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SÖMMERDAER HEIMATHEFTE O Beiträge zur Geschichte des Kreises Sömmerda

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SÖMMERDAER

HEIMATHEFTE O

Beiträge zur Geschichte des Kreises Sömmerda

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Inhalt

Seite

Vorwort „Wir sind und wir bleiben da..der Sieg wird unser sein!" Kommunisten im Kampf gegen den Faschismus

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3 Widerstand und Solidarität unter den Bedingungen ver- schärften faschistischen Terrors während des Krieges 11

13 Zwei Siegermächte — zwei Grundlinien der Besatzungspolitik 1945 — die KPD weist Weg und Ziel zur Formierung der demokratischen Kräfte für eine antifaschistisch- demokratische Neuordnung 19 Schaffung der Einheit der Arbeiterklasse — Voraussetzung des Sieges über den Imperialismus 26 Die demokratische Bodenreform — erster Erfolg der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung 29 Die antifaschistisch-demokratische Schulreform — umfassendste demokratische Aktion im Bereich von Ideologie und Kultur 36 Die Überwindung des imperialistischen Systems auf wirtschaftlichem Gebiet 43 Dokumentenanhang 46 Quellenverzeichnis 50

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Karl Mack

ALS ARBEITERUND BAUERN

KAMEN UBEREIN...

Beispiele vom Kampf der Arbeiterklasse des Kreises Sömmerda unter Führung ihrer Partei gegen den Faschismus und für die antifaschistisch-demokratische Umgestaltung.

SOMMERDAER HEIMATHEFTE NR. 1

Beiträge zur Geschichte des Kreises Sömmerda

Sömmerda 1989

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„Wenn Arbeiter und Bauern kommen überein, dann wird es nicht' lange mehr dauern, und es wird Friede sein!"

Diese Worte Johannes R. Bechers wurden in der Vertonung von Hanns Eisler nach dem entsetzlichen Morden und den Zerstörungen des zweiten Weltkrieges hoffnungsvoll von vielen Chören — besonders Jugend- chören — in unserem Land gesungen.

Diese „Übereinkunft" kam zustande: Das Klassenbündnis — von Ar- beitern und Bauern geschlossen und im Laufe der Jahre vertieft — hat, wie wir aus eigener historischer Erfahrung wissen, nun schon fast ein halbes Jahrhundert in Europa den Frieden sichern helfen.

In unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat gibt es Gesetze zum Schutz des Friedens, wurden die imperialistischen und militaristischen Wurzeln des Krieges ausgerottet, wurden Frieden, Erfüllung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse aller Werktätigen zur erklärten Staatspolitik. Frieden und Wohlstand werden den Völkern aber nicht geschenkt, sondern müssen in hartem Ringen erkämpft werden. In diesem Kampf haben sich die Werktätigen unserer Republik bewährt. Daher ist es eine notwendige Aufgabe, diesen Kampf, besonders seine wichtige Phase unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg, in der Erinnerung unseres Volkes wachzuhalten, ihn konkret darzustellen, Traditionen zu begründen, vorbildlicher Kämpfer ehrend zu gedenken.

Einen Beitrag dazu möchte diese vorliegende Arbeit leisten. Sie will an regionale Eragnisse und Persönlichkeiten erinnern, denn ohne fundierte Kenntnis der Heimatgeschichte ist keine echte Liebe zur Heimat und kein fruchtbarer Zugang zur Nationalgeschichte möglich. Dabei muß gesagt werden, daß von vornherein keine lückenlose Er- fassung aller Fakten, sondern nur eine Auswahl von Schwerpunkten anzustreben war.

Viele Ereignisse müssen noch erforscht, quellenmäßig gesichert und dargestellt werden. An vielen Orten sind die hier dargestellten Vor- gänge überhaupt erst einmal festzuhalten und in der Ortschronik mög- lichst konkret zu belegen.

Die Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtldichen Arbeiter- bewegung bei der Kreisleitung Sömmerda der SED, besonders aber der Verfasser, sind dankbar für jeden Hinweis von Ortschronisten oder interessierten Bürgern unseres Kreises, mit dem Lücken und Un- genauigkeiten der vorliegenden Arbeit ausgefüllt oder korrigiert wer- den können.

Darin besteht ein weiteres Anliegen dieser Arbeit, daß möglichst viele Bürger unseres Kreises angeregt werden, sich mit der jüngsten Ge- schichte ihres Heimatortes zu befassen und durch ihre Zuarb'eit dazu beitragen, ein immer vollständigeres, konkreteres und farbigeres Bild unserer Heimatgeschichte zu zeichnen.

Die Herausgeber hoffen, daß diese Arbeit dazu beiträgt, das sozialistische Geschichtsbewußtsein der Bürger unseres Kreises zu ver- tiefen und ihr Interesse an der Heimatgeschichte zu verstärken.

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„Wir sind und wir bleiben da ..., der Sieg wird unser sein!"

Kommunisten im Kampf gegen den Faschismus Schon vor der Machtübernahme durch die Faschisten warnte die KPD in ihren öffentlichen Versammlungen vor der Gefahr des Faschismus, indem sie seine Demagogie entlarvte. Auch in unserem Kreisgebiet gibt es dafür Beispiele. So erfahren wir hier von einer Versammlung der KPD-Ortsgruppe Sömmerda am 13. Dezember 1931, in der 120 Teilnehmer darüber aufgeklärt wurden, daI3 der Faschismus eine Diktatur sei und für die Arbeiterklasse nicht Arbeit und Brot, sondern „Lohn- und Unterstützungsraub" bringen wird.i) Am 24. April 1932 wurden 200 Versammlungsbesucher im Sömmerdaer Bürgergarten von der Genossin Alma Leipold über die Entwicklung des Sowjetlandes informiert. Sie hatte als Mitglied einer Delegation selbst Gelegenheit, sich von der positiven Entwicklung der Sowjetge- sellschaft überzeugen zu können. Im März 1932 fanden in Sömmerda Demonstrationen und Versamm- lungen für die Wahl Ernst Thälmanns zum Reichspräsidenten statt. Genosse Richard Eyermann, Mitglied der Bezirksleitung Thüringen der KPD und Abgeordneter des Landtages, sowie die Genossin Rosen- heimer, ebenfalls Landtagsabgeordnete der KPD, sprachen in gut be- suchten öffentlichen Versammlungen (400 und 600 Teilnehmer).^ Nach jeder dieser Veranstaltungen wurden jeweils über zwanzig An- träge zur Aufnahme in die KPD abgegeben. Genosse Eyermann referierte am 2. März 1932 im Schützenhaus^) über das Thema „Das Volk will Thälmann, den Kandidaten gegen Not und Knechtschaft". Auch bei dieser Gelegenheit wurde der wahre Charakter der NSDAP dargelegt. Der Referent erklärte:

„Der Nationalsozialismus ist der Knecht des Großkapitals, er ver- spricht jedem etwas, seine Hauptaufgabe ist es, Breschen in die pro- letarische Front zu schlagen!"

Natürlich versuchte der Klassengegner alles, um den Widerstand der Arbeiterklasse zu brechen. Bereits Anfang Februar 1932 fanden in der Rheinmetall-Borsig AG, Werk Sömmerda, im Betriebsratszimmer und in Spinden der Belegschaftsmitglieder polizeiliche Durchsuchungen statt, um das Kampfprogramm und die Resolutionen der letzten Be- triebsversammlung zu beschlagnahmen. Die Aktion fand unter Teilnahme des Syndikus der Rheinmetall statt. Auch in den Wohnungen der Funktionäre der KPD gab es in diesem Zusammenhang Haussuchungen. Unmittelbar nach ihrer Machtübernahme in Deutschland verfolgten die Faschisten ihre Gegner gnadenlos, besonders aber die Mitglieder der Arbeiterparteien. Dabei wurde von vornherein darauf orientiert, daß es nicht um ein Verbot der KPD gehe, sondern um ihre Vernichtung. So wurden bereits im Februar 1933 in allen Städten des heutigen Kreises Sömmerda die aktivsten Genossen der KPD verhelftet.^) Zunächst in örtlichem Gewahrsam festgehalten (Buttstädter im Ge- fängnis des Amtsgerichts, Kölledaer in einem behelfsmäßigen Gefängnis in der Erfurter Straße), wurden sie dann in die Gefängnisse nach Weimar und Nohra, nach Naumburg und Erfurt gebracht.

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Buttstädter Genossen berichteten später, daß ihre Behandlung dort brutal war. Durch Schläge und Mißhandlungen sollten die Genossen von weiterem Widerstandskampf abgeschreckt werden. So legte man ihnen nach einigen Tagen Haft vor ihrer Entlassung eine Erklärung vor, nach der sie sich verpflichten sollten, künftig keine Arbeit mehr für die KPD oder einen ihrer Verbände zu leisten. Unter dem Zwang der Situation unterschrieben die Genossen, waren sich aber klar darüber, daß sie das unter solchen Umständen erpreßte Zugeständnis niemals einhalten würden. Eines dieser Dokumente, die Sömmerdaer Genossen betreffend, liegt noch im Stadtarchiv der Kreisstadt vor. Trotz der existenzbedrohenden Gefahren führten die Genossen den Kampf gegen den Faschismus weiter. So wagten es die Genossen Max Rußwurm, Erich Heyl, Karl Hüttich, Otto Kästner, Albert Trinkaus und Wilhelm Röhrborn in Sömmerda, noch im Februar 1933; eine illegale Zeitung herauszugeben. Als sie einmal dabei waren, den Druck in der Wohnung des Genossen Max Gerhardt auszuführen, standen plötzlich zwei Polizisten vor der Tür. Vor Entdeckung und Verhaftung rettete sie das Ertönen der Feuer- sirene. In diesem Fall waren die Polizisten verpflichtet, sofort das Rat- haus aufzusuchen. Erich Heyl und Max Gerhardt führten mit ihren Genossen in Söm- merda den Kampf gegen den Faschismus weiter, bis sie von der Gestapo verhaftet und zu Gefängnisstrafen und Konzentrationslager- haft verurteilt wurden. Schwerpunkt des Widerstandskampfes in unserem Kreisgebiet war das Werk Sömmerda des Rüstungskonzerns „Rheinmetall-Borsig AG". In einer Arbeit von Manfred Weißbecker erfahren wir darüber:

„Die Thüringer Bezirksleitung der KPD berichtete im April 1934 an das Zentralkomitee, in erster Linie das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf die Betriebsarbeit gelegt zu haben."®)

Er nennt Erfolge dieser Arbeit, die sich in der Wirksamkeit sowie Neu- gründung kommunistischer Betriebszellen widerspiegeln und zitiert aus dem Bericht der Bezirksleitung auch „Rheinmetall Sömmerda" als einen Betrieb, in dem sich die politische Tätigkeit der kommunistischen Betriebszellen verstärkte. Wörtlich heißt es:

„Anfang des Jahres 1933 gab es im Rheinmetallwerk Sömmerda 1 200 Beschäftigte. Die Zahl der Arbeiter stieg im Sommer auf 2 400 und im Oktober auf 3 500. Die Ursachen für diesen Anstieg sind in dem Übergang zur Rüstungsproduktion zu suchen, in der Herstel- lung von Flugabwehrgeschützen, Maschinengewehren und Schnell- feuergewehren (36 Schuß). Die Arbeiter wurden gezwungen, einen Revers zu unterschreiben, der sie zum Schweigen verpflichtete und ihnen Entlassung, sowite Verhaftung wegen Landesverrat androhte."®)

1935 war das Werk mit 10 000 Mann Belegschaft der größte thüringische Rüstungsbetrieb. „Die deutschen Kommunisten führten einen heldenhaften Kampf gegen das am 20. Januar 1934 erlassene „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" ... Rechte, die von den Arbeitern in jahrelangen erbitterten Kämpfen errungen worden waren, fielen im Interesse einer gesteigerten Aus- beutung weg. Die Unternehmer erhielten die Befehlsgewalt über alle

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Angelegenheiten der Betriebe zugesprochen .... Afi die Stelle der Be- triebsräte sollten sogenannte „Vertrauensräte" trfeten, die weder die Pflichten und die Rechte der Betriebsräte besaßen, noch als wirkliche Interessenvertreter der Belegschaft auftreten durften. Sie wurden zwar ..gewählt", aber diese „Wahlen" erhielten einen eindeutig faschistischen Charakter. Vorschläge zum Vertrauensrat durften nur der Unternehmer und der NSBO-Obmann unterbreiten (NSBO = Nationalsozialistische Betriebs- organisation. K. M.), die Belegschaft hatte lediglich die Liste zu be- stätigen" „Im März und April 1934 fanden auch in Thüringen die ersten Ver- trauensrätewahlen auf der Grundlage des faschistischen Arbeitsge- äetzes statt. Das Ziel der Faschisten bestand vor allem in einer Festi- gung der Massenbasis des nationalsozialistischen Regimes. Sie wollten eine „einmütige Übereinstimmung" zwischen Arbeiterklasse und Fa.schismus erreichen, die sie nach dem erhofften Erfolg auszuwerten gedachten ... Da es den Faschisten bis zum Frühjahr 1934 nicht gelungen war, die Kommunistische Partei zu vernichten, beabsichtigten sie, durch „erfolg- reiche" Vertrauensrätewahlen den Kommunisten jede Basis in der Ar- beiterklasse zu entziehen. Die Ergebnisse der Vertrauensrätewahlen von 1934 entsprachen in kei'nem Punkte den Erwartungen der Faschisten. Allein die Tatsache, daß sie es nicht wagten, die Zahlen zu veröffentlichen, ist ein Beweis für die Niederlage, die ihnen von der deutschen Arbeiterklasse be- reitet worden war ... Nach einer Schätzung von illegalen Kämpfern der Partei beteiligten sich 40 % aller Arbeiter an den Wahlen, während lediglich 25 % der abgegebenen Stimmen den Kandidaten der Unternehmer und der NSBO galten. Von der rund 6 000 Mann starken Belegschaft der Rheinmetall- Werke Sömmerda beteiligten sich nur 1 800 Arbeiter."®) Über die Vertrauensrätewahlen 1934 schreibt Weißbecker:

..Im Rheinmetallwerk Sömmerda . .. blieben 21% der Arbeiter der Wahl überhaupt fern. Die Arbeiter des Betriebes wußten sehr genau, welche große Diskrepanz zwischen den Versprechungen und der tatsächlidien Steigerung der Ausbeutung bestand. Der Führer der deutschen Arbeitsfront hatte im Herbst 1934 das Werk besucht und sich gezwungen gesehen, gegen die Stempeluhren Stellung zu neh- men. Die Betriebsleitung verdoppelte jedoch die Stempeluhren, weil sie darin ein geeignetes Mittel sah, die Arbeitsintensität zu erhöhen und das „Führer-Prinzip" im Betrieb durchzusetzen."

Die Stimmung gegen diese Maßnahme und gegen die „leeren Redens- arten" der FasÄisten wuchs vor den Vertrauensrätewahlen so an, daß sich einige Nationalsozialisten bei Sauckel, dem Reichsstatthalter im Gau Thüringen, beschwerten. Sie erreichten weder die Beseitigung der Kontrolluhren noch die Einhaltung der Versprechungen Dr. Leys. Die Betriebsleitung entließ lediglich ihren Personalchef, weil er nicht mit der nötigen Härte gegen die „Verbreiter von Gerüchten" vorge- gangen sei. Die Kommunisten knüpften an diese Fragen an und riefen die Belegschaft auf, den Faschisten bei den Vertrauensrätewahlen die richtige Antwort zu erteilen. Ein Regierungsbericht über die Situation im Rheinmetallwerk Sömmerda mußte einräumen:

„Dieses Ergebnis ist hauptsächlich auf die rege Propaganda alter

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marxistischer Gedankengänge zurückzuführen, die von den immer noch in diesem Werk vorhandenen staatsfeindlichen Elementen ver- breitet werden ... Immer wieder wird von dieser (kommunistischer) Seite betont, daß dem Arbeiter früher die Gewerkschaft als Helfer zur Seite gestanden habe, während er heute der Willkür des Unter- nehmers ausgesetzt sei."")

Weißbecker schätzt hinsichtlich der Wahlen von 1934 ein, was auch für 1935 gelten dürfte:

„Der Kampf um eine Niederlage der Faschisten bei den Vertrauens- rätewahlen 1934 zeigte, daß die Kommunistische Partei die Gefahr der Isolierung von den Arbeitermassen im wesentlichen überwunden hatte. Die richtige Taktik der KPD, ihr ungebrochener Kampfgeist und die Erfolge im Widerstand gegen die faschistische Diktatur festigte die illegale Kampffront der deutschen Arbeiterklasse ... In der Notwendigkeit dieser Verbindung von legalen Aktionen mit dem illegalen Kampf der Partei bestand die wichtigste Lehre der Vertrauensrätewahlen 1934 und des bisherigen Widerstandskampfes. Die Thüringer Kommunisten gingen nach den Wahlen sofort auf diesem richtigen Weg weiter. Notstandsarb'eiter des Ortes Kindelbrück verfaßten im Mai 1934 ein Protestschreiben an die Regierung, in dem sie die Beseitigung der Bürgersteuer für Notstandsarbeiter forderten: .Unser Einkommen durch Notstandsarbeit gleicht einem mittelalter- lichen Frondienstlohn.' Die Initiative ging vom ehemaligen Vorsitzenden der kommunisti- schen Ortsgruppe aus.""*)

Der faschistische Terror wurde im Laufe der Zeit immer umfassender und differenzierter. Als Beispiel sei der Artikel des Kindelbrücker Bürgermeisters vom 15. August 1935 genannt, in dem gedroht wird, mit „schärfsten Mitteln" gegen jene vorzugehen, die dem Faschismus ihre Ablehnung zeigen; Handwerkern und Gewerbetreibenden wird der Entzug öffentlicher Aufträge angedroht.^') Trotzdem ließ der Widerstand der Genossen nicht nach. In einem Be- ridit der Buttstädter Polizei vom 6. September 1935, die bei den Butt- städter Genossen immer wieder Haussuchungen durchführte, heißt es von den Genossen Max Tanz, Wilhelm Schönemann und Artur Zeiger:

„Sie sind innerlich noch ganz mit ihrer Idee verbunden, da deren Auftreten und Benehmen ganz darauf schließen läßt; ganz besonders zeigt sich das bei Schönemann, welcher mit besonders merkbarer zynischer Miene an allen neuen Einrichtungen vorübergeht"'^

In einem Bericht des Buttstädter Bürgermeisters vom 28. Oktober 1936 sagt dieser über den Genossen Max Tanz aus, daß er ihm zutraue, „daß er sich heimlich immer noch für die kommunistische Tätigkeit einsetzt und sich damit in staatsgefährdendem Sinne betätigt. "'5) In der „Geschichte der SED" (Abriß) wird festgestellt, daß auch „Sozial- demokratische Arbeiter und Funktionäre sich in den antifaschistischen Widerstandskampf einreihten."'^) In unserem Kreis steht dafür das Beispiel des SPD-Genossen Theodor Schmidt in Kindelbrück. Er sei kein Gesinnungslump, erklärte der ehe- m,alige Mandatsträger des Gemeindeparlaments und des Kreistages, als die Faschisten ihn für ihre Politik gewinnen wollten. „Ich verrate meine Klasse nicht", war sein klarer Standpunkt, der ihm die ständige Überwachung und Haussuchungen durch die Gestapo einbrachte.'®)

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Unter solchen Bedingungen war es schwierig, einen Ort zu finden, an dem sich die Genossen zu Beratungen treffen konnten, war doch in Buttstädt am 2. März 1933 der Zigarrenmacher Karl Schipper verhaftet worden, weil sich Genossen in seiner Wohnung getroffen hatten. „Parteiversammlungen in seinem Hause", so lautete die Meldung der Polizei.'®) Die Buttstädter Genossen suchten sich nun einen Treffpunkt auf dem Gelände der Mannstedter Wiesen, die Genossen von Rastenberg fanden sich in der Nähe von Lossa „bei den Tannen" zu illegalen Zusammen- künften ein. Ähnli'ch dürfte es auch in den anderen Orten des heutigen Kreisgebietes gewesen sein. So fand z. B. eine Unterbezirkskonferenz am 16. Juli 1933 in einer Schlucht bei Mattstedt/Apolda statt. Daran nahmen Vertreter der Orts- gruppen Weimar, Apolda, Kranichfeld, Rastenberg und Blankenhain teil. Ein Vertreter der Bezirksleitung war ebenfalls anwesend.'') Mit Stolz gedenken die Buttstädter Genossen der Rettung ihrer Fahne vor dem Zugriff der Faschisten. Nach ihr fahndete die SA besonders eifrig. Auf Lastwagen fuhr sie zur Haussuchung vor. Zunächst befand sich die Gesuchte im Hause des Genossen Kindschuh. Als die SA seine Wohnung durchwühlte, gelang es seiner Frau, das Durcheinander zu nutzen, das Tuch dem kleinen Sohn unter dem Mantel um seinen Leib zu binden und so in die Wohnung des benach- barten Genossen Reichmann zu bringen. Von dort gelangte die Fahne kurze Zeit zu den Genossen nach Rastenberg, von denen sie zurück nach Buttstädt, zu dem Genossen Hermann Tanz kam, der sie im Keller seines Hauses einmauerte. Aus diesem Versteck wurde sie 1945 befreit und wehte den Buttstädter Genossen noch in der Zeit des Neubeginns voran, bis sie einen Ehren- platz im Heimatmuseum bei den Dokumenten des Kampfes der Ar- beiterbewegung in Buttstädt erhielt.'®) Beachtliche Aktivitäten des antifaschistischen Kampfes entwickelten auch die Rastenberger Genossen. Dort verteilte die Genossin Frieda Respondeck nach dem Reichstagsbrand 1933 Flugblätter mit dem ge- reimten Text:

..Nero setzte Rom in Brand und vernichtete die Christen, Hitler setzt den Reichstag in Brand und verfolgt die Kommunisten!"

Für ihren antifaschistischen Kampf wurde sie mehrfach in Haft ge- nommen. Ein weiteres Beispiel bietet der Einsatz des Kommunisten Willibald Pasche in Rastenberg. Schon vor 1933 warnte er vor dem immer stärker werdenden Faschismus. In Versammlungen und mit Flugblättern ent- larvte er die faschistische Demagogie und das wahre Wesen dieser Partei. Ein solches Originalflugblatt ist noch in der Ausstellung des Buttstädter Heimatmuseums zu sehen.'") 1932 nahmen an einer von ihm einberufenen Wählerversammlung in Rastenberg für die KPD 250 Personen teil. Noch am 17. Februar 1933 sprach Genosse Pasche in einer öffentlichen Versammlung zu dem Thema „Die antifaschistische Einheitsfront für Arbeit, Freiheit und Brot". Unter seiner Leitung führten die Rastenberger Genossen den Kampf mit Flugblättern weiter. Sie brachten diese in die umliegenden Dörfer (Rothenberga, Billroda, Roldisleben) und schickten sie von hier aus mit der Post an ihre Empfänger; unter anderem auch an Nazibe- hörden und Nazifunktionäre.

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Unmittelbar vor einer ähnlichen Aktion kam die Gestapo zu einer Haussuchung; Frau Pasdie wusch gerade Wäsche. Rasch nahm sie den Packen Flugblätter und schob ihn unter die nasse Wäsche, wo er auch nicht gefunden wurde.^") Zum Verhängnis wurde dem Genossen Pasche eiae Aktion zum 1. Mai 1934. Seine Verbindung zur illegalen iLeitung der Partei in Erfurt funktionierte noch. So bekam er von dort auch noch Literatur, die er abrechnen mußte. Zum 1. Mai 1934 wurden ihm „Kampfmaikarten" zum Preis von 10 Pfennig pro Stück übergeben. Sie waren mit folgen- dem Text versehen:

„Wir sind da und wir bleiben da, und der Sieg wird unser sein! Für Sowjetdeutschland, Roter Kampfmai 1934"^')

Beim Versuch, die Karten abzurechnen, wurde er verhaftet. Es wurde ihm vorgeworfen, Hochverrat verübt zu haben, weil er die „gewalt- mäßige Veränderung der Verfassung des Deutschen Reiches" angestrebt habe. Er wurde zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus, sowie zu zwei Jahren Ehrverlust verurteilt.^^) Später zwangen ihn die Faschisten zum Dienst in dem berüditigten Strafbataii'llon 999, wobei er am 9. Dezember 1943 in Italien ums Leben kam. Ebenfalls wegen Hochverrats angeklagt und verurteilt wurde der Butt- städter Genosse Johannes Enke. Auch ihm wurde vorgeworfen, die Verfassung des Deutschen Reiches mit Gewalt ändern zu wollen. In der Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts in Jena hieß es, daß er durch seinen bewußten Einsatz für die KPD die Verfassung des Reiches ändern und eine Rätediktatur nach russischem Muster habe schaffen wollen. Entscheidendes Indiz waren Wertmarken der Roten Hilfe, die man bei ihm gefunden hatte. Diese waren erst nach dem 30. Januar 1933 gedruckt worden. Die Faschisten versuchten damit nachzu- weisen, daß Johannes Enke noch nach der Machtübernahme der Nazis für die Partei arbeitete. Im Prozeß wurde ihm auch vorgeworfen, daß er „in der Partei das Amt eines Jugendführers gehabt" habe. Bei einer Haussuchung hatte die Polizei bei ihm neben anderem Belastungs- material auch „Pioniergesetze" gefunden. Das Gericht verurteilte Johan- nes Enke am 1. Juni 1934 zu zwei Jahren Gefängnis und die Kosten des Verfahrens zu tragen.^^) Nach Verbüßung der Haft brachte ihn die Gestapo in das KZ Buchen- Wcdd, von wo er krank im Frühjahr 1941 entlassen wurde. In einem Schreiben vom 2. Juni 1936 hatte der Buttstädter Bürger- meister erklärt, daß er die Verhängung der Schutzhaft für Johannes Enke für angebracht halte.^) Die Entlassung Enkes ist sidier darauf zurückzuführen, daß die Gestapo beabsichtigte, über seine voraussichtlichen Kontakte mit den Genossen an die hier wirkende Widerstandsbewegung heranzukommen.^^) Das gelang allerdings nicht. Die beim Prozeß des Genossen Enke eben- falls Mitangeklagten Hermann Kindschuh und Albrecht Meyer wurden freigesprochen, obwohl die Anklage Meyer als geistigen Führer der Buttstädter Kommunisten und Kindschuhs Verhalten als „besonders hetzerisdi" eingeschätzt hatte.

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Genosse Hermann Tanz (16.1.1897 bis 23. 3,. 1953) mit der von ihm vor dem Zugriff der Faschisten geretteten KPD-Fahne 1945 auf dem Butt- städter Marktplatz. Foto: Fotothek des Heimatmuseums Buttstädt

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Genosse Willibald Pasche, Dachdecker, 11.12.1905 bis 9.12.1943, Vorsitzender der KPD-Ortsgruppe Rastenberg. Foto: privat

Genosse Hans Enke, 10. 4.1899 bis 25. 2.1945. Foto: Fotothek des Heimalmuseums Buttstädt

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Widerstand und Solidarität unter den Bedingungen

verschärften faschistischen Terrors während des Krieges

Nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges trat der menschenfeindliche Charakter des Faschismus in einem bisher nicht gekannten Ausmaß zutage. Die Menschen der von ihm besetzten Gebiete bekamen das be- sonders zu spüren. Viele von ihnen wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert. So befanden sich auch in unserem Kreisgebiet zahlreiche sogenannte „Fremdarbeiter": Polen, Sowjetbürger, sowie auch Bürger anderer be- setzter Gebiete. Ihre Behandlung war unterschiedlich. Unter besonders schlechten Bedingungen lebten Sowjetbürger („Ostarbeiter") und Polen. Durch kleine Stoffaufnäher, die sie an ihrer Kleidung sichtbar tragen mußten, waren sie als solche ausgewiesen. (Blaues Feld, weiß ge- rahmt, weiße Aufschrift OST = Sowjetbürger; gelbes Feld, blau ge- rahmt, blaue Aufschrift P = Polen.) Diese Kennzeichnung sollte vor allem verhindern, daß Deutsche Kon- takt mit ihren Trägern aufnahmen. Unter Zwang waren diese Arbeitskräfte nach Deutschland gebracht worden. Sie sollten jedoch hier mit ihren deutschen Arbeitskollegen nicht in einem menschlichen Verhältnis zusammenarbeiten. Ihr Status glidi dem eines Sklaven. Sie waren Menschen ohne Rechte, denen nur als Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft eine Daseinsbe- rechtigung zuerkannt wurde. Jede Form menschlicher Kontakte zwischen ihnen und Deutschen, die über die Notwendigkeiten des Arbeitsprozesses hinausging, war mit strengen Strafen bedroht. Ganz besonders hart war das Schicksal der Häftlinge der Außenlager des KZ Buchenwald, so z. B. im Frauenlager des Rüstungskonzems „Rheinmetall" in Sömmerda. Im Frauenlager Sömmerda befanden sich 1271 jüdische Frauen aus Ungarn. Ihr Alter lag zwischen 16 und 60 Jahren. Sie wurden streng bewacht von 16 SS-Dienstgraden und 22 Zivilisten aus Sömmerda und Umgebung. Ihre Arbeitsplätze befanden sich in der Abteilung Zünder- bau und Laborierwerk.^") Die Unterkünfte waren für diesen Zweck umgebaute Pferdeställe mit je 124 aus rohen Brettern gezimmerten zweistöckigen Betten. In jeder Baracke stand ein Ofen, für den aber so gut wie kein Heiz- material zur Verfügung gestellt wurde. Der Waschraum für 124 Frauen war 14 m^ groß (4,00 x 3,50 m). Die Verpflegung bestand täglich aus einem Ersatzkaffee und 100 g Brot (später nur 80 g) am Morgen und einem Liter Rübensuppe am Abend. Der ehemalige Meister im Zünderbau, Ernst Kummer, berichtete:

„Es war im Juni 1944, als ich zum Betriebsleiter Römmler gerufen wurde ... Er sagte zu mir; „Kummer, Sie bekommen für Ihre Ab- teilung Judenweiber! Sorgen Sie dafür, daß niemand, ausdrücklich niemand, und auch Sie nicht, mit diesen Häftlingen ins Gespräch kommt. Sonst.., Sie wissen ja, was Ihnen dann blüht."2')

Trotzdem kam es zu spontanen Aktionen. Einzelne Meister und Ein- richter versuchten, die Arbeit für die Häftlinge zu erleichtern, indem sie z.B. ihre Erklärungen zur Arbeit lang ausdehnten oder mehr Frauen

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als unbedingt notwendig an eine Maschine schickten. Bei der Arbeit am Band wurden statt drei Frauen vier oder fünf eingesetzt. Es gab auch Arbeiter, die den Frauen Brot und andere Gegenstände zusteckten, die ihnen das schwere Los etwas erleichterten. Unter dem Vorwand arbeitsbezogener Unterweisungen wurden auch persönliche Gespräche geführt. Die Sängerin und Lehrerin an einer Budapester Musikschule, Anni Pauk, war damals unter diesen Häftlingen. Da sie Deutsch sprach, konnte sie vielmals hilfreich vermitteln. Mit großer Hochachtung spricht sie heute in ihren Briefen von der Solidarität deutscher Arbeiter im Rheinmetall-Borsig-AG-Werk Söm- merda,^) Ein weiteres Beispiel für die Solidarität deutscher Arbeiter finden wir im Nebenlager Billroda. Dieses Lager bestand in der Zeit vom 19. 3. bis 11. 4.1945 mit insgesamt 509 Häftlingen.^^) Hier war es der Kommunist Artur Zeiger, Maurer bei der damaligen Firma Baubetrieb Bähringer, Buttstädt, der als Kolonnenführer am Bau des dortigen Munitionslagers mitarbeiten mußte. Ihm unterstanden dabei auch Häftlinge des KZ-Nebenlagers. Einige von ihnen bestätigten ihm schriftlich, daß er sein Bestes getan hat, die Lage der Häftlinge erträgUch zu gestalten, daß er ihnen mit Lebensmitteln und Arbeitserleichterungen geholfen hat. Ausdrücklich wird vermerkt, daß er die gleiche Unterstützung auch den ausländischen Arbeitskräften zuteil werden ließ. Eine der Erklärungen vermerkt auch, daß die Häftlinge ihn als Kom- munisten erkannten.^") Solche Hilfeleistungen hat es sicher in noch größerer Zahl in unserem Kreisgebiet gegeben, nur wurden sie nicht bekannt, handelte es sich doch um Handlungen, die mit schwersten Strafen bedroht waren. Von mancher menschlichen Haltung gegenüber Fremdarbeitern und Kriegs- gefangenen erfuhr man daher auch erst durch die grausame Ver- hängung solcher Strafmaßnahmen. Herr und Frau Keitel aus Kindelbrück mußten mit KZ-Haft büßen, weil sie dem in ihrer kleinen Landwirtschaft mitarbeitenden Polen gestattet hatten, in ihrem Zimmer mit Radio zu hören.-") In Kindelbrück und Weißensee wurden zwei jungen Frauen wegen ihrer Freundschalt mit polnischen Arbeitern öffentlich die Köpfe kahl- geschoren, in Kindelbrück sogar die gesunden Schneidezähne gewaltsam ausgeschlagen.^^ Ein polnischer Landarbeiter in Buttstädt mußte 1940 seine freundschaft- lichen Beziehungen zu einer Buttstädter Bauernfamilie mit dem Tode büßen: Er wurde öffentlich vormittags gegen 11.00 Uhr auf dem oberen Roßplatz gehenkt. Die ausländischen Arbeitskräfte des Ortes mußten dabei zusehen. Der Frau der betroffenen Familie wurden auf dem Rathaus die Haare geschoren, anschließend wurde sie so durch die Stadt geführt.ä^) Es gehörte also ein beträchtlicher Mut dazu, in dieser Zeit Mensch- lichkeit zu bewahren. Um diesem grausamen Regime ein Ende zu bereiten, kämpften die Kommunisten des Kreises unbeirrt weiter. Die Bestätigung dafür bietet uns ein Protokoll des Genossen Conrad Wallmüller, Mitglied der Neu- baueri-Poser-Gruppe, der 1948 über seine Arbeit berichtete:

„Schon die Erfurter Polizei . .. wurde uns gefährlich ..., aber meine Verbindung mit den Kreishauptorten Apolda, Niedertrebra,

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Buttstädt, Rastenberg, Berka, Kranichfeld und Blankenhain konnte ich aufrecht erhalten ... Nach meiner Entlassung (aus der Haftanstalt Ichtershausen) Ende November 1936 nahm ich die Tätigkeit sofort wieder auf mit dem Genossen Magnus Poser, Jena ... Mit den größeren Kreisorten konnte ich die Verbindung vollkommen aufrecht erhalten; fast jeden Monat besuchte ich in den Orten meihe drei bis sechs Vertrauensleute, die schon darauf warteten, bis zu meiner Verhaftung durch die Gestapo am 22. Juli 1944."^')

Die Erfahrungen unseres Kreisgebietes überblickend, können wir die Aussage des Aufrufs des ZK der KPD vom 11. Juni 1945 bestätigen:

„Die Kommunistische Partei Deutschlands war und ist die Partei des entschiedenen Kampfes gegen Militarismus, Imperialismus und imperialistischen Krieg.

Zwei Siegermächte —

zwei Grundlinien der Besatzungspolitik

In der Resolution der Berner Konferenz der KPD 1939 wurde bereits die Orientierung gegeben:

..Die deutschen Antifaschisten dürfen niemals vergessen, daß sie in der Sowjetunion, in der internationalen Arbeiterklasse, in den friedens- und freiheitsliebenden Kräften der ganzen Welt ihre engsten Bundesgenossen besitzen.""'®)

An diese Worte galt es sich zu erinnern, als das Ende des Naziregimes herangekommen war. Die Hetze der Nazipropaganda über die Sowjet- union und ihre Menschen hatte in deutschen Hirnen ein entsetz- liches Bild hinterlassen, das nun bei vielen Menschen in Deutschland Furcht und Ablehnung aufkommen ließ. Zunächst war es aber die Besatzungsmacht der USA, die in unser Kreisgebiet einrückte. Sie hatte kein Interesse an der politischen Mit- arbeit der Arbeiterklasse und einer Neugestaltung der gesellschaft- lichen Verhältnisse durch die Entmachtung der immer wieder zum Krieg drängenden Kräfte der Monopole und Junker. Sie stützte sich auf konservative Kräfte, ja teilweise sogar auf ehemalige Mitglieder der Nazipartei.ä') Die Formierung und damit verbundene Wirksamkeit der Arbeiterpar- teien wurde von der US-Besatzung konsequent behindert. Die ersten Treffen der Kommunisten mußten daher weiterhin illegal stattfinden. Am 1. Mai 1945 fanden sich in Sömmerda gegen das Verbot der Be- satzungsmacht Kommunisten und Arbeiter, die sich ihnen anschließen wollten, heimlich zu einer Feierstunde an den Gräbern der Märzge- fallenen zusammen. Nach einer kurzen Ansprache suchten sie ihren Heimweg über die Felder, um den US-Streifen zu entgehen. Das dürfte die erste Feierstunde der revolutionären Arbeiterpartei nach dem Krieg im Kreis Kömmerda gewesen sein.''®) Die Sömmerdaer Genossen der KPD hatten bereits am 17. April 1945 illegal in der Gaststätte in Schallenbürg ihre Parteiorganisation kon- stituiert und fanden Wege, politisch wirksam zu werden.^«) Sie nutzten dazu das am 1. Mai 1945 im Gasthaus „Sonne" in Söm- merda gegründete Antifa-Komitee.^") Die SPD formierte sich erst in der 2. Augusthälfte wieder.^')

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Auch in Kölleda konnten die Genossen erst Anfang Juni illegale Kon- takte anknüpfen.'^ä) Der Buttstädter Genosse Hans Wachtel erinnert sich:

„Als Partei waren wir zu dieser Zeit unter der USA-Besatzung von April bis Juni im wahrsten Sinn des Wortes illegal.

Er besinnt sich an geheime Treffs in abgelegenen Räumen des Rat- hauses. Genosse Reinhardt, Ortsvereinsvorsitzender der Buttstädter SPD berichtete, daß seine Genossen sich in der Wohnung des Genossen Hädrith trafen und dabei einmal knapp der Verhaftung entgingen.'^'') Auch sonst gestaltete sich das Verhältnis der Besatzungstruppen zur Bevölkerung nicht freundlich. Genosse Hähnel gab als Zeuge dieser Ereignisse einen Bericht, in dem er ausführt:

„Am 11. April 1945 wurde Sömmerda von den USA-Truppen besetzt. Sie quartierten sich in den Häusern der Pestalozzistraße ein. Die Bewohner dieser Häuser mußten umgehend ausziehen und bei Be- kannten und Verwandten ein Unterkommen suchen. Aus ihren Wohnungen durften sie keine Möbel und nur wenige Wertgegen- stände mitnehmen. Als sie später ihre Häuser wieder betreten konnten, war vieles daraus verschwunden. Die Sowjettruppen bezogen diese Wohnungen nicht, sondern nutzten Unterkünfte, die den Wohnraum der Bevölkerung nicht belasteten."

An anderer Stelle des Berichtes lesen wir: ..Rotarmisten zogen unter der Plane ihres „Panjewagens" Brote hervor und verteilten sie unter die Bevölkerung, vor allem an Kinder. So etwas hatten wir bei den „Amis" nidit erlebt. Diese waren nur ,geschniegelt und gestriegelt' gekommen, sie hatten zwar Schokolade, aber sie gaben nur dort etwas, wo sie bestimmte Vor- teile davon hatten."^®)

Das bestätigte auch der Genosse Hans Wachtel für Buttstädt. Der Butt- städter Bürger Felix Gerlach hielt 1945 seine Eindrücke von den Er- eignissen für seine Familie schriftlich fest. Er berichtet hier von Be- schlagnahmungen, die auch an anderen Orten des Kreisgebietes statt- fanden :

„Ab 10 Uhr vormittags des 12.4.1945 mußten sämtliche Photo- apparate und Waffen abgegeben werden, die Räume des Rathauses glichen einem Chaos."'^®)

Wir wissen aus anderen (mündlichen) Berichten, daß damals dort auch alle Radiogeräte abgeliefert werden mußten. Felix Gerlach schreibt weiter:

„Die Schule wurde geräumt und eine amerikanische Wachstation eingerichtet. Einschneidende Verbote wurden erlassen. Kino und Bad wurden der Bevölkerung verboten zu besuchen. Vor dem Loh entstand ein Feldlager, 24 Panzer richteten drohend ihre Rohre nach der Stadt zu. Vom ersten Tage der (sowjetischen K. M.) Besatzung ab wurden sämtliche einschneidende Verbote aufgehoben. Bad, Kino und Säle standen der Bevölkerung wieder zur Verfügung."''^)

Zum Abrücken der US-Truppen aus Buttstädt bemerkt! Genosse Wachtel noch:

„Sie verließen Buttstädt nach barbarischen Verwüstungen im Kino, dem Saal der Gaststätte im Loh und anderen Unterkünften."^®)

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Solche Feststellungen konnten auch für die meisten anderen Städte des Kreisgebietes getroffen werden. Der Einzug der Roten Armee war für die Kommunisten des Kreises ein Ereignis, auf das große Hoffnungen gesetzt wurden. Das kommt be- sonders deutlich im Bericht der Arbeiterveteranin Alma Beikot aus Kölleda zum Ausdruck. Gespannt wartete sie auf die Ankunft

„der Soldaten des Landes, von dem v/ir so oft gesprochen und ge- träumt hatten ... und so ging ich ihnen auf der Straße nach Back- leben entgegen. Kurz vor Backleben traf ich mit der Spitze des Zuges zusammen. In meinen Augen waren Tränen, ich weinte vor Glück, weil end- lich mein großer Wunsch in Erfüllung gegangen war. So ging ich neben dem Zug der Soldaten nach Kölleda zurück in der Hoffnung und festen Gewißheit, daß sich nun so manches bei uns vollkommen ändern wird.'"'®)

Auch in Buttstädt ging eine Abordnung der Kommunisten mit ihrer vor den Faschisten geretteten Fahne den Rotarmisten bis zum Loh entgegen.®) Vom Einrücken der Roten Armee in Sömmerda erfahren wir wieder von Genossen Hähnel:

„Als die Rote Armee dann am 3. Juli 1945 unser Gebiet besetzte, waren wir froh. Die Sowjetsoldaten zogen — von Kölleda kommend — durch die Frohndorfer, Kölledaer Straße und Lange Straße zum Marktplatz. Gesichter, Kleidung und Ausrüstung der Soldaten waren noch von den schweren Kämpfen und harten Entbehrungen gezeichnet. Trotz der leidvollen Erfahrungen, die sie im Kampf gegen das faschistische Deutschland machen mußten, zeigten sie sidi freund- lich gegenüber den auf der Straße befindlichen Bürgern der Stadt. Gegenüber den Kindern und uns Jugendlichen waren sie von be- sonderer Freundschaftlichkeit, wenn wir auch ihre Sprache nicht be- herrschten. Am Erfurter Tor hielt einer der „Panje-Wagen", Soldaten verteilten dort die ersten Zeitungen der Roten Armee in deutscher Sprache. Wir stürzten uns darauf, war es doch das erste Gedruckte nach der zwölfiährigen faschistischen Herrschaft, das vom Kampf der Völker der SU und der Arbeiterklasse um den Frieden berichtete. Ein Stück weiter hielt ein anderer Wagen. Rotarmisten holten unter seiner Plane Brote hervor und verteilten sie an die Bevölkerung."®')

Von dieser menschlichen Einstellung der Sowjetsoldaten lesen wir audi in Felix Gerlachs Bericht, wo es heißt:

..Die Kömmandanten waren Major Strukow und sein erster Stellver- treter, Kapitän Talysin, welche sich in kurzer Zeit die Liebe und Achtung der Bevölkerung erwarben."®)

So bemerkt Genosse Wachtel zu Recht: „Es war bei vielen ein Erwachen, als nichts von dem eintraf, was man den Menschen zwölf Jahre eingetrichtert hatte. Damit begann der Zeitpunkt der Aktivierung des gesellschaftlichen Lebens. Die offizielle Zulassung von Parteien und Organisationen."®^)

In Sömmerda gelang es dem Antifa-Komitee zwar schon am 11. Mai 1945, den Genossen Viktor Bode (KPD) als Bürgermeister einzusetzen, nun aber wurden systematisch Kommunisten und Antifaschisten mit staatlichen Aufgaben betraut.®'')

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Der faschistische Landrat wurde abgelöst. An seine Stelle trat Genosse Hermann Sonntag (KPD) .^5) In Kölleda wurde der Kommunist Karl Thormeyer Landrat, ihm folgte bald der Genosse Hugo Launicke (KPD) in dieser Funktion.^) In Buttstädt übernahm der Genosse Max Tanz (KPD) die Funktion des Bürgermeisters.®') So erfolgte in allen Orten des Kreisgebietes eine konsequente Ent- nazifizierung. Wie das in Sömmerda bzw. im damaligen Kreis Weißen- see geschah, entnehmen wir einem Bericht des Genossen Erich Heyl:

„In unserem Kreis Weißensee arbeitete diese Kommission unter dem Vorsitz des Landrates (Gen. H. Sonntag, K. M.), die Parteien und Massenorganisationen entsandten ihre Beauftragten, mir ist heute nur noch bekannt, daß mit mir eine Frau Rosowski als Ver- treterin des DFD und ein Freund von der CDU, dessen Namen ich nicht mehr weiß, mit nach Weißensee fuhren. Der hauptamtliche Sekretär der Kommission, ein Abteilungsleiter des Landratsamtes, Gen. Riepold, sorgte jeweils für die Vorladung der langjährigen NSDAP-Mitglieder bzw. besonders aktiver Mit- glieder der NSDAP oder anderer nazistischer Organisationen. Diese Leute mußten selbst über ihre ehemalige politische Tätigkeit aussagen. Dazu hörte die Kommission eine Reihe von Zeugen. Viel- fach konnte sie auch aus eigener Kenntnis der Pefsonen und ihrer politischen Tätigkeit dazu Stellung nehmen. Der Befehl 201 der SMAD regelte auch, welche Maßnahmen die Kommission festlegen konnte. Bei besonders schweren Fällen, wo sich z. B. herausstellte, daß Verbrechen, wie Denunziationen, Miß- handlungen usw. vorlagen, wurde diese Angelegenheit den Ge- richten übergeben. In anderen Fällen gab es Beschränkungen in der Berufsausübung, z. B. keine Anstellung in der staatlichen Verwaltung, keine leitenden Funktionen in der Industrie oder der Wirtschaft, keihe Genehmi- gung zur Ausübung eines Gewerbes usw. Wo es sich herausstellte, daß es sich um Mitläufer gehandelt hatte, wurden denjenigen Personen keine Beschränkungen auferlegt. Alle Beschlüsse der Kommission wurden sorgfältig protokolliert und von der Landeskommission geprüft. Es gab keinerlei Möglichkeiten, nicht bewiesene Dinge oder unkorrekte Anschuldigungen auszu- sprechen bzw. irgendwelche Maßnahmen leichtfertig zu veranlassen.®)

Es gab im Kreis Weißensee auch eine Enteignungskommission unter der Leitung des Genossen Sonntag, die sich mit der Enteignung von Kriegsverbrechern oder aktiven Nazis befaßte. So förderte die sowjetische Besatzung in ihrem Teil Deutschlands die im Potsdamer Abkommen beschlossene Deutschlandpolitik, die ja auch die konsequente Entnazifizierung vorsah. Schon in der Resolution der Berner Konferenz orientierte die Kommu- nistische Partei Deutschlands auf ein demokratisches Deutschland:

„Die neue demokratische Republik wird aber, im Gegensatz zur Weimarer Republik, den Faschismus mit der Wurzel ausrotten, ihm seine materielle Basis durch die Enteignung des Trustkapitals ent- ziehen ... nicht die Großbourgeoisie, ... sondern die einige Ar- beiterklasse, vereint mit den Bauern, dem Mittelstand und der In- telligenz in der Volksfront, wird das Schicksal des Landes be- stimmen.

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Im Verfolg dieser Politik entstanden weitere Parteien, in denen allen Klassen und Schichten der Bevölkerung die Mitarbeit in der neuen Republik ermöglicht wurde. In Sömmerda wurden im August 1945 die LDPD und die CDU ge- gründet, in Buttstädt ist der Dezember 1945 das Gründungsdatum der LDPD, das der CDU der 20. 4. 1946.«") Aus den antifaschistischen Frauenausschüssen konstituierte sich später der DFD. Diese Frauenausschüsse bildeten sich in allen Städten des Kreises bereits im Sommer und im Herbst 1945.®') Protokolle von Ausschüssen, Verwaltungsmaßnahmen und viele poli- tische Manifestationen der verschiedensten Art weisen aus, daß stets Vertreter der demokratischen Parteien und Massenorganisationen mit- gewirkt haben. Diese Aktivisten der ersten Stunde konnten stets mit der Unter- stützung der sowjetischen Besatzungsmacht rechnen. Bei der Demontage der Munitionsfabrik „Selkado", die nach den Richt- linien des Potsdamer Abkommens demontiert werden mußte, wurden der Sömmerdaer Bevölkerung verschiedene Baumaterialien im Werte von mehreren tausend Mark, sowie Einrichtungsgegenstände für die Volksküche, die Schule und das Krankenhaus überlassen.''-) Auch der Bau von Neubauernhäusern wurde materitell von der Be- satzungsmacht unterstützt. In Kölleda, wo es um die Demontage der Flugplatzeinrichtungen ging, wurden zur Sprengung vorgesehene Gebäude geschont und der Be- völkerung als Wohnräume und Krankenhaus zur Verfügung gestellt. Die sowjetische Besatzungsmacht sorgte auch mit dafür, daß auf dem Flugplatz eine Produktionsstätte entstand, aus der sich das heutige Funkwerk entwickelte.®^) Bei der Beseitigung von Munition, die in Gräben und auf den Feldern um Sömmerda das Leben von Menschen gefährdete, kam noch ein sowjetischer Soldat ums Leben, drei wurden schwer verletzt.®^) In seinen Erinnerungen stellte Genosse Erich Heyl fest, daß es regel- mäßig Konsultationen der Genossen der Partei mit den sowjetischen Politoffizieren Rudkowsky und Kapitän Friedland gegeben hat.

„Die Genossen haben mir wertvolle Hinweise für die Entwicklung der Parteiarbeit gegeben, ohne im Sinn einer Anordnung oder eines Befehls dabei zu verfahren",®'')

schätzt Genosse Heyl ein. „Mit alldem entwickelte sich in der sowjetischen Besatzungszone, dank der großzügigen Hilfe und Unterstützung der sowjetischen Be- satzungsmacht, rasch ein aktives, organisiertes politisches Leben. Obwohl 12 Jahre faschistischer Diktatur unverkennbare Nachwir- kungen hinterlassen hatten, formierten sich unter Führung der KPD erfolgreich die den revolutionären Prozeß tragenden Kräfte."®®)

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Genosse Erich Heyl

Genosse Hermann Sonntag Genosse Paul Schneider

81 Fotos: privat

Genosse Viktor Bode

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1945 — die KPD weist Weg und Ziel zur Formierung der demokratischen Kräfte für eine antifaschistisch-demokratische Neuordnung

„Wir sind der Auffassung, daß der Weg, Deutschland das Sowjet- system aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland. Wir sind vielmehr der Auffassung, daß die entscheidenden In- teressen des deutschen Volkes in der gegenwärtigen Lage für Deutschland einen anderen Weg vorschreiben, und zwar den Weg der Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokra- tischen Rechten und Freiheiten für das Volk. An der gegenwärtigen Wende rufen wir Kommunisten alle Werk- tätigen, alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte des Volkes zu diesem großen Kampf für die demokratische Erneuerung Deutsch- lands, für die Wiedergeburt unseres Landes auf."®')

So formulierte es der Aufruf des ZK der KPD vom 11. Juni 1945, damit war auch der Weg für die Kommunisten unseres Kreisgebietes gewiesen. Bereits im Mai 1945 bildeten sich Antifa-Komitees, die sich zur Auf- gabe stellten, den Faschismus in Deutschland auszurotten und eine demokratische Ordnung zu errichten. In Sömmerda gründeten die Genossen Otto Bach (Vorsitzender), Max Eschner, Hugo Winter, Kurt Kallmeyer, Karl Hüttich, Viktor Bode, Heinrich Kusche, Paul Schneider u. a. am 12. April 1945 das Sömmerdaer Antifa-Komitee."®) In Straußfurt entstand das Komitee schon am 12. April 1945 unter der Leitung des Genossen Gustav Helbig.''''') In diesen Tagen bildete sich auch das Komitee in Kindelbrück, wo der Genosse Theo Schmidt die Initiative ergriffen hatte.'") In Buttstädt, Kölleda und Weißensee sind die Gründungsdaten nicht exakt zu ermitteln, das Vorhandensein der Komitees geht aber aus den Dokumenten jener Zeit hervor. Um diesen Neuanfang vor größeren Zerstörungen abzusichern, hatten sich beherzte Männer gefunden, die es verhinderten, daß wichtige Objekte zerstört wurden, obwohl sie dafür mit der Todesstrafe rechnen mußten. So in Sömmerda der Feuerwerker Limberg und der Feuerwehrhaupt- mann Schirmer, die eine Sprengung der Langen Brücke verhinderten.'^) In Kölleda hatte der abrückende Kommandant des Flugplatzes den Be- triebsingenieur Funke mit der Sprengung des Wasserwerkes Burg- wenden beauftragt. Da das Wasserwerk nicht nur den Flugplatz, sondern auch einen Teil der Stadt Kölleda versorgte, hätte diese Sprengung eine Katastrophe zur Folge gehabt. Trotz der drohenden Erschießung durch die noch operierende SS führte Funke diesen Befehl nicht aus.'^) So trifft auch für das Kreisgebiet Sömmerda die Einschätzung der „Ge- schichte der SED", Abriß, zu;

„Mit mutigen Aktionen hatten Kommunisten, Sozialdemokraten, parteilose Gewerkschafter und andere Antifaschisten in den letzten Stunden des Krieges Menschenleben und Sachwerte vor der Ver- nichtung bewahrt. Die Rote Armee fand in manchen Städten und Orten antifaschistische Komitees vor."")

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Nach der Befreiung der Konzentrationslager setzten sich auch die von den Faschisten dort inhaftierten Kommunisten und Antifaschisten für die Arbeit der Antifa-Komitees ein. In Sömmerda waren das z.B. die Genossen Kallmeyer und Gerhardt.'^) In Kölleda traf der Genosse Hugo Launicke'') ein, in Buttstädt Genosse Hans Wachtel.'") Es war eine schwere Arbeit, die von den Genossen zu bewältigen war. Im Vordergrund stand dabei das Ingangsetzen der Produktion und die Sicherung der wichtigsten Lebensbedürfnisse der Bevölkerung. Schon im August 1945 gelang es, das 1939 stillgelegte Dachziegelwerk wieder in Gang zu setzen. Genosse Otto Bach war der erste Betriebs- leiter.'') Die Kölledaer Genossen bemühten sich mit Erfolg, aus dem Militärflug- platz eine Produktionsstätte zur Friedensproduktion und damit not- wendige Arbeitsplätze zu schaffen.'^) In Straußfurt wurde mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsrnacht die Produktion der Zuckerfabrik und einer Ziegelei aufgenommen.'^ Letztere existiert aus technologischen Gründen heute nicht mehr, war aber damals ein wichtiger Lieferant des so nötigen Baumaterials. Zur Durchführung dringender Baureparaturen sowie Baumaßnahmen sehr bescheidenen Umfangs zur Verbesserung der Wohnsituation in manchen Häusern gründeten die Städte im Kreisgebiet die KWU, die „Kommunalen Wirtschaftsunternehmen", die im Ortsbereich wirkten.®") In Kindelbrück nahm die Kofterfabrik im August 1945 ihren Betrieb mit 79 Arbeitskräften wieder auf. Es wurden zunächst einfache Koffer produziert, 4 000 Stück im Monat September. Dem Bedarf der Bevölke- rung entsprechend, wurden auch Holzsandalen und Einkaufstaschen hergestellt.®') In Buttstädt wurde 1946 ein Betrieb zur Verarbeitung von Gemüse eröffnet, die heutige „Thükofa".®-) Selbstverständlich spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle die „Rheinmetall-Borsig-AG", Werk Sömmerda. Natürlith kann hier nicht jede Initiative erfaßt werden, da es deren viele gab, wie z. B. die des Genossen Otto Kästner, deri in den Räumen der enteigneten Firma Kätsch, Sömmerda, die Fabrikation von Elektro- kondensatoren, Widerständen und anderen Kleinteilen der Radio- branche bis zur serienmäßigen Herstellung entwickelte.®^) So bekam die Wirtschaft in unserem Kreisgebiet langsam aber stetig wieder einen leistungsfähigen Stand. Ein weiteres Problem war die Unterbringung und Eingliederung der zahlreichen Umsiedler. In Sömmerda waren es 4 000.®'') Kölleda zählte 1938 5 000 Einwohner

1944 stieg die Zahl auf 8 000, da zahlreiche Evakuierte aus den bombengefährdeten Westgebieten zuge- zogen waren.

1945 hatte Kölleda 10 000 Einwohner, da nun die Um- siedler hinzukamen.®'^)

Buttstädt hatte 1945 5 917 Einwohner, davon 1 398 Evakuierte und 784 Umsiedler

1947 5 373 Einwohner, davon 129 Evakuierte und 1700 Umsiedler.®®)

Die Evakuierten waren wieder in ihre vorherigen Wohngebiete zurück- gekehrt.

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In dem kleinen Dorf Frömmstedt kamen auf 650 Eingesessene 406 Um- siedler.®') Genosse Bode berichtet von Sömmerda folgende allgemein zutreffende Tatsachen:

„Äußerst schwierig war die Durchführung dieser Aufgaben. Da gab es viel Ärgernis mit Hausbesitzern und Mietern, welche selbst bei übermäßig großer Wohnraumfläche freiwillig nichts abgeben wollten und doch wegen der Unterbringung der Umsiedlerfamilien dies tun mußten. Tränen flössen infolge Bosheit und Nichtverstehenwollens einer menschlichen Pflicht, und Tränen gab es, ausgelöst von stiller Freude schwer geprüfter Menschen, wenn auch über eine meistens nur sehr bescheidene Unterkunft als Notbehelf. Erinnert soll aber daran werden, daß es auch freudig helfende Ein- wohner unserer Stadt gab, welche freiwillig von sich aus Wohn- raum zur Verfügung stellten und durch Bereitstellung von Möbeln und Hausrat aller Art das Los dieser Opfer des wahnsinnigen hitleri- schen Eroberungskrieges lindern halfen."®®)

Genosse Bode berichtet weiter über Maßnahmen zur Beschallung von Heizmaterial, das von den Kohlengruben in LKW selbst herantrans- nortiert werden mußte. In der Heizperiode 1945/46 sollte pro Monat 54 Zentner Rohbraunkohle oder Briketts ausgegeben werden, hoher Einsatz der Verantwortlichen brachte es auf eine Lieferung von 5 Zentnern; was bedeutet aber diese Menge in ei'nem kalten Winter?®®) Das Brennholz mußte in Burgwenden und im Thüringer Wald eben- falls in „eigener Regie" geschlagen und abgefahren werden. So könnte die Liste der Aufgaben fortgesetzt werden, von der Beschaffung von Lebensmitteln bis zu der von Kleidung und Sdiuhwerk. Die Lösung dieser Aufgaben war nicht einfach. Gemeinsames Handeln tat not. In dieser Erkenntnis konstituierte sich am 14. Juli 1945 der antifaschistisch-demokratische Blodc. Er entstand auf Initiative der KPD. Grundlagen dafür waren in den Beschlüssen von Brüssel und Bern enthalten. In allen Städten und Gemeinden der sowjetischen Besatzungszone setzte sich die Blockpolitik durch. Bei Wahrung der gegenseitigen Anerken- nung ihrer Selbständigkeit arbeiteten die Parteien in einer Einheits- front gemeinsam bei der Vernichtung des Faschismus und dem Aufbau des Landes auf antifaschistisch-demokratischer Grundlage. Der „Aufruf der KPD" vom 11. Juni 1945 hatte auch darauf orientiert, daß es die Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchsetzung des Neuen ist, den Kampf zu führen um die Lösung der unmittelbarsten und dringendsten Aufgaben:

„Kampf gegen Hunger, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit. All- seitige aktive Unterstützung der Selbstverwaltungsorgane in ihrem Bestreben, rasch ein normales Leben zu sichern und die Erzeugung wieder in Gang zu bringen."^

Eine große Rolle spielten hierbei die Gewerkschaften. In den Betrieben „Rheinmetall-Borsig" und Dachziegelwerk Sömmerda begann die Ge- werkschaftsarbeit im August 1945.®') In der ersten Beratung im Rhein- metallwerk, am 1. September 1945, ging es vor allem darum, möglichst viele Werktätige zu aktivieren und zur Mitarbeit zu gewinnen. Das Büro des Sömmerdaer Ortsvorstandes des FDGB wurde irn HaUse Markt 10 eingerichtet.®^) In Buttstädt begann die Gewerkschaftsarbeit im Landmaschinenbetrieb Vetter am 1. September 1945 ;®ä) alle Betriebsangehörigen traten dem

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FDGB bei. Hier war es der verdiente Arbeiterveteran Max Hermann, der den Aufbau der Gewerkschaftsorganisationen In den Betrieben voranbrachte. Als erstes Büro des Ortsvorstandes stellte er zunächst seine eigene Wohnung zur Verfügung (Leninstraße 3); seine Tochter (Frau Gengelbach/Kaiser) erledigte für ihren gesundheitlich schon sehr angegriffenen Vater unentgeltlich die anfallenden schriftlichen Ar- beiten."^) Als alter Gewerkschafter diskutierte und warb er in den Betrieben. Bald war er verantwortlich für einen 36 Ortschaften umfassenden Bereich. In dieser Weise wirkten im ganzen Kreisgebiet Funktionäre der Ar- beiterklasse und formierten die neuen freien Gewerkschaften.

,,Die neuen freien Gewerkschaften nahmen die Tagesinteressen der Werktätigen wahr und verbanden sie mit der grundlegenden Forde- rung, antifaschistisch-demokratische Verhältnisse zu schaffen ... So waren mit der Aktionseinheit der Arbeiterparteien und mit der Herausbildung einheitlicher freier Gewerkschaften die wichtigsten Bedingungen für das Zusammenwirken aller Antifaschisten ge- geben.

Die Gewerkschaften wurden mehr und mehr zu Schulen der Demokratie. Einen großen Anteil an der Meisterung der vom „Aufruf" formulierten Aufgaben hatten auch die Frauenausschüsse. In einer Sitzung des anti- faschistisch-demokratischen Blocks in Buttstädt, am 11. November 1945, wurde protokolliert:

..In der Frauenausschußfrage wurde ein Zusammenschluß erzielt, die Frauen der KPD sowie der SPD werden sich gemeinsam zusammen- finden, um die Not der Flüchtlinge, besonders der Kinder, zu lindern."

Es wurde ein Frauenausschuß ins Leben gerufen, dessen erste Vor- sitzende die Genossin Anna Schwarz wurde. Weitere verdiente Mit- arbeiterinnen waren die Genossinnen Modrock, Heilmann und Strieg- nitz. Unter anderem richteten sie eine Volksküche ein, die manche Not lindern half.^) Auch der Frauenausschuß in Sömmerda hatte eine solche Einrichtung geschaffen. Anfangs wurden hier 800 Portionen Mittagessen ausge- geben, bald waren es 2 000. Die Genossinnen Martha Heyl, Klara Holz- hause, Klara Hildisch, Johanna Schäfer, Lina Endter, Ida Sonntag, Rosa Schieritz und Hedwig Heinze bewiesen in der Arbeit des Sömmerdaer Frauenausschusses hervorragende Initiative. Weihnachten 1945 organisierten die Genossinnen im Schützenhaus eine Veranstaltung für Kinder, wofür sie vorher bei den Bauern des Ortes Lebensmittel gesammelt hatten. Auch dem Kindergarten wurde die Hilfe dieser Frauen bei der Lösung manchen Problems zuteil. Aktivitäten dieser Art gab es im ganzen Kreisgebiet, wo fortschrittliche Frauen an der Seite der Genossinnen dazu beitrugen, die Voraus- setzungen für eih besseres Leben zu schaffen. Große Aufmerksamkeit widmete die Partei der Jugendarbeit. In Söm- merda wurde zunächst dem Antifa-Jugendausschuß, dann der FDJ eine Etage in einem Nebengebäude des damaligen Volkshauses (heute Jugendklubhaus) zur Verfügung gestellt. Hier konnten sich dite Jugend- lichen treffen, diskutieren, Meinungen bilden, politische Irrtümer über- winden, aber auch ihre Freizeit mit Spiel und Musik verbringen. Es gab im Haus eine Bibliothek, Musikinstrumente, Spiele. Genossen der Partei und aus dem FDGB hielten Vorträge und gaben den jungen Menschen Gelegenheit zur Diskussion über die sie bewegenden Fragen. So wurde die Jugend zur Mitarbeit im politischen Leben gewonnen.^)

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Als besonders aktive Jugendliche nennt Genosse Heyl Hans Gutjahr (später Professor und Mitarbeiter des Ministeriums für Volksbildung) und Ursula Richter, die besonders in der FDJ hervorragende Arbeit leistete. Weitere aktive FDJ-ler waren Horst Eckardt, Günter Hubert. Rolf Vogler, Herbert Marschall, Veronika Schwertfeger, Max Wollnik und Helmut Lutsche.^ In Buttstädt beauftragte die Partei (KPD) den Genossen Hans Wachtel, sich mit der Jugendarbeit zu befassen. Sie vollzog sich ähnlich wie in Sömmerda, wobei auch der Besuch von verschiedenen Weiterbildungs- lehrgängen angeboten wurde. Natürlich kam nach den Jahren des Krieges auch der Tanz nicht zu kurz; die Jugendfreunde schafften sich dazu eine eigene Kapelle, indem sie selbst die Instrumente in die Hand nahmen und aufspielten. In einem Raum des ehemaligen Stadtgutes (heute Schülerinternat) war einige Jahre das Jugendzimmer. Es gab 1946 bereits eine FDJ-Fußballmannschaft, die besonders von dem Genossen Max Tanz gefördert wurde.*"®) Aber die jungen Menschen waren auch bereit, sich für das Neue ein- zusetzen. Beispiele dafür sind die Übernahme von Ausschachtungsarbeiten für eines der Neubauernhäuser und die „Aktion Holzeinschlag" zur Brenn- holzbeschaffung im Thüringer Wald. Genosse Wachtel bemerkt hierzu,

„daß trotz der komplizierten Bedingungen und bei mäßiger Ver- pflegung die Jugendlichen mit Lust und Schwung bei der Arbeit waren.'""')

Genosse Wachtel förderte auch die Arbeit der Kindervereinigung der FDJ („Kinderlandorganisation") und organisierte u. a. ein Ferienlager auf der Marienhöhe in Arnstadt. In Sömmerda hatte die „Kinderlandorganisation" der FDJ 1946 ca. 100 Mitglieder. '"2) Die von der Arbeiterpartei initiierte Politik fand bei den meisten Mit- gliedern der antifaschistisch-demokratischen Parteien Zustimmung und Unterstützung. Viele Mitglieder der bürgerlich-demokratischen Parteien setzten sich vorbildlich für die Ziele des „Aufrufs" ein und leisteten ihren Beitrag dazu. So unterstützte der Mandatsträger der CDU in der Sömmerdaer Stadt- verordnetenversammlung, Johannes Starke, sehr aktiv die Durchführung der Bodenreform.'"'') In Buttstädt war der Ingenieur Hans Vetter, LDPD, der Vorsitzende der ersten demokratischen Elternvertretung nach 1945, der „Freunde der neuen Schule", wie sie damals bezeichnet wurde.'"'*) So geschah es in diesen Wochen an allen Orten des Kreisgebietes. Aller- dings verlief die Zusammenarbeit zunächst nicht konfliktlos, so z. B. auf den Gebieten der Boden- und Schulreform. Es gab Stimmen, die gegen eine entschädigungslose Enteignung von Grund und Boden waren. Im Sömmerdaer antifaschistisch-demokratischen Block gab es heftige Auseinandersetzungen um die Qualiflkation der Neulehrer, die von Mitgliedern der CDU und LDPD geführt wurden. Ähnliche Dis- kussionen gab es auch i'n Kölleda. In Buttstädt versuchten Mitglieder der bürgerlich-demokratischen Par- teien Maßnahmen der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung ab- zuschwächen und zu verhindern.

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Genosse Hans Wachtel mit der Buttstädter FDJ-Kindergruppe iin Ferienlager Marienhöhe, Arnstadt Foto: Fotothek des Heimatmuseums Buttstädt

Abfahrt von Genossen und FDJlern aus Buttstädt zum Holzschlagen im Thüringer Wald. Foto: Fotothek des Heimatmuseums Buttstädt

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Schaffung der Einheit der Arbeiterklasse — Voraussetzung des Sieges über den Imperialismus

„Auch die Mehrheit der Sozialdemokraten sah in der Aktionseinheit und einer einheitlichen Arbeiterpartei die notwendige Schlußfolge- rung, die aus der Niederlage der Novemberrevolution, dem Unter- gang der Weimarer Republik und vor allem aus den bitteren Erfah- rungen während des Faschismus gezogen werden mußte. Unter den klassenbewußten Arbeitern war der Drang nach der Einheit ihrer Reihen stärker denn je."'"^)

In dieser Erkenntnis handelten auch die Genossen der SPD in Butt- städt, die den Genossen der KPD folgende Resolution ihrer Gründungs- versammlung überreichten:

„Die Ortsgruppe der Sozialdemokratischen Partei Buttstädt ist am 14.9.1945 gegründet worden. Wir sind bereit, mit der Kommu- nistischen Partei Buttstädts in allen Fragen gemeinsam zu arbeiten und reichen Euch die Bruderhand."'"'')

Bereits im Oktober 1945 wurden Formen gemeinsamer Arbeit und zur Klärung ideologischer Fragen gefunden. Der Kommunist Max Tanz und der Sozialdemokrat Ludwig Reinhardt, die an der Spitze ihrer Parteiorganisationen standen, bemühten sich konsequent auch um die organisatorische Einheit der Arbeiterklasse in Buttstädt. In der gemeinsamen Klärung ideologischer Fragen bereiteten sie diese Einheit vor. Für beide Parteien war es eine ganz entscheidende Aufgabe, allen Ge- nossen überzeugend zu erklären, welche Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden mußten und wie die aktuellen politischen Probleme im Sinne der revolutionären Traditionen der Arbeiterklasse zu meistern waren, wie die wissenschaftliche Theorie des Marxismus/Leninismus in der gegebenen historischen Situation angewendet werden mußte. In Sömmerda fand am 10. August 1945 die erste öffentliche Versamm- lung der KPD nach dem Kriege statt. Zur Diskussion stand das Thema:

„Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiter- klasse selbst sein."'''Ö

Etwa zur gleichen Zeit sprachen die Genossen der SPD zum Thema „Potsdamer Abkommen". Noch war damals das Parteibüro der KPD im Hause Stadtring 5,"®) das der SPD in der Weißenseer Straße, im heutigen Gebäude des DLB.Die Parteiorganisation der KPD leitete der Genosse Hugo Winter""), die der SPD der Genosse Max Richter."') Auch sie fanden rasch Wege erfolgreicher Zusammenarbeit. So fand im Januar 1946 eine gemeinsame Feier zu Ehren von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht statt. In Sömmerda ging die Initiative dabei von den Genossen der KPD aus. Genosse Heyl führt in seinem Bericht aus, daß gemeinsame Beratungen beider Parteien stattfanden über verschiedene aktuelle Fragen und Auf- gaben, so z. B. die Realisierung der Befehle der SMAD, u. a. den über die Enteignung der Nazivermögen; aber es ging dabei auch um wichtige ideologische Fragen wie „Die Ziele und Aufgaben der SED", den Ent- wurf des später vom I. Parteitag angenommenen Programms.'") Darüber wurde von den Genossen im Frühjahr 1946 im „Bürgergarten" heiß diskutiert. Andere gemeinsame Versammlungen fanden im Cafe „ Risse ""ä) statt.

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Genosse Heyl berichtet darüber: „Das ging nicht immer ohne Auseinandersetzungen vor sich, Aus- einandersetzungen, die aber immer wieder zur Gemeinsamkeit in der weiteren Arbeit führten. In den Vorstandssitzungen wurden auch die Mitgliederlisten durchgegangen und die Vorbereitung der Ge- samtmitgliederversammlung getroffen. Es wurde die Zusammensetzung des paritätischen Vorstandes be- raten, die dann der Mitgliederversammlung, die am 1. April 1946 (im damaligen Volkshaus, heute Klubhaus der Jugend, K. M.) statt- fand, unterbreitet wurde ... Die Versammlung war würdig vorbereitet, und es herrschte eine Stimmung, die man der Bedeutung des Tages entsprechend als würdig und aufgeschlossen bezeichnen kann. Vor der Wahl des Vorstandes gab es mehrmals Fragen zu den vorgeschlagenen Genossen für die Leitung Die Genossen sahen aber ein, daß die erste Wahl nicht etwa so wie früher durch Zurufe erfolgen konnte, sondern durch die beiden Vorstände vorbereitet werden mußte, damit die Parität der Zusammensetzung gewahrt wurde. Nach der großen gemeinsamen Mitgliederversammlung begann sofort die Aufteilung der Genossen in Wohnbezirke. Auch die Wohnbe- zirksvorstände waren paritätisch zusammengesetzt. In den Wohnbezirksvorständen haben viele ältere sozialdemokra- tische Genossen eine gute aktive Kleinarbeit geleistet. Ich denke dabei an den Genossen Wilhelm Erfurt und den Genossen Paul Schneider ...

Dieser Entwicklung war noch eine gemeinsame Funktionärkonferenz der KPD und SPD aus ganz Thüringen in Jena vorausgegangen. Sie fand am 19. und 20. Januar 1946 statt. Aus Sömmerda nahmen folgende Genossen teil:

„Viktor Bode, Max Richter, Hugo Winter, Hermann Sonntag und Kkärl Stsd^l SGii

In Vorbereitung der Vereinigung in Sömmerda sprach hier auch der Genosse August Fröhlich."") In gleicher Weise vollzog sich der Prozeß der Vereinigung der beiden Arbeiterparteien im ganzen Kreisgeb'iet. Auch die Buttstädter Genossen fanden sich bald zu gemeinsamen Be- ratungen zusammen. So am 19. Januar 1946. Das Parteibüro der KPD befand sich in einem kleinen Ladenraum im Haus Brühl 1. Die Genossen stimmten hier einem Beschluß zu, in dem eis heißt:

„Nur eine geschlossene und geeinte Arbeiterpartei wird in der Lage sein, alle großen Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft zu meistern und alle Angriffe der Reaktion und des Faschismus ein für allemal abzuschlagen ... Die Funktionäre beider Parteien versprechen hiermit, alles zu tun und daranzusetzen, in Zukunft dafür zu streben, daß baldigst die Einheit einer Arbeiterpartei geschaffen wird. Vorwärts im Geiste unserer großen Führer: Marx, Engels, Liebknecht, Lenin, Thälmann!"i")

In Buttstädt wurde die Vereinigung der Arbeiterparteien unterstützt durch den Genossen Werner Eggerath, damals Bezirksleiter der KPD in Thüringen, der im Februar 1946 in der Gaststätte „Zur Gemütlich- keit" zum Thema „Einheit der Arbeiterklasse" sprach."«) Ein Höhepunkt der Vereinigungsbewegung war der Vereinigungs-

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Parteitag der Thüringer Parteiorganisationen in Gotha am 6. und 7. April 1946. Zu den Sömmerdaer Delegierten gehörten die Genossen Franz Endter, Erich Heyl, Hermann Sonntag, Hugo Winter (KPD), Gertrud Häuf, Albin Krause, Kurt Neubert, Max Richter und Paul Schneider (SPD).''") Unmittelbar nach der Konferenz erstattete der Genosse Franz Endter den Genossen der SAG Transmasch. Bericht.'^®) Die Buttstädter Delegierten waren die Genossen Max Tanz, Ludwig Reinhardt, Edgar Warwas und Genosse Hofmann. In Kindelbrück wurde die Vereinigung im großen Sitzungssaal des Rat- hauses vollzogen. Hier waren die Vorsitzenden Theo Schmitt (KPD) und Theodor Schmidt (SPD)."2) Die Konstituierung der Kreisorganisation der Partei mit der Wahl der Leitung erfolgte in Weißensee, in der Gaststätte „Erholung", KPD und SPD stellten die gleiche Zahl von Leitungsmitgliedern. Vorsitzende wurden der Genosse Heinrich Hermann aus Erfurt (KPD) und der Ge- nosse Max Richter (SPD) aus Sömmerda.'-■') Nun konnte die nächste große Aufgabe — die Kommunalwahlen im Herbst 1946 — vorbereitet werden. Im Oktober 1946 sprach Wilhem Pieck dazu im Sömmerdaer Volkshaus.'-^) Diese Wahlen wurden ein Erfolg für die geeinte Arbeiterpartei. Im Kreistag Weißensee erhielt die SED die absolute Mehrheit, in der Sömmerdaer Stadtverordnetenversammlung bildeten die Genossen die stärkste Fraktion.'-®) Über die weitere Arbeit der Genossen berichtet Genosse Heyl.

„Im Kaffee Risse fand jeden Mittwoch eine Funktionärsversamm- lung statt. Ich messe diesen Versammlungen große politische Be- deutung bei. Die Konferenzen wurden durch die beiden paritätischen Vorsitzenden, Max Richter und mich, vorbereitet. Jedesmal wurde eine Information über Fragen der Versorgung, der Wohnraumwirt- schaft usw. gegeben, aber im Mittelpunkt stand jeweils ein politischer Vortrag. Es gab sehr heftige Diskussionen über grundsätzliche politische Fragen. Zum Beispiel die Oder-Neiße-Grenze, über Organisations- prinzipien und die Disziplin in der Partei, über Probleme von Mate- rialismus und Idealismus. Diese Funktionärskonferenzen waren eine gute Schule und eine Erziehung zur Parteilichkeit."'-'")

Das entspricht der Einschätzung der „Geschichte der SED" (Abriß), wo es heißt:

„Die Anwendung des Paritätsprinzips bei der Wahl der Leitungen hatte die Vereinigung beider Arbeiterparteien erleichtert. Es trug da- zu bei, die aus der KPD und der SPD kommenden Mitglieder der SED politisch-ideologisch enger zusammenzuschließen, das gegen- seitige Vertrauen zu festigen und die Einheit des Willens und Han- delns aller Mitglieder herbeizuführen. Durch das Paritätsprinzip wurde die demokratische Beratung über alle politischen und organisatorischen Fragen, die einheitliche Ver- wirklichung der gemeinsamen Beschlüsse gewährleistet. Praktische Kampferfahrungen der Mitglieder, das tiefere Eindringen in die marxistisch-leninistische Theorie und die daraus gewonnenen Ein- sichten führten dazu, daß aus der politischen und organisatorischen Einheit auch die ideologische Einheit der Partei erwuchs.'2')

Der Genosse Paul Schneider (SPD) wertete in seinem Erinnerungsbe- richt diesen historischen Prozeß so:

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„Es war für mich sowohl für alle, die an diesen historiscäien Tagen der Vereinigung beider Arbeiterparteien teilgenommen haben, das schönste Erlebnis in meiner politischen Tätigkeit. Mit Stolz können wir sagen, wir waren dabei und haben mitge- holfen, die Einheit zu schmieden!"^-8)

Die demokratische Bodenreform — erster Erfolg der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung

„Nach der Bildung der demokratischen Verwaltung rückte das Ringen um eine demokratische Bodenreform in den Mittelpunkt der Klassenauseinandersetzungen. Der Kampf um die Zerschlagung der Machtpositionen der Großgrundbesitzer wurde zur ersten großen Kraftprobe zwischen dem antifaschistisch-demokratischen und dem reaktionären Lager. Zwar bejahten alle antifaschistisch-demokratischen Parteien die Not- wendigkeit einer Bodenreform, aber nur die KPD verfügte über ein ausgereiftes Konzept für Ziel, Inhalt und Methoden einer kon- sequent antiimperialistisch-demokratischen Umwälzung auf dem Lande. Die Partei setzte damit unter den veränderten Bedingungen konsequent ihre marxistisch-leninistische Agrarpolitik fort, die sie in den Klassenkämpfen der Weimarer Republik und der faschisti- schen Diktatur entwickelt hatte."'-")

Die Ereignisse im Kreisgebiet von Sömmerda sind dafür eine Bestäti- gung. Im Gesetz über die Bodenreform des Landes Thüringen vom 10. Sep- tember 1945 heißt es im Artikel I:

„Die demokratische Bodenreform ist eine unaufschiebbare nationale, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit. Die Bodenreform muß die Liquidierung des feudal-junkerlichen Großgrundbesitzes ge- währleisten und der Herrschaft der Junker und Großgrundbesitzer im Dorfe ein Ende bereiten, weil diese Herrschaft immer eine Bastion der Reaktion und des Faschismus in unserem Lande darstellte und eine der Hauptquellen der Aggression und Eroberungskriege gegen andere Völker war. Durch die Bodenreform soll der jahr- hundertealte Wunsch der landlosen und landarmen Bauern von der Übergabe des Großgrundbesitzes in ihre Hände erfüllt werden. So- mit ist die Bodenreform die wichtigste Voraussetzung der demokra- tischen Umgestaltung und des wirtschaftlichen Aufstiegs unseres Landes."'^")

Zur unmittelbaren Verwirklichung der Bodenreform wurden bis zum 25. 9.1945 in den Gemeinden und Kreisen Kommissionen in einer Stärke von 5 bis 9 Personen gebildet.'-") Der Arbeiter Hermann Harzdorf aus Buttstädt war Mitglied der Landes- bodenkommission. Diese Kommissionen sorgten dafür, daß alle Junker und Großgrund- besitzer in ihrem Bereich enteignet wurden und das Land in die Hände von Klein- und Neubauern gelangte. Das klassische Beispiel dafür sind die Enteignungen in Beichlingen, Kölleda und Bachra, wo das Land der von Werthern enteignet wurde, die seit Jahrhunderten hier ihre feudale Machtposition innehatten. In Bachra wurden 75,8 ha LNF und 28,5 ha Wald an 19 Neubauern ver- geben, 13,2 ha LNF und 18,3 ha Wald kamen in die Hände landarmer Bauern. Zusätzlich erhielten sie aus dem Gutsbesitz 13 Pferde, 51 Rinder, 57 Schweine, 26 Ziegen und 150 Hühner.

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In Kölleda konnten von der Bodenkommission an ehemalige Land- arbeiter, landarme Bauern und Umsiedler 150 ha LNF, sowie zwei Waldgebiete (der Meißel bei Großmonra und der Finnberg bei Ostra- mondra) aus dem werthernschen Besitz übergeben werden. Darunter waren auch 60 ha des früheren Flugplatzes, die von denWertherns zum Flugplatzbau an den Staat verkauft worden waren. Auch diese Bauern erhielten noch Vieh und Gerät für ihre Wirtschaften aus den umliegen- den Gütern. Sieben Kölledaer Neubauern erhielten an der sogenannten Betonstraße Einfamilienhäuser, in denen vorher Unteroffiziere des Flugplatzper- sonals gewohnt hatten, als Wirtschaftsgebäude, die durch verschiedene Anbauten für diesen Zweck ergänzt wurden. Für vier Neubauern wur- den ebenfalls an der Betonstraße Neubauernhäuser errichtet. Auf diese Weise wurde der gesamte feudale Gutsbesitz im Kreisgebiet verteilt. In Sömmerda betraf das drei Güter: das des Gutsbesitzers Fricke, der sich beim Kapp-Putsch als grausamer Feind der Arbeiterklasse er- wiesen hatte, den Besitz des Ortsbauernführers Karl Köhler und das Gut Weißenburg. Auch dieses Land erhielten Kleinbauern, Arbeiter und Umsiedler. Etwa 40 Bürger erhielten aus diesem Fonds noch Land für Kleingarten- anlagen, bei der damaligen Ernährungslage eine hilfreiche Maßnahme. Die Sömmerdaer Neubauernhöfe lagen an der Salzmann-Straße und an der Thomas-Müntzer-Straße. In Kindelbrüdt wurden die in der Gemeindeflur gelegenen Ländereien der Kommende Griefstedt, eines Gutsbesitzers aus Kannawurf und eines Mühlenbesitzers in Kindelbrück an 14 landarme Bauern (44,60 ha) und 40 landlose Arbeiter (61,10 ha) verteilt. Im nahegelegenen Frömmstedt erhielten 51 landarme und landlose Bauern 480 ha aus den Besitzungen des Ortsgruppenleiters Schröder und der Gutsbesitzer Fricke und Nette (letzterer Grüningen). In Frömmstedt wurden 5 Neubauernhäuser gebaut, in Kindelbrück 3, eines der letzteren befindet sich gegenwärtig noch gegenüber der POS. In Buttstädt war das Stadtgut aufzuteilen: 9 Siedler, 7 Landarme, 10 Kleinpächter und 9 Neubauern erhielten insgesamt 127 ha. Die Neu- bauern bekamen dazu je eine Kuh, ein Pferd, einen Wagen, Gerät und Saatgut. Für sie wurden auch in den Jahren 1948/49 Neubauern- gehöfte geschaffen. Sie stehen — heute meist baulich verändert — am Ortsrand neben der Straße nach Weimar. Das Gut in Straußfurt stand zunächst unter sowjetischer Verwaltung, die für die Bodenreform 306 ha zur Verteilung bereitstellte, dazu kamen noch 12,15 ha aus dem Besitz eines Naziaktivisten. Aus diesem Fonds wurden 15 Neubauernwirtschaften gebildet. Jede erhielt zum Acker- land noch 1 ha Wiesenland. Weiter stellte die sowjetische Gutsverwaltung je ein Pferd oder einen Zugochsen und Weizen als Saatgut zur Verfügung. Aus Mitteln des Kreises wurde noch jeder Neubauern Wirtschaft kostenlos ein Acker- wagen übergeben. Zur gemeinsamen Nutzung standen ihnen zwei Feld- scheunen zur Verfügung. 1950 wurde das Straußfurter Gut zum Volksgut. In Rastenberg kam Land des Rittergutes Guthmannshausen zur Ver- teilung und bildete die Grundlage für drei Neub'auerngehöfte, die auf dem Gebiet der Wüstung Rockstedt errichtet wurden.^^^) Mit der Verteilung des Landes waren bei weitem die anstehenden Pro- bleme der Bodenreform nicht gelöst. Um ihrer wirtschaftlichen Funktion

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gerecht werden zu können, die für die Bevölkerung nötigsten Lebensmittel zu produzieren, mangelte es noch an Vielem. Ohne gegen- seitige Unterstützung war das nicht zu schaffen; so entstanden die Komitees für gegenseitige Bauernhilfe, die sich im Laufe unserer Ge- schichte zu einer starken, leistungsfähigen Organisation entwickelten. Genosse Viktor Bode schreibt dazu in seinem Bericht noch über eine weitere Hilfe:

„Besonders sei an dieser Stelle an die immer festzustellende per- sönliche Einsatzfreudigkeit des derzeitigen Kommandanten, Oberst- leutnant Kudrjaschew erinnert. Seine Aktivität und sein großes Wissen und Können in landwirtschaftlichen Fragen waren für die Erfüllung der uns gestellten Aufgaben eine große Hilfe."™)

Die Durchführung der Bodenreform war für die Beteiligten, besonders für die örtlichen Kommissionen, keine einfache Aufgabe. Den ersten Anstoß für ihre Wirksamkeit gab die erste Landesbauernkonferenz in Thüringen in Weimar, am 2. September 1945, wo die Enteignung der Großgrundbesitzer und Naziaktivisten gefordert wurde. Genosse Edwin Hoernle (KPD) sprach hier vor mehr als 1 000 Teil- nehmern über die Notwendigkeit, die Ziele und Methoden der Boden- reform als längst fälliger historischer Aufgabe. Am 8. September 1945 erfolgte der Aufruf des ZK zur Durchführung der demokratischen Bodenreform.'^'') Die nun wirksam werdenden Kommissionen hatten mancherlei Wider- stände zu überwinden. Es gab Bedenken bei Mitgliedern der LDPD und CDU, aber auch bei einigen Funktionären der SPD gegen eine entschädigungslose Enteignung. Bei manchem Bauern bestand auch die Befürchtung, daß die neue Ordnung nicht von Dauer und die Rache der Gutsbesitzer zu befürchten sei. In Sömmerda erhielten Mitglieder der Bodenkommission Drohbriefe. Trotzdem setzte sich unter aktivem Einsatz der Genossen die Boden- reform durch. Als Beispiel sei wieder der Genosse Viktor Bode ge- nannt, der 1949 für seine Verdienste bei der Durchsetzung der Boden- reform ausgezeichnet wurde. Überall waren Genossen bemüht, ideologische Klarheit über die Not- wendigkeit der Bodenreform zu schaffen. Besonderen Einsatz erforderte der rasche Aufbau der Neubauerngehöfte, daher leisteten in Buttstädt Mitglieder der Parteiorganisationen, die Mitglieder der Stadtverwal- tung, die FDJ und andere Kräfte Hilfe bei den Ausschachtungsarbeiten. In Sömmerda bezahlte die Stadtverwaltung (unter Leitung des Ge- nossen Bode) vierzig Arbeitskräfte für die Bauarbeiten, stellte Material zur Verfügung und übergab jedem Neubauern noch einen Finanzzu- schuß von 300,— Mark.'^5) In Kölleda erhielt jeder Neubauer 5 000,— Mark und Baumaterial aus dem Abrißbestand des ehemaligen Fluplatzes. Hier setzte sich der Kommunist Hugo Launicke aktiv für die Reform ein. Schnelle Hilfe wurde auch bei der Instandhaltung und Reparatur der Geräte und landwirtschaftlichen Maschinen gebraucht. Dabei zeigte sich die Bewährung des Klassenbündnisses zwischen Arbeitern und Bauern besonders deutlich: Die SAG TOTMASCH (Rheinmetall) stellte einhundert Werktätige zur Hilfeleistung bereit. In Sömmerda wurde eine Reparaturwerkstatt für diese Zwecke eingerichtet. Als dann am 23. Dezember 1945 in Sömmerda der 1. Bauerntag statt- fand, konnte hier festgestellt werden, daß die ersten Schritte der Reform mit Erfolg durchgeführt worden waren.

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Genosse Sonntag sprach in seiner Eigenschaft als Landrat zu 750 Teil- nehmern dieser Versammlung; außer ihm ergriffen aber auch weitere Vertreter der beiden Arbeiterparteien, der CDU und der Bauern das Wort. Ein Redner sprach als Vertreter der Arbeiter des Rheinmetall- werkes. Der Anfang war gemacht, nun galt es, auf diesem Weg weiter erfolg- reich voranzuschreiten. Rückblidiend sagt darüber der Genosse Franz Hübner aus Wunders- leben:

„Es war ein schwerer Anfang für uns, aber wir fühlten uns damals stolz und glücklich, freie Bauern auf eigenem Grund und Boden zu sein. Nur durch den festen Willen und durch die Unterstützung der Arbeiterklasse und ihrer Partei konnten wir uns bestätigen, und ich bin heute noch stolz auf das, was wir geleistet haben."'®')

Genosse Hermann Harzdorf (12.9.1898 bis 15.7.1978), Mitglied der Landesbodenkommission und der Ortsbödenkommissi'on. Foto: Klaus Weber, Buttstädt

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Dokument von Hermann Harzdorf, das ihn als Mitglied der Landes- bodenkommission ausweist. Foto: Fotothek des Heimatmuseums Buttstädt

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Beim Bau der Neubauernhäuser in Buttstädt. Foto; Fotothek des Heimatmuseums in Buttstädt

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Beim Bau der Neubauernhäuser in Buttstädt. Foto: Fotothek des Heimatmuseums Buttstädt

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Die antifaschistisch-demokratische Schulreform — umfassendste demokratische Aktion im Bereich der Ideologie und Kultur

In Sömmerda und anderen Orten unserer Heimat waren durch die Faschisten Ende März 1945 die Schulen geschlossen worden. Der Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945 wendete sich auch der antifaschistisch-demo- kratischen Schule als einer der unmittelbarsten und dringendsten Auf- gaben zu. Er forderte die

..Säuberung des gesamten Erziehungs- und Bildungswesens von dem faschistischen und reaktionären Unrat. Pflege eines wahrhaft demo- kratischen, fortschrittlichen und freiheitlichen Geistes in allen Schulen und Lehranstalten."''')

Am 13. September 1945 erließ die SMAD die Anordnung über die „Vorbereitung der deutschen Schulen für den Beginn des Unterrichts".

Es wurde angewiesen, Maßnahmen zu treffen, die eine Befreiung des Unterrichts und der Erziehung von nazistischen und militaristischen Elementen garantierten. Alle Schulen wurden der deutschen Selbst- verwaltung unterstellt. Aus den Reihen der Antifaschisten sollten neue Lehrer gewonnen werden. Die Benutzung der faschistischen Lehrbücher wurde verboten, die Herausgabe neuer Lehrbücher mit humanistischen und demokratischen Inhalten sollte vorbereitet werden.'^) Auf der Grundlage dieser Anordnung erfolgten die entsprechenden Festlegungen der Zentralverwaltung für Volksbildung. Diese war Ende Juli 1945 unter der Leitung des Kommunisten Paul Wandel gegründet worden. Dem folgte der „Aufruf des Landesamtes für Volksbildung des Landes Thüringen, Weimar, zur Schuleröflnung am 1. Oktober 1945". Dort heißt es u. a.:

„Unsere neue demokratische Schule, das wird die Schule sein für das Volk. Sehr oft war die Schule in der Vergangenheit eine Schule gegen das Volk. Sie muß werden zu einem gemeinsamen, öffent- lichen Interesse der Schuljugend, der Eltern, der Gewerkschaften, des Blockes antifaschistischer Parteien und der Verwaltungsorgane. Wir eröffnen am 1. Oktober unsere neue demokratische Schule! An die Arbeit! Weimar, (vor dem 1. Oktober) 1945"'^^

Am 18. Oktober 1945 erschien ein Aufruf des ZK der KPD und des ZA der SPD zur demokratischen Schulreform. Er unterbreitete die Grund- sätze für die demokratische Erneuerung der Schule. Gefordert wurde die Besetzung der leitenden Schulfunktionen mit bewährten Anti- faschisten, Säuberung des Lehr- und Verwaltungspersonals von faschistischen und militaristischen Elementen, beschleunigte Ausbildung von Antifaschisten für den Lehrerberuf, Ausarbeitung neuer Lehrpläne und Lehrbücher. Weiterhin wurde die Durchführung einer Reform des gesamten Hochschul- und Universitätswesens verlangt. Die Bildungs- privilegien sollten durch den Aufbau eines einheitlichen Schulsystems gebrochen werden.'^") Diese Aufgabenstellung stand nun auch vor den Antifaschisten unseres Kreisgebietes. Sie traten ein schweres Erbe an. Die Faschisten hatten dem deutschen Volk auf allen Gebieten des Lebens ein Chaos hinter- lassen.

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„Die Mehrheit des Volkes sah keinen Ausweg aus dieser kata- strophalen Lage. Hoffnungslosigkeit und Resignation hatten um sich gegriffen. Weit verbreitet war die Furcht, die anderen Völker könnten nun für die vom deutschen Faschismus begangenen Ver- brechen Vergeltung üben. Viele standen noch unter dem Einfluß der verlogenen faschistischen Parolen. Zugleich wuchs aber auch die Zahl derer, die nachzudenken begannen, die nach einem neuen, besseren Weg suchten."'^')

In Sömmerda mußten 28 Lehrer 1 877 Schüler unterrichten, dazu standen ihnen 24 Klassenräume zur Verfügung. In Kindelbrück unterrichteten 9 Lehrer 580 Schüler in fünf Gebäuden mit insgesamt 6 Räumen. Es ergaben sich Klassenstärken mit 60 Schülern. In Straußfurt wurde in zwei Gebäuden unterrichtet. Dort kamen Klassenstärken mit 40, 50 und in einem Fall sogar 70 Schülern vor. Diese Situation läßt sich im Vergleich mit der heutigen am besten er- hellen :

1946 1984 Sömmerda Lehrer und Erzieher 28 394 Schüler 1 877 3 711 Buttstädt Lehrer und Erzieher 5 46 Schüler 1 000 545 Rastenberg Lehrer und Erzieher 8 39 Schüler 600 402 Die weiteren materiellen Bedingungen waren nicht besser: Es fehlten Hefte und anderes Schreibpapier, auch mit Kreide mußte sehr gespart werden. Am schlimmsten wirkte sich der Mangel an Heizmaterial aus. Die drei großen Niederdruck-Dampfheizkessel der Schule in Sömmerda benötigten im Winter täglich mindestens 30 Zentner Braunkohlen- briketts. Meist war aber nur weniger als ein Drittel dieser Menge vor- handen, und wenn die Genossen der sowjetischen Kommandantur nicht mit Transportraum helfen konnten, gab es wochenlang keine Wärme in der Schule. Eine Besserung kam erst zustande, als der Hausmeister und ein Neulehrer in Tag- und Nachtarbeit die Heizungsanlage so um- bauten, daß auch Kohlengrus als Brennmaterial genutzt werden konnte. Die Buttstädter Schule hatte im Oktober 1946 von den nötigen 600 bis 800 Zentnern Kohle erst 80 Zentner, täglich mußten 13 eiserne Öfen geheizt werden! Die Schüler mußten klassenweise in den Rastenberger Forst ziehen, um Brennholz zu sammeln. Dazu kam, daß nach der Nutzung des Hauses durch die USA-Besatzung an vielen Fenstern das Glas durch Pappe ersetzt werden mußte. In allen Schulen war die gleiche Situation; in den Wintermonaten behielten zuweilen Lehrer und Schüler ihre Mäntel an, um im Unterricht nicht zu frieren. Schwierigkeiten machten auch manche Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken wollten, weil sie mithelfen sollten, Lebensmittel zu „organisieren". Manche Kinder wurden direkt zum Felddiebstahl angehalten. Auch fehlendes Schuhwerk war die Ursache dafür, die Schule nicht zu besuchen. Das war das Erbe, das der Faschismus im Volksbildungswesen hinter- lassen hatte.

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Zu der sdiweren ideologischen Aufgabe trat noch die Überwindung be- träclitlicher materieller Probleme. Trotzdem fanden sich Antifaschisten, die bereit waren, sich hier mit ihrer ganzen Kraft einzusetzen. Bereits im Jahr 1945 begann in Kölleda ein Neulehrerkurs. Nachdem er zunächst in einem Gasthaus („Zur Quelle") begonnen hatte, wurde ihm nach einigen Wochen der alte Feudalsitz derer von Werthern, Schloß Beichlingen, als Stätte des Lernens zugewiesen. Leiter des Lehr- gangs war der SPD-Genosse Toepfer. Einer der Teilnehmer, Genosse Werner Pruß, Kölleda, berichtet über diese Zeit, daß die Kursteilnehmer mit Eifer lernten, daß aber nicht alle Lehrer dort im Sinne dieser Reform aufgeschlossen waren, den Einsatz der Neulehrer als notwendiges Übel, als kurzfristige Übergangs- lösung auffaßten; die der Politik der Arbeiterparteien mit Vorbehalten gegenüberstanden; sie waren Antifaschisten, was aber nicht besagt, daß sie auch bereit waren, eine fortschrittliche Politik durchsetzen^ zu helfen, die konsequent mit allen reaktionären Traditionen brach.'^2) So versäumte audi der damalige Kölledaer Schulrat — er war während des Krieges von Berlin nach Bachra gezogen — keine Gelegenheit, die Neulehrer ihre Schwächen auf peinliche Weise fühlen zu lassen. Solclie unter ihnen, die sich besonders aktiv für die Politik der Arbeiterpar- teien einsetzten, bekamen das auch in den Abschlußprüfungen zu spüren. So machte sich bald die Ablösung dieses Schulrats erforderlich."'-') Sein Nachfolger war bereits ein Neulehrer, es war der Genosse Werner Pruß, dessen Vater schon als Genosse der KPD in Kölleda seinen Ein- satz geleistet hatte und zu den Aktivisten der ersten Stunde gehörte. Werner Pruß setzte nun mit seinen Kollegen unter Einsatz seiner ganzen Kraft die demokratische Schulreform in Kölleda durch.''"'") Als dann im Jahre 1952 in der DDR die Verwaltungsreform durchge- führt wurde und der Kreis Sömmerda entstand, ging Werner Pruß wieder in die Schulklasse und erwies sich als erfolgreicher Lehrer, Direktor und Erforscher der Heimatgeschichte. Mit zahlreichen Aus- zeichnungen wurde sein Einsatz von unserem Arbeiter-und-Bauern- Staat gewürdigt, unter anderem wurde er auch zum Studienrat ernannt. Ein anderer aktiver Genosse aus dem Kreis der ersten Neulehrer war der Genosse Martin Brill, der maßgeblichen Anteil am Aufbau und der Entwicklung der Gewerkschaft der Lehrer und Erzieher in Kölleda hatte. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand wirkte er als aktiver Funktionär der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung. Jahrzehnte- lang arbeitete er als erfolgreicher Lehrer und Direktor. Sedne Erfah- rungen als Geschichtslehrer vermittelte er als langjähriges Mitglied der Fachkommission Geschichte des Kreises Sömmerda. Besonders zu erwähnen sind auch der Neulehrer Genosse Georg Hähnel, damals ein junger parteiverbundener Arbeiter, später Direktor der Salz- mannschule, Studienrat und „Verdienter Lehrer des Volkes" sowie der Genosse Hans Gutjahr aus Sömmerda, der später Professor und Mit- arbeiter im Ministerium für Volksbildung wurde, oder Oberstudienrat Horst Funk, der heute als Direktor des Pädagogischen Kreiskabinetts für die weitere Entwicklung unserer sozialistischen Schule seinen Ein- satz leistet. In den Monaten Oktober/November 1945 konnte der Schulunterricht im Kreisgebiet an den meisten Schulen wieder aufgenommen werden. Die Raumnot zwang zu Vor- und Nachmittagsschichten. In Sömmerda begannen schon am 1. März 1946 neun Neulehrer ihre

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Tätigkeit. Die feierliche Einführung der großen Mehrzahl der Neulehrer erfolgte jedoch erst am 1. September 1946. Bis zu diesem Termin liefen noch die Lehrgänge, in denen die neuen Lehrer auf ihren Dienst vor- bereitet wurden. Die Absolventen wurden mit der Dienstbezeichnung „Lehramtsbewerber" an die Schulen entlassen. Als Beispiel der Einführungsveranstaltungen für die Neulehrer in ihren Dienstorten sei Buttstädt angeführt. Im Saal der Gaststätte „Zur Gemüt- lichkeit" versammelten sich mit den Neulehrern, die meist an dem Lehrgang in Weimar teilgenommen hatten, die Vertreter der Parteien, der Gewerkschaft, der FDJ, des Frauenausschusses, der Stadtverwaltung und natürlich auch der Eltern. Schulrat Hohnroth (CDU) aus Weimar hielt die Festrede. Das Butt- slädter „Kulturorchester" sorgte für die musikalische Umrahmung. Der Redner wies auf die große Verantwortung hin, die diese neuen Lehrer jetzt zu übernehmen hatten: Erziehung und Bildung zu humanistischer Gesinnung und demokra- tischer Haltung. Die Vertreter der Parteien versicherten den Lehrern, daß sie diese Arbeit nach Kräften unterstützen wollten. Am Nachmittag fand ein Kinderfest statt, bei dem die Kinder durch den Einsatz des Frauenausschusses Milch und Kuchen erhielten. Als am nächsten Tag der Unterricht begann und die Schulneulinge der 1. Klasse in ihre Zuckertüten blickten, fanden sie jeweils darin aucli ein Pfund Bonbon, eine Spende der SMAD. Die Arbeit der neuen Lehrer war aber mit 30 Wochenstunden Unter- richt noch nicht abgeleistet. Zunächst waren es zwei Prüfungen, auf die sie sich vorbereiten mußten: die erste und die zweite Lehrerprüfung, später kamen noch Fernstudium und Fachlehrerprüfung dazu. Eine Prüfung hatten sie aber täglich zu absolvieren: die Prüfung vor der Klasse im Schulzimmer. Es galt, Lehrstoff einzuprägen und metho- dische Überlegungen anzustellen. Das konnte ohne Hilfe nicht mit Erfolg geschehen, daher gab es einen unterrichtsfreien Tag in der Woche zu Studienzwecken (ohne Kürzung der Stundenzahl!). In Sömmerda war dies der Mittwoch, in Buttstädt der Samstag. An diesen Tagen trafen sich die Kollegen mehrerer Schulen eines gewissen Bezirkes, der Konferenzbezirk genannt wurde. Erfahrene Altlehrer (so nannte man ausgebildete Lehrer, die nicht der NSDAP angehört hatten und daher weiter an den Schulen arbeiteten), unterrichteten hier in Methodik, Schulrecht, Pädagogik und (wie man es damals nannte) Gegenwartskunde. Letzteres vor allem mit dem Ziel, den neuen Lehrern die politische Situation und die für sie daraus erwachsenden Aufgaben zu verdeutlichen.'''') Es sei aber auch nicht der hohe Aufwand an Krsift und Zeit vergessen, den viele Neulehrer neben ihrer Schularbeit einsetzten, um in Par- teien, Massenorganisationen — besonders in der FDJ- und in der Volks- kongreßbewegung, aber auch in Volksvertretungen und Ausschüssen dem Neuen zum Durchb'ruch zu verhelfen. Besonders auf dem Lande entwickelte sich der neue Lehrer vielfach zum „Mädchen für alles", doch auch in den Städten wurde mancher von ihnen zum „Multifunktionär". Welche gesellschaftliche Anforderung auch gestellt wurde: Diese Lehrer waren dabei. Persönliche Belange — und mochten sie noch so berechtigt sein — mußten zurücktreten. Dabei wurden diese Leistungen freudig erbracht, obwohl mancher Zeit- genosse darüber spottete, so von den bereits genannten Sömmerdaer und Kölledaer Genossen, oder von dem Genossen Heinz Döhler, der

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maßgeblich an der Entwicklung der Ortsparteiorganisation der SED in Buttstädt beteiligt war. Im Herbst 1946 trafen die ersten Lehrbücher in den Schulen ein. Sie wurden kostenlos an die Schüler ausgegeben. Diese Bücher deckten aber bei weitem nicht den Bedarf an Lehrbüchern für die verschiedenen Fächer. So schrieben sich in Nachtstunden die Kollegen aus alten Lehr- büchern — die vor der Nazizeit in der Weimarer Republik herausge- kommen waren — handschriftliche Stoffsammlungen ab.''''') Besondere Schwierigkeiten hatten viele Lehrer, da sie Umsiedler waren, mit der Heimatkunde. Auch sie leisteten Beachtliches in der Sammlung von Material. Es ist bekannt, daß Lehrer des Kreises Schreibhefte dazu benutzten, für jeden ihrer Schüler ein Leseheft für Leseübungen selbst zu schreiben. Die übergroße Mehrzahl der Neulehrer leistete eine große Arbeit, um ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag gerecht zu werden. Auch über den Unterricht hinaus waren sie verant- wortungsbewußt bemüht, alle Schüler so gut wie möglich zu fördern. So Frau Lemke in Sömmerda, Umsiedlerin mit sechs eigenen Kindern, die noch Zeit und Kraft fand, außerhalb des Unterrichts mit leistungs- sclawachen Schülern zu arbeiten.

„Die Schulreform, die umfassendste antifaschistisch-demokratische Aktion im Bereich der Ideologie und Kultur, säuberte das Bildungs- wesen nicht nur vom Ungeist des Faschismus und Militarismus, sondern führte zugleich auch zur Brechung des jahrhundertealten Bildungsprivilegs der besitzenden Klassen. Eine Grundforderung der deutschen Arbeiterbewegung und fort- schrittlicher Pädagogen wurde damit verwirklicht."'")

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Der erste Neulehrerlehrgang im Beichlinger Schloß. Foto: privat

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Neulehrer Werner Pruß, vom 1. 8.1950 bis 1. 9.1952 Schulrat im Land- kreis Eckartsberga. Foto: privat

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Die Uberwindung des imperialistischen Systems auf wirtschaftlichem Gebiet

Im Grundriß der Geschichte heißt es: „Diese antiimperialistisch-demokratischen Aufgaben fanden ihre Zu- sammenfassung in der Forderung nach einer parlamentarisch-demo- kratischen Republik mit allen Rechten und Freiheiten für das Volk. Das bedeutete, daß eine einheitliche deutsche Republik nur auf anti- imperialistischer Grundlage, als ein Staat ohne Monopole und Junkertum entstehen konnte. Mit ihrem Aktionsprogramm richtete die KPD den Hauptstoß gegen Faschismus und Militarismus und deren Träger. Da der Faschismus die offene Diktatur der reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals war, zielte dies auf die Überwindung des imperialistischen Systems." i-iS)

Die in dieser Hinsicht entscheidende Aufgabe der Arbeiterklasse unseres Kreisgebiets, besonders aber der Sömmerdaer Arbeiter, war die Beseitigung der imperialistischen Waffenschmiede der „Rheinmetall- Borsig-AG Sömmerda". Der Jahresumsatz dieses Werkes betrug 1944 das Doppelte von 1936; der Anteil der Rüstungsproduktion an der Gesamtproduktion belief sich auf 93,6 %. der Bruttoprofit war von 1939 bis 1944 auf 124,5 % ange- wachsen.''''') Auch bei der gnadenlosen Ausbeutung der zwangsverpflichteten Arbeits- kräfte aus den vom Faschismus besetzten Gebieten leistete das Werk seinen unrühmlichen Anteil. 1944 betrug die Zahl dieser Zwangsarbeiter 4 617, darunter 1 294 weibliche Häftlinge aus dem KZ Buchenwald.'^'') Am 3. April 1945 setzte der Kriegsverlauf dieser Produktion ein Ende. Das Werk wurde stillgelegt. Am 11. April 1945 erfolgte die Besetzung durch die Truppen der USA. Die Direktoren von „ Rheinmetall-iBorsig" blieben in ihren Funktionen. Die Arbeiter wurden mit Aufräumungs- arbeiten beschäftigt, eine Umstellung der Produktion erfolgte nicht. Damals schon formierte sich unter den Arbeitern des Betriebes ein illegales antifaschistisches Komitee mit 40 Mitgliedern.

„Die relativ kurze Zeit des Aufenthaltes der Amerikaner in Söm- merda hatte jedoch gereicht, wichtige Dokumente, Materialien, Unter- lagen, Patente, Erfindungen usw. zu stehlen und Fachleute in die Westzonen mitzunehmen."'-''')

Das Werksarchiv sagt darüber aus, daß sich der Wert der dem Betrieb entzogenen Ausrüstungen auf 28 225,— Reichsmark belief, daß 17 Per- sonen, darunter 6 Werkdirektoren auf Veranlassung der US-Besatzung sich der Konzernleitung im Westen zur Verfügung stellten. Der Wert der mitgenommenen Patente und Konstruktionsunterlagen ging in die Millionen. Mit dem Einrücken der Roten Armee im Juli 1945 wurde ein neuer, entscheidender Abschnitt der Geschichte des Werkes eingeleitet. Das Betriebsarchiv berichtet darüber:

„18.9.1945,... in eiiier Besprechung in Sömmerda mit Vertretern der Präsidialkanzlei des Präsidenten des Landes Thüringen, des Landrates des Kreises Weißensee, Gen. Sonntag, des Bürgermeisters der Stadt Sömmerda, Gen. Bode, und Vertretern der Firma Rhein- metall-Borsig-AG Sömmerda, werden weitere Maßnahmen zur Durch- setzung der Befehle 124 und 126 festgelegt, insbesondere die Tren- nung des Werkes Sömmerda von dem Konzern „Rheinmetall-Borsig-

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AG Berlin", die Hauptaufgabe der neuen Werkdirektoren und die Umstellung des Werkes auf Friedensproduktion. "'5^)

Im Juli 1946 wird die Firma „Rheinmetall-Borsig-AG", Werk Söm- merda. als SAG-Betrieb in den Verband der sowjetischen AG „TOT- MASCH" übernommen. Genosse S. M. Iljin wird als Generaldirektor eingesetzt. Es beginnt jetzt eine sichtbare Steigerung der Arbeitsproduktivität, die Produktion von Artikeln für den friedlichen Aufbau stabilisiert sich.

„So konnten 1952 in den Ergebniszahlen eine wertmäßige Produktion in Höhe von 87,8 Mio Mark und eine Steigerung der Arbeitsproduk- tivität gegenüber 1946 um 20 % vermerkt werden. 1946 lag der Wert der Produktion bei 9 Mio Mark."'^')

Bereits Ende 1945 war die Produktion von Schreibmaschinen schon an- gelaufen. Im Dezember 1945 hatte das Werk wieder 2 448 Beschäftigte. Den damaligen Bedingungen und Anforderungen entsprechend, stellte das Werk die unterschiedlichsten Produkte her: Drehbleistifte, Kämme, Fotoapparate, Episkope, aber auch Bohrhämmer und Dreifräsermeißel, dringend benötigt beim Wiederaufbau der Wirtschaft der SU. Im Jahre 1949 zeigten sich bereits die Anfänge der uns heute bekannten Profilierung des Werkes; die Produktion von Rechen- und Fakturier- maschinen war angelaufen. Einen solchen Aufschwung ihres Betriebes herbeizuführen, sahen die Werktätigen des Betriebfes als ihre Klassenpflicht an. Die im Aprtil 1946 gegründete Betriebsgruppe der SED bewirkte, daß sich die Genossen an die Spitze der Wettbewerbsbewegung setzten, das Bündnis mit der Intelligenz enger knüpften und daß eine Entnazifizierung der Kader in den leitenden Funktionen erfolgte. Die Schlüsselstellungen im Werk wurden Antifaschisten übertragen. Große Sorge machte der notwendige Einsatz von Spezialisten, von denen viele Mitglieder der NSDAP gewesen waren. Bereits 1946 wurde eine Werksküche eingerichtet. Ohne Klarheit in den Köpfen konnten aber alle diese Aufgaben nicht gelöst werden. Daher wurde ab 1948 am Aufbau einer Betriebspartei- schule zum Studium des Marxismus/Leninismus gearbeitet. 1951 lief mit 23 Zirkeln das erste Parteilehrjahr an. Die Haltung der sow.ietischen Administration und der sowjetischen Werksleitung hatte auch zu einem grundlegenden Wandel der Einstel- lung vieler Werktätiger gegenüber der Sowjetunion geführt. Schon 1946 wurde im Werk die Gesellschaft der „Freunde der Sowjetunion" gegründet. Am 14. September 1949 konstituierte sich die Betriebsgruppe der DSF mit 112 Mitgliedern, bis Jahresende war die Mitgliederzahl auf 1 000 angewachsen. Unter sowjetischer Leitung lernten die Werktätigen des Betriebes, wie sozialistische Betriebe geleitet werden, welche Aufgaben die Arbeiter- klasse als herrschende Klasse in der Wirtschaftsführung zu lösen hat. Am 3. Juni 1952 war der Tag gekommen, an dem das Werk in die Hände der deutschen Arbeiterklasse übergeben werden konnte. Aus dem ehemaligen Konzernb'etrieb imperialistischer Rüstungsproduktion war ein volkseigener Betrieb für eine friedliche Produktion zum Wohle des ganzen Volkes geworden. Sein erster Direktor wurde der Genosse Erich Liebig. Ein weiterer Schwerpunkt des Kampfes der Arbeiterklasse des Kreises Sömmerda zur Überwindung des imperialistischen Systems lag in Kölleda, beim ehemaligen Luftzeugamt, einem Militärflugplatz, welcher

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der Versorgung der faschistischen Luftwaffe mit Ersatzteilen und Reparaturleistungen diente. Diese Einrichtung hatte auch zur Stationie- rung von Militär im Stadtgebiet geführt, wodurch si'ch ebenfalls eine nicht zu unterschätzende ideologische Einflußnahme auf die Bevölke- rung im Sinne der imperialistischen Politik auswirkte. In den noch vorhandenen Gebäuden und Materialvorräten sahen Kölledaer Genossen und Antifaschisten die Möglichkeit, eine Friedens- produktion zu beginnen. An der Stelle einer militärischen Anlage zur Durchsetzung imperialistischer Eroberungspläne sollte ein Werk ent- stehen, das mit friedlicher Produktion die ökonomischen Positionen der Arbeiterklasse stärken hilft. Eine Zielstellung, von der wir heute wissen, daß sie mit der international anerkannten Stellung des VEB Funkwerk Kölleda erfüllt wurde. Der sowjetische Stadtkommandant, Oberstleutnant Jeremin, setzte sich dafür ein, daß die Bitte der Genossen und Antifaschisten erfüllt wurde, die Gebäude am Flugplatz nicht zu sprengen, wie es eigentlich mit einer militärischen Anlage dieser Art hätte geschehen sollen. Am 14. Oktober 1945 beantragte Genosse Hugo Launicke in seiner Eigenschaft als Landrat beim sowjetischen Kommandanten des Kreises Eckartsberga die Genehmigung zur Errichtung eines Industriebetriebes auf genossenschaftlicher Grundlage in den Gebäuden und auf dem Ge- lände des ehemaligen Luftzeugamtes, sowie die dazu nötige Freigabe der in den dortigen Hallen lagernden Materialbestände. Es konnte auch schon ein Produktionsprogramm vorgelegt werden: Radioapparate, Dreh- kondensatoren, Transformatoren und Lautsprecher wollten die Arbeiter herstellen. Am 18. September 1945 waren sie schon darangegangen, mit den Auf- räumungsarbeiten zu beginnen: Karl Thormeyer, Heinz Brendel, Alfred Reichelt, Wilhelm Kanschak, Hermann Boytin, Alfons Kirchner und Hermann Strobel hatten die Initiative dazu ergriffen und fanden bald weitere Helfer. Am 13. Oktober 1945 beginnt die Produktion des „ NEUTROWERKES" auf genossenschaftlicher Grundlage. Ende 1945 zählt der Betrieb schon 145 Mitarbeiter. Arbeiter hatten in Eigeninitiative eine neue ökono- mische Bastion im Kampf gegen den Imperalismus geschaffen. Der Anfang war nicht leicht, der persönliche Einsatz jedes Mitarbeiters hoch. Aber auch jetzt blieb die Unterstützung der sowjetischen Freunde nicht aus, sie stellten den Arbeitern des „NEUTROWERKES" 30 000,— Mark als Anfangskapital zur Verfügung und gaben ihnen entscheidende Hilfen bei der Beschaffung des ersten großen Auftrags von 5 000 Ver- stärkern. Die Notwendigkeit erforderte es, zunächst auch solche Konsumgüter herzustellen, die nitht direkt zum angestrebten Produktionsprofll paßten: Tisdileuchten und Kochtöpfe. Auch hier entwickelte sich eine starke Betriebsparteiorganisation der SED, deren Einsatz zu den späteren großen Erfolgen beitrug und auch die Einsicht förderte, daß ein Betrieb dieser Art nicht auf die Dauer als Genossenschaft arbeiten konnte. So wurde aus dem genossenschaft- lichen „NEUTROWERK" am 7. Oktober 1948 der VEB Funkwerk Kölleda. Noch weitere volkseigene Betriebe entwickelten sich in jenen Jahren und stärkten die ökonomische Stellung der Arbeiterklasse. Zu den ersten gehören die Ziegelei in Sömmerda, die Zuckerfabrik in Straußfurt, die Kofferfabrik in Kindelbrück und die Thüringer Konservenfabrik in Buttstädt.

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In der Geschichte der SED — Abriß — heißt es dazu; „Anhand der grundlegenden Lehren von Marx, Engels und Lenin, die vielen Mitgliedern noch unbekannt waren, mußte die Partei in ihrer ideologischen Arbeit erklären, daß die Übergabe der Be- triebe in das Eigentum des gesamten Volkes und deren Leitung durch die neuen demokratischen Staatsorgane die entscheidenden Voraussetzungen waren, um die für den Kapitalismus charakteristi- sche Spontaneität, Planlosigkeit und Anarchie der Produktion zu beseitigen. Nur auf diesem Wege war es möglich, die Arbeit so zu organisieren, daß die schweren Kriegsfolgen, Hunger und Not über- wunden, die Errungenschaften der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung gesichert und weiter ausgebaut werden kennten."^®')

DOKUMENTE

Anlage 1 Kindelbrücker Zeitung vom 15. August 1935: Bürgermeister Schmidt klagt, daß Bürger es wagen,

„den Führer und seine Mitkämpfer verächtlich zu machen und herabzuwürdigen, sowie durch Wort und Tat die Abneigung gegen- über dem nationalsozialistischen Staat und seinen Einrichtungen zum Ausdruck zu bringen ... Ich warne alle Beteiligten letztmalig und weise ausdrücklich darauf hin, daß fernerhin einem solchen Treiben mit den schärfsten Mitteln entgegengetreten werden müßte. Wer den Nationalsozialismus nicht verstehen will und nicht zur Mitarbeit am Staatsaufbau bereit ist, hat nur ein Recht, nämlich das, zu schweigen. Es muß insonderheit als eine Herausforderung der nationalsozia- listischen Bevölkerung angesehen werden, wenn der deutsche Gruß bewüßt mit den Grußformen „Guten Morgen" usw. erwidert oder gar in abgeänderter Form gebraucht wird. Einwohner, die sich nicht offen zum Nationalsozialismus bekennen und dieses Bekenntnis durch die Tat beweisen, haben künftig nicht mehr damit zu rechnen, daß sie zu städtischen Arbeiten und Liefe- rungen herangezogen werden."

Stadtarchiv Kindelbrück, zitiert nach Helmut Wirth, Manuskript zur Geschichte der LPG in Kindelbrück, z. Zt. noch nicht veröffentlicht.

Anlage Z Ohne Anschrift (K. M.) Max Tanz, geb. am 29. Mai 1902 zu Buttstädt, war Führer der ehe- maligen KPD und hat als solcher eine große Rolle gespielt. Ich traue Tanz zu, daß er sich heimlich immer noch für die kommu- nistische Tätigkeit einsetzt und sich damit in staatsgefährdendem Sinne betätigt und eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bietet. Das Benehmen bei Tanz läßt bei seinem Auftreten auch insofern darauf schließen, als er mit besonders merkbarer zynischer Miene an allen heuen Einrichtungen vorübergeht. Buttstädt, den 28. Oktober 1936

Der Bürgermeister Jacob

Original im Heimatmuseum Buttstadt, Dokumentensammlung zur Orts- chronik, örtliche Arbeiterbewegung Mappe Max und Hermann Tanz.

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Anlage 3 Das wahre Gesicht der Nazis ! ! ! An der gestrigen Versammlung, welche von der NSDAP einberufen wurde, konnte die Rastenberger Einwohnerschaft wieder einmal fest- stellen, wes Geistes Kind die Nazis sind. Der Schwindel der Nazis entpuppte sich gleich am Anfang der Ver- sammlung. Die Anwesenden mußten feststellen, daß der vielgepriesene angebliche Tscheka-Agent Klötzner nicht anwesend war. Nazi-Fischer versuchte es mit einem Entschuldigungsgestammel zu beschönigen, daß die Versammlung von den Nazis betrogen worden sei. Er faselte etwas von einem Blutsturz Klötzners. Wir aber wissen, daß der Name Klötzner für die Versammlung nur Reklame sein sollte. Wir verstehen nicht, daß wie viele Besucher feststellen konnten, die SA der umliegenden Dörfer mit Gehstöcken in das Lokal einziehen konnte. Die SA hatte sich sozusagen schon richtig für eine Saalschlacht vorbe- reitet. Ihr Vorhaben scheiterte an der guten Disziplin der Kommunisten. Bei Eröffnung der Versammlung gab Fischer gleich bekannt, daß die Nazis während des Wahlkampfes keine Diskussion zulassen (sonst auch nicht). Wir Kommunisten wissen ganz genau, die Nazis verleumden uns in ihren Versammlungen ungeheuer, und deshalb verlangen wir freie Aussprache. Warum wird uns keine freie Aussprache gewährt ? ? ? Wenn wir den Nationalsozialisten mit unseren politischen Argumenten entgegentreten, so sind diese nicht in der Lage, uns diese zu widerlegen. Dagegen sind wir in der Lage, den Schwindel der Nazis leicht aufzu- decken, deshalb die Furcht vor der Diskussion. Wir dagegen sind in der Lage, in jeder unserer Versammlungen FREIE AUSSPRACHE zu gewähren. Da für uns keine Möglichkeit bestand, uns zu verteidigen, waren wir im Begriff, geschlossen den Saal zu verlassen, als uns die Faschisten zuriefen: „Feiglinge!" Hierauf beschlossen wir zu bleiben und uns durch Zwischenrufe zu verteidigen. Die Ausführungen des Redners waren eine einzige große Provokation der gesamten Arbeiterschaft. Es hagelte auch dementsprechend Zwi- schenrufe. Nach kurzer Zeit wurde die Versammlung von der Polizei aufgelöst. Die Nazis mußten erkennen, daß für sie in Rastenberg keine Lorbeeren zu ernten sind.

In unserer letzten Versammlung vor der Wahl (der Termin wird noch bekanntgegeben), gibt es wie immer „FREIE AUSSPRACHE". Wir laden die Rastenberger Einwohnerschaft ein, diese Versammlung zu besuchen, und dort können sich die Anwesenden überzeugen, daß wir nicht mit solchen Verleumdungen und Machenschaften wie die Nazis kämpfen. Bauern und Geschäftsleute laden wir hiermit besonders eih, damit auch sie erkennen, daß alle Unterdrückten sich zusammen- schließen müssen.

ZUR ROTEN EINHEITSFRONT ! ! ! unter Führung der KPD für den Kandidaten der Arbeiter, Bauern und Mittelständler

ERNST THÄLMANN ! ! ! Die Wahllisten liegen jetzt aus, ein jeder überzeuge sich sofort, ob er eingetragen ist. Verantwortlich für den Druck und Inhalt: Willibald Pasche.

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über den am Anfang genannten Klötzner ist uns nichts näheres be- kannt. Es dürfte sich um einen von den Nazis gekauften angeblichen „Überläufer" aus der KPD gehandelt haben, der sich dazu hergab, verleumderisdie Lügen über die SU und die KPD in den Naziversamm- lungen vorzutragen. (Das Original des Flugblattes befindet sich im Heimatmuseum Buttstädt.)

Anlage i

Erklärung Hierdurch versichere ich an Eidesstatt, daß der Maurer Artur Zeiger, wohnhaft in Buttstädt/Thür., Safrangarten 4, während meines zwangs- weisen Aufenthaltes im KZ-Lager Billroda vom August 1944 bis April 1G45 in der Eigenschaft als Kolonnenführer der Baufirma Bähringer die Arbeiter beaufsichtigte, sich während dieser Zeit den Lagerinsassen gegenüber stets anständig und human benommen hat und darüber hinaus .. . (unleserlich, K. M.) auf illegalem Wege häufig mit Lebens- mitteln versorgte, sowie den Lagerinsassen auch andere Erleichterungen zuteil werden ließ. Auch ist ferner bekannt, daß Herr Artur Zeiger Mitglied der KPD war und als solcher den ausländischen Lagerinsassen in gleicher Weise geholfen hat, wo er nur konnte.

Unterschrift. Gleicher Wortlaut auch in englischer und russischer Sprache von ver- schiedenen Personen unterzeichnet. Original im Heimatmuseum Buttstädt, Dokumentensammlung zur Ortschronik, örtliche Arbeiterbewegung, Ausstellung, Negative davon im Archiv der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald.

Anlage 5

Bericht der Arbeiterveteranin Alma Beikot, Kölleda, vor Schülern der POS Ihr wollt natürlich wissen, wer Euch hier sein größtes Erlebnis schildert. Ich wurde am 21.10.1899 als 7. Kind einer Dachdeckerfamilie in Kölleda geboren. Kölleda war damals ein Landstädtchen ohne Fabriken. Wer Arbeit hatte, war froh und sorgte sich bloß darum, sie ja nicht zu verlieren. Wer kein eigenes Land besaß, von dem die Familie leben konnte, ging als Knecht, Magd oder Tagelöhner aufs Gut des Grafen von Werthern. Der Verdienst war sehr niedrig, und ein Kind, das mit 10 Jahren schon mitarbeiten mußte, bekam für einen Nachmittag 0,50 Mark Lohn. Eine Magd auf dem Gutshofe oder im Schloß der Guts- herrschaft erhielt für den ganzen Monat einen Lohn von 20,— Mark. Für sie gab es aber keine geregelte Arbeitszeit, sie mußte von früh bis spät immer zur Verfügung stehen. Nicht selten kam es vor, daß sie von der Herrin neben harten Schimpfworten noch Schläge erhielt. Als ich 28 Jahre alt war, heiratete ich den Arbeiter Hermann Beikot. Mein Leben wurde aber auch jetzt nicht leichter, denn das wenige Geld, das mein Mann verdiente, reichte nicht. Also mußte ich weiter einer Arbeit nachgehen, zumal mein Mann zuweilen auch arbeitslos war. Er war Kommunist, und darum hatte er es besonders schwer, denn die Kommunisten waren damals in unserem Heimatstädtchen

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wenig geachtet und wurden auch bekämpft. In unseren Parteiversammlungen sprachen wir oft von den Erfolgen der Sowjetunion und wünschten, daß es auch bei uns so werden sollte. Aber auf diesen Tag mußten wir noch lange warten und bis dahin noch viel ertragen. Am 8. Mai 1945 ging endlich der schreckliche Krieg zu Ende und die Amerikaner besetzten unsere Stadt. Eines Tages hörten wir, daß die Amerikaner abziehen würden und die Rote Armee unser Gebiet be- setzen werde. Und dann kam dieser Tag. Die Amerikaner zogen ab und nahmen in ihrem Gefolge die Schloßherrin von Beichlingen mit. Die US-Armee stellte ihr Fahrzeuge zur Verfügung, daß sie auch ihren wertvollsten Besitz mitnehmen konnte. Mit Recht fühlte SIE sich unter amerikanischem Schutz sicher. Nun wartete ich gespannt auf die Ankunft der Soldaten des Landes, von dem wir so oft gesprochen und geträumt hatten. Da mein Mann noch in Kriegsgefangenschaft war, machte ich mich allein auf den Weg. um die Sowjetsoldaten zu begrüßen. Es hieß, sie kämen aus Naumburg, und so ging ich ihnen auf der Straße nach Backleben ent- gegen. Kurz vor Backleb'en traf ich mit der Spitze des Zuges zu- sammen. In meinen Augen waren Tränen, ich weinte vor Glü^, weil endlich mein großer Wunsch in Erfüllung gegangen war. So ging ich neben dem Zug der Soldaten nach Kölleda zurück in der Hoffnung und festen Gewißheit, daß sich nun so manches bei uns vollkommen ändern würde. Daß das Wirklichkeit geworden ist, seht Ihr jeden Tag. Ich bin nun 85 Jahre alt und Ihr steht erst am Anfang Eures 'Lebens, und vieles wird sich noch verbessern; aber Ihr könnt glücklich sein, im Sozia- lismus zu leben, wovon ich lange träumen mußte. Aber zum Glück durfte ich noch einige Jahrzehnte des Aufbaus unserer besseren Ge- sellschaft miterleben.

Anlage 6

Erklärung der gemeinsamen Funktionärkonferenz von KPD und SPD in Buttstädt

In der heute abend, 19. 1. 46, stattgefundenen gemeinsamen Funk- tionärskonferenz der Sozialdemokratischen und der Kommunistischen Partei haben wir Stellung genommen zu der Entschließung der beiden Parteien in Berlin vom 20. und 21. Dezember 1945. Diese Entschlie- ßung wurde auf das lebhafteste begrüßt und dabei das Bedauern zum Ausdruck gebracht, daß auf dieser Konferenz die Einheilt nicht schon geschaffen wurde. Die Mitglieder der beiden Parteien bringen den Wunsch zum Ausdruck, daß die organisatorische Vereinigung beider Parteien schnellstens durchgeführt wird. Nur eine geschlossene und geeinte Arbeiterpartei wird in der Lage sein, alle großen Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft zu meistern und alle Angriffe der Reaktion und des Faschismus ein für allemal abzuschlagen. Wir Funktionäre beider Parteien hegen den Wunsch, daß dh den nächsten Tagen eine gemeinschaftliche Mitgliederversammlung statt- finden soll und dort die Berliner Beschlüsse zur Tagesordnung gestellt werden sollten. Ferner wünschen beider Funktionäre, daß alle ört-

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liehen und ländlichen Fragen der in unserem Arbeitsbereich liegenden Ortsgruppen behandelt und durchorganisiert werden sollen. Die Funktionäre beider Parteien versprechen hiermit, alles zu tun und daran zu setzen, in Zukunft dafür zu streben, daß baldigst die Einheit der Arbeiterpartei geschaffen wird. Vorwärts im Geiste unserer großen Führer: Marx, Engels, Liebknecht, Lenin, Thälmann! Für die SPD: Reinhardt Methfessel Bischoff Schwartz Schlegel Förster

Bankert Tives Grimm Ulrich Rühl Walther

Für die KPD: Tanz, M. Warwas Kindschuh Münch Engelhardt Kaiser

Schümann, sen. Tanz, H. Wachtel Zeiger Hahn Hermann

(Original in den Akten der ehem. SPD im Heimatmuseum Buttstädt)

Quellenverzeichnis

') Im Stadtarchiv Sömmerda Akte: Verbötene Flugblätter der KPD/RGO und der Roten Hilfe, betr.: Politische Versammlungen und Umzüge der KPD 1930—1933 ebenda Bei der Würdigung der Teilnehmerzahlen muß beachtet werden, daß bei diesen Versammlungen auch Eintrittsgeld erhoben wurde. So war z. B. auf dem Plakat zur Veranstaltung mit Genossen Eyer- mann zu lesen: Vollarbeiter 20 Pfg., Erwerbslose 10 Pfg.

•'') ebenda Das Schützenhaus ist das heutige Jugendklubhaus „Wilhelm Pieck"

'') Protokoll zur Befragung von Buttstädter Parteiveteranen, 1954 im Heimatmuseum Buttstädt, Stadtchronik, Teil Arbeiterbewegung und Stadtarchiv Sömmerda Daraus geht hervor, daß in Buttstädt Max Tanz, Robert Vockeroth, Walter Siering, Wilhelm Schönemann, Herrmann Kindschuh, Jo- hannes Enke, Fritz Sennewald, Armin Reichenbach, Kurt Schwarze, Fritz Siegmund, Artur Zeiger, Wilhelm Anstmann; in Rastenberg Willibald Pasche, Frieda Käthe, Otto Kohlmann, Wilhelm Spangenberg, Frieda Respondeck; in Kölleda Willi Koch. Hermann Beikot, Gebrüder Heinze, Gebrüder Schneevoigt. Karl und Willi Thormeyer und in Sömmerda Erich Heyl, Max Gerhardt, Albert Trinkaus, Karl Meyer, Artur Winn, Karl Schaubs, Erich Jessing, Wilhelm Röhr- born, W. Holland-Moritz, Karl Drehmann, Werner Bierbach, Hein- rich Eschner, Bruno John, Herrmann Urland, Walter Heinrich u.a. verhaftet wurden.

■'') Weißb'ecker, Manfred: Gegen Faschismus und Kriegsgefahr Ein Beitrag zur Geschichte der KPD in Thüringen 1933—1935 in der Reihe: Beiträge zur Geschichte Thüringens, Erfurt 1967, S. 126

") ebenda, S. 95 ') ebenda, S. 124 f.

ebenda, S. 127 ebenda, S. 156 ebenda, S. 128 f.

") siehe Anlage 1

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'2) Materialsammlung zur Ortschronik Heimatmuseum Buttstädt, Teil Arbeiterbewegung, Ausstellung siehe Anlage 2

•'') Vgl. Geschichte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands — Abriß, Berlin 1978, S. 64 Befragungsprotokoll der Kindelbrücker Lehrerin Margarete Ritter, angefertigt unter Benutzung von Notizen des Genossen Theodor Schmidt Originalnotizen befinden sich im Privatbesitz der Familie Schmidt Materialsammlung zur Ortschronik, Teil Arbeiterbewegung, Ausstellung im Heimatmuseum Buttstädt

'Ö Weißbecker, Manfred Gegen Faschismus und Kriegsgefahr . .. a. a. O., S. 180 Bericht mit Aussagen Beteiligter zum Schicksal der Fahne (Maschinenschrift) Forschungsergebnis der Lehrerin Genossin Hildegard Krehza, Rastenberg im Heimatmuseum Buttstädt, Inventarkartei 39/3 siehe Anlage 3 Kolditz, Monika, Meyer Gerlinde Der Kampf gegen den Faschismus in Rastenberg unter besonderer Berücksichtigung des Wirkens des kommunistischen Funktionärs Willibald Pasche Handschriftliches Manuskript, 1970, im Heimatmuseum Buttstädt

-') Das Gerichtsprotokoll zitiert nur diesen Text. In der dem Genossen Pasche zugestellten Anklageschrift (im Privatbesitz der Familie Oppermann, Rastenberg) wird von einem Flugblatt gesprochen. Die dort zitierten Losungen zum Kampfmai 1934 werden nadi der Zeile „Für Sowjetdeutschland" wie folgt fortgesetzt: „Nieder mit der faschistischen Diktatur! Für die Schaffung eigener Klassengewerkschaften! Nieder mit dem Blutterror! Heraus mit Thälmann und allen proletarischen Gefangenen! Nieder mit den imperialistischen Kriegshetzern! Für die Verteidigung der Sowjetunion!"

2^) Staatsarchiv Weimar, Akten: Thüringisches Justizministerium Nr. 1306 ebenda Materialsammlung zur Ortschronik, Teil Arbeiterbewegung, Mappe H. Enke im Heimatmuseum Buttstädt

2'') Information des IML beim ZK der SED, Unterlagen neueste Zeit im Heimatmuseum Buttstädt

^®) Vgl. Rabold Margit „Die Geschichte des Außenlagers Sömmerda", Diplomarbeit, Pädagogische Hochschule „Dr. Theoder Neubauer" Erfurt/Mühl- hausen Flechsig, Joachim Das Außenlager Sömmerda. Dokumentation (Maschinenexemplar) Pädagogisches Kreiskabinett Sömmerda

^^) ebenda ebenda Buchenwald, Mahnung und Verpflichtung Dokumente und Berichte, vierte, völlig neu bearbeitet Auflage, Berlin 1983, S. 713

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siehe Anlage 4 ^') Befragungsprotokoll der Kindelbrüdcer Lehrerin Margarete Ritter,

a. a. O. ebenda Materi'alsammlung zur Ortschronik, Teil Arbeiterbewegung, im Heimatmuseum Buttstädt

ä'*) Protokoll des Gen. Conrad Wallmüller, Mitglied der Neub'auer- Poser-Gruppe Unterlagen zur Ausstellung neueste Zeit, Heimatmuseum Buttstädt Dokumente der Geschichte der SED, Band 2, 1945—1971, Berlin 1986, S. 11

^"0 Dokumente der Geschichte der SED, Band 1, 1947—1945, Berlin 1981, S. 330 Bode. Viktor. Erihnerungen aus den Jahren 1945—1950, CSchreibmaschinenexemplar) bei der Kreisleitung der SED, Bildungsstätte

'''') Georg Hähnel, Erinnerungsbericht an den 1. Mai 1945 bei der Kreisleitung der SED, Bildungsstätte ebenda

'■") ebenda '■') ebenda

aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus" Handreichung für den Heimatkundeunterricht, erarbeitet von Karl Mack, Buttstädt 1984 Hans Wachtel Erinnerungsbericht im Heimatmuseum Buttstädt

^'0 ebenda Georg Hähnel Erinnerungsbericht, a. a. O.

''®) Gerlach, Felix, Erinnerungsbericht, Heimatmuseum Buttstädt ebenda Hans Wachtel, a. a. O. Alma Beikot, Erinnerungsbericht, siehe Anlage 5

^ aus: ..Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus" a. a. O., S. 13

■") ebenda, S. 14f. ^-) Gerlach, Felix, Erinnerungsbericht, a. a. O.

Wachtel, Hans, Erinnerungsbericht, a. a. O. ''*) aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus"

a. a. O., S. 20 ebenda ebenda

■") ebenda Heyl, Erich, Erinnerungen Protokoll eines Interviews vom 4.11.1970, Schreibmaschinen- exemplar bei der Kreisleitung der SED, Bildungsstätte Die Berner Konferenz der KPD; 30. Januar bis 1. Februar 1939, Berlin 1974, S. 135 aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus" a. a. O., S. 20 ebenda, S. 20 vgl. ebenda

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vgl. ebenda Schneider, Paul, Erinnerungen zum 20. Jahrestag der SED Schreibmaschinenexemplar bei der Kreisleitung der SED, Bildungsstätte

*'•') Heyl, Erich, Erinnerungen ... a. a. O.

'''') Geschichte der SED — Abriß a. a. O., S. 94

•■Ö Dokumente der Geschichte der SED. Band 2, 1847—1945, a. a. O., Berlin, S. 12 Hähnel, Georg, Erinnerungen, a. a. O. aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus" a.a.O., S. 20

'") ebenda, S. 21 Stadtarchiv Sömmerda

'-) Nacli einem Befragungsprotokoll mit Kölledaer Genossen, Erinnerungsberichte in Privatbesitz

'') Geschichte der SED — Abriß, S. 78 '''') aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus"

a. a. O. '') ebenda

ebenda ") Bach, Otto, Erinnerungsbericht bei der Kreisleitung der SED,

Bildungsstätte '^) aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus"

a. a. O., S. 28 ebenda, S. 29 ebenda

^') ebenda, S. 28 ebenda, S. 29 Stadtarchiv Sömmerda

®'') Stadtarchiv Sömmerda Stadtarchiv Kölleda Stadtarchiv Buttstädt Ortschronik Frömmstedt Bode, Viktor, Erinnerungen 1945—1950, a. a. O.

ä'-') ebenda Dokumente zur Geschichte der SED, Bd. 2. a. a. O. S. 13 Bode, Viktor, Erinnerungen ... a. a. O. ebenda Unterlagen zur Ausstellung neueste Zeit, Heimatmuseum Buttstädt ebenda Geschichte der SED — Abriß, a. a. O., S. 92 Unterlagen zur Ausstellung neuester Zeit, Heimatmusem Buttstädt

"') Heyl, Erich, Erinnerungen a. a. O. ebenda

99) ebenda "W) Wachtel, Hans, Erinnerungen a. a. O.

ebenda 102) ebenda

Bode, Viktor, Erinnerungen, a. a. O. Unterlagen zur Ausstellung Geschichte der neuesten Zeit, Heimatmuseum Buttstädt Geschichte der SED — Abriß, S. 88

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"*) Materialsammlung zur Stadtchronik, Teil Arbeiterbewegung/SPD, Heimatmuseum Buttstädt Bode, Viktor, Erinnerungen, a. a. O.

lüS) ebenda ebenda

"") ebenda "') ebenda "-) Heyl, Erich, Erinnerungen, a.a.O. "^) ebenda

Kaffee „Risse", das heutige Stadtkaffee in der Langen Straße "'■) ebenda "•') Bode. Viktor, Erinnerungen, a, a, O. ""j ebenda

Materialsammlung zur Stadtchronik, Teil Arbeiterbewegung, Heimatmuseum Buttstädt, siehe Anlage 6

118) ebenda Heyl, Erich, Erinnerungen, a.a.O. Bode, Viktor, Erinnerungen, a. a. O. Materialsammlung zur Stadtchronik, Teil Arbeiterbewegung, Heimatmuseum Buttstädt

'22) aus: „Der 8. Mai — Tag der Befreiung vom Faschismus", S. 22 Heyl, Erich, Erinnerungen, a. a. O. Bode, Viktor, Erinnerungen, a. a. O.

'2j) Dokumente und Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Thüringen 1945—50, Erfurt 1967, S. 152 f.

'2'') Heyl, Erich, Erinnerungen, a. a. O. 1-') Geschichte der SED — Abriß, a. a. O., S. 128 '-®) Schneider, Paul, Erinnerungen ..., a. a. O.

Geschichte der SED - Abriß, S. 100 Beiträge zur Geschichte Thüringens — Dokumente und Materialien, Erfurt 1967, S. 53 Auswahl einiger Bodenreformkommissionen im Kreis Sömmerda Bachra:

Otto Becker, Neubauer Paul Hähnert, landarmer Bauer Arthur Lutze, landarmer Bauer Hermann Sklarz, Landarbeiter Kurt Rothe, landarmer Bauer

Sömmerda: Walter Wagner, Landarbeiter Karl Kaiser, Fabrikarbeiter Hugo Schäffner, Bauer Paul Schneeberg, Kleinbauer Gustav Borsch, Fabrikarbeiter Karl Noa, Arbeiter Hofer, Umsiedler Max Eschner, Former

Buttstädt: Alfred Ranke, Kleinbauer, Vorsitzender Hermann Harzdorf, Arbedter, Mitglied der Landeskommission Hermann Kindschuh, Arbeiter Gustav Kirchhoff, Kleinbauer Otto Kämpfe, Kraftfahrer Ernst Sennewald, Kleinbauer

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Kölleda: Karl Metze, Bauer, Umsiedler Hans Kummer, Angestellter, Neubauer Otto Bernhardt, Bauer Heinrich Kröhl, Bauer Rudolf Arnhold, Gutsarbeiter Paul Bernstein, Kleinbauer Richard Klausner, Kleinbauer

Straußfurt; August Zinn, Bauer, Vorsitzender Arthur Engel, Bauer Karl Amm, Angestellter Kurt Eckardt, Gutsarbeiter Hermann Rothe, Gutsarbeiter Fritz Haupt, Arbeiter Ernst Hoflmann, Arbeiter Eduard Müller, Bauer Karl Schacke, Bauer

Weißensee: Karl Warz, Schuhmacher, Vorsitzender Paul Töpfer, Fabrikarbeiter Hermann Halle, landloser Bauer Gustav Müller, Stadtarbeiter Hermann Viol, Tischler Otto Gutjahr, Landwirt August Sellstedt, Landarbeiter Werner Hofmann, Installateur Mitglied der Kreiskommission

Wenn der Vorsitzende der Kommission nicht angegeben ist, liegt darüber keine gesicherte Erkenntnis vor. Diese Angaben sowie viele Fakten der Ausführungen über dife Bodenreform stellten die zuständigen Ortschronisten freundlidier- weise zur Verfügung.

'2) Angaben erfolgten durch die Ortschronisten der genannten Orte 3^) Bode, Viktor, Erinnerungen, a. a. O.

Geschichte der SED — Abriß, S. 101 Bode, Viktor, Erinnerungen, a. a. O.

38) Hübner, Franz, Wundersleben - Erinnerungen, festgehalten durch Orts Chronisten Dokumente zur Geschichte der SED, Bd. 2, a. a. O., S. 13 f

''8) Befehle des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland, Berlin 1946, S. 35 f.

'5) Beiträge zur Geschichte Thüringens, Dokumente — Materialien 1945-50, S. 60 f.

«») Geschichte der SED - Abriß, S. 106 '■') ebenda, S. 78 "'S) Pruß, Werner — Erinnerungen im Privatbesitz ^3) ebenda '''') ebenda "5) Materialsammlung zur Stadtchronik, Heimatmuseum Buttstädt 46) Vom Lehrer Johannes Otte befindet sich im Heimatmuseum Butt-

städt noch eine handgeschriebene Gedichtsammlung

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Klassenkampf — Tradition — Sozialismus Von den Anfängen der Geschichte des deutschen Volkes bis zur Ge- staltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Deut- schen Demokratischen Republik — Grundriß Bln. 1974. S. 511

148) ebenda, S. 498 Flechsig, Rabold, a. a. O.

150) Beiträge zur Betriebsgeschichte, Nr. 1, herausgegeben von der Kreis- leitung Sömmerda der SED und BPO im VEB Robotron Büro- maschi'nenwerk „Ernst Thälmann" Sömmerda, S. 1

*■"'') ebenda i''2) Archiv VEB Robotron Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann"

Sömmerda, Akte 13/14 ebenda, Akte 5/45 Beiträge zur Betriebsgeschichte, a. a. O., S. 15 Nach Erhebungen bei Kölledaer Chronisten und Faktensammlung der „Friedrich-Ludwig-Jahn-Oberschule" Kölleda

1'®) Geschichte der SED — Abriß, a. a. O., S. 139

Herausgeber: Kreisleitung Sömmerda der SED Geschichts- und Traditionskommissior Rat des Kreises Sömmerda, Abt. Kultur und Volksbildung Kreisleitung Sömmerda des Kulturbundes der DDR Kreisvorstände der Gesellschaften Heimatgeschichte, Denkmalpflege und Natur und Umwelt Gestaltung; Jürgen Ellenberg, Grafiker, Erfurt 207 Rlg 01-16-88 V 4-33 Satz und Druck: DLB Druckerei Sömmerda

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