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MEHR ALS 150 REZEPTE OHNE ÜBERFLÜSSIGE KALORIEN

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MEHR ALS 150 REZEPTE OHNE ÜBERFLÜSSIGE KALORIEN

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DIE EINFACHE LANDHAUSKÜCHEVON DAGMAR v. CRAMM

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INHALT 9 VON MARKT UND METZGER 21 EINFACH KOCHEN – ÜBERFLÜSSIGES ENTRÜMPELN

29 GEMÜSE UND OBST 40 Radieschencurry 40 Radieschensalsa 41 Kalte Radieschencreme 42 Endiviensalat 42 Endiviengemüse 43 Endiviencremesuppe 44 Kürbisschnitzel mit Salsa 45 Kürbiscremesuppe 46 Gefüllte Zucchiniblüten 46 Gefüllte Kürbisblätter 48 Gefüllter Wirsing 49 Wirsing-Lasagne 50 Krautsalat 51 Krautfleckerl 52 Krautwickel 54 Kohlrabi-Hackgratin 54 Kohlrabicarpaccio 55 Kohlrabiragout 56 Gefüllte Gurken 57 Rutschegurken 57 Tsatsiki 58 Selleriepuffer 59 Selleriepüree

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59 Sellerieessenz 60 Überbackene Orangenrübchen 60 Rübenrohkost 60 Steckrübencurry 61 Mairübchen mit Mandelblättchen 62 Orangen-Möhrenrohkost 63 Geschmorte Möhren mit Mandeln 63 Ofen-Möhren 64 Zwiebelcremesuppe 65 Zwiebel-Portwein-Kompott 66 Zwiebelkuchen 68 Linsen-Kraut-Curry 71 Rahmlinsen 71 Linsensalat 72 Weißer Bohnensalat 72 Bohneneintopf mit Speck 73 Weißes Bohnenpüree 74 Apfel-Lauchrahm 74 Himmel und Erde 76 Apfelpuffer 76 Ofenschlupfer 77 Raspelapfel mit Zimt 78 Rhabarberkompott mit Quarkcreme 79 Rhabarbertarte mit Baiserhaube

81 DIE GUTE KARTOFFEL 86 Rosmarinkartoffeln vom Blech 87 Nusskartoffeln

88 Minikartoffeln mit Guacamole 88 Rahmiger Kartoffelsalat 89 Trüffel-Kartoffel-Salat 90 Kartoffel-Schichttopf 91 Kartoffel-Lachs-Puffer 91 Gurkensalat 92 Möhren-Bratkartoffeln 92 Pommes Frites 93 Pillekuchen 94 Grundrezept Stampfekartoffeln 95 Grundrezept Kartoffelpüree 96 Kartoffel-Nockerln 97 Herzoginkartoffeln 97 Kartoffelcremesuppe

99 DAS KRAFTKORN 106 Haferrisotto mit Roter Bete 107 Hafersalat 108 Pikante Buchweizenpfannkuchen 109 Buchweizencremesuppe 110 Grünkernbratlinge 110 Grünkern-Pilz-Aufstrich 111 Grünkernpfanne 112 Grüne Graupen 112 Gerstensuppe 113 Barleywater 114 Grießnockerln auf Spinat 114 Grieß-Mandel-Creme

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115 Fruchtige Topfenknödel 116 Pilzrisotto 117 Reis-Sauerkraut-Auflauf 118 Polenta vom Blech 119 Tassen-Mais-Soufflée 120 Polentagröstel 120 Paluckes mit Tomatensauce 122 Brot-Mangold-Auflauf 123 Brotsuppe mit Kräutern 124 Semmelknödel 125 Pikante Arme Ritter 126 Grundrezept Vermicelles 127 Maronisuppe 128 Maronipfanne mit Rosenkohl 129 Maronigröstel 130 Kartoffeln mit Mandelkruste 130 Spinat-Mandelsauce

133 WUNDERHUHN 136 Frikassée mit Gemüse 137 Schneller Coq au Vin 138 Hähnchen Provençal 139 Cassoulet vom Huhn 141 Gefülltes Brathähnchen 142 Exotische Hühnersuppe 142 Klassische Hühnersuppe 144 Grundrezept Lebercreme 145 Gröstel

147 GLÜCKSSCHWEIN 150 Kartoffeln mit Beamtenstippe 150 Bohnen mit Speck 151 Speckbraten 153 Gefüllte Schweinebrust 154 Pikante Knabberrippchen 155 Schweinekarree 157 Kotelett auf Gemüsebett 158 Krustenbraten 159 Badisches Schäufele mit Pflaumensauce 160 Italienischer Schweinebraten 161 Mostbraten 162 Eisbein aus dem Ofen 163 Eisbein mit Bouillon-Kartoffeln 164 Leberterrine

167 WEIDERIND 172 Ochsenschwanzragout 172 Ochsenschwanzsuppe 174 Rinderfond 174 Rinderrahmsauce 175 Rinderbrühe mit Markklößchen 176 Schmortopf mit Couscous 176 Borschtsch 178 Sauerbraten 179 Bœuf à la Mode (Rotweinschmorbraten) 179 Rinderbäckchen 181 Grundrezept Rouladen

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182 Zwiebelfleisch 182 Rindergeschnetzeltes 183 Rindergulasch 184 Zunge in Madeira 185 Fruchtiges Leberragout

187 FRISCHFISCH 192 Pikante Fischsuppe 193 Fischfond 194 Roter Heringssalat 195 Matjes-Häckerle 195 Hering Hausfrauen-Art 197 Forellenklößchen 198 Folienforelle 199 Forelle Blau 201 Selbst geräucherte Forelle 202 Karpfen Pörkölt 203 Karpfen Polnische Art 204 Fischfilet für Faule in Sardellensauce 205 Fischfilet für Faule aus der Pfanne

207 EIER UND MILCHPRODUKTE 212 Endivien-Frittata mit Schinken 213 Salbei-Pfannkuchen mit Aprikosenmus 215 Gefüllte Eier 215 Soleier 216 Eiersalat

217 Frankfurter Grüne Sauce 218 Kräuter-Spiegelei 219 Eier in Senfsauce 219 Eier-Brösel 220 Gratinierter Käsetopf 220 Tassen-Käse-Soufflé 221 Käse-Möhren-Quiche 222 Käseschaum mit Spargel 223 Käse-Lauch-Nudeln 224 Liptauer 224 Pikantes Quarkgratin 225 Quark-Öl-Teig-Brötchen 226 Topfenpalatschinken 227 Quarkspeise

229 Saisontabelle 232 Was kostet Kochen? 234 Register

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Was ist das eigentlich – Landhausküche? Sicher nicht eine komplizierte, aufwendige Küche. Aber auch nicht eine derbe nach Art der Großeltern. Es geht vielmehr darum, an die Ursprünge unserer Le-bensmittel zurückzugehen und sie wieder zu entde-cken – aber auf eine zeitgemäße und genüssliche Art. Keiner wünscht sich schwere Mehlschwitzen, tot gekochtes Gemüse oder trockene Schweinebra-ten zurück. Aber knusprige Kartoffelpuffer, sahnige Linsen, Krautwickel, mürbes Gulasch, saftige Rou -laden oder ein schlichter Endiviensalat können zur Offenbarung werden.

Beim Gemüse ist meine Devise: Lieber die Zeit in die Produktion investieren. Denn Gemüse frisch aus dem Garten schmeckt so umwerfend, dass man gar nicht viel damit machen muss. Diese Erkenntnis ist erst in den letzten Jahren gewachsen: In unserer Alten Mühle im Markgräfler Land habe ich nach und nach den Gemüsegarten belebt. Habe staunend er-lebt, wie aus Wasser, Licht und Luft und natürlich Erde etwas Essbares entsteht. Natürlich mussten vorher die Brombeeren und Brennnesseln gerodet und der Boden bearbeitet werden. Und auch danach ging nicht jede Saat auf. Ich fragte unsere über 90-jährige Nachbarin – Kohl gedeiht eben nicht auf unserem Boden. Rote Bete, Möhren, Bohnen oder Topinambur dagegen bestens. Tomaten, Zucchini und Kürbis sind ohnehin Selbstläufer – und Kartof-feln auch. Salbei, Thymian und Rosmarin lieben das Klima in der „Toskana Deutschlands“, aber Basili-kum wird eben auch von den Schnecken geliebt. Und die gibt es dank des Mühlenbachs reichlich.

Das Schneckenproblem führte schließlich da-zu, dass ich die Rekultivierung des Landhausgartens noch einen Schritt weiter trieb: Nicht nur seltene Sundheimer Hühner, auch Laufenten als Schnecken-Vertilger zogen ein. Seiher gibt es frische Eier – mal mehr, mal weniger – je nach Jahreszeit und

Befindlichkeit. Die Eier der jungen Hennen sind sehr klein, Kükeneier werden sie genannt. Mit ganz viel Dotter und wenig Eiweiß eine Delikatesse. Die En-teneier dagegen sind von alabasterhafter Schönheit, müssen wegen der latenten Salmonellengefahr durchgegart werden, haben aber einen geradezu cremigen Dotter. Das liegt am höheren Fettgehalt der Wasservögel, der sich eben auch im Ei wieder-spiegelt. Nie zuvor gab es so elegante Ostereier!

Aber nicht alles ist Idylle im Landhausgarten: Als ein Huhn schließlich brütete, schlüpften sechs Hähne und eine Henne. Drei Hähnchen wanderten letzten Endes in den Topf. Und das war gut so – denn wer Hühner natürlich hält, muss auch bereit sein, Hähne (nach einer schönen Jugendzeit) zu opfern.

Tiere zu halten und Gemüse zu ziehen – das bedeutet jede Menge Verantwortung und Zeit. Ohne Hilfe geht das nicht und ist mit dem modernen Ar-beitsleben nicht immer zu vereinbaren. Deshalb be-deutet „Landhausküche“ für mich nicht nur selbst Produziertes zu verarbeiten, sondern mit Zutaten zu arbeiten, die eine ähnliche Qualität haben. Genau da-für soll das Buch fit machen – und Lust auf gesunde Ernährung und die gute, einfache Küche wecken.

ENTDECKEN SIE DEN WOCHENMARKTWer wie ich in Freiburg lebt, der hat von jeher täglich die Möglichkeit, auf dem Münstermarkt ein-kaufen zu gehen. Wo ich aufwuchs, gab es einen Wochenmarkt nur am Samstag – kaum mehr zwi-schendurch. Doch in den letzten Jahren schießen solche kleinen Märkte wie Pilze aus dem Boden. Zwar finden sie nicht täglich statt. Aber am Mitt-wochnachmittag und Samstagvormittag kann ich bei mir gleich um die Ecke auf dem „Wiehremarkt“ einkaufen. Und vor allem: Es werden nicht mehr

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vorwiegend Großhandelswaren, sondern Lebens -mittel aus eigener Produktion angeboten. Elitäres Einkaufsvergnügen? Irrtum: In Deutschland gibt es mehr als 3 300 Wochenmärkte. Immerhin erledigt dort jeder zweite Deutsche zumindest hin und wie-der seine Einkäufe. Ob es auch in Zukunft die frische Vielfalt aus der Region gibt, das entscheiden letzten Endes wir, die Verbraucher. Als sozialer Treffpunkt und als Bindeglied zwischen Stadt und Umland spielte der Markt schon immer eine wichtige Rolle.

KLEINE MARKTGESCHICHTEDer Markt in der Stadt, das war die Shopping-Mall des Mittelalters. Dort kaufte man nicht nur „Viktua-lien“, also Lebensmittel, sondern alle Dinge des täg-lichen Bedarfs, die man nicht selbst herstellen konn-te: Eisenwaren, Baumwollprodukte, Kerzen und Sei-fe, Geschirr, Töpfe und Schüsseln, Körbe und Bürs-ten. Eine große Bedeutung hatte der „Korn- und Fruchtmarkt“ – trockene Hülsenfrüchte, aber auch Getreide wurden dort verkauft, Obst noch nicht. Kar-toffeln und Holz hatten häufig eigene Marktplätze, ebenso Fisch, Fleisch und Flachs. Straßennamen un-serer Innenstädte verraten manchmal noch, wo wel-ches Produkt gehandelt wurde. Die Städte versuch-ten, die Preise für ihre Einwohner niedrig zu halten. Professionelle Händler durften erst ab einer be-stimmten Uhrzeit verkaufen – und dann oft auch nur in ihren Häusern. Stattdessen hatte der Direktver-kauf Vorrang: Jeder Bauer oder Gärtner wurde ange-wiesen, seine Ware unmittelbar auf dem Marktplatz anzubieten und nicht an Wiederverkäufer zu veräu-ßern, denn die galten als Preistreiber ersten Ranges! Der Brot- und Fleischverkauf ging eher in handwerk-lichen Betrieben, also beim Bäcker oder Metzger vonstatten, der auch als Fleischer, Schlachter und bisweilen sogar als Fleischhauer bekannt ist. Doch dazu später Näheres. In bestimmten Mengen durf-ten aller dings immer schon Speck, Wurst, aber auch Gebäck und Brot auf dem Markt feilgeboten werden. Der Zank um den besten Platz ist seit Urzeiten natür-licher Bestandteil der Marktkultur.

Heute sind es die großen Basare des Orients, die an die frühere Vielfalt der Märkte erinnern. An-fang des 20. Jahrhunderts wandelte sich der Wo-chenmarkt zum fast reinen Lebensmittelmarkt. Alle anderen Waren wanderten in Fachgeschäfte und später in Supermärkte ab.

Der heutige Wochenmarkt beschränkt sich im Gro-ßen und Ganzen auf die „Viktualien“. Gemüse und Obst dominieren das Angebot, Blumen gesellen sich hinzu – sowohl als Schnittblumen als auch zum Pflanzen. Je nach Marktordnung können die Produk-te Handelsware sein, im Idealfall sind es selbst her-gestellte. Auf dem Freiburger Münstermarkt ist die eine Seite für Händler reserviert, die andere für Selbsterzeuger. Diese dürfen nur im Winter 30 Pro-zent ihrer Ware zukaufen – weil in dieser Jahreszeit das Angebot bei uns doch recht mager ist. Diese Regeln sind in jeder Stadt und auf jedem Markt un-terschiedlich. Doch meist klärt schon ein Blick aufs Angebot, ob hier Selbstangebautes verkauft wird. Wer sicher sein will, sollte nachfragen.

11 GUTE GRÜNDE, AUF DEM WOCHENMARKT EINZUKAUFENAuf den ersten Blick scheint der Wochenmarkt Folk-lore fürs Wochenende, für Touristen, Intellektuelle und Besserverdienende. Tatsächlich halten sich Wo-chenmärkte in einer gutbürgerlichen Gegend mit äl-teren Bewohnern länger als in Gegenden mit vielen Singles oder in Wohnvierteln, die sich rasch verän-dern. Doch bei näherem Hinsehen bietet der Einkauf unter freiem Himmel viele Vorteile für alle:

1. DAS GROSSE ANGEBOT AN GEMÜSE UND OBST DER SAISON Gurken, Brokkoli, Paprika und Tomaten jederzeit – das wird auf Dauer langweilig. Das Rare dagegen zieht uns an. Bester Beweis dafür sind die Erfolgsgeschichten von Spargel, Bärlauch, Pastinake und Kürbis. Die gibt’s eben nicht immer. Auf dem Markt sind Saison und Jahreszeit keine leeren Begrif-fe – sie schlagen sich im Angebot nieder. Das trägt nicht nur zu mehr Bodenständigkeit bei, sondern ist auch gesünder: Tatsächlich ergaben Untersuchungen des Max-Rubner-Instituts in Karlsruhe mehrfach, dass der Gehalt an wertvollen Bestand teilen wie Vitaminen und Bioaktivstoffen bei Lebensmitteln, die zur Saison bei voller Reife geerntet wurden, am höchsten ist. Neue Sorten und veränderte Anbaumethoden wie die Reifung unter Folien lassen die Saison nicht gar so eng werden. So habe ich noch im September auf dem Freiburger Münstermarkt heimische Erdbeeren gefunden: Der Erzeuger hatte einer späten Sorte die Blüten entfernt – bevor er sie im Herbst Früchte tra-gen ließ und Glück mit warmem Wetter hatte. Köst-lich geschmeckt haben sie übrigens auch!

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2. DIE GRÖSSERE SORTENVIELFALT Der Handel bietet nur wenige Obst- und Gemüsesorten in gro-ßen Mengen an, die transport- und lagerfähig sind und den Vorschriften zur Handelsklasse entspre-chen. Das führte in den 70er-Jahren dazu, dass wir feste, runde, leider aber geschmacklose Tomaten aus Holland bekamen. Mittlerweile haben sich die Züchter mit Erfolg wieder auf Geschmack besonnen. Doch zarte, kleine, unregelmäßig geformte Produkte und alte Sorten, die oft besonders aromatisch sind, sucht man im Supermarkt vergebens – für lange Transporte in genormten Riesen-Gebinden sind sie einfach ungeeignet. Herausragendes Beispiel ist die Erdbeere „Lambarda“, ein Geheimtipp unter Insidern und eine geschmackliche Offenbarung. Die Saison dieser Erdbeere ist kurz, sie hält sich nicht lang, und stoßfest ist sie auch nicht … ein Fall für den Wochen-markt. Da finden Sie gleich eine Vielzahl an Erdbeer-sorten. Selbiges gilt für Äpfel oder Kartoffeln sowie für alle Obst- und Gemüsesorten, denn Kohlrabi ist durchaus nicht gleich Kohlrabi. Und auf dem Wo-chenmarkt können wir einiges wiederentdecken: junge Rote Bete im Bund mit ihrem zarten Grün, schwarze Möhren, schwarzen Rettich, Schwarzwur-zeln, Topinambur oder Knollenziest und viele unter-schiedliche Sorten Rüben oder Kürbis.

3. DIE FRISCHE DER PRODUKTE Wer selbst produ-ziert, bringt seine Ernte frisch auf den Markt. Gärt-ner, Holzofenbäcker, Blumenfrau und der Ziegenbau-er, alle sind sie Frischelieferanten. Vom Fischwagen werden frisch filetierte Forellen angeboten, und beim Geflügelwagen bekommt man nicht nur frische Eier, auch Suppenhühner können hier erstanden werden. Über große Kühl- und Lagerhäuser verfügen diese nicht, weshalb es zwingend notwendig ist, den Verlust durch Verderb möglichst gering zu halten. Außerdem: Wer seine selbst produzierte Ware an -bietet, der steht ganz anders in der Pflicht als ein gewöhnlicher Händler. Schließlich sagen ihm die Kunden spätestens am nächsten Markttag ganz un-verblümt ihre Meinung. Es gibt keine schmeichelnde Beleuchtung – unter freiem Himmel entfallen alle Tricks des Lebensmittelhandels.

4. DIE MÖGLICHKEIT SICH ZWISCHEN VIELEN ANBIETERN ZU ENTSCHEIDEN Im Supermarkt gibt es nur eine einzige Gemüseabteilung – da haben Sie keine Wahl. Auf dem Wochenmarkt konkurrieren viele Stände um Ihre Gunst. Während der eine die

größte Auswahl an Kräutern hat, findet sich beim nächsten die größte Salatpalette. Sie können durch-aus den Wirsing bei einem Stand kaufen – die Ra-dieschen aber beim Nachbarn. Dort, wo die Ware am besten oder auch am günstigsten ist. Sie finden eine große Auswahl – aber auch viel vom Gleichen zum Abwägen. Zur Saison ist diese Auswahl natür-lich am größten und schlägt sich direkter im Preis nieder als im Lebensmittelhandel. Wer also günstig einkaufen möchte, kann das durchaus auf dem Wochenmarkt tun – wenn er sich nach dem Tages -an gebot richtet.

5. DIE SICHERHEIT, REGIONALE PRODUKTE ZU BEKOMMEN Unverpackte Ware auf dem Markt muss immer mit dem Herkunftsort oder -land ausge-zeichnet sein – daneben müssen Art und Sorte, Preis und mögliche Zusatzstoffe oder Behandlungen ge-nannt sein. In der Regel weisen sich die Betriebe mit ihrer Adresse aus. Viele Märkte erheben die Herkunft der Erzeuger aus dem Umland zur Bedingung. Ist diese nicht unmittelbar auszumachen, im Gespräch mit dem Verkäufer lässt sich die Herkunft schnell klären. Mit Ihrem Kauf können Sie somit die Produ-zenten in Ihrer Heimat unterstützen – ganz gleich ob sie biologisch oder konventionell wirtschaften. Diese oft kleinen Betriebe bieten Ausbildungs- und Arbeits-plätze, sie vermeiden Monokulturen und gestalten die Landschaft mit. Nicht zuletzt helfen regionale Produkte, lange Transportwege zu vermeiden und dadurch die Umwelt zu schonen.

6. DIE PERSÖNLICHE FACHKUNDIGE BERATUNG UND BEDIENUNG Ein Stand auf dem Wochenmarkt ist kein Selbstbedienungsladen. Sie müssen nicht auf die Pirsch gehen, um irgendeine Verkaufskraft aufzu-spüren. Nein, der Verkäufer steht zu Ihren Diensten. Und noch mehr: Er oder sie ist in der Regel kompe-tent, weil sie entweder in der Produktion mitbeteiligt oder schlichtweg Spezialisten sind. Die Gemüsefrau verkauft Gemüse, der Fischmann Fisch, die Blumen-frau Blumen. Sie sind ständig im Gespräch mit Kun-den – und Kollegen. Sie erhalten Informationen, Tricks und nicht selten auch konkrete Zubereitungs-tipps. Diese Fachleute können Ihnen Auskunft ge-ben, welches Gewürz besonders gut zu Pastinaken schmeckt, dass Sie die Kohlrabiblätter auch verwen-den können, und vielleicht verraten sie Ihnen oben-drein das wunderbare Rübenrezept einer Stamm-kundin. Eine Verkaufskraft im Supermarkt dagegen

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verkauft alles und hat keine Zeit für Gespräche – wie soll da Kompetenz entstehen?

7. EINE OPTIMALES ANGEBOT FÜR EINE VOLLWER TIGE ERNÄHRUNG Der Supermarkt ist voller Dinge, die Sie im Sinne einer vollwertigen Ernährung überhaupt nicht benötigen. Etwa 30 000 neue Produkte erobern Jahr für Jahr den Supermarkt – davon schaffen nur 196 den Sprung auf den Speisezettel. Die Hälfte der 1759 Millionen Euro wird für Süßigkeiten ausgegeben. Wenn Sie sich aber den Ernährungskreis der Deut-schen Gesellschaft für Ernährung (DGE) anschauen, dann können Sie die Parallelen zum Angebot auf dem Wochenmarkt erkennen: Den Löwenanteil stel-len Gemüse und Obst, dann folgen Kartoffeln und Getreideprodukte. In kleineren Mengen gibt es Käse und Wurst, Fisch und Fleisch. Für Süßes ist nur noch die kleine Spitze da, auf dem Wochenmarkt meist in Form von Gebäck. Auf „meinem“ Wiehre-markt bietet das die Waffelbäckerin – auf dem Münstermarkt darf der sagenhafte Käsekuchen nicht fehlen. Mit anderen Worten: Bei einer gesunden Ernährung ist der Wochenmarkt unser Verbündeter. Sein Angebot belastet uns kaum mit ungesunden Produkten, hier wird uns kein Spießrutenlauf durch prall gefüllte Süßigkeitenregale zugemutet, der Markt macht unseren Einkauf einfach. Er regt den Appetit auf Dinge an, die uns guttun – er lässt Grundnahrungsmittel zur verlockenden Verführung geraten. Eigentlich gehören Wochenmärkte vom Gesundheitswesen unterstützt.

8. DIE RICHTIGEN MENGEN Großverpackungen sol-len dazu animieren, mehr zu kaufen. Zu Hause tür-men sich dann die Einkäufe, Reste verderben oder werden weggeworfen, weil sie nicht mehr frisch sind oder die Abwechslung fehlt. Oder aber wir essen mehr, als wir eigentlich wollen und brauchen, nur damit es „wegkommt“! Der vermeintlich günstige Einkauf wird so letzten Endes doch teuer. Anders auf dem Wochenmarkt: Hier kaufe ich nur, was ich tra-gen kann. Die Versuchung zu viel einzusacken sinkt mit steigendem Gewicht meines Korbes. Das ist auch sinnvoll: Frisches sollte nicht länger als etwa zwei bis drei Tage im Haushalt aufbewahrt werden – sonst sinkt der Gehalt an Vitaminen enorm, vom Ge-schmack ganz zu schweigen. Hamsterkäufe sind also völlig überflüssig. Und wenn Sie nur ein halbes Bund Petersilie brauchen, dann fragen Sie beim Händler am Stand einfach nach – versuchen Sie das einmal

im Supermarkt! Vorausgesetzt natürlich, Ihr Super-markt führt frische Petersilie überhaupt.

9. DIE SINNLICHKEIT DES EINKAUFS Ein Gang über den Wochenmarkt, das ist ein Eintauchen in die bun-te Welt der Farben, Formen, Düfte und Töne. Gerade weil unsere Arbeits- und Freizeitwelt unsinnlich ist, sich zunehmend von der Natur entfernt und unsere Einkaufswelt aus geschlossenen Räumen mit künst-lichem Licht und Dauerbeschallung besteht, tut uns dieses Einkaufserlebnis in einer Welt der wirklichen Dinge gut. Angefangen bei Wind und Wetter, Regen und Sonne. Eine ordentliche Portion frischer Luft, dazu der Fußmarsch und ein voller Einkaufskorb – das erfrischt und lädt die Batterien wieder auf. Keine Backstation, die uns Aromastoffe in die Nase bläst, stattdessen riecht es ganz natürlich und vielfältig nach den angebotenen Lebensmitteln. Dabei darf die Ware nicht nur angeschaut, sie soll auch ange-fasst und probiert werden. Wo gibt’s das noch? Und wenn doch einmal Musik zu hören ist, dann will nie-mand unterschwellig Einfluss auf Ihre Kauflust neh-men, ein paar Straßenmusikanten wollen lediglich zeigen, was sie können, und ein paar Euro verdie-nen. Mit anderen Worten: Der Einkauf wird von der lästigen Pflicht zum echten Erlebnis und zu gewon-nener Lebenszeit.

10. KEINE VERPACKUNGSBERGE Sicher, dünne Plastikbeutel finden sich auch auf dem Wochen-markt. Aber in der Regel werden Salate und Kräuter in Zeitungspapier gewickelt, Obst und Gemüse in Papiertüten gefüllt – oder gleich in den Korb gege-ben. Probieren Sie einmal folgenden Test: Gehen Sie in der einen Woche beim Discounter einkaufen – und in der nächsten auf dem Wochenmarkt. Stellen Sie danach eine Gelbe-Sack-Bilanz auf: Sie werden staunen. Etwa sechs Millionen Tonnen Verpackungs-müll fallen in deutschen Haushalten durchschnittlich an – ein Großteil stammt von Lebensmittelverpa-ckungen. Der Trend zu Kleinpackungen für den Sing-lehaushalt, die weiter zunehmende Selbstbedienung und die Transporte über weite Strecken erfordern eine aufwendige Verpackung. Der Handel spart da-durch Zeit – und bei uns zu Hause häufen sich die gelben Säcke. Wer hingegen umweltbewusst ein-kaufen möchte, der kann das auf dem Wochenmarkt tun. Es gibt ein weiteres Argument gegen Verpa-ckungen: Rückstände! Immer wieder, oft nur durch Zufall, werden ungesunde Substanzen in Lebens -

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mitteln entdeckt, die Verpackungsmaterialien ent-stammen. So stellte die Stiftung Warentest 2007 in vielen Wässern aus Wegwerfflaschen Rückstände von Acetaldehyd fest. Das ist nicht gesundheits-schädlich, beeinflusst den Geschmack aber negativ. Weichmacher aus Verpackungen, von der Stiftung im Jahr 2005 in Käse gefunden, sind dagegen nicht ungefährlich – ebenso wenig wie Dichtungsmateria-lien, die von den Deckeln in die Babykost oder ins Pesto gelangten. Lebensmittel brauchen sehr unter-schiedliche Verpackungen, und jede Innovation birgt neue Risiken, die oft erst spät erkannt werden.

11. LEUTE TREFFEN Bürgerverbände machen sich für Wochenmärkte stark. Kein Wunder: Ein Markt gibt einem Viertel ein Zentrum, schafft ein Wir-Gefühl und verbessert die Kommunikation der Bewohner un-tereinander. Kinder sind kein Störfaktor, vielmehr will-kommene Gäste, die im Gewusel jede Menge Anre-gung finden. Statt Lollies an der Kasse gibt es einen Apfel obendrauf. Man trifft sich auch ohne Verabre-dung, sieht alte Bekannte wieder und lernt neue Leu-te kennen. Oft gibt es ein kleines Café, das zum zen-tralen Treffpunkt wird. Eine Kleinigkeit zum Essen ist bei vielen Ständen zu haben – frisch und auf die Hand. Der Markt ist ein menschenfreundlicher Ort. Selbst Hunde müssen nicht draußen bleiben.

Und genau deshalb sollten wir nicht nur im Urlaub über Märkte bummeln, dort einkaufen gehen und genießen. Mit unserem Einkauf können wir dafür sorgen, dass diese wunderbare Einrichtung in unserem unmittelbaren Lebensumfeld weiterhin erhalten bleibt.

SHOOTINGSTARS: HOFLADEN UND GRÜNE KISTEErgänzt wird das frische Angebot auf dem Wochen-markt durch den Verkauf direkt auf dem Bauernhof und Lieferungen von dort direkt vor Ihre Haustür. Gerade weil die Konzentration im Lebensmittelhan-del fortschreitet und immer größere Mengen gelistet werden, haben es mittelständische Produzenten, al-so Gärtner und Bauern, schwer. Die Losung fürs Überleben heißt: Direktvermarktung. Gerade im Um-land größerer Städte bietet dies Perspektiven, vor al-lem wenn hochwertige Lebensmittel angeboten wer-den. In Serie geht dieses Konzept etwa mit der „Grü-nen Kiste“: Mit ihr bestellt man frisches Obst und

Gemüse per Internet. Oder es wird für eine bestimm-te Personenzahl ein saisonaler Mix abonniert. Das ist bequem, weil man weder planen noch extra bestel-len muss. Sie müssen keine Entscheidung fällen: Das erledigt die Natur für Sie. Es kann eine Möglich-keit für Berufstätige sein, die während der Woche zur Marktzeit nicht einkaufen gehen können. Aller-dings ist Flexibilität beim Kochen angesagt, weil der Inhalt einer solchen Kiste nie genau vorhersehbar ist. Zur Unterstützung gibt der Lieferant in der Regel im-mer ein paar passende Rezepte mit an die Hand – eine gute Gelegenheit, sich auf Neues einzulassen.

Eier und Geflügel, Brot und Wurst aus Haus-schlachtung oder Käse aus eigener Herstellung ver-vollständigen die Auswahl – je nach Hofstruktur.

EINKAUF OHNE BRIEF UND SIEGEL?Auf dem Markt, in der grünen Kiste oder auf dem Hofladen gelten die Bestimmungen für „unverpackte“ Lebensmittel. Bei biologisch oder ökologisch produ-zierten Lebensmitteln muss immer mit der Anschrift oder Codenummer der Kontrollstelle ausgezeichnet werden, gentechnisch veränderte oder bestrahlte Waren unterliegen ohnehin der Benennungspflicht.

Fast finden wir es spießig, auf dem wunder -baren Markt nach amtlichen Siegeln und Kennzeich-nungen zu suchen. Aber gesetzliche Regelungen ha-ben durchaus ihren Sinn und der Verbraucher hat das Recht zu wissen, was er kauft.

DARÜBER HINAUS GILT:

Bei Obst und Gemüseó Güteklasse (siehe Handelsklassen, Seite 16)ó Ursprungsland oder -ortó Sorte bei Äpfeln, Aprikosen (nur Klasse Extra und 1), Avocados, Birnen, Melonen, Pflaumen, Tafeltrauben und Orangenó Größenangaben, wenn das die Norm vorsiehtó Zusatzstoffe zur Oberflächenbehandlung und Wirkstoffe zur Nacherntebehandlungó Die Vermarktungsnormen gelten nicht für alle Obst- und Gemüsearten. Wer es genau wissen will:

Û www.kennzeichnungsrecht.de Bei Kartoffelnó Güteklasseó Sorteó Kochtyp

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Bei Eiernó Erzeugercode auf dem Eió Güte- und Gewichtsklasse, Name, Anschrift, Kennnummer der Packstelle, MHD und Verbraucher-hinweis „bei Kühlschranktemperatur aufbewahren“ Bei Rindfleischó Referenznummer (gewährleistet die Rückverfolg-barkeit vom Stall bis zur Ladentheke)ó Geburt (Geburtsland des Tieres)ó Mast (Land, in dem die Mast erfolgte)ó Schlachtung (Land, in dem das Rind geschlach- tet wurde, zusätzlich Zulassungsnummer des Schlacht betriebes; „ES“ steht für „Europa- Schlachthof“)ó Zerlegung (Land, in dem der Schlachtkörper zerlegt wurde, sowie Zulassungsnummer des Zerlegebetrie-bes; „EZ“ steht für „Europa-Zerlegungsbetrieb“) Bei Fischó Handelsbezeichnung, also der Name des Fischesó Produktionsmethode (gefangen, aus Binnen -fischerei oder gezüchtet bzw. aus Aquakultur)ó Fanggebiet oder Land, in dem der Fisch seine letzte Entwicklungsphase durchlaufen hat

Die Güteklasse taucht vor allem bei Obst und Gemü-se auf – meist wird uns Handelsklasse Extra oder 1 angeboten. Doch was bedeutet das eigentlich? Im Folgenden die Kriterien, nach denen die Güteklasse vergeben wird.

HANDELSKLASSEN

Gemeinsame Merkmale aller Klassen: ganz, fest, gesund, sauber, Rückstände an Pflanzenschutzmit-teln sind auf ein unbedenkliches Maß begrenzt, frei von fremdem Geruch und Geschmack, frei von Schäd lingen, frei von Schäden durch Schädlinge, frei von übermäßiger Feuchtigkeit, genügend ent -wickelt (reif). Die Verpackung muss zum Schutz der Erzeugnisse stabil und haltbar sein.ó Handelsklasse Extra (H. Extra) höchste Qualität; frei von jeglichen Fehlern (ganz, glatt, fest, prall), gut geformt, einheitliche Farbbeschaffenheit, gleiche Größe.ó Handelsklasse I (H. I) gute Qualität; leichte Form- und Entwicklungsfehler, leichte Farbfehler, sehr leichte Quetschungen, ausreichende Festigkeit. Kartoffeln dürfen nur als H. I im Lebensmitteleinzel-handel verkauft werden.

ó Handelsklasse II (H. II) mittlere Qualität; gröbere Fehler, gröbere Farbabweichungen sind zulässig. In jedem Fall sind die Mindesteigenschaften einzu-halten. Fast alle Bio-Artikel tragen die H. II.

QUALITÄT = GÜTEKLASSE?Für den Verbraucher ist Qualität in erster Linie Geschmack und Aroma. Für den Ernährungswissen-schaftler bemisst sie sich am Anteil wertvoller Inhalts-stoffe und an der Schadstofffreiheit. Doch in unseren Handelsnormen findet sich wenig von dieser Sicht-weise wieder. Bei Obst und Gemüse geht es altmo-disch und leicht messbar um gleichmäßige Größe, Freiheit von Schäden – also um sogenannte Rost -flecken, Beschädigungen, weiche, überreife Stellen. Immerhin gibt es Mindesteigenschaften, die Selbst-verständlichkeiten wie „frei von Schädlingen“, „von frischem Aussehen“, „reif“ und „gesund“ fordern. Wobei schon das letztgenannte Kriterium die Gren-zen aufzeigt, denn „gesund“ bedeutet schlicht und einfach, dass es keine faulen und verdorbenen Stel-len gibt. Und ob ein Lebensmittel wirklich frisch ist, erschließt sich dem bloßen Auge nicht in jedem Fall. So ist ein Apfel aus dem Kühllager in den ersten Tagen top frisch, baut aber viel schneller ab als ein frisch geernteter. Und warum darf eigentlich an der Kartoffel kein Krumen Erde mehr haften? Kritik ern-tete vor allem die Einstufung der Güteklassen – da geht es um Gleichmäßigkeit und Größe. Je mehr Kriterien erfüllt werden, desto höher die Einstufung. Für die Ver packung sind diese Normen nützlich, aber für den Verbraucher? Wo bleibt der Ge-schmack? Innerhalb der EU werden die Güteklassen noch nicht einheitlich geregelt, Obst und Gemüse sind jedoch schon relativ gut erfasst.

NICHT OHNE MEINEN METZGER!Im Mittelalter hießen die italienischen Künstler, die den Braten oder das Geflügel tranchierten, „Auf-schneider“ – und machten eine richtige Schau da-raus. So tranchierten die Könner unter ihnen einen gebratenen Auerhahn frei in der Luft – ohne Brett und Tisch, nur mit ihrem Tranchierbesteck. Heute würde das wohl eher in einen Gourmet-Zirkus pas-sen. Doch die Kunst des Zuschneidens ist beim Kunden gefragter denn je. Ohne einen guten Metz-ger hätten wir die gefüllte Schweinebrust (Seite 153) wohl kaum so gut hinbekommen. Schmor -

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braten und Rouladen, Bauch- und Suppenfleisch – jede Garmethode erfordert ein bestimmtes Teilstück. Gerade wer zum ersten Mal einen Braten macht, braucht ein Erfolgserlebnis. Entscheidend dabei ist neben einem guten Rezept nun einmal das Fleisch. Wer eine gute Auswahl und sachkundige Beratung möchte, der sollte möglichst bei einem Metzger einkaufen, der noch selbst schlachtet und wurstet. Denn jede Garmethode erfordert nicht nur das rich-tige Stück, sondern auch den guten Zuschnitt. Ein Metzger schneidet das Fleisch so zurecht, wie es der Kunde wünscht. Er weiß, welches Stück ausrei-chend abgehangen ist und kann immer eine Alter-native empfehlen, wenn das gewünschte Teilstück gerade nicht vorhanden ist. Es lohnt sich, immer beim selben Metzger einzukaufen, werden Stamm-kunden doch bestens bedient und können Rückmel-dung über Erfolg oder Misserfolg geben. Da hält keine Fleischtheke mit – und abgepackte Ware erst recht nicht.

KLEINE METZGERGESCHICHTEKnochenhauer, Metzger oder Fleischer gab es hier-zulande seit dem 12. Jahrhundert. Die Tradition die-ses Berufes reicht noch weiter zurück. Die frühen Hochkulturen Ägyptens, Indiens oder Chinas kann-ten das Schlachten von Tieren immer schon in rituel-lem Zusammenhang. Fleisch war kostbar und eine wertvolle Opfergabe, wenngleich der Konsum über die Jahrhunderte sehr unterschiedlich war. Den Höhe punkt erreichte der Fleischverzehr im 14. Jahr-hundert – Viehhändler sorgten für Nachschub, weil das Umland den Fleischappetit nicht mehr stillen konnte: Bis zu geschätzten 100 Kilogramm Fleisch wurden damals pro Kopf und Jahr verzehrt! Aus hygienischen Gründen wurde es unabdingbar, Schlachthäuser mit entsprechenden Verkaufsstän-den außerhalb der wachsenden Städte zu errichten. Die Zunft der Fleischer gehörte zu den wohlhaben-den – vor allem als das Fleisch ab der zweiten Hälfte

des 16. Jahrhunderts bis Mitte des 18. Jahrhunderts rar und teuer wurde: In dieser Zeit wurden weniger als 20 Kilogramm pro Jahr durchschnittlich geges-sen. Erst durch moderne Produktionsmethoden stieg der Verbrauch wieder – auf bis zu 50 Kilogramm vor dem Ersten Weltkrieg. Heute liegt er bei geschätzten 60 Kilogramm pro Jahr. 27 000 Metzgereien versor-gen die Bevölkerung, das schließt auch die Verkaufs-wagen auf Wochenmärkten ein.

AM BESTEN BIO?Tatsächlich werden in biologisch produziertem Gemüse, Obst und Getreide so gut wie keine Pesti -zid rückstände gefunden – vor allem wenn sie in Deutschland produziert werden. Bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs, also Milch und Milchproduk-ten, Ei, Fleisch, Geflügel und Fisch, sind dagegen kaum Unterschiede zu konventioneller Haltung fest-stellbar, wenn sie aus dem Inland stammen. Aller-dings scheinen Milch, also auch Butter, und Fleisch von Weidekühen einen besonders hohen Anteil von Omega-3-Fettsäuren zu enthalten. Letztere erhöhen den Gesundheitswert der Produkte deutlich. Immer-hin spielt gerade bei Lebensmitteln tierischen Ur-sprungs der Tierschutzgedanke eine entscheidende Rolle. Allerdings fällt hier der Preis deutlich stärker ins Gewicht als bei Getreide, Äpfeln oder Kartoffeln. Denn Bio-Tiere haben eine längere Mast- und damit Lebensdauer, und ihre Haltung ist einfach teurer.

SELBER PRODUZIEREN MACHT FREUDESeit wir Hühner haben, weiß ich: Eier sind kostbar. Fast so wie vor 100 Jahren, als der Arbeitslohn für eine Haushaltshilfe 50 Pfennig betrug, das Huhn zehn Mark kostete und das Ei 20 Pfennig. Das schrieb jedenfalls Rittmeister Ebel, der unsere Mühle in den 1920er-Jahren bewohnte. Ganz so arg ist es heute nicht, aber selber produzieren ist nicht wirk-lich preiswert. Obwohl Hühner wirklich begeisterte

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Resteesser sind – zu meinem Erstaunen fast wie ein Hausschwein – und sie sich auf der Wiese reichlich Grünfutter und Insekten einverleiben, brauchen sie zusätzlich reichlich Futtergetreide. Im Gemüsegarten sind die Sämereien und Setzlinge, die Geräte und der natürliche Dünger auch nicht umsonst. In trocke-nen Sommern kann auch das Wasser ordentlich zu Buche schlagen. Dazu kommt auch noch eine Men-ge Arbeit.

Aber selbst produzieren schlägt viele Fliegen mit einer Klappe. Zunächst sparen Sie sich das Fit-nessstudio, denn Gartenarbeit ist ein Rundum-Trai-ning mit Sonne und frischer Luft inklusive. Wenn Sie knien und sich nicht zuviel bücken, ist es anstren-gend, aber nicht ungesund! Es macht den Kopf frei und erdet den Geist auf sehr produktive Weise. Au-

ßerdem erspart es viele Einkäufe – schließlich ren-nen wir gerade für Frisches in letzter Minute in den Supermarkt. Wenn aber die Tomaten zu Hause am Strauch hängen, der Salat im Hochbeet sprießt und die Kartoffeln geerntet im Keller ruhen und jeden Tag frische Eier da sind, reicht ein Einkauf pro Woche. Und das ist sehr entspannend.

Außerdem ist der Gehalt an empfindlichen Vitaminen und Bioaktivstoffen direkt nach der Ernte am höchsten: selbst geerntet ist also besonders ge-sund. Mehr wertvolle Nährstoffe pro Kalorie geht nicht.

Das gilt auch für die Eier. Allerdings brauchen die mindestens 24 Stunden „Reifezeit“, um wirklich gut zu schmecken.

EINFACH KOCHEN – LANDHAUSKÜCHE AUF MODERNE ART

Ganze Regale voll Gewürzmixturen, Marinaden, immer mehr Brotbackmischungen, Joghurtspeziali-täten und Fertigdressings und -dips machen das Ein-kaufen und letztlich auch das Kochen immer kompli-zierter. Am Ende weiß niemand mehr, was da alles im eigenen Topf und auf dem Teller landet. Dabei sind ellenlange Zutatenlisten für Rezepte vollkom-men überflüssig. Über gute Grundzutaten zu verfü-gen und diese geschmacklich einordnen zu können ist viel wichtiger. Bevor man Gewürzmischungen verwendet, sollte man wissen, wie jedes einzelne Gewürz schmeckt. Der Rest ergibt sich dann beim

Kochen. Aus diesem Grunde sind die hier angegebe-nen Rezepte einfach gehalten – mit Grundzutaten statt Halbfertigprodukten, um wieder auf den guten Geschmack zu kommen. Wir verwenden beinahe schon reflexartig Instantbrühen, wenn Flüssigkeit angegossen wird. Die aber enthalten meist Ge-schmacksverstärker in Form von Glutamat oder Hefe extrakt. Aromatische, einfache Zutaten machen solche Helfer hinfällig. So haben wir in diesem Buch grundsätzlich auf Instantbrühe verzichtet und Was-ser genommen. Und siehe da: Es klappt vorzüglich!

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Während das Angebot an Halbfertigprodukten und Spezialitäten explodiert, wird die Auswahl bei Obst und Gemüse, bei Fisch, Geflügel und Fleisch mono-toner und spitzt sich auf wenige, gängige und für den Handel praktische Sorten zu. Erweitert wird die Fleischtheke allenfalls mit marinierten Steaks, pa-nierten Schnitzeln, gefüllten Rouladen. Dem folgen wir so lange, bis irgendwann keiner mehr weiß, wie sie selbst gemacht werden und schmecken.

DIE GUTEN DINGEEs ist spannend, dass Lieblingsgerichte oft mit wenigen Zutaten auskommen: der badische Wurstsa-lat, das ungarische Gulasch, das Schnittlauchbrot oder Spaghetti mit Knoblauch und Öl – die Klassiker der guten Küche sind simpel. Natürlich braucht man dazu aromatische Zutaten – aber die Zubereitung ist einfach. Und noch etwas: Verwerten Sie wirklich möglichst viel vom Rohprodukt: die Blätter von Ra-dieschen, Blumenkohl und Kohlrabi, der Strunk von Brokkoli und überhaupt allen Kohlsorten, die Rippen vom Salat – sie enthalten oft mehr Aroma und Nähr-stoffe als das zarte Innere. Achten Sie darauf, wie viel Platz frisches Gemüse in Ihrem Korb einnimmt und was davon im Kompost landet. Das muss nicht sein – eine Gemüsebrühe lässt sich allemal daraus kochen.

Auch beim Fleisch plädiere ich für die Verwer-tung des ganzen Tieres. Und zwar nicht in Form von Wurst- und Fleischwaren. Denn die sind gesundheit-lich bedenklicher als das Grundprodukt, weil sie viel Nitritpökelsalz und versteckte Fette nebst Gewürzen und Aromastoffen enthalten und keiner mehr beurtei-len kann, was drin ist. Dabei sind gerade die Teile, die sich nicht fürs Kurzbraten wie Steak und Schnitzel eignen, ideal für Schmorgerichte, in denen sich alle Zutaten zu einem köstlichen Ganzen verbinden. Sie machen gar nicht mehr Arbeit – aber sie kosten Zeit. Und genau das ist es, was für mich auch einen Teil der Landhausküche ausmacht: Sich Zeit nehmen.

RESTE VERWERTENKlingt mühsam, ist auf Dauer aber lohnenswert. Vor allem inspiriert die Resteverwertung die tägliche Kocherei. Am deutlichsten erkennbar wird das beim Brot. Unsere Großmütter warfen keine einzige Kru-me weg! Stattdessen wurden Frikadellen mit einge-weichtem Brot aufgelockert und verlängert, als Suppe wurde es süß mit Backobst und etwas Milch

oder salzig mit Brühe verzehrt. Armer Ritter, Croû-tons, Bruschetta, Toast – sie alle stellen Arten dar, Brot auf köstliche Weise zu verwerten. Und was dann noch bleibt, wird getrocknet und zu Semmel-brösel gemahlen.

Nicht ganz so vielseitig zu verwenden sind Reste von Gekochtem. Die wichtigste Grundregel: Reste möglichst schnell herunterkühlen und dann im Kühlschrank aufbewahren. Bei der Weiterverarbei-tung zügig vorgehen und kurz, aber gründlich auf 100 °C Kerntemperatur erhitzen. Denn bei Tempera-turen von über 20 °C vermehren sich Keime beson-ders schnell.

DARF MAN DAS AUFWÄRMEN?Vor dem Aufbewahren und Wiedererhitzen bestimm-ter Lebensmittel wird oft gewarnt. Doch wenn man’s richtig macht, entstehen keine Probleme.Fisch hat viel Eiweiß und wenig Bindegewebe – aus diesem Grunde ist es leicht verdaulich und zersetzt sich schnell. Doch an Räucherfisch und Matjes se-hen wir: entsprechend behandelt, wird Fisch länger haltbar. Ähnlich verhält es sich mit Resten: Sofort in den Kühlschrank und durchgängig kühl gelagert, lässt sich Fisch am nächsten Tag entweder kalt in Salaten verwerten – oder tatsächlich wieder aufge-wärmt, in Topf oder Auflauf.

Spinat enthält eine Menge Nitrat. Erhitzt man ihn längere Zeit auf hohe Temperaturen, kann sich dieses Nitrat zu Nitrit umwandeln. Gefährlich ist Ni-trit vor allem für Säuglinge unter einem Jahr: Ihr Kör-per kann es noch nicht abbauen, was zu Sauerstoff-mangel bis zur Erstickung führt. Im ersten Lebens-jahr sollte also nie aufgewärmter Spinat gefüttert werden! Doch auch danach ist Nitrit nicht unbedenk-lich: Es kann sich in Reaktion mit anderen Zutaten oder in unserem Körper zu Nitrosaminen umwan-deln, die krebserregend sind. Aber wenn der Spinat zügig zubereitet wird, sofort kalt steht und am nächsten Tag nur kurz erhitzt wird, dann gibt’s keine Bedenken.

Pilze sind eiweißreich und deshalb können auch sie schnell verderben. Doch zeigen Pilze in Do-sen, getrocknete und marinierte Pilze für italienische Anti pasti, dass sie bei richtiger Verarbeitung – näm-lich kurzer Kochzeit und kühler Lagerung – kein Risi-ko darstellen.

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22 DIE EINFACHE LANDHAUSKÜCHE

MINDESTHALTBARKEIT400 Euro pro Jahr wirft jeder deutsche Haushalt statistisch gesehen laut Stiftung Warentest weg – in Form von Lebensmitteln. Das liegt nicht nur an feh-lender Kreativität bei der Resteverwertung, oft ist schlichte Unkenntnis die Ursache. Das Mindesthalt-barkeitsdatum (MHD) wird häufig als Verfallsdatum missverstanden. Dabei ist es, dem englischen „best before“ ähnlich, nur eine Garantie für Geschmack und Qualität bis zu einem bestimmten Datum. Viele Lebensmittel sind weit länger haltbar – wenn auch nicht immer in der gewünschten Qualität. Und natür-lich nur, solange die Verpackung noch verschlossen ist. Die Stiftung Warentest hat im April 2009 dazu eine Untersuchung veröffentlicht.

ó Milchprodukte sind – vor allem, wenn sie gesäu-ert sind – oft Tage und Wochen länger haltbar als an-gegeben. Hier lässt sich durch Riechen und Schme-cken einfach feststellen, was nicht mehr gut ist.

ó Fisch und Aufschnitt aus dem Kühlregal dage-gen sollten möglichst vor Erreichen des MHD ver-zehrt werden – hier entwickeln sich Keime rasant. Und das merkt man nicht so schnell, wenn die Würze kräftig ist.

ó Konserven sind eigentlich „ewig“ haltbar – solan-ge ihr Deckel sich nicht wölbt. Selbst zehn Jahre nach dem MHD können sie genießbar sein – aller-dings leiden Geschmack, Konsistenz und Farbe.

ó Trockene Produkte wie Mehl, Zucker, Nudeln, Reis oder Tee sind schier unbegrenzt haltbar. Aus-nahme sind Vollkornprodukte: Hier kann der fette Keim ranzig werden und den Geschmack verderben. Meist allerdings fallen zuvor jedoch die Lebensmit-telmotten ein – unschädlich, aber eklig.

Letzten Endes heißt die Binsenweisheit: nur so viel kaufen, wie man wirklich braucht. Deswegen nie hungrig einkaufen gehen und nicht auf Sonderange-bote für XXL-Packungen hereinfallen!

WARUM EINE SAISONAL ORIENTIERTE LANDHAUSKÜCHE GELD SPARTWer gut und günstig essen will, der sollte kochen. Denn natürlich muss sich die Arbeit der Lebensmit-telindustrie durch alle Ketten der Produktion lohnen.

Da zählt selbst der Bruchteil eines Cent – und so wird an den Zutaten gespart, weil viele Veredelungs-schritte finanziert werden müssen, ganz zu schwei-gen von Werbung und Marketing. Wer dagegen auf dem Wochenmarkt, beim Metzger und Fischzüchter kauft, der zahlt zwar oft mehr fürs Pfund als beim Discounter – aber das lässt sich durch Eigeninitiative wieder einsparen. Außerdem ist Saisonware tatsäch-lich durchaus preiswerter als im Handel, weil die Salat köpfe größer, die Kräuterbündel dicker und der Abfall geringer ist als im Supermarkt. Außerdem ist die Gefahr zu viel zu kaufen nicht so groß: Es gibt keine bequemen Einkaufswagen, mit denen man bis zum Auto schieben kann …

MENGENLEHRENicht nur beim eigenen Gewicht und am Hosenbund, auch in der Haushaltskasse macht es sich bemerk-bar, wenn man Portionen nicht korrekt einschätzen kann und vor lauter Panik, dass Familie und Freunde nicht satt werden, zu viel kauft. Deshalb: Immer ei-nen kühlen Kopf bewahren, streng durchrechnen und bei der Frage: „Darf es etwas mehr sein?“ beim Nein bleiben. Alle Portionsangaben im vorliegenden Buch enthalten einen Sicherheitszuschlag – je größer die Menge, desto reichlicher fällt der aus. Unsere Tabelle (siehe rechts) kann Ihnen dabei helfen, sich nicht zu übernehmen und auch bei ungewohnten Gästescha-ren den Überblick zu behalten.

SELBST KOCHEN ODER FERTIG KAUFEN?Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft und sind rundum abhängig von Zulieferern und Spezialis-ten. Das gilt zunehmend auch für den Bereich Essen und Trinken. Kein Mensch muss heute mehr selbst kochen, wenn er satt werden will. Aber jeder kann kochen, wenn er bereit ist, sich dafür etwas Zeit zu nehmen und sich darauf einzulassen. Das wird am Anfang etwas länger dauern, schließlich braucht der Ungeübte fürs Schälen, Hacken oder Kneten einfach etwas länger. Natürlich spielen auch die Mengen ei-ne Rolle. Ein Essen für zwei ist schnell vorbereitet. Sind es sechs oder mehr, dann hält das schon auf.Es gibt aber viele Gründe, selbst zu kochen:

ó Sie bestimmen selbst, was auf Ihrem Teller und in Ihrem Magen landet.

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ó Kochen regt die Sinne an: Riechen, berühren und schmecken – das alles kommt in einer technisierten Umwelt zu kurz. Rudyard Kipling schrieb: „Gerüche gehen tiefer ins Herz als Töne oder Bilder …“

ó Wer kocht, schult seine Feinmotorik, muss doch das Messer geschickt geführt, Zwiebeln oder Kräu-ter sehr fein gehackt oder in feine Streifen geschnit-ten werden. Egal, ob Sie Sehnen aus einem Fleisch-stück entfernen oder einen Fisch schuppen: Kraft und Geschicklichkeit wachsen mit der Übung.

ó Kochen erfordert Konzentration – erlaubt aber gleichzeitig Kommunikation, also Gespräche, aber auch eigenes Nachdenken. In diesem Sinne kann es sehr anregend sein.

ó Kochen spart Geld – bei besseren Zutaten. Denn natürlich müssen Fertigprodukte teurer bezahlt werden – schließlich erledigt jemand anderes die Vorarbeit. Wir haben das an einigen Beispielen aus-gerechnet (siehe Seite 232 f.).

Es ist letzten Endes eine persönliche Frage, was jeder Einzelne an Arbeit delegieren will – und was er selbst tun möchte. Aber es wäre schade, wenn am Ende nur passiver Konsum übrig bleibt.

DIE IDEALE KOCHTECHNIKSie ahnen es schon: Die gibt es nicht. Bei allen Vergleichen zwischen Dämpfer, Schnellkochtopf, Pfanne oder Mikrowelle zeigt sich, dass es in erster

MENGENTABELLE

Gericht

Suppe als Vorspeise

Suppe als Hauptgericht

Blattsalat

Salatdressing

Salat zum Sattessen

Fleisch / Fisch als Stück ( ohne Knochen )

Fleisch / Fisch / Krabben in Ragout o. ä.

Gemüse, roh (für Dips etc.)

Gemüse als Beilage

Gemüse als Hauptgericht

Kartoffeln als Beilage

Kartoffeln als Hauptgericht

Reis & Nudeln (roh gewogen) als Beilage

Reis & Nudeln (roh gewogen) als Hauptgericht

Brot & Brötchen als Beilage

Käse & Aufschnitt

Süßes als Hauptgericht

Dessert

g / ml pro Kleinkind ( 2–5 Jahre )

150 ml

250 ml

30 g

1/2 EL

150 g

80 g

30 g

50 g

100 g

200 g

100 g

200 g

40 g

60 g

50 g

40 g

180 g

80 g

g / ml pro Kind ( 6–11 Jahre )

200 ml

300 ml

50 g

1 EL

200 g

100 g

50 g

80 g

150 g

250 g

150 g

250 g

60 g

80 g

75 g

60 g

250 g

120 g

g / ml pro Erwachsener

250 ml

400 ml

80 g

2 EL

300 g

200 g

80 g

120 g

200 g

350 g

200 g

350 g

80 g

100 g

90 g

80 g

300 g

150 g

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24 DIE EINFACHE LANDHAUSKÜCHE

Linie auf die richtig Garzeit ankommt. Denn jede überflüssige Minute zerstört wertvolle Inhaltsstoffe. Zu viele Röststoffe führen zu krebserregenden Sub-stanzen. Zu viel Flüssigkeit schwemmt die Nähr -stoffe aus. Jede Garmethode hat Pluspunkte für bestimmte Lebensmittelgruppen. Die moderne Kü-chentechnik zu nutzen, widerspricht überhaupt nicht einer zeitgemäßen Landhausküche:

ó Der Schnellkochtopf ist toll für lang garende Hülsenfrüchte, die man vergessen hat am Vortag einzuweichen. Er eignet sich auch für Fonds.

ó Der Dampfgarer ist ideal für zartes Gemüse und für Fisch: Das Eigenaroma bleibt erhalten, es wird nichts ausgelaugt, die Struktur bleibt fest. Sie brau-chen eigentlich nur einen flexiblen Dämpfeinsatz aus Edelstahl. Der passt in jeden Topf! Sie können sich auch einen Elektrodämpfer anschaffen – den gibt’s schon für unter 100 Euro, oder Sie investieren bei Ihrem nächsten Backofen in eine Dampfgarfunktion oder sogar in ein separates Einbaugerät.

ó Die Mikrowelle gart ebenfalls zartes Gemüse, Fisch und Getreide, das nur quellen muss, besonders schonend. Aber Vorsicht: Eine Minute mehr kann schon zu viel sein! Die Angst vor der Mikro welle ist unbegründet. Ob man sie braucht, ist eine andere Frage.

ó Die Pfanne sollte beschichtet sein und einen Deckel haben. Dann erfüllt sie ihren Zweck, Lebens-mittel zu braten, sodass sich Krusten bilden.

ó Ein Wok ist toll für überschaubare Mengen von kleingeschnittenem Gemüse. Er sollte aus einfachem Blech oder beschichtet, auf keinen Fall aber aus Gusseisen sein. Gusseisen verteilt die Wärme zu gut und der Sinn des Pfannenrührens im Wok ist, dass es heiße und kalte Zonen gibt, zwischen denen das Gargut hin- und hergeschaufelt wird.

ó Für Schmorgerichte ist eine Kasserolle empfeh-lenswert. Vielleicht finden Sie eine in der Küche Ihrer Großmutter – oder auf dem Flohmarkt. Sie sollte schwer und innen emailliert sein, denn sie muss Hitze gut leiten und halten – und sich ebenso für den Backofen eignen. Deshalb sollte sie auch einen passenden Deckel haben. Natürlich gibt es diese Schmortöpfe auch neu zu kaufen.

ó Der ganz normale Topf ist ideal fürs Dünsten – also garen bei kleiner Hitze im eigenen Saft – oder fürs Kochen. Da hängt es vom Herd ab, was Sie be-nötigen. Auf Gas geht alles – auf einem Induktions-herd eben nur entsprechend taugliche Töpfe.

Widerstehen Sie dem Ausstattungswahn! Sie kochen ja doch immer mit denselben Geräten – die Ihnen gut in der Hand liegen, sich bewährt haben und die Mengen fassen, die Sie normalerweise brauchen. Wenn Sie Inspiration und Beratung möchten, hilft Ihnen das Test-Buch „Kochwerkstatt“ von Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, in dem alle wichtigen Küchengeräte vorgestellt werden und rund 200 repräsentative Rezepte zeigen, was man mit dem jeweiligen Gerät alles machen kann.

GESUND ESSENWarum nur wird in Deutschland ein Widerspruch zwischen gutem und gesundem Essen konstruiert? Liegt es an der Reformküche der 1920er-Jahre? Ziemlich schade, denn ich meine: Gesundheit und Genuss sollten Hand in Hand gehen – ein Entweder-oder gibt es nicht.

WAS BRAUCHT DER MENSCH?Eigentlich ganz wenig. Unser Problem ist ja eher das Zuviel – und die unterschiedlichsten Essstörun-gen, die aus dem Überfluss entstehen. In der Tabelle (siehe rechts) können Sie nachlesen, wie viel wovon täglich auf den Teller kommen sollte.

STREITPUNKT FLEISCH UND FETTRotes Fleisch – dazu zählen neben Rind, Wild und Lamm auch Schwein – scheint nach aktuellen Er-kenntnissen bei der Entstehung mehrerer Krebser-krankungen ein Faktor zu sein. Weißes Fleisch – damit sind Pute, Hähnchen und Fisch gemeint – scheinen dagegen unverdächtig. Ebenfalls in der Kritik stehen gesättigte Fette, die in Milchfett ein starkes Vorkommen haben, aber auch bei Rind und Lamm und in geringerem Maße auch bei Schweine-schmalz. Wie verträgt sich das mit den Rezepten in diesem Buch? Wir meinen, jede Art von Einseitigkeit ist zu vermeiden. Keiner wird täglich Rouladen oder Krustenbraten fabrizieren. Aber zu unserer ganz nor-malen mitteleuropäischen Esskultur und Ernährung

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