Selbstbestimmung

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Dieses Modul richtet sich an Eltern, die ihre Beziehung zu ihren Familienmitgliedern mit und ohne Behinderung stärken wollen. Das Modul widmet sich den Themen Konfliktmanagement, Problemlösung und Entscheidungsfindung. Wir haben versucht, zahlreiche praktische Aktivitäten zur Selbstreflexion, praktische Übungen, Selbsteinstufungstests und strukturierte Tipps für Sie zusammenzustellen. Obwohl wir uns mit diesem Modul hauptsächlich an die Eltern richten, werden auch Familienmitglieder mit Behinderung Abschnitte finden, die sie dabei unterstützen können, ein noch selbstbestimmteres Leben zu führen. Bitte betrachten Sie die Vorschläge, Erläuterungen, Fallstudien und Übungen als Ausgangspunkt zur Selbstreflexion und passen Sie sie an Ihre Bedürfnisse an. Die theoretischen Teile stützen sich auf sorgfältige Untersuchungen von PsychologInnen und ExpertInnen in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung; die praktischen Teile basieren auf der praktischen Arbeit mit Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen. Somit bietet Ihnen das Modul eine große Palette an Erfahrungen, aus denen Sie schöpfen können, wenn Sie wollen. Sollten Sie weitere Informationen oder Unterstützung wünschen, so wenden Sie sich bitte an die entsprechenden ExpertInnen in Ihrer Nähe.

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  • MODUL 2 Selbstbestimmung

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  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Inhalt .............................................................................................................................. ....... 4 .......................................................................... 5 ....................................................................................................................... 5 ............................................................................................. 5 ............................................................................................................................ 8 ............................................................................................................... 8 ....................................................................................................................... 8 ................................................. 8

    .......................................................................................................................... 10 2.1.4. Wie gehen Sie mit Konflikten um? (Selbsteinstufungstest) .......................................... 10

    o ................................................................................... 15 ................................................... 15 ................................................................................................ 19 .................................................................... 20 ........................................................................................................ 22 ..................................................................................................................... 22

    2.2.1. Grundlagen der Entscheidungsfindung ......................................................................... 22

    ...... 27 .......................................................................................................................... 45 ......................................... 45

    ..................................................................................................................... 47 .......................................................................................................................... 50 .................................................................................... 50 o ............................. 54 ................................................................. 57 ................................................................ 57 ................................................................... 58 ......................................................................................... 58 .......................................................................................................................... 59 ................................................................... 59

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    .......................................................................................................................... 64 ........................................................................... 64 ........................................................................................................................... 66 ..................................................................................................................... 69 ................................................................... 69 .................................................................................................... 73 ..................................................................................................................... 73 ................................................. 73

    .......................................................................................................................... 75 o ..................................... 75 o .............................................................................................................................. ..... 76 o ................................................ 77 ..................................................................................................................... 79 .................................................................................................................... 79 .......................................................................................................................... 83 ..................................................................... 83

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    Einleitung

    Dieses Modul richtet sich an Eltern, die ihre Beziehung zu ihren Familienmitgliedern mit und

    ohne Behinderung strken wollen.

    Das Modul widmet sich den Themen Konfliktmanagement, Problemlsung und

    Entscheidungsfindung. Wir haben versucht, zahlreiche praktische Aktivitten zur

    Selbstreflexion, praktische bungen, Selbsteinstufungstests und strukturierte Tipps fr Sie

    zusammenzustellen. Obwohl wir uns mit diesem Modul hauptschlich an die Eltern richten,

    werden auch Familienmitglieder mit Behinderung Abschnitte finden, die sie dabei untersttzen

    knnen, ein noch selbstbestimmteres Leben zu fhren. Bitte betrachten Sie die Vorschlge,

    Erluterungen, Fallstudien und bungen als Ausgangspunkt zur Selbstreflexion und passen Sie

    sie an Ihre Bedrfnisse an.

    Die theoretischen Teile sttzen sich auf sorgfltige Untersuchungen von PsychologInnen und

    ExpertInnen in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung; die praktischen Teile basieren auf

    der praktischen Arbeit mit Menschen mit Behinderung und ihren Angehrigen. Somit bietet

    Ihnen das Modul eine groe Palette an Erfahrungen, aus denen Sie schpfen knnen, wenn Sie

    wollen.

    Sollten Sie weitere Informationen oder Untersttzung wnschen, so wenden Sie sich bitte an

    die entsprechenden ExpertInnen in Ihrer Nhe.

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    2.1 Konfliktmanagement und Problemlsung

    Theoretischer Teil

    2.1.1. Konfliktlsungsstrategien Es gibt Situationen, in denen die Interessen zweier Seiten (zwei Menschen, zwei

    Organisationen, usw.) unvereinbar scheinen. Das Verhalten der jeweiligen Parteien in einer

    solchen Situation kann in den beiden Dimensionen Durchsetzungsvermgen und Bereitschaft

    zur Zusammenarbeit beschrieben werden.

    x Unter Durchsetzungsvermgen versteht man den Grad, in dem eine Partei versucht, die eigenen Bedrfnisse und Anliegen zu erfllen.

    x Unter der Bereitschaft zur Zusammenarbeit versteht man den Grad, in dem eine Partei bereit ist, den Interessen und Anliegen der anderen Partei zu entsprechen.

    Abb. 2.3 Konfliktlsungsstrategien

    Basierend auf den Dimensionen Durchsetzungsvermgen und Bereitschaft zur

    Zusammenarbeit, kann man fnf Mglichkeiten zum Umgang mit Konflikten beschreiben:

    selb

    stsic

    her

    Wille zur Zusammenarbeit

    Selb

    stbe

    haup

    tung

    nich

    t sel

    bsts

    iche

    r

    kooperativ nicht kooperativ

    KONKURRENZ ZUSAMMENARBEIT

    KOMPROMISS

    VERMEIDUNG ANPASSUNG

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    Die Konkurrenzstrategie ist gekennzeichnet von sehr hoher Durchsetzungsfhigkeit und

    geringe Kooperationsbereitschaft. Eine Seite verfolgt ihre eigenen Interessen und Anliegen auf

    Kosten der anderen Seite. Dieser Konfliktlsungsansatz ist sehr zwangs- und machtorientiert.

    Die Parteien versuchen mit Hilfe ihrer Position und Macht (die Fhigkeit, zu argumentieren und

    zu diskutieren sowie sich selbst, sie soziale Stellung, die wirtschaftlichen Mglichkeiten usw. zu

    behaupten) die jeweils andere Seite zu besiegen.

    Die Kooperationsstrategie ist gekennzeichnet von hoher Durchsetzungsfhigkeit und hoher

    Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Dabei handelt es sich um das genaue Gegenteil von

    Vermeidung. Dabei versucht man, eine Lsung fr das Problem zu finden, die fr beide Seiten

    vorteilhaft ist. Das heit, unter Bercksichtigung und Analyse des Problems die tiefliegenden

    Interessen beider Seiten festzustellen und Alternativen zu finden, die beide zufriedenstellen.

    Die Kompromissstrategie ist gemigt in den Dimensionen Durchsetzung und

    Zusammenarbeit. Sie zielt darauf ab, eine akzeptable Entscheidung zu finden, die beide Seiten

    teilweise zufriedenstellt. Um eine Entscheidung zu erreichen, geht jede Seite einen

    Kompromiss ein bzw. gibt etwas fr etwas anderes zurck. Sie steht zwischen Konkurrenz und

    Anpassung. Bei der Kompromissstrategie gibt man mehr auf als bei der Konkurrenzstrategie,

    aber weniger als bei der Anpassungsstrategie. Diese Strategie ermglicht es beiden Parteien,

    dem Problem direkter zu begegnen als bei der Vermeidungsstrategie, wobei das Problem nicht

    so eingehend untersucht wird wie bei der Kooperationsstrategie.

    Die Vermeidungsstrategie ist gekennzeichnet durch niedrige Durchsetzungsfhigkeit und

    niedrige Kooperationsbereitschaft. Die Parteien verfolgen und befriedigen weder ihre eigenen

    Interessen oder Anliegen noch die der anderen Seite. Es wird nicht versucht, mit dem Konflikt

    umzugehen.

    Die Anpassungsstrategie zeichnet sich durch geringes Durchsetzungsvermgen aus und ist

    sehr zusammenarbeitsbetont. Sie ist das Gegenteil der Konkurrenzstrategie. Eine Seite

    vernachlssigt ihre eigenen Bedrfnisse und Interessen, um der der anderen Seite gerecht zu

    werden.

    Wir alle nutzen alle fnf Strategien im Umgang mit Problemen und Konflikten. Es gibt keine

    universellen oder richtigen Antworten in Bezug auf das Verhalten in solchen Situationen. Alle

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    fnf Strategien knnen - fr Menschen mit und ohne Behinderung - in jeder Situation

    eingesetzt werden. Es gibt die unterschiedlichsten Sichtweisen, wie beispielsweise "Vier Augen

    sehen mehr als zwei" (Zusammenarbeit), "Mach deinen Feind zum Freund" (Anpassung),

    "Geteiltes Leid ist halbes Leid" (Kompromiss), "Wer die Macht hat, hat das Sagen"

    (Wettbewerb) und "Aus Schaden wird man klug" (Vermeidung).

    Dennoch nutzen einige von uns einen bestimmten Ansatz hufiger oder besser als andere.

    Somit ist das Konfliktverhalten das Ergebnis aus persnlichen Eigenschaften und

    situationsabhngigen Anforderungen.

    Abb. 2.4 Konfliktstrategien

    KONFLIKTSTILE 1. Anpassen (ich verliere - du gewinnst)

    2. Vermeiden (ich verliere - du verlierst)

    3. Zusammenarbeiten (ich gewinne - du

    gewinnst)

    4. Konkurrieren (ich gewinne - du verlierst)

    5. Kompromiss finden (Win-win oder Verlust-

    Verlust)

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    Praktischer Teil

    2.1.2. Selbstreflexion Welche der oben genannten Strategien haben Sie bereits in Konfliktsituationen mit Ihren Familienmitgliedern angewandt?

    Wissen Sie, warum?

    Haben Sie diese Strategie vorstzlich oder spontan gewhlt?

    Glauben Sie, dass es einen anderen Weg gegeben htte, die Konfliktsituation zu lsen?

    Wie haben Sie sich nach der Lsung des Konflikts gefhlt?

    Haben Sie anderen Menschen ber Ihre Gefhle erzhlt?

    Theoretischer Teil

    2.1.3. Konfliktlsungstipps professioneller MediatorInnen Hier sind einige praktische Tipps von professionellen MediatorInnen, die dabei helfen knnen,

    persnliche Konflikte zu lsen:

    Definieren Sie das Problem und bleiben Sie dabei. Definieren Sie das Problem genau und

    bleiben Sie whrend der Diskussion beim Thema. Konflikte werden noch strker, wenn das

    Problem, das den Konflikt ausgelst hat, in einem Meer von bsen Worten, alten Problemen

    oder Verletzungen untergeht.

    Bleiben Sie bei sich. Bevor Sie sich mit den Fehlern und Mngeln anderer beschftigen,

    kmmern Sie sich um Ihre eigenen. Gestehen Sie sich auch ein, wie Sie zum Problem

    beigetragen haben.

    Planen Sie den Zeitpunkt fr die Diskussion. Planen Sie die Zeit fr das Treffen mit der

    anderen Person so, dass Sie beide ausgeruht und voraussichtlich in der Lage sind, in Liebe auf

    die Bedenken der anderen Person zu reagieren. Wenn Sie mde, gestresst und mit anderen

    Aufgaben abgelenkt sind, gehen solche Gesprche selten gut.

    Bekrftigen die Beziehung. Bekrftigen Sie die Beziehung, bevor Sie das Problem definieren.

    Zum Beispiel: "Unsere Beziehung ist mir wichtig. Wenn du mich nicht zurckrufst, fhle ich

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    mich abgelehnt und unwichtig." Vermeiden Sie es, der/dem anderen die Schuld zu geben, wie

    in diesem Beispiel: "Durch dich fhle ich mich..." Stattdessen knnten Sie sagen: "Wenn du 'A'

    machst, fhle ich mich 'B'."

    Hren Sie aufmerksam zu. Sobald Sie Ihre Gefhle ausgesprochen haben, hren Sie sich den

    Blickwinkel der/des anderen an. Seien Sie einfhlsam und prsent. Eine der leistungsfhigsten

    Kommunikationstechniken, die wir kennen, ist das Zuhren. Achten Sie auch darauf, dass Ihre

    Krpersprache vermittelt, dass Sie fr die andere Sicht offen sind. Geben Sie der/dem anderen

    zurck, was Sie glauben, gehrt zu haben. Zum Beispiel: "Ich habe gehrt, dass du glaubst, dass

    ich etwas von dir erwarte. Ist das richtig? "

    Verzeihen Sie. Verzeihen ist sowohl ein Ereignis als auch ein Prozess. Verzeihen knnen Sie mit

    vier Versprechungen konkretisieren:

    x Ich verspreche, ich werde das in Zukunft nicht mehr erwhnen oder versuchen, es gegen dich zu verwenden.

    x Ich verspreche, ich werde es nicht in meinem Herzen und meinem Geist behalten. x Ich werde nicht mit anderen Menschen darber sprechen. x Ich werde es nicht zwischen uns stehen oder damit unsere persnliche Beziehung

    belasten lassen.

    Schlagen Sie eine Lsung vor. Denken Sie daran, dass die Beziehung wichtiger ist als das

    Problem. Denken Sie bei der Erarbeitung einer Lsung daran, dass Sie beide nicht nur Ihre

    eigenen Interessen verfolgen sollten, sondern auch die Interessen der/des anderen. Suchen Sie

    Lsungen, die alle Interessen im Auge behalten.

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    Praktischer Teil

    2.1.4. Wie gehen Sie mit Konflikten um? (Selbsteinstufungstest) Alle Menschen sind hin und wieder mit Konfliktsituationen konfrontiert. Stellen Sie sich eine

    Gesprchssituation vor, in der Sie feststellen, dass Ihre Meinungen und Ansichten sich von

    denen Ihrer Gesprchspartnerin/Ihres Gesprchspartners unterscheiden.

    Hier sind einige Aussagen, die Handlungsmglichkeiten in dieser Situation beschreiben.

    Kreuzen Sie bitte jeweils die Aussage ("A" oder "B") an, die besser zu Ihrem Verhalten passt.

    Mglicherweise spiegelt weder "A" noch "B" Ihr typisches Verhalten wider. Whlen Sie bitte

    trotzdem die Antwort, die am ehesten passt.

    Nr. A/B ANTWORTEN 1.

    B

    Es gibt Situationen, in denen ich die Verantwortung, Probleme zu lsen, an andere abgebe. Statt die Dinge, die zu Meinungsverschiedenheiten fhren, zu besprechen, konzentriere ich mich auf die, bei denen wir uns einig sind.

    2. B

    Ich versuche, eine Kompromisslsung zu erkennen. Ich versuche, alle Interessen beider Seiten zu bercksichtigen.

    3. B

    In der Regel folge ich genau den gesetzten Zielen. Ich versuche, die Emotionen der anderen Seite zu beruhigen und ein freundschaftliches Verhltnis aufrechtzuhalten.

    4. B

    Ich versuche, eine Kompromisslsung zu finden. Ich opfere manchmal meine Wnsche wegen der Wnsche der anderen Seite.

    5. B

    Ich suche bei der Entscheidungsfindung stndig nach Hilfe von der anderen Seite. Ich versuche, das zu tun, was notwendig ist, um unntigen Stress zu vermeiden.

    6. B

    Ich vermeide es, Probleme zu verursachen. Ich versuche, in der Siegerposition zu sein.

    7. B

    Ich versuche, mich erst dann dem Problem zu stellen, wenn ich Zeit habe, darber nachzudenken. Zugunsten der/des anderen gebe ich in einigen Punkten nach.

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    8. B

    In der Regel folge ich genau den gesetzten Zielen. Ich versuche immer, alle Probleme und Interessen offenzulegen.

    9. B

    Ich glaube nicht, dass Unterschiede etwas sind, das es wert ist, sich stndig Sorgen darber zu machen.

    Ich bemhe mich, meinen eigenen Weg zu folgen.

    10. B

    Ich folge genau den gesetzten Zielen. Ich versuche, eine Kompromisslsung zu finden.

    11. B

    Ich versuche immer, alle Probleme und Interessen offenzulegen. Ich versuche, die Emotionen der anderen Seite zu beruhigen und ein freundschaftliches Verhltnis aufrechtzuhalten.

    12. B

    Ich vermeide es manchmal, die Position einzunehmen, die Widerspruch erzeugt. Ich stimme den Perspektiven der/des anderen zu, wenn sie mit einigen von mir bereinstimmen.

    13. B

    Ich schlage Entscheidungen vor, die zwischen zwei Extremen liegen. Ich be Druck aus, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

    14. B

    Ich erzhle der/dem anderen von meinen Vorstellungen und ich frage sie/ihn um ihre/seine. Ich versuche, der/dem anderen die Logik und den Wert meiner Position aufzuzeigen.

    15. B

    Ich versuche, die Emotionen der anderen Seite zu beruhigen und ein freundschaftliches Verhltnis aufrechtzuhalten. Ich versuche, das zu tun, was notwendig ist, um unntigen Stress zu vermeiden.

    16. B

    Ich versuche, die Gefhle der/des anderen nicht zu verletzen. Ich versuche, die/den anderen von den Vorteilen meiner Position zu berzeugen.

    17. B

    In der Regel folge ich genau den gesetzten Zielen. Ich versuche, das zu tun, was notwendig ist, um unntigen Stress zu vermeiden.

    18. B

    Ich erlaube es der/dem anderen, ihren/seinen Standpunkt zu behalten, wenn es sie/ihn glcklich macht. Ich stimme den Perspektiven der/des anderen zu, wenn sie mit einigen von mir bereinstimmen.

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    19.

    B

    Ich versuche immer, alle Probleme und Interessen offenzulegen. Ich versuche, mich erst dann dem Problem zu stellen, wenn ich Zeit habe, darber nachzudenken.

    20. B

    Ich versuche sofort, unsere Unterschiede zu bearbeiten. Ich versuche, eine gerechte Kombination zwischen Gewinn und Verlust fr beide Seiten zu finden.

    21. B

    Zu Beginn mancher Gesprche versuche ich, die Wnsche der/des anderen zu bercksichtigen.

    Ich bin immer bereit, das Problem direkt zu besprechen.

    22. B

    Ich versuche, eine Position zu finden, die zwischen beiden Extremen liegt. Ich setze mich fr meine Wnsche ein.

    23. B

    Ich befasse mich sehr oft damit, alle Wnsche der/des anderen zufriedenzustellen. Es gibt Situationen, in denen ich die Verantwortung zur Problemlsung an die andere/den anderen abgebe.

    24. B

    Wenn die Position der/des anderen fr sie/ihn wirklich sehr wichtig zu sein scheint, berlasse ich es ihr/ihm das zu tun, was sie/er mchte. Ich versuche, eine Kompromisslsung zu erkennen.

    25. B

    Ich versuche, der/dem anderen die Logik und den Wert meiner Position aufzuzeigen. Zu Beginn mancher Gesprche versuche ich, die Wnsche der/des anderen zu bercksichtigen.

    26. B

    Ich biete eine Entscheidung an, die zwischen beiden Extremen liegt. Ich befasse mich sehr oft damit, alle Wnsche von mir und der/dem anderen zufriedenzustellen.

    27. B

    Ich vermeide es manchmal, die Position einzunehmen, die Widerspruch erzeugt. Ich erlaube es der/dem anderen, ihren/seinen Standpunkt beizubehalten, wenn es sie/ihn glcklich macht.

    28. B

    In der Regel folge ich genau den gesetzten Zielen. In der Regel suche ich die Hilfe der/des anderen bei der Erarbeitung einer Entscheidung.

    29. Ich biete eine Entscheidung an, die zwischen beiden Extremen liegt.

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    B

    Ich glaube nicht, dass Unterschiede etwas sind, das es wert ist, sich stndig Sorgen darber zu machen.

    30. B

    Ich versuche, die Gefhle anderer Menschen nicht zu verletzen. Ich erzhle der/dem anderen immer von meinem Problem, um es gemeinsam zu lsen.

    ANTWORTEN UND ERGEBNISSE

    Bitte kreisen Sie die Buchstaben ein und schreiben Sie am Ende jeder Spalte die Summe auf. So

    erhalten Sie Ihr Profil.

    Schreiben Sie Ihre Ergebnisse in die untenstehende Tabelle. Die Ergebnisse in jeder Spalte

    knnen von 0 (ziemlich selten verwendeter Problemlsungsansatz) bis 12 (oft verwendeter

    Problemlsungsansatz) reichen. Notieren Sie sich die Summe Ihrer Punkte fr jede Spalte.

    Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit jeder der fnf Problemlsungsstrategien und stellen Sie

    fest, welche Sie am hufigsten verwenden. Es gibt keine guten oder schlechten Ergebnisse -

    verschiedene Situationen erfordern unterschiedliche Anstze.

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    Nr. Konkurrenz Zusammenarbeit Kompromiss Vermeidung Anpassung 1. B 2. B 3. B 4. B 5. B6. B 7. B 8. B 9. B 10. B 11. B 12. B 13. B 14. B 15. B 16. B 17. B 18. B 19. B 20. B 21. B 22. B 23. B 24. B 25. B 26. B 27. B 28. B 29. B 30. B

    Konkurrenz Zusammenarbeit Kompromiss Vermeidung Anpassung

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    2.1.5. bung zum Umgang mit Stress Die Progressive Entspannung ist eine Technik zur Entspannung bestimmter Muskelgruppen

    und des ganzen Krpers. Die progressive Entspannung ist eine Bewltigungstechnik. Bei

    diesem Prozess wird jeweils eine andere Muskelgruppe angespannt und dann wieder

    entspannt. Diese Technik basiert auf der Vorstellung, dass, sobald unsere Muskeln entspannt

    sind, wir das auch als psychisch entspannend empfinden. Dies fhrt zu einer verringerten

    Stresswahrnehmung. Experimente zeigen, dass der Einsatz der progressiven Entspannung den

    Blutdruck senken und Kopfschmerzen verringern kann. Dies ist der Ablauf in einer progressiven

    Entspannung:

    1. Setzen Sie sich hin und nehmen Sie eine bequeme Haltung ein.

    2. Schlieen Sie die Augen.

    3. Entspannen Sie alle Muskeln - beginnend mit den Fen, weiter nach oben, bis in das

    Gesicht. Bleiben Sie entspannt.

    4. Atmen Sie durch die Nase. Sagen Sie beim Ausatmen das Wort "eins" still fr sich. Zum

    Beispiel: Ausatmen "Eins" und einatmen - ausatmen und so weiter. Atmen Sie leicht

    und natrlich.

    5. Machen Sie das etwa zehn bis 20 Minuten. Sie knnen Ihre Augen ffnen, um die Zeit

    zu berprfen, aber verwenden Sie keinen Wecker. Nachdem Sie fertig sind, sollten Sie

    fr einige Minuten ruhig sitzen bleiben - zunchst mit geschlossenen und dann mit

    geffneten Augen. Bleiben Sie einige Minuten sitzen.

    6. Keine Sorge, wenn Sie zunchst kein zufriedenstellendes Ergebnis mit der bung

    erreicht haben. Bleiben Sie bei Ihrer passiven Einstellung und lassen Sie die

    Entspannung in ihrem eigenen Tempo wirken. Wenn beunruhigende Gedanken

    auftauchen, versuchen Sie, sie zu ignorieren, indem Sie das Wort "eins" zu

    wiederholen beginnen. Sie werden voraussichtlich einige Versuche bentigen, bis eine

    Wirkung eintritt. ben Sie diese Technik ein- oder zweimal tglich, aber nicht

    innerhalb von zwei Stunden vor einer Mahlzeit.

    2.1.6. Bewltigungsmechanismen bei Stresssituationen Manchmal sehen Menschen eine Situation in Schwarz und Wei und nutzen eindeutige Worte.

    Fr andere kann eine solche Ausdrucksweise unlogisch und irrational sein. Laut Albert Ellis ist

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  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    das Verhalten vieler Menschen durch Vorannahmen geprgt. Wir sind der Ansicht, dass wir

    absolut kompetent, angemessen und zufrieden sein mssen, und wir denken, dass es einfach

    schrecklich ist, wenn die Dinge nicht den gewnschten Verlauf nehmen.

    Um Ihre Gefhle und Ihre Reaktionen in bestimmten Situationen besser zu verstehen,

    beantworten Sie bitte die folgenden Fragen mit Ja oder Nein.

    JA NEIN

    1. Ist Ihnen schon einmal passiert, dass Sie Gedanken so aufgeregt haben, dass Sie nicht mehr ruhig bleiben konnten?

    2. Hat Sie schon einmal ein "ruheloser Gedanke" geqult, der Ihnen nicht aus dem Kopf ging?

    3. Ist es mglich, Sie schnell von etwas abzubringen?

    4. Glauben Sie, dass man sich auf Ihr Wort verlassen kann? 5. Ist es Ihnen mglich, Ihre aktuelle Arbeit mal gemtlich zur Seite zu legen

    und etwas anderes in angenehmer Gesellschaft zu genieen?

    6. Kommt es oft vor, dass Sie eine Entscheidung zu spt treffen?

    7. Glauben Sie, dass Ihre Arbeit Teil Ihres Alltags ist? 8. Mgen Sie Arbeit, die Ihre volle Konzentration und Aufmerksamkeit

    erfordert?

    9. Sprechen Sie gerne ber Ihre Vergangenheit?

    10. Fllt es Ihnen schwer, an einem belebten Ort Ihre Pflichten zu vergessen? 11. Wurden Sie schon einmal von Gedanken und Bildern geqult, die Sie nicht

    schlafen haben lassen?

    12. Zeigen Sie Interesse fr die Arbeit Ihrer Angehrigen, wenn Sie sehr mit Ihrer eigenen Arbeit beschftigt sind?

    13. Kommt es oft vor, dass Sie sich alleine fhlen?

    14. Sind Sie der Meinung, dass Sie glcklich sind? 15. Fhlen Sie sich in Anwesenheit von VertreterInnen des anderen Geschlechts

    verlegen?

    16. Fhlen Sie sich durch Schuldgefhle beunruhigt? 17. Sind Sie schon einmal zu spt zur Arbeit oder zu einer Verabredung

    gekommen?

    18. Finden Sie es schwierig, von einer Arbeit zu einer anderen zu wechseln?

    19. Fhlen Sie sich oft einsam?

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    20. Verbringen Sie viel Zeit damit, ber die guten alten Zeiten aus Ihrer Vergangenheit nachzugrbeln?

    21. Bleiben Sie auf einer Party lieber unbemerkt?

    22. Fhlen Sie sich oft unzufrieden? 23. Machen Sie eher eine bestimmte Aufgabe fertig, bevor Sie die nchste

    beginnen, auch wenn diese noch interessanter ist?

    24. Sind Sie der Ansicht, dass Arbeit fr Sie das Wichtigste im Leben ist? 25. Fllt es Ihnen schwer, Ihre Lieblingsgewohnheiten und -routinen zu

    durchbrechen?

    26. Grbeln Sie gerne ber Ihre Vergangenheit nach? 27. Sehen Sie sich selbst als glcklichen Menschen, der alles im Leben mit

    Leichtigkeit macht?

    28. Ist es einfach, Sie in unterschiedlichen Situationen zu beleidigen und zu beschimpfen?

    29. Sind Sie anfllig fr schnelles und entschlossenes Handeln? 30. Denken Sie immer, dass Sie auch anders handeln htten knnen, nachdem

    Sie bereits gehandelt haben?

    31. Wechseln Sie leicht von einer Arbeit zur anderen?

    32. Haben Sie manchmal das Gefhl der Einsamkeit?

    33. Arbeiten Sie manchmal, als ob Ihr Leben davon abhinge? 34. Knnen Sie eine bereits begonnene Arbeit unterbrechen und sofort mit

    einer anderen weitermachen?

    Sie knnen Ihre Angst, Ihre Extraversion, die sich in der Offenheit der Kommunikation und

    Interaktion mit anderen zeigt, und Ihre Flexibilitt im Verhalten beurteilen.

    Angst ist das Erleben von emotionalem Unbehagen, das mit einem erwarteten Misserfolg und

    den Gefhlen von Nervositt und Besorgnis in Zusammenhang steht.

    Extrovertiertheit bedeutet Offenheit; man richtet die Aufmerksamkeit auf andere und stellt

    leicht Kontakte her. Man zeigt Extrovertiertheit durch eine optimistische Lebenseinstellung

    anderen und sich selbst gegenber.

    Starrheit ist ein Mangel an Flexibilitt bei der Problemlsung. Es fllt schwer, den Gedanken

    eine andere Richtung zu geben, die Absichten zu wechseln und sich situationsabhngig zu

    verhalten.

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  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Angst

    1 Punkt fr "JA"-Antworten auf die Fragen 1, 2, 4, 10, 11, 16, 23, 25, 29, 31, 34 und fr "NEIN"-

    Antworten auf die Fragen 5, 7, 14, 15, 17, 22, 28.

    ngstliche Menschen haben ein Ergebnis von ber 9 Punkten. Hohe Angst kann die Leistung stren und fhrt zu hherem Stress.

    Extravertiertheit

    1 Punkt fr "JA"-Antworten auf die Fragen 6, 8, 9, 13, 19, 20, 21, 27, 33 und fr "NEIN"-

    Antworten auf die Frage 30.

    Wenn Ihr Ergebnis bei ber fnf Punkten liegt, scheinen Sie eher introvertiert zu sein. Das

    bedeutet, dass Sie sich in Situationen besser fhlen, in denen es keine Kontakt-,

    Kommunikations- und Interaktionsmglichkeiten mit anderen Menschen gibt. Wenn Ihr

    Ergebnis unter fnf Punkten liegt, scheinen Sie eher extrovertiert zu sein. Sie kommunizieren

    sehr stark mit Menschen und knpfen gerne neue Kontakte.

    Starrheit

    1 Punkt fr "JA"-Antworten auf die Fragen 18, 24, 26 und fr "NEIN"-Antworten auf die Fragen

    3, 12, 32, 35.

    Eher starre Menschen erzielen eine Punkteanzahl von vier oder mehr; flexible Menschen

    haben eine Punktezahl von drei oder darunter.

    Menschen mit einer starren Persnlichkeit werden eine Arbeit mit klaren und przisen

    Anforderungen und Regeln bevorzugen. nderungen im Verhalten und ihren Reaktionsweisen

    sind ihnen fremd. Flexible Menschen knnen eher mit Herausforderungen und neuen

    Situationen umgehen, die nicht ber klare Regeln fr bestimmte Verhaltensweisen und

    Manahmen verfgen. Sie reagieren entsprechend der jeweiligen Umstnde und zeigen bei

    der Problemlsung und dem Umgang mit Problemsituationen Flexibilitt und Ideenreichtum.

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  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    2.1.7. Problemlsungsbung Der Elternteil und der Mensch mit Behinderung spielen zwei verschiedene Rollen; beide haben

    die Aufgabe, eine Collage mit Bildern aus Zeitschriften zu gestalten. Beide erhalten einige

    Magazine. Eine/einer von ihnen hat die eine Hlfte der bentigten Werkzeuge (Schere),

    die/der andere hat den Rest (Kleber, Pinsel, Marker).

    Um ihre Aufgaben lsen zu knnen, mssen die beiden zusammenarbeiten und eine

    Reihenfolge aufstellen, in der sie die Werkzeuge benutzen.

    19

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    2.1.8. Schritte zur Problemlsung (Reflexion) Beantworten Sie die folgenden Fragen so ehrlich wie mglich:

    Was ist das Problem?

    ............................................................................................................................... ............

    Welche Lsungsalternativen gibt es?

    ............................................................................................................................... ............

    Welche Ressourcen stehen zur Verfgung?

    ............................................................................................................................... ............

    Analyse der Alternativen

    ............................................................................................................................... ............

    Umsetzung der gewhlten Lsung

    ............................................................................................................................... ............

    Beurteilung der Entscheidung: Ist sie wirkungsvoll, warum ist sie wirkungsvoll, warum nicht?

    ............................................................................................................................... ............

    Beginnen Sie mit der Notwendigkeit, die verschiedenen Probleme, denen wir im Alltag

    gegenberstehen, zu lsen.

    Whrend Sie die Materialien austeilen, sollten sich die TeilnehmerInnen berlegen, welche

    Probleme sie in den letzten Tagen gelst haben und welche Probleme sie in naher Zukunft

    lsen mssen. Dann werden die bei der Problemlsung verwendeten Schritte gekennzeichnet

    und niedergeschrieben.

    20

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Beschreibung der Schritte

    Was ist das Problem? Eines der schwierigsten Dinge bei der Problemlsung besteht darin,

    genau festzustellen, was das Problem ist.

    Welche Lsungsalternativen (verfgbare Ressourcen) gibt es? Nachdem das Problem

    festgestellt wurde, erstellen Sie eine Liste mit Alternativen (einschlielich der Ressourcen -

    Finanzierung, Freunde, Talent usw.), die bei der Problemlsung helfen knnten.

    Analyse der Alternativen: Jede Alternative wird getrennt betrachtet, die beste wird gesucht.

    Wahl der Alternativen.

    Entscheidung und deren Umsetzung.

    Beurteilung der Entscheidung.

    Die Auswahl und Umsetzung der gewhlten Lsung ist nicht das Ende des Prozesses. Jetzt

    mssen Sie herausfinden, ob die gewhlte Lsung wirkungsvoll ist.

    21

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    2.2. Entscheidungsfindung

    Theoretischer Teil

    2.2.1. Grundlagen der Entscheidungsfindung

    Abb. 2.6 Entscheidungsfindungsmatrix an der Tafel: Alternativen | Unsicherheiten | risikoreiche

    Konsequenzen | zwischenmenschliche Probleme | Komplexitt

    Im Rahmen dieses Moduls definieren wir Entscheidungsfindung als das Ausdrcken von

    Wahlmglichkeiten und Vorlieben und die Fhigkeit, diesbezglich zu handeln. Fr Menschen

    mit Behinderung bedeutet das auch die Mglichkeit, Hilfsmittel auszuwhlen, die es ihnen

    ermglichen, Entscheidungen zu treffen und ein selbstbestimmtes Leben zu fhren.

    Wie meistens im Leben, sind den Entscheidungen auch hier Grenzen gesetzt. Auch die

    jeweiligen Umstnde eines Menschen beeinflussen die Wahlmglichkeiten. Dazu zhlen

    Faktoren wie Umwelt, Finanzen, Fertigkeiten, Vorbereitung und Zeit.

    22

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Menschen mit und ohne Behinderung sollten...

    die gleichen Freiheiten, Mglichkeiten und Erfahrungsspielrume haben; die eigenen Entscheidungen selbststndig und frei treffen knnen; angemessene, barrierefrei zugngliche und korrekte Informationen ber ihre

    gesetzlichen Rechte und Pflichten in Bezug auf die Entscheidungsfindung

    erhalten;

    notwendige Untersttzung, Ausbildungen und Ressourcen erhalten, um ihre Rechte und Pflichten zu verstehen;

    mit Wrde, Respekt, Rcksicht und Sensibilitt behandelt werden.

    Mehr dazu finden Sie auch in der UN-Konvention ber die Rechte von Menschen mit

    Behinderung: http://www.un.org/disabilities/default.asp?navid=13&pid=150

    Laut der Konvention ber die Rechte von Menschen mit Behinderung resultiert Behinderung

    erst aus der Interaktion zwischen Menschen mit Beeintrchtigungen und einstellungs- und

    umweltbedingten Barrieren, die deren volle und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft

    erschweren.

    23

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Abb. 2.7 Finden Sie die Antworten

    wer | was | wo | wie | wann | warum | ?

    Abb. 2.8 Entscheidungen

    24

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Familienmitglieder, ExpertInnen und Dienstleister sollten...

    in bereinstimmung mit den Rechten von Menschen mit Behinderung handeln;

    die einschlgigen Rechtsvorschriften und Richtlinien verstehen und in Bezug darauf auf dem Laufenden sein;

    Menschen mit Behinderung dabei untersttzen, ihre Rechte und Pflichten zu kennen und zu verstehen.

    Jeder Mensch mit Behinderung sollte die Freiheit haben, ...

    Entscheidungen selbst zu treffen, die sie/ihn betreffen; Entscheidungen zu einem Zeitpunkt und an einem Ort zu treffen, der ihr/ihm

    angenehm ist;

    Entscheidungen zu treffen, mit denen andere Menschen nicht einverstanden sind;

    respektiert werden in Bezug auf... o Entscheidungen, die sie/er getroffen hat; o die Entscheidungsfindung und die dafr notwendigen Anforderungen und

    Informationen;

    o die Art und Weise, wie Entscheidungen kommuniziert werden; o die Tatsache, dass ein Mensch ihre/seine Meinung ndern kann.

    Menschen mit Behinderung sollten gleich behandelt werden und in der Lage sein...

    Entscheidungen zu treffen, egal, wer sie sind, wo sie leben oder welche Fhigkeiten sie haben.

    Ihnen sollte die Wrde zugestanden werden, ...

    Entscheidungen zu treffen, ohne die Erlaubnis anderer einzuholen; Entscheidungen zu treffen, ohne anderen ber ihre persnlichen

    Angelegenheiten erzhlen zu mssen;

    in vollem Umfang an den sie betreffenden Entscheidungen mitzuwirken.

    25

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Tatschlich ist der Auswahlprozess Teil des Entscheidungsfindungsprozesses. Um eine Wahl zu

    treffen, muss man...

    - die wichtigsten Optionen kennen;

    - die Auswirkungen von zu realisierenden Handlungen bewerten knnen;

    - die Mglichkeit, dass sie sich entwickeln, in Betracht ziehen;

    - die relative Bedeutung (Wert oder Bequemlichkeit) der Folgen feststellen knnen;

    - den Wert und die Mglichkeit integrieren, um den interessantesten Weg bestimmen

    zu knnen.

    Viele Menschen mit Behinderung haben nicht die Mglichkeit, den Auswahlprozess zu

    erlernen. Daher ist es unabdingbar, Menschen mit Behinderung in diese Prozesse

    einzuschlieen und sie daran teilhaben zu lassen.

    Abb. 2.11 Wie man die beste Entscheidung trifft...

    Darber hinaus ist es sehr wichtig festzustellen, dass in jngster Zeit einige Forscher wie

    Fischhoff und Loewenstein die Auswirkungen von Umwelt, gesellschaftlichem Umfeld und

    emotionalen Einflssen auf die Entscheidungsfindung hervorgehoben haben.

    26

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Alle praktischen Schritte sollten es Menschen mit Behinderung erlauben, an Manahmen zum

    Schutz ihrer Interessen teilzuhaben. Zum Beispiel gibt es Dienstleister fr behinderte

    Menschen, die den betroffenen Menschen miteinbeziehen sollten, wenn es zu Streitigkeiten

    mit anderen, wie etwa der Familie oder anderen Anbietern, kommt, oder wenn es um

    Entscheidung und Dienstleistungen fr den betreffenden Menschen geht. Um die Beteiligung

    eines Menschen mit Behinderung zu maximieren, ist es wichtig, den Entscheidungsprozess auf

    die Bedrfnisse des jeweiligen Menschen abzustimmen.

    Bei einem Menschen mit einer kognitiven Einschrnkung umfasst der geeignete Ansatz etwa

    die folgenden Bereiche:

    Gestalten Sie den Ort des Treffens ungezwungen und frei von Ablenkungen.

    Zeigen Sie dem Menschen noch vor dem Treffen den Raum.

    Erklren Sie dem Menschen vorab den Prozess in fr sie/ihn angemessener Sprache.

    Nutzen Sie dafr auch Bild-, Film- oder Audioformate.

    Nehmen Sie sich zu Beginn des Treffens etwas mehr Zeit.

    So kann sich der Mensch mit der Umgebung und der Atmosphre vertraut machen.

    Stellen Sie sicher, dass die gesamte Kommunikation beim Treffen ohne Hast und Eile und in angemessener Sprache abluft.

    Vermeiden Suggestivfragen; vermeiden Sie soweit mglich Abstraktionen; behandeln Sie ein Thema nach dem anderen.

    Wenn der Mensch Schwierigkeiten mit dem Gedchtnis hat, ...

    ... versuchen Sie, Fragen dann zu behandeln, wenn der Mensch an sie denkt (Fokusgruppe der Kommission des Sozialdienstes).

    berprfen Sie im Verlauf des Treffens, ...

    ... ob der Mensch den Prozess und das Gesprochene versteht; machen Sie regelmig Pausen.

    Abb. 2.12 Tabelle basierend auf Material von Spice Consulting (1997) 2.2.2. Sieben Prinzipien im Entscheidungsprozess von Menschen mit

    Behinderung Die folgende Abbildung stellt die Untersttzungsniveaus von Menschen bei der

    Entscheidungsfindung - von Beratung, Untersttzung und informellen Vereinbarungen bis hin

    zu eher formalen Vereinbarungen und letztlich zur ersatzweisen Entscheidungsfindung - dar.

    27

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Abb. 2.13 Ein Mensch trifft eine Entscheidung

    Dieses Kapitel basiert auf den sieben Prinzipien der Entscheidungsfindung, die wiederum die

    Grundlage fr berlegungen hinsichtlich der breiten Palette von Entscheidungen und

    Umstnde eines Menschen mit Behinderung bilden.

    Selbststndige Entscheidungsfindung x mit Familienmitgliedern, FreundInnen, anderen

    TeilnehmerInnen, ExpertInnen usw. Sprechen x in Broschren, Medien, Internet usw. Recherchieren x Dinge ausprobieren und experimentieren

    Untersttzende Entscheidungsfindung x mageschneiderte Informationen/Formate x Assistenz bei der Kommunikation x zustzliche Zeit & Besprechung der Optionen x Nutzung von Technologie

    Untersttzte Entscheidungsfindung x formal organisiert (z. B.

    VertreterInnen/Untersttzungsvereine) x Familie/FreundInnen treffen Entscheidungen zum

    Wohle u. im Interesse der Person auf Grundlage bekannter Einstellungen und Wnsche

    x Vertretung in Gesundheitsfragen

    Stellvertretende Entscheidungsfindung

    28

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Abb. 2.14 Sieben Prinzipien der Entscheidungsfindung

    Jede/jeder hat das Recht, ber die Dinge, die sie/ihn betreffen, zu entscheiden

    Menschen haben das Recht, Entscheidungen gegen den Willen anderer zu treffen

    Menschen haben das Recht, ihre Meinung zu ndern

    Menschen haben das Recht, aus Erfahrungen zu lernen

    Die Entscheidungs-fhigkeit ist entscheidungs-abhngig

    Es sollte alles unternommen werden, um eigene Entscheidungen zu untersttzen

    Es wird von der Fhigkeit, Entscheidungen zu treffen, ausgegangen

    29

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Entscheidungsprinzip 1 Jede/jeder hat das Recht, ber die Dinge, die sie/ihn betreffen, zu entscheiden

    Welche Art von Entscheidungen meinen wir damit?

    Menschen mit Behinderung haben das Recht, Entscheidungen zu treffen, die Auswirkungen auf

    ihr Leben haben, soweit sie dazu in der Lage sind. Dazu gehren:

    Entscheidungen, von denen man auch annehmen wrde, dass sie ein Mensch ohne Behinderung treffen wrde, und

    Entscheidungen, die spezifisch fr die jeweilige Behinderung und deren Hilfsmittel sind.

    Zu den Entscheidungen, die Menschen mit Behinderung mglicherweise treffen mssen,

    gehren u. a. die folgenden:

    Alltag: Wahl der Kleidung, des Essens, der Zubettgeh- und Aufstehzeiten.

    Lebensfhrung und Freizeit: Familie und Freundschaften, Beziehungen und Sexualitt,

    Beteiligung an kulturellen und religisen

    Veranstaltungen, Fitness, Einkaufen, Nutzung

    des Internets, Rauchen/Trinken, ins

    Gasthaus/Caf/Kino gehen, Reisen und

    Tagesausflge machen.

    Beschftigung, Aus- und Weiterbildung: Wahl

    des Arbeitsbereiches, Stellenbewerbung,

    Hochschulausbildung, Arbeitsplatz-

    /Ausbildungswechsel.

    Lebensweise: Mit wem und wo man leben

    mchte, Art der Unterkunft, von zuhause

    weggehen, umziehen, Wohnung dekorieren

    oder verndern.

    Abb. 2.15 Entscheidungsfindung

    30

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Zugang zu Dienstleistungen: Wahl der Dienstleister, Wahl der Tagesbetreuung und der

    Anwesenheitszeiten, Wahl der AssistentInnen.

    Gesundheit und Medizin: Routinemige medizinische und zahnmedizinische

    Untersuchungen, Notfallversorgung, Logopdie, Physiotherapie, Krankenhausbesuche und

    Operationen, Verweigerung von medizinischer Versorgung.

    Finanzen: Bankgeschfte, Artikel des tglichen Bedarfs kaufen, teure Gegenstnde kaufen,

    Kredite aufnehmen, Rechnungen zahlen.

    Rechtliches: Vertrge unterschreiben, Zustimmungen erteilen, Vollmachten ausstellen,

    Heirat/Scheidung, Testamente und Immobilienverwaltung.

    Die Entscheidungsfreiheit ist nicht unbegrenzt.

    Nur wenige Menschen haben unbegrenzte Wahlmglichkeiten im Leben. Die jeweiligen

    Umstnde eines Menschen schrnken ihre/seine Wahlmglichkeiten ein. Faktoren wie

    Finanzen, Ausbildung und Fertigkeiten, Vorbereitung, Umfeld und Zeit knnen die Optionen

    begrenzen.

    Menschen reagieren in unterschiedlicher Weise auf Einschrnkungen. So sind beispielsweise

    bestimmte Auslandsreisen teuer und es gibt Menschen, die bereit sind, so lange zu sparen, bis

    sie sich die Reise leisten knnen. Andere wieder entscheiden sich dafr, dass sie das Geld nicht

    sparen wollen oder knnen, und machen etwas anderes damit.

    Menschen mit Behinderung unterliegen den gleichen Einschrnkungen in Bezug auf

    Entscheidungen und Lebensweise wie Menschen ohne Behinderung. Doch einige Menschen

    brauchen eventuell Hilfe beim Umgang mit Faktoren, die ihre Aktivitten und Entscheidungen

    einschrnken, etwa Beratung in Bezug auf ihre Finanzen.

    Mglichkeiten, auf diese Einschrnkungen einzugehen, sollten als Bestandteil aller

    Entscheidungen bercksichtigt werden, um eine grere Auswahlmglichkeit zu

    gewhrleisten.

    31

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Untersttzung sollte im Bedarfsfall zur Verfgung gestellt werden.

    Manchmal bentigen Menschen auch zustzliche Untersttzung dabei, ihre Entscheidungen zu

    verstehen und zu kommunizieren. Dies knnte beispielsweise heien: Informationen in

    unterschiedlichen Formaten,

    Kommunikationshilfen, bersetzungen oder

    lngere Zeitrume.

    Die Methoden, die Menschen brauchen, sowohl

    um ihre Entscheidungen zu verstehen als auch um

    sie zu kommunizieren, wirken sich nicht auf ihr

    Recht aus, Entscheidungen zu treffen. Die

    Menschen haben das Recht auf alle Informationen

    oder Untersttzungen, die sie bentigen, um ihre

    Entscheidungen zu treffen und zum Ausdruck zu

    bringen.

    Abb. 2.16 Die richtige Entscheidung zu treffen, knnte eine Herausforderung sein

    Die Eltern von Menschen mit Behinderung knnten...

    ihre Kinder daran erinnern, dass sie ein Recht haben, Entscheidungen zu treffen.

    ihre KollegInnen, LehrerInnen, MitarbeiterInnen usw. daran erinnern, dass Menschen mit Behinderung das Recht haben, Entscheidungen zu treffen.

    mithelfen, Situationen zu schaffen, in denen ihre Kinder echte Wahlmglichkeiten haben.

    den Kindern helfen, die Informationen einzuholen, die ihnen dabei helfen, Entscheidungen zu treffen.

    ihre Kinder an eine Expertin/einen Experten verweisen, wenn sie spezielle Hilfe oder Untersttzung bentigen.

    sich ausreichend Zeit zur Ergrndung der eigenen Gedanken und Gefhle nehmen.

    32

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    verstehen, dass es schwierig ist, Entscheidungen in Bezug auf bestimmte Fragen zu treffen, und dass es normal ist, nicht sofort eine Antwort parat zu

    haben.

    die Kinder dazu ermutigen, sich eine eigene Meinung zu bilden. sich Zeit nehmen, die Kinder nach ihrer Meinung zu fragen, und nicht einfach

    davon ausgehen, ohnehin zu wissen, was sie wollen.

    sich zu Wort melden und handeln, wenn ihnen auffllt, dass ihren Kindern das Recht verweigert wird, Entscheidungen zu treffen.

    ihren Kindern helfen, sich zu beschweren, wenn ihnen das Recht auf eigene Entscheidungen verweigert wird.

    Entscheidungsprinzip 2 Es wird von der Fhigkeit, Entscheidungen zu treffen, ausgegangen

    Menschen mit Behinderung...

    sollte grundstzlich die Fhigkeit zugesprochen werden, eigene Entscheidungen zu treffen.

    sollten in Bezug auf die Beurteilung ihrer Fhigkeit, Entscheidungen zu treffen, beraten werden.

    sollten Zugriff auf Berichte und Unterlagen im Zusammenhang mit ihrer Entscheidungsfhigkeit haben.

    Whrend das Recht von Menschen mit Behinderung, Entscheidungen zu treffen, zunehmend

    anerkannt wird, erhalten viele Menschen mit Behinderung nicht die Mglichkeit, sich an der

    Entscheidungsfindung in vollem Umfang zu beteiligen. Ein Grund dafr knnte sein, dass man

    von Menschen mit Behinderung annimmt, dass sie nicht die Fhigkeiten zur

    Entscheidungsfindung besitzen.

    Diese Annahme ist oft das Ergebnis eines Mangels an Verstndnis in Bezug auf diese

    Fhigkeiten und deren Bedeutung fr die Menschen. Vielleicht hngt das auch damit

    zusammen, dass es unterschiedliche Ansichten darber gibt, was Fhigkeit bedeutet.

    Was man als Elternteile bercksichtigen sollte:

    33

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Was ist die Fhigkeit, Entscheidungen zu treffen?

    Die Fhigkeit eines Menschen, Entscheidungen zu treffen, beschreibt seine Fhigkeit,

    Entscheidungen ber die Dinge zu treffen, die seinen Alltag betreffen.

    Das bedeutet normalerweise, dass Menschen in der

    Lage sind...

    die Situation und die erforderliche Entscheidung zu verstehen.

    zu verstehen, welche Wahlmglichkeiten sie haben.

    die Folgen ihrer Wahl abzuwgen. zu verstehen, wie die Folgen sie

    beeinflussen werden.

    ihre Entscheidung zu kommunizieren. Abb. 2.17 Dinge, die man beachten sollte

    Die Entscheidungsfhigkeit von Menschen hngt nicht damit zusammen, ob sie...

    Hilfe bentigen, das oben genannte teilweise oder gnzlich alleine umzusetzen.

    mehr Zeit zum Nachdenken bentigen. mehr Erklrungen in Bezug auf das Problem bentigen. Schwierigkeiten beim Kommunizieren ihrer Entscheidung haben.

    34

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Warum sollten wir von der Fhigkeit, sich zu entscheiden, ausgehen?

    Wenn man Menschen die Entscheidungsfhigkeit abspricht, ...

    versagt man ihnen das Recht, Entscheidungen ber die Dinge zu treffen, die sie betreffen, und

    diskriminiert man sie. Indem wir von der Fhigkeit von Menschen, sich zu entscheiden, ausgehen, behandeln wir sie

    mit Respekt und anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderung auf Chancengleichheit.

    Entscheidungen werden selten isoliert getroffen.

    Es ist wichtig, daran zu denken, dass Entscheidungen selten isoliert getroffen werden. Alle

    Menschen treffen Entscheidungen mit Hilfe zur Verfgung stehender Informationen. Dazu

    gehrt auch Rat und Untersttzung von FreundInnen, PartnerInnen, Familie und anderen

    wichtigen Menschen im eigenen Leben. Selbst Menschen, die ein sehr selbstbestimmtes Leben

    fhren, nutzen enge FreundInnen, das Internet, das Fernsehen und andere Medien dazu, sich

    in Bezug auf ihre Entscheidungen zu informieren.

    Man sollte nicht davon ausgehen, dass Menschen mit Behinderung die Entscheidungsfhigkeit

    fehlt, weil sie bei Entscheidungen Untersttzung von anderen Menschen bentigen!

    Fhigkeiten knnen sich ndern.

    Man kann Fhigkeiten abhngig von einer Reihe von Faktoren vorbergehend oder dauerhaft

    verlieren oder wiedererlangen. Dazu zhlen:

    der aktuelle Gesundheitszustand - einschlielich der psychischen Gesundheit oder den Auswirkungen von Drogen und Alkohol;

    der Stresslevel oder traumatische Ereignisse; die Zeitvorgabe der Entscheidung; die Vertrautheit mit dem Thema und die Angemessenheit der verfgbaren

    Informationen;

    das physische Umfeld und Ablenkungen. Wenn man grundstzlich von der Fhigkeit zu entscheiden ausgeht, so respektiert man die

    individuellen Umstnde eines Menschen und schafft einen Ausgangspunkt fr die oben

    genannten Faktoren.

    35

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Entscheidungsprinzip 3 Es sollte alles unternommen werden, um jemanden dabei zu untersttzen, eigene Entscheidungen zu treffen

    Ein groes Hindernis in Bezug auf die Entscheidungsfreiheit fr Menschen mit Behinderung ist

    die Wahrnehmung von anderen, dass zu viel Zeit und Aufwand erforderlich wre, um den

    jeweiligen Menschen mit Behinderung in den Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

    Gibt man den Menschen jedoch von Beginn an die notwendige Untersttzung, die

    Entscheidung zu verstehen und auszudrcken, so spart das Zeit und Aufwand. Manche

    Menschen knnen sich nur mit Hilfe dieser Untersttzung voll und ganz an der

    Entscheidungsfindung beteiligen. Die Menschen haben in Bezug auf ihre Entscheidungsfreiheit

    das Recht, so untersttzt zu werden, wie es ihre Bedrfnisse erfordern.

    Gemeinsamkeiten

    Es gibt einige Faktoren, die generell die Fhigkeit Entscheidungen zu treffen beeinflussen

    knnen. Die meisten davon knnen sich jedoch individuell auswirken und sollten

    situationsabhngig angesprochen werden. Dazu zhlen u. a.:

    die Art der zu treffenden Entscheidung: Das reicht von alltglichen (Wahl der Kleidung oder des Mens) bis zu wichtigeren Entscheidungen (Wahl des

    Lebensmittelpunkts).

    der Zeitpunkt: Die meisten Menschen haben eine Tageszeit, zu der sie besonders agil sind. Man sollte also herausfinden, wann jemand fr kognitive

    Aufgaben empfnglich ist. Wenn die Entscheidung nicht dringend ist, sollte ein

    Zeitpunkt abgewartet werden, der fr alle Beteiligten gut passt.

    die Komplexitt der Entscheidung: Entscheidungen zu komplexen Themen erfordern eventuell mehr Informationen und mehr Zeit. Man sollte den

    Menschen die Zeit geben, die sie bentigen, um zu verstehen, was von ihnen

    verlangt wird.

    die Dringlichkeit der Entscheidung: Manche Entscheidungen mssen sehr rasch fallen - etwa wenn man ein Abgabedatum einhalten muss. Es ist wichtig,

    36

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    den Zeitrahmen zu erklren und aufzuzeigen, was passiert, wenn die

    Entscheidung nicht getroffen wird.

    die Aktualitt der Entscheidung: Manche Menschen planen gerne im Voraus, andere sind spontan und erledigen die Dinge dann, wenn sie geschehen.

    berlegen Sie, ob eine Entscheidung sofort oder erst in der Zukunft notwendig

    ist und ob jemand lieber spontan oder geplant handelt.

    die Verfgbarkeit von Informationen: Dazu zhlen auch Beratung und Untersttzung von anderen, Informationen aus den Medien oder erinnerte

    Einzelheiten aus frheren Erfahrungen. berlegen Sie, welche Informationen

    jemand bereits hat und was sonst noch bei der Entscheidungsfindung helfen

    knnte. Erkundigen Sie sich nach offenen Fragen oder danach, ob spezielle

    Informationen bentigt werden.

    die Physische Umgebung: Laute und unruhige Orte knnen die Konzentration eines Menschen beeinflussen. Menschen knnen sich in bestimmten

    Umgebungen auch verngstigt oder unter Druck gesetzt fhlen. Achten Sie

    darauf, ob sie bei jemandem Anzeichen dafr entdecken. Wenn mglich,

    bieten Sie die Mglichkeit an, den Ort zu wechseln, oder versuchen Sie es

    spter.

    die Sensibilitt der Entscheidung: Persnliche Probleme knnen den Wunsch nach Hilfe und Rat anderer beeinflussen. Es ist wichtig, die Privatsphre einer

    Person zu respektieren. Wenn es bei einer Entscheidung auch um private

    Angelegenheiten geht, fragen Sie, ob es jemanden gibt, die/der zur

    Untersttzung hinzugezogen werden sollte.

    die persnlichen Probleme der Person: Krankheit (einschlielich psychischer Probleme), Medikamente oder Stress knnen die Entscheidungsfindung

    behindern. Es kann sein, dass jemand Hilfe fr die Lsung anderer Probleme

    braucht, bevor sie/er eine bestimmte Entscheidung treffen kann.

    Alle Menschen haben die Mglichkeit zu kommunizieren, aber nicht alle kommunizieren auf

    die gleiche Weise. Kommunikation beinhaltet mehr als nur Worte. Es ist ein Irrtum

    37

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    anzunehmen, dass Menschen nicht kommunizieren knnen, weil sie nicht sprechen knnen.

    Menschen knnen ber eine Reihe unterschiedlicher Methoden kommunizieren.

    Entscheidungsprinzip 4 Die Entscheidungsfhigkeit ist entscheidungsabhngig

    Wenn es jemandem schwerfllt, bestimmte Entscheidungen zu treffen, heit das nicht, dass

    sie/er generell Schwierigkeiten hat, Entscheidungen zu treffen. Wie in allen Lebensbereichen,

    gilt auch hier: Manche Dinge liegen einem mehr als andere. Man kann Fhigkeiten und

    Fertigkeiten auch verlieren und/oder wiedererlangen. Die Art, wie jemand sich entscheidet,

    kann sich tglich ndern. Whrend es manchen Menschen immer leichter fllt, Entscheidungen

    zu treffen, wird es fr andere mglicherweise schwieriger.

    Daher ist es wichtig, die Entscheidungsfhigkeit als entscheidungsspezifisch zu sehen. Das

    bedeutet, dass jede Entscheidung individuell betrachtet werden sollte und man keine

    unangemessenen Verbindungen zu anderen Entscheidungen herstellen sollte.

    Verstehen Sie den Kontext der Entscheidung.

    Keine Entscheidung wird isoliert getroffen. Alle Entscheidungen sind in einem Kontext

    eingebettet. Einige Menschen werden etwa nervs, wenn sie einer neuen Erfahrung

    gegenberstehen, und bentigen zustzliche Zeit oder Informationen.

    Ebenso kann man, wenn es um bereits einmal getroffene Entscheidungen geht, die Menschen

    daran erinnern, wie es das letzte Mal bei dieser Entscheidung war. Dies bedeutet nicht, dass

    man sich wieder gleich entscheiden soll; die Erinnerung knnte trotzdem bei der neuen

    Entscheidung helfen.

    Nicht alle Entscheidungen sind gleich. Fr manche Menschen ist es etwa schwierig, finanzielle

    Entscheidungen zu treffen, obwohl sie genau wissen, was sie glcklich macht und was sie mit

    ihrem Geld machen wollen.

    38

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Fhigkeiten und Fertigkeiten knnen

    abhngig von den jeweiligen Umstnden

    verloren gehen oder wiedererlangt werden.

    Manche Menschen entscheiden sich

    vielleicht leichter, whrend es anderen

    schwerer fallen kann - vorbergehend oder

    dauerhaft.

    Achten Sie auf Vernderungen in den

    Umstnden eines Menschen und darauf, wie

    es sich auf den Umgang mit der aktuellen

    Situation auswirkt. Wenn in naher Zukunft

    wichtige Entscheidungen anfallen, planen Sie

    im Voraus. Arbeiten Sie mit dem Menschen

    zusammen und dokumentieren Sie

    Ansichten, Meinungen und Ideen, die wichtig

    sein knnten.

    Abb. 2.18 Der Entscheidungskontext Familie | Karriere | Spiritualitt | Liebesleben | Gemeinschaft | Gesundheit

    39

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Was knnen Sie als Elternteil tun?

    Abb. 2.19 Eine Mutter entscheidet: ja | nein | vielleicht

    Holen Sie Informationen ber die Person und die Entscheidung ein, um bei Bedarf

    Untersttzung geben zu knnen. Dazu knnen Sie sich etwa folgende Fragen stellen:

    Hat sie/er schon einmal eine hnliche Entscheidung getroffen? Was sind ihre/seine Strken und Schwchen? Hat sich fr sie/ihn etwas verndert, dessen Sie sich bewusst sind?

    40

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Entscheidungsprinzip 5 Menschen haben das Recht, aus Erfahrungen zu lernen

    Menschen mit Behinderung sollten...

    ihre Werte und Einstellungen durch Aktivitten ihrer Wahl erforschen, sich dazu uern und entsprechend handeln knnen.

    Informationen und Untersttzung erhalten, die es ihnen ermglichen, ihre Interessen zu erkunden.

    ausprobieren und experimentieren knnen, um dann Entscheidungen zu treffen.

    empfundene oder tatschliche Risiken eingehen knnen. Die persnliche Erfahrung kann ein wichtiger Faktor bei der Entscheidungsfindung sein.

    Menschen sind fr Entscheidungen besser gerstet, wenn sie selbst bereits hnliches erlebt

    haben. Manchmal haben Menschen mit Behinderung vielleicht noch nicht viele Mglichkeiten

    gehabt, Erfahrungen zu sammeln und ihre Interessen aktiv zu erkunden. Grnde dafr knnten

    zugangs- und mobilittsbezogene Probleme sein, oder begrenzte Mglichkeiten, Menschen

    mit hnlichen Interessen zu treffen.

    Manchmal knnen Menschen mit Behinderung nur wenige Erfahrungen sammeln, weil andere

    Menschen sich Sorgen um ihre Sicherheit machen. Zwar gibt es Aktivitten, die ein gewisses

    Ma an Risiken in sich bergen, doch kann man das Sammeln neuer Erfahrungen untersttzen,

    indem man die Risiken und mgliche Folgen abschtzt und mit ihnen arbeitet.

    Neue Dinge auszuprobieren, kann eine Herausforderung darstellen. Speziell neue

    Umgebungen und neue Menschen knnen schwierig werden, wenn man nicht an

    Vernderungen gewhnt ist. Es ist wichtig, den Menschen die Informationen und die Zeit zu

    geben, die sie brauchen, um sich in neuen Situationen wohlzufhlen. Dazu knnen etwa

    andere Menschen von ihren Erfahrungen berichten, oder man kann sich ber das Internet und

    andere Quellen informieren. Grere und wichtige Entscheidungen bentigen eventuell mehr

    Vorbereitung. Wenn man etwa umziehen mchte, so wird man sich verschiedene Wohnungen

    anschauen, mit potenziellen MitbewohnerInnen treffen und viel Zeit an neuen Orten

    verbringen. Unabhngig vom Ergebnis des Ausprobierens: Menschen knnen aus Erfahrungen

    lernen und dann entscheiden, ob sie die Dinge noch einmal machen wollen, oder nicht.

    41

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Als Elternteile knnen Sie mit Ihrem Angehrigen mit Behinderung Verschiedenes

    besprechen:

    Was wrden sie gerne machen? Machen sie genug von dem, was sie gerne tun? Finden sie noch Gefallen an den Aktivitten, die sie machen? Gibt es neue Dinge, die sie gerne versuchen mchten? Hlt sie etwas davon ab, neue Dinge auszuprobieren? Gibt es Informationen, die Sie zur Verfgung stellen knnen? Gibt es Aktivitten, die mit langfristigen Zielen in Zusammenhang stehen?

    Ein wertvolles Ergebnis davon, Menschen dabei zu untersttzen, etwas Neues auszuprobieren,

    ist es, Menschen mit gleichen Ansichten und Interessen zu treffen. Dadurch kann man

    Freundschaften schlieen und auf ganz natrliche Art und Weise soziale Netzwerke

    entwickeln. Menschen mit hnlichen Ansichten und Erfahrungen knnen einen oft besser

    verstehen und auch bei Entscheidungen untersttzen.

    Abb. 2.20 Familie mit Kind mit Behinderung

    42

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Wenn es um Entscheidungen bei Menschen mit Behinderung geht, so taucht oft das Problem

    des Risikos auf. Auch Menschen mit Behinderung sollten in der Lage sein, Dinge mit einem

    gewissen Ma an Risiko durchzufhren. Dies wird manchmal als Wrde des Risikos bezeichnet.

    Man geht davon aus, dass jemand das Fr und Wider einer Entscheidung oder Erfahrung

    (einschlielich der Mglichkeit eines persnlichen Verlusts oder einer Verletzung) untersucht

    hat, versteht und trotzdem weitermachen mchte. Man muss auch daran denken, dass das

    Risiko selbst eine Erfahrung darstellen kann. Risiko zu untersuchen, zu verstehen und Wege zu

    finden, ihm zu begegnen, kann eine Herausforderung darstellen, aber auch sehr lohnend sein.

    Dem Risiko sollte man positiv gegenberstehen und gemeinsam mit dem jeweiligen Menschen

    und eventuell ihren/seinen UntersttzerInnen begegnen. Das bedeutet, dass wir

    zusammenarbeiten, um die Art der potenziellen Risiken zu verstehen, um kreative

    Manahmen zur Risikominimierung zu finden und um entsprechende Manahmen

    festzulegen. Alle Manahmen sollten der Gre des Risikos und der Aktivitt angemessen sein.

    Entscheidungsprinzip 6 Menschen haben das Recht, ihre Meinung zu ndern

    Menschen mit Behinderung sollten...

    ihre Meinung in Bezug auf Entscheidungen aus ihnen wichtigen Grnden ndern knnen und

    Entscheidungsnderungen rechtzeitig und mit Erklrung bekanntgeben, vor allem, wenn es um Vertrge oder langfristige Verpflichtungen geht.

    43

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Abb. 2.21 Mutter mit ihrem Kind

    So, wie Menschen das Recht haben, Entscheidungen ber ihr Leben zu treffen, haben sie auch

    das Recht, ihre Meinung ber ihre Entscheidungen zu ndern. Dies kann passieren, weil neue

    Informationen verfgbar sind, oder einfach, weil sich eine Entscheidung als nicht praktikabel

    herausgestellt hat. Es gibt Flle, in denen es schwierig ist, Entscheidungen zu ndern oder gar

    von neuem anzufangen. Wenn es beispielsweise um Vertrge geht, kann es bestimmte Folgen

    geben. Trotzdem sollte es Menschen mit Behinderung mglich sein, Entscheidungen ohne die

    Angst zu treffen, dass nderungen in der Zukunft gegen sie verwendet werden.

    Es gibt keine richtigen oder falschen Entscheidungen.

    Die Entscheidungsfindung ist ein sehr persnlicher Prozess und Definitionen von richtig und

    falsch sind nicht universell. Eine 'falsche' Entscheidung ist nicht nur eine Entscheidung, die

    offensichtlich negative Folgen hat. Eine Entscheidung kann auch "falsch" sein, weil sie sich fr

    den Menschen, den sie betrifft, nicht richtig anfhlt. In diesem Fall ist es nur natrlich, dass

    jemand ihre/seine Meinung revidieren mchte. Whrend die Menschen immer hoffen, dass

    ihre Entscheidungen positive Ergebnisse nach sich ziehen, knnen bestimmte Einflussfaktoren

    auch Entscheidungen herbeifhren, die spter bereut werden. Das Urteil ber die "Richtigkeit"

    44

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    einer Entscheidung kann nur im Nachhinein getroffen werden. Wenn jemand seine Meinung

    ndert, ist es nicht unbedingt ein Zeichen dafr, dass sie/er unentschlossen oder nicht in der

    Lage ist, Entscheidungen zu treffen.

    Praktischer Teil

    2.2.3. Warum wir unsere Meinung ndern (Reflexionsbung) Es gibt viele Grnde dafr, warum jemand ihre/seine Meinung in Bezug auf eine

    Entscheidung ndert. Dazu zhlen die folgenden:

    Das Ergebnis war nicht wie erhofft: Manchmal tritt nach einer Entscheidung nicht das geplante Ergebnis ein. Manche Entscheidungen knnen einen

    negativen Einfluss auf die persnlichen Umstnde eines Menschen (z. B. die

    Gesundheit, die Fhigkeit, selbststndig zu leben, oder der Druck auf

    FreundInnen und Familie) haben. Auch gut geplante Entscheidungen knnen

    zu unbefriedigenden Ergebnissen fhren. Das macht die ursprngliche

    Entscheidung nicht falsch - es bedeutet nur, dass unser Leben nicht immer

    nach Plan verluft.

    Bedenken: Oft haben Menschen Bedenken in Bezug auf ihre Entscheidungen. Das hngt hufig mit den Umstnden zusammen, unter denen Entscheidungen

    getroffen werden. Wenn man Menschen zu etwas drngt, sie nicht klar denken

    knnen oder im Moment der Entscheidung mitgerissen werden, treffen sie

    manchmal Blitzentscheidungen, die sie spter bereuen.

    Neue Informationen: Entscheidungen basieren in der Regel auf Informationen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung verfgbar sind. Manchmal erhlt man

    jedoch nach der Entscheidung neue Informationen, aufgrund derer man die

    ursprngliche Entscheidung ndern mchte.

    Menschen mit Behinderung bentigen eventuell Untersttzung dabei, die Folgen genau zu

    verstehen.

    Es kann Flle geben, in denen es problematisch ist, Entscheidungen zu ndern oder von vorne

    zu beginnen. Das kann beispielsweise mit bestimmten Konsequenzen oder zustzlichen Kosten

    45

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    zusammenhngen. Unter diesen Umstnden ist es wichtig, dass den Menschen so viele

    Informationen wie mglich zur Verfgung stehen und sie angemessen untersttzt werden, um

    die Folgen fr sie und andere zu verstehen.

    Es ist nie zu spt.

    Manchmal traut man sich nicht zuzugeben, dass man seine Meinung gendert hat. Vielleicht,

    weil viel organisatorische Arbeit dahinter steckt oder weil die Folgen einer Vernderung gro

    und bengstigend scheinen. Manche Menschen scheuen sich davor, ihre Meinung zu sagen

    oder anderen Menschen Probleme zu bereiten. Es gibt aber auch Menschen, die nicht wissen

    oder verstehen, dass sie ihre Meinung ndern knnen.

    Abb. 2.22 Glckliche Familie

    Fr Elternteile eines Menschen mit Behinderung:

    Halten Sie Ausschau nach Signalen.

    x Ist die Person glcklich? x Scheint sie/er glcklich zu sein?

    46

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    x Wissen Sie, worauf Sie achten mssen? Fragen Sie! Ermutigen Sie die Person, zu beschreiben, wie es ihr mit den jngsten Ereignissen

    geht.

    Sorgen Sie fr Zeit! Schaffen Sie Mglichkeiten, um offen darber zu sprechen, wie sie/er sich

    fhlt. Stellen Sie sicher, dass sie/er versteht, dass sie/er frei sprechen kann.

    Verstrken Sie ihre/seine Rechte! Erinnern Sie sie/ihn daran, dass sie/er das Recht hat,

    (gegebenenfalls) ihre/seine Meinung zu ndern.

    Theoretischer Teil

    Entscheidungsprinzip 7 Menschen haben das Recht, Entscheidungen gegen den Willen anderer zu treffen

    Menschen mit Behinderung sollten...

    Entscheidungen entsprechend ihrer eigenen Werte und Einstellungen treffen und dann danach handeln knnen.

    mit ihren Einstellungen, Werten und Entscheidungen respektiert werden. ihre eigenen Ansichten in Bezug auf ein empfundenes oder tatschliches Risiko

    in Verbindung mit ihren Entscheidungen feststellen knnen.

    die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Handlungen auf andere im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung prfen.

    Verantwortung fr ihre Entscheidungen bernehmen.

    47

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Abb. 2.23 Glckliche Familie (2)

    48

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Obwohl alle Menschen das Recht haben, Entscheidungen ber etwas, das einen selbst betrifft,

    selbst zu treffen, kann es vorkommen, dass BegleiterInnen und/oder Angehrige mit

    bestimmten Entscheidungen nicht einverstanden sind. Trotzdem sind die Ansichten, Werte

    und Entscheidungen des Menschen mit Behinderung zu achten; die eigenen Werte oder

    Einstellungen drfen nicht auf den Menschen mit Behinderung bertragen werden. Bei

    Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf ein etwaiges Risiko oder einen potentiellen Schaden,

    sollte man sich darauf konzentrieren, Informationen zur Verfgung zu stellen, die es dem

    Menschen mit Behinderung ermglichen, das Risiko und etwaige Mglichkeiten zur

    Risikominderung einzuschtzen.

    Bestehen Uneinigkeiten in Bezug auf wichtige Entscheidungen (z. B. zwischen dem Menschen

    mit Behinderung und den Eltern), knnen unabhngige MediatorInnen hinzugezogen werden.

    Bei der Entscheidungsfindung kommt es oft darauf an, was sich in Bezug auf die eigenen Werte

    und Einstellungen richtig anfhlt. Das Vertrauen in Entscheidungen basiert auf dem

    Verstndnis davon, was sich fr den einzelnen Menschen richtig oder falsch anfhlt.

    Bei der Untersttzung eines Angehrigen mit Behinderung ist es wichtig, ...

    sich zu bemhen, dessen Werte und Einstellungen zu verstehen und dessen Werte und Einstellungen zu respektieren, auch wenn sie von den

    eigenen abweichen.

    49

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Praktischer Teil

    2.2.4 Fallstudien (Reflexionsbung) Fallstudie 1

    Lucys Entscheidung

    Lucy ist 19 Jahre alt. Sie lebt bei ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrer 17-jhrigen Schwester

    Rachel, die auch ihre beste Freundin ist. Lucy hat eine kognitive Beeintrchtigung und kann nur

    eingeschrnkt verbal kommunizieren. Sie hat die Schule im letzten Jahr abgeschlossen, aber

    beschlossen, sich eine Auszeit zu nehmen, bevor Sie mit einem neuen Kurs beginnt.

    Prinzip 1: Jeder hat das Recht, Entscheidungen ber eigene Angelegenheiten zu treffen

    Lucy sagte ihren Eltern, dass sie vor dem Studium etwas Geld verdienen und einen Teilzeitjob

    finden wolle. Beim Abendessen sprach die Familie ber Lucys Wnsche. Rachel machte

    Scherze darber, dass Lucy Einkaufen mehr mochte als Arbeiten. Lucy erzhlte, wie sehr ihr die

    Arbeit im Schulgarten gefallen hatte, und ihr Vater meinte, Lucy knnte vielleicht einen Job in

    einer Grtnerei bekommen. Lucy war begeistert und sagte ihrer Familie, dass es genau das

    war, was sie tun wolle. Alle waren sich darber einig, Lucy dabei zu untersttzen, mehr

    darber herauszufinden, um ihre Ideen verwirklichen zu knnen.

    Prinzip 2: Es muss von der Fhigkeit, Entscheidungen zu treffen, ausgegangen werden

    Pete, ein Freund des Vaters, war Landschaftsgrtner. Ihn wrde der Vater fragen, ob Lucy mit

    ihm arbeiten knne. Leider war Pete nicht sehr hilfreich. Er meinte, er glaube nicht, dass Lucy

    verstehen wrde, was alles zur Arbeit in einem Garten gehre, und dass sie nicht wirklich im

    Freien arbeiten wolle - vor allem im Winter. Pete sagte, ihr Vater solle Lucy sagen, sie solle sich

    um einen leichteren Job, vielleicht in einem Geschft, umsehen. Der Vater sagte Pete, dass

    Lucy darber bereits nachgedacht und sich entschlossen hatte, es trotzdem auszuprobieren.

    Pete war immer noch nicht berzeugt und sagte, er knne nicht behilflich sein. Lucy war

    verrgert, aber alle versicherten ihr, dass sie sie weiterhin untersttzen wrden.

    Prinzip 3: Es sollte alles unternommen werden, um jemanden dabei zu untersttzen, eigene

    Entscheidungen zu treffen

    Rachel half Lucy, im Internet und in der Zeitung nach Stellenanzeigen zu suchen. Die Mutter

    besuchte mit Lucy zwei Grtnereien in der Nhe. Die Mutter erklrte den

    Geschftsfhrerinnen, wie Lucy kommunizierte, und eine von ihnen lud sie zu einem

    50

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Vorstellungsgesprch fr ein paar Stunden Arbeit pro Woche ein. Lucy war sehr aufgeregt, als

    sie zuhause anrief und erzhlte, dass sie Erfolg gehabt hatte.

    Prinzip 4: Die Entscheidungsfhigkeit ist entscheidungsabhngig

    Die Grtnerei war zu weit von ihrem Zuhause entfernt, um zu gehen, und zunchst fuhr ihre

    Mutter Lucy zur Arbeit und holte sie wieder ab. Doch bald beschloss Lucy, dass sie

    unabhngiger sein wolle, und sie sagte ihrer Mama, dass sie die Straenbahn nehmen wolle.

    Der Vater erinnerte Lucy an die Probleme, die sie in den Straenbahnen gehabt hatte, als sie

    jnger war. Er meinte, es sei keine gute Idee. Lucy hatte einmal die falsche Bahn genommen

    und er hatte sie an der Endstation abholen mssen. Lucy und Rachel meinten, ihr Vater mache

    sich zu viele Sorgen. Lucy sagte, sie sei nun lter und mit ihrem neuen Handy wrde alles

    gutgehen, auch wenn etwas passieren sollte.

    Prinzip 5: Menschen haben das Recht, aus Erfahrungen zu lernen

    Lucy begann damit, mit der Straenbahn zur Arbeit zu fahren. Sie und Rachel hatten auf der

    Karte die beste Route ausgearbeitet und Lucy war zuversichtlich, dass sie wusste, mit welcher

    Straenbahn sie fahren und wo sie umsteigen musste. Zunchst war sie ein bisschen nervs,

    aber nach ein paar Tagen wurde es ganz normal fr sie. Sie genoss es besonders, dass sie nun

    auf dem Heimweg nach der Arbeit selbst bummeln gehen konnte. Schlielich machte sich auch

    der Vater keine Sorgen mehr.

    Prinzip 6: Menschen haben das Recht, ihre Meinung zu ndern

    Einige Monate verstrichen und Lucy hatte groe Freude an der Arbeit in der Grtnerei. Sie

    fhlte sich als Teil des Teams. Als allerdings der Winter kam und es frher dunkel wurde,

    meinte Lucy, dass sie nicht an kalten und nassen Straenbahnhaltestellen warten wolle. Sie

    sagte ihrer Mutter, dass sie gerne im warmen Auto zur Arbeit gebracht und wieder abgeholt

    werden wolle. Die Mutter verdrehte die Augen und der Vater sagte: "Ich habe es dir ja gesagt!"

    Aber die Mutter stimmte zu, Lucy abzuholen, wenn sie konnte.

    Prinzip 7: Menschen haben das Recht, Entscheidungen gegen den Willen anderer zu treffen

    Nach fast einem Jahr war es nun an der Zeit, dass Lucy mit dem Studium beginnen sollte. Lucy

    freute sich auf das Studium, aber sie liebte auch ihre Arbeit in der Grtnerei. Sie hatte erkannt,

    wie sehr sie das Leben im Freien und die Arbeit mit den Pflanzen liebte. Sie entschied sich, den

    ursprnglichen Kurs zu wechseln und stattdessen Gartenbau zu studieren. Leider war es zu

    spt, um sich fr das kommende Semester fr Gartenbau einzuschreiben. Lucy wrde bis zum

    51

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    nchsten Anmeldetermin warten mssen bevor sie ihr Studium beginnen knnte. Die Mutter

    war nicht erfreut und wollte, dass Lucy den ursprnglichen Kurs trotzdem macht. Sie knnte ja

    spter zu Gartenbau wechseln. Lucy war aber hartnckig und blieb dabei, dass sie nur

    Gartenbau studieren wolle. Der Vater meinte, dass sie durch ein weiteres Jahr Arbeit in der

    Grtnerei noch besser fr ihr Studium vorbereitet wre und dabei mit einer Arbeit, die ihr sehr

    gefiel, noch Geld verdienen knne. Die Mutter war besorgt, meinte aber, dass es Lucys

    Entscheidung sei. Lucy spart jetzt ihr Geld fr einen Urlaub mit Rachel und hat bereits ihre

    Chefin gefragt, ob sie im nchsten Jahr ihre Schichten ndern knne, sodass sie auch whrend

    ihres Studiums weiter arbeiten knne.

    Fallstudie 2 Ashs Entscheidungen

    Ash ist 25 Jahre alt. Er lebt in einer Wohngruppe mit drei Mnnern, die alle lter sind als er.

    Auer einem Bruder, der in Kanada lebt, hat er keine weiteren Familienmitglieder. Ash liebt

    Musik und die Freitagabende in seiner Stammkneipe, wo jede Woche Bands spielen. Er geht

    mit Rod, einem seiner Betreuer, in die Kneipe. Ein paar Leute in der Kneipe kennen Ash, sie

    gren ihn, aber meistens bleiben er und Rod fr sich und beobachten die Bands.

    Eines Tages bemerkten Ash und Rod eine neue Gruppe, die nun auch jeden Freitagabend in die

    Kneipe kam. Rod fiel auf, dass Ash eine der Frauen in der Gruppe auffiel. Eines Abends begann

    Rod, nachdem er seine anfngliche Schchternheit berwunden hatte, ein Gesprch mit der

    Gruppe und auch Ash beteiligte sich am Gesprch. Ash fand heraus, dass die Frau, die ihm

    gefiel, Claire hie und dass ihr die gleiche Art von Musik gefiel wie ihm. Ash hatte bisher nicht

    viele Mglichkeiten gehabt, sich privat mit Frauen zu unterhalten, aber am Ende des Abends

    fhlte sich Ash sehr wohl mit Claire, die sich offensichtlich auch gerne mit ihm unterhielt.

    52

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Prinzip 1: Jeder hat das Recht, Entscheidungen ber eigene Angelegenheiten zu

    treffen

    Nach einigen Freitagen in der Kneipe war klar, dass Ash und Claire einander mochten. Claire

    schlug vor, sich auerhalb der Kneipe zu treffen, und mit Rods Hilfe vereinbarten sie einen

    Kinobesuch und beschlossen, anschlieend in ein Caf zu gehen. Beide genossen die

    gemeinsame Zeit. Als Ash nach Hause kam, war er sehr glcklich. Er erzhlte Rod, dass er viel

    ber Claire nachgedacht hatte und sie zu sich einladen wolle, um etwas Zeit allein mit ihr zu

    verbringen.

    Prinzip 2: Es muss von der Fhigkeit, Entscheidungen zu treffen, ausgegangen werden

    Rod erzhlte seinen Kolleginnen und Kollegen von Ashs Entscheidung, aber sie waren alle der

    Meinung, dass das eine schlechte Idee sei. Einer sagte, dass er nicht glaube, Ash verstehe, was

    er da mache und wie er handeln solle, vor allem in Bezug auf jemanden, fr den er vielleicht

    Gefhle habe. Ein anderer Kollege meinte, sie sollten bei allen anderen im Wohnbereich

    bleiben.

    Prinzip 7: Menschen haben das Recht, Entscheidungen gegen den Willen anderer zu treffen

    Ash hrte das alles und wurde sehr ruhig. Er zog sich von den anderen zurck. Als Rod kam,

    sah er, wie unglcklich Ash war. Rod wies die anderen darauf hin und erinnerte sie daran, dass

    es sich um Ashs Zuhause handelte und er ein Recht hatte, zu entscheiden, ob er jemanden

    einladen wolle. Die anderen waren nicht glcklich, waren sich aber einig, dass, wenn Rod dort

    war, er die Situation im Griff habe. Rod gab Ash sein Handy und so konnte Ash Claire anrufen

    und sie zum Abendessen einladen. Claire sagte, sie wrde gerne sehen, wo Ash lebt, und etwas

    Zeit mit ihm verbringen. Ash war wirklich glcklich und er und Rod erzhlten den anderen ber

    den bevorstehenden Besuch Claires. Ash sprach mit Rod ber das Essen, das die beiden

    vorbereiten wollten.

    Prinzip 3: Es sollte alles unternommen werden, um jemanden dabei zu untersttzen, eigene

    Entscheidungen zu treffen

    Das Essen lief sehr gut. Claire kam, lernte Ashs Mitbewohner und die anwesenden Assistenten

    kennen. Sie aen zusammen und alle fanden, dass Ash sehr gut gekocht hatte. Es wurde viel

    gesprochen und alle meinten, Claire knne gerne wieder auf Besuch kommen. Nach dem Essen

    bot Rod an, den Abwasch zu machen; Claire und Ash knnten etwas Zeit alleine in seinem

    Zimmer verbringen.

    53

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Prinzip 6: Menschen haben das Recht, ihre Meinung zu ndern

    Etwa eine halbe Stunde spter kam Claire aus Ashs Zimmer und sagte Rod, dass sie wohl gehen

    solle. Sie verabschiedete sich von allen und ging. Rod ging zu Ash und fragte, was passiert sei.

    Ash war sehr traurig und ruhig und erzhlte Rod, dass er nicht gewusst hatte, worber er mit

    Claire reden sollte, als sie alleine gewesen waren. Er sagte, es sei nicht das gleiche gewesen

    wie zuvor, als sie alle bei Tisch gesessen waren. Ash sagte, er sei ein wenig verlegen gewesen

    und hatte Claire gebeten, zu gehen.

    Prinzip 5: Menschen haben das Recht, aus Erfahrungen zu lernen

    Rod sagte zu Ash, er solle sich nicht zu viele Sorgen machen. Er erklrte Ash, dass es manchmal

    schwierig sein kann, wenn man mit jemand anderes alleine ist, etwas zu finden, worber man

    sprechen kann. Er meinte, Ash htte ber die Musik sprechen knnen, die sie beide mochten,

    und Claire seine Musiksammlung zeigen knnen. Ash sagte, er sei zu schchtern und nervs

    gewesen, um daran zu denken. Er wnschte sich, er knnte es noch einmal versuchen. Rod

    meinte, dass Ash Claire anrufen und versuchen knne, ihr die Situation zu erklren.

    Prinzip 4: Die Entscheidungsfhigkeit ist entscheidungsabhngig

    Als Rods Kollegen hrten, was geschehen war, meinten sie, dass sie vorhergesagt hatten, dass

    so etwas passieren wrde. Rod erinnerte sie daran, dass es Ashs Entscheidung war, Claire

    einzuladen, und dass er es noch einmal versuchen wolle. Die Kollegen sagten, dass es nicht

    richtig von Rod sei, Ash zu bestrken, da er nur wieder verletzt wrde. Ash kam aus seinem

    Zimmer, um Rod sein Handy zurckzugeben, und hrte, was die anderen sprachen. Er erzhlte

    ihnen, dass er sich bei Claire entschuldigt hatte und dass sie ber ein neues Treffen sprechen

    wrden, wenn sie sich am kommenden Freitag in der Kneipe treffen wrden. Ash sagte ihnen,

    dass er sich in Bezug auf die Gesprche mit Claire nun besser fhle und dass Rod ihm geholfen

    habe, darber nachzudenken, wie er die Dinge beim nchsten Mal besser machen knne.

    Ein paar Wochen spter kam Claire wieder und dieses Mal lief alles sehr gut. Sie bestellten

    Pizza, die sie in Ashs Zimmer aen, whrend sie Musik hrten, und sie sprachen den ganzen

    Abend. Als sich Claire verabschiedete, gingen sie zu Rod und sagten ihm, dass sie Hilfe bei ihrer

    nchsten Entscheidung brauchen wrden - ein Wochenendausflug zu einem Musikfestival!

    2.2.5 Spielerisches ben mit dem Familienmitglied mit Behinderung

    54

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Abb. 2.24 Spielen wir ein Spiel

    Kleines Geschft

    Einkaufen kann gleich mehrere Lektionen in Sachen Entscheidungsfindung beinhalten. Anstatt

    einen Menschen mit Behinderung einfach vor alle Optionen und Entscheidungsmglichkeiten

    in einem Geschft zu stellen, kann man zuhause einen "kleinen Laden" einrichten und so

    Entscheidungen ben. Legen Sie fnf oder sechs kleine Dinge auf den Tisch und versehen Sie

    sie mit verschiedenen Preisschildern. Geben Sie Ihrem Kind einen bestimmten Betrag und

    bieten Sie ihm/ihr an, mit dem Geld "einzukaufen". Vielleicht kauft sie/er sich ja zwei oder drei

    gnstigere Produkte oder nur ein teureres... Fragen Sie ihn/sie, warum?

    Machen Sie eine Speisekarte

    Bitten Sie den Menschen mit Behinderung, eine einfache Mahlzeit zusammenzustellen. Sie/er

    knnte sich dafr entscheiden, eine Mahlzeit aus ihren/seinen Lieblingsspeisen

    zusammenzustellen oder sie/er knnte sich fr neue Gerichte entscheiden. Wenn sie/er sich

    beispielsweise fr einen Obstsalat entscheidet, untersttzen Sie sie/ihn bei der Auswahl der

    Obstsorten. Wenn sie/er einen Nachtisch mchte, sprechen Sie ber verschiedene Optionen

    und whlen Sie etwas besonders Ansprechendes. Nachdem das Men feststeht, kaufen Sie mit

    ihr/ihm die notwendigen Zutaten ein und bereiten Sie das Essen gemeinsam zu.

    55

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    Schokoladenspiel

    Die Schokolade in Nachbars Garten schmeckt immer ein wenig ser... Jedes Familienmitglied

    kann aus zwei braunen Sckchen mit Schokolade-Chips auswhlen. Ein Sckchen beinhaltet die

    doppelte Menge an Schokoladenstckchen. (Natrlich wei niemand, wie viel in welchem

    Sckchen ist.) Ein Mitglied (eventuell auch das Kind mit Behinderung) darf nun ein Sckchen

    auswhlen. Nachdem sie/er gewhlt hat, hat er/sie noch einmal die Mglichkeit, sich anders zu

    entscheiden. Was macht er/sie? Warum?

    Dies knnte der Beginn einer groartigen Diskussion ber Entscheidungen, ber Gewinnen und

    Verlieren, und ber die Zufriedenheit damit, was man hat, sein.

    Ultimatum

    In diesem Spiel macht eine Spielerin/ein Spieler ein Angebot, das die andere Spielerin/der

    andere Spieler akzeptieren (alle SpielerInnen bekommen das, was vorgeschlagen wird) oder

    ablehnen kann, wobei in diesem Fall keine/keiner der beiden etwas bekommt.

    Letzte Woche, als wir auf einen Arzttermin gewartet haben, bat ich mein Kind, sich

    vorzustellen, sie solle sich 20 Schokolade-Chips auf diese Art und Weise mit ihrer Schwester

    teilen. Sie erwiderte sofort, dass sie ihr zehn Schokoladenstckchen anbieten wrde, weil das

    gerecht sei. Dann fragte ich sie, was sie tun wrde, wenn ihre Schwester ihr nur eines von 20

    anbieten wrde. Nachdem sie die Frage der Gegenseitigkeit fr sich geklrt hatte, akzeptierte

    sie, weil es ihr klar wurde, dass ein Stckchen Schokolade besser war als keines. Beachten Sie,

    dass das Spiel je nach Anzahl der Runden unterschiedlich gespielt wird.

    56

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    2.2.6. Probleme selbst lsen (Reflexionsbung) Besprechen Sie die folgenden Situationen mit dem Menschen mit Behinderung:

    1. "Es ist der Geburtstag deiner Mitbewohnerin/deines Mitbewohners und du wrdest

    ihr/ihm gerne ein Geschenk kaufen, aber du hast kein Geld: Was wrdest du tun?"

    2. "Du bist gerade auf dem Weg zum Bus, um zur Arbeit zu fahren. Jemand sagt dir, dass

    gestreikt wird und keine Busse fahren: Was wrdest du tun?"

    3. "Du triffst dich mit einer Freundin/einem Freund im Sportzentrum, aber du weit

    nicht, wie du hinkommst: Was wrdest du tun?"

    2.2.7. Welche Entscheidung ist die beste? (Test)

    57

  • MODUL 2 Selbstbestimmung

    2.3 Mit den eigenen Emotionen umgehen lernen

    Abb. 2.25 Die eigenen Emotionen

    2.3.1 Emotionale Selbstkontrolle Es lebte einmal ein alter Mann, der verschiedene Tierarten hielt. Sein Enkelsohn war vor allem

    von zwei Tigern fasziniert, die zusammen in einem Kfig lebten. Die Tiger hatten

    unterschiedliche Temperamente: einer war ruhig und selbstbeherrscht, whrend der andere

    unberechenbar, aggressiv, gewaltttig und bsartig war.

    "Kmpfen sie jemals, Grovater?", fragte der Junge.

    "Gelegentlich, ja.", gab der Alte zurck.

    "Und welcher von beiden gewinnt?"

    "Nun, das hngt davon ab, welchen ich am meisten fttere."

    Die Mglichkeit, seine Emotionen zu kontrollieren, hngt teilweise davon ab, wie sehr man

    eine bestimmte Emotion fttert: Wie sehr konzentrieren wir uns darauf, wovor wir Angst

    haben, was uns wtend macht oder was uns deprimiert? Aber das ist nicht alles. Gute

    "emotionale Intelligenz" heit, unsere eigenen Stimmunge