kindes orientiert, soll-te selbstverständlich sein (vgl. Hansen

2003). So bedeutet Partizipation auch nicht immer „Abstimmung“. Kleinst-kinder müssen nicht zwangsläufig ein Fotokärtchen für die Auswahl des neu-en Projektthemas oder der Raumdeko-ration oder für die Gute-Nacht-Ge-schichte auslegen. Aber wie sieht es aus, wenn er oder sie gerade nicht

nach draußen möchten? Wenn er oder sie nicht von Erzieherin A gewickelt werden möchte, sondern lieber von Er-zieherin B? Wenn er oder sie das Essen nicht probieren möchte? Könnten und dürfen Kleinstkinder hier mitentschei-den?

Ursula Günster-Schöning, Prozess- und Or-

ganisationsbegleiterin, Master Coach QRC

und pädagogische Koordinatorin, staatlich

anerkannte Sozialfachwirtin und Erzieherin,

Inhaberin des Fortbildungsinstituts ERFOR.

Kontakt

www.ursula-guenster.de

www.erfor.de

35Praxiswww.kleinundgross.de 12 / 2015