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    Zentrum fr Europische IntegrationsforschungCenter for European Integration Studies

    Rheinische Friedrich Wilhelms-Universitt Bonn

    Marek J. Siemek

    Di

    scuss

    ionP

    aper

    Demokratie und Philosophie

    Die Antike und das politische Ethos

    des europischen Denkens

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    Prof. Dr. Marek J. Siemek, geboren 1942, ist seit 1980 Professor fr Sozialphilosophie an der Universitt

    Warschau. Auf das Philosophiestudium in Warschau folgte 1970 die Promotion und 1977 die Habilitation.

    Nach seiner Berufung an die Universitt Warschau war Professor Siemek dort von 1987 bis 1990 Direk-

    tor des Instituts fr Philosophie und von 1987 bis 1993 zugleich Professor fr Philosophie an der Univer-

    sitt Poznan. Es folgten zahlreiche Gastprofessuren an europischen Universitten. 1998 war er Senior

    Fellow am Zentrum fr Europische Integrationsforschung in Bonn. Professor Siemek ist u. a. Mitglied

    der Internationalen Schelling-Gesellschaft und war von 1994 bis 1997 im Vorstand der Internationalen J.

    G. Fichte Gesellschaft.

    Publikationsauswahl (deutschsprachige Titel): Die Idee des Transzendentalismus bei Fichte und Kant,

    Hamburg 1984; Natur, Kunst, Freiheit. Deutsche Klassik und Romantik aus gegenwrtiger Sicht, Amster-

    dam/Atlanta 1998 (Hrsg.); Polen und Deutsche in Europa. Tradition der Gemeinsamkeit und neue Wege,

    Jena und Erlangen 1992 (Hrsg.); Europische Herausforderungen heute. Toleranz und Vertrauen zu

    neuer Gemeinsamkeit, Jena 1994 (Mithrsg.).

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    Demokratie und Philosophie

    Die Antike und das politische Ethos

    des europischen Denkens

    Die von Richard Rorty unlngst aufgestellte These ber die Prioritt derDemokratie vor Philosophie1erregte zwar manche Bedenken und Zwei-fel, aber die darin implizierte Frage nach dem poli ti schen Ethosdes mo-

    dernen europischen Denkensgewinnt heute offensichtlich eine neue Ak-tualitt. Unter vielen Dimensionen und Aspekten dieser Neubesinnung dermodernen Vernunft auf ihre eigene Verschrnkung mit der Politik gibt esauch nicht zuletzt solche, die sich auf geschichtliche Ursprnge und Wur-

    zeln der europischen Kultur beziehen, deren wichtigste die geistige undgesellschaftliche Welt der griechischen Antikebildet. Denn dort und da-mals entstehen die beiden, die Philosophie ebenso wie die Demokratie,und zwar gleichzeitig. Nun wollen wir diesen Zusammenhang der ge-meinsamen Geburt am gleichen Ort und in gleicher Zeit, der zwischendem philosophischen logosdes europischen Denkens und dem demokra-

    tischen Ethos der griechischen polisoffenkundig besteht, etwas nher be-

    trachten. Ohne ber den Vorrang irgendwelcher von den beiden zu ent-scheiden, versuchen wir die Philosophie und die Demokratie in ihrem Ge-schwisterbund der gemeinsamen Herkunft und der gegenseitigen Zusam-mengehrigkeit kurz darzustellen.

    1 Vgl. Richard Rorty, The Priority of Democracy to Philosophy. In: M. Peterson, R.Vaughan (ed.), The Virginia Statue of Religious Freedom, Cambridge 1988.

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    Kapitel I

    Selbstverstndlich wurde die intime Beziehung zwischen logosund polisnicht etwa von uns, den Modernen, erst entdeckt. Im Gegenteil: siewar auch fr die Antiken schon klar ersichtlich. Man denke nur daran,da es eben diese Beziehung war, die in der offenbaren bereinstim-mung, wenn nicht sogar Gleichbedeutung beider bekanntesten - sozusagenklassischsten - Definitionsformeln zum Ausdruck kommt, welche dasWesen vom Menschen bei Aristoteles bestimmen. Der Mensch wird hiernmlich zum einen als zoon poli tikon2, ein politisches, d. h. gesellschaft-

    lich und staatlich organisiertes Lebewesen, zum anderen aber als zoonlogon echon, mithin ein nicht nur vernnftiges, sondern auch - wenn mandie ursprngliche Zweideutigkeit vom griechischen logosals Vernunft

    und Wort zugleich beachtet - ein vernnftig sprechendes, d. h. rational-sprachliches Lebewesen charakterisiert. Erst diese beiden Formeln inihrem unzertrennlichen Zusammenhang schpfen das griechische Vorbilddes Menschentums wirklich aus, indem sie auf den gesellschaftlichenRaum der polis, jener demokratischen Stadtstaatlichkeit der Antike, alstopos, den eigentlichen Entstehungs- und Standort, dieser besonderenVerfassung des menschlichen Geistes eindeutig hinweisen, die gerade imdenkenden und sprechenden logosder griechischen Philosophie ihre ersteVerwirklichung gefunden hat.

    Die Antiken selbst waren sich dabei wohl bewut, da beide, logosundpolis, freilich ihren gemeinsamen, noch tiefer liegenden Grund und Ur-sprung im mythoshaben - in jener uralten Macht der Vereinigung, die die

    menschliche Lebenswelt mit der bermenschlichen Ordnung der Gtterund Heroen einst verband und als ein sinnvolles Ganze zusammenhielt.Sie wuten aber auch, da diese Macht aus dem menschlichen Leben be-reits unwiederkehrbar verschwunden und in die weit entfernte, schon un-vordenkliche Vergangenheit entflohen war. Philosophie und Demokratie

    2 Vgl. Aristoteles, Politik, 1253a.

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    sind Geschwister auch darin, da ihre gemeinsame Geburt aus dem My-thos nichts weniger als das Leben des Vaters gekostet hat: dasie da

    sind, bedeutet nichts anderes als seineAbwesenheit. Denn beide kommenzur Welt und bewegen sich nur in einem gesellschaftlichen und geistigenRaum, der vom Mythos eben verlassen wurde; beide treten an seine Stelleund ersetzen ihn, als die aus seinem Zerfall entstehenden Zwillingsfigu-ren.

    Die gemeinsame Geburt der philosophischenRationalitt und der politi-schenoder zivilen Vergesellschaftungsform findet also irgendwo in jenemfr uns bereits unbegreiflichen, weil vorgeschichtlichen Umbruch statt,der als bergang vom mythischen, gttlich-natrlichen Kosmos der Ur-zeit zu einem System der eigenartig menschlichen, d. h. soziokulturellenBegrifflichkeit und Normativitt nur sehr allgemein bezeichnet werdenkann. Noch frische Spuren der Erinnerung an diesen Umbruch haben dieGriechen in einer der wichtigsten kategorialen Unterscheidungen ihrerSprache behalten, nmlich in der Differenz von physisund thesisals zweientgegengesetzte Organisations- und Orientierungsprinzipien der mensch-

    lichen Welt. In diesem Gegensatz vertritt physisdie ewige Ordnung dermythisch-gttlichen Natur mit allem, was natrlich, naturwchsigund naturhaft ist, whrend thesishingegen dasjenige bedeutet, was ge-rade unnatrlich, weil erst von den Menschen selbst hervorgebracht,knstlich produziert und geordnet, gesetztwurde. Diese fr die Griechenzentrale Begriffsunterscheidung, in deren semantischem Feld beide, dierationale Philosophie und die politische Demokratie, erst entstehen (d.i.eben gesetzt werden), wird in unseren Sprachen der europischen Neu-

    zeit und Moderne durch die sptere, aus dem Latein stammende Entge-gensetzung von Natur und Kultur ziemlich genau ausgedrckt.

    So werden logosund polis in jener neu gesetzten, durch die Kulturt-tigkeit des Menschen hervorgebrachten Welt der thesisgleichzeitig gebo-ren. Sie gestalten diese Welt mit und zugleich sind ihre eigensten Pro-dukte. Denn gerade in ihnen setzt diese Welt und spricht aus den Ab-stand, der sie von der alten Welt der physisbereits trennt hat; sie setzt

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    also in ihnen und spricht aus sich selbst. Das neue Selbstbewutsein desthetischen Prinzips in seinem Gegensatz zu dem physischen kommt

    in der Dimension des Politischen als Macht des nomos zum Vorschein:der autonomen, souvern selbstgegebenen und allgemein geltendenRechtsordnung, die in den ffentlich-staatlichen Gesetzen, aber auch inden privat-rechtlichen, von den Individuen bewut und freiwillig abge-schlossenen Vertrgen ihre institutionelle Verkrperung findet. Durchdiese Sphre des gesetzten und durchaus menschlichen Rechts mitseiner rationellen Berechenbarkeit, standardisierten Gleichheit der Ma-stbe und ausnahmslosen Allgemeingltigkeit wird die alte Herrschaft des

    gttlichen Rechts systematisch verdrngt und ersetzt: die innerweltli-che, profane Gesetzgebung des nomosund der isonomia, Gleichberechti-gung und Gleichverpflichtung aller, tritt berall an die Stelle der heiligen,aber geheimnisvollen und fr den Menschen undurchdringlichen Ge-rechtigkeit der Gtter, dike, die frher sei es als bermenschliche All-macht der chtonischen Urkrfte, sei es als erbarmungsloses Diktat desgttlichen Schicksals, sei es als blindes Walten der Blutbnde in vorge-schichtlichen Stammesgemeinschaften das menschliche Leben vollstndigdominierte.3 Die klassische Bltezeit Athens auf dem Hhepunkt ihrergeistigen und politischen Kultur kennt diese einst so berwltigendeStimme der gttlich-mythischen dikein ihrem tragischen Konflikt mit demmenschlichen nomosnur noch als entferntes Echo, das in der sthetischobjektivierten und damit neutralisierten Darstellungsform der antiken

    Tragdie zur Schau gestellt wird, um Furcht und Mitleid zu erregen.Erschtternde Peripetien der tragischen Helden wie Elektra, Knig di-

    pus und vor allem Antigone erscheinen hier nur als Erinnerung an ver-blate Spuren jener alten, noch vorpolitischen Dramen und Katastrophen.

    3 Eine hervorragende Darstellung sowohl der politischen als auch der geistig-philoso-phischen Aspekte dieses Gegensatzes von nomos, dem rationalen Rechtsgesetz derMenschen, und dike, der blinden und willkrlichen Gerechtigkeit der Gtter,gibt z.B. Jean-Pierre Vernant, Les origines de la pense grecque, Paris 1963.

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    Nicht anders verhlt es sich in der Dimension des Philosophischen. DieWelt der thesisbaut hier ihr eigenes Reich dadurch auf, da sich der lo-

    gosselbst immer deutlicher als dia-logos setzt und entwickelt. Der ge-dankliche und normative Raum der Philosophie bildet sich erst als dialo-gischer Raum der gesellschaftlichen Kommunikation und des ffentlichen,intersubjektiven Diskurses heraus. Als eigentliche Architekten und Ge-stalter dieses neuartigen Raums knnen darum keinesfalls jene halbwegsnoch mythischen Protophilosophen von Ionien gelten, die man Vorso-kratiker zu nennen pflegt; bei ihnen bleibt ja der kaum erwachende logosdes begrifflichen Denkens noch fast gnzlich in der auermenschlich-

    kosmischen Welt der physisals Natur versenkt. Es sind vielmehr erstdie geschichtlichen Vertreter und Trger der gesellschaftlich-dialogischenVernunft als Rede, als gesprochenes und gehrtes, mitgeteiltes und wei-tergegebenes Wort des lebendigen Gesprchs und der argumentativen De-batte, die als wahre Stifter des philosophischen Geistes anerkannt werdenmssen: mithin selbstverstndlich Sokrates, der aus diesem Grund mitvollem Recht fr den eigentlichen Grndungsvater der philosophiaschon immer gehalten wurde, aber auch jene seinen geistigen Partner undihm ebenbrtigen Meister im sprachlich-kommunikativen Spiel derRhetorik und Dialektik, die die Zeitgenossen mit dem unverdientverachtenden Namen der Sophistenbezeichneten. Insofern ist das ganzesog. vorsokratische (und damit auch vorsophistische) Denken grund-stzlich als ein noch vorphilosophischesDenken anzusehen, genauso undaus denselben Grnden wie etwa die Tragdie der Antigone eine Ver-flechtung von unbezweifelt dramatischen, aber doch prinzipiell vorpoliti-

    schen Ereignissen darstellt. Beides gehrt zu jener mrchenhaft-vorgeschichtlichen Antike, die sthetisch nach wie vor sehr attraktiv seinkann, aber gedanklich und kulturell ohne grere Bedeutung ist.4

    4 Man mu also auch mit der kritischen Distanz die heutige Tendenz zur berscht-zenden Idealisierung der Vorsokratiker betrachten, die in der modernen Philosophievon Nietzsche inspiriert und dann insbesondere von Heidegger entwickelt wurde.Aus der Sicht der geschichtlichen Ursprnge und vor allem des modernen

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    Die geschichtliche, intellektuell und geistig bedeutende Antike, die alsUrsprung und eigentliche Quelle der europischen Tradition gelten kann,

    deckt sich mit der Welt des klassischen Griechenlands, jenem eigenartigenGeburtsort der Philosophie aus dem Geiste der Politik. Es ist, um den au-ergewhnlich treffenden Ausdruck von Max Weber zu benutzen, einebereits grundstzlich entzauberte Welt, verlassen und verurteilt nichtnur vom sacrumdes Mythos und der Religion, sondern auch von traditio-nellen Wertsystemen der alten Sitten, die nunmehr nur im sthetischenReich der Schatten als heroische Schnheit der groen Epik oder erhabe-ner Pathos der klassischen Tragdie berleben knnen. Denn der wirkli-

    che Horizont dieser Welt wird durch den einheitlich skularen Raum desprofanumbestimmt, der zugleich durchaus unheroischund berhaupt un-poetisch ist. Philosophie und Politik leben und wirken im nchternenElement der Prosa- d. h. dessen, wasjedermann spr icht. Darum sind sieaber auch fr jedermannda; im klaren Gegensatz zu den elitren, aristo-kratisch exklusiven Herrschaftsprinzipien der stammesgesellschaftlichenOrdnung ist die philosophische wie die politische Rationalitt der offenenZivilgesellschaft ihrem Wesen nach egalitr und demokratisch.

    Kapitel II

    Der dialogisch-kommunikative Raum der Vergesellschaftung, in dem bei-de, logossowohl als polis, gleichzeitig entstehen und wirken, kommt erstdurch den geschichtlichen Proze der Individualisierungzustande, der dietraditionellen Bindungen und Strukturen primitiver Stammesgesellschaften

    unterminiert und zersprengt. Der bergang von der physischen zur

    Selbstverstndnisses der europischen Vernunft in ihrer sowohl philosophischen alsauch politischen Identitt ist das sog. vorsokratische Denken ebensowenig bedeu-tend wie z.B. verschiedene Philosophien des antiken Orients, die sonst sthetischsehr anziehend sein knnen. Auch Heidegger selbst erblickte ja in diesem Den-ken vielmehr eine schne Dichtung als wirkliche Arbeit des gedanklichen Begrei-fens.

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    thetischen Ordnung der menschlichen Welt besteht demnach darin, dadie natrliche Vergesellschaftungsform, wo die Stelle und Funktion

    jedes Einzelmitglieds der Gemeinschaft unmittelbardurch seine angebo-renen Eigenschaften (wie Geschlecht, Alter, physische Strke und vorallem die Sippschaft - Kaste, Klan, Familie usw.) immer schon im vorausbestimmt sind, unter dem Druck der steigenden Differenziertheit zerbrichtund durch die knstliche Verhltnisse einer vermitteltenGesellschaft-lichkeit abgelst wird, wo das Gemeinwesen aus Wechselwirkungen derisolierten und verselbstndigten Individuen erst zusammengesetzt wird.

    Diese vermittelte oder politischeForm der Vergesellschaftung durch Indi-vidualisierung kommt gerade in der Gestalt und Struktur der klassischgriechischen poliserstmals zum Vorschein, wo sie vor allem als eigenar-tige Bindungskraft des politischen Gemeinwesens oder des Brgerbundes,koinonia poli tike, auftritt. Das griechische Wort koinonia - die Gemein-

    schaft, der Bund - stammt von koinon; und dieser Ausdruck bedeutet ebendasjenige, was als gemeinsame Sache alle Teilnehmer miteinander ver-bindet, aber auch, wie wir noch sehen werden, sie gleichzeitig voneinan-

    der abgrenzt und trennt. In der Tat ist es ein Bund eher als eine Ge-meinschaft; von den traditionell stammesgesellschaftlichen Gemein-schaften des vorklassischen Griechenlands unterscheidet sich diese Orga-nisationsform des menschlichen Zusammenlebens grundstzlich durchseinen Charakter der bewuten und zweckmigen Vereinigung von selb-stndigen Einzelnen, der auf den bereits weit fortgeschrittenen Proze dergesellschaftlichen Individualisierung hinweist. brigens kannten die Grie-chen neben dem eigentlichen Staatsbrgerbund, der koinonia politike,

    noch eine andere Art des Bundes in diesem Sinn, nmlich die koinoniasymmachia- eine Gemeinschaft im Sinne des zielgerichteten Vereins oderdessen, was spter im Latein als societasausgedrckt wird, d. h. Gesell-schaft, aber im ursprnglichen Sinn einer Allianz, eines Vereins oderBndnisses, das bewut und gezielt gegrndet wird, um einen bestimm-

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    ten, fr alle Verbndeten gemeinsamen Zweck zu verwirklichen.5Undauch wenn diese letztere Bedeutung der Gemeinschaft in sich ur-

    sprnglich etwas von Verschwrung oder sogar Komplott enthlt undinsofern negativ geprgt ist, was sie jenem ersteren, eindeutig positivenSinn des politischen Gemeinwesens oder des Bundes von Staatsbrgernklar entgegensetzt, betrifft dieser Unterschied doch vielmehr die Bewer-tung jener Interessen und Zwecke selbst, denen beide Typen des Bun-des dienen, als die den beiden gemeinsame Form der zweckmigenVereinigung von interessierten Individuen.

    Der Brgerbund oder das politische Gemeinwesen, koinonia politike,macht demnach bei den Griechen die eigentliche Substanz der Vergesell-schaftungsform aus, die in der klassischen polis ihre modellhafte Ver-wirklichung fand. Das Besondere dieser Form, das im philosophischenDenken von Sophisten, Sokrates und Platon bereits ganz deutlich erkanntund ausgesprochen wurde, wird dann in den ethischen und politischenSchriften von Aristoteles auf den klaren Begriff gebracht und ausfhrlichbeschrieben. Es handelt sich hier nmlich um eine Gemeinschaft von

    Freien und Gleichen, einen Bund der auf sich wechselseitig wirkendenEinzelsubjekte und zugleich einen eigenartigen Raum dieser ihren Wech-selwirkungen. Man kann es nmlich als Raum ihres transzendentalenZwischen bezeichnen, wo sie als gleichberechtigte Teilnehmer deskommunikativen Dialogs ihre Subjektivitt gewissermaen austauschen,und zwar in einem durchaus symmetrischen, quivalenten Austausch.Darum begreifen die Griechen diesen intersubjektiven Raum des politi-schen Gemeinwesens als Sphre von schnen Worten und Taten. Die

    schnen Taten bedeuten hier die politische praxis selbst: die Tugend

    5 Im Hinblick auf die Grundform der sozialen Bindungen steht die griechische koino-nia politike viel nher der Gesellschaft als der Gemeinschaft im Sinne derklassischen Typologie von Tnnies (vgl. Ferdinand Tnnies, Gemeinschaft und Ge-sellschaft, Leipzig 1887), obwohl sie auch dieses Modell, das von Tnnies ja vorallem fr die modernen Industriegesellschaften konzipiert wurde, nicht vollstndigerfllt.

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    und Kunst der vernnftigen Mitbestimmung jedes Einzelnen und der dar-auf gesttzten Willensbildung aller. Aber es gibt keine schnen Taten

    ohne schne Worte: die praxisund ihre politische Sittlichkeit ist un-zertrennlich mit der lexisverbunden: mit der vernnftigen Rede, mit demkommunikativen Gesprch. Sprechen, legein, bedeutet vor allem:im-Gesprch-sein, dia-legein; logos, als Vernunft, die zugleich ein Wortist, bildet sich nur im Dia-logos, in jenem Zwischendes Redens und H-rens, des gegenseitigen Sich-berzeugens, der Kritik und rationellen Ar-gumentation. Hier sieht man deutlicher den wesentlichen Zusammenhangvon beiden Aristotelischen Definitionsformeln: Der Mensch als zoon

    politikon, das politische Lebewesen, ist gerade darum zugleich zoonlogon echon, ein vernnftig redendes Lebewesen, ein ratio-nal-sprachliches Wesen.

    Der politische Raum von schnen Worten und Taten ist demnach mitder Sphre der ffentlichkeit identisch. Es ist eine intersubjektive Weltder offenen Beteiligung aller an diskursiv-argumentativen Debatten undEntscheidungen darber, was fr alle gemeinsam, mithin allgemeingltig

    werden kann. Auf diesem Schauplatz der ffentlichkeit ist jeder Staats-brger ttig, als Mitspieler und Mitgenosse; zugleich unterordnet sich je-der demjenigen, was aus diesem poliphonischen Dialog als das Gemeinguthervorgeht und in seinem Charakter des Richtigen und Gerechten von al-len anerkannt und akzeptiert werden kann und soll. Was hier herrscht, ist

    das Prinzip der isonomia: Gleichberechtigung aller, die jedoch mit dergleichen Verpflichtung aller dem allgemeingltigen einhergeht.

    In diesem intersubjektivem Raum des ffentlichen Diskurses entsteht alsoeine kommunikativ-dialogische Gemeinschaft von freien und gleichen In-dividuen, die miteinander verbunden, aber zugleich als selbstndige Sub-

    jekte voneinander getrennt sind. Die harmonische Totalitt und Einheitihrer Zusammenwirkung kommt nicht unmittelbar zustande, sondern eherals durch diese Vielheit und Verschiedenheit von Einzelnen vermittelt.

    Jeder von ihnen ist ein autonomes Individuum mit seiner eigenen Identi-tt, jeder hat fr sich sein Bewutsein, seinen Willen, seine Urteilskraft.

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    Da jeder von ihnen auch einen berechtigten Anspruch darauf erhebt, alswahre und richtige nur diejenigen Begriffe und Grnde anzuerkennen,

    deren es sich selbst in seiner inneren berzeugung oder Meinung,doxa, vergewissern kann, entsteht das Allgemeine der Vernunft ur-sprnglich als ein Allgemeingltiges, ein fr alle gleichermaen Geltendesund Verbindliches, und zwar jeweils durch individuelle Worte und Ta-ten dieser Einzelnen, durch ihre Gesprche, Streite und Debatten, die

    tagtglich auf der Schaubhne von agora, dem Marktplatz als politi-schen Zentrum des staatstdtischen Lebens gefhrt werden. Bei diesenStreitigkeiten will sich jeder der Beteiligten mit seinem Anliegen und sei-

    ner Meinung durchsetzen: so wird das Gesprch gleichzeitig zum Wett-kampf, agon, dessen Teilnehmer zwar zunchst um Ansehen, Ruhm undMacht, aber damit auch um Recht, Gerechtigkeit und Wahrheit miteinan-der wetteifern. Aber in diesem groen Amphitheater der sprechenden undhrenden ffentlichkeit, wo alle sich gleichermaen zur Schau stellen undeinander beobachten, mssen die gemeinsamen Spielregeln jenes Wett-kampfes herausgearbeitet werden. Gerade mit diesen Spielregeln, die vonden Spielenden selbst gestaltet und immer weiter verallgemeinert werden,beginnt der Bereich dessen, was die Griechen als koinonund die Rmeretwas spter als res publi cabezeichneten: das Gemeingut, die unstreitbareSache von allen.

    Als Brgerbund von Freien und Gleichen ist jene ffentliche Gemein-schaft der koinonia poli tikeallerdings mit der politia, dem Staat, iden-tisch. Dadurch tritt der durchaus politische Charakter dieser ethischenGemeinschaft in den Vordergrund. Man mu aber immer beachten, da

    die polisals Staat zugleich, und vor allem, eine Stadtist. Die klassischeDemokratie Griechenlands ist - wie in Athen - die der stdtischen Repu-blik. Die Urbanittgehrt zum Wesen selbst der politia. Der neue Raumder politisch-philosophischen ffentlichkeit im Reden und Handeln, des-sen Mittelpunkt agorabildet, ist nicht zufllig genau geortet, nmlich in-nerhalb der Stadt mit ihren Straen und Pltzen, ffentlichen Gebuden,

    ja mit den ueren Stadtmauern, die diesen Raum gar nicht verschlieen,sondern umgekehrt, ihn erst recht offen machen, und zwar dadurch, da

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    sie ihn von der Enge und Verschlossenheit des lndlichen Agrarlebens mitseinem eben nicht-ffentlichen Raum scharf und deutlich abgrenzen. Die-

    se endemische Urbanitt als ureigenes Element des ffentlichen Diskursesin seiner dialogisch-kommunikativen Rationalitt, wird von Sokrates inPlatons Dialogen mehrmals hervorgehoben.

    Erinnern wir uns beispielsweise an Worte von Sokrates in Phaidros:Dieironische Bemerkung seines jungen Freundes, da Sokrates die schneNatur auerhalb der Stadt berhaupt nicht kenne (Du aber, wunderbarerMann, zeigst dich ganz seltsam. Denn in der Tat, wie du auch sagst, ei-nem Fremden gleichst du, der sich umherfhren lt, und nicht einemEinheimischen. So wenig wanderst du aus der Stadt ber die Grenze,noch auch selbst zum Tore scheinst du mir herauszugehen), erwidertdieser bezeichnenderweise mit der einfachen Erklrung: Dies verzeihemir schon, o Bester. Ich bin eben lernbegierig, und Felder und Bumewollen mich nichts lernen, wohl aber die Menschen in der Stadt.6Diedialogisch-kommunikative Rationalitt des ffentlichen Diskurses entstehtnur in der Stadtluft, die frei macht.

    Die griechische polis ist demnach ein Staat, der zugleich eine Stadt ist,und umgekehrt. Diese Identitt bleibt brigens auch im lateinischen Wortcivitasziemlich genau behalten. Es bedeutet ursprnglich ebenso beides,die Stadt und den Staat. Civitas Dei - so wird sogar der Staat Gottesnoch bei Augustinus heien, und zwar bereits nach dem Fall des Rmi-schen Reiches, an der Schwelle des christlichen Mittelalters. Hier siehtman aber schon eine wichtige Bedeutungswandlung. Jener Staat Gottesist eben keine Stadt mehr. Er erinnert vielmehr an jenes imperium, zudem der spte Rom selbst wurde, nachdem er die alten Sitten der respublica durch das zentralisierte Machtsystem des Kaiserreiches ersetzthatte. Dieselbe imperiale Struktur des Kaiserreiches, die den republika-nisch-demokratischen Raum der antiken Staatstdte zersprengt und abge-lst hat, wird auch spter die Ordnung der weltlichen Macht werden, die

    6 Platon, Phaidros, 231 c-d.

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    das im Mittelalter entstehende Europa des Christentums als VermchtnisRoms bernimmt. In der Sprache selbst blieb aber diese Entsprechung

    erhalten: civitasist polis, so wie der griechische polites, als Mensch derpolis, mithin eben der Staatsbrger, genau dem lateinischen civesent-spricht. Beide Ausdrcke bedeuten dasselbe: den Staatsbrger, der zu-gleich ein Stadtbewohner, ein Brger ist.

    Man sieht: in dieser ersten, wohl klassisch-antiken Form der praktischenVernunft als unmittelbaren Einheit von Ethischem und Politischem gibt esnoch nicht die Unterscheidung, die erst spter auftaucht und eben zu ei-nem Zeichen des wichtigen Umbruchs wird, der die moderne Welt derNeuzeit hervortreten lt. Beide Ausdrcke - sowohl der griechische, alsauch der lateinische - beinhalten noch jene lebendige, undifferenzierteEinheit von Staatsbrger und Brger, dem Stadtbewohner. Demnachhaben wir es hier mit der Einheit und Identitt dessen zu tun, was spterin der Neuzeit - im Denken der Aufklrung, in Ideen der westlichen, eu-roamerikanischen Revolutionen - sehr deutlich unterschieden, ja entge-gengesetzt wird: nmlich des Staatsbrgers, als Mitglied der politischen

    Gemeinschaft, mithin citoyen, und des bloen Brgers, als bourgeois.Nun ist der griechische polites, ebenso wie der rmische cives, gleichzei-tig citoyen und bourgeois. Es besteht hier also - um eine allgemeinereFormulierung zu verwenden - eine noch undifferenzierte, unmittelbare

    Einheit von civitasund societas civi l is, oder dem Staat und der brgerli-chen Gesellschaft; so wird es ja spter genannt werden. Unser heutigerAusdruck: brgerliche oder zivile Gesellschaft enthlt zwar noch dieSpuren dieser Ethymologie, die insbesondere auf lateinische civitasver-

    weisen. So klingt es ganz deutlich im Englischen oder im Franzsischen:civi l society, societe civi le. Die deutsche brgerliche Gesellschaft istfreilich etwas vieldeutiger, weil das Wort brgerlich hier auch alle ne-gativen Konnotationen von franzsischem Ausdruck bourgeoisbeinhaltet,was in Worten wie kleinbrgerlich oder spiebrgerlich klar zumVorschein kommt. Dennoch bleibt auch der deutsche Brger im Prinzipbeides zugleich: Staatsbrger und Stdter, so wie der griechische politesund der lateinische cives. Auch hier wurde diese Einheit im sprachlichen

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    Ausdruck behalten - aber nur im sprachlichen Ausdruck. Denn aus derWirklichkeit der menschlichen Welt ist sie mit dem Zerfall der griechi-

    schen polisund ihrer spteren Fortsetzung in der rmischen res publicageradezu verschwunden. Die antike Struktur des Politischen wurde durchdie moderne Entzweiung in selbstndige Bereiche des Staatsund der br-

    gerlichen oder zivilen Gesellschaftersetzt, die nunmehr als grundstzlicheDifferenz der politischen Machtverhltnisse und des gesellschaftli-chen oder sozialen Wirtschaftsverkehrs zur Geltung kommt.

    Das politische Ethos der Moderne mu von dieser Entzweiung ausgehen.Das Wesen der geschichtlichen Wende zur europischen Neuzeit kann indieser Hinsicht als endgltige Verselbstndigung des Systems der gesell-schaftlichen Arbeit aufgefat werden, und zwar durch seine Selbstbe-

    hauptung gegenber allen bestehenden Formen der politischen Macht,insbesondere aber durch seine Inanspruchnahme der gleichberechtigtenBeteiligung an der neuzubildenden Gestalt des ffentlichen Lebens undseiner politischen Rationalitt. Im Vergleich mit dem antiken Vorbild fin-det hier also eine wichtige Verschiebung innerhalb des Zusammenhangs

    statt, der zwischen der produktiven Arbeitund der Freiheitdes politischenHandelns besteht. Um den eigentlichen Sinn und Umfang dieser Ver-schiebung richtig zu verstehen, mu man auf jene besondere Verschrn-kung im gegenseitigen Sich-Ausschlieen etwas tiefer eingehen, die frdie beiden Sphren der menschlichen Ttigkeit im antiken Griechenlandbezeichnend war.

    Kapitel III

    Den inneren Zusammenhang von logosund polissieht man auch darin,da die politische praxis der griechischen Welt ihren philosophischenAusdruck im klassischen griechischen Denken findet. Mit einem solchenAusdruck haben wir es zweifelsohne in der praktischen Philosophie vonAristoteles zu tun. Sowohl die Ethiken, als auch und vor allem die Politikenthalten nicht nur ziemlich genaue Beschreibungen von verschiedenenAspekten und Strukturen des antiken Staatswesens, sondern auch den

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    Versuch, die begrifflichen und normativen Prinzipien der darin verkr-perten gesel lschaftl ichen Vernunftgedanklich zu systematisieren. Als ein

    der wichtigsten Momente dieser Systematisierung kann die allgemeine -eben philosophische - Theorie des menschlichen Handelns angesehenwerden, die den Kern der praktischen Philosophie von Aristoteles bildet.

    Diese Theorie unterscheidet nmlich klar und deutlich die politischeT-tigkeit als praxis, oder das Handeln im eigentlichen Sinn, von anderenBeschftigungen des Menschen, die auf das zweckmige ErzeugenoderHervorbringenvon etwas hinzielen und als solche unter dem allgemeinenBegriff der

    poiesisstehen. Der wichtigste Unterscheidungsgrund fr die

    beiden wird von Aristoteles unmiverstndlich angegeben und mehrmalswiederholt: als praxis knnen nur die schnen Taten und Tugendengelten, in denen sich die Menschen als freibehaupten, whrend der ganzeWirkungskreis von poiesis auf das Notwendige oder Ntzliche ihresLebens begrenzt ist.

    Im Gegensatz zur politischen Freiheit der praxisist also die Ttigkeit derpoiesisihrem Wesen nach unfrei. Als Gebiet der Beschftigung mit dem

    Notwendigen oder Ntzlichen deckt sie sich mit der Sphre der gesell-schaftlichen Arbeit. Hierzu gehren alle menschlichen Handlungen, die

    wir heute als instrumentellbezeichnen knnen. Eine derartige Handlunggilt nmlich selbst nie als Zweck, sondern immer blo als Mittel, d. h. siedienteben zuetwas anderem. Ihr Zweck liegt auerhalb ihrer selbst, gehtber sie hinaus; die Handlung selbst ist nur Mittel - Werkzeug, Instru-ment - dazu, diesen Zweck zu verwirklichen. Die poiesis bedeutet dem-nach vor allem die Ttigkeit des materiellen

    Produzierens, und zwar in

    demselben Sinne des Etwas-Herbeischaffens und Etwas-Hervorbrin-gens, der spter im lateinischen pro-ductio so deutlich sprbar ist. Indiesem Sinn heit Produzieren ein Schaffen, ein Erzeugen von etwas, wases vorher - von sich selbst oder von der Natur aus nicht gab; es be-steht in Konstruktion einer knstlichen Welt der Artefakten, der mensch-lichen Gebilde. Die eigentliche Sphre der poiesisgehrt damit auch in

    die Welt der thesis - dieselbe unnatrliche Welt der gesellschaftlich-

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    kulturellen Produkte des Menschen, die den gemeinsamen Horizont vonlogosund polisbildet.

    Als typisches Modell der poietischen Ttigkeit dieser Art gilt fr Ari-stoteles das Handwerk - jene in der Antike am meisten verbreitete, wennnicht einzige Form der produktiven Arbeit. So ein Handwerker ist aberauch der Knstler in seinem Schaffen: in der poiesishat ja ebenfalls diePoesie ihre sprachliche und geistige Wurzel. Zwar wurde dasjenige,

    was wir die Modernen die Kunst nennen und was die Rmer mit arsausdrckten, von den Griechen als techne bezeichnet, mithin eben alsGeschicklichkeit in Fertigung von Werken verstanden; daher stammenauch unsere modernen Bedeutungen von Technik und technisch. Frdie Griechen war demnach die Kunst vor allem eine Technik, Kunst-Werkezustande zu bringen, und insofern gehrte sie auch zum Bereichdes poietischen Produzierens, neben dem Handwerk im engeren Sinn,welches bei Aristoteles wiederum seinen besonderen Namen hat: ergon,d. h. eben die Produktion der knstlichen Wirklichkeit von Artefakten.

    Whrend techneund ergonals hhere oder richtige Typen von poie-

    sishauptschlich auf Herstellung und Fertigung des Ntzlichen hinzie-len, ist ihre dritte und wohl niedrigste Form nur damit beschftigt, dasNotwendige zu liefern und zu sichern. Hier entspringt erst die mensch-liche Arbeit sozusagen unmittelbar aus ihren noch vllig naturbedingten -physischen - Abhngigkeiten und Zwngen. Diese Art der Ttigkeitbezeichneten die Griechen als ponos, mithin auch die Arbeit, aber ge-rade in einer un-produktivenBedeutung dessen, was der blo organischenSelbsterhaltung des menschlichen Individuums und der Reproduktion sei-ner Gattung dient. Im Unterschied vom ergon, dem zweckmigen undproduktiven Beherrschen der ueren Natur durch Herstellung von dauer-haften Werken, bedeutet ponosdie Arbeit als peinliche Mhe der blophysischen Anstrengung, die eben nichts herstellt, sondern nur ins Un-endliche, im geschlossenen Kreislauf immer dasselbewiederherstellt, re-produziert - nmlich die rein biologische Existenz des Menschen. DieseArbeit erzeugt keine bleibenden Werke; sie geht vielmehr restlos in der

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    laufenden Befriedigung der elementarsten Bedrfnisse auf, die mit demberleben und der Erhaltung menschlicher Individuen verbunden sind,

    und insofern dient sie der unmittelbaren - eben unproduktiven - Kon-sumption. So bildet die Arbeit als ponoseinerseits die unaufhebbare Di-mension der Gebundenheit des Menschen mit der blinden Naturnotwen-digkeit, seiner Endlichkeit und Verletzbarkeit, seiner unausweichlichenSterblichkeit. Andererseits verkrpert sie gerade darum das Element desnoch nicht erwachten Menschentums: das rohe, organische Leben, wo derMensch zu seiner Selbstndigkeit und Freiheit noch nicht gekommen ist.

    In der Gemeinschaft der polis wird solche Arbeit als ponos selbstver-stndlich zum anschaulichsten Ausdruck und Symbol der menschlichenUnfreiheit. Deshalb kann sie nur von unfreien Menschen geleistet wer-den. Es sind also zuerst die Sklaven, die von der koinonia poli tikeausge-schlossen bleiben, weil sie sich mit solcher Arbeit beschftigen mssen.Aber diese Exklusion umfat neben den Sklaven auch Menschen, die vonder Natur aus dazu bestimmt sind, eine andere Dimension jener unfreien,erzwungenen Arbeit als ponosauf sich zu nehmen: die Aufgabe der bio-

    logischen Reproduktion der Gattung, oder die Pflicht, neue Menschen zugebren. So wird die Frau neben dem Sklaven zum zweiten ausgeschlos-sen Nicht-Brger der politischen Gemeinschaft. Fr sie gibt es ebensowe-nig wie fr den Sklaven Platz im freien Brgerbund der polis, obwohl dieArbeit der Frau als Ehefrau und Mutter nicht weniger als die physischeSklavenarbeit dem Dasein selbst dieses Brgerbundes notwendig zugrun-deliegt. Die Geburt und die Erziehung der Kinder, so wie berhaupt dieFrsorge fr das Familienleben, gehren jedoch - nicht anders als die fr

    Lieferung der unentbehrlichen Ernhrungs- und Unterhaltungsmittel zu-stndige Zwangsarbeit von Sklaven - zum privaten oikos, dem Hausund Haushalt, dessen ganzes Gebiet von dem ffentlichen Raum derpolissehr scharf abgegrenzt und daraus ausgeschlossen ist.

    Diese Exklusion aus der politischen Gemeinschaft betrifft selbstverstnd-lich auch andere Gruppen der Bevlkerung: die Barbaren (d. i. die Frem-den, Nicht-Hellenen), die Metoiken (Ankmmlinge mit legalem Aufen-

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    taltsrecht, aber ohne politische Brgerrechte), die befreiten Sklaven,manchmal auch die vom illegitimen Verkehr geborenen Kinder. Mehr

    noch: die Exklusion umfat alle diejenigen, die zwar frei sind, aber ihrenLebensunterhalt auch durch die Arbeit berhaupt, auch im Sinn vonergonerwerben: Der beste Staat aber wird keinen Gewerbsmann zum Brgermachen, und sollte auch er ein Brger sein, so ist doch die von uns ange-gebene Tugend des Brgers nicht jedem und auch nicht dem, der blo einfreier Mann ist, zuzuschreiben, sondern nur denen, die von dem Erwerbdes notwendigen Lebensunterhaltes befreit sind (...) Denn unmglichkann, wer das Leben eines Banausen oder Tagelhner fhrt, sich in den

    Werken der Tugend ben.7Von der Teilnahme am ffentlichen Lebenund Handeln der polis wird demnach so gut wie smtliche Sphre dermenschlichen Ttigkeit ausgeschlossen, die nach dem Muster der poiesisstrukturiert ist.

    Wie man sieht, ist diese Sphre sehr umfangreich. Sie umfat zumindestdrei unterschiedliche Bereiche und Formen des instrumentellen Handelns.Wenn man sie von den untersten bis auf die obersten nacheinander

    ordnen mchte, wrde sich die Sequenz ponos-ergon-techneergeben. Aufder niedrigsten Stufe liegt die biologische Arbeit von Sklaven undFrauen. Dann folgt das Herstellen oder Produzieren im eigentlichen Sinn:die produktive Ttigkeit von Arbeitern und Handwerkern. Schlielichdie Kunst als Schaffen und Hervorbringen, aber hauptschlich in bezugauf technische Geschicklichkeit betrachtet.

    Was aber alle diese drei Arten der durchaus unpolitischen poiesismitein-ander verbindet und sie insgesamt von der Sphre der politischen praxistrennt, ist die unberschreitbare Grenze zwischen dem privatenund demffentl ichen Raum des gesellschaftlichen Lebens. Ein Mensch, der sich

    mit irgendeiner Form der poietischen Ttigkeit beschftigt, ist nie po-lites, ein Staatsbrger, sondern immer nur idiotes, eine Privatperson.Selbstverstndlich sind auch Staatsbrger zugleich Privatpersonen; aber

    7 Aristoteles, Politik, III, 1278a.

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    ein idioteswird zum politeserst dadurch, da er seine ganze Privatheithinter der dicht verschlossenen Tr seines Hauses, des oikos, hlt.

    Sklaven, Frauen und Kinder, die in diesem Zuhause fr immer einge-sperrt bleiben, knnen gerade deswegen keine politischen Rechte undKompetenzen haben. Aber auch die Arbeiter und Handwerker ebensowie Hndler werden aus demselben Grund politisch ausgesperrt und ver-achtet. Sie gehen ja mit den Produkten ihrer privaten Hausarbeit nachauen, indem sie sie zum Verkauf anbieten, und damit stellen sie ffent-lich zur Schau, was im Dunkel der Privatheit fr immer verborgen blei-ben sollte.

    Auch von diesem Standpunkt aus hat der Gegensatz von polisund oikosdie entscheidende Bedeutung: der freie Staatsbrger, polites, sperrt imoikosdie ganze beschmende und erniedrigende Seite seines Lebens ein:

    jenes Idiotische, worin die unaufhebbare Dimension der Schwche undVerletzbarkeit seiner Existenz sowie deren Abhngigkeit von den blindenNaturkrften zum Vorschein kommt. Darum mu er sich zuerst davonvollstndig befreien, und dies tut er, indem er seine Macht und Herrschaft

    ber die Anderen behauptet, die nunmehr fr ihn und stattseiner diesepeinliche Seite des Lebens auf sich nehmen mssen.8

    Kapitel IV

    Oikosist ebenfalls eine Art von Gemeinschaft. Diese Haus- oder Famili-engemeinschaft, oikia, unterscheidet sich jedoch wesentlich von der Br-

    gergemeinschaft, koinonia pol it ike, gerade dadurch, da sie im Ganzen

    auf Prinzip der unmittelbaren Herrschaftgrndet. Der Herr des Hausesals Haushlter und Familienhaupt ist Herrscher, archon, dessen Macht

    8 Eine hervorragende und bis heute unbertroffene Analyse der philosophischen so-wohl als der politischen Aspekte dieser komplexen Beziehungen zwischen der ge-sellschaftlichen Arbeit in ihren verschiedenen Formen und der Freiheit des politi-schen Handelns finden wir bei Hannah Arendt, The Human Condition, New York1958.

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    ber die anderen Mitglieder dieser Gemeinschaft auf der natrlichenAutoritt der Strke beruht und damit letzten Endes durch die physische

    Gewalt fundiert ist. Unterwerfung und Gehorsam der Hausgenossengeht hier aus asymmetrischen Verhltnissen des Zwangs und der persnli-chen Abhngigkeit hervor, und als Prinzip gilt das Recht und die Autori-tt des Strkeren. Auch dies sieht man deutlich etwa bei Aristoteles: be-reits im ersten Buch seiner Politike, das gerade die Struktur von oikosdarstellt, wird jenes Prinzip der unmittelbaren Herrschaft berall in denVordergrund gerckt, und zwar in allen drei diese Struktur ausmachendenVerhltnissen: von Herrn und Sklaven, Mann und Frau, schlielich Eltern

    und Kindern.9Was Aristoteles hier besonders stark hervorhebt, ist immerdieselbe Asymmetrie und Irreversibilitt dieser Verhltnisse, ihr Mangelan Gegenseitigkeit und quivalenz, die grundstzliche Ungleichheit ihrerGlieder. Es fehlt hier demnach gerade dasjenige, was das Wesen derkommunikativen Wechselwirkung von Freien und Gleichen in der polis

    ausmacht: die Reziprozitt, die auf isonomia, Gleichheit aller vor demvon allen mitbestimmten Recht, nomos, grndet.

    Das durch die ffentliche Brgergemeinschaft der polisin den Untergrundvom privaten oikos gedrngte Prinzip der unmittelbaren Herrschaft hat

    jedoch seine sehr wichtige, obwohl indirekte Fortsetzung auch auerhalbder Privatheit des Hauses. Dieses Prinzip bestimmt nmlich offenbarden ganzen ursprnglich auf Bewltigung und Beherrschung der uerenNatur hinzielenden Typus der Rationali tt, die fr den smtlichen Bereichder als poiesis strukturierten menschlichen Handlungen charakteristischist. Man kann sie nmlich als instrumentelle Zweckrationali tt(im Sinne

    von Max Weber) bezeichnen, die in der Vervollkommnung der Wirksam-keit des Handelns fr die Realisierung eines vorgegebenen Zwecks be-steht. Oder, in der heutzutage verbreiteten Terminologie von Jrgen Ha-

    9 Vgl. Aristoteles, Politik, I, 1253a-1255b und I, 1258a-1260b.

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    bermas10, ginge es um die besondere Rationalitt von strategischenHandlungen, die darauf gerichtet sind, die menschliche Verfgung ber

    die uere Objektwelt maximal zu steigern, d. h. diese Welt vollstndigzu beherrschen, sie der Disposition und Kontrolle des Handelnden Men-schen restlos zu unterwerfen.

    Als Hintergrund und ursprngliche Domne solcher strategisch-instrumentellen Handlungen ist selbstverstndlich der Bereich dermenschlichen Arbeit anzusehen, und zwar sowohl jener primitiv physi-schen im Sinne von ponos, als auch der technischen-produktiven im Sinne

    von ergon und techne. Die menschliche Arbeit in beiden Bedeutungenbleibt ja immerhin ein Handeln, das unter den Gesetzen einer Notwendig-keitsteht. Als ponosunterliegt die Arbeit der Naturnotwendigkeit, die diebiologischen Bedingungen der Selbsterhaltung und Reproduktion desMenschen als Lebewesens bestimmt; als ergonwird sie dagegen durch dielogisch-pragmatisch-technische Notwendigkeit eines instrumentell erfolg-reichen Handelns determiniert. Freilich ist diese nicht so stark wie jenedurch den brutalen Naturzwang der nackten Lebenserhaltung geprgt,

    aber auch hier walten ja unverletzliche Gesetze und Regeln, die ebenfallseinen gewissen Zwang ausben: man kann ihn als Zwang der strategi-schen Rationalitt bezeichnen. Nun lassen sich der Zwang und die Not-wendigkeit, die in beiden Wirkungskreisen von poiesisals instrumentellenHandelns herrschen, mit der Freiheit als Wesen der politischen praxisberhaupt nicht vereinbaren. Vom Standpunkt des politischen Ethos der

    Antike erscheint das ganze Gebiet der poiesisals Bereich der unmittelba-ren und unverdeckten Herrschaft, mithin der offenen und unverhllten

    Gewalt.

    Dagegen bildet praxis, d. h. das Handeln im eigentlichen Sinn oder dasfreie Handeln, ihre separate und eigenstndige Sphre einer nicht-instrumentellen oder, nochmals in der Terminologie von Habermas,

    10Vgl. J. Habermas, Erkenntnis und Interesse, Frankfurt a.M. 1968; Theorie deskommunikativen Handelns, Frankfurt a.M. 1981

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    kommunikativen Rationalitt heraus. Diese Sphre wird durch den Kreisder zwischenmenschlichen Interaktionen, d.i. der sprachlich vermittelten

    und auf die zwangslose Verstndigung orientierten Wechselwirkungenbestimmt. Sie konstituiert sich also zuerst als intersubjektive Sphre derdialogischen Reziprozitt, wo freie und gleiche Individuen in der Ge-meinschaft von schnen Worten und Taten miteinander verkehren, in-dem sie den gegenseitigen Austausch stndig vollziehen, nmlich denAustausch ihrer Meinungen, Gedanken und Argumente, Aufforderungenund Antworten, Bedenken, Zweifel und Beurteilungen. Gerade dadurchund damit tauschen sie aber auch ihre eigentlichen Subjektivitt aus. Und

    erst in diesen Austausch der Subjektivitt, der dabei vollkommen qui-valent sein, d. h. nach dem allgemeinen Prinzip der Gleichwertigkeit,Symmetrie und Reziprozitt von gegenseitigen Erwartungen und Leistun-gen stattfinden mu, entsteht und wchst der kommunikative Raum dermenschlichen Freiheit.

    Genauso wurde praxisvon den Griechen verstanden. Fr Aristoteles, der

    diese Auffassung auf den klaren Begriff gebracht hat, bedeutet praxis

    nichts anderes als das freie Handeln schlechthin, mithin ein solches, daskeinem auerhalb des Handelns selbst liegenden Zweck als Mittel dient.Anders gesagt, das Handeln erscheint hier in ihrem grundstzlich nicht-intrumentellen Charakter und Wesen, nmlich insofern es sein eigenesSelbstzweck ist. In den Schriften von Aristoteles finden wir eigentlich nurein Beispiel fr diesen Typ der menschlichen Ttigkeit: es ist eben daspolitischeHandeln. In ihm, so wie in dem durch es gestalteten Raum derdiskursiv-kommunikativen ffentlichkeit kommt die sittliche Substanz der

    griechischen Welt am vollstndigsten zum Ausdruck. Im reinen Modellder politischen praxisist dabei besonders wichtig, da sie als kommuni-katives, mithin symbolisch vermitteltes und verstndigungsorientiertesHandeln einen autonomen Bereich der dialogischen Intersubjektivitt stif-tet, wo die vernnftige Rede und gegenseitige Partnerschaft des Ge-sprchs das naturhafte Element der Gewalt und Herrschaft verdrngenund ablsen. Die in diesem Bereich geltenden Normen und Mastbe derRationalitt werden durch die eigenartige Logik und Ethik des Dialogs

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    gesetzt, im klaren Gegensatz zur blo instrumentellen Rationalitt desHandelns im Sinne von poiesis, die dieser Hinsicht wohl als durchaus

    monologischbezeichnet werden kann. brigens zeigt sich darin nur einanderer Aspekt einer und derselben autoritren, auf Eroberung und Er-haltung der Macht orientierten Herrschaftsrationalitt. Denn die Herr-schaft, sei es als Unterdrckung anderer Menschen, sei es als Beherr-schung der gegenstndlichen Auenwelt, ist ja ein ihrem Wesen nachmonologischer Diskursmodus. Die Unterlegenen und Untertanen ha-ben nichts zu sagen, wie Sklaven, Kinder oder Frauen. Ihre Redebraucht nicht wirklich gehrt zu werden, weil sie nur als Ausdruck des

    Gehorsams und der Nachgiebigkeit berhaupt zulssig ist. Allerdings istes keine Rede im Sinne von lexis, dem freien dialogischen Wort, das imffentlichen Raum des intersubjektiven Diskurses lebt und wirkt. Auchdarum gehren lexisund praxisunzertrennlich zusammen; jede von ihnenimpliziert die andere und erst beide zusammen stiften die wesentlicheStruktur jener dialogisch-kommunikativen Rationalitt, die man mit Rechtals herrschaftsfrei bezeichnen kann.

    Die gesellschaftliche Vernunft der europischen Moderne kann freilichnicht bersehen, wie eng die Grenzen solcher herrschaftsfreien Rationali-tt in der griechischen Antike selbst waren. Von Anfang an versucht sieauch, fr das Verhltnis von Freiheitund Arbeiteine neue, breitere undnicht mehr blo negative Formel zu finden, gem dem neuen Sinn undStandort der Arbeit selbst, die in der industriellen Brgergesellschaft derModerne von den alten Formen der unmittelbaren Herrschaft und Abhn-gigkeit endgltig befreit wurde. Dies bedeutet aber, da gerade unsere

    Zeit der sich in europischen Einigung vollendenden Moderne nicht um-hin kann, der philosophischen Vernunft zwar keinen Vorrang, aberdoch die ebenbrtige Teilhabe am ethisch-politischen Werk der freiheitli-chen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzurumen.

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