Determinanten von Radikalisierung in muslimischen Milieus aus deutsch-britischer Perspektive
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Smart Meter – Welcher Haushalt will ihn haben?Die umweltpsychologie kann dabei helfen, die optimale Zielgruppe für die aktuelle Markteinführung des Smart Meters zu identifizieren. Grundlage dafür ist die Erkenntnis, dass der Lebensstil bedeutenden Einfluss auf das Energieverhalten hat. Die Milieuforschung ermöglicht die zielgerichtete Angebotskonzeption und Ansprache der in Frage kommenden Haushalte.
Von MARkuS PRoFijtIn einer Sekundärdatenerhebung wurden
die 107 Datensätze der Studie auf die Fra-
gestellungen mit Bezug zum Themenfeld
reduziert. Das positive Antwortverhalten
auf neun Fragen, die einen direkten Bezug
zum Energieverbrauch im Haushalt haben,
ermöglicht die Identifikation der Milieus, die
besonders für Anreize zur Energieeinspa-
rung im Haushalt geeignet sind und deren
Ansprache für den Einsatz eines Smart Me-
ters daher erfolgversprechend scheint. Das
Antwortverhalten der zehn befragten Milieus
unterscheidet sich gravierend. Die jeweils er-
mittelte Zustimmungsquote ergibt die in Ab-
bildung 1 dargestellte Rangreihenfolge.
Die Auswertung der jeweiligen Zustimmungs-
werte über alle Fragen hinweg identifiziert
drei Milieus, die einer freiwilligen, frühzeiti-
gen Nutzung des Smart Meters wahrschein-
lich aufgeschlossen gegenüberstehen:
�� Etablierte: Die gebildete, gut situierte
und leistungsbereite Elite unserer Gesell-
schaft strebt nach beruflichem Erfolg und
einem hohen Lebensstandard.
�� Konservative: Die Repräsentanten des
alten deutschen Bildungsbürgertums
verteidigen mit ihrem hohen Verant-
wortungsbewusstsein die traditionellen
Werte und die Ordnung unseres Landes.
�� Postmaterielle: Die kritische Avantgarde
der Gesellschaft ist bereit, gesellschaftli-
che Verantwortung zu übernehmen. Ihre
genussorientierte Grundhaltung geht ein-
her mit einer geringen Besitzorientierung.
Sind nun alle drei Milieus gleichermaßen
für den Einsatz von Smart Metern geeignet?
Um das herauszufinden ist es nötig, das
Nach § 21b EnWG besteht ab 1. Januar 2010
die Pflicht für die Messstellenbetreiber, in
Neubauten oder nach grundlegenden Re-
novierungen Zähler einzubauen, die dem
jeweiligen Anschlussnutzer den tatsächli-
chen Energieverbrauch und die tatsächliche
Nutzungszeit widerspiegeln. Allen anderen
Kunden müssen sie den Einbau dieser Zäh-
ler anbieten. § 40 EnWG verlangt von den
Energieversorgern, ab dem 30. Dezember
2010 einen Tarif anzubieten, der einen An-
reiz zur Energieeinsparung oder zeitlichen
Steuerung des Energieverbrauchs setzt.
Energieversorger und Messstellenbetrei-
ber, die nur diesen Mindestanforderungen
nachkommen wollen, wird dieser Facharti-
kel nicht interessieren. Sie vergeben aller-
dings auch eine aktuelle Chance, denn jede
Marktneuerung bietet auch Vertriebspo-
tenziale. Jeder Anbieter kann durch die
Konzeption eines passgenauen Angebotes
für eine freiwillige Smart-Meter-Nutzung
die Kundenbindung verbessern, neue Kun-
dengruppen erschließen und sich so aus
der Masse der Mitbewerber herausheben.
Wer aber sind die Haushalte, die ein akti-
ves Interesse am Einsatz des intelligenten
Stromzählers haben? Der Wunsch, sie aktiv
und zielgerichtet anzusprechen, macht ihre
Identifikation notwendig.
Das Marketing kennt die technikaffinen In-
novatoren und die Frühen Adaptoren als
erste Käufer von technischen Innovationen.
Sind sie auch in diesem Fall die richtige
Zielgruppe für eine Angebotsinitiative? Im
Folgenden wird sich zeigen, dass es er-
staunlicherweise nicht die „Technikfreaks“
sind, die an einer Installation des Smart
Meters interessiert sind.
interesse an Smart Metern abhängig vom LebensstilKein Kunde strebt aktiv einen hohen Strom-
verbrauch als eigenständiges Ziel an. Der
Verbrauch resultiert vielmehr aus seinen
alltäglichen Handlungen und Gewohn-
heiten. Eben diese Muster des alltäglichen
Lebens bildet die Lebensstilmethodik ab.
Dabei meint der Begriff Lebensstil die einer
Gruppe gemeinsame alltägliche Lebenswei-
se und Lebensauffassung.
Wenn der Lebensstil bedeutenden Einfluss
auf das Energieverhalten hat, dann hat er
auch Einfluss auf das Interesse am Ein-
satz eines Smart Meters. Gesucht wird also
eine Gruppe von Menschen mit gleichem
Lebensstil, deren Einstellungen und Ener-
gieverhalten am ehesten einen Einsatz von
Smart Metern ermöglichen. Gruppen mit
gleichem Lebensstil nennt man Milieus.
Vorhersagen spezifischer Verhaltenswei-
sen – wie einer zukünftigen Smart-Meter-
Nutzung – sind am erfolgversprechendsten,
wenn die zum Verhaltensumfeld passenden
spezifischen Einstellungen, Handlungsab-
sichten und Verhaltensweisen betrachtet
werden. Eine Möglichkeit dazu bietet die
milieuspezifische Auswertung der vom Um-
weltbundesamt erhobenen Studie „Umwelt-
bewusstsein in Deutschland 2008“.
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milieuspezifische Energieverhalten zu be-
trachten und nach individuellen Angeboten
zu suchen, die die zielgruppenspezifischen
Handlungsbarrieren überwinden können.
Postmaterielle – DIE Zielgruppe für
Smart Meter
Die Postmateriellen sehen sich in der Ver-
antwortung zu handeln und wollen ökolo-
gische Vorreiter sein. Ihr Motiv für Ener-
giesparmaßnahmen ist die Entlastung der
Umwelt und weniger der finanzielle Vor-
teil. Sie sind dem technischen Fortschritt
gegenüber skeptisch und erwarten von ihm
nicht die Lösung der Umweltprobleme.
Wenn Energiesparmaßnahmen zu Kom-
fortverlusten führen, nehmen sie diese in
Kauf. Die Postmateriellen leben oft in gro-
ßen Haushalten mit entsprechend hohem
Energieverbrauch.
Die Postmateriellen lassen sich mit einem
einfachen und wenig technischen Angebot
gut erreichen. Ein Beispiel bietet die EnBW
mit ihrer Stromampel (vgl. Abb.2).
Die einfache Informationsdarstellung der
drei dynamischen Preisstufen (grün - gelb -
rot) spricht die Postmateriellen optimal an.
Gerade durch die im Milieu vorhandene Be-
reitschaft, mit Verhaltensänderungen Ener-
gie einzusparen, selbst wenn dies einen
Komfortverlust bedeutet, eignen sich die
Postmateriellen für den Einsatz von Smart
Metern besonders. Konkret: In diesem Mili-
eu finden sich die Personen, die bei 19 Grad
Zimmertemperatur nicht die Heizung höher
drehen, sondern den Wollpullover anzie-
hen. Hier ist auch die Bereitschaft vorhan-
den, das Volumen und den zeitlichen Ver-
lauf des Energieverbrauches nach externen
Signalen zu steuern, wenn es der Umwelt
dient. Das Leben in oft großen Haushalten
mit kleinen Kindern führt dazu, dass häufig
jemand zu Hause ist, der auf die externen
Energiesignale reagieren kann.
Etablierte – bequem und technikoffen
Die Etablierten akzeptieren für energiespa-
rendes Verhalten keinen Komfortverlust.
Sie werden ihren Stromverbrauch nicht an-
hand von externen (vom Smart Meter ge-
lieferten) Daten manuell steuern, sind aber
davon überzeugt, dass Umweltprobleme
technisch lösbar sind. Deshalb sind sie für
den Einsatz von Smart Metern erst geeignet,
wenn die technische Möglichkeit angebo-
ten werden kann, elektrische Verbraucher
je nach Stromverfügbarkeit direkt durch
den Versorger ein- und ausschalten zu las-
sen. Das Motiv für den Einsatz von Smart
Metern liegt jedoch weder im ökologischen
noch im finanziellen Vorteil. Stattdessen
sucht der Etablierte einen Exklusivitätsge-
winn, der durch Informationsdarstellungen
und Fernsteuerung der Smart-Meter-Tech-
nik mit modernen Kommunikationsgeräten
(z. B. iPhone) vorzeigbar wird.
Technikskepsis bei Konservativen
Obwohl die Konservativen Üppigkeit und
Verschwendung grundsätzlich ablehnen und
zur Änderung von Alltagsgewohnheiten be-
reit sind, sehen sie sich doch nicht in einer
Vorreiterrolle. Sie werden erst abwarten, bis
andere den Smart Meter einsetzen. Auch
dann werden die Konservativen, aufgrund
der in diesem Milieu häufig fehlenden Erfah-
rung mit moderner Kommunikationstechnik
und einer ausgeprägten Technikskepsis,
schwer von einem Smart-Meter-Einsatz zu
überzeugen sein. Allenfalls wird, nachdem
der Smart Meter bereits eine große Verbrei-
tung gefunden hat, die Ansprache der Kon-
servativen mit einem Angebot möglich sein,
das die Möglichkeit der Ressourcenscho-
nung in den Vordergrund stellt und weitest-
gehend auf Technik verzichtet.
Abb. 1 Verhaltensfragen zum Energieverbrauch im Haushalt (Datenquelle: Wippermann u. a. 2009, eigene Darstellung und Auswertung)
Verhaltensfragen (Zustimmung in %) Bevö
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Mache ich / habe ich bereits: Abschalten nicht benötigter Geräte und Lichtquellen.
74 80 83 76 86 86 76 79 75 61 46
Reihenfolge der Zustimmungswerte 3 2 5 1 1 5 4 6 7 8
Mache ich / habe ich bereits: Ersatz von Glühlampen durch Energiesparlampen. 68 79 78 73 85 69 62 73 64 58 48
Reihenfolge der Zustimmungswerte 2 3 4 1 5 7 4 6 8 9
Mache ich / habe ich bereits: Kauf energieeffizienter Geräte.
53 66 64 63 76 49 44 56 42 45 39
Reihenfolge der Zustimmungswerte 2 3 4 1 6 8 5 9 7 10
Mache ich / habe ich bereits: Bezug von Ökostrom. 3 4 11 2 3 2 0 2 0 4 2
Reihenfolge der Zustimmungswerte 2 1 4 3 4 5 4 5 2 4
Mache ich / habe ich bereits: Eigene Heizung mit Holz. 16 29 19 15 28 16 11 15 14 11 8
Reihenfolge der Zustimmungswerte 1 3 5 2 4 7 5 6 7 8
Mache ich / habe ich bereits: Eigene Wärmepumpe. 3 7 2 0 2 1 1 5 3 2 3
Reihenfolge der Zustimmungswerte 1 4 6 4 5 5 2 3 4 3
Mache ich / habe ich bereits: Eigene Solaranlage zur Erzeugung von Warmwasser oder Raumwärme (Solarthermie).
2 5 3 1 2 1 2 0 3 4 3
Reihenfolge der Zustimmungswerte 1 3 5 4 5 4 6 3 2 3
Mache ich / habe ich bereits: Eigene Solaranlage zur Stromerzeugung (Photovoltaik). 2 8 1 1 1 0 3 1 2 4 3
Reihenfolge der Zustimmungswerte 1 5 5 5 6 3 5 4 2 3
Stimmen Sie der Aussage voll und ganz zu?: Ich achte beim Kauf von Haushaltsgeräten auf einen niedrigen Energieverbrauch.
52 68 66 57 84 53 52 62 33 40 21
Reihenfolge der Zustimmungswerte 2 3 5 1 6 7 4 9 8 10
Mittelwert der Milieus über alle Verhaltensfragen 1,7 3,0 4,8 2,4 4,7 5,7 4,3 5,7 5,2 6,4
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Zugang zu den Postmateriellen
Dank des Institutes Sinus Sociovision, das
die der Studie zum Umweltbewusstsein in
Deutschland zugrunde liegende Milieusys-
tematik seit vielen Jahren entwickelt, exis-
tiert eine gute Wissensbasis für die Identi-
fikation und die zielgerichtete Ansprache
der Postmateriellen:
Die Identifikation der Postmateriellen-Haus-
halte ist zum Beispiel über folgende Annä-
herungen möglich: Da die Milieuangehörigen
in großen Haushalten und oft in Wohneigen-
tum leben, kann eine Auswertung der Kun-
dendaten nach hohem Verbrauch (>4.000
kWh) und nach Eigentumsverhältnissen eine
Vorauswahl ergeben. Der Abgleich mit geo-
graphischen Daten der von einem Adress-
dienstleister erworbenen Umfelder, in denen
Postmaterielle wohnen, ermöglicht eine wei-
tere Fokussierung.
Aber warum nicht auch mal andere Wege
gehen und eine gemeinsame Ansprache mit
den örtlichen Umweltverbänden wählen, in
denen die Postmateriellen häufig organisiert
sind? Oder den Stromzählerableser (wo er
noch im Dienst ist) darin schulen, die in
Frage kommenden Haushalte zu erkennen
und bei seinem Besuch aktiv anzusprechen.
Um die Mitglieder der Postmateriellen dann
noch zielgruppenspezifisch mit einem
Smart Meter-Angebot anzusprechen, gilt
es, einige Voraussetzungen zu beachten.
Das Milieu hat großes Interesse an Umwelt-
informationen, die es sich aktiv beschafft.
Werbung dagegen ist unbeliebt. Die bevor-
zugten Medien sind Zeitungen, Zeitschrif-
ten, Plakatwände und das Internet, jedoch
nicht der Fernseher. Inhaltlich interessieren
sich die Postmateriellen für Informationen
über Klimaschutz, Effizienz sowie Verant-
wortung und sollten deshalb über diese
Markus Profijt• Jahrgang 1965
• Ausbildung zum Groß- und Außenhandels-
kaufmann
• 1990–2000 Vertriebs- und führungskraft in der
Investitionsgüterindustrie
• Studium zum Dipl.- Kfm. (fH) an der Hoch-
schule Niederrhein
• seit 2000 selbstständiger Unternehmens-
berater
• Studium der Umweltwissenschaften an der
fernUni Hagen
• seit 2009 Lehrauftrag an der Hochschule
Niederrhein: Umweltmanagement
zur Person
Themen angesprochen werden. Da sie Wer-
bung ablehnen, muss eine Ansprache sach-
lich nüchtern daherkommen und das hohe
Bildungsniveau und häufig vorhandenes
Vorwissen des Milieus berücksichtigen.
Der Zwang zur Einführung des Smart Me-
ters und von entsprechenden Tarifen ver-
langt von den Energieversorgern und Mess-
stellenbetreibern großen Aufwand.
Warum diesen nicht als Basis für eine ziel-
gerichtete Kundenansprache zur Realisie-
rung von Wettbewerbsvorteilen nutzen?
Der vorstehende Text ist die Ergebnisdar-
stellung einer Masterarbeit mit dem Thema:
Entwicklung einer milieuspezifischen Vorge-
hensweise für den Einsatz von intelligenten
Stromzählern. Weitere Details finden Sie un-
ter www.profijt.de/smart-meter.htm.
Abb. 2 Smart-Meter mit Darstellung durch Ampelsystem, Quelle: EnBW