Sicher leben 3/2012

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Das bfu-Magazin für Präventionspartner 3/2012 HAUS UND FREIZEIT Sicherheit für Kinder und Senioren VERGIFTUNGEN Neue Gefahrensymbole für Chemikalien WATER SAFETY Eine Klasse aus Ecublens taucht ab

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Das bfu-Magazin für Präventionspartner

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Das bfu-Magazin für Präventionspartner 3/2012

HAUS UND FREIZEIT

Sicherheit für Kinder und Senioren

VERGIFTUNGEN

Neue Gefahrensymbole für Chemikalien

WATER SAFETY

Eine Klasse aus Ecublens taucht ab

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Jung und Alt, ab ins Training!Der Sturz ist und bleibt mit Abstand die häufigste Unfallart. Von den rund 600 000 Verunfallten im Haus- und Freizeitbereich erleiden mehr als die Hälfte einen Sturzunfall. Für die Prä-vention kristallisieren sich laut dem neusten bfu-Sicherheitsdossier zwei Haupt gruppen heraus: Kinder und Ju-gendliche sowie Senioren.

Zwei Gruppen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die separate Präventionskonzepte erfordern. Und dennoch gibt es Gemeinsamkeiten: Vom Kindes- bis zum Seniorenalter sind eine gute körperliche Verfassung, Beweglichkeit, Kraft und Reaktions-fähigkeit die beste Vorsorge gegen das Stürzen. Die bfu legt deshalb in ihrer Präventionsarbeit grösseres Gewicht auf das praktische Training. Sei es ein gezieltes Sturztraining im Turnunter-richt in der Schule, seien es Kraft- und Gleichgewichtsübungen für Senio-ren, die sie im Gruppenkurs oder zu-hause allein durchführen. Natürlich gilt auch für alle Altersgruppen dazwi-schen: Massvoll Sport treiben stärkt unser Körpergefühl und unsere Wider-standskraft gegen Unfälle und Verlet-zungen – und macht Spass!

Ebenso wichtig bleiben bauliche Si-cherheitsmassnahmen: fachgerechte Ge-länder und Brüstungen gegen das Her-unterfallen, Handläufe und Handgriffe zum Festhalten, rutschsichere und hin-dernisfreie Böden, um nur die wich-tigsten zu nennen.

Die bfu dankt all ihren Partnern für die gute Zusammenarbeit im Engage-ment gegen Stürze. Wenn alle am glei-chen Strick ziehen, werden viele Kinder und Senioren vor Stürzen bewahrt.

Ursula Marti

Inhalt EDITORIAL

IMPRESSUM

Herausgeberin: bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung, Hodlerstrasse 5a, CH-3011 Bern, [email protected], www.bfu.ch, Tel. + 41 31 390 22 22

Adressänderungen: [email protected]

Redaktion: Ursula Marti (wortreich gmbh), Magali Dubois (bfu), Rolf Moning (bfu), Tom Glanzmann (bfu)

Redaktionsadresse: Ursula Marti, wortreich gmbh, Maulbeerstrasse 14, 3011 Bern, [email protected], Tel. + 41 31 305 55 66

Korrektorat: Hedy Rudolf (bfu)

Bildnachweise: Seiten 1, 4: Simone Wälti; Seiten 2, 4 (Michel), 12 (Helmtresor), 13, 15 (Slow Down), 16: bfu; Seiten 5, 7, 8: Iris Andermatt; Seiten 10, 11, 12: Giovanni Antonelli /Arno Murith; Seiten 14, 15: Coop-Verteilzentrum

Layout: SRT Kurth & Partner AG, Ittigen Druck: UD Print AG, Luzern, klimaneutral gedruckt

Auflage: Deutsch: 9200, Französisch: 3300, Italienisch: 1100. Das Magazin erscheint vierteljährlich.

ISSN 2235-8846 (Print) / ISSN 2235-8854 (PDF)

© Wiedergabe von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion und unter vollständiger Quellenangabe.

DIE ZAHLWas sagt die Bevölkerung zu Tempo-30-Zonen? 3

FOKUS HAUS UND FREIZEIT Kinder und Senioren sollen besser geschützt werden 4

Von Scherben über Tiere zum Strom 6

Standpunkt von Thomas Mattig, Direktor Gesundheitsförderung Schweiz: Gefahren verhindern – Gesundheit fördern 7

Neue Gefahrensymbole für den sorgfältigen Umgang mit Chemikalien 8

NETZWERK Schulen Water Safety: Eine Klasse aus Ecublens taucht ab 10

Armee Die Armee als Multiplikatorin 13

Betriebe Die ganze Schweiz schläft turbo 15

KAMPAGNE2013 wird die bfu 75 Jahre alt 16

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36 % der rund 1000 befragten Personen wohnen in einer Tempo-30-Zone. Er-wartungsgemäss befürworten diese die Einführung solcher Zonen in Wohn-quartieren häufiger als die übrigen Be-fragten. Wer selber davon profitiert, scheint sich also eher eine Ausdehnung dieser Zonen zu wünschen.

Insgesamt haben sich 53 % der Be-fragten für die Einführung von Tempo 30 in Wohnquartieren ausgesprochen, wenn auf den Hauptstrassen weiter-hin die Limite von 50 km/h gilt. Da-mit hat die Zahl der Befürworten-den zugenommen, im 2008 waren es 48 %. Nebst den Personen, die bereits in Tempo-30-Zonen wohnen, scheinen vor allem Frauen, Betagte sowie Tessi-nerinnen und Tessiner Tempo 30 geeig-net zu finden.

Bei den Gründen für eine Ablehnung der Tempo-30-Zonen haben die Be-fragten am häufigsten den Zeitverlust

wegen der tieferen Geschwindigkeit aufgeführt (32 %). Die mit Tempo-30-Zonen verbundene Aufhebung von Fussgängerstreifen war nur in 3 % der Antworten ein Thema. Schliesslich wa-ren 70 % der Befragten der Ansicht, dass Tempo-30-Zonen zu einer Senkung des

Unfallrisikos beitragen. Interessant ist dabei, dass dieser Wert in der West-schweiz sogar 75 % erreicht, obwohl in den letzten Monaten in verschiedenen Kantonen die Einführung von neuen Tempo-30-Zonen die Gemüter ziem-lich stark erhitzte. Ein Grund mehr für die bfu, weitere Aktionen durchzufüh-ren, um ihr Modell 50 / 30 noch besser bekannt zu machen. md

DIE ZAHL

UMFRAGE Jeden Frühling führt die bfu eine repräsentative Meinungsumfrage in der ganzen Schweiz durch. Dieses Jahr wollte sie unter anderem wissen, wie die Bevölkerung zu Tempo-30-Zonen steht. Nachfolgend einige interessante Zahlen.

Was meint die Bevölkerung zu Tempo-30-Zonen?

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Die bewährte bfu-Kinderpost – die halb-

jährlich versandte Broschüre mit Tipps

für die Sicherheit der 0- bis 8-Jährigen –

soll der Migrationsbevölkerung näher

gebracht werden. Dafür plant die bfu in

Zusammenarbeit mit der Organisation

Public Health Services ein Pilotprojekt für

türkischsprachige Eltern. «Nur überset-

zen reicht aber nicht», erklärt bfu-Pro-

jektleiterin Barbara Schürch, «die Kinder-

post muss spezifisch dieser Zielgruppe

angepasst werden, beispielsweise in der

Bildsprache.» Die Ausgaben sollen au-

sserdem kürzer, dafür jedoch den Eltern

persönlich abgegeben werden. An ei-

gens dafür organisierten Informations-

abenden werden Kulturvermittlerinnen

und -vermittler aus dem entsprechenden

Kulturkreis die Sicherheitshinweise auf

anschauliche Art erläutern. Bei erfolgrei-

chem Verlauf des Pilotprojekts prüft die

bfu eine Fortsetzung sowie Adaptionen

in Albanisch, Portugiesisch und weiteren

Sprachen. um

bfu-Kinderpost für Migrantenfamilien

ZOOM

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FOKUS HAUS UND FREIZEIT

Kinder und Senioren sollen besser geschützt werdenSICHERHEITSDOSSIER Ein neues bfu-Sicherheitsdossier zeigt die Schwerpunkte und Präventionsansätze für Unfälle im Haus- und Freizeitbereich auf. Sturzunfälle sind mit Abstand am häufigsten. Die Resultate zeigen, dass für jede Alterskategorie spezi-fische Präventionsprogramme erforderlich sind, insbesondere für Kinder und Senioren.

Ist von Unfällen die Rede, denken die meisten Leute zuerst an den Strassen-verkehr. Tatsache ist aber, dass nur 10 % von insgesamt einer Million Nichtbe-rufsunfällen auf den Strassenverkehr entfallen. 30 % sind dem Sport zuzu-ordnen und klar am meisten – 60 % – dem Haus- und Freizeitbereich. Be-trachtet man nur die tödlichen Unfälle, ist der Anteil des Haus- und Freizeitbe-reichs mit 75 % sogar noch höher.

Trotz dieser Zahlen wurden Haus- und Freizeitunfälle in der Präventions-arbeit bisher weniger systematisch un-tersucht und behandelt. Das soll sich

nun ändern, nicht zuletzt auch auf-grund der demografischen Entwick-lung hin zu mehr älteren Menschen, die im häuslichen Umfeld besonders oft schwer verunfallen. Die bfu hat mit ei-nem neuen Sicherheitsdossier eine wis-senschaftliche Grundlage geschaffen, die den Unfallschwerpunkten und den Risiken auf den Grund geht und Mass-nahmen zur Prävention aufzeigt.

7 UnfallsegmenteIm Bericht sind 7 Unfallsegmente fest gehalten. Stürze bilden mit gro-ssem Abstand die häufigste Unfall-

art. Weitere Kategorien sind Scher-ben / Blech, Tiere, Geräte / Werkzeuge / Apparate /Maschinen, Verbrennungen / Verätzun gen, Vergiftungen und elek-trischer Strom (Überblick auf S. 6). Laut Frank Michel, wissenschaftlicher Mit-arbeiter Forschung der bfu und Mit-autor des Berichts, ist die Zusammen-stellung mit 7 Segmenten ein Novum, auch international. «Wir haben diese Kategorien im Hinblick auf die Gebiete gewählt, in denen die Prävention erfol-gen soll, also um konkrete Präventi-onshinweise machen zu können.» Sind die Fakten und Empfehlungen thema-tisch gruppiert, können sie einfacher mit den betreffenden Zielgruppen und Fachorganisationen diskutiert werden. Denn letztlich kommt es auf die prak-tische Umsetzung von Massnahmen an der Basis an. Da ist die bfu auf ihre Partner und Multiplikatoren angewie-sen, zumal ein grosser Teil aus Sensi-bilisierungsarbeit besteht. «Kategori-sieren am Schreibtisch ist einfach, die

Frank Michel

vom bfu-For-

schungsteam.

Keine Absturzgefahr für diesen Jungen dank der gesicherten Treppe.

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bfu kann und will aber ihren Partnern nichts vorschreiben, sondern Wissen und Entscheidgrundlagen vermitteln», betont Michel.

Sturz steht im Zentrum Mehr als 80 % aller getöteten Menschen im Haus- und Freizeitbereich sterben infolge eines Sturzes. Das sind jährlich etwa 1500 Personen, die allermeisten sind im Seniorenalter. Vergiftungen, Verbrennungen und Verätzungen sind die nächsthäufigsten Todesursachen.

Auch bei den Verletzten macht der Sturz als Unfallart über 50 % der Fälle

oder 300 000 Personen aus, gefolgt von den Verletzungen mit Glas und Scher-ben (105 000 Personen), mit Geräten und Maschinen oder mit Tieren (je 40 000 Personen).

Allgemein fällt auf, dass die Risiken sehr altersbezogen sind. Dazu Frank Michel: «Das hat uns in dieser Deut-lichkeit überrascht, und somit drängt es sich fast auf, auch die Präventions-arbeit auf bestimmte Altersgruppen zu fokussieren und spezifische Mass-nahmen dafür zu konzipieren.» Kin-der und Jugendliche stellen für alle Un-fallsegmente ausser dem Bereich Tiere

eine Risikogruppe dar. Für die Unfall-segmente Scherben / Blech, Tiere sowie Geräte / Werkzeuge /Apparate / Maschi-nen sind auch die Erwachsenen Risiko-gruppen. Beim Sturz müssen aufgrund der hohen Anzahl an Verletzten und Getöteten alle Altersklassen als Risiko-gruppen angesehen werden, wobei die zu ergreifenden Massnahmen je nach Altersgruppe sehr unterschiedlich sein können. Der Fokus der zu treffenden Massnahmen liegt klar auf den Kin-dern und den Senioren.

Ursula Marti

Fitness schützt vor dem StürzenDie bfu startet in einigen Monaten ihr Präventionsprogramm gegen Stürze. Barbara Pfenninger, wissenschaftliche Mitarbeiterin der bfu und Projekt leiterin, beantwortet Fragen zu den wichtigsten Inhalten des Programms.

Senioren sind besonders stark von schweren Sturzunfällen betroffen. Welche Präventionsmassnahmen stehen im Vordergrund? Barbara Pfenninger: Es fängt beim persönlichen Verhalten an, der soge-nannten «Verhaltensprävention»: Es ist wichtig, körperlich aktiv zu bleiben und sich im Alltag auf vielseitige Art zu bewegen, um Sturzunfällen vorzu-beugen. Besonders die Kraft und das Gleichgewicht sollen trainiert werden. Eine starke Muskulatur an den Beinen und am Rumpf sowie ein gutes Gleich-gewicht sind die beste Prävention, um einen Sturz abzuwenden. Aber auch die «Verhältnisprävention» ist wichtig:

Stolperfallen beseitigen, Geländer und Haltegriffe anbringen, gute Beleuch-tung oder gutes Schuhwerk.

Die bfu unterscheidet zwischen älteren Personen, die noch selbstständig in ihren eigenen 4 Wänden leben, und solchen, die betreut werden. Was ist anders? Bei den selbstständig Wohnenden fo-kussieren wir stark auf die körperliche Fitness. Wir empfehlen ein wöchent-liches Gruppentraining unter Anlei-tung und zusätzlich ein bis zwei Heim-trainings. Heimbewohnerinnen und -bewohner sind physisch meist einge-schränkter, sodass neben einem Trai-ning eine hindernisfreie Umgebung oder technische Hilfsmittel wichtiger werden. Ein Beispiel sind Sensorbo-denmatten oder Lichtschranken, durch die das Pflegepersonal automatisch zu Hilfe gerufen wird, wenn eine Person nachts aufsteht.

Welche Präventionsmassnahmen plant die bfu?Wir sind daran, ein dreistufiges Mass-

nahmenpaket zu erarbeiten: Ausbil-dende und Fachpersonen erhalten eine umfassende Dokumentation mit Theorie- und Praxisteil für die Sturz-prävention im Seniorenalter. Kurs-leiterinnen und -leitern werden Un-terrichtsunterlagen zur Verfügung ge stellt. Für die Senioren selber er-arbeiten wir eine Informationsbro-schüre mit Basisübungen, die zu Hause durchgeführt werden können. Alle Einsatzmittel sind in wenigen Monaten erhältlich.

Wie will die bfu vorgehen, um die Sturzunfälle bei Kindern zu vermindern? Das Wissen aus dem HaSiDo-Sicher-heitsdossier f liesst in unsere bewähr-ten Einsatzmittel ein, wie zum Bei-spiel die bfu-Kinderpost oder die Safety Tools. Zudem planen wir ein Gesamtkonzept für die Kinderunfall-prävention. Dabei werden wir noch genauer untersuchen, welche Mass-nahmen verstärkt oder neu ergriffen werden sollen. um

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FOKUS HAUS UND FREIZEIT

Von Scherben über Tiere zum StromUNFALLSEGMENTE Neben den Stürzen – der mit Abstand häufigsten Unfallart – sind 6 weitere Unfallsegmente im Haus- und Freizeitbereich auszumachen. Wir geben einen kurzen Überblick über die Anzahl Verletzter, die Risikogruppen und eine Auswahl von möglichen Präventionsmassnahmen.

Scherben, Blech

Verletzte Personen (in der Schweiz pro Jahr): 105 000

Risikogruppen: Kinder / Jugendliche, Erwachsene

Bei Bauten und Möbeln ist konsequent Sicherheitsglas zu verwenden. Glastü-ren können mit Markierungen sicht-bar gemacht werden. Kinder sollen von Glas und zerbrechlichen Gegenstän-den ferngehalten werden. Bei Anläs-sen Plastikbecher mit Pfand statt Glä-ser benutzen.

Verbrennung, Verätzung

Verletzte Personen: 15 000

Risikogruppen: Kinder / Jugendliche

Boilerwasser sollte höchstens 50 bis 60 °C heiss sein. Entflammbare Subs-tanzen, Brennstoffe, Zündhölzer und Feuerzeuge dürfen für Kinder nicht greifbar sein. Weiter empfiehlt die bfu, selbstlöschende Zigaretten zu entwi-ckeln und Gesetze zu Rauchmeldern zu erlassen.

Geräte, Werkzeuge, Apparate

Verletzte Personen: 40 000

Risikogruppen: Kinder / Jugendliche, Erwachsene

Bei Kindern und Aufsichtspersonen soll vor allem das Gefahrenbewusstsein gestärkt werden. Bei Erwachsenen gilt zudem: Fachpersonen für schwierige Arbeiten beiziehen, Arbeiten planen und genügend Zeit einräumen, beim Reinigen oder Hantieren mit Geräten, Elektrostecker ausziehen.

Vergiftung

Verletzte Personen: 5000

Risikogruppen: Kinder / Jugendliche

Neben der Sensibilisierung der Kinder und Aufsichtspersonen sollen giftige Substanzen und Medikamente kon-sequent weggeschlossen werden. Zu-dem sind kindersichere Verpackungen anzustreben. Die Notfallnummer des STIZ (Tox-Zentrum) soll im Telefon abgespeichert sein.

Tiere (inkl. Insekten)

Verletzte Personen: 40 000

Risikogruppen: Erwachsene

Beim Essen im Freien empfiehlt die bfu, Getränke, Speisen und Abfälle abzude-cken, um Insektenstichen vorzubeu-gen. Um Hundebisse zu verhindern, sollen Hundehalter über ihre Verant-wortung aufgeklärt werden und all-gemein Ausbildungsprogramme zum Umgang mit Hunden stattfinden.

Elektrischer Strom

Verletzte Personen: unter 500

Risikogruppen: Kinder / Jugendliche

Der heutige Sicherheitsstandard soll er-halten bleiben durch Sensibilisierung, aber auch durch periodische Wartung der elektrischen Anlagen und Ver-wendung von FI-Schutzschaltern so-wie Kinderschutzsteckdosen. Elek tri-sche Geräte für Kinder unerreichbar und nie in der Nähe von Wasser aufbe-wahren. um

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Gefahren verhindern und Gesundheit fördernSTANDPUNKT von Thomas Mattig, Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz zur Zusammenarbeit von Unfallprävention und Gesundheitsförderung.

Die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz bekam mit dem Kranken-

versicherungsgesetz von 1994 den Auf-trag, Aktivitäten für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung anzuregen, zu fördern und durchzuführen. Gesundheit ist bekanntlich ein weites Feld, sie betrifft sämtliche Lebensbereiche. Gesundheits-förderung Schweiz konzentriert sich vor allem auf die Themen gesundes Körper-gewicht und betriebliche Gesundheitsför-derung. An Bedeutung gewinnt auch der Bereich Gesundheit im Alter.

Welche Bedeutung hat die Unfallprä-vention in der Gesundheitsförderung? Zwar steht sie nicht an erster Stelle, was aber nicht heisst, dass sie unwichtig ist. Prävention und Gesundheitsförderung gehören zusammen. Doch es gibt zwi-schen ihnen auch ein Spannungsverhält-nis. Traditionellerweise ist Prävention geleitet von der Vorsicht: Sie erkennt Ge-fahren und wehrt sie ab. Gesundheitsför-derung hingegen will die Menschen er-mutigen, ihr Leben aktiv zu gestalten. Das ist auch mit der Übernahme von Ri-siken verbunden. Dieses Spannungsver-hältnis kann fruchtbar gemacht werden, wie zum Beispiel im Fussball: Bei einer guten Mannschaft besteht ein Gleichge-wicht zwischen Defensiv- und Offensiv-spielern. Je besser die Verteidigung, desto unbekümmerter können die Stürmer ihr Spiel gestalten.

Bei Präventionsmassnahmen wird oft zu Unrecht moniert, sie würden die Menschen bevormunden. Dabei geht

es gar nicht darum, sämtliche Gefah-ren auszuschalten – Risiken gehören zu einem freien Leben! Aber man soll sich auch nicht unnötig in Gefahr begeben: Sicherheitsgurten im Auto, Helm beim Ski- und Velofahren, Impfungen gegen lebensbedrohliche Krankheiten – sie ge-hören zum Sicherheitsstandard, den eine moderne Gesellschaft bieten muss.

In der Praxis haben sich die beiden Ansätze von Gesundheitsförderung und Prävention längst vermischt, wie in ei-ner guten Fussballmannschaft, wo die Defensivspieler auch offensive Aufga-ben übernehmen und umgekehrt. Im SlowUp, dem von Gesundheitsförde-rung Schweiz lancierten autofreien Er-lebnistag, spielt die Unfallverhütung eine wichtige Rolle. Umgekehrt ist die Bewegungsförderung auch eine wichtige Massnahme der Unfallprävention. Mo-

derne Prävention beschränkt sich nicht auf die Abwehr von Gefahren, sondern fördert auch die Kompetenzen der Men-schen. Das Zusammenspiel von Gesund-heitsförderung und Prävention drückt sich aus in gemeinsamen Aktionen der jeweiligen Institutionen. Ein Beispiel ist die Partnerschaft von Gesundheitsför-derung Schweiz mit der bfu im Projekt «Via». Das zentrale Anliegen dieses Pro-jektes ist, die Chancen für eine autonome Lebensführung im Alter zu erhöhen, wo-bei auch die Sturzprävention eine wich-tige Rolle spielt.

Die Gesellschaft ist in ständigem Wandel. Jede technische und kulturelle Veränderung birgt Chancen und Risi-ken. Diese zu benennen und realistisch einzuschätzen, das ist die gemeinsame Aufgabe aller, die in der Prävention und der Gesundheitsförderung tätig sind. •

Thomas Mattig: «Moderne Prävention beschränkt sich nicht auf die Abwehr von Gefahren,

sondern fördert auch die Kompetenzen der Menschen.»

FOKUS HAUS UND FREIZEIT

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BAG-KAMPAGNE Fast alle Menschen kommen täglich mit chemischen Produkten in Berührung. Sei es im Haushalt, im Garten, beim Heimwerken, im Büro oder während sie ihren Beruf ausüben. Bei vielen alltäglichen Produkten ist nicht auf Anhieb feststellbar, ob sie giftig sind oder nicht. Neue Gefahrensymbole schaffen Klarheit.

Neue Gefahrensymbole für den sorg-fältigen Umgang mit Chemikalien

Chemikalien können Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Da es immer zahlreichere Chemikalien gibt und auch die verbrauchte Menge an-steigt, ist eine transparente Information der Bevölkerung äusserst wichtig. Denn: Ein WC-Reiniger wird schnell als Che-mikalie erkannt. Bei einem Geschirr-spülmittel oder bei einer Handseife ist dies bereits weniger offensichtlich. Die

UNO hat deshalb ein System für eine weltweit harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien ini-tiiert, genannt GHS (Globally Harmo-nized System of Classification and La-belling of Chemicals). Teil des Systems sind Piktogramme, die seit Dezember 2010 auch in der Schweiz eingeführt werden. Heribert Bürgy, Sektionschef in der Abteilung Chemikalien des Bun-

desamts für Gesundheit (BAG), erklärt: «Sie lassen sich nicht 1:1 mit den vor-hergehenden Symbolen vergleichen, sind aber auf den Verpackungen visu-ell ansprechender und offensichtlicher.» Neben den Symbolen stehen jeweils eine genaue Beschreibung der Gefahr sowie Sicherheitshinweise. Diese erläu-tern, was man tun kann, um Unfälle zu verhindern. «Seit der Abschaffung

FOKUS HAUS UND FREIZEIT

Cinzia Pastore Ferrari und Heribert Bürgy vom BAG erläutern die Änderungen bei den Gefahrensymbolen.

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der Giftklassen sind die Menschen im Umgang mit Chemikalien sorgloser ge-worden. Ein Drittel der Konsumenten denkt, dass ein Produkt ohne den ro-ten, gelben oder schwarzen Giftklas-sestreifen nicht giftig ist», sagt Bürgy. Eine Umfrage in Haushalten hat erge-ben, dass die aktuellen Gefahrensym-bole nicht beachtet werden. Deshalb geht das BAG nun in die Informations-offensive. «Die Sensibilisierung durch eine Kampagne ist absolut notwendig», findet Bürgy.

Unfälle mit ChemikalienDas Schweizerische Toxikologische Informationszentrum (STIZ, auch «Tox» genannt) führt pro Jahr rund 7000 Beratungen zu Vorfällen mit Haushaltschemikalien durch. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Nicht jeder Fall führt zu einer Bera-tung durch das STIZ. Sei es weil die Ärztin oder der Arzt selber genügend Wissen zur Behandlung hat oder weil ein Vorfall ohne gravierende Folgen für die betroffene Person abgelaufen ist. Aufgrund einer repräsentativen Befragung der Bevölkerung muss von jährlich bis zu 50 000 Vorfällen mit Chemikalien ausgegangen werden. Heribert Bürgy erläutert die Diskre-panz zwischen Vorfällen und Meldun-gen am Beispiel der Augenverätzun-gen: «Beim STIZ werden pro Jahr ein bis zwei Fälle von schweren Augenver-ätzungen gemeldet. Über die Unfall-versicherungsstatistik wissen wir aber, dass es 35 bis 45 Fälle pro Jahr gibt.» Erschreckend dabei sei, so der BAG-Spezialist, dass viele Unfälle passieren, weil Gifte in PET- oder andere Fla-schen umgefüllt werden.

Vanessa Kuhn

bfu als Multiplikatorin

Vergiftungen sind ein Unfallschwer-

punkt, wie Manfred Engel, bfu-Abtei-

lungsleiter Haus und Freizeit, bestätigt:

«Pro Jahr ereignen sich rund 24 töd-

liche Unfälle. Kinder und Jugendliche

sind die grösste Risikogruppe.» Die ein-

heitlichen Symbole tragen zum Gefah-

renbewusstsein bei. Darum macht die

bfu über ihre Informationskanäle dar-

auf aufmerksam und vermittelt ein-

fache Verhaltensregeln für den

Umgang mit Chemikalien. Die schweiz-

weite Kampagne dauert von Septem-

ber 2012 bis 2014. Informationen für

den Verbraucher gibt es auf der Web-

site www.cheminfo.ch und Gratisinfor-

mationsmaterial für den Detailhandel

auf www.bag.admin.ch/chemikalien. vk

Infoset mit Apps und Online-Test

sicher leben: Wie wird die Kampagne lanciert?Cinzia Pastore Ferrari: Wir starten im September 2012 mit einer Medienkon-ferenz. Neben der Sensibilisierung der Bevölkerung über die Medien gibt es eine Website rund um die Gefahren-symbole und den Umgang mit Chemi-kalien. Zudem setzen wir Broschüren ein, abgestimmt auf Konsumenten, den Detailhandel und die Industrie. Weiter gibt es Merkblätter und Lernmaterialen, darunter einen dreiminütigen Film.

Sie haben auch Apps vorbereitet?Ja, es gibt eine Gratis-App für iPhones und Androids mit den Gefahrensym-bolen, Tipps und Informationen. Be-sonders hilfreich ist, dass man sich aus der App heraus direkt mit der Num-mer 145 des Schweizerischen Toxikolo-gischen Informationszentrums verbin-den kann. Ab nächstem Jahr werden wir zusätzliche Apps zur Entsorgung und zu den Schutzmassnahmen lancie-ren. Und für die Verspielten haben wir einen Online-Risikotest.

Wie ist die Kampagne entstanden?Als Bundesamt für Gesundheit ha-ben wir eine gesetzliche Informations-

pflicht. Die Kampagne kommt zum jetzigen Zeitpunkt, weil wir die Sym-bole auf das weltweite System umstel-len. Die Änderungen müssen nun den Verbrauchern kommuniziert werden. Die Kampagne dauert 3 Jahre. Nach der Erst information durch die Medien werden wir die verschiedenen Dialog-gruppen gezielt angehen.

Wo liegt die Herausforderung Ihrer Kampagne?Das Wissen über die Gefahrensymbole und Risiken sowohl zu Hause als auch bei der Arbeit ist klein, und der Um-gang mit Chemikalien ist unachtsa-mer geworden. Wir wollen die Risiken sichtbar machen und die Menschen für die Gefahren sensibilisieren. Das wol-len wir zusammen mit Partnern wie der bfu erreichen. Die Zusammenar-beit erlaubt uns, die Informationen an die richtigen Zielgruppen zu bringen und zu multiplizieren. Die bfu ist für uns besonders wichtig, um Eltern und Schulen zu informieren, da die bfu be-reits Kanäle zu ihnen hat. Die Zusam-menarbeit führt zu einer gegenseitigen Stärkung der Reputation und zu einer grösseren Akzeptanz in der Bevölke-rung. vk

Die Projektleiterin Cinzia Pastore Ferrari vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) nimmt Stellung zur neuen Kampagne.

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Water Safety: Eine Klasse aus Ecublens taucht abGEWINNER Die Sekundarschülerinnen und -schüler aus Ecublens, die den Zeichnungs-wettbewerb der Water-Safety-Kampagne gewonnen haben, wurden auf nicht alltägliche Art belohnt: Die bfu hat die Klasse zu einem Tauch-Anfängerkurs eingeladen. Eindrücke über und unter Wasser aus dem Schwimmbad Renens.

NETZWERK SCHULEN

Luft in die Nase blasen: ein rettender Reflex!

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Auf dem Rasen der Badeanstalt in Re-nens versuchen die Kinder, sich in ihre Taucheranzüge zu zwängen. Der Tag ist gut gewählt: Im Gegensatz zum Vor-abend, als der Regen noch unaufhör-lich herunterprasselte, scheint heute die Sonne. Keine einfache Sache, in den Neoprenanzug zu kommen – einige brauchen für ihre Umwandlung in ei-nen kleinen Fisch die Hilfe der Instruk-toren der Tauchschule Maui-Diving.

Danach erklären die Instruktoren, wie es weitergeht: Ein Teil der Klasse wird sich dem Tauchen widmen, der andere Teil beschäftigt sich mit dem Wasser-Sicherheits-Check (WSC). Pa-tricia Nicod, Schwimm- und Turnleh-rerin der Klasse, freut sich, dass die-ser Test in den Waadtländer Klassen ab dem Schuljahr 2012 / 2013 systema-tisch eingeführt wird und den bisheri-gen Schwimmtest ablöst: «An den ob-ligatorischen 300 Metern Schwimmen und weiteren 15 Metern unter Was-ser scheiterten viele Kinder. Der WSC, bei dem es mehr darum geht, bei ei-ner Notfallsituation im Wasser richtig zu reagieren, ergibt mehr Sinn», ist sie überzeugt.

Eine Partie Frisbee unter Wasser Die Ersten, die sich ins Unterwasser-abenteuer stürzen, bekommen ein paar theoretische Grundlagen mitgeliefert. Die Instruktoren der Schule Maui-Di-ving können die Kinder beinahe indi-viduell betreuen. Kurz erklären sie die wichtigsten Zeichen, mit denen unter Wasser kommuniziert wird. Die Kin-der erhalten auch die nötigen Empfeh-lungen, wie man sich im Wasser richtig verhält, insbesondere wenn die Ohren auf den Druck reagieren. Und nicht zu vergessen: Um kein Wasser zu schlu-cken, ist es wichtig, den Mund um den Atemregler gut zu schliessen! Für viele

Kinder wird die Taucherfahrung ein-malig sein. Angst ist keine zu spüren; im Gegenteil, die Begeisterung ist fast mit Händen greifbar: «Das ist einzig-artig und viel motivierender für sie als eine normale Schwimmstunde», meint Patricia Nicod lachend.

Am Rand des Schwimmbeckens er-halten die Kinder Flossen, eine Weste und eine Luftflasche. Eines nach dem andern macht unter der aufmerksamen Beobachtung des Instruktors seine ers-ten Tauchererfahrungen. Die einen las-sen langsamer los, bei anderen geht es schneller. Sich in die Tiefen hinunter-zulassen und dabei ruhig zu atmen, ist

nicht von Anfang an jedermanns Sa-che. Diejenigen, die sich gut fühlen, bleiben zehn Minuten unter Wasser. Zeit für ein kleines Unterwasserfrisbee mit den Instruktoren.

Für Nachwuchs ist gesorgt Meriem, die sich im und am Was-ser sowieso sehr wohl fühlt, entdeckt hier eine neue Leidenschaft. Sie be-wegt sich ruhig und sicher unter Was-ser und freut sich jetzt schon darauf, diese Erfahrung bei ihrer nächsten Reise ans Meer zu vertiefen. Yoann hingegen hatte zu Beginn einige Prob-leme: «Die Brille behinderte mich, ich

Ein gemütliches Gespräch am Boden des Schwimmbeckens.

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NETZWERK SCHULEN

konnte meine Füsse nicht unten halten und drehte mich um mich selbst», er-klärt er nach seiner Rückkehr an die Oberf läche. Aber Yoann ist beharr-lich und probiert es noch einmal. Und siehe da, diesmal gehts: «So macht es richtig Spass, man hat den Eindruck einer riesigen Weite, wenn man unten ist», freut er sich.

Die erste Gruppe muss der nächs-ten Platz machen. Die Flossen wer-

den ausgezogen, die nächsten Kin-der dürfen nasse Anzüge anziehen … Eine Herausforderung, und das erst noch unter den vergnügten Blicken der Klassen- und der Zeichenlehre-rin, die mitgekommen sind, um ihre Schützlinge zu unterstützen. Doch auch die zweite Gruppe hat grossen Spass daran, ihre ersten Taucherfah-rungen zu machen. Alle wagen sich mehr als einmal unter Wasser, sodass

die Zeit wie im Flug vergeht. Zurück auf dem Rasen gibt es viel zu erzäh-len, die Augen leuchten. Kein Zwei-fel, die Kinder haben diesen besonde-ren Moment genossen, stolz halten sie ihren Anfängerausweis in den Hän-den. Und rasch wird auf einem Klas-senfoto ein Touch von Abenteuer und Tiefe festgehalten.

Magali Dubois

Nun gibt es die geniale Lösung für ein

alltägliches Problem: Wohin mit dem

Velohelm? Neu lautet die Antwort: ein-

fach am Velo lassen und gegen Dieb-

stahl sichern. Ein zusammenfaltbarer

Tresor machts möglich. Ein Stahldraht-

netz schützt den Helm vor Langfin-

gern. Als toller Nebeneffekt bleibt der

Helm dank dem Tresor trocken und vor

Schmutz geschützt. Die bfu hat sich

an der Produkteentwicklung beteiligt.

Mehr Informationen auf

www.lovevelo.ch. Zu

beziehen ist der Tresor

zum Preis von 30 Fran-

ken beim VCS. tg

EINFACH GENIAL

Tresor für den Velohelm

Ein ganz besonderes Klassenfoto.

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Die Armee als MultiplikatorinSPORTLEKTIONEN Das Projekt «Sport in der Armee» soll mithelfen, den Aufwärtstrend bei den Sportunfällen zu stoppen und die Anzahl der Schwerverletzten in den nächsten fünf Jahren um 10 Prozent zu senken.

NETZWERK PARTNER

Warum gerade in der Armee Sportun-fallprävention? Die 21- bis 45-Jährigen verletzen sich in der Schweiz jährlich über 120 000 Mal beim Sporttreiben. Dabei sind die Männer – insbeson-dere die jüngeren – überdurchschnitt-lich häufig von schweren und tödlichen Sportunfällen betroffen. Die Armee ist deshalb ein idealer Ort, um sportlich aktive Männer gezielt für Präventions-massnahmen zu sensibilisieren.

Deshalb arbeitet die bfu eng mit dem Magglinger Kompetenzzentrum für Sport in der Armee zusammen. Der Fo-kus liegt dabei auf der Ausbildung von Multiplikatoren. Im Unterricht werden systematisch Sicherheitsaspekte wie dosiertes Wagnis, angepasste Belastung oder empfohlene Schutzausrüstung eingebaut. Das soll helfen, das Unfall- und Verletzungsrisiko der Sportler zu senken.

Konkret steht der bfu während des fünftägigen Weiterbildungskurses für Militärsportleiter ein halber Tag zur Verfügung, um Sicherheitsthemen zu vertiefen. Damit können alle aktiven Leiter, die den Wehrdienstleistenden in den Kompanien wöchentlich 3 Lek-tionen Sport unterrichten, im Dreijah-reszyklus angesprochen werden. Unter den Leitern sind auch die Sportverant-wortlichen der 40 Waffenplätze, die ihr

Präventionswissen jährlich an rund 30 000 Soldaten weitergeben.

Rund zehn Mal pro Jahr führt die bfu den halbtägigen Kurs durch und schult damit jährlich 200 Militärsport-leiter. Das Modul wird jeweils von zwei bfu-Beratern für Sportunfallpräven-tion moderiert. Im Zentrum stehen fol-gende Themen: Sicherheitscheck an-hand der bfu-Safety-Card in den drei Sportarten Fussball, Rad- und Was-sersport, Sport Basics (Programm zur Rumpf- und Gelenkstabilisation der Suva), Schutzausrüstung und Ref le-xion.

Die Armee ist vom bfu-Angebot sehr angetan, wie Stephan Zehr, Oberstleut-nant im Generalstab und Chef Sport-ausbildung, erläutert: «Die Zusam-menarbeit ist und war immer sehr gut. Wir schätzen die tolle Praxisarbeit. Die Teilnehmer beurteilen das Angebot mit gut bis hervorragend. Sie machen gerne mit, weil alle profitieren können, selbst die Cracks!»

Rolf Moning

Kampagnen

Die Zusammenarbeit der bfu mit der

Armee funktioniert auch auf einem

ganz anderen Gebiet bestens: Die

Armee unterstützt Präventionskam-

pagnen. Ab Oktober nutzt sie das

Kampagnensujet der bfu, um Alko-

hol innerhalb und ausserhalb des

militärischen Strassenverkehrs zu

thematisieren. Im kommenden Jahr

wird die Kampagne auch auf über

120 Armee-Lastwagen zu sehen

sein. mor

bfu-Sportberater Christoph Müller zeigt, wie es richtig gemacht wird.

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Die ganze Schweiz schläft turbo TURBOSCHLAF Bei rund 10 bis 20 Prozent der Verkehrsunfälle ist Müdigkeit am Steuer mit im Spiel. Um den Turboschlaf als wirksames Gegenmittel bekannt zu machen, führt die bfu seit 2011 eine nationale Kampagne durch. Rund 300 Betriebe in allen Landesteilen helfen mit, die Botschaft zu verbreiten.

NETZWERK BETRIEBE

Ruag, Lodrino«Unfallverhütung ist ein Anliegen, das mir sehr am Herzen liegt», sagt Vit-tore Domenighetti, von der Ruag in Lodrino (TI). Er ist zuständig für die Sicherheit in der Werkstatt für Repa-raturen und Instandhaltung von Flug-

zeugen und Helikoptern. «Ich denke, dass das Risiko, das durch Müdigkeit am Steuer entsteht, ziemlich unter-schätzt wird.» Für ihn war darum klar, dass er die rund 100 Mitarbeitenden für das Thema sensibilisieren wollte. Deshalb machte er gerne Gebrauch von

den bfu-Einsatzmitteln, die allen Be-trieben angeboten wurden.

«Ich habe Schlafbrillen, Türhänger, Broschüren und Plakate bestellt. Die Einsatzmittel habe ich im Eingangs-bereich und in der Werkstatt aufge-hängt und den Mitarbeitenden persön-

Beim Coop-Verteilzentrum Dietikon sprachen die Sicherheitskoordinatoren alle Mitarbeitenden,

die mit dem Auto zur Arbeit fahren, persönlich an und überreichten ihnen ein Infoset.

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lich abgegeben», erzählt Domenighetti. Einige hätten spasseshalber den Tür-hänger mit der Aufschrift «Do not dis-turb – 15 Minuten Turboschlaf» aussen an ihre Bürotüre gehängt. Die Aktion sei grösstenteils positiv aufgenommen worden, nachdem er der Belegschaft erzählt habe, wer die bfu sei und dass viele Unfälle geschehen, weil sich Leute müde ans Steuer setzen.

Coop, DietikonIm Coop-Verteilzentrum in Dietikon mit rund 500 Mitarbeitenden engagier-ten sich gleich alle 5 Sicherheitskoor-dinatoren für die Kampagne. An zwei Nachmittagen sprachen sie auf dem Firmenparkplatz alle Mitarbeitenden persönlich an, bevor sich diese nach der Arbeit mit dem Auto auf den Heim-weg machten. Sie gaben ihnen ein In-foset ab, vor allem aber suchten sie das Gespräch, wie Christian Ryser berich-tet: «Wir haben Mitarbeitende aus 25 Nationen, die oft längere Autostrecken in ihr Heimatland fahren. Sie waren dankbar, von uns persönlich über die-ses Thema orientiert zu werden.» Ryser geht denn auch davon aus, dass einige ihr Verhalten überdenken und bei-spielsweise nicht mehr direkt nach der Arbeit in die Ferien abreisen werden.

Auf dem Parkplatz der Coop-Mitar-beitenden wurden für 4 Wochen auch Turboschlaf-Parkfelder eingerichtet. Die bfu lieferte dafür vom Klebe-schild bis zum Markierband alle nöti-gen Utensilien. Dieses Angebot sei ab und zu genutzt worden, um zwischen Arbeit und Heimfahrt kurz auszuru-hen. Ein Teil der Leute hatte aber wohl Hemmungen, das zu tun, vermutet Ryser.

«Die Aktionen kamen zu 100 Pro-zent gut an», bilanziert Ryser. Das habe sicher auch damit zu tun, dass die 5 Sicherheitskoordinatoren voll und ganz von der Sache überzeugt seien und solche Aktionen immer wie-der sehr gerne durchführten. «Die

Jérémy Bertschy aus Conthey (VS)

heisst der glückliche Gewinner des

Online-Spiels «Slow Down»-Trophy.

Das Spiel, eine Art Autoquartett,

wurde im Rahmen der Geschwin-

digkeitskampagne über Facebook

gestartet. Der Hauptpreis ist ein VW

Polo easy «Franky Edition». Jérémy

Bertschy ist ein grosser Franky-Fan:

«Ich freue mich, künftig nach dem

Motto ‹Slow Down. Take it easy›

unterwegs zu sein», erklärte er an

der Preisübergabe. um

AUSGEZEICHNET

«Slow Down»- Trophy

Mitarbeitenden sehen, dass wir für sie da sind, und diese Glaubwürdigkeit kommt uns danach auch bei der tägli-chen Arbeit für den Gesundheits- und Arbeitsschutz zugute».

CRH Swiss Distribution, VeveyAuch in der Romandie praktiziert man den Turboschlaf, zum Beispiel bei der CRH Swiss Distribution, Gétaz-Ro-mang, dem Unternehmen für Baube-darf in Vevey. Der Sicherheitsverant-wortliche für die Romandie und das Tessin, Patrick Croci, bestätigt, dass sein Betrieb die bfu-Einsatzmittel ver-wendet und Turboschlaf-Parkfelder zur Verfügung gestellt hat. «Wir ha-ben klar kommuniziert, dass Schlaf das einzig wirksame Mittel gegen Müdig-keit am Steuer ist und dass Kaffee nur kurzfristig wirkt.» Auch die Themen Alkohol am Steuer, Medikamente und die Schläfrigkeit nach dem Essen seien zur Sprache gekommen. «Wir hatten ein sehr gutes Echo von unseren Mit-arbeitenden, viele davon Chauffeure. Ich danke der bfu für ihre grosse Un-terstützung im Dienste der Sicherheit.»

Ursula Marti

Auf diesem markierten Parkplatz konnten die Coop-Mitarbeitenden

einen Turboschlaf machen.

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KAMPAGNE

2013 wird die bfu 75 Jahre alt

Sicherheit sei unsere Losung – das hatte sich die 1938 durch die Unfallversicherungsan-stalt und die Unfalldirektorenkonferenz ins Leben gerufene bfu auf die Fahne geschrie-ben. Vor allem der Strassenverkehr lag zu Be-ginn im Zentrum des Engagements. Bedingt durch Benzinknappheit gewann das Fahrrad an Bedeutung, die Verkehrsdisziplin liess zu wünschen übrig. Auch Unfälle in der Freizeit bereiteten Sorgenfalten: Schneesport war be-liebt, aber die Skibindungen waren noch starr. Im Haushalt waren Gasunfälle an der Tages-ordnung.

75 Jahre später haben sich die Unfall-schwerpunkte verändert, das Engagement für die Sicherheit und die Notwendigkeit der bfu sind geblieben. Grund genug, im kommen-

den Jahr zurückzuschauen, die Gegenwart zu beleuchten und vor allem Visionen für die Zukunft zu entwickeln. Das für das Jubilä-umsjahr gewählte Motto «75 Jahre mit Vor-aussicht» unterstreicht dies.

Was erwartet Sie? Am 22. März 2013 sind wir als Gast bei der Museumsnacht Bern da-bei. Die bfu zeigt neben ihrem historischen Gebäude auch Schätze ihres Bild- und Plakat-archivs. Am 19. Juni 2013 findet ein Präventi-onsanlass für das bfu-Netzwerk statt. Zudem bereitet die bfu eine interaktive Ausstellung vor, die Halt bei interessier-ten Sicherheitsdelegierten in Gemeinden macht. Das Jubi-läumsprogramm entdecken Sie auf www.bfu.ch / 75. tg

«75 Jahre mit Voraussicht» – das Motto des Jubiläums auf einem

alten Plakatsujet des Grafikers Edi Hauri.

PS: Anstelle der Ausgabe sicher leben 4 / 2012 erhalten Sie im Januar ein Magazin zum Jubiläum. Sie dürfen gespannt sein!