SERVICE AGILE HR Auf dem Weg zum agilen - BPM · Performance und Talent Management im agilen...

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Eine Publikationsreihe des Bundesverbandes der Personalmanager SERVICE AGILE HR Auf dem Weg zum agilen Personalmanagement

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Eine Publikationsreihe des Bundesverbandes der Personalmanager

S E R V I C EA G I L E H R

Auf dem Weg zum agi len Personalmanagement

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I N H A L T A U T O R E N

Esther Römer

Esther Römer denkt die Produkte von HR

Pioneers einen Schritt weiter und liebt gut ge-

schriebene Texte und ansprechendes Design.

Zusätzlich berät sie die Kunden als Innovati-

onsdesignerin in Sachen agiler Kommunikation.

Martin Kahl

Martin Kahl denkt und baut als Personal- und

Organisationsentwickler HR-Instrumente agil

und erarbeitet gemeinsam mit den Kunden

innovative Wege für agile Transformationen.

André Häusling

André Häusling ist Gründer und Geschäfts-

führer von HR Pioneers. Er beschäftigt sich

seit 2005 mit agiler Personal- und Organisa-

tionsentwicklung, ist Initiator der Agile HR

Conference und wurde 2015 als „Der Agile“

zu einem der „40 führenden Köpfe des Perso-

nalwesens“ gewählt.

Vorwort

01 Agilität - was ist das?

Externe Herausforderungen - höher, schneller, weiter?.......................5

Interne Herausforderungen - Mut zum Ausbruch ..................................6

Agilität als höchste Form der Anpassungsfähigkeit ...............................7

02 Agile Transformationen als HR erfolgreich

gestalten

Das Einführen iterativer Prozesslandschaften ........................................9

Die Entwicklung einer kundenorientierten Organisationsstruktur ........11

Das Entwickeln eines agilen Zielbilds ................................................12

Ein mitarbeiterzentriertes Führungsverständnis fördern.......................13

Die Implementierung agiler Personal- und Führungsinstrumente ........15

Das Leben einer agilen Unternehmenskultur ......................................16

Das agile Potenzial wirkungsvoll nutzen .............................................18

03 HR neu denken und die Zukunft gestalten

Konsequenzen für die Rolle und von HR ............................................19

Agile HR in der praktischen Umsetzung ............................................20

Agile Mitarbeiter finden ....................................................................20

Agile Führungspraxis .........................................................................23

Performance und Talent Management im agilen Umfeld.....................25

Compensation und Benefits im Kontext von Agilität ...........................28

Agile Veränderungsprozesse als HR wirkungsvoll begleiten.................30

04 Zusammenfassung und Ausblick

05 Literaturverzeichnis

www.hr-pioneers.com

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Eine Publikationsreihe des Bundesverbandes der Personalmanager

S E R V I C EA G I L E H R

Auf dem Weg zum agi len Personalmanagement

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4 / / B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R W W W . B P M . D E

A G I L I T Ä T - W A S I S T D A S ?

Agilität ist aktuell in aller Munde. Sowohl auf

Konferenzen als auch in vielen Praxisforen ist sie

eine der aktuellen Top-Themen, mit der sich vie-

le Unternehmen beschäftigen. Auf einmal wird

alles agil oder vielmehr alle wollen irgendwie

agil werden. Zumeist wird dieses Ziel verbun-

den mit dem Hinweis auf immer komplexere

Märkte, Industrie 4.0 und aktuelle Treiber wie

die Digitalisierung. Das Ganze wird mit dem

sogenannten disruptiven Wandel oder auch

Wandel zweiter Ordnung in Verbindung ge-

bracht, bei dem Geschäftsmodelle hinterfragt,

Produkte und Dienstleistungen verändert und

ganze Branchen transformiert werden. Dieser

Wandel wird als mehrdimensional bezeichnet.

Der Markt ändert sich vollständig, indem er alle

Ebenen umfasst, eher qualitativ ausgerichtet

ist, eine Diskontinuität in eine neue Richtung

beinhaltet, als revolutionär und anfangs ver-

meintlich irrational verstanden werden kann

und einen Paradigmenwechsel umfasst. Agilität

scheint dafür eine geeignete Antwort zu sein

und wird sogar aktuell immer als Allheilmittel

glorifiziert. Aber was genau bedeutet Agilität

von Organisationen eigentlich? Und welche

Konsequenzen hat es möglicherweise für das

Personalmanagement in den Unternehmen?

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1.1 Externe Herausforderungen -

höher, schneller, weiter?

Betrachtet man die aktuellen Marktentwick-

lungen, denen Unternehmen ausgesetzt sind,

zeigt sich, in welchem radikalen permanenten

Wandel sich die Unternehmen derzeit befin-

den. So hat der Markt insgesamt enorm an

Geschwindigkeit zugelegt und diese immer

stärkere Dynamik bringt neue Fragestellungen

und Herausforderungen für die Unternehmen

mit. Die Kunden sind ihrerseits immer besser

informiert. Mit dieser kundenseitigen Markt-

kenntnis gehen auch die selbstbewussten For-

derungen nach professionellen, hochwertigen,

aber auch auf die individuellen Bedürfnisse

passgenau zugeschnittenen Produktlösungen

einher. Jede neue Entwicklung auf dem Markt

ruft wiederum ein entsprechend modifiziertes

Bedürfnis auf Kundenseite hervor und zwingt

die Unternehmen dadurch zu einer zeitnahen,

adäquaten Beantwortung dieses Bedürfnisses.

Gerade weil es gilt, schnell zu reagieren und

Kundenwünsche kurzfristig zu befriedigen,

bedarf es kurzer Innovationszyklen, um diese

zeitlichen Herausforderungen auch meistern zu

können. Auch die Time-To-Market-Prozesse gilt

es so zu beschleunigen, dass diese dauerhaft

konkurrenzfähig bleiben und mit der Erwar-

tungshaltung der Kunden mithalten können.

Auch andere, sogenannte Megatrends üben

maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmen

aus. Diese bieten große Chancen, wie bei-

spielsweise die digitale Transformation, die

es durch die neu entstandenen Möglichkeiten

sozialer Netzwerke und digitaler Technologien

ermöglicht, in einen schnelleren und regen

Austausch mit Kunden, aber auch mit Partnern

zu kommen.

Auch losgelöst von den direkten Herausforde-

rungen durch Markt und Kunden ergeben sich

zahlreiche weitere Rahmenbedingungen, die

seitens der Unternehmen eine hohe Flexibilität

und Anpassungsfähigkeit erfordern. Demogra-

fische Veränderungen haben einen nicht zu

unterschätzenden Einfluss auf Unternehmen,

sei es nun bedingt durch die sich verändern-

den Altersstrukturen in der Gesellschaft, oder

durch den vielfach beschworenen und beklag-

ten Fachkräftemangel, der einen starken Wett-

bewerb um die zukünftigen High Potentials

anfacht. Insbesondere um Altersvertreter der

Generation X und Y wird geworben. So zeich-

nen sich die Vertreter der Generationen X und

Y durch einen starken Hang zur Individualisie-

rung, zur Autonomie und Selbstverantwortung

aus. Andererseits haben sie auch hohe Ansprü-

che an ihren Arbeitgeber und erwarten von

diesem nicht zuletzt auch eine ausgeprägte

Corporate Responsibility und ein nachhaltiges

Entscheidungsmanagement.

Diese Entwicklungen müssen frühzeitig erkannt

werden und die Unternehmen müssen lernen,

sie einzuschätzen und sie dann für sich zu

nutzen, um nicht abgehängt werden. Wie bei

Deloitte in der Shift-Index-Serie zu den Fortu-

ne-500-Unternehmen sichtbar wird (Hagel et

al. 2011), ist die durchschnittliche Lebenser-

wartung eines Unternehmens in den letzten 50

Jahren von 75 Jahren auf heutzutage nur noch

15 Jahre gesunken. Es ist nicht auszuschließen,

dass dieser Trend weiter anhält oder sich sogar

noch verschärft. Traditionsreiche Unternehmen

können sich nicht auf den Lorbeeren der Ver-

gangenheit ausruhen, bei jungen, aufstreben-

den Unternehmen sollte sich nicht schon nach

kurzer Zeit das Gefühl der Sattheit und Selbst-

zufriedenheit einstellen. Die Schnelllebigkeit

und die damit verbundenen Risiken für Unter-

nehmen und ganze Branchen lassen sich nicht

nur im Verlagsgeschäft oder in der Musikindus-

trie beobachten, die beide massive Einschnitte

durch den Siegeszug digitaler Medien erleben

mussten. Es lassen sich viele weitere Beispiele

in anderen Business Areas finden, in denen

Ähnliches zu beobachten ist.

Einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren in

diesem Zusammenhang ist der erfolgreiche

Transfer von Wissen. Die Kenntnisse, Fähig-

keiten und die Expertise der Mitarbeiter gilt

es zu erkennen, zu fördern und zu bewahren.

Aktuelle Schlagwörter wie Management 3.0

oder New Work sind Beleg dafür, dass diese

Erkenntnis vielerorts bereits gereift ist.

Generell dürften die Implikationen der genann-

ten Megatrends für Sie als Leser keine allzu

große Überraschung darstellen, dennoch sind

viele damit einhergehende Fragestellungen

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noch lange nicht gelöst. Aufgrund des immer

stärker werdenden Innovationsdrucks, der

kurzen Produktzyklen und den dynamischen

Marktregeln reichen die altbekannten Ursa-

che-Wirkungs-Prozesse und klassischen Ma-

nagementkonzepte als singuläre Lösungsansät-

ze längst nicht mehr aus. Unternehmen laufen

Gefahr, vom Markt und von Wettbewerbern

verdrängt zu werden, wenn sie nicht in der

Lage sind, sich auf die gestiegenen Anforderun-

gen einzustellen und anzupassen. Den Wandel

können Sie nur aktiv beherrschen, wenn auch

ihre Strukturen, ihre Unternehmenskultur und

die gesamte Unternehmens-DNA an die exter-

nen Einflussfaktoren angepasst werden und

sich das Unternehmen agil weiterentwickelt.

1.2 Interne Herausforderungen -

Mut zum Ausbruch

Einflussfaktoren aus dem äußeren Umfeld des

Unternehmens sind jedoch nicht die einzigen

Herausforderungen, mit denen sich Unterneh-

men in der heutigen Zeit ernsthaft auseinan-

dersetzen müssen. Auch in den eigenen vier

Wänden warten ernstzunehmende Themen,

durch die klassisch aufgebaute Unternehmen

Schwierigkeiten bekommen können. So füh-

ren die oft schwerfälligen Strukturen zu einem

ausgeprägten Hang zur Beharrlichkeit, hierar-

chische und autoritäre Führungskonzepte zu

langen top-down-Entscheidungsprozessen und

hohen costs of delay. Unternehmen, die bei

sich den angestaubten command-and-cont-

rol-Stil etabliert haben, zeichnen sich zumeist

durch lange und ineffektive Entscheidungs-

prozesse aus. Dies führt allerdings oft dazu,

dass die Unternehmen daran scheitern, die

vielseitigen und individuell abweichenden Kun-

denwünsche zeitnah und zufriedenstellend zu

erfüllen. Gleichermaßen wird das freie, kreati-

ve und schöpferische Arbeiten der Mitarbeiter

durch die trägen Machtstrukturen gehemmt

und sogar verhindert. Sprenger bemerkt dazu

treffend: „[W]er ‚Freiheit‘ nur auf eigene Ent-

scheidungsbefugnisse und nicht auf die Frei-

räume seiner Mitarbeiter bezieht, verantwortet

deren systematische Demotivation“ (Sprenger

2014, S. 35).

Nach wie vor herrscht in traditionellen Unter-

nehmen die alte Form des Silo-Denkens. Die

hier beschworenen Abteilungen führen letzt-

lich nur dazu, dass man sich vermehrt um sich

selbst dreht und die Einhaltung von internen

Regeln, Hierarchien und „Stellungskriegen“

stark an Bedeutung gewinnen. Es herrscht kein

Bewusstsein für die gemeinsame Erreichung

von Zielen, sondern vielmehr schwingt die

ständige Gefahr interner Konkurrenzkämpfe

um Budget und Anerkennung mit. Effektive

Unternehmensloyalität oder Commitment sind

in diesem Zusammenhang Fremdworte. Insge-

samt muss von den Mitarbeitern deutlich mehr

Verantwortung übernommen werden. Unter-

nehmen mit vorhandenem Silo-Denken zeich-

nen sich nämlich gerade dadurch aus, dass

weder die Mitarbeiter noch deren Vorgesetzte

freiwillig Selbstverantwortung übernehmen.

Regeln werden befolgt, man begeht keine Feh-

ler – und vermeidet so, Verantwortung über-

nehmen zu müssen, falls das Ergebnis nicht

den jeweiligen Kundenwünschen genügt.

Darüber hinaus existieren in vielen Unterneh-

men Personalabteilungen, die noch viel zu sehr

von ihrer althergebrachten Dienstleistungsmen-

talität geprägt sind und zwar mittlerweile offi-

ziell unter der Bezeichnung „Business Partner“

firmieren, faktisch jedoch kaum in der Lage

sind, adäquate Antworten auf die veränderten

Rahmenbedingungen zu bieten. Es lassen sich

genügend Beispiele für Personalthemen finden,

die in ihrer momentanen Ausprägung und Ge-

staltung dafür sorgen, dass eine schnelle An-

passung an die tiefgreifenden Veränderungen

verhindert wird. Hierzu zählen u.a. Zielverein-

barungsprozesse auf Jahresbasis, Mitarbeiter-

gespräche einmal im Jahr oder intransparente

Entscheidungsprozesse in Führungskräfteent-

wicklungsprozessen. Viel zu selten wird den

HR-Abteilungen aber die aktive Verantwortung

für die konsequente Transformation der Unter-

nehmenskultur und die aktive Gestaltung der

Organisationsentwicklung zuteil.

All diese geschilderten Herausforderungen ha-

ben eines gemeinsam: Sie können den Fortbe-

stand des Unternehmens gefährden. Verlässt sich

das Unternehmen darauf, dass es bisher ja immer

gut gegangen ist, und deshalb kein Kurswechsel

nötig ist, könnte, speziell in sehr dynamischen

Märkten, schnell das böse Erwachen folgen. Wie

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ein Öltanker, der auf ein Riff zusteuert, können

die Unternehmen aufgrund der eigenen Trägheit

keine wirksame Kursänderung einschlagen, so-

fern sie nicht rechtzeitig etwas dafür tun. Eine

Strategie zur Veränderung zu mehr Beweglich-

keit und Flexibilität wäre eine Öffnung für die

Prinzipien von Agilität und ein dahingehender

Change der Organisation. Zwar lässt sich nicht

so einfach aus einem Öltanker ein Segelboot

machen, jedoch können durch den Einsatz von

Seitenrudern, besserer Technik und einer fähigen

Crew schon erste wirksame Maßnahmen er-

zielt werden. Auf das Unternehmen übertragen

lässt sich ein Wandel sogar noch leichter und

wirkungsvoller umsetzen, sofern dieser mit der

nötigen Konsequenz und dem entsprechenden

Commitment von allen Beteiligten verfolgt wird.

1.3 Ein Blick in die Geschichte der Agilität

Das Thema Agilität von Organisationen ist kei-

neswegs neu. Insgesamt lassen sich mindes-

tens drei Wellen identifizieren, in denen Agilität

in den Fokus der Betrachtung rückt:

Zum einen gibt es das Thema seit den 1950er

Jahren in der Systemtheorie von Organisatio-

nen. Dabei kann stellvertretend auf den ame-

rikanischen Soziologen Talcott Parsons verwie-

sen werden, der vier Funktionen identifiziert

hat, die jedes System erfüllen muss, um seine

Existenz zu erhalten (Parsons 1951). Er be-

schreibt dabei die Fähigkeit eines Systems, auf

die sich verändernden äußeren Bedingungen

zu reagieren (Adaptation), Ziele zu definieren

ein Blick in die ursprüngliche Literatur der Or-

ganisationstheorie, um mögliche Antworten

und Handlungsmaximen zu erhalten.

In der einschlägigen Literatur aus dem Bereich

der Organisationstheorie wird unter Agilität die

Fähigkeit eines Unternehmens verstanden, sich

kontinuierlich an seine komplexe, turbulente

und unsichere Umwelt anzupassen (Goldman et

al. 1995). Zudem muss es sich schnell an interne

und externe Veränderungen anpassen, indem

es die Fähigkeit entwickelt, diese Veränderun-

gen möglichst rechtzeitig zu antizipieren, selbst

innovativ und veränderungsbereit zu sein, stän-

dig als Organisation zu lernen und dieses Wis-

sen allen relevanten Personen zur Verfügung zu

stellen (Dove 2001). So wird Agilität zu einem

essentiellen Faktor für den Erhalt der Wettbe-

werbsfähigkeit und damit letztlich für das Über-

leben eines Unternehmens (Lin et al. 2006).

Betrachtet man eine Vielzahl unterschiedlicher

Beiträge zum Thema Agilität, so kann man

bestimmte Eigenschaften und Besonderheiten

derjenigen Organisationen identifizieren, die

immer wieder als charakteristisch für agile Or-

ganisationen beschrieben werden. Dabei han-

delt es sich zumeist um flexible und schlanke,

innovative und kundenorientierte, mitarbeiter-

kompetenzorientierte, sich auf neue Techno-

logien stützende Organisation, die Marktent-

wicklungen frühzeitig erkennen und sich bei

den Strukturen und Prozessen wie bei den Per-

sonen (quantitativ und qualitativ) und Kulturen

schnell anpassen.

und zu verfolgen (Goal Attainment), Kohäsion

und Inklusion herzustellen und abzusichern (In-

tegration) und grundlegende Strukturen und

Wertmuster aufrechtzuerhalten (Latency). Aus

den Anfangsbuchstaben dieser vier Funktionen

ergibt sich das bekannte AGIL-Schema.

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts

taucht das Konzept in veränderter Form unter

der Frage des agile manufacturing im Bereich

der Produktionsforschung wieder auf. Im Fokus

stehen die schnelle Produktentwicklung (simulta-

neous engineering), multi-funktionale Teams und

die ständige Optimierung der Produktionsabläufe

während des Prozesses (Vázquez-Bustello 2007,

1313ff.).

Schließlich findet sich Agilität seit Beginn des

21. Jahrhunderts unter der Überschrift der agi-

len Softwareentwicklung und verstärkt durch

Methoden wie SCRUM wieder. Dabei hat es

mit der Formulierung des sogenannten „agilen

Manifests in der Softwareentwicklung“ eine

Art Handlungsorientierung gegeben, nach wel-

chen Prinzipien die Entwicklung von Software

gestaltet sein sollte, damit sie als agil zu be-

zeichnen ist und die damit postulierten Vorteile

tatsächlich zum Tragen kommen.

Da aktuell viele Unternehmen das Thema der

Agilität nicht auf einen Teil ihrer Organisation,

sei es die Produktion oder die Software-Ent-

wicklung beschränken, sondern eher Fragen

wie die Transformation von Unternehmensbe-

reichen oder sogar gesamter Unternehmen in

Richtung Agilität im Fokus stehen, lohnt sich

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Das Grundprinzip ist: Schnelles und richti-

ges Anpassen fördert das Überleben!

Dieses Grundprinzip ist entnommen aus den

Ideen der Evolutionstheorien und baut auf eini-

gen Grundgedanken der Kontingenztheorie auf.

Die Evolutionstheorie argumentiert, dass die

Entstehung und Entwicklung von Organisa-

tionsstrukturen einem evolutionären Prinzip

folgt und von der Variation, Selektion und Re-

tention bestimmter Konfigurationen abhängt

(Hannan/Freeman 1989). Diese treten dabei

in zwei alternativen Varianten auf: Die erste

Variante geht von exogen (durch die Organi-

sationsumwelt) determinierten Evolutionspro-

zessen aus. Die zweite Variante stellt endogen

(durch die Organisationsinwelt) determinierte

Evolutionsprozesse in den Fokus. Danach gibt

es drei Gründe, warum Organisationen nur in

einem sehr geringen Maße fähig sind, sich ziel-

gerichtet an Umweltveränderungen anzupas-

sen: Im Unternehmen gibt es unterschiedliche

Interessengruppen, die unterschiedliche Ziele

verfolgen. Es existieren nur unvollkommene

Informationen über Zweck-Mittel-Beziehun-

gen. Und schließlich gibt es das Phänomen

der sogenannten Trägheit von Organisationen

(Hannan und Freeman). Die organisationale

Trägheit lässt sich in interne und externe Hin-

dernisse einteilen. Die internen Hindernisse

können nicht getätigte Investitionen, fehlendes

Know-How oder innerer Widerstand gegen

Veränderung sein. Die externen Hindernisse

können dem gegenüber Markteintritts- und

Marktaustrittsbarrieren oder die finanzielle Be-

lastung für die Beschaffung des nötigen Know-

How‘s sein (Hannan/Freeman 1989). Daraus

lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen:

a.) Agilität ist eine wichtige Vorausset-

zung für die Anpassung an eine sich

verändernde Umwelt, was das Über-

leben von Organisationen sichert.

b.) Das Gegenteil von Agilität ist die

Trägheit eines Unternehmens.

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Entwicklungspläne, die passgenau auf das Un-

ternehmen und dessen Reifegrad zugeschnit-

ten sind, formulieren zu können.

Die Bestimmung des agilen Reifegrads benötigt

ein geeignetes Framework, um das Entwick-

lungspotenzial des Unternehmens beurteilen

zu können. Wir haben dafür das Pioneers-Tra-

fo-ModellTM entwickelt, das die Basis für eine

umfassende Organisationsanalyse darstellt:

Hierfür haben wir mit Unterstützung von Pro-

fessor Stephan Fischer von der Hochschule

Pforzheim sechs maßgebliche Dimensionen

identifiziert, in denen Organisationen agile

Transformationen durchlaufen.

2. Agile Transformationen als HR

erfolgreich gestalten

Wie wird nun eine Organisation agil(er) und

erhöht ihre Anpassungsfähigkeit? Wie kann

man herausfinden, an welchen Stellen es noch

Engpässe gibt und an welchen Stellschrauben

besonders gedreht werden muss? Genauso

wie ein Arzt ohne Anamnese keine Therapie

ausarbeiten kann, kann eine Transformation

ohne eine vorherige Ermittlung der aktuellen

Situation nicht gezielt und erfolgsversprechend

initiiert werden. Daher muss es auch darum

gehen, mehr als die aktuelle Situation, nämlich

das agile Entwicklungsniveau und den agilen

Reifegrad festzustellen, um darauf aufbauend

Wir wollen uns nun den angesprochenen sechs

Dimensionen genauer zuwenden, um ein Ver-

ständnis für die zentralen Bereiche zu schaffen,

in denen eine agile Transformation stattfindet

und wie HR auf diese Dimensionen auch Ein-

fluss nehmen kann.

2.1. Das Einführen iterativer

Prozesslandschaften

Die meisten Organisationen, die sich auf den

Weg machen agiler zu werden, starten auf

der prozessualen Ebene. Häufig wird in der

Produktentwicklung mit agilen Methoden ge-

startet. Die Gründe zur Einführung agiler Vor-

gehensmodelle sind vielfältig: geringe time to

market, schlechte Qualität, zu hohe Kosten

und einiges mehr. Aufgrund der großen Pla-

nungsschritte und langen Planungszyklen sind

die Zeiträume von Planung bis zur Auslieferung

entsprechend lang. Es werden wenig Visualisie-

rungshilfen zur Darstellung der Zwischenstän-

de verwendet. Stattdessen wird mit Reportings

gearbeitet, die in ihrer Erstellung zeitaufwändig

sind. Und Wasserfallvorgehen haben den ent-

scheidenden Nachteil, dass nicht ohne Weite-

res spontan auf Änderungen, die sich im Ver-

lauf ergeben, reagiert werden kann oder dies

zumindest mit hohem Aufwand verbunden ist.

Die herkömmlichen wasserfallartigen Projekt-

prozesse verfügen über eine starke Push-Men-

talität. Manager geben ganz klar Richtung und

Direktive vor, weisen die Mitarbeiter an und die

Entscheidungsgewalt liegt ebenfalls komplett

auf Managementebene. Die Verantwortung

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für sämtliche Prozessentscheidungen liegen bei

den Führungskräften und nicht bei den Teams,

die nicht selbstverantwortlich und flexibel ent-

scheiden können. Plattformen zur Selbstreflexi-

on existieren ebenfalls nicht, sodass kein insti-

tutionalisiertes Lernen stattfinden kann.

In den meisten Unternehmen führt die Unzu-

friedenheit mit den Ergebnissen aus diesen her-

kömmlichen Vorgehen dazu, dass mit agileren

Methoden experimentiert wird. Häufig wird ein

erstes Scrum-Team installiert, um Erfahrungen

zu sammeln. Diese Erfahrungen lassen die Or-

ganisationen Blut lecken. Es fühlt sich besser

an, manchmal werden sogar die Ergebnisse

sowie die Geschwindigkeit direkt signifikant

gesteigert. Und die Unternehmen wollen mehr.

Es werden die nächsten Teams aufgesetzt, weil

sich viel davon versprochen wird. Doch was ist

so anders?

Charakteristisch für agile Prozessstrukturen ist

in erster Linie eine iterative Vorgehensweise

mit kurzen Zeit- und Produktionsabschnitten.

Diese bieten die Möglichkeit, zwischen diesen

Schritten die bisherige Leistung zu evaluieren

und dort zu korrigieren, wo es nötig ist und vor

allem schnell und flexibel auf mögliche Anre-

gungen und Wünsche der Kunden zu reagieren.

Die agile Vorstellung ist daher, dass in kurzen

Zyklen geplant und umgesetzt wird, um die-

se Flexibilität an jeder Stelle des Prozesses zu

gewährleisten. Darüber hinaus wird im agilen

Kontext stark mit Visualisierungen gearbeitet,

um allen Beteiligten den Zwischenstand schnell

und transparent zugänglich zu machen. Die

Prozesse der Organisation sind charakterisiert

durch das schnelle Liefern in Inkrementen. Der

Kunde ist als Teil des Teams eingebunden, was

dazu führt, dass die Prozessgeschwindigkeit

auf einem sehr hohen Level gehalten werden

kann. Alle Zahlen und Prozessschritte sind für

alle Beteiligten transparent und die Zahlen sind

in Echtzeit verfügbar.

Agile Prozesskultur zeichnet sich insbesondere

durch das Übertragen der Verantwortung von

einigen wenigen Entscheidern auf ganze Teams

aus. Dies leuchtet ein, wenn man sich die jewei-

ligen Dynamiken noch einmal vor Augen führt.

Organisationen, die die Verantwortungen und

Entscheidungsgewalt stark in den oberen Hier-

archieebenen bündeln, machen sich eben auch

stark von einigen wenigen Personen abhängig.

Durch diesen bottleneck wird die Organisation

insgesamt langsam und weniger flexibel, weil

Entscheidungen nicht selbständig vom Team

getroffen werden. Darüber hinaus führt diese

Struktur i.d.R. auch zu einer geringeren Identifi-

kation des Teams mit dem Produkt, da weniger

persönliche Bindung und Verantwortung für

die Qualität vorliegt.

Doch es tun sich neue Herausforderungen auf

– vor allem in zwei verschiedenen Ausprägun-

gen: Zum einen tauchen in den Teams Schwie-

rigkeiten auf. Die Beteiligten versuchen, diese

über das Vorgehensmodell zu lösen. Ist Scrum

wirklich das Richtige für uns? Ist Kanban nicht

doch besser geeignet? Brauchen wir wirklich so

häufig Retrospektiven? Und jeden Tag ein Stan-

dup? Darüber hinaus entstehen Fragen wie: Ist

agil wirklich etwas für jeden Mitarbeiter?

Zum anderen erleben wir in der Praxis die „gläser-

ne Decke“. Bis zu einem bestimmten Punkt läuft

es gut und dann haben die Produktentwicklungs-

bereiche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit

mit anderen Organisationsbereichen. Auch die

Vermittlung der Agilität in Richtung Management

Wasserfall

Proz

ess

KlassischesUnternehmen

AgilesUnternehmen

Iterativ

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wird zur Herausforderung, weil in den meisten

Organisationen Agilität mit der IT und der Pro-

duktentwicklung verknüpft wird. Was haben

denn die anderen damit zu tun?

Die wirklichen Herausforderungen, um die

Wirkungskraft von Agilität zu nutzen, liegen in

fünf anderen Dimensionen. Das bedeutet aber

auch, dass Agilität weit mehr ist als Prozesse,

Methoden und Scrum. Und hier kommt jetzt

HR ins Spiel, die bis zu diesem Zeitpunkt in den

meisten Unternehmen von den agilen Verände-

rungsprozessen nur sehr wenig mitbekommen.

2.2 Die Entwicklung einer kundenorien-

tierten Organisationsstruktur

Was mit den agilen Vorgehensweisen angesto-

ßen wird, ist eine konsequentere Ausrichtung

des Unternehmens auf den Kunden. Bei Scrum

wird dies beispielsweise über die Rolle des Pro-

duct Owners abgebildet. Die Prozess- oder Ab-

lauforganisation in Richtung Kunde bekommt

einen wesentlich stärkeren Schwerpunkt als

bisher. Denn dort findet die Wertschöpfung

statt und nicht in den funktionalen huforgani-

satorischen Strukturen. Doch wie gehen wir als

Unternehmen mit den bisherigen Organisati-

onsstrukturen um?

Um die Reaktionsgeschwindigkeit und Anpas-

sungsfähigkeit einer Organisation steigern zu

können, müssen die Rahmenbedingungen in

der Organisation entsprechend gesetzt werden.

Hierbei sind besonders die Strukturen von Be-

deutung, die seitens der Organisation etabliert

werden. Die bei Agilität im Mittelpunkt stehen-

de Kundenorientierung kann und sollte beim

Wandel hin zu mehr Agilität auch entsprechend

in der Struktur zum Ausdruck gebracht werden.

Klassische Organisationen sind in der Regel Lini-

enorganisationen mit einer stark hierarchischen

Struktur, die in einer Pyramide organisiert sind.

Diese Linienorganisation wird für die agilen

Prozesse zu Beginn meist als Hindernis erlebt.

Während die Teams Kundennutzen generieren

wollen, sind die Führungskräfte mit sich selbst

beschäftigt. Und dies aus guten Grund. Die Rolle

der Führungskräfte verändert sich grundlegend in

einer agiler werdenden Organisation. Im Kontext

von Agilität bekommt die Organisationen ei-

nen neuen Fixpunkt: nicht mehr „die da oben“,

sondern der Kunde. Der Kunde ist der neue

Boss. Er entscheidet über Erfolg und Misserfolg

des Unternehmens. Dies ist nun wahrlich nicht

neu. Neu ist aber, wie die Organisationsstruktu-

ren ausgerichtet sind. Wo taucht der Kunden in

Ihrem Organgramm auf?

Die pyramidalen Strukturen beginnen zu kippen.

Bisher haben wir alles auf das Management

ausgerichtet. Auch sämtliche HR-Instrumente

wie Zielvereinbarungen oder Anreizsysteme

sind auf die Aufrechterhaltung der Pyramide

ausgerichtet und nicht auf den Kunden. Dies

führt dazu, dass die Mitarbeiter der Linie ge-

genüber loyaler sind als dem Kunden.

Unternehmen müssen daher agile Organisa-

tionsstrukturen schaffen, dass heißt Organi-

sationsstrukturen, die auf den Kunden aus-

gerichtet sind. In der Praxis haben wir fünf

gängige Organisationsmodelle. Die meisten

Organisationen landen zunächst in einer Mat-

rix. Die bisherige Aufbauorganisation steht im

Wettbewerb zur kundenorientierten Ablaufor-

ganisation. Auch dies ist aus der Perspektive

der Organisationsentwicklung keineswegs neu.

Unternehmen, die agiler werden wollen, kom-

men aber in die Situation, dass sie der Ablaufor-

ganisation einen höheren Stellenwert geben

müssen als der Linienorganisation. Nur wenn

Pyramide

Proz

ess

Stru

ktur

KlassischesUnternehmen

AgilesUnternehmen

Netzwerk

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sich die Linienorganisation als Dienstleister für

die Ablauforganisation versteht, können wir

eine kundenorientiertere Organisationsstruk-

tur schaffen. Somit müssen wir auch sämtliche

Funktionssilos sprengen, die eine der größten

Trägheitsfaktoren sind. Dies hat weitreichende

Konsequenzen, vor allem für die Führungsrol-

len, das Führungsverständnis sowie sämtliche

Personal- und Führungsinstrumente, die wir als

HR anders denken müssen.

2.3. Das Entwickeln eines agilen Zielbilds

des Unternehmens

In vielen Organisationen stellt sich dann die

Frage: Wieviel Agilität benötigen wir denn? Ist

es nur ein Thema in der Produktentwicklung?

Oder wie uns neulich eine CFO humorvoll frag-

te: Muss jetzt auch die Buchhaltung mit Scrum

arbeiten, um agiler zu werden?

Die Rolle von HR ist in diesem Kontext sehr re-

levant. In vielen Unternehmen wird das Thema

Agilität nur in den Produktentwicklungsberei-

chen gedacht. Dort kommen die Führungs-

kräfte und Mitarbeiter an Grenzen, weil die

Schnittstellen zu anderen Bereichen und zum

Management als herausfordernd erlebt wer-

den. Das Thema Agilität bleibt dort häufig

stecken. HR kann das Thema raus aus der Pro-

duktentwicklung heben und unternehmens-

weit mitgestalten.

Andere Unternehmen beginnen dann in ihren

Funktionssilos agile Vorgehensweisen zu nut-

zen – auch außerhalb der Produktentwicklung.

Das volle Potenzial bleibt so aber auch unge-

nutzt, weil die Cross-Funktionalität und die

Ausrichtung auf den Kunden nicht konsequent

umgesetzt werden können.

Das Ziel der agilen Transformation ist in erster

Linie, die Organisation anpassungsfähig für zu-

künftige Veränderungen zu machen. Um aber

Orientierung geben zu können, welche An-

passungen nötig sind, ist eine klare Zieldefini-

ton vonnöten, was in Zukunft mit einer agilen

Transformation erreicht werden sollen. Es be-

darf letztendlich einer strategischen Grundsat-

zentscheidung des Managements, wie mit dem

Thema Agilität umgegangen werden sollen.

Unternehmen mit einer geringen Kunden-

orientierung drehen sich in der Planung und

Entscheidungsfindung stark um sich selbst. Ihr

Handeln unterliegt stark einer sogenannten

inside-out-Denkweise. Voraussetzungen und

Gegebenheiten innerhalb der Organisation

sind maßgeblich und werden auf die Gescheh-

nisse außerhalb des Unternehmens zu über-

tragen. Die eigene Strategie wird in allererster

Linie am Nutzen für das Unternehmen selbst

ausgerichtet.

Wenig anpassungsfähige Organisationen

zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass

sie auf die Strahlkraft ihrer vorhandenen Pro-

duktpalette setzen und sich auf den „Lorbeeren

der Vergangenheit“ ausruhen. Eine durchdach-

te und wirksame Strategie zur Weiter- bzw.

Neuentwicklung der Produkte, der Marke und

der Organisation können sie hingegen nicht

vorweisen. Dies liegt unter anderem auch da-

rin begründet, dass die Organisation stark

traditionalistisch denkt und von einer starken

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B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R / / 1 3W W W . B P M . D E

Sehnsucht nach Stabilität getrieben ist. Dies

verhindert einerseits Innovationen, trägt ande-

rerseits zusätzlich noch zur Trägheit und büro-

kratischen Strukturen in der Organisation bei.

Unternehmen, die agiler sind, sehen den Kun-

den bereits konsequent als Mittel- und Fokus-

punkt des Denkens und Handelns. Die Stei-

gerung des Kundennutzens ist zentraler und

handlungsleitender Antrieb. In diesen Unter-

nehmen dominiert im Gegensatz zum anderen

Extrembeispiel die outside-in-Denkweise.

In agilen Organisationen wird der Neu- und

Weiterentwicklung von Produkten eine große

Bedeutung eingeräumt. Das Gespür für das

richtige Produkt zur richtigen Zeit haben diese

Unternehmen durch ausgezeichnete Markt-

kenntnisse, die sie in sich auftuende Lücken

vorstoßen lässt. Sie verlassen ausgetretene Pfa-

de und haben den Mut, noch wenig erschlos-

sene Märkte zu erobern. Darüber hinaus sind

diese Organisationen so aufgestellt, dass sie

flexibel und kurzfristig auf veränderte Markt-

und Rahmenbedingungen reagieren können.

Vielen Unternehmen hilft im strategischen

Umgang ein „agiler Bing Bang“. Zu einem be-

stimmten Zeitpunkt bedarf es einer Entschei-

dung der Unternehmensführung, dass sie agiler

werden wollen oder müssen. Nur dann können

weitere Potenziale genutzt werden.

2.4. Ein mitarbeiterzentriertes Führungs-

verständnis fördern

Es leuchtet ein, dass den Führungskräften im

Bezug auf den Wandel der Organisation hin

zu mehr Agilität eine zentrale Rolle zugedacht

wird. Als treibende Kraft sollten die Führungs-

kräfte die Veränderungen entscheidend voran-

bringen. Jedoch ändert sich das Profil und die

Rolle der Führungskräfte im agilen Kontext,

was allerdings zunächst verstanden, akzeptiert,

erlernt und gelebt werden muss.

Wie eine Organisation geführt wird, hängt in

entscheidendem Maße davon ab, wie die Füh-

rungskräfte selbst ihre Aufgaben und Rollen

innerhalb der Organisation interpretieren. Wie

definieren wir die Verantwortung der Füh-

rungskräfte, welche Haltung erwarten wir von

ihnen und welche Kompetenzen benötigen sie?

In klassischen Organisationen definiert sich die

Führungskraft durch die fachliche Expertise. Das

tatsächliche Führen von Mitarbeitern geschieht

in der Regel on top. Darüber hinaus definiert

sich die Führungskraft in klassischen Organisati-

onen oft über die disziplinarische Weisungsbe-

fugnis gegenüber den Mitarbeitern sowie diver-

ser Statussymbole wie Firmenwagen, Größe des

Büros und Anzahl der Fensterfronten.

Aus diesem Grund ist ihr Führungsstil auch

stark fachorientiert und der operative Anteil der

Arbeitszeit liegt bei nahezu 100 Prozent. Für

tatsächliche mitarbeiterzentrierte Menschen-

führung ist demnach keine Zeit. Daher existiert

auch keine gezielte Mitarbeiterförderung, ab-

gesehen von einzelnen Trainings- und Weiter-

bildungsangeboten. Seitens des Managements

wird Führung häufig nicht als wichtig empfun-

den bzw. die Konsequenz, die sich aus dem

mangelnden Führungsverständnis ergibt, sys-

inside-out

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KlassischesUnternehmen

AgilesUnternehmen

outside-in

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1 4 / / B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R W W W . B P M . D E

tematisch ausgeblendet. Ebenso hilft es, sich

gegenüber anderen abzugrenzen und sich über

diese zu erheben. Aus diesem Grund verbleibt

das Expertenwissen in den Fachabteilungen

und wird nicht mit anderen Bereichen geteilt,

da auch kein Interesse besteht, diese davon

profitieren zu lassen. So entstehen innerhalb

der Organisation Wissensmonopole, da ver-

sucht wird, sich hierüber Wertschätzung und

Anerkennung zu sichern. Wissen dient also als

Machtinstrument. Diese Macht drückt sich auch

in der Verantwortung aus, die in diesem Fall zu

100 Prozent bei den Linienführungskräften zu

finden ist. Mitarbeiter und Teams verfügen nur

über einen sehr eingeschränkten Handlungs-

rahmen, da die Führungskräfte vollumfänglich

vorgeben, was bis wann wie zu tun ist.

In agilen Organisationen hat sich die Füh-

rungsrolle radikal verschoben: Führungskräfte

„dienen“ ihren Mitarbeitern, um diesen die

optimalen Arbeitsbedingungen für den größt-

möglichen Erfolg zu bieten. Bei agilen Organi-

sationen handeln die Führungskräfte basierend

auf dem Menschenbild Y. Dieser Theorie fol-

gend sind Menschen ehrgeizig und bereit, zur

Zielerreichung auch größere Anstrengungen zu

unternehmen, unterstützt durch Selbstdisziplin

und Selbstkontrolle. Leistung zu bringen be-

reitet Freude und Arbeit stellt eine Quelle der

Zufriedenheit dar. Bedingt durch dieses grund-

legende positivere Menschenbild, das die Füh-

rungskräfte von ihren Mitarbeitern haben, sind

die zentralen Werte der Führungskräfte Ko-

operationsbereitschaft, Mut, Offenheit, Trans-

parenz und Respekt. Das Führungsverständnis

basiert auf einem stärkeorientierten Mitarbei-

tereinsatz, d.h. sie kennen und schätzen die

Qualitäten ihrer Mitarbeiter und haben die

Kompetenz, diese angemessen zu fördern, für

die Organisation gewinnbringend einzusetzen

und weiterzuentwickeln. Dies bereitet den Füh-

rungskräften Freude, da sie Menschenspezialis-

ten sind und auch im Thema Menschenführung

angemessen qualifiziert sind. Sie nehmen diese

Aufgabe sehr ernst und planen dementspre-

chend auch Zeit für Führungsaufgaben ein. Sie

begreifen sich selbst als sogenannte servant

leader, also „dienende Führungskräfte“, und

handeln mit einer sehr hohen Kunden- und

Mitarbeiterorientierung.

Ein ganz wesentlicher Bestandteil agilen Orga-

nisationsverständnisses ist die Ermächtigung

der Mitarbeiter, Verantwortung zu überneh-

men, Entscheidungen zu treffen und aktiv

mitzugestalten. Dieses Phänomen lässt sich

unter dem Schlagwort Empowerment zusam-

menfassen. Francis Bacon formulierte bereits

vor Jahrhunderten treffend „Wissen ist Macht“

und auch in heutigen Organisationen gilt im-

mer noch, dass Wissen eines der entscheiden-

den Güter zum Machterhalt ist. Der Umgang

mit Wissen innerhalb der Organisation ist dem-

entsprechend auch von entscheidender Be-

deutung für die Stellung und auch die aktive

Beteiligung der Mitarbeiter. Denn nur mit Wis-

sen lassen sich auch fundiert Entscheidungen

treffen.

Top-Down

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KlassischesUnternehmen

AgilesUnternehmen

Bottom-up

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B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R / / 1 5W W W . B P M . D E

Agile Organisationen zeichnen sich dadurch

aus, dass alle Mitarbeiter bestrebt sind, die

Kollegen durch Wissensweitergabe aktiv zu

unterstützen. Seitens der Organisation wurden

hierfür Strukturen geschaffen, damit dies best-

möglich gelingt. In der Organisation wird eine

proaktive Wissensweitergabe gelebt, sodass

grundsätzlich jeder Wissensträger ersetzbar ist.

Die größtmögliche Verantwortung liegt bereits

bei den Teams. Die Führungskräfte sind aber

weiterhin bestrebt, den Reifegrad der Mitarbei-

ter kontinuierlich weiter zu erhöhen, um mehr

Verantwortung delegieren zu können.

2.5. Die Implementierung agiler Personal-

und Führungsinstrumente

Wie bereits erwähnt, kommt neben den Füh-

rungskräften auch dem HR-Bereich beim Pro-

zess der agilen Transformation eine absolute

Schlüsselrolle zu: So kann HR sich maßgeblich

auszeichnen, wenn es darum geht, als Kultur-

und Organisationsentwickler die Veränderun-

gen in der Organisation hin zu mehr Agilität

voranzutreiben. Damit dies gelingt, bedarf es

der Überprüfung, Modifikation, Optimierung

oder auch Innovation der Personalinstrumen-

te, damit diese auch im agilen Kontext ge-

winnbringend eingesetzt werden können bzw.

grundsätzlich die Agilität des Unternehmens

fördern. Darüber hinaus muss aber HR selbst

den Wandel konsequent verinnerlichen und

auch nach außen leben. In herkömmlichen

Organisationen werden die Personal- und Füh-

rungsinstrumente sowie weitere HR-Projekte

häufig als Hindernis vom Business erlebt. För-

dert ihr HR-Bereich mit seinem Tun und Han-

deln die Agilität oder die Trägheit? Liefern die

bestehenden Instrumente einen Kundennutzen

oder sorgen sie für Unmut?

Wir benötigen in den HR-Bereichen ein radika-

les Umdenken. Auch HR muss von außen nach

innen gedacht werden, um einen Beitrag zur

Wertschöpfung zu leisten. Und HR kann auch

selbst agil arbeiten und sich den Methoden an-

nehmen.

Sämtliche Instrumente, die wir in Kapitel 3 auch

noch näher ausführen, müssen anders gedacht

werden. Von Mitarbeiterjahresgesprächen müs-

sen wir zu einem kontinuierlichen Mitarbeiterdi-

alog kommen. Kaskadierende Zielvereinbarun-

gen fördern die Ausrichtung auf die Hierarchie

und behindern Denken und Handeln in Rich-

tung Kunde. Leistungsbeurteilungen finden

häufig noch top down statt, dabei benötigen

wir eine neuartige Form von Feedbackkulturen.

Karrieremodelle sind status- und hierarchiege-

prägt und fördern auch hier wieder die Ausrich-

tung auf die eigene Organisation.

Agile Organisationen sind durch eine stark

intrinsische Orientierung geprägt, was die An-

erkennungssysteme angeht. In der Organisati-

on herrscht eine ausgeprägte Feedbackkultur

vor und auch monetäre Mitarbeiterbeteiligung

ist denkbar. Die Mitarbeiter sind Fans der Or-

ganisation und vertreten diese Meinung auch

Administrator

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HR

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KlassischesUnternehmen

AgilesUnternehmen

Katalysator

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aktiv nach außen. Mitarbeiterentwicklung ist

auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen

Mitarbeiter flexibel und passgenau zugeschnit-

ten, die Verantwortung hierfür liegt aber zu

100 Prozent beim Mitarbeiter. Die Mitarbeiter-

auswahl geschieht auf Augenhöhe, unter star-

ker Einbindung des Teams (inkl. Vetorecht) und

nach klaren und transparenten Kriterien. Die

Wertepassung steht in diesem Fall klar im Vor-

dergrund. Die Mitarbeitergespräche sind quan-

titativ und qualitativ hochwertig. Die Ergebnisse

sind kurzfristig verfügbar und werden in kurzen

Zyklen von den beteiligten Führungskräften

und Mitarbeitern zur Weiterentwicklung und

für Feedback genutzt. Der Schwerpunkt liegt

auf individuellen Entwicklungszielen, wobei

auch hier die Verantwortung voll und ganz bei

den Mitarbeitern liegt und großer Wert auf die

Einholung von Feedback gelegt wird.

Die Art und Weise, wie sich HR selbst inner-

halb der Organisation begreift, aber auch wie

sie vom Rest der Organisation wahrgenommen

wird, ist entscheidend dafür, wie der Wandel

innerhalb der Organisation vonstatten geht.

In agilen Organisationen liegt die wesentliche

Verantwortung für die relevanten Personalthe-

men bei den Führungskräften und/oder den

Teams. HR selbst kann sich aufgrund dieser

Aufgaben- und Verantwortungsverschiebung

nun der Aufgabe annehmen, selbst agil zu sein

und als agiler Prozessbegleiter Hilfestellung für

die Teams zu leisten und Instrumente zu schaf-

fen und diese nutzenorientiert zur Verfügung

zu stellen.

2.6. Das Leben einer agilen

Unternehmenskultur

Wir haben bereits gelernt, dass es notwendig

ist, dass agiler Wandel in alle Fasern der Or-

ganisation vordringt, um auch wirklich erfolg-

reich vonstatten gehen zu können. Besonders

wichtig ist eine agile Form der Unternehmens-

kultur, denn hierin zeigt sich in erster Linie, ob

Agilität tatsächlich konsequent gelebt wird

oder ob es sich nur um Lippenbekenntnisse des

Managements handelt. Aus unserer Sicht ist

ein relevantes Element einer agilen Kultur die

Kommunikation. Kommunikation ist im Grunde

genommen die Basis für jede Interaktion.

In klassischen Organisationen herrscht eine

Form der Einweg-Kommunikation vor, bei der

lediglich von der jeweils höher gelegenen Hi-

erarchieebene auf die darunterliegende Ebene

Einfluss ausgeübt wird. Dies geschieht aber in

der Regel recht selten. Wenig förderlich für die

Kommunikation ist die vorherrschende räumli-

che Struktur mit Einzelzimmern, die wenig zum

Austausch mit Kollegen anregen, sondern eher

Barrieren aufrechterhalten. Darüber hinaus ist

ein wesentliches Merkmal in der Kommunika-

tion die Geheimniskrämerei, bei der Informa-

tionen der Gegenseite bewusst vorenthalten

werden.

Agile Organisationen verfügen über eine aus-

geprägte Kommunikationskultur, die insgesamt

durch eine ausgeprägte Dialogform auszeich-

net. Es existieren viele innovative unterschied-

liche Formate, die hierarchieübergreifende

und interdisziplinäre Kommunikation nachhal-

tig fördern, sowohl virtuell als auch real. Die

Teams sitzen zusammen, dennoch bieten sich

auch Rückzugsmöglichkeiten, um auch indivi-

duell in Ruhe arbeiten zu können. Die Organi-

sation ist insgesamt von einem ausgeprägten

gegenseitigen Vertrauensverhältnis geprägt,

was insgesamt zu einer konstruktiven Arbeits-

atmosphäre beiträgt.

Für den agilen Wandel ist in hohem Maße

entscheidend, inwieweit dieser auch kulturell

innerhalb der Organisation verankert ist. Nur

bei entsprechend geschaffenen Strukturen und

verinnerlichter Denkweise lässt sich auch von

einer agilen Organisationskultur sprechen. Die-

se drückt sich einerseits in institutionalisierten

Verhaltensweisen, andererseits aber auch in

der räumlichen Gestaltung aus.

Klassische Organisationen sind dadurch ge-

prägt, dass innerhalb der Organisation eine

Kultur vorherrscht, die auf Fehlervermeidung

und Misstrauen basiert, wie beispielsweise

durch diverse Reportings und andere Absiche-

rungsmaßnahmen. Aus diesem Grund existie-

ren auch vielerlei Kontroll- und Absicherungs-

mechanismen, die die Gesamtorganisation

unproduktiv und langsam machen.

In agilen Organisationen werden Fehler als

Geschenk und Möglichkeit zur Lernerfahrung

wahrgenommen. Innerhalb der Organisation

herrscht eine ausgeprägte Vertrauens- und

Feedbackkultur vor. Zwischen allen Hierarchien

und Bereichen herrscht ein offenes, vertrau-

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ensvolles Verhältnis, das von einem Miteinan-

der und dem Arbeiten für ein gemeinsames

Ziel geprägt ist und in dem kein Platz für ein

Gegeneinander ist. Vertrauen erhöht die Ge-

schwindigkeit von Unternehmen enorm. Alle

Formen der Absicherung lassen Unternehmen

langsamer werden.

2.7 Das agile Potenzial wirkungsvoll

nutzen

Durch viele agile Organisationsanalysen haben

wir beobachtet, dass in Unternehmen die sechs

Dimensionen Prozess, Struktur, Strategie, Füh-

rung, HR und Kultur sehr stark voneinander ab-

hängen und sich gegenseitig beeinflussen. Wir

haben festgestellt, dass es in der agilen Organi-

sationsentwicklung fünf Evolutionsstufen gibt.

Viele Unternehmen erreichen häufig ein Plate-

au und kommen dann aber nicht weiter auf die

nächste Ebene. Beispielsweise erleben wir häu-

fig, dass Unternehmen agile Vorgehensmodelle

in der Produktentwicklung eingeführt haben und

dann deutlich an ihre Grenzen kommen. Zum

Management wird häufig eine „gläserne Decke“

erlebt, weil es angeblich Agilität nicht verstanden

hat. Oder die Schnittstelle zu angrenzenden Be-

reichen der Produktentwicklung gestalten sich

schwierig, weil es dort keine Akzeptanz zu den

agilen Vorgehensmodellen gibt. Das bedeutet

in letzter Konsequenz, dass der Reifegrad in der

Dimension des Prozesses nicht weiter gesteigert

werden kann, weil ein Engpass in einer der an-

deren Dimensionen auftritt. Wenn beispielswiese

die Struktur oder die Kultur der Engpass sind, um

das Potenzial von Agilität für das Unternehmen

wirkungsvoller nutzen zu können, dann müssen

zunächst dort die Engpässe beseitigt werden.

Es gilt immer wieder neu die Engpässe in der

agilen Organisationsentwicklung zu definieren

und entsprechend zu lösen. So kann der agile

Reifegrad des Unternehmens kontinuierlich ge-

steigert werden.

Absicherung

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Kul

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HR

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KlassischesUnternehmen

AgilesUnternehmen

Vertrauen

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3. HR neu denken und die Zukunft

gestalten

HR steht teilweise in der Kritik, auf die anste-

henden Veränderungen noch nicht die richtigen

Antworten zu haben – trotz „ausgeklügelter“

Organisationsanpassungen wie Business-Part-

ner- oder Shared-Service-Konzepte.

3.1 Konsequenzen für die Rolle von HR

Die HR-Funktion muss aber vor allem als Ge-

neralist mit Organisationsentwicklungs- und

Transformations-Kompetenz wirken. HR muss

zu einer treibenden Kraft als Veränderungs-

und Prozessbegleiter werden. Oder noch klarer:

HR ist der entscheidende Katalysator der

agilen Transformation, um die Zukunftsfä-

higkeit der Unternehmen mitzugestalten.

Dafür sollten Personalmanager den Mut auf-

bringen, bestehende Best Practices im HR-Be-

reich und sich selbst vehement in Frage zu

stellen und sich noch konsequenter an den Be-

dürfnissen ihrer Kunden und auch der Endkun-

den ausrichten. Jedes Unternehmen braucht

dabei sein individuell passendes Konzept. Füh-

rungskräfte, Mitarbeiter und HR stehen vor He-

rausforderungen, die ihre tägliche Arbeit massiv

verändern werden. Führungskräfte werden zu

Talentbegleitern und Netzwerkorganisatoren,

Mitarbeiter zu Mit-Unternehmern und Tea-

mentscheidern und HR zum Organisations- und

Kulturentwickler.

Wie kann sich HR nun auf die agilen Herausfor-

derungen vorbereiten? Informieren, vernetzen

und in die agile Community eintauchen, d.h.

sich das agile Wissen selbst und im Austausch

mit anderen erarbeiten. Der Austausch ist wich-

tig, um von anderen zu lernen, aber auch um

zu erkennen, dass man als HR-Mitarbeiter mit

diesen Themen und Herausforderungen nicht

allein ist. Und dann das Gelernte einfach selbst

ausprobieren: Im Sinne „inspect and adapt“

schrittweise ausprobieren und sich entwickeln.

Führen Sie HR-Projekte selbst agil durch, versu-

chen sie Kanban als Recruiting-Prozess, testen

sie neue Feedbacksysteme usw. Es gibt eine

Menge spannender agiler Tools zu entdecken.

Agilität bedeutet mehr Freiraum, mehr Selb-

ständigkeit und mehr Vertrauen. Gleichzeitig

aber auch mehr Selbstverantwortung und mehr

Selbstorganisation. Selbstverantwortung heißt

vor allem vollumfänglich Verantwortung für

sich selbst, für sein Team und für die Qualität

gemeinsamer Ergebnisse zu übernehmen. Das

ist nicht immer leicht, vor allem bedeutet es

auch auf Mitarbeiterebene eine Änderung der

persönlichen Einstellung und Handlungsweisen.

Für HR bedeuten die bisher beschriebenen Ver-

änderungen ganz neue Herausforderungen.

Wenn Teams sich zukünftig Ziele selbst setzen

und individuelle Leistung offen besprechen, be-

nötigt man Mitarbeiter mit einem hohen Reife-

grad. Selbstverantwortung und Selbstorganisati-

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on in dieser Konsequenz muss begleitet werden,

da in klassischen Unternehmen bisher die Füh-

rungskräfte die Verantwortung für Entscheidun-

gen und Ergebnisse getragen haben. Jetzt ist HR

beispielsweise als Experte für Team- und Mitar-

beiterentwicklung gefragt, um Führungskräfte

und Mitarbeiter in Richtung agiler Werte zu be-

gleiten. Am Ende müssen wir jedoch verstehen,

dass nicht nur die Werkzeuge entscheidend sind.

Den Unterschied machen die Haltungen und Ein-

stellungen der handelnden Personen, die diese

Werkzeuge einsetzen. HR steht damit einerseits

in der Verantwortung, die richtigen Werkzeuge

anzubieten, andererseits aber auch die richtigen

Führungskräfte auszuwählen, die für die Zukunft

des Unternehmens stehen sowie agile Haltungen

und Kompetenzen besitzen. Viele HR-Mitarbeiter

kennen die schlechten Führungskräfte in ihren

Unternehmen. Jetzt gilt es diese entweder zu

befähigen oder ihnen alternative Wege anzubie-

ten. Wir stehen am Beginn eines Wettbewerbs

der Kulturen und dieser ist am Ende nur mit Füh-

rungskräften mit einem positiven Menschenbild

zu gewinnen.

Administratives Tagesgeschäft wie Lohn- und

Gehaltsabrechnung, Vertragserstellung oder

auch Betriebsratsmanagement muss heute „un-

sichtbar“ qualitativ hochwertig funktionieren.

Integrierte Personal-Systeme und -Instrumen-

te, die einfach sind, einen Kunden-Mehrwert

schaffen und durch nachvollziehbare KPIs auch

wirtschaftlich begründbar sind, werden voraus-

gesetzt. Das ist HR-Basisarbeit.

Der Mehrwert von HR liegt zukünftig

in den Feldern der Führungs- und Or-

ganisationsentwicklung. Hier bieten sich

Chancen, die Arbeitswelt der Zukunft durch

neue Führungsmodelle, individualisierte Per-

sonalentwicklung und innovative Organisa-

tionsentwicklung mit zu prägen. Mit neuem

Selbstverständnis wird HR zum unternehme-

risch denkenden Mitgestalter, der die Verant-

wortung für Veränderungs- und Kommuni-

kationsprozesse übernimmt und damit einen

wichtigen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit des

Unternehmens leistet. HR hat die Chance den

Weg zu einem agilen Unternehmen mit den

richtigen Führungs- und Personalinstrumenten,

den geeigneten Karrieremodellen, den passen-

den Zielvereinbarungs- und Anerkennungssys-

temen maßgeblich mit zu beeinflussen und zu

prägen.

Wenn es immer weniger Köpfe sind, mit denen

wir immer mehr leisten wollen, dann brauchen

wir in erster Linie einmal alle Köpfe. Das inter-

ne Potenzial gilt es vollständig zu aktivieren,

denn individuelle Entwicklung aktiviert Unter-

nehmensentwicklung. Wer Agilität will, muss

jedoch auch den Konflikt wollen. Gerade offe-

ner Austausch unterschiedlicher Sichtweisen,

vollständige Transparenz und cross-funktionale

Teams erhöhen den Kommunikationsbedarf.

Aber genau hier liegt auch der Nutzen einer

lernenden agilen Organisation. Und die kann

und muss HR federführend mitgestalten.

3.2 Agile Tools in der praktischen

Umsetzung

Während wir im vorangegangenen Kapitel im

Detail auf den Prozess der agilen Veränderung

und die Rolle von HR dabei eingegangen sind,

stellen wir Ihnen jetzt eine Auswahl an HR-In-

strumenten vor. Denn was bringt Ihnen eine

wunderbar durchdachte agile Transformation,

wenn Sie nicht die passenden Mitarbeiter dazu

haben? Wie sieht agile Führung aus? Welche

Kompetenzen benötigen Ihre Mitarbeiter? Wie

ist es um die Haltung Ihrer Mitarbeiter im Un-

ternehmen bestellt? Und wenn Sie klassische

Instrumente wie Boni und Aufwärtskarriere ab-

schaffen, was tritt dann an deren Stelle?

3.2.1 Agile Mitarbeiter finden

Unternehmen, die sich nach agilen Grundsätzen

aufzustellen versuchen, benötigen vor allem ei-

nes: Agile Mitarbeiter, die verstehen, wie agil

funktioniert und die auch von der Richtigkeit

des Weges überzeugt sind.

Doch worauf kommt es an? Welche Kompetenz

braucht man, um im agilen Umfeld bestmög-

lich zu bestehen und Wirkungskraft zu entfal-

ten? Wir haben zur Beantwortung dieser Frage

ein Kompetenzmodell entwickelt, das die acht

wesentlichen agilen Kompetenzen umfasst, die

für die Arbeit im agilen Umfeld wichtig sind.

a.) Agile Methodenkompetenz

Agile Methoden wie Scrum und Kanban zu

kennen und zu beherrschen, ist hier natur-

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gemäß ein wichtiger, aber nicht der einzige

Faktor. Gleichermaßen sollten auch Artefakte,

Meetings und Rollen mit all ihren Besonderhei-

ten gekannt und gelebt werden. Je nach eige-

ner Rolle unterscheidet sich bisweilen, auf was

es hinsichtlich agiler Methodenkompetenz an-

kommt. Während Product Owner in der Lage

sein sollten, mitreißende agile Produktvisionen

zu formulieren und zu transportieren, überwa-

chen Scrum Master die Einhaltung der Prozesse

und begleiten die Entwicklung der agil arbei-

tenden Teams.Führungskräfte sind im agilen

Umfeld gefragt, einerseits eine Vision hinsicht-

lich eines agilen Zielbildes im Unternehmen zu

entwickeln und andererseits Rahmenbedingun-

gen für das bestmögliche Arbeiten im agilen

Umfeld zu setzen.

b.) Veränderungskompetenz

Agilität gilt gemeinhin als Antwort auf sich

verändernde Rahmenbedingungen. Deshalb ist

die Kompetenz, auf Veränderungen reagieren

zu können und Veränderungen auch selbst mit-

zugestalten, ebenfalls wichtig für die Arbeit im

agilen Umfeld. Menschen mit einer ausgepräg-

ten Veränderungskompetenz treiben Wandel

aktiv voran und sind hierbei auch in der Lage,

andere Menschen mitzuziehen. Sie verlassen

ausgetretene Pfade und vermeintlich sicheres

Gebiet, wenn sie eine Chance auf Verbesse-

rung durch Veränderung wittern. Das Risiko zu

scheitern, gehen sie dabei bewusst ein, ohne

Angst vor Gesichtsverlust.

c.) Teamkompetenz

Im agilen Umfeld ist ein funktionierendes, pro-

duktives cross-funktionales Team unerlässlich.

Hierzu gehört die Empathie für andere Sicht-

und Denkweisen und die Fähigkeit, diese ge-

winnbringend zu kombinieren und einzuset-

zen. Teamkompetenz beweist man auch, wenn

man den anderen Personen im Team stets auf

Augenhöhe und mit Respekt begegnet, Ide-

en anerkennt, Querdenken fördert und offen

und wertschätzend mit der Verschiedenheit im

Team umgeht.

d.) Kommunikationskompetenz

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kommuni-

kation. Durch den stärkeren Fokus auf Teamar-

beit bedarf es auch ausgeprägter Fähigkeiten

auf kommunikativer Ebene. Dies ermöglicht es,

zielgruppengerecht Informationen zu vermit-

teln, Menschen unterschiedlicher Hiearchiee-

benen zu verbinden und mögliche Unklarhei-

ten auszuräumen. Kommunikation ist im agilen

Umfeld somit entscheidendes Handwerkszeug.

e.) Agile Führungskompetenz

Zwei weitere Aspekte, die für die Arbeit im agi-

len Umfeld entscheidend sind, ist die Führung

von sich selbst und von anderen Personen.

Auch wenn nach dem agilen Verständnis Hi-

erarchien immer mehr abgebaut werden und

sich die Menschen in der Regel auf Augenhö-

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he befinden, ist Führung dennoch erforder-

lich, entweder in Form von lateraler Führung,

wenn keine disziplinarische Führung existiert,

oder in Form von servant leadership, was dem

agilen Führungsverständnis sehr nah kommt.

Führungskräfte verstehen sich als Unterstützer

der Mitarbeiter und tun alles, um einen Rah-

men für bestmögliches Arbeiten zu setzen.

Dies beinhaltet sowohl situatives Führen als

auch das entsprechende Loslassen-Können.

f.) Selbstführungskompetenz

Sich selbst zu führen ist eine ebenso hohe

Kunst, die im agilen Setting beherrscht werden

sollte. Hierzu gehört, sich selbst auf Ziele fokus-

sieren zu können, auch mit Unsicherheit, Wi-

derstand und Gegenwind konstruktiv umzuge-

hen, professionelle Gelassenheit zu zeigen und

über sich selbst und das eigene Verhalten auch

selbstkritisch zu reflektieren. Damit verbunden

ist auch die Fähigkeit zu priorisieren und Ent-

scheidungen zu treffen und auch andere hier-

bei zu unterstützen.

g.) Ergebniskompetenz

Diese Kompetenz zahlt wiederum auf eine wei-

tere wichtige Fähigkeit im agilen Umfeld ein,

nämlich die Ergebniskompetenz. Verfügt man

darüber, hält man konsequent das Ergebnis

und das Ziel im Blick und richtet sein Handeln

und das der anderen auch entsprechend da-

nach aus. Ergebnisorientierte Menschen ver-

knüpfen das eigene Handeln mit einer konse-

quenten Unternehmens-Performance-Sicht.

h.) Unternehmerisch-integrative Denk-

und Handlungskompetenz

Hier findet sich auch die Verbindung zur letzten

der acht agilen Kompetenzen, nämlich der un-

ternehmerisch-integrativen Denk- und Hand-

lungskompetenz. Diese beschreibt die Fähig-

keit, Bedürfnisse von Kunden, Mitarbeitern und

Unternehmen zu vereinen und die unterschied-

lichen Perspektiven verschiedener Stakeholder

einnehmen und verstehen zu können.

Die Haltungsanalyse „agile mind“

Diese agilen Kompetenzen entfalten ihre vol-

le Wirkung allerdings nur gepaart mit der ent-

sprechenden agilen Haltung. Sie muss nicht nur

gekonnt und verstanden, sondern auch „gelebt“

werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Haltun-

gen eine enge Verzahnung mit den agilen Kom-

petenzen aufweisen. Selbstverantwortung

und -verpflichtung beispielsweise zahlen stark

auf Selbstführungs- und Ergebniskompetenz ein,

Kollaboration und Vertrauen wiederum auf

Team- und Führungskompetenz. Offenheit für

Veränderung und Pioniergeist sind eng ver-

knüpft mit einer hohen Veränderungskompe-

tenz, Fokus wiederum mit einer hohen Ergeb-

niskompetenz. Wachstum steht übergreifend

für eine große und stete Lernbereitschaft und

den Willen sich selbst immer wieder auf neue Si-

tuationen und Herausforderungen einzustellen.

Die von uns entwickelte Haltungsanalyse agile

mind knüpft an den Inhalten des Golden Circle

von Simon Sinek („Start with why“) an. So führt

er auf, dass Unternehmen in der Regel wissen,

was sie tun und oftmals auch, wie sie es tun.

Aber wenn es um das „Warum“ geht also um

den eigentlichen Sinn der Unternehmung, fan-

gen viele Mitarbeiter an, sich die Frage nach

dem Sinn ihrer Handlungen zu stellen. Und da,

wo der Mitarbeiter den Sinn seines Tuns nicht

versteht, sinkt die Motivation und der Einsatz.

Umgekehrt formuliert: die Unternehmen, die in

ihrer Gesamtheit alle das gleiche Verständnis da-

von haben, warum sie das tun, was sie tun, sind

dauerhaft die wirklich und einzig erfolgreichen

Unternehmen. Die von uns entwickelten Hal-

tungsdimensionen lassen sich den drei Kategori-

en „Warum, Wie und Was“ zuordnen und in den

persönlichen Kontext sowie Umgang mit der

Außenwelt zuordnen (HR Pioneers, Bernd Rutz).

Die Haltungsanalyse agile mind ermöglicht

zum einen eine ausführliche Selbstanalyse des

Mitarbeiters. Das Ergebnis zeigt Handlungsfel-

der für die weitere Selbstentwicklung auf. Zur

bestmöglichen Entfaltung kommt agile mind

dann, wenn die Analyse um Fremdeinschät-

zung durch Führungskraft, Kollegen und Kun-

den ergänzt wird. Aus den Ergebnissen leiten

dann Mitarbeiter, Führungskraft und HR ge-

meinsam Entwicklungsmaßnahmen ab – zeit-

und realitätsnah!

Der Agile Collaboration Day „agile step“

Agile Kompetenzen und Haltungen zu messen

und offenzulegen, erfordert auch eine neue

Methodik, da althergebrachte Assessment

Center nicht im Stande sind, dies zu leisten. Sie

sind vielmehr in der Regel darauf ausgerichtet,

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2 2 / / B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R W W W . B P M . D E

die Frage zu beantworten, was der Bewerber

kann und selten, wie er arbeitet und sich in

bestimmten Situationen verhält. Es wird zwar

versucht, soft skills ebenfalls mit abzudecken,

jedoch mit weniger durchschlagendem Erfolg.

Dies hat vermutlich mehrere Gründe: Zum ei-

nen ist es deutlich schwieriger, Kompetenzen,

die eher im Wesen der Person begründet sind

und die oft erst in der Interaktion mit anderen

zutage treten, valide zu messen. Zum anderen

sind sich Unternehmen oft selbst nicht sicher,

welche Kompetenzen tatsächlich für die Erfül-

lung der Aufgaben nötig sind und welche dann

auch in den Stellenanzeigen auftauchen sollen.

Aber gerade in der agilen Welt, gehen die An-

forderungen an Bewerber deutlich über das

rein Fachliche hinaus.

Hierzu eine These: Die hard facts, also die fach-

lichen Kompetenzen bestimmen in der Regel

darüber, ob jemand kommt – die soft skills dar-

über, ob er bleibt. Nach Einschätzung der fachli-

chen Eignung wird oft bereits der Daumen über

dem Bewerber gehoben oder gesenkt. Wie sich

die Person dann innerhalb des Unternehmens

verhält und ob sie im Team zurechtkommt, zeigt

sich zumeist erst im Verlauf. Dies kann zu teuren

Missverständnissen führen.

Gerade in Umwelten mit immer größer wer-

dender Komplexität ist es erforderlich, den

steigenden Anforderungen mit einem dazu

passenden Set aus Kompetenzen zu begegnen,

um in diesem Umfeld auch erfolgreich bestehen

zu können. Agilität impliziert außerdem einen

größeren Fokus auf Kollaboration im Team und

erfordert somit ein funktionierendes Teamge-

bilde, trotz fachlicher Unterschiede (Stichwort:

Interdisziplinarität). Der Fokus sollte deutlich

mehr noch darauf liegen herauszufinden, ob

Menschen ins Team passen – oder nicht. Und

hier lohnt es sich, neue Wege zu gehen, um

die geeigneten Kandidaten zu finden. Deshalb

haben wir den Agile Collaboration Day ent-

wickelt, der das Arbeiten im agilen Setting in

den Mittelpunkt setzt und die Kandidaten in

alltagsnahen Situationen beobachtet. Das agile

Kompetenzmodell bildet hierbei die Beobach-

tungsgrundlage und die Übungen des Agile

Collaboration Day sind speziell dafür entwi-

ckelt, jene Kompetenzen erlebbar zu machen.

Um die agilen Haltungen zu ermitteln, entwi-

ckelten wir zusätzlich die Haltungsanalyse agile

mind, die in Form eines Fragebogens die agi-

len Einstellungen der Kandidaten offenlegt. In

Kombination mit dem Agile Collaboration Day

ergibt sich somit ein umfassendes Bild über die

agile „Einstellung“ der Kandidaten und hilft

Unternehmen dabei, geeignete Personen für

die Herausforderungen der Arbeit in der agilen

Welt zu identifizieren.

3.2.2 Agile Führungspraxis

Die Gallup-Studien zeigen uns regelmäßig,

dass Führungsverhalten bzw. die Qualität der

direkten Führungskraft, das wichtigste Element

für die emotionale Bindung eines Mitarbeiters

an das Unternehmen ist. Mitarbeiter wenden

sich zuerst von der Führungskraft und dann

vom Unternehmen ab. Und was geht das ei-

gentlich HR an? Wer wählt Führungskräfte aus?

Wer sorgt für die Qualität in den Führungs- und

Führungsnachwuchsprogrammen? Wer ist ver-

ICH Selbstverantwortung Pioniergeist Lernbereitschaft

ANDERE Vertrauen Kollaboration Fokus

WHY HOW WHAT

The Golden Circle

WHY

HOW

WHAT

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B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R / / 2 3W W W . B P M . D E

trauensvoller Business Partner der Führungs-

kräfte im Tagesgeschäft? Die Mitarbeiter der

HR-Abteilung! Sie wählen Führungskräfte aus,

sorgen für Qualität von Führungsprogrammen

und sind Sparringspartner im Tagesgeschäft.

Dies bietet großartige Chancen für HR, Schritt

für Schritt Führung neu auszurichten und ein

neues angemesseneres Wertesystem bzw. ein

neues Führung-Mindset zu entwickeln, zu för-

dern und zu etablieren.

Eine bestehende Führungs- und Unterneh-

menskultur kann man leider nicht kurzfristig

verändern. Eine Kultur ist das Ergebnis tatsäch-

lich gelebter Verhaltensweisen. Möchte man

sie nachhaltig verändern, gibt es keine Abkür-

zung. Der Weg führt über die konsequente

Änderung von Verhaltensweisen sowie über

passende und unterstützende Personal- und

Führungsinstrumente. Gewünschtes Verhalten

muss konsequent, nachvollziehbar und sichtbar

“honoriert“ und unerwünschtes konsequent

“sanktioniert“ werden. Mit konsequentem

(Führungs-)Vorbild voraus!

Ein solcher Veränderungsprozess gelingt nur

über eine Mobilisierung einer breiten Mitar-

beiterschaft. Letztendlich geht es um unter-

nehmensinterne Demokratisierung von Ent-

scheidungs- und Innovationsprozessen. Agile

Managementansätze integrieren netzwerkartig

das Wissen aller Beteiligten, vor allem der Per-

sonen, die nah am Markt sind und den Kunden

am besten verstehen. Da es für die Führungs-

mannschaft in immer komplexer werdenden

Märkten immer unsicherer wird, langfristig das

Richtige zu tun, ist es notwendig die Organi-

sation und all ihr Wissen vollständig einzube-

ziehen. Wenn nur Führungskräfte sich berufen

fühlen, Entscheidungen zu treffen, so werden

sie mittelfristig zum bottleneck.

In vielen Unternehmen wurden bereits oder

werden aktuell Fachlaufbahnen eingeführt.

Aus agiler Sicht ist dies ein guter Ansatz, Kar-

riere neu zu denken. Kritisch darf aber gefragt

werden: Brauchen wir wirklich noch mehr

Fachlaufbahnen oder sollten wir beginnen

Führungslaufbahnen mit „echten“ Führungs-

kräften und nicht mit Fachexperten zu beset-

zen? Messen wir Fußballtrainer an der Anzahl

ihrer selbst erzielten Tore oder am Erfolg ihres

Teams? Spielen die Trainer selber oder setzen

sie Rahmenbedingungen?

Führung wird in agilen Unternehmen neu ge-

dacht. Viele Führungsaufgaben werden dort

von interdisziplinären Teams selbständig und

selbstverantwortlich übernommen. Es gibt

agile Unternehmen, die (fast) ohne Führungs-

kräfte auskommen. Vieles wird direkt im Team

entschieden. Transparenz und vollständige In-

formation bilden dabei die Grundlage für diese

neue Art der Selbstverantwortung.

Wird zum Beispiel Scrum eingeführt, teilen sich

Führungskraft, Scrum Master, Product Owner

und das Team die klassische Führungsverant-

wortung. Der Product Owner verantwortet die

Produktvision und damit das Was der Lösung.

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Das Team dagegen verantwortet die Umset-

zung bzw. das Wie der Lösung. Der Scrum

Master übernimmt als laterale Führungskraft

die Verantwortung für den Scrum-Prozess und

für die Teamentwicklung.

In unseren Trainings hören wir hier häufig die

Frage: “Welche Aufgaben habe ich dann als

Führungskraft eigentlich noch?“ Oder: “Sind

Führungskräfte dann überhaupt noch nötig?“

„Ja“ meinen wir, aber wir brauchen Führungs-

kräfte mit einem anderen Führungsverständ-

nis, passend zum agilen Werteverständnis und

Menschenbild.

Dadurch, dass im Rahmen von agilen Prozes-

sen die operative Verantwortung konsequent

in die Teams gegeben wird, haben Führungs-

kräfte nun endlich den Auftrag nicht mehr nur

„Vorgesetzt(er)“ zu sein, sondern mit voller

Kraft zu führen. Der Begriff „Führungskraft“

wird nun Programm und sie können endlich

tun, wofür sie eigentlich da sein sollten – näm-

lich zu führen.

In einem solchen Umfeld braucht es mehr Lea-

dership und weniger Management, denn das

Management übernehmen die Mitarbeiter

einfach selbst. Die disziplinarische Führungs-

kraft konzentriert sich auf die strategischen

Themenfelder sowie die individuelle Mitarbei-

terentwicklung. Die Führungskraft hat somit

die Verantwortung, den Mitarbeitern Rahmen-

bedingungen zu setzen, in denen selbstorgani-

siertes und selbstgesteuertes Arbeiten möglich

ist. Entscheidend für eine solch agile Führungs-

kultur ist das vorhandene Menschenbild in der

Organisation. In einem agilen Umfeld wird

Kontrolle durch Vertrauen ersetzt. Im Grunde

stellt man die klassische Organisationspyrami-

de auf den Kopf und ändert damit die typi-

schen Arbeitsweisen sowie die Anforderung an

die Mitarbeiter.

Wenn Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung

übernehmen sollen, müssen Führungskräfte pa-

rallel lernen, loslassen zu können. Damit tun sich

häufig beide Seiten noch schwer. Die Führungs-

kraft fühlt sich überflüssig, der Mitarbeiter über-

fordert. Wenn Führungskräfte Verantwortung

und Freiheitsgrade an Teams und Mitarbeiter

übergeben oder gar Führungskräfte „aus dem

Spiel genommen“ werden, führt dies häufig

nicht zu der erwarteten Glückseligkeit bei den

Mitarbeitern. Vielfach entsteht zuerst Unsicher-

heit sowie Sorge davor, den gestiegenen Anfor-

derungen nicht gerecht werden zu können und

Angst davor, Fehler zu machen. Da waren die

alten Strukturen, in denen man auf die Entschei-

dung von oben warten konnte, sicherer und

risikofreier. Übergabe von Verantwortung sollte

deshalb ein begleiteter Prozess sein, in dem Feh-

ler als Lernmöglichkeit zugelassen werden.

Wie weit kann Selbstverantwortung gehen? Es

gibt heute Unternehmen, in denen Mitarbeiter

allein oder im Team konsultativ entscheiden,

wer zu welchem Seminar fährt, wie ein PE-Bud-

get verteilt wird oder wie die eigene Gehaltser-

höhung oder die der Kollegen dieses Jahr ausfal-

len wird. Mitarbeiter und damit Teams in diesen

Reifegrad zu bekommen, ist eine spannende

und herausfordernde HR- und Führungsauf-

gabe. Der Grad der Selbstverantwortung kann

so weit gehen, dass die Mitarbeiter demokra-

tisch entscheiden, wer ihre Führungskraft sein

soll. Haufe-umantis macht vor, dass und wie

es funktionieren kann. Seit 2013 stellen sich

alle Führungskräfte regelmäßig dem Votum

der Mitarbeiter. Nur, wer mehr als 50 Prozent

aller Stimmen erhält, darf weiterhin seine Füh-

rungsverantwortung ausüben. Dabei wird nicht

verheimlicht, dass das nicht immer einfach ist,

wie Marc Stoffel in einem Interview berichtet:

„Auch starke Persönlichkeiten müssen meistens

erst lernen, mit offener Kritik umzugehen. Das

habe ich am eigenen Leib erfahren. Diese Wahl

ist kein Marketing-Gag und auch kein Selekti-

onsprozess. Es geht darum, aus den Ergebnissen

gemeinsam Schlüsse zu ziehen: Welche Erwar-

tungen hat das Team, welche Rolle kommt der

Führungskraft zu und welches Verständnis hat

sie selbst davon?“ (wiwo.de)

Führung wird im agilen Kontext als Dienstleis-

tung am und für den Mitarbeiter verstanden.

Führung neu zu denken sowie Führungskräfte

systematisch zu inspirierenden Vorbildern zu

entwickeln ist zukünftig eine noch zentralere

Aufgabe von HR, um den Unternehmenserfolg

langfristig sicherzustellen. Mit den herkömm-

lichen Führungs- und Personalinstrumenten

kommt man hier jedoch schnell an Grenzen.

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Führungskräfte müssen weiterhin ihren Mit-

arbeitern Orientierung (Vision, Strategie und

Ziele) und Werte vermitteln, sie dann aber

“machen lassen“. Wenn Mitarbeiter lernen sol-

len, eigenverantwortlich zu arbeiten, muss die

Führungskraft parallel dazu lernen, loslassen zu

können. Die Führungskraft hat die Verantwor-

tung, ihren Mitarbeitern Rahmenbedingungen

zu bieten, in denen selbstorganisiertes und

selbstgesteuertes Arbeiten möglich ist: Füh-

rung verstanden als Dienstleistung an den Mit-

arbeitern. Führung neu zu denken sowie Mitar-

beiter systematisch zu agilen Führungskräften

zu entwickeln, ist eine immens wichtige Aufga-

be nachhaltiger HR-Arbeit.

3.2.3 Performance und Talent Management

im agilen Umfeld

Ein schönes Beispiel für die notwendige Ver-

änderung der Personal- und Führungsinst-

rumente ist der klassische Performance Ma-

nagement-Prozess. Jedes Jahr quälen sich

Führungskräfte und Mitarbeiter mit Zielverein-

barung am Jahresbeginn sowie Zielerreichung

und Leistungsbeurteilung am Jahresende. Und

keiner von ihnen hat eigentlich Lust dazu. Bei-

de verstehen den Sinn und Zweck nicht mehr,

denn häufig sind die Ziele auf Jahresbasis

schon nach kurzer Zeit selten das Papier Wert,

auf dem sie stehen. Dazu werden sie oft erst

im April oder Mai vereinbart und ändern sich

anschließend schneller als sie angepasst wer-

den können. Und am Ende liegt der Zieler-

reichungsgrad samt Bonus ohnehin bei allen

Mitarbeitern in einem relativ engen Zielerrei-

chungskorridor. Wofür der ganze Aufwand?

Wir laden gerne dazu ein, die Kosten dieses

Prozesses gegenzurechnen.

Und was macht HR? Für die Personalbereiche

ist es einfach nur extrem viel Arbeit. HR küm-

mert sich in diesen Prozessen zwar liebevoll da-

rum, dass die Gespräche geführt werden, aber

sie kontrollieren in der Regel nur den Rücklauf

und nicht die Qualität. Wir fragen gerne: Wofür

brauchen wir solche Personal- und Führungs-

instrumente, die in der Realität ihren Zweck

verfehlen und kaum eine Führungskraft oder

einen Mitarbeiter glücklich machen? Welchen

Nutzen liefern solche Instrumente? Sie fördern

lediglich die Trägheit, aber nicht die Agilität des

Unternehmens.

Es gibt alternative agilere Ansätze: Die Füh-

rungskraft coacht den Mitarbeiter in seiner

persönlichen Weiterentwicklung. Vor diesem

Hintergrund ist es notwendig, regelmäßige Ge-

spräche mit dem Mitarbeiter zu führen, in de-

nen Entwicklungsperspektiven bzw. Entwick-

lungsfortschritte erörtert werden.

Mitarbeitergespräche im klassischen Sinn, also

ein bis zwei Mal im Jahr, sind in diesem Kon-

text jedoch nicht sinnvoll. Gerade in „agilen

Kulturen“ müssen deutlich kürzere Abstände

gewählt werden, um mit den Mitarbeitern in

einen aktiven Austausch zu gehen. Geeignet

dafür sind viele „kleine“ Gespräche von bei-

spielsweise einer halben Stunde, die alle zwei

Wochen durchgeführt werden und als Ergän-

zung „größerer“ Meilenstein-Gespräche dienen.

Mitarbeitergespräche sollten immer

• auf Augenhöhe stattfinden,

• vom Mitarbeiter aktiv genutzt werden, um

seine Weiterentwicklung voranzutreiben,

• den Mitarbeiter systematisch befähigen,

• sowohl von der Führungskraft als auch

vom Mitarbeiter als Chance und nicht

als Last oder Farce angesehen werden.

In unseren Führungskräftetrainings stellen wir

immer wieder fest, dass dieses Thema in den

Unternehmen heikel ist und noch viel Potenzial

in sich birgt. Denn Loben und Kritisieren, Feed-

back geben, Eskalationen etc. verunsichern

immer noch viele Führungskräfte, sodass das

Instrument häufig nicht erfolgreich bzw. ziel-

führend eingesetzt wird. Auf Grund der ho-

hen Relevanz der Mitarbeitergespräche ist es

sinnvoll, die Führungskräfte entsprechend zu

befähigen, um eine effiziente sowie effektive

Umsetzung sicherzustellen.

Grundsätzlich stellt sich zudem die Frage, ob

eine reine Standardisierung von HR-Instrumen-

ten weiterhin die Lösung ist. Unternehmen ha-

ben verstanden, dass Kundenorientierung und

damit auch individuelle Kundenlösungen ein

Erfolgsrezept ist. HR-Instrumente sind bisher in

der Regel jedoch für alle Führungskräfte und

Mitarbeiter gleich. Aus dem Blickwinkel von

Mitarbeitern und Führungskräften ist das nicht

mehr stimmig. Hier herrscht keine Gerechtig-

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keit, sondern Gleichmacherei. Gestandene Füh-

rungskräfte brauchen andere Tools als unerfah-

rene Führungskräfte oder gar die immer noch

zahlreichen Fachexperten in Führungsrollen. In

der Softwareentwicklung benötigt man even-

tuelle andere Elemente als im Sales-Bereich.

Fragen Sie doch mal Ihre internen Kunden, was

sie wirklich benötigen und erarbeiten Sie neue

Ansätze kollaborativ mit dem Business zusam-

men auf eine agile Vorgehensweise.

In agilen Teams sind Ziele, Leistungsbewer-

tung und Feedbackschleifen prozessimmanent.

Überschaubare Planung (Sprints), Umsetzung

von konkreten Ergebnissen (Reviews) und inte-

grierten Lernprozessen (Retrospektiven) führen

dazu, dass gesetzte Ziele und damit die tat-

sächliche Leistung transparent vom Auftrag-

geber und dem Team selbst bewertet werden

können. Feedback in agilen Unternehmen ist

ein täglicher Prozess an dem alle teilnehmen.

Feedback verliert in diesem Umfeld mittelfristig

nicht nur sein anstrengendes und ängstigendes

Potenzial, es wird sogar tragender Bestandteil

eines dauerhaften Lernprozesses. Zielvereinba-

rungen und Zielerreichungen werden somit zur

selbstverständlichen Tagesaufgabe.

Um das Team bzw. den einzelnen Mitarbeiter

darüber hinaus adäquat fördern zu können,

werden zudem, im besten Fall, Teamziele durch

den Scrum Master vereinbart und individuelle

Ziele durch den Manager, wodurch dieser seine

Coaching-Rolle umsetzen kann.

Individuelle Anreiz- und Bonussysteme wirken

in diesem Umfeld kontraproduktiv. Unterneh-

men brauchen heute keine Anreiz- sondern

Anerkennungssysteme, die Teamerfolge und

individuelle Kompetenzentwicklung fördern.

Die Neurowissenschaften zeigen seit länge-

rem, dass typische Incentive-Modelle (Karotte

gegen Leistung) zu einer Spirale führen, in dem

am Ende nur der Wunsch nach immer mehr

derselben Belohnung steht. In seiner ganzen

Konsequenz bedeutet dies für HR: Hinterfragt

die aktuellen Anreizsysteme und schafft indi-

viduelle Bonussysteme ab! Erste Unternehmen

gehen bereits erfolgreich diesen Weg. Man

schaue sich beispielsweise Bosch an, die Boni

konsequent abschaffen wollen.

Da sich agile Organisationen durch eine Netz-

werkstruktur (mit flachen Hierarchien oder so-

gar ohne Hierarchiestufen) auszeichnen, stellen

sich unsere Kunden häufig die Frage, wie sie

den Wunsch ihrer Mitarbeiter nach steter Wei-

terentwicklung adäquat nachkommen können.

Entwicklungsperspektiven im agilen Kontext

bedeuten nicht, die Karriereleiter innerhalb ei-

ner Pyramide Schritt für Schritt zu erklimmen.

Im Vordergrund steht hierbei die fachliche Wei-

terentwicklung. Fachliche Weiterentwicklung

bedeutet, dass die eigenen Kompetenzen bzw.

sogenannten Kompetenzradien stetig erweitert

werden, um so den eigenen Verantwortungs-

bereich auszuweiten – ohne Übernahme diszi-

plinarischer Führungsverantwortung.

Auf dieser Basis ist es beispielsweise möglich,

dass mit steigendem Level die Kompetenzradi-

en und somit der Verantwortungsbereich eines

Entwicklers immer breiter werden. Eine diszip-

linarische Führungsverantwortung wird dabei

nicht übernommen, die fachliche Führungs-

kompetenz hingegen wird stetig ausgeweitet.

Auf Basis der transparenten Vorgehensweise

bei Scrum sowie der dabei regelmäßig durch-

geführten Retrospektive wird die Leistung

des Teams schnell sichtbar. Das Team erörtert

gemeinsam Optimierungen für den nächsten

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Sprint. Feedback in Bezug auf das gesamte

Team ist somit prozessimmanent.

Bestenfalls findet auch die Leistungsbeurtei-

lung der einzelnen Teammitglieder im Team

statt. Dadurch, dass die Teammitglieder wäh-

rend der Sprints intensiv miteinander arbeiten,

liegt es auf der Hand, dass sie selbst am besten

einschätzen können, wie die Leistung der an-

deren Teammitglieder zu beurteilen ist.

Inwiefern kann der Manager umfassende Leis-

tungsbeurteilungen über die jeweiligen Team-

mitglieder geben? Da der Manager häufig

ziemlich weit weg vom einzelnen Teammitglied

ist und ihn somit nur selten mitbekommt, ist es

für ihn nicht unbedingt möglich, sich ein um-

fassendes Bild über die Leistung des Mitarbei-

ters zu machen. Vor diesem Hintergrund bietet

sich die Durchführung eines 360°-Feedbacks

an.

Das 360°-Feedback eignet sich dazu, Kom-

petenzen, Leistungen und das Verhalten der

Mitarbeiter aus verschiedenen Perspektiven

einzuholen. Mit anderen Worten: ausgewähl-

te Personen wie Teamkollegen, Kunden, Mit-

arbeiter aus anderen Abteilungen, mit denen

der Mitarbeiter im Tagesgeschäft in starker In-

teraktion steht, bekommen einen Fragebogen

zugesandt, anhand dessen sie die Leistung des

Mitarbeiters bewerten. Gerade in Scrum ist eine

solche umfassende Betrachtungsweise sinnvoll

und für den Manager hilfreich, um auf dessen

Basis den Mitarbeiter in seiner Entwicklung zu

unterstützen und ihn entsprechend zu coachen.

Mehr Verantwortung führt parallel zu höherer

Unsicherheit. Wenn das Dürfen in agilen Struk-

turen möglich ist, muss der Mitarbeiter jetzt

Wollen und Können. Das Wollen setzen wir

bei allen Mitarbeitern voraus, solange es nicht

durch falsche Anreizsysteme oder demotivie-

rende Führung verdrängt wird. Somit wird das

Können zentral, um Unsicherheit abzubauen.

Lernprozesse zu begleiten, wird in diesem Um-

feld zu einer wichtigen HR- und Führungskom-

petenz. Dabei gilt es, Mitarbeiter in der Selbst-

verantwortung zu lassen. Employability ist

Mitarbeiterverantwortung, Weiterentwicklung

ist Mitarbeiteraufgabe. HR und Führungskräfte

begleiten diesen Prozess jedoch gezielt durch

das Schaffen herausfordernder Situationen, in

denen Verhaltensweisen und Kompetenzen in

geschützter Umgebung weiterentwickelt wer-

den können. HR und Führungskräfte beglei-

ten darüber hinaus Reflexionsphasen in denen

Mitarbeiter out-of-the-box-Denken, Erfolg und

Misserfolg selbst erkennen und Sinnhaftigkeit

selbstständig entwickeln können.

Erfolgreiche Personalentwicklung erfolgt heu-

te bereits agil. Neu gedacht erfolgt Personal-

entwicklung kontinuierlich, individualbezogen

und orientiert sich am konkreten Bedarf. Das

beschreibt agiles iteratives Vorgehen: Impul-

se durch Trainings, Webinare, Vorträge und

begleitete Praxisphasen wechseln sich iterativ

ab. Agile Personalentwicklung ist am Ende wie

jeder agile Ansatz ein kontinuierlicher Verbes-

serungsprozess. Das altbewährte Gießkannen-

prinzip der klassischen Personalentwicklung ist

hierfür alles andere als ein Erfolgsmodell.

3.2.4 Compensation und Benefits im

agilen Kontext

Auch bereits agile Unternehmen sind für be-

stimmte Themen auch immer noch auf der Su-

che nach geeigneten und auf ihre Bedürfnisse

angepasste Lösungen. Hierzu gehört eindeutig

auch das Thema Vergütung. Hierbei handelt

es sich wohl um eines der sensibelsten The-

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men, mit denen sich Führungskräfte und auch

HR-Bereiche auseinandersetzen müssen. So

agil, mutig und offen Unternehmen und Mit-

arbeiter einander auch einschätzen mögen,

gerade beim Thema Gehalt bevorzugen viele

Menschen eher, sich auf etablierte Strukturen

zu verlassen und scheuen davor zurück, neue

Wege zu gehen.

Einige Unternehmen schwören auf den hohen

Grad an Selbstverantwortung bei ihren Mitar-

beitern. Dennoch tun sie sich schwer damit,

auch im Bereich der Vergütung gleicherma-

ßen auf Selbstverantwortung zu pochen. Hört

beim Geld also die Freundschaft auf?

Allerdings sei auch dazu gesagt, dass die The-

matik eine Menge an Aspekten umfasst, die

es zu berücksichtigen und zu bedenken gilt,

sodass radikale, einfache Lösungen weder ver-

fügbar noch ratsam wären. Umso wichtiger ist

es, gemeinsam Lösungsansätze zu diskutieren,

Hypothesen zu entwickeln und auch wieder zu

verwerfen, um irgendwann tragfähige Modelle

präsentieren zu können, die auch auf den je-

weiligen Unternehmenskontext zugeschnitten

sind. Denn insbesondere von der vorherrschen-

den Unternehmenskultur ist abhängig, wie die

Vergütungsmodelle dann ausgeprägt sind.

Die vielleicht banalste und dabei doch komple-

xeste Fragestellung in diesem Zusammenhang

dürfte sein, durch wen Gehälter überhaupt

festgelegt werden. In Unternehmen klassischer

Prägung ist dies relativ klar umrissen: Unterneh-

merseitig wird entschieden, welches Gehalt für

welche Position und Qualifikation angemessen

erscheint, anschließend bietet sich dem Bewer-

ber oder dem Mitarbeiter die Gelegenheit zur

Verhandlung. Beim agilen Ansatz wird häufig

argumentiert, dass man den Mitarbeitern mehr

Verantwortung und Entscheidungsautonomie

übertragen wolle, weil sie eh am besten wüss-

ten, wie sie ihren Job zu erledigen hätten. War-

um gilt dies dann aber bei der Bezahlung nicht?

Befürchtet man den systematischen Miss-

brauch? Und wie ließe sich dieser wirkungsvoll

verhindern? Ideen hierfür gibt es einige.

Beispielsweise der Ansatz des gleichen Gehalts

für alle. In den USA machte der Fall von Dan

Price Schlagzeilen (Schlenk 2015), der in sei-

nem Tech-Unternehmen Gravity durchsetzte,

dass alle Mitarbeiter das gleiche Jahresgehalt

von 70.000 USD erhalten. Eine Studie hatte er-

geben, dass bis zu einem Gehalt von 75.000

USD die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit je-

dem verdienten Dollar steigt. Price’ Maßnahme

sorgte allerdings nicht für Begeisterung in der

Belegschaft über die Gleichbehandlung, viel-

mehr fühlten sich jene Mitarbeiter mit größerer

Berufserfahrung den „frischeren“ Kollegen ge-

genüber massiv benachteiligt. Wichtige Mitar-

beiter verließen pikiert das Unternehmen. Zwar

konnte sich Price positiver PR und einer Menge

neuer Bewerber sicher sein, eine erfolgreiche

Revolution der Vergütungssysteme war seine

Idee aber auch nicht.

Ähnlich verfuhr man zu Beginn bei der Ham-

burger Digitalagentur Elbdudler, bei der nach

ihrer Gründung der Ansatz verfolgt wurde, allen

das gleiche Gehalt zu zahlen (Astheimer 2014).

Später ging man dazu über, die Mitarbeiter im

Team gemeinsam entscheiden zu lassen. So soll-

te sich jeder Mitarbeiter bei der Einstufung sei-

nes Gehaltswunsches folgende Fragen stellen:

Was brauche ich? Was verdiene ich am freien

Markt? Was verdienen meine Kollegen? Was

kann sich das Unternehmen leisten? Die sich

daraus ergebende Gehaltsforderung wurde im

Anschluss mit den Kollegen diskutiert, die auch

über ein Vetorecht verfügten. Ein Großteil der

Belegschaft war mit ihrem Gehalt zufrieden,

ein Drittel erhielt eine Erhöhung. Die erhöhten

Personalkosten wären normalerweise nicht zu

stemmen gewesen, deshalb wurden diese an

die Geschäftsentwicklung gekoppelt – mit Er-

folg. Nachdem die Ziele erreicht wurden, zahlte

die Geschäftsführung auch die Gehaltserhöhun-

gen aus. Das System bewährte sich.

Eine komplette Selbstbestimmung des Gehalts

durch den Mitarbeiter ist ohne ein vorhande-

nes Korrektiv, wie es das Team darstellt, schwer

vorstellbar. Und es gibt auch gute Argumente

dafür, das Team bzw. die Kollegen miteinzu-

beziehen. Sie können schließlich in der Regel

am besten die Qualität der Arbeit und die Be-

deutung des Mitarbeiters und seinen Beitrag

für das Team beurteilen, insbesondere im Ver-

gleich zu sich selbst und zu anderen Kollegen.

Darüber hinaus dürften sie auch beurteilen

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B U N D E S V E R B A N D D E R P E R S O N A L M A N A G E R / / 2 9W W W . B P M . D E

können, wieviel man realistischerweise am

Markt verdient und was dem eigenen Arbeit-

geber zumutbar wäre. Man dürfte hierbei im

Mittel zu realistischeren Einschätzungen kom-

men, als wenn man die Entscheidungen kom-

plett dem Mitarbeiter selbst überließe. Abwei-

chende Ansätze, angelehnt an den jeweiligen

Freiheitsgrad der Mitarbeiter im Unternehmen,

sind ebenfalls denkbar und auch sinnvoll, da

auch hier keine Schema F-Lösungen ratsam

sind, sondern eher individuelle, auf den Unter-

nehmenskontext angepasste Modelle.

Die erwähnten Beispiele verdeutlichen vor allem

eines: Mitarbeiter wollen nicht unbedingt gleich,

aber dafür gerecht bezahlt werden. Die größte

Herausforderung und gleichzeitige Aufgabe der

Unternehmen ist es somit, bei der Gehaltsfin-

dung der Mitarbeiter die höchstmögliche Ver-

fahrensgerechtigkeit zu ermöglichen.

Was ist aber unter Verfahrensgerechtigkeit zu

verstehen und wie lässt sie sich von Arbeitge-

berseite gewährleisten? Bedeutet Verfahrens-

gerechtigkeit gleichzeitig vollständige Transpa-

renz? Ist es notwendig und ratsam, wenn jeder

weiß, was der andere verdient? Oder kommt

es nur darauf an zu wissen, dass es gerecht ist,

wie viel der andere verdient? So sollte sich die

Transparenz weniger auf die Offenlegung der

Gehälter und mehr auf den Prozess der Ver-

gütung selbst beziehen, um so Gerechtigkeit

zu erzeugen. Ziel muss es also sein, einen Ge-

haltsprozess zu kreieren, der klar verständlich,

nachvollziehbar und transparent aufgebaut

ist und in dem bestimmte Spielregeln klar de-

finiert sind. Diese können von Unternehmen

zu Unternehmen, je nach Philosophie, Kultur

oder Geschäftsmodell auch unterschiedlich

aussehen. Der Mitarbeiter muss nur verstehen

können, warum sich sein Gehalt wie bemisst,

was die Voraussetzungen für eine Gehaltserhö-

hung sind, in welchen Zyklen es zu Revisionen

kommt etc. Durch die Veröffentlichung von In-

formationen kann man die Mitarbeiter bereits

stärker einbinden und ein höheres Gefühl der

Verfahrensgerechtigkeit erzeugen. Ein Schritt

weiter gedacht wäre es, die Mitarbeiter bei der

Festlegung der Spielregeln aktiv mit einzube-

ziehen. Wenn man selbst die Regeln aufstellt,

wird man sich nicht mehr über deren Unge-

rechtigkeit beschweren.

Verfahrensgerechtigkeit ist ein entscheidender,

aber nicht der einzige Aspekt, über den sich

agile Experten Gedanken machen. Eine weitere

Herausforderung ist es, ein Verfahren zu ent-

wickeln, dass zur vorherrschenden Unterneh-

menskultur passt. Hier hilft es, jene Mitarbeiter

in die Entwicklung einzubeziehen, die die Un-

ternehmenskultur verinnerlicht haben und sie

auch nach außen leben.

Eine weitere spannende Frage ist es, wie Ver-

teilungsgerechtigkeit erzielt werden kann, wie

also dafür gesorgt wird, dass sich alle Mitarbei-

ter angemessen am Unternehmenserfolg betei-

ligt fühlen können.

Wie lässt sich über die Vergütung auch die

Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern

ausdrücken? Sie müssen genug verdienen, um

beim Blick auf den Marktvergleich nicht zum

Schluss zu kommen, dass sie überall anders

mehr für ihre Arbeit und ihren Beitrag erhalten

würden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, darü-

ber nachzudenken, Mechanismen einzurichten,

die eine entsprechende Beteiligung am Unter-

nehmenserfolg ermöglichen. Ob dies nun über

Bonuszahlungen (für alle!) oder beispielsweise

die Ausrichtung von besonderen Firmen- oder

Team-Events gelöst wird, hängt letztlich auch

von der Unternehmenskultur ab.

Ein Thema, über das im agilen Kontext viel-

fach und hitzig debattiert wird, sind etwaige

Gehaltsbestandteile. Studien belegen, dass in-

dividuelle Boni auf lange Sicht eher zur Demo-

tivation der Mitarbeiter führen, weil sie ledig-

lich extrinsisch motiviert werden und nicht aus

sich selbst heraus angetrieben sind, Leistung zu

bringen.

Variable Anteile sind für Unternehmen oftmals

auch ein Instrument für die Gehaltsgestaltung.

Dafür, dass sie aber einen vergleichsweise ge-

ringen Prozentsatz darstellen, ist der Verhand-

lungs- und somit der Verwaltungsaufwand

ungleich aufwändiger, höher und dadurch kos-

tenintensiver und trägt nur zur Manifestierung

bürokratischer Strukturen bei. Nach Möglich-

keit sollte auf variable Anteile, vor allem indivi-

duelle variable Anteile, verzichtet werden.

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3.2.5 Agile Veränderungsprozesse als HR

begleiten

Mit dem Pioneers Trafo-ModellTM haben wir

wertvolle Anhaltspunkte für die Diagnostik ei-

ner agilen Organisationsanalyse genannt, die

dabei helfen können, einzuschätzen, wie weit

die agile Transformation in den einzelnen Berei-

chen jeweils bereits vorangeschritten ist. Jeder

der einzelnen Dimensionen ist von Bedeutung,

um den Wandel voranzutreiben, jedoch ist es

zunächst wichtig zu wissen, wo man steht, ehe

man losläuft. Und dies sollte man auch nicht

tun, ohne vorher den Weg zu kennen und die

Karte studiert zu haben, wenn man am Ende

dort ankommen will, wo man auch ursprüng-

lich hinwollte. Hier ist es wichtig zu verstehen,

dass jede Organisation auch einen eigenen

Startpunkt und somit einen unterschiedlich

langen Weg mit individuellen Herausforde-

rungen und Stolpersteinen zu bewältigen hat.

Auf diesen Weg kann man sich am besten mit

einer Karte vorbereiten, die einem den Über-

blick über das bisweilen unwegsame Gelände

liefert und auch die einzelnen Etappen kenn-

zeichnet. Man muss sich klar darüber sein, dass

es letztlich Einzelfall-Entscheidungen sind, wel-

che Wege und Methoden bei jeder einzelnen

Organisation gewählt werden. Hier muss die

Roadmap im Laufe der Reise iterativ angepasst

werden, auch hier verspricht ein agiles Vorge-

hen also den meisten Erfolg. Jedoch kann eine

stilisierte, simplifizierte Roadmap zumindest

einen sehr guten Überblick über die Gegeben-

heiten liefern und dabei helfen, die nächsten

Schritte zu planen. Diese ist gleichzeitig der

Ausgangspunkt für die Formulierung passge-

nauer Lösungsansätze, die genau auf die Ge-

gebenheiten und Bedürfnisse der jeweiligen

Organisation zugeschnitten sind.

Die Roadmap, mit der wir arbeiten, umfasst

insgesamt fünf Phasen, die insgesamt durch-

laufen werden, um den Transformations-Pro-

zess innerhalb der Organisation vollumfänglich

einbringen zu können.

Die erste Phase ist geprägt durch die Prozess-

vorbereitung. Hier erfolgt die Weichenstel-

lung für die weiteren Veränderungen inner-

halb der Organisation. Hierzu wird zunächst

eine Bestandsaufnahme vorgenommen, um

die tatsächliche Situation möglichst detailliert

abzubilden und überblicken zu können. Die

entscheidenden Personen werden vorab infor-

miert und „abgeholt“, um sie zielgerichtet auf

die kommenden Aufgaben und Herausforde-

rungen vorzubereiten. Hier können mit Impuls-

Workshops erste Grundlagen für das weitere

Vorgehen geschaffen werden und der Informa-

tionsstand der beteiligten Personen und deren

Erwartungen an den Transformations-Prozess

festgestellt werden. Hier werden außerdem ein

ungefährer zeitlicher Fahrplan sowie Sprintzie-

le, soweit bereits möglich, näher erörtert.

Der nächste Schritt ist dann, im Rahmen einer

Organisationsanalyse zunächst eine Standort-

bestimmung des agilen Reifegrads der Organi-

sation auf jeder der sechs oben präsentierten

Dimensionen festzustellen. Dies kann mithilfe

unterschiedlicher methodischer Hilfsmittel ge-

schehen. Neben der Durchführung von Inter-

views mit unterschiedlichen Führungskräften,

Stakeholdern und einzelnen Teams werden

auch standardisierte Fragebögen unter den

Mitarbeitern ausgegeben und später ausge-

wertet. Darüber hinaus werden verfügbare

Dokumente wie Betriebsvereinbarungen, Mit-

arbeitergesprächsprotokolle etc. auf ihren In-

formationsgehalt hin überprüft und ausgewer-

tet. So ergibt sich ein umfassendes Gesamtbild

der Ausgangssituation der Organisation für

den agilen Change. Im Anschluss erfolgt dann

ein Abgleich der festgestellten Situation mit

den Erwartungen und Zielen der Verantwort-

lichen, um eine noch genauer angepasste For-

mulierung der Ziele des Wandels festzulegen.

Letztlich ist auch erst nach erfolgter Anamnese

möglich, realistisch einzuschätzen, wie weit

ein agiler Wandel der Organisation tatsächlich

möglich und auch sinnvoll ist. Schließlich ist es

nicht für jede Organisation gleich erstrebens-

wert, den höchsten Grad an Agilität zu errei-

chen. So kommt es bei den meisten Unterneh-

men nicht darauf an, in jedem Bereich an der

Spitze zu stehen, sondern vielmehr darauf, der

Konkurrenz voraus zu sein. Ist man agiler, an-

passungsfähiger, flexibler als die Konkurrenz,

ergeben sich automatisch Wettbewerbsvorteile

und die Überlebenswahrscheinlichkeit der Or-

ganisation steigt entsprechend an. Deswegen

gilt es auch, den anvisierten Grad der Agilität

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an die jeweiligen Marktvoraussetzungen und

dessen Geschwindigkeit anzupassen. Mit der

Formulierung eines adäquaten und realisti-

schen Erwartungshorizonts an den agilen Ch-

ange ist bereits ein wichtiger Schritt in die rich-

tige Richtung gemacht.

Als nächstes gilt es dann, die richtigen Entschei-

dungen zu treffen, um die vorher festgesetzten

Ziele möglichst vollständig und innerhalb des

vorgesehenen Zeitkorridors zu erreichen. Hierzu

gehört einerseits, die passenden Personen in den

entsprechenden Positionen zu installieren, die

die Idee der Agilität teilen, vertreten und auch

mit Leben füllen können, andererseits aber auch

die Planung konkreter Maßnahmen in allen sechs

Dimensionen. Art und Umfang ist in erster Linie

abhängig von den Voraussetzungen, die die Or-

ganisation grundsätzlich mitbringt. Denkbar sind

aber von Schulungsveranstaltungen und Work-

shops bis zu tiefgreifenden Umstrukturierungen

sämtliche Kunstgriffe auf der Klaviatur des agilen

Wandels. Wichtig ist in jedem Fall, jede getrof-

fene Maßnahme mit einem zeitlichen Horizont

zu versehen, möglichst auch in vergleichsweise

kurzen Etappen, um eine entsprechend häufige

Überprüfung und Einschätzung des Fortschritts

zu gewährleisten und um Anpassungen entlang

des Weges durchführen zu können. Bei diesen

Maßnahmen geht es nicht darum, diese gleich

flächendeckend auf die gesamte Organisation

anzuwenden. Im Gegenteil geht es eher dar-

um, einzelne Projekte zu pilotieren und auf ihre

Wirkungsweise innerhalb der Organisation zu

überprüfen. Bewährt sich ein Konzept, lässt sich

dieses auf den Rest der Organisation übertra-

gen. Tut es dies nicht, bedarf es entsprechender

Anpassungen oder möglicherweise auch einer

Kurskorrektur. In jedem Fall ist auf diese Weise

ein permanenter Lernprozess gewährleistet, der

einerseits den Umgang mit Change-Methoden

schult, andererseits aber auch das Bild der eige-

nen Organisation zusätzlich schärft.

Haben sich die einzelnen Pilotprojekte inner-

halb der Organisation erfolgreich entwickelt,

kann die Organisation dazu übergehen, diese

auch flächendeckend auszurollen und auf die

gesamte Organisation anzuwenden. So gelingt

dann auch der letzte Schritt auf dem Weg zur

agilen Zielerreichung, nämlich die Agilisierung

der Gesamtorganisation. Jedoch sollte man

sich im Klaren sein, dass dieser Gesamtprozess

sich auch über mehrere Jahre erstrecken kann.

Darüber hinaus befindet sich auch die die Or-

ganisation umgebende Umwelt in einem kons-

tanten Wandel, sodass Ziele unter Umständen

iterativ angepasst und korrigiert werden müs-

sen und es einen klar bestimmten Abschluss

des Prozesses möglicherweise gar nicht gibt.

Agilität bedeutet nämlich eben auch, dauerhaft

offen gegenüber Veränderungen und neuen

Impulsen zu sein.

Auch den Transformationsprozess kann HR

selbst agil aufsetzen. Ein agiles und somit itera-

tives sowie transparentes Vorgehen eignet sich

hier sehr gut. Somit können Organisationen

auf agile Art und Weise eine agile Organisation

werden. Agil bedeutet in diesem Zusammen-

hang, agile Methoden wie Scrum anzuwenden

und mit deren Hilfe die Transformation umzu-

setzen. Im Nachfolgenden werden die fünf ele-

mentaren Schritte für einen agilen Transforma-

tions-Prozess beschrieben.

a.) Für eine systematische Umsetzung des

Transformationsprozesses ist es notwendig,

ein Transformationsteam zu definieren. Ent-

sprechend des Scrum-Prozesses sind die dabei

zu vergebenen Rollen: der Product Owner, der

Scrum Master sowie die Teammitglieder. Durch

diese „Teambildung“ werden klare Rollen mit

konkreten Verantwortlichkeiten sowie Aufga-

ben definiert. Wer übernimmt nun sinnvoller-

weise welche Rolle im Transformations-Team?

Die Rolle des Product Owner ist es, die Vision

vorzugeben. Somit sollte diese Rolle bestenfalls

von demjenigen übernommen werden, der für

das Transformationsprojekt verantwortlich ist,

also vom Management oder der Geschäftsfüh-

rung.

Die Rolle des Scrum Master im Rahmen der

Transformation besteht darin, organisatorisch

die Fäden in der Hand zu halten, Hindernis-

se zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass die

Meetings durchgeführt und Entscheidungen ge-

troffen werden können. Die Durchführung der

Aufgabe ist sehr komplex und nimmt somit viel

Zeit in Anspruch. Vor diesem Hintergrund ist es

essentiell, dass der Scrum Master für diese Rolle

genügend Zeit zugesprochen bekommt. Zudem

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ist es sinnvoll, wenn die Rolle des Scrum Master

jemand übernimmt, der bereits als Scrum Mas-

ter im Unternehmen arbeitet.

Das Team setzt sich bestenfalls aus Teammit-

gliedern verschiedener Ebenen zusammen, so-

dass sowohl Führungskräfte als auch Mitarbei-

ter involviert sind. Die Teamgröße sollte dabei 8

bis 10 Mitglieder nicht überschreiten.

b.) Steht das Transformationsteam fest, ist es

elementar, das Zielbild zu definieren. Leitfragen

sind beispielsweise:

• Was bedeutet für uns agil?

• Wie soll die agile Struktur aussehen?

• Welche Rollen sollen in dieser Struktur

besetzt werden?

• Welche Änderungen ergeben sich für

die Führungskräfte?

• Welche kulturellen Werte werden

wichtiger?

Das Zielbild kann zu Beginn sehr einfach sein.

Wichtig ist es, zügig zu starten, um zu lernen

und Erfahrung zu sammeln – im Sinne von in-

spect and adapt.

c.) Ist das Zielbild definiert, stellt sich die Frage,

welche Schritte notwendig sind, um dorthin zu

kommen. Da die Umsetzung iterativ erfolgt, ist

es nicht sinnvoll, einen detaillierten Projektplan

mit fest definierten Meilensteinen zu erstellen.

Stattdessen sollte ein Backlog erstellt werden,

in dem alle notwendigen „Stories“ aufgelis-

tet sind und entsprechend priorisiert werden

können. Dieses Backlog wird im Rahmen der

einzelnen Sprints umgesetzt. Ein elementarer

und nicht zu unterschätzender Faktor in die

Umsetzung der Backlogs ist die Einbeziehung

des Betriebsrates, sofern vorhanden. Dieser ist

unbedingt in die Entscheidungs- sowie Kom-

munikationsprozesse einzubinden.

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d.) Für die Durchführung der Transformation

können viele Elemente von Scrum übernommen

werden. Das bedeutet im Einzelnen, dass wie

bereits aufgeführt, ein Backlog erstellt wird, in

dem alle notwendigen Ziele bzw. User Stories

definiert und priorisiert sind. Welche Ziele müs-

sen erreicht werden, um die Transformation von

klassisch zu agil umzusetzen? Dies könnten zum

Beispiel folgende Meilensteine sein: „Wir haben

unsere (neuen) agilen Werte definiert“, „Wir ha-

ben unsere Zielstruktur definiert“, „Wir haben

eine Plattform erstellt, auf der die Mitarbeiter

regelmäßig über die Transformation informiert

werden“, „Die Teams sind in Scrum geschult“,

„Wir haben eine Mitarbeiterversammlung

durchgeführt, in der die Mitarbeiter und Füh-

rungskräfte über das Change Projekt informiert

worden sind“.

Diese Stories werden in einzelnen Sprints um-

gesetzt. Die Sprintlänge ist dabei von Beginn an

festzulegen, in der Regel beläuft sich diese auf

zwei bis vier Wochen. Im Rahmen dieser Sprint-

länge werden die User Stories, auf die sich das

Transition Team verpflichtet hat, abgearbeitet.

Um den Überblick darüber zu behalten, welche

Stories noch nicht bearbeitet worden sind, ist es

sinnvoll, wenn dem Transition Team ein eigenes

Task Board zur Verfügung gestellt wird, welches

zentral für jedes Teammitglied einsehbar ist.

Die jeweiligen Stories, die innerhalb eines

Sprints umgesetzt werden, werden im soge-

nannten Planning definiert und priorisiert. Im

Rahmen der einzelnen Sprints werden sogenann-

te Dailys durchgeführt, in denen der aktuelle

Stand der einzelnen Tasks den anderen Teammit-

gliedern mitgeteilt wird. Empfohlene Dauer des

Dailys: 15 Minuten. In einem regulären Scrum

Prozess finden Dailys täglich statt. Da es sich bei

dem Transformations-Projekt eher um ein Projekt

handelt, dass neben Tagesgeschäft sozusagen

on top durchgeführt wird, ist es durchaus denk-

bar, dass die Dailys nur an bestimmten Tagen, an

denen garantiert an den User Stories gearbeitet

wird, stattfinden. Zum Beispiel können Dailys nur

Montag bis Mittwoch durchgeführt werden.

Am Ende eines jeden Sprints findet das soge-

nannte Review statt, in dem der Product Ow-

ner die Ergebnisse der User Stories abnimmt.

Leitfrage: Sind die User Stories, auf die sich das

Team verpflichtet hat, erfüllt?

Im Anschluss daran findet die Retrospektive

über den Sprint statt, in der die Mitarbeiter des

Transition Teams reflektieren, was in dem ver-

gangenen Sprint gut gelaufen ist und was sie

für den nächsten Sprint auf Teamebene weiter

verbessern können.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, dass der

Scrum Master eine sogenannte Impediment-

Liste erstellt. In dieser Liste werden die offenen

Punkte aufgelistet, die den Prozess/das Team

daran hindern, im Prozess weiterzukommen

bzw. Tasks weiter zu bearbeiten.

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4. Zusammenfassung und Ausblick

Die Zukunft von HR liegt in der Rolle des Ka-

talysators für die Steigerung von Agilität der

Unternehmen. Hier bieten sich Chancen die Ar-

beitswelt der Zukunft durch neue Führungsmo-

delle, individualisierte Personalentwicklung und

innovative Organisationsentwicklung mit zu

prägen. Mit diesem Selbstverständnis wird HR

zum unternehmerisch denkenden Change Ma-

nager, der die Verantwortung für die internen

Veränderungs- und Transformationskompetenz

übernimmt und damit einen wichtigen Beitrag

für den zukünftigen Geschäftserfolg leistet. HR

sollte nicht darauf warten, bis sich agile Ansätze

etabliert haben, sondern diese von Anfang an

mitgestalten. HR muss zum Treiber eines agilen

Unternehmens werden, um damit eine nach-

haltige Zukunftsfähigkeit des Unternehmens

sicherzustellen. Die Personalfunktion kann den

Weg zu einem agilen Unternehmen mit den

richtigen Führungs- und Personalinstrumenten

maßgeblich beeinflussen. Der Wandel hin zu

einer agilen Organisation bringt für das Ma-

nagement viele Herausforderungen mit sich:

Die konsequente Orientierung auf Kunden und

Mitarbeiter gilt es, auf allen sechs vorgestellten

Dimensionen umzusetzen und zu leben.

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