Sonderdruck 5 14 - capitalent.de · seines kaligrafi schen Talents mit Stolz auf seine Feder...

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Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb Auszug aus Nr. 5 | August 2014 ISSN: 1611-2997 5 14 ener|gate Verlag, Essen Sonderdruck Partner Capital Modern Times VON DR. WOLFGANG H. KOCH

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Zeitschrift für Energie, Markt, WettbewerbAuszug aus Nr. 5 | August 2014

ISSN

: 161

1-29

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5 14

ener|gate Verlag, Essen

Sonderdruck

Partner Capital

Modern TimesVon dr. wolfgang h. koch

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4 S P e C i a l M e n S C h i M M i t t e l P u n k t

Die Bedeutung der drei Treiber des gesellschaftlichen Wandels, also

die Digitalisierung, die Generation Y und der demografi sche Wandel

sind von so überragender Bedeutung, weil sie unverrückbare Rah-

menbedingungen setzen und in Wechselwirkung zueinander stehen.

Jeder ist betroffen: der Einzelne, das Unternehmen, die Gesellschaft.

Der sich abzeichnende Wandel wird massiv die Personalarbeit und

insbesondere die Personalentwicklung der nächsten Jahre beeinfl us-

sen. Umbrüche gab es schon immer: Der alte Kontorschreiber, der ob

seines kaligrafi schen Talents mit Stolz auf seine Feder blickte, musste

lernen, die Schreibmaschine zu beherrschen. Die alte Abrechnungs-

abteilung verwandelte sich in kurzer Zeit zum Customer-Service-

Center. Was ist so besonders an dem jetzigen Wandel? Vielleicht nicht

mehr oder weniger als die Herausforderungen anderer Generationen.

In einer zukünftigen geschichtlichen Nachbetrachtung mag es heißen,

dass es die Geschwindigkeit war und die Gleichzeitigkeit der Wandel-

faktoren, welche die Veränderung ausmachten.

Prioritäten im Talent Management Im Hinblick auf die Treiber des Wandels haben die Unternehmen be-

reits Initiativen gestartet. Das ergab die Studie „Talent Management

Survey 2012“, die vom europä ischen Dachverband der Personalmana-

ger EAPM und der Beratungsgesellschaft Capitalent organsiert wurde.

An der Umfrage nahmen rund 1.200 Personalmanager und andere

Führungskräfte teil. Sie stammten überwiegend aus Unternehmen mit

bis zu 1.000 Mitarbeitern aus Industrie und Dienstleistung. Zudem

wurden europaweit ca. 140 Erfolgsbeispiele tiefergehend analysiert.

Im Rahmen der Studie gaben 60 Prozent der befragten Personalver-

antwortlichen an, aktuell und in den zurückliegenden drei Jahren

Projekte des Talent Managements gemacht zu haben. Doch sind 90

Prozent der Befragten noch unzufrieden mit den bisherigen Ergebnis-

sen dieser Vorhaben. Die Studienteilnehmer sollten angeben, welche

Von Dr. Wolfgang h. koch, Partner Capitalent

Modern Times Talent-Management zwischen digitalisierung, generation Y und dem demografi schen wandelEigentlich hat die Branche mit der Energiewende genug zu tun. Eigentlich. Nun fällt die Energiewende auch noch in eine Zeit starken gesellschaftlichen Wandels. Da ist die Digitalisierung mit ihrer alles überrollenden Konsequenz für Kommunikation und Produktivität. Zudem kommt eine nachwachsende Generation an Talenten und zukünftigen Füh-rungskräften, die als Nachfolger der Babyboomer so gänzlich anders zu ticken scheint als ihre Eltern. Und schließlich macht sich der demografi sche Wandel in den Unternehmen bemerkbar. Das Personalmanagement muss auf alle diese Entwicklungen reagieren.

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Ansätze im Talent-Management wichtig werden und bei welchen sie

Handlungsbedarf sehen. Abbildung 1 zeigt, wo die Prioritäten bezüg-

lich 15 verschiedener Ansätze des Talent-Managements liegen.

Die Unverrückbarkeit des Wandels

In diesem Jahr wurde der amerikanische Künstler, Autor und Infor-

matiker Jaron Lanier mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhan-

dels ausgezeichnet. Der Spiegel kommentiere, dass damit quasi pars

pro toto die gesellschaftliche Relevanz und positive Wirkmacht des

Digitalen anerkannt sei. Lanier, ein Vordenker des Cyberspace, aber

gleichermaßen auch scharfer Kritiker des Internets, meint, es sei le-

bensgefährlich, nicht in beiden Welten zu Hause zu sein. Denn man

wüsste schließlich nicht wirklich, was Technologie alles noch kön-

ne. Dies mag man als Ausweis einer grandiosen Zukunft sehen. Für

die Energiewirtschaft könnte dies mit der Sehnsucht nach neuen Ge-

schäftsmodellen gleichzusetzen sein, von denen hoffnungsschwanger

auf allen Konferenzen gesprochen wird. Dabei erwarten die Einge-

weihten, dass neue Spieler auf den Plan treten werden: solche, die bis

dato gänzlich unvertraut mit dem Energiegeschäft waren. Es besteht

die Sorge, dass die pfiffigsten neuen Ideen vielleicht von Branchen-

fremden kommen könnten.

Aufmerksamkeit und Mittel bereitstellenOhne Talente geht es nicht. Eine Binsenweisheit. Und dennoch ist dies

eine Herausforderung im Tagesgeschäft. Für viele Manager wird das Ta-

lent-Management schnell zu einer Zusatzbelastung. Die Studie belegt,

dass 60 Prozent der Befragten das fehlende Engagement der jeweiligen

Vorgesetzten als Hauptursache für das Scheitern von Initiativen des Ta-

lent-Managements betrachten. Deshalb führt auch kein Weg daran vor-

bei: Das Management von Talenten sollte auf der obersten Ebene des

Unternehmens angesiedelt werden. Das Portfolio der High Potentials

muss als wertvolles Gut, als knapper Vermögenswert betrachtet wer-

den. Dies wiederum muss gesichert und auf lange Sicht ein Bestandteil

der Unternehmensplanung werden. Einmalige Aktionen sind Tropfen

auf dem heißen Stein und dafür auch zu teuer. Es geht nicht darum,

frei werdende Stellen schnell wieder zu besetzen. Sondern es muss

dauerhaft und prozessual klar sein, wo Talente kurz- und mittelfristig

fehlen und wie sich diese Lücken schließen lassen. In der Konsequenz

bedeutet Talent-Management auch laufende Budgetierung: ohne aus-

reichende Mittel kein Erfolg. Ein Fünftel der Befragten in kleineren und

mittleren Unternehmen hat hierfür kein Budget eingeplant. Ist aller-

dings Talent-Management als Mittel gesteigerter Wettbewerbsfähigkeit

verabschiedet, muss es auch Teil der Zielvereinbarungen und damit Teil

einer Feedbackkultur werden. Am Ende sollte der Prozess aber nicht zu

steif, zu verordnet organisiert sein. Individuelle Entfaltung im Rahmen

der Unternehmensziele muss möglich sein. Tabelle 1 fasst den Hand-

lungsbedarf des Talent-Managements zusammen.

Vertrauen ist obligatorisch

Platon irrte, als er meinte, die „Jugend von heute“ sei besonders faul,

frech und verantwortungslos. So ähnlich klingt es gelegentlich, wenn

von der Generation Y die Rede ist, oder von den Millenials, wie Howe

und Strauss („Millenials Rising“) sie in ihren Arbeiten zum Thema ge-

nannt haben. Die Generation der zwischen 1980 und 1995 Geborenen

sei verwöhnt, selbstverliebt und unselbständig.

abb. 1 Ansätze im Talent-Management in den Augen der befragten Manager, Quelle: Capitalent/EAPM 2012

Auswahl&

Integration

Potenzial& Leistungbewerten

FamilienFreundlichkeit

Effektiv entwickeln

Erfolgreich umsetzen

Leistungs-kulturfördern

Rollen für Leistungsträger

Manager einbinden

Langfristigplanen

Verankerungim Geschäft

Wirkungmessen

Talentnetz-werke bilden

Attraktivität Alternative Karriere-pfade

ErfolgskritischeTalentgruppen

bilden

gering groß

gerin

ggr

Aktueller Handlungsbedarf

Künf

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Bede

utun

g

tab. 1 Die wesentlichen Handlungsempfehlungen für das Talent-Management, Quelle: Capitalent/EAPM 2012

Die 5 handlungsempfehlungen

1. Zur Chefsache machen> Talent als aufgabe des asset-Managements betrachten,> nachgelagertes Management verpflichten.

2. langfristig planen> die wachstumsziele des Unternehmes in deckung bringen mit

den persönlichen Zielen der Talente,> konkrete Projekte aufsetzen.

3. Mittel bereitstellen> budgetieren und in die laufenden Unternehmensplanung

einstellen,> Personaler aufwerten.

4. leistungskultur fördern> als Teil der Zielvereinbarung festmachen,> nachhalten.

5. effizient entwickeln> Talente jedes Jahr neu betrachten,> die renumeration leistungsgerecht anpassen.

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Auf die Jungen ist VerlassDies bedarf einer differenzierten Betrachtung. Fakt ist, die Generati-

on Y ist so gut ausgebildet wie noch nie, international, vielsprachig

und digital. Von Freizeitoptimierern und Karriereverweigern keine

Spur. Nur haben sie ein anderes Ideal vor Augen. Die Welt ihrer El-

tern, geprägt von Stempeluhr oder Dienstwagen, betrachten sie mit

Skepsis. Vertrauensarbeitszeit ist angesagt. Vereinbarkeit von Familie

und Beruf ist wichtig. Das schicke Eckbüro ist out. Selbstbestimmung,

Elternzeit und Sabbatical sind die neuen Statussymbole.

Eine Studie der IE Business School aus dem Jahr 2010 belegt, dass die

Vertreter der Generation Y zwar leistungsbereit, aber auch anspruchs-

voll sind. Es besteht latent eine hohe Wechselbereitschaft, sollten

Aufstiegs- und Gehaltswünsche nicht erfüllt werden. Die Studie fasst

zusammen, dass die Generation engagiert, aber nicht zwingend loyal

ist. Die permanente Suche nach einem besseren Angebot am Arbeits-

markt gehört nach Aussage von 95 Prozent der Studienteilnehmer

ebenso dazu wie der Wunsch nach klaren Karrierepfaden.

Nun sind Wünsche und Forderungen das eine, belastbare Arbeitser-

gebnisse das andere. Solange Karrieren auch weiterhin durch gute

Leistung und Ergebnisse bestimmt werden, muss Management und

Personalern nicht Angst werden vor dieser Entwicklung, egal wie

sehr der demografische Wandel der Generation Y einen Trumpf in die

Hand gibt. Trotzdem bleibt die Aufforderung: Vertrauen schenken!

Neue Arbeits- und Karriereformate finden!

Gefragt: der authentische ManagerDie angesprochenen Fragen der Genera-

tion Y betreffen nicht nur die äußeren

Formate von Arbeit, wie Arbeitszeiten

und -plätze, ob es eine Unternehmens-

Kita gibt oder die Chance auf ein Sab-

batical besteht. Es beginnt bereits damit,

dass die Generation emotional ange-

sprochen und erreicht werden will. Die-

se Absolventen der Hochschulen wollen

wissen, wofür das Unternehmen ihrer

Wahl steht. Dabei geht es nicht nur um

die Produkte des Unternehmens, son-

dern auch darum, wofür das Unterneh-

men und sein handelndes Management

einsteht, an welchen Werten sich das

Unternehmen orientiert und wie dies

kommuniziert und gelebt wird. Kurz:

Besonders die mittleren und kleineren

Unternehmen müssen sich zu einer at-

traktiven Arbeitgebermarke entwickeln.

In einer Welt grenzenloser Kommuni-

kation mit Plattformen im Internet, wo

Arbeitnehmer ihr Unternehmen anonym

und jederzeit bewerten können, werden

regelmäßiger Austausch von Wissen, hierarchiearmes Arbeiten im

Team an anspruchsvollen Aufgaben, ehrliche und authentische Füh-

rung des Managements zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren, um

diese Talente zu gewinnen und zu halten.

Personalarbeit in der „Next Society“

Eine weitere, wichtige Erkenntnis: Talent-Management lohnt sich

auch wirtschaftlich! Abbildung 2 zeigt, was erfolgreiche Unter-

nehmen in puncto Talent-Management machen und wie sich die

Maßnahmen auf den relativen Erfolg im Vergleich mit anderen

auswirken. So schafft sich ein skandinavisches Telekommunikati-

onsunternehmen wichtige Innovationsfelder durch gezielte Explo-

ration von Talent, setzt dabei bewusst in Zahl und Budget auf das

Doppelte bis Dreifache des Wettbewerbs. Ein griechisches Rohstoff-

unternehmen büßte in der Krise 60 Prozent des Umsatzes ein und

setzte dennoch massiv auf Personalentwicklung. So konnte es die

Abwanderung wichtiger Talente ins Ausland verhindern. Ein nie-

derländisches Unternehmen geht folgendermaßen vor: Gerät ein

Projekt in Schwierigkeiten, ist die gesamte Gruppe ausgewählter

Talente gefordert, das Problem zu lösen. Wer dabei nicht genug

leistet oder zu wenig Enthusiasmus zeigt, muss das Team verlas-

sen. Ein weiteres Beispiel ist ein kleiner Mühlenbetrieb aus der

Schweiz: Trotz geringer Größe betreibt die Firma sehr systematisch

Talent-Management. Die Talente dort entwerfen einen Aktionsplan

für sich, der gemeinsam mit dem Vorgesetzten umgesetzt wird. Die-

ses fördernde Umfeld hat geholfen, dass viele innovative Lösungen

abb. 2 Maßnahmen des Talent-Managements und deren Auswirkung auf wirtschafltlichen Erfolg, Quelle: Capitalent/EAPM 2012

Mindestens 2 Jahre systematisch Talent-Management vorausplanen

Feedback Verfahren haben (180 Grad+) und systematische Interviews

Geschäft operativ mit Talent-Management-Projekten verzahnen

Mentoring

Talent differenziert führen

Transparenten Prozess haben für Talentauswahl und -ernennung

eine Vision "Talent" kommunizieren

Talent-Management in die Ziel-vereinbarungen aufnehmen

Talent auf ca. 10% bis 20% der Mitarbeiter beziehen

Talent-Management regelmäßig budgetieren

Was High-Performing Unternehmen

für Talent-Management tun

Unterschied zwischen High-Performing Unternehmen und

schwächeren

niedrig hoch

Hinweis: Darstellung um Unterschiede in Unternehmensgröße bereinigt

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7S P e C i a l M e n S C h i M M i t t e l P u n k t

für die Geschäftsprozesse entwickelt wurden, die später deutlich

größere Wettbewerber kopiert haben. In der Energiewirtschaft ist

die Gas-Union in Frankfurt ein gutes Beispiel. Der wirtschaftliche

Erfolg im Wandel von ursprünglicher Beschaffungsgesellschaft zum

agilen Spieler mit eigener Rolle im Gasmarkt ist auch Ergebnis kon-

sequenten und guten Talent-Managements.

Fazit

Energiewende und gesellschaftliche Wandelfaktoren sind unver-

rückbar. In der Entdeckung von Zukunftskonzepten und neuer Ge-

schäftsmodelle ist viel Kreativität erforderlich. Denken ohne tradierte

Begrenzungen ist erforderlich. Gleichzeitig tritt eine anders geprägte

Nachfolgeneration an, gut ausgebildet, international und digital. Das

eigene Unternehmen muss für diese Leute attraktiv gemacht werden.

Pragmatisches Handeln und Talentmangement können dabei helfen.

Dem Personalressort fällt dabei eine Schlüsselrolle zu. Denn wann

war jemals gutes Personalmanagement nötig, wenn nicht jetzt? Ma-

nagement muss die Rolle des Personalers neu definieren. Oder um-

gekehrt: Die Personaler müssen als Business Partner auf Augenhöhe

des CEO kommen. Schliesslich sind die Zeiten vorbei, wo aus dicken

Stapeln von Bewerbungsunterlagen ausgewählt werden konnte. Die

Digitalisierung hat Angebots- und Nachfrageverhalten ähnlich revolu-

tioniert wie die Liberalisisierung die Energiemärkte. Entsprechend än-

dert sich die Aufgabe der Personalentwicklung. Defensives Verhalten

an dieser Stelle bedeutet Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.

Dr. Wolfgang h. koch • Jahrgang 1954

• 1973-1982 abitur, lehre, Studium elektrotechnik,

Promotion london University

• 1982-1988 general electric, USa

• 1988-1996 daimler Benz, aeg

• 1996-2003 S.U.P

• seit 2003 Partner und gesellschafter caPITalenT

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