Sonderheft Professor em. Dr. Walter Dieminger Zum 70. Geburtstag Am 7.7.1977: Ansprachen und...

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Diese Mitteilungen setzen eine von Erich Regener begründete Reihe fort, deren Hefte am Ende dieser Arbeit genannt sind. Bis Heft 19 wurden die Mitteilungen herausgegeben von J. Barteis und W. Diemlnger. Von Heft 20 an zeichnen W. Dieminger, A. Ehmert und G. Pfotzer als Herausgeber, ab Heft 51 W. Dieminger und G. Pfotzer und ab Heft 55 G. Pfotzer. Das Max-Planck-Institut für Aeronomie vereinigte ursprünglich zwei Institute, das Institut für 5tratosphärenphysik und das Institut für Ionosphären physik. Bis Heft 54 wird durch ein (5) oder (I) beim Titel angedeutet, aus welchem Institut die Arbeit stammt. 1976 wur- den die beiden Institute zusammengelegt. Anschrift: ISBN-13978-3-540-08327-6 001: 10.1007/978-3-642-66700-8 Max-Planck-Institut für Aeronomie Postfach 20 3411 Katlenburg-lindau 3 e-ISBN-13: 978-3-642-66700-8

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Diese Mitteilungen setzen eine von Erich Regener begründete Reihe fort, deren Hefte am

Ende dieser Arbeit genannt sind.

Bis Heft 19 wurden die Mitteilungen herausgegeben von J. Barteis und W. Diemlnger.

Von Heft 20 an zeichnen W. Dieminger, A. Ehmert und G. Pfotzer als Herausgeber, ab

Heft 51 W. Dieminger und G. Pfotzer und ab Heft 55 G. Pfotzer.

Das Max-Planck-Institut für Aeronomie vereinigte ursprünglich zwei Institute, das Institut

für 5tratosphärenphysik und das Institut für Ionosphären physik. Bis Heft 54 wird durch

ein (5) oder (I) beim Titel angedeutet, aus welchem Institut die Arbeit stammt. 1976 wur­

den die beiden Institute zusammengelegt.

Anschrift:

ISBN-13978-3-540-08327-6

001: 10.1007/978-3-642-66700-8

Max-Planck-Institut für Aeronomie

Postfach 20

3411 Katlenburg-lindau 3

e-ISBN-13: 978-3-642-66700-8

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SONDERHEFT

PROFESSOR EM. DR. WALTER DIEMINGER

ZUM 70. GEBURTSTAG AM 7.7.1977

ANSPRACHEN UND VORTRÄGE

ANLÄSSLICH SEINER FEIERLICHEN VERABSCHIEDUNG

AUS SEINEM AMT ALS DIREKTOR

DES MAX-PLANCK-INSTITUTS FÜR AERONOMIE

AM 9. UND 10.7.1975

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Inhaltsverzeichnis

1. Widmung zum 70. Geburtstag von Herrn Professor Dr. Walter Dieminger

am 7. Juli 1977 •••••••••.••.•••.•••••••••.•••.•••••.••••••

2. Ansprachen in einer Feierstunde am 9. Juli 1975 anläßlich der

Ver ab s chi e dun g von Herrn Professor Dieminger aus sei n e m Amt als

5

Direktor des Max-Planck-Instituts für Aer'onomie .............. 7

2.1 Begrüßung der Gäste (Prof. G. Pfotzer) ••••.••••••••.••••.•••••• 9

Ansprachen der Herren:

2.2 Prof. Dr. R. Lüst,

Präsident der Max-Planck-Gesellschaft................. 11

2.3 Prof. Dr. O. Rosenbach

für die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft 15

2.4 Prof. Dr. A. Hahn

für die Deutsche Geophysikalische Gesellschaft ••••••••• 17

2.5 Dr. E. Süssenberger,

Präsident des Deutschen Wetterdienstes 19

2.6 Prof. Dr. F. Hund

für die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

der Universität Göttingen •••••••••••••••••• 21

2.7 Dr. R. Eyfrig

für das Forschungsinstitut der Deutschen Bundespost beim

Fernmeldetechnischen Zentralamt ••••••••••••••••.••••• 23

2.8 Bürgermeister H. -G. Strüder

für den Landkreis Northeim und die Gemeinde

Katlenburg-Lindau

2.9 Herr E. Schieweck

als Vorsitzender des Kuratoriums

des Max-Planck-Instituts für Aeronomie

2.10 Prof. Dr. G. Pfotzer

Übermittlung der Grüße des Präsidenten der Deutschen

Forschungsgemeinschaft Prof. Dr. H. Maier-Leibnitz und als

Mitglied der Institutsleitung .••••.••••••••••.••.•

2.11 Herr Dip!. -Phys. H. Kopka

für den Betriebsrat

2.12 Dr. G. Hartmann

für die Mitarbeiter

2.13 Schlußwort von Prof. Dr. W. Dieminger

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3 . Rem i ni s zen zen und Übe r 1 e i tun g zum w iss e n s c haft li c h e n T eil •••••• 43

3.1 Prof. Dr. K. Rawer

Er i n n e run gen an die Zen t r als tell e für Fun k be rat u n g • • • • . . 45

3.2 Mr. W. R. Piggott

Appleton Laboratory, Slough, England •.•..•....•...•... 49

4. Wissenschaftliche Vorträge.. .•••••.••...••..•.••.•••••••.••.•. 51

4.1 Mr. W. R. Piggott

"The E and D Region of the Ionosphere -

An Experimentalist's View" .•.•...••..•

4.2 Prof. Dr. O. Burkard

52

"Ungelöste Probleme der oberen Ionosphäre" ••••••••..•. 53

4.3 Prof. Dr. J. Oksman

"Polare Ionosphäre". 67

4.4 Dr. S. J. Bauer

"Planetare Ionosphären"............................... 91

4.5 Dr. J.W. King

"Sun-Weather Relations: A New Branch of

Solar-Terrestrial Physics" ••....•.•.... 101

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1. WIDMUNG

Walter Dieminger zum 70. Geburtstag

Am 7.7. 1977 vollendet Professor em. Dr. rer. techno Walter Dieminger. Emeritiertes Wissen­

schaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für Aeronomie. sein 70. Lebensjahr.

Leitung und Mitarbeiter des von dem Jubilar gegründeten und langjährig als Direktor geleiteten In­

stituts entbieten ihm ihre Glückwünsche zu seinem Geburtstag und für die künftigen Lebensjahre.

Der Forscher und Organisator Walter Dieminger kann an diesem Tag mit Stolz und Befriedigung auf

die in seiner aktiven Dienstzeit erbrachte. international anerkannte Leistung und damit verbundene Ehrun­

gen zurückblicken.

Vertreter wissenschaftlicher Organisationen und von Behörden. Kollegen. Mitarbeiter und Freunde

haben sein Werk anläßlich seiner Entpflichtung vom Amt des Direktors des Max-Planck-Instituts für

Aeronomie durch Ansprachen gewürdi:gt und ihn durch wissenschaftliche Vorträge in einem Kolloquium

geehrt.

Diese Ansprachen und Vorträge wurden in der vorliegenden. Walter Dieminger zum 70. Geburtstag

gewidmeten Schrift zusammengestellt. Möge ihm. wenn er sie Revue passieren läßt. erneut mit Befrie­

digung bewußt werden. daß sein stetes Bemühen in der Vergangenheit durch Glück und ungewöhnlichen

Erfolg belohnt und ihm in reichem Maße Anerkennung und freundschaftliche Zuneigung zuteil wurden.

Mögen ihm auch mit Beginn seines persönlichen neuen Jahrzehnts weiterhin die körperliche und

geistige Frische und damit die Fähigkeit erhalten bleiben. die erfreulichen Möglichkeiten des täglichen

Lebens zu erkennen und zu nutzen.

Institutsleitung und Mitarbeiter

des Max-Planck-Instituts für Aeronomie

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2. ANSPRACHEN IN EINER FEIERSTUNDE

AM 9. J U L I 1975

ANLÄSSLICH DER VERABSCHIEDUNG

VON

PROFESSO R DIEMINGER

AUS SEINEM AMT ALS DIREKTOR

DES

MAX-PLANCK-INSTITUTS FÜR AERONOMIE

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- 9 - 2.1

2.1 Begrüßung der Gäste (Professor Dr. G. Pfotzer)

Sehr verehrte Anwesende!

Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Herr Professor Lüst, Herr Professor Axford und ich

selbst, als Direktoren an diesem Institut, haben Sie zur feierlichen Verabschiedung von Herrn Professor

Dr. Walter Dieminger aus seinem Amt als Direktor des Max-Planck-Instituts für Aeronomie und zu ei­

nem wissenschaftlichen Kolloquium eingeladen.

Wir freuen uns, daß Sie dieser Einladung trotz der bereits angebrochenen Urlaubszeit in so großer

Anzahl gefolgt sind, und heißen Sie als Freunde und Kollegen von Professor Dieminger herzlich willkom­

men. Ich tue dies auch im Namen von Herrn Kollegen Axford, dem es leider nicht möglich war, von einer

Dienstreise aus Südafrika rechtzeitig zurückzukommen.

Es ist mir eine angenehme Pflicht und eine besondere Freude, diejenigen Gäste persönlich zu begrü­

ßen, die gleichzeitig in Vertretung von Wissenschaftlichen Gesellschaften, der Universität Göttingen,

von Behörden und dem Institut pahestehenden Gremien hier anwesend sind.

Ich begrüße

für das Bundesministerium für Forschung und Technologie:

Herrn Ministerialrat Dr. Regula

für die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft:

Herrn Professor Rosenbach

für die Deutsche Geophysikalische Gesellschaft:

Herrn Professor Hahn

den Präsidenten des Deutschen Wetterdienstes:

Herrn Dr. Süssenberger

für die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Göttingen:

Herrn Professor Hund

für das Forschungsinstitut der Deutschen Bundespost beim Fernmeldetechnischen Zentralamt:

Herrn Dr. Eyfrig

für den Landkreis Northeim und die Gemeinde Katlenburg-Lindau:

Herrn Bürgermeister Strüder

für das Kuratorium unseres Instituts:

den Vorsitzenden Herrn Schieweck.

Ganz besonders herzlich möchte ich aber schließlich die Freunde und Kollegen begrüßen. die gekom­

men sind, um Herrn Professor Dieminger durch persönliche Erinnerungen und durch Vorträge im wis­

senschaftlichen Kolloquium zu ehren.

So heiße ich willkommen:

Herrn Dr. Bauer aus USA

Herrn Professor Burkard aus Österreich

Herrn Dr. King aus England

Herrn Professor Oksman aus Finnland

Herrn Piggott aus England

Herrn Professor Rawer aus Freiburg •

Es spricht nun zu Ihnen der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Herr Professor Lüst •

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2.2 Ansprache des Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft

Professor Dr. R. Lüst

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

lieber Herr Dieminger, liebe Frau Dieminger!

2.2

Sehr herzlich möchte ich Sie hier alle begrüßen. Ich freue mich, daß so viele Freunde und Kolle­

gen von Herrn Dieminger unserer Einladung folgen konnten und sich auch nicht scheuten, größere Ent­

fernungen hierfür zurückzulegen.

Das Max-Planck-Institut für Aeronomie und der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft haben zu

dieser Feierstunde und zu dem Kolloquium geladen, weil sie den scheidenden Direktor, Professor Walter

Dieminger, besonders ehren möchten. Ein solcher Tag des Abschiednehmens nach mehr als zwei Jahr­

zehnten verantwortlicher Leitung dieses Instituts wird von allen Betroffenen als wichtige Zäsur empfun­

den. Aber der Grundtenor sollte heute doch fröhlich stimmen. Weil nämlich die große Schar der Betrof­

fenen damit endlich einmal Gelegenheit hat, Dank zu sagen, weil der Geehrte an einem solchen Tag ge­

trost einmal mit Stolz zurückblicken darf auf sein Lebenswerk, und weil es schließlich heute für ihn kein

Abschiednehmen ist, sondern die Arbeit und damit auch die Zusammenarbeit in anderer Weise fortge­

setzt wird.

Lieber Herr Dieminger, als ich vor wenigen Tagen einen Blick in Ihr Reifezeugnis aus dem Jahre

1926 warf - es kennt nur die Noten "hervorragend" und "lobenswert" -, da mußte ich feststellen, wie

sehr Ihr Weg nach Lindau bereits in jugendlichen Jahren vorgezeichnet war. Es heißt dort nämlich -

bitte verzeihen Sie diese kleine Indiskretion - :

"Besonders hervorzuheben sind seine Kenntnisse in der Radiotechnik

und sein Geschick in der Anfertigung von Apparaten, die er in unei­

gennützigster Weise auch in den Dienst der Schule stellte."

Bei dieser besonderen Begabung war es nur folgerichtig, daß Sie nach dem Abitur Physik studierten

und an der Technischen Hochschule München im Jahr 1935 bei Jonathan Zenneck mit einer Arbeit "Über

den Zusammenhang zwischen dem Zustand der Ionosphäre und den Ausbreitungserscheinungen elektri­

scher Wellen" promovierten.

Dieses Thema wurde zum Leitmotiv Ihrer wissenschaftlichen Arbeit und blieb es bis zum heutigen

Tage, wenn auch in zunehmendem Maße die Erforschung der Ionosphäre selbst in den Vordergrund trat

und die Wellenausbreitung mehr und mehr die Rolle der Meßsonde ionosphärischer Zustände spielte.

Nach dem Studium traten Sie im Jahre 1934 zunächst bei der Deutschen Forschungs- und Versuchs­

anstalt für Luft- und Raumfahrt ein. Sie erhielten eine gründliche Ausbildung als F1ugbauführer und ar­

beiteten wissenschaftlich an der Lösung von Problemen der Funknavigation und der Vorhersage der Aus­

breitungsbedingungen von Radiowellen auf Grund von Ionosphärenlotungen.

Diese Arbeiten führten im Jahre 1939 zur Einrichtung der Funkberatungsstelle Rechlin und 1943

zur Zentralstelle für Funkberatung in Leobersdorf bei Wien, deren Leitung Ihnen übertragen wurde. Diese

Zentralstelle betrieb Ionosphärenstationen in Oslo, Tromsö, Paris, Syrakus, Nikolajew und Athen und

war im Jahre 1944 auf 250 Mitarbeiter angewachsen.

Zusammen mit vier Mitarbeitern konnten Sie bei Kriegsende einen Teil des Materials dieser Organi­

sation nach Lindau retten. Dies geschah mit Hilfe der englischen Besatzungsmacht, die an den Ergebnis-

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2.2 - 12 -

sen der Ionosphärenforschung interessiert war und zufällig über Werkstattbaracken in Lindau verfügte.

Wer hätte damals gedacht, daß sich aus diesen kleinsten Anfängen das Max-Planck-Institut für Aero­

nomie entwickeln sollte, das in seinen bemerkenswerten Neubauten am Hopfenberg und den Gebäuden

an der Max-Planck-Straße nahezu 300 Mitarbeiter beschäftigt.

Diese Entwicklung war in hohem Maße Ihrer Initiative und Tatkraft zu verdanken. Als Wissenschaft­

liches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft wurden Sie im Jahre 1951 zum Direktor des Instituts für

Ionosphärenphysik berufen und zum Geschäftsführenden Direktor des späteren Gesamtinstituts für Aero­

nomie ernannt.

Wer Sie näher kennt, lieber Herr Dieminger, weiß,daß Ihr Arbeitsgebiet in geradezu idealer Weise

auf Sie zugeschnitten ist:

Sie lieben die Beobachtung von Zusammenhängen in der Natur

und Sie streben die apparative Perfektion bei der Durchfüh­

rung solcher Beobachtungen an.

Das Studium der Ionosphäre fordert darüber hinaus ein globales

Denken, verbunden mit globalen Unternehmungen, die wieder­

um organisatorisches Geschick und Bereitschaft zu längeren

Auslandsreisen verlangen.

Schließlich gehört zu solchen weltweit geplanten Unternehmun­

gen auch ein gewissj:!r Mut zum Risiko und ein hohes Maß an

Widerstandskraft und Durchstehvermögen.

Was die Beobachtung von Naturzusammenhängen angeht, so legen die zahlreichen wissenschaftlichen

Veröffentlichungen von Ihnen und Ihren Mitarbeitern hierfür ein beredtes Zeugnis ab. Allseits anerkannt

ist auch die Präzision der an diesem Institut entwickelten Geräte. Und Ihr erfolgreicher Wagemut kommt

nicht nur in den zahlreichen ausländischen Meßkampagnen zum Ausdruck, sondern äußert sich auch in den

vielfältigen Anlagen, die unter Ihrer Leitung hier entstanden sind.

Im Laufe Ihrer Tätigkeit wurde Ihnen ein hohes Maß an beruflicher Anerkennung und persönlicher

Sympathie zuteil. Die besondere Wertschätzung, die Ihnen auf Grund Ihrer überragenden Kenntnisse auf

dem Gebiet der Wellenausbreitung entgegengebracht wird und Ihre besondere Fähigkeit zum mitmenschli­

chen Kontakt hat Sie in zahlreiche Ämter und Ehrenämter geführt.

Im Zusammenhang mit Ihrer Professur an der Universität Göttingen stehen Sie als Doktorvater einer

beachtlichen Familie vor. Mancher Ihrer ehemaligen Studenten ist heute am Institut als Mitarbeiter tätig.

Sie sind Mitglied vieler wissenschaftlicher Gesellschaften des In- und Auslandes. Besonders hervor­

heben möchte ich Ihre Wahl zum Präsidenten der URSI, der International Union for Radio Science, im

Jahre 1969, Ihre Mitgliedschaft im Präsidium der deutschen Kommission für Weltraumforschung, im Rat

der europäischen Kommission für Weltraumforschung und im Senat der Deutschen Forschungs- und Ver­

suchsanstalt für Luft - und Raumfahrt. Sie sind Aufsichtsratsvorsitzender bei der Gesellschaft für Wis­

senschaftliche Datenverarbeitung in Göttingen und waren langjährig Senator der Max-Planck-Gesellschaft.

Aus der großen Zahl der wissenschaftlichen Auszeichnungen möchte ich an dieser Stelle Ihre Wahl

zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina zu Halle, zum auswärtigen wissen­

schaftlichen Mitglied der Finnischen Akademie der Wissenschaften und die Verleihung der Carl-Friedrich­

Gauß-Medaille durch die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft erwähnen.

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- 13 - 2.2

Aber ein besonders erfreulicher Aspekt im Leben eines Wissenschaftlers ist, daß die wissenschaft­

liche Arbeit auch zu menschlichen Kontakten und Verbindungen führt. So darf ich hier auch noch einige

persönliche Bemerkungen anfügen, die mir am Herzen liegen. Die ersten Verbindungen zu Ihnen ergaben

sich, als ich noch als Doktorand in Göttingen arbeitete. Beim anfänglichen Bekanntwerden in der Interna­

tionalen Fachwelt haben Sie mir auf der URSI-Tagung in Den Haag im Jahre 1954 sehr geholfen. Dort

wurde mir auch zum ersten Mal sehr deutlich, welch großes internationales Ansehen Sie genießen. Die

Weltraumforschung hat uns dann auch persönlich noch enger zusammengeführt. In der Max-Planck-Gesell­

schaft haben wir gemeinsam die Arbeitsgemeinschaft für Weltraumforschung ins Leben gerufen. In völlig

uneigennütziger Weise haben Sie mir als dem Jüngeren immer wieder geholfen. Schließlich sollte ich auch

nicht unerwähnt lassen, daß Sie ja auch maßgeblich daran beteiligt waren, daß ich nun hier an dieser Stel­

le stehe.

Ich möchte Ihnen, lieber Herr Dieminger, heute für all das, was Sie während der vergangenen 30

Jahre für dieses Institut geleistet haben, danken. Es ist der Dank der Max-Planck-Gesellschaft für Ihre

Leistungen. Der Dank ist aber auch ein persönlicher und darum ein besonders herzlicher. Dieser Dank

schließt auch Ihre Gattin mit ein, die in der Vergangenheit manche Entbehrungen auf sich genommen hat

und oft mit Sorgen, aber auch mit steter Hilfe die Last der Aufgaben sah, die vor Ihnen lagen. Ich weiß,

daß auch Sie sich als dem Institut zugehörig empfunden haben.

Ich wünsche Ihnen Gesundheit, Glück und auch weiteren Erfolg bei Ihren wissenschaftlichen Arbeiten,

die Sie als Emeritus fortsetzen werden. So gesehen ist auch der heutige Tag für Sie kein Abschied vom

Institut, sondern nur eine Wandlung.

Ich weiß auch, wie sehr Sie mit den Berufungen der neuen Wissenschaftlichen Mitglieder an dieses

Institut einverstanden sind. So wie es in der Max-Planck-Gesellschaft unser Grundsatz ist, haben wir vor

Ihrem Ausscheiden geprüft, ob und mit welchen Aufgaben das Institut weitergeführt werden soll und ob

hierfür besonders qualifizierte Wissenschaftler zur Verfügung stehen. Aufgrund von Empfehlungen einer

international zusammengesetzten Expertenkommission konnte inzwischen Professor Axford an das Insti­

tut berufen werden, der ab 1. August 1975 gemeinsam mit Ihnen, lieber Herr Pfotzer, die Geschäftsfüh­

rung übernehmen wird. Als weiteres Wissenschaftliches Mitglied wird im August dieses Jahres Professor

Vasyliunas aus Cambridge, Massachusetts, USA, hier in Lindau seine Arbeiten aufnehmen.

Inzwischen konnten bereits wesentliche Neuregelungen noch unter Ihrem Direktorat eingeleitet wer­

den. Manche Fragen, die mit der zukünftigen Trägerschaft für diejenigen Arbeitsgruppen zusammenhän­

gen, die hauptsächlich mit Langzeitmessungen beschäftigt sind, bedürfen noch einer Klärung. Die Lösung

der Probleme wird naturgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir werden uns bei unseren Entschei­

dungen von den für richtig erkannten wissenschaftlichen Notwendigkeiten und dem Interesse an der Wah­

rung sozialer Belange der betroffenen Mitarbeiter leiten lassen.

Mit dem Dank an den scheidenden Direktor des Instituts verbinde ich meine Glückwünsche an Sie, lie­

ber Herr Axford und Sie, lieber Herr Pfotzer, für die Bewältigung der vor Ihnen liegenden Aufgaben als

Direktoren des Max-Planck-Instituts für Aeronomie. Ich vertraue Ihnen dieses Institut an und bitte Sie,

es mit Freude, Umsicht an der Sache, Gerechtigkeit für Ihre Mitarbeiter, aber orientiert am Erfolg zu

leiten. Allen Mitarbeitern wünsche ich gutes Gelingen der weiteren Arbeit und viele wissenschaftliche

Erfolge.

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- 15 - 2.3

2.3 An$prache von Professor Dr. O. Rosenbach

für die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft

Herr Präsident,

sehr verehrte Damen und Herren!

Gestatten Sie mir, unserem Jubilar eine Grußadresse seiten$ der Braunschweigi$chen Wi$$en$chaft­

lichen Gesellschaft zu übermitteln. Unser Prä$ident, Herr Profe$$or Gerke, hat mich mit $einer Vertre­

tung beauftragt, da er $elb$t wegen einer For$chung$reise nach Island heute nicht hier anwesend sein

kann.

Lieber Herr Dieminger!

Ihre Beziehungen zur Braunschweigischen Wissen$chaftlichen Ge$ellschaft, abgekürzt BWG, sind for­

mal durch zwei Fakten klar umri$$en:

(1) Die Satzung der BWG $chreibt vor:

§ 9: Die Gesell$chaft verleiht in der Regel jährlich zum Geburtstag von

Carl Friedrich Gauß am 30. April die "Carl-Friedrich-Gauß-Medaille" ••••••

(2) Die BWG hat Ihnen die Gauß-Medaille am 30. April 1971 verliehen.

Ergänzend zu diesen formalen Beziehungen sind jedoch einige fachliche Bemerkungen notwendig:

Eine Durchsicht der Liste der bisherigen 28 Inhaber der Carl-Friedrich-Gauß-Medaille zeigt, daß Sie

sicherlich der einzige sind, dessen Betätigungsfeld als Wissenschaftler im 20. Jahrhundert bereits von

Gauß selbst vor nunmehr ca. 140 Jahren gewissermaßen prognostiziert wurde. Es ist in der Tat ein

ausgesprochener Genuß in wissenschaftshistorischer und erkenntnistheoretischer Hinsicht, wenn man

die Bemühungen von Gauß verfolgt, die physikalische Ursache der magnetischen Variationen zu finden.

Seine grundlegende potentialtheoretische Methode der Analyse des erdmagnetischen Feldes ergab be­

kanntlich, daß die Ursache der erdmagnetischen Variationen außerhalb des Erdkörpers lokalisiert

werden muß. Als physikalischen Mechanismus postuliert er elektrische Ströme oberhalb der Atmo­

sphäre und sagt hierzu:

"Die atmosphärische Luft ist kein Leiter solcher Ströme, der leere Raum

auch nicht: Unsere Kenntnisse verlassen uns also, wenn wir einen Träger

für galvanische Ströme in oberen Regionen suchen. Allein die rätselhaften

Erscheinungen des Nordlichtes, bei welchem allem Anschein nach Elektri­

zität in Bewegung eine Hauptrolle spielt, verbietet uns, die Möglichkeit

solcher Ströme bloß jener Unwissenheit wegen geradezu zu leugnen, und

es bleibt jedenfalls interessant zu untersuchen, wie die aus denselben

hervorgehende magnetische Wirkung auf die ETdoberfläche sich gestalten

würde. "

Erst in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts wurden diese von Gauß weit vorausschauend po­

stulierten stromführenden Schichten in der oberen Atmosphäre entdeckt und mit dem Namen Ionosphäre

bezeichnet. Zu ihrer Erforschung standen in den Radiowellen völlig neue Hilfsmittel bereit.

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2.3 - 16 -

Gerade in dieser erregenden Zeit der Geburt eines neuen Arbeits - und Forschungszweiges begannen

Sie, lieber Herr Dieminger, Ihr Studium in München. Die dort, insbesondere auf dem Gebiet der Hochfre­

quenztechnik im Institut von Jonathan Zenneck erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten bildeten den Grund­

stock für Ihre so überaus erfolgreiche Tätigkeit in der Ionosphärenforschung während der darauffolgenden

Jahrzehnte bis heute. Ihr wissenschaftliches Lebenswerk hat vielfache Anerkennung gefunden und wird am

heutigen Tage von berufenen Fachleuten sicherlich noch eingehend gewürdigt werden. Die BWG ist stolz

darauf, Ihnen durch die Verleihung der Gauß-Medaille einen Beitrag zu der wohlverdienten Anerkennung

geleistet zu haben. Die Motivation für diese Handlung der BWG ist klar und kurz ge faßt in der Verleihungs­

urkunde niedergelegt, die folgenden Wortlaut hat:

"Die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft verleiht

die Carl-Friedrich-Gauß-Medaille

Herrn Professor Dr. rer. techno

WALTER DIEMINGER

Direktor des Max-Planck-Instituts für Aeronomie

in Lindau/Harz

in Würdigung seiner hervorragenden Leistungen bei der Erfor­

schung der Physik der Ionosphäre.

Mehr als drei Jahrzehnte hindurch - und über ein Gebiet, das sich

von Finnland bis Südwestafrika erstreckt -, hat er mit seinen Mit­

arbeitern die zeitlichen und räumlichen Veränderungen der Iono­

sphärenschichten messend verfolgt. Die dazu benötigten kompli­

zierten Apparaturen wurden im eigenen Institut entwickelt und ge­

hörten immer zu den besten der Erde. Auf Grund tiefgreifenden

Verständnisses der physikalischen Zusammenhänge konnte Walter

Dieminger zahlreiche Einzelprobleme, wie das der ionosphärischen

Streu strahlung, der Fernübertragung, der Winteranomalie und der

Turbulenz in Stratosphäre, Mesosphäre und Ionosphäre lösen.

Seine Forschungsergebnisse sind von fundamentaler Bedeutung

für die Theorie der oberen Atmosphäre sowie für die Praxis des

Funkverkehrs.

Braunschweig, den 30. April 1971

gez. H. Blenk Präsident der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft"

Seit 1971 haben Sie recht oft an Veranstaltungen der BWG teilgenommen, insbesondere an den späte­

ren Verleihungen der Gauß-Medaille. Ich bitte Sie im Namen der BWG, diese Übung auch in Zukunft bei­

zubehalten; Sie und Ihre Frau Gemahlin sind bei uns stets gern gesehene Gäste und Freunde.

Damit ist mein Auftrag zur Übermittlung einer Grußadresse seitens der BWG als erfüllt anzusehen.

Gestatten Sie mir bitte als Ergänzung eine kurze persönliche Bemerkung: Ich habe die Vertretung der BWG

im Rahmen dieser Feierstunde besonders gerne übernommen, da ich mich als Inhaber des Lehrstuhls für

Geophysik an der TU Clausthal dem Max-Planck-Institut für Aeronomie in Lindau und insbesondere Herrn

Dieminger sehr eng verbunden fühle. - Unsere Hochschule hat vor wenigen Wochen ihr 200-jähriges Be­

stehen gefeiert und aus diesem Anlaß eine zweibändige Festschrift herausgebracht. Darf ich Ihnen, lieber

Herr Dieminger, diese beiden Bände als Andenken an unsere jahrelangen gutnachbarlichen Beziehungen

überreichen mit dem bei uns noch üblichen Gruß: Glückauf!

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2.4 Ansprache von Professor Dr. A. Hahn

für die Deutsche Geophysikalische Gesellschaft

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

lieber Herr Dieminger!

2.4

Im Namen und Auftrag der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft überbringe ich Ihnen unseren

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.

Die Deutsche Geophysikalische Gesellschaft hat zwei Gründe, sich hier in dieser Feierstunde zu Wort

zu melden: Der eine Grund besteht darin, daß auch wir Ihnen unsere Reverenz erweisen wollen als dem

hochverdienten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Erforschung der Ionosphäre und als einem Mann, der

in der internationalen Organisation, die auf diesem Gebiet notwendig ist, an hervorragender Stelle tätig

war und noch ist, und schließlich als dem, der dieses Institut aufgebaut hat.

Von Ihrem Lebenslauf haben wir schon genug gehört; ich möchte nur die Eindrücke eines etwas fer­

ner stehenden Geophysikers, der "nach unten" sieht, mitteilen. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die

Zeit Ihres Lebens, in der Sie nichts mit Wellenausbreitung zu tun hatten und nichts mit Ionosphäre, so

kurz war, daß sie beinahe vernachlässigt werden kann. Sie haben auch offensichtlich im Laufe Ihres Le­

bens im Umgang mit diesen Gegenständen eine solche Intensität entwickelt, daß schließlich ein Verhältnis

herausg!,!kommen ist, das man geradezu vergleichen kann mit dem Verhältnis, das ein alter Schäfer zum

Wetter und zu seiner Herde hat: Die elektromagnetischen Wellen sind Ihre Herde, die in Abhängigkeit vom

Ionosphärenwetter auf die Weide geschickt wird. Das habe ich besonders deutlich erfahren, als ich Sie

vor drei Monaten um technische Hilfe anging. Wir hatten ein refraktionsseismisches Profil in Nord­

deutschland vor und standen aus Gründen, die hier nicht interessieren, ziemlich plötzlich vor der Frage:

Wer kann die Funkerei machen? Ich fragte also Herrn Dieminger, wohlausgerüstet von meinen Experten

mit allen Einzelheiten, die zu dieser Anfrage gehörten, ob das hiesige Institut uns helfen könnte. Herr

Dieminger sagte sofort: "Geht". Ich war ganz enttäuscht, daß ich meine Einzelheiten gar nicht los wer­

den konnte, weil Herr Dieminger anscheinend schon alles wußte. Es ist fast überflüssig zu berichten, daß

die Hilfe aus Lindau einwandfrei funktioniert hat. Wir danken Ihnen noch einmal herzlich dafür.

Der andere Grund, warum wir uns hier zu Wort melden, liegt in dem, was Sie in unserer Gesell­

schaft getan haben und insbesondere in unserer Zeitschrift. Das letzte Heft, das mit Ihrem Namen nichts

zu tun hat, ist das Heft 4 vom Jahrgang 1954. Ich habe es mir daraufhin angesehen, ob man ihm das an­

merkt. Und siehe da, ich fand einen Artikel darin "Erdmagnetismus und Ionosphäre" von W. Dieminger.

Beim Lesen stellte ich fest, daß das ein Übersichtsartikel ist, obwohl Übersichtsartikel unter diesem

Namen erst sehr viel später in unsere Zeitschrift gekommen sind. Natürlich ist er nicht so lang und

nicht ganz so breit angelegt, aber er hat doch das vom Übersichtsartikel, daß man hinterher Bescheid

weiß und auch als ferner Stehender das Ganze versteht.

Von Heft I, Jahrgang 1955, ab ist Ihr Name unter den Mitwirkenden verzeichnet. Sie waren dann von

1958 bis 1960, also im ganzen 3 Jahre lang, Vorsitzender unserer Gesellschaft, und während Ihres Vor­

sitzes haben wir einmal in Leipzig getagt. Wir haben damals ein besonderes Heft der Zeitschrift heraus­

gegeben, ein letztes Mal bei Teubner, Leipzig. Unmittelbar, nachdem Sie im Vorsitz der Gesellschaft

abgelöst worden waren, haben Sie die Herausgabe der Zeitschrift übernommen, nachdem der langjährige

Herausgeber der Zeitschrift, Herr Professor Brockkamp,darum gebeten hatte,von diesem Amt entbunden

zu werden. Der Vorstand hat daraufhin Herrn Professor W. Dieminger damit beauftragt, "bis auf weite­

res" die Zeitschrift für Geophysik herauszugeben.

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2.4 - 18 -

Wie es nun weiterging, möchte ich anhand von einigen "Mitteilungen des Herausgebers" aufzeigen:

Im Heft 4, 1963, steht: "Im Zuge der Ausgestaltung der Zeitschrift sollen in Zukunft Mitteilungen an den

Herausgeber in der Zeitschrift abgedruckt werden. " Wir bekamen damit die Möglichkeit, kurze Mittei­

lungen innerhalb von wenigen Wochen zu publizieren. Im Heft 5, 1965, kam ein geradezu triumphaler

Satz: "Noch vor wenigen Jahren war der schleppende Eingang von Manuskripten für die Zeitschrift für

Geophysik eine stete Sorge des Herausgebers. Diese Situation hat sich gründlich geändert. DeJr Eingang

von geeigneten Manuskripten hat so zugenommen, daß es die Hauptsorge des Herausgebers ist, die War­

tezeiten nicht ins Untragbare anwachsen zu lassen." Es folgen einige Ermahnungen an die Autoren, wie

sie dazu beitragen können, diese Wartezeiten möglichst kurz zu halten. Da hatte unsere Zeitschrift also

Geschwindigkeit aufgenommen; kurze Zeit später hat sie auch eine neue, gefälligere Form bekommen.

Zum nächsten Jahrgang konnte der Herausgeber den Umfang der Zeitschrift erweitern, wofür damals die

Deutsche Forschungsgemeinschaft durch jährliche Zuschüsse eine wesentliche Voraussetzung schuf.

Nun werden Sie sagen, lieber Herr Dieminger: "Ich war Herausgeber; die Manuskripte habe ich ja

nicht geschrieben." Trotzdem kann es ganz ohne Sie auch nicht gegangen sein, denn es Waren ja auch

Verhandlungen zu führen mit der Forschungsgemeinschaft und mit dem Verlag. Ich erinnere mich an ei­

nen Ausspruch von Herrn Closs über eine solche Verhandlung beim Verlag. Er sagte: "Herr Dieminger

hat da eiskalt und glashart unsere Interessen durchgedrückt. "

Die Zeitschrift wurde von Jahr zu Jahr umfangreicher und hatte schließlich über 1000 Seiten in einem

Jahrgang. Was das an Arbeit bedeutet, weiß ich aus eigener Erfahrung nicht, aber ich stelle mir vor, daß

es sehr viel war.

Der allerletzte Stand der Aktivität unseres "bis auf weiteres" tätigen Herausgebers ist, daß er auch

noch mitgemacht hat, unseren Verlag zu wechseln. Die Zeitschrift war so schön geworden und in Schwung

gekommen, daß sie sich von den Zuschüssen der Forschungsgemeinschaft freischwimmen konnte. Es ka­

men Verlage und teilten uns mit, daß sie Interesse an dieser Zeitschrift hätten, was uns 10 Jahre vorher

nicht beschieden gewesen war. Und nun heißt die Zeitschrift "Journal of Geophysics", erscheint beim

Springer - Verlag und erster Herausgeber ist immer noch Herr Dieminger. Ich bin damals Vorsitzender

gewesen und hatte die für das "Editorial Board" und das "Advisory Board" vorgeschlagenen Persönlich­

keiten abzufragen, ob sie zu einer entsprechenden Mitarbeit bei unserer Zeitschrift bereit seien. Dabei

erfuhr ich aus den Antworten, daß unsere Zeitschrift einen durchaus ansehnlichen und renommierten

Platz in der Welt einnimmt. Aus diesem Grunde, lieber Herr Dieminger, hat die Deutsche Geophysikali­

sche Gesellschaft sich entschlossen, Sie zum Ehrenmitglied zu ernennen und hat dazu geschrieben:

"Walter Dieminger hat sich seit mehr als 40 Jahren mit der außergewöhnlichen

Tatkraft seiner Persönlichkeit für die junge Wissenschaft der Ionosphärenphysik

und Wellenausbreitung eingesetzt und sich dabei um Forschung, Lehre und Auf­

gaben der Organisation in besonderer Weise verdient gemacht. Die weltweite An­

erkennung seiner Leistungen hat in zahlreichen Berufungen in verantwortungs­

volle Ämter internationaler wissenschaftlicher Gremien Ausdruck gefunden. Die

Deutsche Geophysikalische Gesellschaft dankt Walter Dieminger mit dieser Aus­

zeichnung zugleich für seine langjährige Mitarbeit im Vorstand und als Heraus­

geber der Zeitschrift für Geophysik".

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- 19 -

2.5 Ansprache von Dr. E. Süssenberger,

Präsident des Deutschen Wetterdienstes

Sehr geehrter Herr Präsident der Max-Planck-Gesellschaft,

sehr verehrter Herr Professor Dieminger,

sehr verehrte gnädige Frau,

meine Damen und Herren!

2.5

Wenn Sie, Herr Professor Dieminger, sich nach der Vollendung Thres 68. Lebensjahres von den

Pflichten Thres Hauptamtes als Direktor des Max-Planck-Instituts für Aeronomie zurückziehen und Thre

Emeritierung mit einer Feierstunde in Ihrem Institut begangen wird, möchte der Deutsche Wetterdienst

nicht fehlen. Ich danke daher für die Einladung und auch dafür, daß mir Gelegenheit gegeben wird, vor

dieser Versammlung ein Wort an Sie zu richten.

Lieber Herr Dieminger, zu den vielen Ämtern, die Sie ausüben, gehört auch die Mitgliedschaft im

Wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Wetterdienstes. Seit über 10 Jahren haben Sie in diesem Gre­

mium, dessen Aufgabe es ist, die notwendige enge Zusammenarbeit und die zweckmäßige Verbindung zwi­

schen dem Deutschen Wetterdienst und den außerhalb dieses Dienstes arbeitenden Kräften in wissenschaft­

lichen Angelegenheiten zu ermöglichen, Thre Stimme erhoben, wenn es darum ging, Erkenntnisse Thres

Fachbereiches in die Betrachtung meteorologischer Probleme einzubeziehen oder auch ganz einfach Rat

zu geben, oft im zwischenmenschlichen Bereich.

Das hat uns oft genutzt und weitergeholfen und dafür möchte ich Ihnen im Namen des Deutschen Wet­

terdienstes und im Auftrag des Wissenschaftlichen Beirats sehr herzlich danken.

Der Dank der Meteorologen gilt Ihnen auch für Ihr Eintreten und Ihr Mitwirken bei der Gründung des

Max-Planck-Instituts für Meteorologie, über die sich alle Meteorologen gefreut haben und an dessen Er­

gebnisse sich viele Erwartungen knüpfen.

Ich wünsche mir, daß Sie über Ihre Emeritierung hinaus dem Wetterdienst treu bleiben und daß Sie

uns Rat geben auch in der noch verbleibenden Zeit Ihrer Berufung in den Beirat durch den Herrn Bundes­

minister für Verkehr, d.h. bis Ende 1976.

Um Thnen Ihre Zustimmung etwas zu versüßen, habe ich Ihnen ein paar Flaschen Wein mitgebracht,

Spätlese und Auslese, wie es Ihrer Persönlichkeit entspricht und auch in der Erinnerung an manch frohe

und anregende Stunde, die wir mit Ihnen und Ihrer Gattin verbracht haben und wie wir sie auch in Zukunft

mit Ihnen noch erleben möchten.

Insofern ist dies heute für mich keine Stunde des Abschieds, sondern die willkommene Gelegenheit,

an Ihrer Ehrung teilzunehmen und Ihnen zu danken.

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2.6 Ansprache von Professor Dr. F. Hund

für die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

der Universität Göttingen

Lieber Herr Dieminger,

Verehrte Frau Dieminger!

Hier ist von Abschied geredet und dann doch wieder versichert

worden, daß dies nicht so ernst gemeint sei. Nun, diese Fortdauer

gilt ja wohl auch für Ihr Verhältnis zur Mathematisch-Naturwissen­

schaftlichen Fakultät der Universität Göttingen , deren angesehenes

und geschätztes Mitglied Sie sind. Der Dekan hat mich gebeten,

Sie unserer kollegialen Verbundenheit zu versichern und die Hoff­

nung auszusprechen, daß diese auch bleibt, wenn Sie jetzt weniger

Pflichten haben.

Ich darf vielleicht auch im Namen der Physiker der Göttinger

Universität sprechen. Sie sind angesehenes, geschätztes und an­

regendes Mitglied unserer Gemeinschaft. Wir haben mit Ihnen

diskutieren dürfen und haben von Ihnen gelernt. Da Sie nun glück­

licherweise nicht an den Bodensee oder nach Ascona ziehen, son­

dern in die Gegend von Nörten-Hardenberg, hoffen wir, daß es

dabei bleibt und wir weiter von Ihnen lernen dürfen.

2.6

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2. 7 Ans pr ach e von Dr. R. Eyfrig

für das Forschungsinstitut der Deutschen Bundespost

beim Fernmeldetechnischen Zentralamt

Lieber Herr Dieminger,

sehr geehrter Herr Präsident,

meine Damen und Herren!

2.7

Wenn ich als Angehöriger der Deutschen Bundespost anläßlich der Emeritierung in den Kreis der

Gratulanten trete, wird vielleicht der eine oder andere erlauchte Gast - bestimmt aber nicht Sie, lieber

Herr Dieminger - sich fragen: Was haben wohl die Briefträger mit der Ionosphäre zu tun? Die Brief­

träger sicherlich nichts trotz gelegentlicher früherer Versuche mit Postraketen. Die Frage ist aber so­

gleich beantwortet, wenn ich sage, daß ich im Namen des Forschungsinstitutes der Deutschen Bundespost

in Darmstadt spreche und den herzlichen Dank für die langjährige fruchtbare Zusammenarbeit mit unse­

rer Dienststelle übermittele.

Der Leiter des Forschungsinstitutes, Herr Dipl. -Ing. Richard Meisel,und der Leiter des Forschungs­

bereiches Wellenausbreitung, Herr Professor Dr. Gerhard Koch,lassen sich wegen dringender dienst­

licher Verpflichtungen entschuldigen, nicht selbst die Grüße der Bundespost überbringen zu können.

Als Trägerin der Funkhoheit hatte schon die frühere Deutsche Reichspost und bald nach dem zweiten

Weltkrieg auch die Deutsche Bundespost erkannt, daß das relativ junge Übertragungsmedium "Ionosphäre"

sich neben seinen brillanten Eigenschaften oft auch störrisch zeigte und nur mit gezielten Versuchen zu

erforschen war. Gerade die besondere Eigenart der Funkwellen, die sich an keine geographischen und

politischen Grenzen halten, sondern nur physikalisch verwickelten Gesetzen folgen und sich daher von an­

deren Nachrichtenübertragungsmitteln - sehr zum Leidwesen von manchen Politikern und Organisations­

fanatikern - unterscheiden, hat immer wieder unabhängige und weltoffene Geister in seinen Bann gezogen.

Nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1952 wieder in die Gemeinschaft der Mitglieder

der UIT+), der Internationalen Fernmeldeunion, aufgenommen worden war, nahmen Sie persönlich im

Jahre 1953 an der CCIR++)-Tagung in London teil und legten den ersten Beitrag der deutschen Verwal­

tung für die Studienkomm. VI vor, die die Aufgabe hat, die ionosphärische Ausbreitung zu erforschen.

Das Thema lautete: La reflexion ionospherique d'ondes de radiodiffusion entre 1000 et 1600 kC/s, ein The­

ma, das im Hinblick auf die gegenwärtige Regionale Konferenz für Mittel- und Langwellen geradezu wie­

der aktuell ist.

Es würde hier zu weit führen, im einzelnen Ihre Beiträge und die Ihrer Mitarbeiter für die Studien­

komm. VI in den vergangenen 22 Jahren aufzuzählen,. nur wenige Angaben mögen genügen. Während der

Sitzungsperiode 1966/69 stammten von 17 Beiträgen der deutschen Verwaltung für die sechste Studien­

kommission vier aus Ihrem Institut, während der Sitzungsperiode 1970/73 von 13 Beiträgen über die

Hälfte, nämlich 7. Ein Mitarbeiter Ihres Instituts arbeitet seit Jahren zielstrebig bei den Zwischen- und

Schlußtagungen des CCIR und in einer Interimsarbeitsgruppe mit. In Gesprächen mit dem vormaligen

Direktor des CCIR, Mr. J. Herbstreit,und dem Kommissionsvorsitzenden der Komm. VI, Mr. D.K. Bai­

ley, konnte ich feststellen, daß der Name Dieminger weltweit einen hervorragenden Klang besitzt.

+) Union Internationale des Telecommunications

++)Comite Consultatif International des Radiocommunications

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2.7 - 24 -

Ein besonderer Dank sei Ihnen für die Überlassung von Arbeitsräumen und Geräten der Ionosphären­

station "Jonathan Zenneck" in Tsumeb an die Deutsche Bundespost während der letzten Jahre ausgespro­

chen. Die bei den Ausbreitungsmessungen von Mittel- und Langwellen über große Entfernungen gewonne­

nen Ergebnisse sind in die Dokumente der Regionalen Mittel- und Langwellenkonferenz eingeflossen, die

im Oktober dieses Jahres in Genf ihre Fortsetzung finden wird.

Obwohl heute die Fernmeldesatelliten, wenn auch mit enormem Aufwand, viele Aufgaben übernom­

men haben, die früher eine Domäne der ionosphärischen Übertragung waren, hat der Drang der Funkdien­

ste auf die Lang-, Mittel- und Kurzwellenbereiche keinesfalls an Bedeutung verloren, wie ein Hineinhö­

ren in einen Funkempfänger jeden überzeugen kann. Da Sie selbst seit Ihrer Schülerzeit immer wieder

als "Liebhaber des Funks", als echter Funkamateur bis auf den heutigen Tag den praktischen Funkbetrieb

beobachten und an ihm teilnehmen - Ihr Rufzeichen DL6DS ist weltweit bekannt -, haben Sie erreicht,

daß sich Ihre Forschungen zwar im wesentlichen auf den luftverdünnten Raum bezogen, aber nie im luft­

leeren Raum stattfanden.

Zum Schluß sei mir gestattet, Ihnen als persönliches Geschenk die Ansicht der Versuchsstation Her­

zogstand der ehemaligen Deutschen Reichspost zu überreichen, an der Ihre wissenschaftliche Laufbahn

vor mehr als 40 Jahren begonnen hat. Seit Jahren dem Erdboden eingeebnet, ist sie manchem von uns,

sicherlich auch einem der Festredner, Herrn Roy Piggott vom Appleton Laboratory Slough, in lebendiger

Erinnerung.

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2.8 Ans p r ach e von Bürgermeister H. -G. Strüder

für den Landkreis Northeim und

die Gemeinde Katlenburg-Lindau

Sehr verehrter Herr Professor Dieminger,

Herr Präsident,

verehrte gnädige Frau,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

2.8

Es sind nun fast 30 Jahre vergangen, seitdem im Jahre 1946 jener inzwischen berühmt gewordene

Konvoi von 70 Lastwagen die Grenzen der Gemeinde Lindau erreichte. Nachdem die schwierige Aufbau­

phase abgeschlossen war, die wissenschaftlichen Arbeiten aufgenommen wurden, hat sich das Max­

Planck-Institut in Lindau/Harz im Laufe der Jahre unter Ihrer Führung stetig weiterentwickelt und ver­

größert. Der ständig wachsende Umfang der wissenschaftlichen Arbeiten machte einen Ausbau der Labors,

der Werkstätten und der anderen Arbeitsräume erforderlich. All dies strahlte natürlich auch auf unsere

Gemeinde Lindau aus, und nicht nur, daß der Name Lindau durch das Max-Planck-Institut in der ganzen

Welt bekannt wurde, nein viel mehr zählt wohl die Tatsache, daß sehr viele Lindauer Bürger hier hervor­

ragende Arbeitsstätten und vor allem auch Ausbildungsstätten gefunden haben, die in den einzelnen Fällen

zu höchsten Bewertungen und Auszeichnungen führten. Es gilt hier weiter zu erwähnen die vielen ideel­

len, kulturellen und finanziellen Unterstützungen, die die Gemeinde und damit die Bürger in all den Jah­

ren durch Sie erfahren konnten. Ich weiß auch von meinen Vorgängern in diesem Amt, wie oft in vielen

Angelegenheiten der Gemeinde das Max-Planck-Institut zu Hilfe gerufen wurde und Sie, verehrter Herr

Professor, als 15. Nothelfer einspringen mußten. Es würde den zeitlichen Rahmen dieser Veranstaltung

sprengen, hier auf Einzelheiten einzugehen. Aber eins darf ich persönlich vielleicht noch erwähnen, und

das Auditorium möge mir den Seitensprung in das Private verzeihen, daß Sie, Herr Professor, zu all den

Schwierigkeiten der Anfangsjahre auch noch mithalfen, ein kommunalpolitisches Problem zu bewältigen,

das uns heute mehr denn je beschäftigt, als Sie nämlich zusammen mit meinem Vater schon Fahrschüler­

Transporte durchführen mußten. Für all das darf ich Ihnen im Namen der Bürger heute hier ein herzli­

ches Dankeschön sagen. Um diesem Dank Ausdruck zu verleihen, hat der Rat der Gemeinde Katlenburg­

Lindau in seiner Sitzung vom 24.6. 1975 einstimmig beschlossen, Ihnen das Ehrenbürgerrecht zu ver­

leihen.

Meine sehr verehrten· Damen und Herren!

Auch der Ortsteil Lindau möchte als Erinnerung an diesen Tag ein kleines Geschenk überreichen

und ich habe die Ehre und die Freude, Ihnen einen Zinnteller zu überreichen, der die Inschrift trägt ne­

ben dem alten Wappen der Gemeinde Lindau: "In dankbarer Verbundenheit die Bürger von Lindau/Harz

am 9. Juli 1975."

Verehrter Herr Professor Dieminger!

Die Urlaubszeit hat uns alle in Anspruch genommen und so hat der Landrat mich gebeten, ihn auch

heute hier zu vertreten. Ich darf Ihnen die GrÜße und Glückwünsche des Kreises Northeim überbringen,

ebenfalls verbunden mit einem kleinen Geschenk.

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2.9 Ansprache von Herrn E. Schieweck

als Vorsitzender des Kuratoriums

des Max-Planck-Instituts für Aeronomie

Sehr verehrter Herr Präsident,

lieber Herr Dieminger,

sehr verehrte gnädige Frau,

meine Damen und Herren!

2.9

Als Vorsitzender des Kuratoriums des Instituts habe ich die Ehre, Ihnen dessen Grüße zum heutigen

Tage zu übermitteln, verbunden mit herzlichem Dank für die reibungslose Zusammenarbeit zu jeder Zeit.

Die Erfolge Ihrer Arbeit im Institut, sehr verehrter Herr Dieminger, seit Kriegsende bestätigen die

Baracken am Anfang und die stolzen Gebäude und Einrichtungen, in denen wir uns heute befinden, aber

auch die internationale Anerkennung und Berufungen, die das Institut und Sie selbst im Augenblick Ihrer

Emeritierung auszeichnen. Daß Sie in den Senat der Max-Planck-Gesellschaft gewählt wurden, zeigt auch

das Ausmaß der Anerkennung von Kollegen und breiten Wissenschaftskreisen. Zu der Bedeutung Ihrer Ar­

beit hat Herr Präsident Lüst so exakte und gründliche Erklärungen gegeben, daß ich dem eigentlich nichts

hinzuzufügen habe.

Vergeblich, beinahe vergeblich habe ich nach einer Lücke gesucht und sie zum Schluß doch noch ge­

funden. Die Emeritierung mit dem vollendeten 68. Lebensjahr ist in der Max-Planck-Gesellschaft zum

Gesetz erhoben worden und damit auch die Befreiung von gewissen sachlichen Zwängen, die die Freiheit

des Handelns notgedrungen einengen. Und da sehe ich in Ihrer Zukunft eine Hobby-Gefahr. Ihre Hobbies

sind so perfekt, daß ich die Gefahr sehe, daß Sie darin mehr Kraft einsetzen, als einem geruhsamen Le­

ben als Emeritus zuträglich ist. Insbesondere sehe ich da gewisse Gefahren, was die Eisenbahn angeht.

Aber ich würde Ihnen sagen, es könnte auf Kosten der Deutschen Bundesbahn geschehen, indem Sie eini­

ge Modellvorschläge weniger für die Umstellung ihrer Einrichtung zur Bewältigung des Massenverkehrs

der Zukunft von Ihnen bekommen. Für gute Ideen, die Sie oft genug gehabt haben, lieber Herr Dieminger,

wird in naher Zukunft viel mehr Platz sein, als die meisten Menschen glauben. In der noch längst nicht

bewältigten internationalen größten Wirtschafts - und Geisteskrise der Nachkriegszeit wird der Erfolg

auch der wissenschaftlichen Institutionen in hohem Maße von der Ingeniosität und Erfahrung der darin tä­

tigen Menschen abhängen. Erfahrung ist, um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen, wieder "in" und

wird es noch mehr werden. Ich glaube mich in Übereinstimmung mit allen Organen des Instituts und auch

der Max-Planck-Gesellschaft zu befinden, wenn ich die heutige Feier und die Referate der internationa­

len Kollegen als massive Denkanregungen nicht zuletzt auch an Sie, lieber Herr Dieminger, interpretiere.

Daß Sie offenbar mit dieser Auffassung übereinstimmen, ersehe ich aus der Tatsache, daß Sie sich einen

Arbeitsrahmen im Institut gesichert haben.

Ich möchte meine guten Wünsche für Ihr und Ihrer lieben Gattin Wohlergehen zum Schluß mit der

egoistischen Hoffnung verbinden, daß unser schönes persönliches freundschaftliches Verhältnis für alle

Zukunft erhalten bleibt.

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- 29 -

2.10 Ansprache von Professor Dr. G. Pfotzer

Übermittlung der Grüße des Präsidenten der

Deutschen Forschungsgemeinschaft Professor Dr. H. Maier-Leibnitz

und als Mitglied der Institutsleitung

Lieber Herr Dieminger!

2.10

Bevor ich selbst an der Reihe bin, einige persönliche Gedanken zu äußern, möchte ich mich noch ei­

nes angenehmen Auftrages entledigen. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Herr Pro­

fessor Maier-Leibnitz, hat mich gebeten, Ihnen für Ihre langjährige Tätigkeit als Gutachter der Deutschen

Forschungsgemeinschaft seinen herzlichsten Dank auszusprechen. Er verbindet dies mit den besten Wün­

schen für Ihre Gesundheit, die es Ihnen erlauben möge, sich noch lange, auch als Emeritus, wissenschaft­

licher Betätigung zu erfreuen.

Lieber Herr Dieminger!

Anläßlich Ihres 65. Geburtstages habe ich versucht, aus der Sicht des Ihnen nahestehenden Kollegen

die Wurzeln Ihnen entgegengebrachter Wertschätzung und Ihres beruflichen Erfolges aufzuzeigen.

Ich möchte jetzt davon absehen, dieses zu wiederholen oder das heute schon Gesagte zu unter­

streichen.

Lassen Sie mich lieber einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart schlagen und damit

den Ausgangspunkt für die nächste Zukunft gewinnen.

Wir sind uns wohl zum ersten Mal begegnet, als Sie mit Ihrer verehrten Gattin, es mag wohl 1950

gewesen sein, Professor Erich Regener in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der Max-Planck-Gesell­

schaft in seinem Weissenauer Institut für Physik der Stratosphäre besuchten. Wie üblich wurden Ihnen

damals auch die Attraktionen des Instituts vorgeführt, darunter eine automatische Nebelkammer, mit der

ich seinerzeit die Teilchenschauer der Kosmischen Strahlung untersuchte.

Drei Dinge sind mir von dieser ersten Begegnung in Erinnerung geblieben:

1. daß Sie, liebe Frau Dieminger, ein mir ungewöhnlich erscheinendes Interesse am Me­

chanismus der Nebelkammer bekundeten, das sich aber alsbald aus eigener Beschäfti­

gung mit einem solchen Instrument während Ihrer Studienzeit erklärte.

2. daß ich zum ersten Mal von der Existenz eines Lindau hörte, das nicht am Bodensee,

sondern am Harz liegt, in dem Sie, lieber Herr Dieminger, mit einem Institut für

Ionosphärenforschung seßhaft geworden waren.

3. daß wir uns in Lobreden über die Nützlichkeit von Baracken ergingen, die sowohl wir

in Weissenau als auch Sie stolz Institut nannten.

Ich habe damals noch nicht geahnt, daß dieses Lindau auch einmal für mich eine Bedeutung erlangen

könnte, oder daß unsere Wege einmal so eng zusammenführen würden, wie dies im Lauf der Jahre ge­

schah, nachdem das Max-Planck-Institut für Stratosphärenphysik hierher verlegt worden war.

Ich möchte an unsere damalige Wertschätzung von Baracken anknüpfen. Sie kennzeichnet, wie uns

das Gefühl beherrschte, überlebt zu haben, ein Dach über dem Kopf zu haben und einer friedlichen Tätig­

keit nachgehen zu dürfen. Das hieß aber keineswegs, auch der Sorgen ledig zu sein.

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2.10 - 30 -

In der Chronik des Instituts für Ionosphärenforschung findet man den Hinweis auf eine im Jahre 1949

plötzlich aufgetretene akute Krise. Dem Personal war zum Teil schon gekündigt, die weitere Betreuung

durch die Max-Planck-Gesellschaft in Frage gestellt worden. Es war nicht vorauszusehen, wie es wei­

tergehen würde.

Sie haben damals den Mut nicht verloren und das nächstliegende Problem, das Durchhalten bis zu

einer erhofften Wende auf einem Umweg gelöst, indem Sie die Herstellung und den Verkauf von Echolo­

tungsgeräten an die Universität von Puerto Rico übernahmen. Situationen, wie diese, in denen man

Nächstliegendes und Vordergründiges tun muß, um für eine Wende vorbereitet zu sein, gibt es auch

heute.

Die folgende Konsolidierung, die Beteiligun:g an den Programmen des Internationalen Geophysikali­

schen Jahres, die Gründung des Doppelinstituts für Physik der Stratosphäre und der Ionosphäre des nach­

maligen Max-Planck-Instituts für Aeronomie und Ihre Ernennung zum Direktor des Gesamtinstituts wa­

ren dann die Meilensteine Ihres Erfolges.

Das Klima für das Wachstum von Forschungsstätten war bestimmt durch die stürmische Expansion

der Wirtschaft, steigenden Wohlstand und eine allgemein verbreitete Wissenschaftsgläubigkeit.

Sie, lieber Herr Dieminger, haben dieses Klima instinktiv und selbstsicher genutzt, und wo Sie Ri­

siken eingingen, hatten Sie "Fortune". Die Mühen und Sorgen, die trotzdem mit all dem verbunden wa­

ren, können nur Sie selbst ermessen. Sie werden aber auch rückblickend mit Genugtuung erkennen, daß

Ihre Fähigkeiten und Anlagen voll zur Entfaltung gekommen sind und das Vollbrachte sich sehen lassen

kann. Das ist, meine ich, der schönste Lohn, der Ihnen beim Ausscheiden aus Ihrem Amt zuteil werden

kann.

Wenn Sie, Herr Präsident, Herrn Axford und mir die kollegiale Leitung des Instituts in Nachfolge

von Herrn Dieminger übertragen, übernehmen wir damit eine hohe Verpflichtung. Wir werden uns bemü­

hen, die vor uns liegenden Aufgaben gemeinsam mit unseren Mitarbeitern in dem uns aufgetragenen Sinne

zu lösen. Wir übernehmen diese Aufgabe in einer Zeit, in der das Klima für die Wissenschaft wieder

rauher geworden ist.

Das Tempo der Entwicklung auf allen Gebieten des menschlichen Lebens, so auch in der Wissenschaft,

hat bereits zu besorgniserregenden Perspektiven geführt. Der durch die derzeitige Wirtschaftskrise er­

zwungene abrupte Übergang zum Nullwachstum gleicht einer schmerzhaften Operation, deren Folgen noch

nicht abzusehen sind.

Wir haben schon, und wie Sie bereits erwähnten, Herr Präsident, noch gemeinsam mit Herrn Die­

minger Maßnahmen eingeleitet, die dieser Situation Rechnung tragen.

Die geplante Umstrukturierung ist in vollem Gang und wird zum Jahresende aller Voraussicht nach

abgeschlossen sein. Sie wird die alten Teilinstitute zusammenführen, und die kün:ftige Gliederung des MPI

für Aeronomie wird durch eine Projektgruppenstruktur gekennzeichnet sein.

Da die Frage der Rechtsträgerschaft für Arbeitsgruppen, die sich zum Teil mit Wellenausbreitung,

zum Teil mit Langzeitmessungen befassen, noch einer Klärung bedarf, wurden diese Gruppen zunächst in

einer besonderen, auf volle Selbständigkeit hinzielenden Abteilung zusammengefaßt.

Meine Aufgabe in den vor mir liegenden 2 1/2 Jahren bis zu meiner Emeritierung sehe ich darin,

Herrn Axford und den weiter zu berufenden neuen Direktoren meine Erfahrungen weiterzugeben, um ihnen

und allen Mitarbeitern des Instituts bei der Verwirklichung neuer Ideen zu helfen und damit die einzig mög­

liche Basis für die Zukun:ft des Instituts zu schaffen.

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- 31 - 2.11

Lieber Herr Dieminger, am Ende dieses Monats haben Sie das Ziel erreicht, an dem Sie die Last

der Verantwortung abgeben dürfen. Wir wünschen Ihnen, daß Sie danach noch viele Jahre, unbehindert

von Terminen und dienstlichen Zwängen, gemeinsam mit Ihrer verehrten Gattin, die Ihnen in guten und

schlechten Tagen treu zur Seite gestanden hat, Ihren besonderen persönlichen Neigungen in körperlicher

und geistiger Frische nachgehen können.

Persönlich möchte ich Ihnen sehr herzlich dafür danken, daß sich unsere Zusammenarbeit in der

Institutsleitung so kollegial und freundschaftlich gestaltet hat. Ich bin sicher, Sie werden uns auch als

Emeritus nicht zurückweisen, wenn wir mit der Bitte um einen guten Rat an Sie herantreten werden.

2.11 Ansprache von Herrn Dipl.-Phys. H. Kopka

für den Betriebsrat

Lieber Herr Dieminger!

Die heutige Feierstunde ist Ihnen zu Ehren und als Anerkennung gedacht. Der Anlaß hierfür ist je­

doch so, daß bei vielen von uns eine Note des Bedauerns zwangsläufig mitschwingen muß.

Seit fast 30 Jahren sind Sie Leiter dieses Instituts, und es gibt einige Mitarbeiter unter uns, die vom

ersten Tage ihrer Arbeit hier in Lindau gemeinsam mit Ihnen zusammenarbeiten. Für mehr als 20 Mitar­

beiter gilt dies für einen Zeitraum von über 20 Jahren und gar 50 Mitarbeiter sind immerhin mehr als

15 Jahre gemeinsam mit Ihnen hier tätig. Die in diesen langen Zeiträumen gewachsenen, vielfältigen, ich

nehme an, wechselseitigen Beziehungen haben eine Verbundenheit geschaffen, die es mir erlaubt zu sagen:

Wir sind stolz und wir freuen uns mit Ihnen über die Anerkennung, die Ihnen hier und heute zuteil wird.

Allerdings, und das muß ich auch sagen, stellt Ihr Ausscheiden aus dem Institut dabei mehr als nur den

Tropfen Wermut dar. Aber selbstverständlich haben Sie nach einer so langen, meist strapaziösen, sehr

oft hektischen Zeit Anspruch auf Ruhe und Entspannung.

Für diesen Ihren zukünftigen Lebensabschnitt möchte ich Ihnen im Namen aller Mitarbeiter wünschen,

daß Sie die Muße finden, all diejenigen persönlichen Aufgaben und Ziele zu verwirklichen, mit denen Sie

sich in Gedanken seit langem beschäftigen, deren tatsächliche Behandlung Ihre Verpflichtungen und Auf­

gaben als Direktor nur bisher leider nicht möglich machten. Da ich einige dieser Ihrer Zielsetzung kenne,

ist dieser Wunsch nicht ganz selbstlos. Seine Verwirklichung würde für die Zukunft einen großen Teil der

gemeinsamen Beziehungen zwischen Ihnen und vielen Mitarbeitern - und ich hoffe, in beiderseitigem In­

teresse - auch weiterhin aktiv erhalten und gestalten.

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2.12 Ansprache von Herrn Dr. G. Hartmann

für die Mitarbeiter

Sehr verehrter Herr Professor Dieminger,

Herr Präsident,

werte Gäste und Mitarbeiter!

2.12

In der Regel bilden Ehrungen die Krönung eines abgeschlossenen Lebenswerkes. Sie haben die Kehr­

seite, daß sie den Geehrten leider in ein gleichsam posthumes Dasein entrücken können. Denn das Ziel

ist erreicht; der Kampf, die Gefahr und die Verbindlichkeiten dürfen versinken. Die Ihnen heute zuteil

werdenden Ehrungen, verehrter Herr Professor Dieminger, sollen deshalb nicht nur Dank für das Voll­

brachte sein, sondern ich möchte auch die Hoffnung zum Ausdruck bringen, daß Sie auch in Zukunft noch

mit Ihrem Rat zur Verfügung stehen.

Bei aller Würdigung der Verdienste des Institutsdirektors und Wissenschaftlers Dieminger hat es

vielleicht den Anschein, als ob es ihm ebenso erginge wie vielen hervorragenden Persönlichkeiten. Weil

die Leistung als solche genügte, um zu überzeugen und nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, wurde sei­

ne Würdigung als Mensch vernachlässigt. Ihr Wirken für das Institut, für die Max-Planck-Gesellschaft

und für die Wissenschaft ist von berufener Seite gewürdigt worden, so daß ich mich auf den "nicht-wissen­

schaftlicher!'Bereich beschränken kann. Dabei bitte ich, die unausweichliche Subjektivität meiner Ausfüh­

rungen entschuldigen zu wollen. Drei Jahre war ich als Student und elf Jahre als wissenschaftlicher Mit­

arbeiter in Ihrem Institut tätig. Sie werden verstehen, daß sich mir die Frage aufdrängen mußte, ob es

nicht eben deshalb besser wäre, wenn mein heutiger Auftrag von einem anderen Ihrer Mitarbeiter wahr­

genommen würde, der mit größerem Fachwissen und aus größerer Distanz und also vielleicht auch objek­

tiver hätte sprechen können. Aber schließlich habe ich ihn angenommen, weil ich glaube, daß in den brei­

ten Rahmen der heutigen Ehrungen auch ein subjektiv gezeichnetes Bild von dem Menschen und Wissen­

schaftler Dieminger hineinpaßt.

Anläßlich des 25 jährigen Bestehens des Institutes für Ionosphärenphysik im Jahre 1971 hat der da­

malige Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Professor Butenandt, geschrieben:

"Erfolgreiche Wissenschaftspolitik erfordert Mut zu einem wissenschaftlichen Risiko".

Nicht nur in der Aufbauphase des Institutes, in der sehr unsicheren Nachkriegszeit, haben Sie diesen

Mut wiederholt bewiesen, sondern auch während der letzten Jahre haben Sie sich neuen Ideen gegenüber

immer aufgeschlossen gezeigt. Nach Ihren eigenen Worten trug diese Entwicklung zeitweise romanhaft

abenteuerliche Züge, aber sie zeigte sich als sehr erfolgreich und führte letztlich zu dem heutigen Institut,

dessen Entwicklung Sie nun nahezu 30 Jahre geprägt haben. Dieser Teil Ihrer Persönlichkeit hat für mich

von Jahr zu Jahr in immer stärkerem Maß einen Ausspruch von Max Planck mit Leben erfüllt:

"Naturwissenschaft braucht man zum Erkennen, Glauben zum Handeln".

Einen zweiten Teil Ihrer Persönlichkeit, Ihren nahezu illusionslosen Realismus, habe ich vor etwa

sieben Jahren anläßlich einer gemeinsamen Dienstreise in einer gemütlichen, romantischen Weinstube bei

einem "Säuerling" kennengelernt. Es war, glaube ich, die einzige Gelegenheit, wo ich dem Wissenschaft­

ler und Menschen Dieminger außerdienstlich einen Abend lang allein begegnete. Wir sprachen darüber,

wie sich die Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft ständig neu stellt und daß bei einer sehr

schnellen wissenschaftlich-technischen Entwicklung ein Konflikt entstehen muß zwischen der geistigen

Gestalt einer Gesellschaft, die ihrem Wesen nach etwas Quasi-Statisches sein muß und den ständig sich

erweiternden und erneuernden wissenschaftlichen Erfahrungen und Denkweisen, also einer dynamischen

Struktur. In diesem Zusammenhang sagten Sie dem Sinne nach - ich hoffe, daß ich es einigermaßen rich­

tig zitiere -

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2.12 - 34 -

"Wissenschaft kann nicht sicheres, absolutes Wissen garantieren. Sie ist mehr ein Glaube, daß die Kraft

unserer Vernunft empirisches Datenmaterial vernünftig und produktiv verarbeiten kann, daß sie Theorien

aufstellen kann, die allerdings jederzeit revidiert werden können. Sie bewegt sich ständig in dem Span­

nungsfeld zwischen objektiver und subjektiver Realität".

Ich möchte nun eine besondere Ihrer Eigenschaften hervorheben, die viele schätzen gelernt haben.

Sie brachten mich mit einer sehr sympathischen Form von Institutsleitung in Berührung, die im wesent­

lichen auf großem gegenseitigemVertrauen, auf Mitverantwortung und auf unaufdringlicher Autorität oder,

um dies viel mißdeutete Wort zu vermeiden, Führung beruht. Denn rückblickend können die meisten wis­

senschaftlichen Mitarbeiter wohl sagen,daß sie ein Höchstmaß persönlicher Schaffensfreiheit erlebt haben,

das im gesteckten Rahmen eines so großen wissenschaftlichen Institutes möglich ist. Leider wird dieser

Führungsstil in der heutigen Zeit zu wenig gepflogen. Vielleicht fehlt die wesentliche Voraussetzung, das

gegenseitige Vertrauen. Vielleicht wird auch unmerkliche Führung von all jenen, die kein Gespür für die­

sen Stil haben, als Führungslosigkeit ausgelegt. Dies kann, wie man in der Vergangenheit gesehen hat, zu

erheblichen Problemen führen, insbesondere wenn bei stetem Wachsen und bei einem vielschichtigen Ar­

beitsgebiet eines Institutes einerseits die direkten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen dem Chef und

seinen Mitarbeitern zwangsläufig abnehmen, anderseits der Chef aber notwendig mehr Mitverantwortung

delegieren muß, ohne daß in jedem Falle vorher die notwendige Kommunikationsbasis geschaffen wurde.

Ich glaube daher, daß ein Institut eine gewisse Grenzgröße nicht überschreiten darf, damit aus der Stärke

dieses Führungsstils nicht plötzlich eine Schwäche wird. Wahrscheinlich haben wir uns in den vergange­

nen Jahren im Bereich dieser Grenzgröße bewegt.

Ihre Vorstellungen von Zusammenarbeit wurden in den letzten Jahren manchmal in Frage gestellt.

Ihr wachsendes Verständnis für neue Formen der Mitverantwortung und neue Formen der kollegialen Lei­

tung hat Ihren Stil zwar modifiziert, aber nicht revolutioniert. Die Tatsache, daß Sie an Ihren Grundvor­

stellungen festhielten, zwar manchmal nur zögernd Entscheidungen trafen, aber letztlich trotz aller

Schwierigkeiten nicht resignierten, hat mich in beruflicher Hinsicht gelehrt: "Nicht Aufgeben".

Viktor von Weizsäcker hat einmal gesagt:

"Entscheidend für die Wirkung wahrhafter Lehrer auf uns ist nicht, was wir von ihnen gelernt haben,

sondern wie wir bei ihnen die Erkenntnis zustande kommen sahen, I'

Verehrter Herr Professor, in diesem Zusammenhang haben mir Ihre illusionslosen Einschätzungen

der zukünftigen Chancen der Aeronomie und Ihre Ermunterungen, nach neuen aktuellen wissenschaftlichen

Tätigkeitsbereichen zu suchen, klar vor Augen geführt, daß ja für den Wissenschaftler selbst nicht so

sehr seine speziellen Kenntnisse auf einem eng begrenzten Gebiet maßgebend sind, sondern seine an spe­

ziellen Aufgaben geschulte Fähigkeit, physikalische Probleme systematisch bearbeiten zu können. Ferner

glaube ich erkannt zu haben, daß Sie das Leben und auch die Wissenschaften als in stetem Wandel begrif­

fen betrachten; vielleicht im Sinne Heraklits, wahrscheinlich aber mehr im Sinne der dialektischen Art

Hegels, sicherlich auch mit weniger Optimismus als ihn Hegel, beeinflußt durch die Aufklärung, hatte.

So glaube ich, daß Sie den Fortbestand Ihres Lebenswerkes sehr viel mehr in ideeller Hinsicht sehen als

darin, daß das Max-Planck-Institut für Aeronomie in unveränderter Form bestehen bleibt.

Als Direktor dieses Institutes sahen Sie sich häufig auf jenes geistige Feld gestellt, in dem sich Wis­

senschaft und Politik überschneiden. Das gedeihliche Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik immer

wieder zu erreichen, ist nach Platon das Amt des Philosophen. Lassen Sie mich Ihnen, der Sie schon seit

mehreren Jahren in das philosophische Alter eingetreten sind, deshalb noch eine Stelle aus Platons "Staat"

in Erinnerung rufen:

"Haben die Wächter das fünfzigste Jahr erreicht, haben sie sich bis dahin unversehrt erhalten und

sich in jeglichem Tun auf jede Weise, in ihrem Wirken und in ihrer Wissenschaft als die Besten erwiesen,

so ist es Zeit, sie zum Ziele zu führen. Man muß sie zwingen, den Strahl ihrer Seele nach oben zu richten

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und zu dem hinzublicken, was allein das Licht gewährt. Und haben sie dann das Gute selbst geschaut, so

sollen sie den Staat, die einzelnen und sich selbst zur Ordnung führen, solange sie noch leben, einen je­

den nach dem Maße, das ihm zukommt. Die meiste Zeit müssen sie bei der Philosophie verweilen. Wenn

aber die Reihe an sie kommt, müssen sie sich mit der Politik abquälen und um des Staates willen Ämter

übernehmen; sie handeln so, nicht weil es etwas Schönes, sondern weil es notwendig ist. Haben sie dann

auch andere ihrer Art erzogen, die sie an ihrer Statt als Wächter des Staates hinterlassen können, so

dürfen sie scheiden und fortan die Insel der Seligen bewohnen".

Zum Schluß möchte ich Ihnen, verehrter Herr Professor Dieminger, noch einmal ganz herzlich im

Namen aller Mitarbeiter danken und Schaffenskraft w.ünschen beim Schreiben Ihres Buches über die Ent­

wicklung der Ionosphärenforschung in Deutschland bis heute.

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- 37 - 2.13

2.13 Schlußwort von Professor Dr. W. Dieminger

Meine Damen und Herren!

Es ist verlockend, wenn man wie ich heute "hinausgefeiert" wird, eine großangelegte Abschiedsrede

zu halten. Es ist dies eine so schöne Gelegenheit, in einem Rückblick auf die aktive Laufbahn seine Arbei­

ten noch einmal darzulegen und seine Entscheidungen zu rechtfertigen. Man kann aus dem Schatz seiner

Erfahrungen gute Ratschläge geben, die eigentlich niemand erbeten hat und man kann ohne die Möglich­

keit des sofortigen Widerspruchs zu soziologischen und ideologischen Problemen Stellung nehmen. Ich

halte von all dem nicht viel, ich betrachte es bis zu einem gewissen Grad als Befriedigung der eigenen

Eitelkeit. Ich war daher sehr froh, als mich Herr Pfotzer vor einiger Zeit fragte, ob ich vielleicht etwas

aus meinen Erinnerungen an die Anfangszeit der Ionosphärenforschung speziell in Deutschland berichten

wolle. Das ist ein handfestes Thema, das bei aller Objektivität doch noch genügend Spielraum für persön­

liche Bemerkungen läßt.

Die erste Frage, die ich mir vorlegte, war die folgende: Wann ist mir eigentlich zum ersten Mal

zum Bewußtsein gekommen, daß es eine reflektierende Schicht in der hohen Atmosphäre gibt? Ich gehöre

noch zu der Generation, die den ersten Weltkrieg mit erwachendem Bewußtsein erlebt hat. Ich war 7 Jah­

re alt, als der Krieg ausbrach und ging in die zweitunterste Klasse des Gymnasiums, als er endete. Die

Funkerei steckte in den Kinderschuhen; es gab wohl die Hypothese einer reflektierenden Heaviside-Schicht,

aber damit beschäftigten sich nur die Fachleute. Das änderte sich mit dem Beginn des Rundfunks. Dieser

begann in Deutschland bekanntlich damit, daß die Großfunkstelle Königswusterhausen einmal in der Woche,

und zwar am Sonntag von 12 - 01 h, ein von dem Personal des Senders improvisiertes Konzert auf Lang­

welle sendete. Ich hörte dieses Konzert regelmäßig bei einem älteren Schulkameraden, der eine - natür­

lich streng verbotene - Empfangsanlage aus Wehrmachtsgeräten des ersten Weltkrieges aufgebaut hatte.

Bald darauf begannen Rundfunkstationen in England ihre Sendungen auf Wellenlängen um 300 m. Dabei fiel

zweierlei auf: Erstens waren die Stationen nur nachts zu hören und zweitens zeigten sie unregelmäßige

Schwunderscheinungen, den Fading-Effekt, wie man seinerzeit sagte. Als später auch deutsche Rundfunk­

sender dazukamen, zeigte sich der Schwund auch bei diesen Stationen,und zwar ebenfalls nur nachts. An

sich waren diese Erscheinungen in Fachkreisen schon längere Zeit bekannt und es gab vielleicht ein Dut­

zend Veröffentlichungen über Untersuchungen des Fadings. Auch die Veränderung des Polarisationszustan­

des und die daraus resultierenden Peilfehler waren bekannt. Die meisten Fachleute sahen in der Existenz

der bereits 20 Jahre früher postulierten Kennelly-Heaviside-Schicht die Erklärung. In das Bewußtsein

der breiten Öffentlichkeit und damit in den Erkenntnisbereich eines Gymnasiasten gelangten diese Erkennt­

nisse allerdings erst mit dem Beginn des Rundfunks. Der technisch interessierte Rundfunkhörer, seiner­

zeit auch Radiobastler genannt, erhielt seine Informationen meist über einen der Radiovereine oder Radio­

klubs, in denen sich Experten und Liebhaber zusammenfanden und wo auch die einschlägige technische

und populärwissenschaftliche Literatur vorhanden war. Ich empfing die wesentlichen Eindrücke im Frän­

kischen Radioklub Würzburg. Ich war ein sehr eifriges Mitglied und hielt 1925 als Unterprimaner meinen

ersten öffentlichen Vortrag anläßlich der ersten Funkausstellung in Würzburg, allerdings nicht über Aus­

breitungsfragen, sondern über "Des Radio-Bastlers Werdegang", der bei mir allerdings erst ein 3/4

Jahr lang war.

Im Radioklub hörte ich zum ersten Mal auch von den überraschenden Reichweiten, die Funkamateure

auf Kurzwellen erzielt hatten. Die Nachrichten waren so faszinierend, daß wir uns sofort daran machten,

einen Kurzwellensender mit etwa 10 Watt Leistung zu bauen, mit dem wir dann im Frühjahr 1926 die

ersten Verbindungen herstellten. Seit dieser Zeit, also seit 49 Jahren,zähle ich mich zu den OM's oder

Harn 's, wie die internationale Bezeichnung für die Kurzwellenamateure lautet. Es ist bezeichnend, daß

wir seinerzeit nichts von den Versuchen Appletons wußten, dem bekanntlich am 12. Dezember 1924 der

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experimentelle Nachweis einer reflektierenden Schicht in etwa 100 km Höhe gelungen war. Die Berichte

darüber standen in den einschlägigen Zeitschriften, die aber nur von Fachleuten gelesen wurden. Auch als

ich im Spätherbst mein Studium an der T. H. München begann, fand ich zunächst nicht den Zugang zu der

Fachliteratur. Man hatte eben in den Anfangssemestern andere Sorgen, vor allem wenn man von einem

humanistischen Gymnasium kam und noch nichts von Integral- und Differentialrechnung gehört hatte. Für

mich wurde die Existenz einer reflektierenden Schicht zur Gewißheit, als ein älterer Studienkollege, der

die Telefunkenzeitung regelmäßig las, zu mir eines schönen Tages sagte, und ich erinnere mich noch ge­

nau an seine Worte: "Es ist eben doch Bogenschießen". Er bezog sich dabei auf die Versuche, die mit

Wellenlängen von 26 m zwischen der Großfunkstelle Nauen und Buenos Aires gemacht wurden. Dabei ver­

wendete man Richtantennen mit parabolischen Reflektoren, die auf verschiedene Erhebungswinkel einge­

stellt werden konnten. Dabei ergab sich eine eindeutige Überlegenheit gegenüber Dipolantennen, wenn die

Richtantennen auf Erhebungswinkel um 25 0 eingestellt wurden.

Als ich vor einiger Zeit versuchte, diesen Erkenntnisprozeß zu rekonstruieren, war ich mir selbst

gram, daß ich seinerzeit so wenig Literatur gelesen und wichtige Entdeckungen nicht zur Kenntnis genom­

men hatte. Aber ich tröstete mich damit, daß dies gelegentlich auch prominenten Persönlichkeiten pas­

siert ist.

Der Mangel an Literaturkenntnis änderte sich, als ich nach der Diplomvorprüfung im Wintersemester

1928/29 einen Arbeitsplatz im Physikalischen Institut, das von Zenneck geleitet wurde, erhielt. Der

Schlüssel, der einem dabei ausgehändigt wurde, ermöglichte den Zugang zu den Labors und der Biblio­

thek zu jeder Zeit. Besonders faszinierte mich die Arbeit von Lassen vom Jahre 1926, in der nicht nur

die Schichtbildung durch UV -Sonnenstrahlung und die Dispersionsformel vorweggenommen, sondern auch

die Strahlwege, die Bildung der Toten Zone und das Zustandekommen des low- and high-angle ray berech­

net und anschaulich dargestellt wurden. Ferner verfolgte ich mit besonderem Interesse die Veröffentli­

chungen von Mögel in der Telefunkenzeitung, in denen er die Ausbreitungsbedingungen auf verschiedenen

Wellenlängen und für verschiedene Richtungen in Abhängigkeit von Tages- und Jahreszeit, später auch

in Abhängigkeit von der Sonnenaktivität graphisch darstellte. Diese Kurven beruhten auf den Beobachtun­

gen der Funkempfangsstelle Geltow beim Betrieb der verschiedenen Funklinien. In den Ferien versuchte

ich dann mit Hilfe meiner eigenen Amateurstation, die ich inzwischen aufgebaut hatte, die Ergebnisse

durch eigene Beobachtungen zu bestätigen und in gewissen Richtungen zu ergänzen. Immerhin hatte ich

Ende der zwanziger Jahre soviel Kenntnisse erworben, daß ich das Kapitel: "Ausbreitungserscheinungen"

in dem Buch "Kurzwellentechnik" schreiben konnte, das bei der Weidemannschen Verlagsbuchhandlung

1931 erschien. Als ich das Kapitel nach mehr als 25 Jahren vor einiger Zeit wieder las, stellte ich mit

Befriedigung fest, daß das meiste sogar ziemlich richtig ist.

Wie ich dann endgültig zur Ionosphärenforschung kam, habe ich schon bei vielen Gelegenheiten erzählt.

Für diejenigen, die die Geschichte wirklich noch nicht kennen, sei sie kurz wiederholt. Kurz vor meiner

Diplomprüfung wurde mir aus meiner Jacke, die in meinem Arbeitsraum hing, die Brieftasche mit prak­

tisch dem ganzen Monatswechsel gestohlen. Ich mußte deshalb zu Zenneck und ihm über den Vorfall be­

richten. Am Ende der Unterredung nahm ich mir ein Herz und sagte zu Zenneck: "Herr Geheimrat, ich

habe den Eindruck, daß zwischen der Echolotung, die Herr Goubau am Herzogstand macht, und den Beob­

achtungen der Kurzwellenausbreitung, die ich als Funkamateur anstelle, ein Zusammenhang besteht. "

Darauf Zenneck: "Machen Sie doch darüber Ihre Doktor-Arbeit." So zog ich dann 1930 nach Kochel und

beobachtete 4 Jahre lang die Ionosphäre. Es wurde mir rasch klar, daß die doch recht zufälligen Ama­

teurfunkverbindungen, die ich von zuhause aus machte, kein geeignetes Vergleichsmaterial bieten konn­

ten. Ich entwickelte daraufhin, heute würde man sagen, ein System zur automatischen Feldstärkebeobach­

tung auf 3 Frequenzen, das gerade wegen seiner Einfachheit den vollen Beifall Zennecks fand. Es genüg­

ten dann die Beobachtungen weniger Monate, um das Material für eine Dissertation zu gewinnen, die zu

einem "summa cum laude" ausreichte.

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Es ist nicht uninteressant, sich ins Gedächtnis zu rufen, über welche Hilfsmittel seinerzeit die Iono­

sphärenforschung verfügte und welche physikalischen Probleme im Vordergrund standen. Ionosonden mit

kontinuierlicher Frequenzänderung und automatischer Aufzeichnung gab es nicht. Man arbeitete damals

im allgemeinen mit einem Impulssender von einigen 100 Watt Leistung auf ein oder zwei festen Frequen­

zen. Eine solche Registrierung zeigte wohl die Existenz von 2 Schichten und gewisse Regelmäßigkeiten im

tageszeitlichen Ablauf, aber es gab viele Erscheinungen, die schwer deutbar waren, wie z. B. das Auftre­

ten von scheinbar mehr als zwei magnetischen Komponenten, von denen z. B. eine an der unteren und zwei

an der oberen Schicht reflektiert wurden, oder das Überschneiden der Höhe der verschiedenen Komponen­

ten mit der Bildung von Schleifen und Spitzen. Am Herzogstand verfügten wir über einen von Goubau ent­

worfenen Sender von 6 kW Leistung, der rasch auf 6 versch'edene Wellenlängen umgeschaltet werden

konnte. Der Empfänger stand in 5 km Entfernung auf dem Dachboden des Verstärkeramtes Kochel. An­

fangs mußten Schnappschußaufnahmen vom Schirm der Braun 'sehen Röhre gemacht werden, und ich habe

im ersten Jahr etwa 120000 solche Aufnahmen "geschossen" und ausgewertet. 1932 trat an deren Stelle

eine automatische kontinuierliche Aufzeichnung, die ebenfalls von Goubau entworfen war. Lediglich die

Umschaltung auf die verschiedenen Wellenlängen, die dem jeweiligen Zustand der Ionosphäre angepaßt

wurde, mußte von Hand erfolgen. Das Ergebnis der Registrierungen wurde jeweils für ein 24h-Intervall

auf einem Blatt aufgetragen, wobei die gemessenen Höhen für die 6 Frequenzen mit verschiedenen Far­

ben dargestellt wurden. Ich habe während der 4 Jahre einige 100 solche Blätter gezeichnet. Leider sind

sie offenbar samt und sonders verlorengegangen, als Geräte und Ergebnisse der Station Herzogstand nach

Kriegsende nach Fort Belvoir bei Washington transportiert wurden. Es wäre sicher reizvoll, sie jetzt im

Lichte der heutigen Erkenntnis zu betrachten. Seinerzeit gestatteten die Aufzeichnungen eine ganze Reihe

von Schlüssen: Die Bestätigungen von 2, zeitweise 3 Schichten (E und F bzw. F I' F 2)' von denen die

oberen sehr viel stärker in der Höhe schwankten, die Beobachtung der magnetischen Aufspaltung um etwas

weniger als I MHz, die Unterscheidung einer normalen und, wie man seinerzeit sagte, abnormalen E­

Schicht. Außerdem konnten wir aus der Reflexion der beiden niedersten Frequenzen 300 und 600 kHz

nachweisen, daß die Elektronenkonzentration in der E-Schicht auch in der Nacht nie unter etwa 2500 Elek­

tronen/cm3 sinkt, eine Tatsache, die erst 20 Jahre später allgemein erkannt und beachtet wurde. Leider

wurde nur sehr wenig von den Ergebnissen veröffentlicht und es war manchmal ärgerlich, wenn dann von

anderer Seite publiziert wurde, was uns durchaus geläufig war. Dies hing z. T. damit zusammen, daß Zen­

neck mit Veröffentlichungen ziemlich zurückhaltend war. Er riet stets zur Vorsicht und erachtete ein Er­

gebnis erst dann für veröffentlichungsreif, wenn es als absolut gesichert gelten konnte. Dazu kam noch,

daß Zenneck durch zahlreiche, z. T. sehr zeitraubende Ehrenämter wie z. B. den Vorsitz des Deutschen

Museums, außerordentlich belastet war. Es erhebt sich in diesem Zusammenhang die Frage - und ihre

Beantwortung berührt mich persönlich, weil es mir im Berufsleben später ähnlich ging - ob dem Fort­

schritt mehr gedient ist, wenn Leute wie Zenneck sich ganz auf ihr engeres Fachgebiet konzentrieren oder

in großer Breite wirksam werden. Ich wage nicht, diese Frage allgemein zu beantworten, die Ahtwort

hängt wahrscheinlich sehr von der Begabung und Neigung des Betreffenden ab.

Welches waren nun die Probleme, die seinerzeit im Vordergrund unseres Interesses standen? Da

war zunächst das rätselhafte Verhalten der E-Schicht. Ganz abgesehen von ihrem ganz unregelmäßigen

Auftreten zeigte sie keine Anzeichen einer magnetischen Aufspaltung. Außerdem traten oft Reflexionen

an der E -Schicht auf, während gleichzeitig die beiden erdmagnetisch aufgespalteten Komponenten an der

F-Schicht beobachtet wurden. Eine Vermutung war, daß in der E-Schicht Ionen eine wesentliche Rolle

spielen. Das veranlaßte dann Goubau u. a. zu seiner Arbeit über den Brechungsindex eines Elektronen­

Ionengemisches, die noch heute als grundlegend gilt. Das Ergebnis war, daß damit nicht die Eigenschaf­

ten der E -Schicht erklärt werden konnten. Heute wissen wir z. B. aus den Rechnungen von Rawer, daß die

E -Schicht gelegentlich ebenso dünn sein kann, daß sie partiell durchlässig ist, und aus den Rechnungen

von Becker, daß die außerordentliche Komponente in der Nähe der Gyrofrequenz so stark gedämpft wird,

daß sie mit den leistungs schwachen Geräten der damaligen Zeit nicht nachgewiesen werden konnte.

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Eine andere Frage war die der Störungen der Ienesphäre. Daß wir danach suchten, geht aus einer

Arbeit mit diesem Titel herver, die wir, d.h. Zenneck, Geubau und ich, 1934 veröffentlichten. Die Stö­

rungen, die wir beschrieben, hatten allerdings nichts mit dem zu tun, was man heute se bezeichnet. Im

Rückblick kann ich immer ne eh nicht ganz verstehen, warum wir in Kechel nicht die Zusammenhänge zwi­

schen erdmagnetischen und ienesphärischen Störungen fanden. Wahrscheinlich war dies z. T. durch die

Beebachtungsmetheden bedingt. Ganz sicher aber spielt die südliche Lage ven Kechel eine Relle; denn

als ich 1934 nach Rechlin kam, das etwa 650 km weiter nördlich und damit merklich näher an der Pelar­

lichtzene liegt, da waren die Zusammenhänge einfach nicht zu übersehen. Die Ergebnisse fanden dann

ihren Niederschlag in einem Vertrag, den ich 1937 auf der Tagung der Deutschen Geephysikalischen Ge­

sellschaft in Jena hielt. Der damalige Versitzende, der bekannte Meteerelege Weickmann, erzählte mir

Jahre später, wie erstaunt manche Geephysiker waren, daß es überhaupt eine Ienesphärenferschung in

Deutschland gab. Se wenig intensiv war seinerzeit der Infermatiensfluß.

Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges brachte dann eine Hinwendung zur anwendungserientierten Fer­

schung. Die Erarbeitung ven Funkverhersagen auf Kurzwelle gewann mit der Ausdehnung der Operatiens­

gebiete immer mehr an Bedeutung. Andererseits ermöglichte sie eine Ausdehnung der systematischen

Beebachtungen über einen Breitenbereich ven 35'0 - 70'0 Nerd. Daß es dann nach dem Kriegsende gelang,

fast alle Beebachtungsdaten und wissenschaftlichen Ergebnisse zu retten und die Arbeiten später hier in

Lindau fertzusetzen, war ein besenderer Glücksfall. Ich zitiere in diesem Zusammenhang einen Absatz

aus der ven Renald Clark verfaßten Biegrafie ven Sir Edward Appleten:

"Sir Edward 's mest intriguing link with German ienespheric werk came seen after the end ef the war

when his celleague, W. R. Piggett, returned frem a shert visit te Germany with the suggestien that the

entire German unit under Professer Dieminger, then in Austria, might with geed effect be meved seme

hundreds ef miles nerth-west inte the British Zene, and set up as a centinuing centre for ionospheric re­

search. Appleten agreed, semewhat reluctantly, and stressing that he weuld have to disown all knewledge

ef the 'Operation if anything went wrong. As it was, everything went right, and under Piggett's direction

the entire laboratory was moved in convoy to the outskirts of Göttingen and set up under British control. "

Ich freue mich ganz besenders darüber, daß W. R. Piggett, dem das Gelingen dieser Operatien zu

verdanken ist, unter uns weilt und im Kellequium sprechen wird.

Über die Entwicklung in Lindau, die in diesem März ins 30. Jahr getreten ist, möchte ich nicht viel

sagen. Hierüber ist in der Festschrift anläßlich des 25jährigen Bestehens des Instituts für Ionesphären­

physik ausführlich berichtet worden. Für mich war zweifellos die Inbetriebnahme des Neubaus am Hop­

fenberg, in dem wir uns hier befinden, der Höhepunkt. Die großzügige Art der Planung hat schon jetzt

ihre Früchte getragen: Es wird möglich sein, in Zukunft das gesamte, allerdings etwas kenzentrierte

MPI für Aerenomie in diesem Komplex unterzubringen.

Meine Damen und Herren, wenn man aus einem Amt ausscheidet, se empfindet man - ich habe das

sehen bei mehreren derartigen Gelegenheiten gesagt - eine merkwürdige Mischung von Trauer und Er­

leichterung. Trauer darüber, daß man aus einem Kreis von Kollegen scheidet und Erleichterung darüber,

daß die Bürde der Verantwertung, die mit dem Wachsen des Instituts immer drückender gewerden ist,

nun auf jüngere Schultern gelegt wird. Bei mir überwiegt heute bei weitem das Gefühl der Erleichterung.

Es ist ja eine der liebenswerten Einrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft, daß der scheidende Direktor

wissenschaftliches Mitglied des Instituts bleibt und angemessene Arbeitsmöglichkeiten behält. Ich werde

daven in dem Maße Gebrauch machen, wie es die äußeren Umstände erfordern bzw. zulassen. Ich brauche

mich daher heute nicht von Ihnen zu verabschieden.

Ich möchte mich aber bei allen denen bedanken, die mir im Laufe der Zeit beim Aufbau des Instituts

gehelfen und es mit Leben erfüllt haben. Ich müßte jetzt eine lange Liste von Personen und Leistungen

aller Art aufzählen. Gestatten Sie mir, daß ich stellvertretend nur eines Mannes gedenke: Otto Hahn.

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Als ich im Jahr 1954 ein Angebot aus den USA erhielt, das weniger finanziell als von der AufgabensteI­

lung her sehr attraktiv war, sagte Otto Hahn zu mir: "Bleiben Sie bei uns, ich werde dafür so~gen, daß

Sie Ihre Pläne in Deutschland in die Tat umsetzen können". Daß er Wort gehalten hat, sehen Sie am be­

sten, wenn Sie betrachten, was aus den bescheidenen Anfängen, die sich im Mußhaus und den Steinbarak­

ken an der Rhume abspielten, geworden ist.

Daß ich alles, Erfolge und Rückschläge, Freud und Leid ohne wesentlichen Schaden an der Gesund­

heit überstanden habe, dafür hat eine Einstellung zur Arbeit gesorgt, die Zenneck einmal in die Worte

zusammengefaßt hat: Pflicht erfüllung reicht nicht, man muß Freude an seiner Arbeit haben.

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3. REMINISZENZEN UND ÜBERLEITUNG

ZUM

WISSENSCHAFTLICHEN TEIL

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- 45 - 3.1

3.1 Professor Dr. K. Rawer: Erinnerungen an die Zentralstelle

für Funkberatung

Liebe Diemingers und die anderen Zuhörer alle!

Ich bin hierhergerufen als ein Erzähler, der aus uralten Zeiten erzählen soll, und ich glaube, ich tue

das am besten in der dafür angemessenen Form eines Märchens. Wie bei allen Märchen ist es für viele

Zuhörer schwierig, sich in die äußeren Umstände der Erzählung hineinzufinden, in das Herrschaftssy­

stem, in die Situation des Krieges. Vielleicht ist es sogar für einige von Ihnen schwierig, sich in die

fachliche Situation hineinzufinden, weil ich von einer Zeit erzähle, als ein Gebiet interessant wurde und

bedeutend war, das manche heute zum alten Eisen werfen möchten.

Also, es war einmal eine Luftwaffe, der man wenigstens nachsagte, es käme dort nur auf Tüchtig­

keit und nicht aufs Parteibuch an. Darin gab es im Mecklenburgischen Land- und Seegebiet eine Erpro­

bungsstelle, und dort gab es ein kleines Häuschen am See. Da war eine Gruppe junger Leute drin, Inge­

nieure und Physiker - jünger als heute, weil die Studiendauer kürzer war - und die wurden geführt von

einem Herzog namens Johannes Plendl. Der war damals noch keine 40, heute ist er ein alter Mann und

wohnt in Südtirol. In dem Häuschen hatte nun einer der Barone des Herzogs, der Baron Dieminger, ein

schönes Spielzeug. Man würde heute sagen: eine halbe Ionosonde, nämlich einen Durchdrehsender, einen

Impulssender, der den Frequenzbereich 3 -6 MHz überstrich, über Kurvenscheiben angetrieben, und der

Empfänger wurde mit Hand nachgeführt. Es kam dann ein großer Krieg und alle, die in dem Häuschen wa­

ren, sollten dafür sorgen, daß die Flugzeuge dorthinkamen, wo sie hin sollten. Das nannte man dann Na-

MHz LS:) Übertragungsbereich E

/8 [l]] F

~ 2E

/6 ~ 2F

vigation. Und eines Tages traf der Baron Dieminger,

der auch Navigation machte, zufällig einen alten Krie­

ger, einen Hauptmann namens Flesch, und der erzähl­

te ihm, wie sehr seine Soldaten mit einer bösen Hexe

namens Ionosphäre Ärger hätten. "Ei", sagte der Die­

minger, "die Hexe kenne ich gut. Und da habe ich ein

Spielzeug, mit dem können wir die böse Hexe zwingen,

doch das Rechte zu tun." Und so fing er mit seinen

Leuten an, einen ganz großen Zauberspruch aufzu­

schreiben, und in dem Zauberspruch wurde ein Be­

reich angegeben und in dem sollte die Hexe schön blei­

ben. Das erste Bild zeigt den Bereich.

Sie sehen hier als Abszisse die Tageszeit, als

Ordinate die Frequenz,und die Leute rechneten mit

verschiedenen Arten von Ausbreitungswegen jeweils­

den Frequenzbereich abhängig von der Tageszeit aus.

Sie sehen das gezeichnet, nämlich den oberen Bereich,

der über die E-Schicht versorgt werden kann (schräg

schraffiert), dann den über die F-Schicht (senkrecht

schraffiert), und dann gab es noch andere Ausbrei­

tungswege, z. B. zweimal F. Für jeden Weg wurde

die obere Grenze ausgerechnet und die untere. Und

das war dann der Bereich, in dem man schön bleiben

Abb. 1: Die verschiedenen Übertragungsmechanis- mußte,und dann konnte einem die Hexe nichts anhaben. men in Abhängigkeit von der Tageszeit; Entfernung 1500 km, Monat Juni, Sender-leistung 800 W, Empfängerempfindlichkeit 2 IJ.V/m.

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3.1 - 46 -

Das Bild wurde dann etwas einfacher gemacht und so wurde es dann an alle verteilt, die es brauchten.

Dadurch wurde der Hexe ein Zaum angelegt. Und weil das so gut ging, kamen dann immer mehr Leute

zum Enthexer. Er bekam immer mehr Helfer geschickt, die eigentlich aus allen Berufen kamen: von der

Theologie bis zur Literatur war alles vertreten. Diese Leute mußten alle mithelfen, Zaubersprüche zu

schreiben und zu rechnen. Und dann sagte der Enthexer, er kann das noch viel besser machen, wenn er

erst im Mittelpunkt der Welt sei. Da fragten sie ihn, ja wo ist denn der Mittelpunkt der Welt. "Ei", sagte

er, "der liegt genau südlich von Wien." Und so kam es, daß sie dort ein altes Schloß fanden, das sie dann

Zentralstelle nannten. Dort fuhren sie alle Leute und ihr Spielzeug hin und trieben das Enthexen noch län­

ger und immer mehr, bis der Krieg zu Ende war und die bösen Feinde kamen. Und als die bösen Feinde

da waren, da fragten sie: "Ja, wie habt ihr denn das Enthexen gemacht?" Und sie lobten dann den Enthexer

und sagten, er hätte es gut gemacht.

Ich will jetzt mein Märchen ein wenig unterbrechen und eine kurze Beschreibung, keine eigentliche

Beschreibung,der Methoden geben, die wir damals anwandten, erst recht keine Übersicht über die Tätig­

keitsgebiete der Zentralstelle für Funkberatung, die ja auch eine Menge von Entwicklungen machte und

Kontrollversuche, sondern nur auf einige charakteristische Vorstellungen hinweisen, die für die Funkbera­

tung in unserem Falle entscheidend waren.

Funkberatung war ja angewandte Forschung, und eine, die unter sehr strengen Regeln stand, nämlich

unter der Regel, daß man keine Auskunft verweigern durfte. Man konnte nicht sagen, das wissen wir erst

in drei Monaten oder in zehn Jahren, man mußte gleich eine Mitteilung geben. Das Telefon am Bett gehör­

te dazu. Es war also notwendig, auch die Dinge zu erfassen, die damals noch nicht erfaßt waren. Das wa­

ren sehr viele. So hat diese angewandte Forschung dazu geführt, daß wir sehr vieles überlegt haben und

Fragestellungen angepackt haben, die vorher niemand gesehen hatte, weil man vorher nicht gezwungen

war, ein Gesamtbild zu geben. Natürlich war unser Gesamtbild sehr vereinfacht und man kann das heute

viel genauer machen. Aber es war doch zum ersten Mal ein Gesamtbild, das auch erfolgreich angewandt

wurde. Die Dinge, die ich anführen will, betreffen zunächst einmal die Berechnung der Grenzen des

brauchbaren Frequenzbereichs. Für die obere Grenze hatte schon ein Amerikaner, Newbern Smith, eine

Methode angegeben, die wurde in vereinfachter Weise angewandt, um aus den Messungen mit Hilfe der

Ionosonde schließlich eine Vorhersage zu machen. Ich komme nachher kurz darauf zurück. Zunächst aber

zur unteren Grenze:

Für die untere Grenze' brauchte man die Absorption in der Ionosphäre und dafür waren die Meßmetho­

den erst in den Anfängen. Wir hatten keine geeigneten Daten. Wir zogen aus der Literatur ganz wenige

Daten heraus, kamen mit diesen nicht zurecht und schließlich wurde ein praktisches Verfahren angewandt

(Abb. 2), indem man nämlich Lautstärken bestimmte,und zwar von Funkverbindungen, die standardisiert

waren. Das haben damals die Herren Gockel für die Luftwaffe und Klette für die Marine gemacht. Sie se­

hen hier ein solches Bild, bei dem eine große Entfernung, wohl für eine Marineberatung, betrachtet wurde.

Sie sehen zunächst einmal den von links unten nach rechts oben schraffierten" sicheren Bereich"; und

oben darüber einen unsicheren Bereich. Darauf komme ich noch. Und nun sind in der Abbildung Punkte ein­

getragen, wenn die Lautstärke gut war, und Kreuze, wo sie null war, kleine Punkte, wo sie schlechter war.

Sie sehen, daß mit Hilfe dieser Messungen die untere Grenze, für praktische Zwecke zumindest, einge­

grenzt werden konnte. Wir haben also damals die nicht meßbaren Dämpfungsparameter der Ionosphäre di­

rekt aus den Betriebsdaten angepaßt.

Das zweite Problem war,. daß wir für mittlere Entfernungen aktuelle Meßwerte von Ionosonden brauch­

ten: dazu wurde ein Netz von Ionosonden eingerichtet, von Tromsö bis Sizilien und von Paris bis Nikolajew.

Der letzte Arm kam nie ganz zur Entwicklung, aber dieses Kreuz war es, das schließlich den Mittelpunkt

der Welt südlich von Wien bestimmte. Und gleichzeitig wurden über diese Strecken Impuls- Fernübertra­

gungen geplant und zum Teil ausgeführt.

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8 12 16 20

- 47 -

+ 0 1 2

• 3 · ~ • 5

Abb. 2: Vergleich einer Vorhersage mit den beobach­--- teten Lautstärkewerten Strecke Berlin-Süd­

atlantik, Entfernung 9500 km, 3· F- Übertragung

90

80

70 /

.., 60 \ . 5

"- 50 0 ~

40 30

.., 20

" "- 10 Cl s

!; o , ! 10 .. .l; 20

30

'0 .., 50 '::'

s 11)

60

70

80

90 0 2 , 6 8 10 12 16 18

3.1

Schwieriger war die Sache für große Ent­

fernungen, Da bekamen wir keine aktuellen Da­

ten und brauchten deshalb eine Umrechnung

mit der Sonnenaktivität. Wir hatten ja für weit­

entfernte Gegenden nur die veröffentlichten

Meßdaten von WashingtonjUSA, Huancayo in Pe­

ru und Watheroo in Australien zur Hand. Und

damit bauten wir Ionisationskarten mit viel

Mut und Gottvertrauen. Abbildung 3 ist eine

Ionisationskarte aus der damaligen Zeit. Sie

sehen, es fehlt eigentlich hier die typische

Äquatorformation, nämlich die "Rinne" am ma­

gnetischen Äquator. Trotzdem ging es damals

ganz gut, und zwar aus dem einfachen Grunde,

weil wir Verbindungen hatten, die alle von Eu­

ropa ausgingen (die "Kunden" waren in der

Hauptsache U-Boote), so daß der kritische Re­

flexionspunkt immer in der Nähe Europas war,

und dort waren unsere Karten gut.

Nächster Punkt: Für die Vorhersage der

Sonnenaktivität benutzten wir damals Gleiß­

bergs Verfahren: Es war vielleicht ein Zufall,

daß wir gerade auf diese Literatur kamen -

natUrlich deshalb, weil Gleißberg früher in

20 22

Deutschland gearbeitet hatte,

aber ich muß sagen, wir wa­

ren damit wesentlich glückli­

cher als die Alliierten, die

rein statistische Verfahren

benutzten, also ohne eine phy­

sikalische Vorstellung einzu­

füllen, wie es Gleißberg tat.

Tatsächlich waren unsere

Vorhersagen de facto besser.

Abb. 3: Beispiel einer Ionisationskarte. Grenzfrequenz fo, in Mega­hertz, der ord. Komponente der F2 -Schicht, August 1944, in Abhängigkeit von der geograph. Breite und der mittleren Ortszeit MOZ.

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3.1 - 48 -

Weiterhin mußten wir natürlich feststellen, daß es nicht immer gut geht mit der Hexe, und die Hexe

manchmal doch Ärger machte, besonders bei Störungen. Störungen wurden zunächst einmal intern vorge­

warnt mit Hilfe von Kurzfrist- Vorhersagen, die auf Grund der 27tägigen Wiederholungsperiode entstan­

den. Das hat BarteIs uns gelehrt und es ging im Sonnenfleckenminimum recht gut. Dann wurden die erd­

magnetischen Variationen kontinuierlich registriert, und sobald dort eine größere Störung anlief, wurde

eine Meldung an die interessierten Organisationen ausgegeben.

Ein ganz entscheidender Grund für unsere Erfolge war schließlich einer, der nichts mit der Modell­

vorstellung zu tun hatte, sondern mit der Organisation des Ganzen. Die Organisation stand auf zwei Pfei­

lern. Im Gegensatz zur Organisation der Alliierten wurde unsere Beratung zentral und direkt ausgearbei­

tet, nicht über Zwischenträger, so daß wir wußten, wie es ankam. Das wiederum bedeutete natürlich

Nachrichtenwege und - folgerichtig - das Telefon am Bett, es bedeutete aber auch einen viel besseren

Kontakt mit den Benutzern. Das zweite war, daß wir Verbindungsoffiziere hatten, die erstens die Proble­

me draußen erkennen sollten und zweitens dort etwas machten, was man jetzt 'advertising' nennen wür­

de, und die drittens die Wirksamkeit der Beratungen kontrollierten. Wir hatten also eine Rückmeldung.

Und schließlich war es dadurch für uns unmöglich, die Vorhersage so zu machen, wie sie ursprünglich in

Amerika vor dem Krieg gemacht worden war, nämlich daß man einfach Mittelwerte für die obere und die

untere Grenze angab. Denn unsere "Kunden" hatten feste Frequenzen, und die wollten nun wissen, wie

sicher ist meine Frequenz, wie wahrscheinlich ist es, daß ich Verbindung habe - sie konnten ja gar keine

andere wählen. Deswegen haben wir sehr früh statistische Beratungen eingeführt: Sie sehen in Abbildung 2

eine Grenze, die mit 100 % eingezeichnet ist, der Bereich darunter galt als sicher, dann eine Grenze, die

mit 50 % Wahrscheinlichkeit eingezeichnet wurde. Für andere Vorhersagen haben wir auch 10 % genommen,

je nach der Anwendung,die verlangt wurde.

Wenn nun die Ionosphärenvorhersage in friedlichen Zeiten vielleicht nicht mehr sehr gefragt ist, so

haben wir doch hier mit der statistischen Vorhersage eine Erkenntnis erreicht, die auch von allgemeinem

Interesse sein könnte. Auch für Vorhersagen der Zukunftsforschung in Gesellschaft und Wirtschaft sollte

man besser statistische Vorhersagen machen als Mittelwertvorhersagen. Man sieht dann wenigstens, wie

grausam die Unsicherheit wird, wenn man auf längere Fristen geht.

Ich komme nun allmählich zum Ende meines Märchens. Der Krieg ging zu Ende und der Mittelpunkt

der Welt wurde bedroht, alle Spielzeuge, alle Männer und Rösser und Wagen wurden weitertransportiert

nach Ried im Inn-Kreis in eine friedliche Mädchenschule. Da es aber zunächst noch weiterging und der

Feind immer näherkam, wurde geteilt; die Hofleute blieben dort; die Krieger wurden weitergeschickt.

Die Hofleute fanden dann einen guten Zauberer, nämlich Roy Piggott. Er sieht jetzt wirklich wie ein Zau­

berer aus: "Roy, stand up please" . Dieser Zauberer konnte viele Rösser und Wagen herbeizaubern und mit

denen brachte er die Leute und fast alles Spielzeug weg von Ried im Inn-Kreis hierher, wo es heute noch

ist. So kamen sie weg vom Schloß im Mittelpunkt der Welt, aber sie kamen an einen Ort, wo sie dann

nachher aus Zelten feste Häuser bauen konnten und dort leben sie heute noch. Die Krieger dagegen fuhren

mit letzter Kraft ihrer Rösser zur Heimstätte der bösen Hexe, nämlich nach Kochel am See, und dort ver­

brannten sie zwei Tage lang Papiere mit vielen Lautstärkenlisten der U-Boote, und als sie alles verbrannt

hatten, ergaben sie sich. Und wenn sich heute zwei Überlebende treffen, dann erzählen sie mit etwas Weh­

mut von ihrem alten Spielzeug, von den Zauberformeln, vom Schloß im Mittelpunkt der Welt, der sog.

Zentralstelle, und von ihrem Baron Dieminger. Und das ist das Ende meines Märchens.

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- 49 -

3.2 Mr. W. R. Piggott

Appleton Laboratory, Slough, England

I am going to talk a little bit about the E and D region and as usual I am going to

try to be a little unconventional and try to show you some of the possible ways in which

things might develop in future, some of possible problems which in my mind are not

satisfactorily settled, in fact in some cases not even recognized.

Before I start with my main lecture I would, however, like to say how happy I am

to be able to be with you today.

As you heard I was here at the day beginning of Professor Dieminger's director­

ship of the institute and I know probably better than any of you how small his resources

were at the day beginning so in manpower , in facilities and in equipment +.

I think that it is the most remarkable thing on his part to have filled the great in­

stitute with a large international reputation from such a small beginning. This after-

no on many people have been making I hope nice remarks about Professor Dieminger,

not knowing any German I could not translate them. I would like to say that in my mi nd

Professor Dieminger has really three sources of memorial to comfort hirn in his re­

tirement. First of all the personal satisfaction of having built this great institute from

such beginnings, secondly, the enormous mass of very valuable information which has

been published in the literature and which has had such a great influence on the science

and, thirdly, the large number of young people who he has trained or has enabled to be

trained so they could act effectively both in German and in international science. I think

this was a wonderful job. I would like to congratulate Professor Dieminger on.

+ Herr Piggott war im Jahre 1946 Officer in Charge der britischen Besatzungsmacht für das Fraunhofer Institut Lindau und hat als solcher in gewagter persönlicher Ver­antwortung den Transport eines "Skeleton Staffs" und von Maschinen, Geräten und des wissenschaftlichen Archivs von Ried im Inn-Kreis nach Lindau/Harz ermöglicht. Dadurch wurde die Grundlage für eine Wiederaufnahme der Ionosphärenforschung in Lindau und zur späteren Entwicklung erhalten.

3.2

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- 51 -

4. WISSENSCHAFTLICHE

VORTRÄGE

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4.1

4.1

- 52 -

THE E AND D REGION OF THE IONOSPHERE

AN EXPERlMENTALIST'S VIEW

von

W.R. Piggott

A p P 1 e ton Lab 0 rat 0 r y. D i t ton Par k. S 1 0 u g h SL3 9JX. Eng 1 a n d

Eine Ausarbeitung des Vortrags konnte wegen dringender ander­

weitiger Verpflichtungen nicht zur Verfügung gestellt werden.

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4.2

- 53 -

UNGELÖSTE PROBLEME DER OBEREN IONOSPHÄRE

von

O. M. Burkard

Institut für Meteorologie und Geophysik

der Universität, 8010 Graz, Österreich

4.2

Jedem, der sich auch nur am Rande mit der oberen Ionosphäre beschäftigt hat, wird es klar sein,

daß zur Beschreibung aller dort ablaufenden physikalischen Prozesse die kurze, einem Vortrag zur Ver­

fügung stehende Zeit absolut nicht ausreicht. Erlauben Sie mir daher, mich auf einige wenige Erscheinun­

gen zu beschränken, die zunächst auf der einen Seite vielleicht geeignet sind, die F-Region mit ein paar

wenigen Strichen einigermaßen treffend zu charakterisieren, die andererseits aber auch einen Anstoß ge­

ben möchten, manche offen gebliebene Frage mit den uns heute zur Verfügung stehenden Erkenntnissen

und Hilfsmitteln neu zu überdenken.

Eine der frühesten Untersuchungen über die Ionosphäre beschäftigte sich mit deren Verhalten während

einer Sonnenfinsternis. Das lag nahe, da man hoffen konnte, im Verlauf einer so raschen Änderung der

Ionisierungsquelle über die Rekombinationsverhältnisse Aufschluß zu bekommen. Ändert sich doch die

ionisierende Strahlung in rund 90 Minuten vom vollen Wert bis auf Null und steigt dann nach der Totalität

in ebenfalls rund 1,5 Stunden zum normalen Wert wieder an. Mathematisch formuliert verwendet man

meist die um einen Faktor D erweiterte Bilanzgleichung

2 dN / dt = D' q - a . N (1 )

worin D als ein rein geometrisch bedingter Faktor den Grad der Abdeckung der Sonnenscheibe durch den

Mond charakterisieren sollte. Die Ionen- bzw. Elektronenproduktion q und der Rekombinationskoeffizient

a werden zunächst als konstant angesehen.

Stellvertretend für viele ähnliche Fälle zeigt die Abb. 1 den Verlauf der kritischen Frequenzen foFI "

während einer Sonnenfinsternis in Khartoum. Die Ringe entsprechen den Beobachtungswerten, die durch

sie hindurchgelegte Kurve versucht kleinere Unregelmäßigkeiten auszugleichen und kann etwa als "mittle­

rer Verlauf" der kritischen Frequenz während der Sonnenfinsternis angesehen werden. Auf den ersten

Blick hin würde man diese Kurve vielleicht als völlig symmetrisch ansprechen, eine genauere Analyse

zeigt jedoch eine Unsymmetrie, da die beiden Äste vor und nach der Totalität nicht zusammenfallen

(Abb. 2). sondern fast parallel zueinander in einem bestimmten Abstand verlaufen. Dieser Befund ist recht

bemerkenswert, denn die - an sich geringfügige - Änderung des Sonnenstandes während der Verfinste­

rung dürfte keine Parallelität der beiden Kurvenäste ergeben und die zeitliche Änderung der Elektronen­

konzentration dN / dt müßte dazu führen, daß der Ast vor der Totalität höher liegt als jener nach der Tota­

lität. Schreibt man nämlich die Gleichung (1) ein wenig um, ergibt sich

N2 = D'q/a - l/a' dN/dt (2 )

wobei zu bedenken ist, daß dN / dt vor der Totalität natürlich negativ, nach der Totalität aber positiv ist.

Die beobachteten kritischen Frequenzen, deren Quadrat ja der Elektronenkonzentration N proportional

ist, zeigen aber ein zur Erwartung gerade gegenteiliges Verhalten.

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4.2 - 54 -

o o 00 4·2

40

J'8

J.b Me/s

J·4

J'2

lO o 0 0 0 MEASUREMENTS ,

~

11 00

TIME

2·8

2·b

Abb. 1: Die kritischen Frequenzen foF1 bei der Sonnenfinsternis am 25. Februar 1952, --- beobachtet in Khartoum

0·55

0·50

-/·2 \·0 -0,8 -O·b -0·4 -0'2 o -LOG ()

Abb. 2: Der Logarithmus der kritischen Frequenzen in Abhängigkeit --- vom Logarithmus der Abdeckung D

LA-

0 .... 0 0 ......

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- 55 - 4.2

Aus den beiden Abb. 1 und 2 ist unschwer zu erkennen, daß zwischen dem Abdeckungsgrad D und

der Elektronenkonzentration N eine ganz bestimmte Gesetzmäßigkeit besteht. Dennoch gelingt es nicht,

mit der einfachen Bilanzgleichung diese Gesetzmäßigkeit mathematisch zu erfassen. Man hat daher sei­

nerzeit einen neuen Parameter eingeführt, indem die von der Sonnenscheibe abgestrahlte Energie un­

gleichmäßig über die Scheibe verteilt sein soll. An die Stelle des früher benutzten geometrischen Faktors

D tritt nun eine Größe D' als ein Maß für die jeweils tatsächlich abgestrahlte Sonnenenergie, (Lit. 1).

Es fällt nun aber auf, daß sich für alle bisher untersuchten Fälle immer die Notwendigkeit ergibt, am öst­

lichen und westlichen Sonnenrand (Abb. 3) besonders intensive Strahlungsbereiche vorauszusetzen, um

den ionosphärischen Beobachtungen gerecht werden zu können. Eine derart spezifische Verteilung der In­

tensitätsbereiche auf der Sonnenscheibe kann natürlich das eine oder andere Mal vorhanden sein, aber es

ist unwahrscheinlich, daß dies die Regel sein sollte. Und das sollte doch eigentlich zu denken geben •••••

Lange bevor in situ Temperaturmessungen durchgeführt werden konnten, wurde dem eben geschilder­

ten Deutungsversuch ein weiterer gegenübergestellt (Lit. 3), der davon ausgeht, daß sich während des

Ablaufs der Sonnenfinsternis die Temperatur in den fraglichen Höhenbereichen relativ stark ändert. Da­

mals angezweifelt, liegen heute Raketenmessungen vor (Lit. 4), aus denen zu entnehmen ist, daß die Elek­

tronentemperatur mit der fortschreitenden Verfinsterung um mehr als 10 % abnimmt. Damit könnten die

Beobachtungsergebnisse für die kritischen Frequenzen foF1 zwanglos erklärt werden, wobei allerdings

noch offen bleibt, wieweit auch der Rekombinationskoeffizient a von der Temperatur abhängig ist. Dar­

über hinaus erfährt diese Hypothese auch eine Stützung durch Untersuchungen des Tagesverlaufs der kri­

tischen Frequenzen foFl, der ebenfalls auf Temperatureinflüsse hinweist.

E

N

SOURCE cro 01 SI< 73

GI 5

~ 14

G] 8

s

Abb. 3: Errechnete Strahlungsverhältnisse für die Sonnenscheibe während einer --- Finsternis in Rhodesien am 25. Dezember 1954

(Nach Szendrei und Mc Elhinny, Lit. 2)

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4.2 - 56 -

Völlig unklar werden die Verhältnisse, wenn wir von der F1-Schicht hinauf zur F2 -Schicht gehen, al­

so das Verhalten der maximalen Elektronenkonzentration während einer Sonnenfinsternis untersuchen

bzw. zu erklären versuchen. Die Literatur weist Fälle nach, bei denen sich die kritische Frequenz foF2

ähnlich verhält wie wir es für die E - und F1-Schicht kennen, aber wiederholt auch Fälle, bei denen die

Elektronenkonzentration mit zunehmender Abdeckung der Sonnenscheibe konstant bleibt oder sogar größer

wird. Die Abb. 4 zeigt als Beispiel einen Fall, bei dem die Ionisation der F2 -Schicht zeitlich dem Sonnen­

finsternisverlauf stark nachhinkt. Hier tritt auch das Phänomen der sogenannten F1 t -Schicht deutlich in

Erscheinung. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, können wir jedenfalls feststellen, daß die Vorgänge in

der F2 -Schicht während einer Sonnenfinsternis recht komplexer Natur sein müssen. So kann man eigent­

lich nur resignierend die Tatsache festhalten, daß wir nicht einmal über die prinzipiellen Verhältnisse

während einer Sonnenfinsternis in den höheren Bereichen der F-Schicht Bescheid wissen. Daran hat leider

auch die Möglichkeit, N(h)-Profile während dieser Vorgänge zu studieren, nur wenig geändert, so daß al­

les zukünftigen, intensiven Simultanbeobachtungen möglichst vieler in Frage kommender Parameter vor­

behalten bleiben muß.

Mc/s 11

10

9

8

7 Q) ::J CT

...... 6 "[ u Q)

5 u c:: (1) ::J CT

\(1) 4 L

u..

3

2

-Controle o Observations sures • Observations douteuses

o o

~.-_.

...,;-. • .c ••

o

• : Q:o o :qpe

1 • • 0. •• 1

'OF1 .-•• 0 _<:XXl.-.

<:#C.-~

'min

o~~~~~~~~~~~~ __ ~~ 0700 0800 0900 1100

u.T.

Abb. 4: Sonnenfinsternisbeobachtungen in Ibadan am --- 25. Februar 1952. (Nach Lejay und Durand, Lit.5)

Obwohl wir uns im klaren darüber

sind, daß die F1-Schicht keine eigent­

liche Schicht mit einem ausgeprägten

Maximum der Elektronenkonzentra­

tion darstellt, spielt diese aus den

Ionogrammen ablesbare Meßgröße ei­

ner kritischen Frequenz foFI doch für

das Verständnis der gesamten F-Re­

gion eine große Rolle. Es fällt zunächst

auf, daß diese kritischen Frequenzen -

z. B. im Monatsmittel - einen klaren

Zusammenhang mit dem jeweiligen

Sonnenstand zeigen. Das steht in ei­

nem bemerkenswerten Gegensatz zum

Verhalten der kritischen Frequenzen

der F2 -Schicht, die nicht nur als Ein­

zelwerte eine große Streuung aufwei­

sen, sondern auch im Monatsmittel

nur fallweise Beziehungen zum Sonnen­

stand erkennen lassen. Vielleicht soll­

te man daher deutlicher als bisher

darauf hinweisen, daß die untere F­

Region offensichtlich recht stabil auf­

gebaut ist - wie wir es eben auch für

das Verhalten bei einer Sonnenfinster­

nis gefunden hatten - und daß die "iono­

sphärische Unruhe" erst oberhalb der

FI-Region einsetzt. Das gibt uns auch

einen Fingerzeig, die Ursache für die­

se Unruhe, vermutlich ein Tempera­

turmaximum im Höhenverlauf, ober­

halb der FI-Region zu suchen. Verti­

kale Luftströmungen könnten dort ih­

ren Ausgang nehmen.

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- 57 - 4.2

Aber kehren wir zuerst nochmals zur F1-Schicht zurück. Wie schon früher angedeutet, zeigen hier

die kritischen Frequenzen einen einfachen Zusammenhang mit dem Sonnenstand, wie dies für zwei Fälle

die Abb. 5 darstellt. Als Abszisse ist hier der Logarithmus von cos X aufgetragen, wobei X den Zenit-

log foF1 LlNDAU

Juli

0,7

o

0,6

1957

0,5

-1,0 -0,8 -0,6 - 0,4 - 0,2

Abb. 5: Die Änderung von foF1 mit dem. Sonnenstand. Station --- Lindau, Monate Juli 1957 bzw. Juli 1974.

°

winkel der Sonne bedeutet, und als Ordinate ist der Logarithmus der kritischen Frequenzen foF1 aufge­

tragen. Man erhält bei dieser Darstellungsweise praktisch eine lineare Beziehung, die sich für Juli 1957,

einem Monat mit außerordentlich starker Sonnenaktivität ausdrücken läßt durch

log(foF1) = 0,7725 + 0,2206 • log(cos X

Die Sonnenfleckenrelativzahl betrug in diesem Monat im Mittel Ir = 187,2. Die zweite eingezeichnete Ge­

rade ist durch die Meßpunkte des Juli 1974 hindurchgelegt, es war dies ein Monat mit einer relativ gerin­

gen Sonnenaktivität mit Ir = 55,8. Die Ausgleichsgerade kann hier geschrieben werden in der Form

log(foF1) = 0,6552 + 0,1629 • log(cos X )

(Hier wie auch im folgenden sind die kritischen Frequenzen stets in MHz ausgedrückt). Vielleicht vermag

diese Abbildung, die ja im übrigen nichts Neues bringt, einen kleinen Denkanstoß zu geben, diese Dinge

erneut und im Hinblick auf die inzwischen gewonnenen Erkenntnisse (Dichte- und Temperaturschwankun­

gen, Änderungen der Luftzusammensetzung u. a.) zu untersuchen. Man wird dabei vielleicht auch etwas

mehr als bisher zu berücksichtigen haben, daß das Auftreten einer Aufspaltung in eine F1- und F2 -Schicht

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4.2

J F M A M J 1950

1955

1960

1965

1970

1975

- 58 -

J ASO N 0

sehr stark durch die jeweili­

ge Sonnenaktivität bedingt ist.

Das geht recht gut aus der

Abb. 6 hervor, die diese Ver­

hältnisse für unsere Station

in Graz, also in mittlerer

geographischer Breite für 25

Jahre festhält. Am Rand des

Diagramms ist der Verlauf

der gemittelten Sonnenflecken­

relativzahl eingezeichnet und

man sieht, daß in den Jahren

starker Sonnentätigkeit die

Aufspaltung auf die Sommer­

monate beschränkt bleibt, wäh­

rend bei abnehmender Son­

nenaktivität, etwa ein bis zwei

Jahre vor dem Minimum die

Aufspaltung zum Teil sogar

in den Wintermonaten vorhan­

den ist.

Abb. 6: Das Auftreten einer Aufspaltung der F-Region im Verlauf der --- Jahre, abhängig vom Sonnenfleckenzyklus.

f.F 2

12

11

10

9

8

7

Abb. 7: Laufende Mittel für (foF2)2 , gemessen in Huancayo und --- laufende Mittel der Sonnenfleckenrelativzahl R.

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- 59 - 4.2

Ich möchte nunmehr zu den Verhältnissen in der F2 -Schicht übergehen, und da eben von der Sonnen­

aktivität mehrfach die Rede war, darf ich Ihnen auch ein Diagramm in Erinnerung bringen, das aus den

Anfangszeiten der Ionosphärenforschung stammt (Abb. 7) : Für die zwei Sonnenfleckenzyklen von 1938 bis

1958 sind in der oberen Kurve die über zwölf Monate laufenden Mittel von (foF2)2, gemessen in Huancayo,

Peru, aufgetragen und in der unteren Kurve die ebenfalls laufenden Mittel der Sonnenfleckenrelativzahlen

R. Ein Vergleich zeigt, daß vielfach selbst bis auf Kleinigkeiten die beiden Kurven parallel zueinander

verlaufen. Daß dennoch dieser Zusammenhang so gut wie ganz verloren geht, wenn man zu kürzeren Zeit­

abschnitten übergeht oder schließlich etwa überhaupt nur mehr die einzelnen Tageswerte miteinander ver­

gleicht, ist schon lange bekannt. Es scheint mir aber doch auch lehrreich, diese Situation in einem Dia­

gramm zu zeigen, das diesen Sachverhalt in einer etwas ungewohnten Weise darstellt, (Abb. 8). Verwen­

det wurden die täglichen Sonnenfleckenrelativzahlen RZ als Abszisse, während als Ordinate die in Lindau

beobachteten Mittagsmittelwerte (gemittelt zwischen 10 und 14 Uhr) eingetragen wurden, und zwar ohne

Rücksicht darauf, ob die F-Schicht aufgespalten war oder nicht. Eingetragen sind die Werte für Januar

1958 (Ringe, R= 202,5), Januar 1960 (Kreuze, R= 146,3) und Januar 1962 (Punkte, R= 38,7). Die für

jeweils einen Monat ermittelten Regressionsgeraden verlaufen sehr flach, auch ist die Korrelation - wie

bereits erwähnt - außerordentlich schlecht. Faßt man aber die Werte aller drei Monate zusammen, dann

erhält man eine wesentlich steiler verlaufende Regressionsgerade und einen relativ großen Korrelations­

koeffizienten. Ein Mathematiker oder Statistiker würde hier natürlich Betrachtungen über die Verteilungs­

funktion der gegebenen Werte anstellen und würde untersuchen, wieweit überhaupt die Errechnung einer

Korrelation sinnvoll ist. Für den Physiker ergibt sich hingegen die Notwendigkeit, weiter nach jener Größe

zu suchen, die die Sonnenaktivität bzw. die Veränderlichkeit der Ionisierungsquelle besser zu beschrei­

ben vermag als die Fleckenrelativzahl. Verschiedentlich wurden ja in dieser Hinsicht bereits Untersuchun-

f.F2

14

12

10

8

6

4

o

100

o

LlNDAU Mittagsmittel

Januar

200 300

Abb. 8: Lindauer Mittagsmittelwerte (foF2) bzw. (foF) beobachtet --- im Januar 1958 bzw. 1960 bzw. 1962, in Abhängigkeit

von der Sonnenfleckenrelativzahl R

gen durchgeführt, so könnte man et­

wa an die Sonnenstrahlung im cm­

Wellenbereich denken, oder gar an

die Röntgenstrahlung, für die jetzt

auch bereits Messungen vorliegen.

Leider geben die für jeden Tag er­

mittelten Werte für den Solar Flux

auf 2800 MHz (10,7 cm) kaum besse­

re Resultate als die Relativzahlen,

und die Messungen der Röntgenstrah­

lung hinwieder sind auf Grund der

angewandten Meßmethode für derar­

tige Untersuchungen nicht geeignet.

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4.2 - 60 -

Vielleicht sollte man auch den Schwerpunkt der Fragestellung dahin verlegen, ob die relativ starken

Schwankungen der kritischen Frequenz der F2 -Schicht durch ebensolche Schwankungen der Ionisierungs­

ursache hervorgerufen werden, öder ob sie nicht erst sekundär durch Vorgänge in der oberen F-Schicht

selbst entstehen, wofür manche Hinweise bestehen. Interessant in diesem Zusammenhang ist da die rela­

tiv enge Beziehung, die zwischen der kritischen Frequenz und der scheinbaren Höhe h 'F (hier überall in

km gemessen) besteht. Natürlich wird man sich vor Augen halten müssen, daß diese scheinbare Höhe ja

keine physikalische Realität darstellt. Es ist aber ein aus den Ionogrammen einfach abzuleitender Zahlen­

wert, der bei den meisten Ionosphärenstationen bestimmt wird und daher verfügbar ist, was leider für

die wahre Höhe des F-Schicht-Maximums nicht zutrifft. Die folgende Abb. 9 zeigt wieder für drei Jahre

mit unterschiedlicher Sonnenaktivität den Zusammenhang zwischen den Monatsmitteln der F- bzw. F2-

Schicht-Mittagswerte und der entsprechenden h 'F-Werte, gemessen an der Station Washington. Die Son­

nenaktivität betrug 1957 im Jahresmittel Ir = 190,2, im Jahr 1960 war Ir = 112,3 und 1965 war Ir '" 15,1.

Die seitlich angebrachten FrequenzskaIen sind diesen unterschiedlichen Sonnenaktivitäten entsprechend

angepaßt. Die Korrelationskoeffizienten betragen für die drei herausgegriffenen Jahre der Reihe nach

r = 0,975 bzw. 0,977 bzw. 0,953. Die Neigung der Ausgleichsgeraden ist für starke und mittlere Son­

nenaktivität fast gleich, für die geringe Aktivität im Jahr 1965 hingegen merklich geringer als in den bei­

den anderen Jahren. Im Hinblick auf diese Befunde war es von Interesse, wieweit ein derartiger Zusam­

menhang etwa auch für Tages-Einzelwerte nachzuweisen ist. Es zeigte sich dabei, daß in den Monaten mit

einer deutlichen Tendenz für die Aufspaltung der F-Schicht dieser Zusammenhang auch für die Tages­

Einzelwerte besteht, daß es aber in jenen Monaten verloren geht, in denen nur ab und zu die Aufspaltung

vorhanden ist, oder wenn sie überhaupt fehlt. Auch hierfür sei wieder ein Diagramm (Abb. 10) gezeigt,

das die Verhältnisse darstellt. Verwendet wurden die Mittagswerte (foF2) von Lindau, gemessen in den

f.F2 f.F2 0

14 1957 13 1960 11 1965 0

13 12 10

12 11 9

11 10 8

10 9 7

9 8 6

8 7 5

7 6 4

300 400 500 200 300 400 h'F2 200 300 400 h'F2

Abb. 9: Zusammenhang zwischen (foF) bzw. (foF2) und der scheinbaren Höhe h 'F. Monatsmittel, Washington.

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L1NDAU

Juni 1958.12h

- 61 -

o

400 500 600 300 400 500

Abb. 10: Juni-Mittagswerte (foF2), Lindau, in Korrelation zu den entsprechenden scheinbaren Höhen h 'F .

4.2

LlNDAU

Juni 1974,12h

Junimonaten der Jahre 1958 (mit Ir = 171,5) und 1974 (mit Ir = 34,5). Die Skalen für die kritischen Fre­

quenzen wie auch für die scheinbaren Höhen sind der unterschiedlichen Sonnenaktivität entsprechend ver­

schoben, aber im gleichen Maßstab aufgetragen. Die Korrelation ist in diesem Fall, wie man sieht, nicht

mehr so gut wie bei den Monatsmitteln, sie erreicht aber immerhin noch mehr als 80 %. Die beiden einge­

tragenen Kurven entsprechen jeweils den Regressionsgeraden, die man erhält, wenn man den Logarith­

mus der kritischen Frequenzen mit den scheinbaren Höhen korreliert. Ein solcher Ansatz wird durch die

Überlegung nahegelegt, daß auch hier in erster Näherung die Bilanzgleichung in der verkürzten Form

2 N = q/a (3 )

verwendet werden kann und daß die Ionenproduktion q, aber möglicherweise auch der Rekombinations­

koeffizient a einer Potenz des Druckes p proportional gesetzt werden kann. Andererseits aber kann auch

der Druck selbst wieder zu

-h/H P ce e (4)

angesetzt werden, worin H die Skalenhöhe (in kril) bedeutet. Vernachlässigt man schließlich den nicht

allzu großen Unterschied zwischen wahrer und scheinbarer Höhe, dann ergibt sich

2 4 ~I -"·h'/H N ce (fa) ce p' ce e ' (5 )

oder anders geschrieben

fo -b ·h ' a· e (6 )

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4.2 - 62 -

Für den Monat Juni 1958 ergab sich so die Beziehung

foF2 = 15,5' e- 1,488 .1Q-3. h ,

und ebenso für den Juni 1974 die Gleichung

foF2 = -1 452 • 10-3 • h'

9,4 • e '

(7)

(8)

wobei h' in km und fo in MHz einzusetzen wäre. Ohne Kenntnis der in Frage kommenden Vorgänge kann

über das in GI. (5) eingeführte "{ nichts ausgesagt werden. Immerhin kann man zeigen, daß mit plausiblen

Werten für"{ eine SkalenhöheH aus den GI. (7) und (8) errechnet werden kann, die zumindest größenord­

nungsmäßig mit den Erfahrungswerten übereinstimmt. So ergibt sich für y .. 1 eine Skalenhöhe

H ~ 170 km und für y = 3/2 wird H -- 113 km. Aus einer systematischen Untersuchung dieser Zusam­

menhänge könnten somit recht wichtige Folgerungen gezogen werden.

Haben wir uns bisher gewissermaßen mit der klassischen Physik der oberen Ionosphäre beschäftigt,

so möchte ich doch auch noch die Blicke auf neuere Beobachtungen lenken. Ich denke dabei zunächst ein­

mal an die Möglichkeit, mittels passender Satelliten den Elektroneninhalt bis in relativ große Höhen hin­

auf zu bestimmen. Ähnlich wie für die F2 -Schicht schwanken auch diese Elektroneninhalte relativ stark

von Tag zu Tag, so daß es nicht leicht ist, Gesetzmäßigkeiten anzugeben. Die Abb. 11 z. B. zeigt die be­

obachteten Elektroneninhalte für die Jahre 1964 bis 1966, die in Graz im Rahmen des sog. S-66-Experi­

ments gewonnen wurden. Um diese Werte richtig verstehen zu können, muß darauf hingewiesen werden,

daß der hierfür zur Verfügung gestandene Satellit i. a. nur alle (rund) 12 Stunden beobachtbar war, wobei

sich die betreffende Tageszeit im Verlauf von etwa 3 Monaten langsam über die 24 Stunden des Tages

verschob. Zu gewissen Zeiten konnten daher'nur Morgen- und Abendwerte (= niedriger Sonnenstand), zu

anderen, rund 11/2 Monate späteren Zeiten nur Mittagswerte (= hoher Sonnenstand) erhalten werden.

(Aus personalen Gründen mußten Beobachtungen während der Nacht entfallen). Aus der Abbildung ist zu

entnehmen, daß zunächst die Werte für 1966 deutlich höher liegen als die für die Zeit des Sonnenflecken­

minimums 1964/65. Weiter fallen die außerordentlich niedrigen Werte im Dezember jeden Jahres auf,

während die Maxima offenbar nicht im Hochsommer auftreten, sondern eher schon im Mai und dann wie­

der im Oktober gefunden werden.

In einer weiteren Abb. 12 wurde versucht, den Tagesverlauf des Elektroneninhalts für die Sommermo­

nate Mai bis Juli 1966 zusammenzufassen. Bei einer außerordentlich großen Streuung, die wohl auch ex­

perimentell mitbedingt sein dürfte, kann man ein Maximum um etwa 10 Uhr vormittags und ein Minimum

um etwa 17 Uhr nachmittags gerade noch erkennen. (Die Nachtwerte fehlen aus dem oben genannten Grund).

Ganz anders sehen die Werte für den Winter aus, wie man aus der Abb. 13 entnehmen kaim. Hier zeigt

sich nämlich ein sehr ausgeprägtes Maximum zu Mittag, ja mehr noch, man kann sogar den Gang mit dem

Sonnenstand nachweisen, da man eine lineare Beziehung zwischen dem Logarithmus des Elektroneninhalts

und dem Logarithmus von (cos X ) erhält. Zahlenmäßig ergibt sich, daß der Elektroneninhalt in etwa der

dritten Wurzel aus (cos X ) proportional ist, (Abb. 14). Dieser Zahlenwert findet sich übrigens immer

wieder und scheint für Graz unabhängig von der Sonnenaktivität zu sein; so ergaben sich für den Exponenten

er bei einem Ansatz

für die Periode

N. dh ce (COSX)er

2.12. 1964 - 30.12. 1964

2. 2. 1965 - 28. 2. 1965

16.11. 1965 - 19.12. 1965

cf = 0,327

cf = 0,291

Cf = 0,361

Derzeit können wir nichts darüber aussagen, wie es gerade zu dieser zahlenmäßigen Abhängigkeit kommt,

zum al kaum ähnliche Untersuchungen aus anderen geographischen Breiten vorliegen. Vielleicht darf

man aber bereits einen tieferen Einblick in die Zusammenhänge erwarten, wenn erst einmal die Meßer-

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- 63 -

gebnisse ausgewertet vorliegen, die auch den Elektroneninhalt im Bereich zwischen etwa 1000 und

40 000 km Höhe mit Hilfe der geostationären Satelliten erfassen.

4.2

Mannigfaltig scheinen auch die Zusammenhänge zwischen dem Sonnenwind und der oberen Ionosphäre

zu sein; noch liegen freilich nur erste Ergebnisse vor, deren Stichhaltigkeit sicherlich noch in der Zu­

kunft an einem bedeutend größerem Beobachtungsmaterial überprüft werden muß. Recht eindrucksvoll,

aber noch keineswegs verstanden ist z. B. der Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit des

.1016

25

20

E1ectron content

Etectron conte nt

5-66 BE-B

5-66 BE-B

Graz 1964/65

A 5 0 N 0 J

Graz

11965/66

I

A M J J ASONDJ

Abb. 11: Der Elektroneninhalt über Graz, gemessen mit dem Faraday-Effekt. Oktober 1964 - Oktober 1966

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16

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19

66

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16°9 t

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I 16°7

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- 65 -

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---, log eosy

o

o

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-1,6 -1,4 -1,2 -1,0 -0,8 -0,6 -0,4

v

440

430

420

410

400

390

Abb. 14: Elektroneninhalt (Graz) und cos X in logarithmischem Maßstab aufgetragen. (2. bis 30. Dezember 1964)

-12

Cl tU -:§ -I.f) Tage

-10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8

Abb. 15: Verhalten der Sonnenwindgeschwindigkeit vor einer ionosphärischen Störung (Stichtagmethode ).

10

..

12

4.2

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4.2 - 66 -

Sonnenwindes und dem Auftreten einer ionosphärischen Störung (Abb. 15), über den ich seinerzeit berich­

ten konnte (Lit. 6). Verwendet man ionosphärisch deutlich gestörte Tage als "Stichtage" und untersucht

die Geschwindigkeit des Sonnenwindes an den vorangehenden bzw. nachfolgenden Tagen, dann findet man

- etwa vom 10. Tag vor der Ionosphärenstörung beginnend - eine ständige Abnahme der Geschwindig­

keit bis zum Erreichen eines Minimums zwei Tage vor der Störung. Da man weiß, daß die Sonnengeschwin­

digkeit innerhalb der "Sektoren" in charakteristischer Weise variiert, liegt es nahe, die ionosphärischen

Störungen mit dem jeweiligen Vorübergang einer Sektorengrenze in Verbindung zu bringen.

Aber auch das vom Sonnenwind mitgeführte Magnetfeld scheint in der oberen Ionosphäre eine Rolle zu

spielen: Die z. B. in Graz beobachteten Elektroneninhalte werden für ein (im wesentlichen) zur Sonne hin

gerichtetes Magnetfeld größer gefunden als für ein von der Sonne weggerichtetes Feld. Und auch bei der

kritischen Frequenz foF2 konnte ein Einfluß dieser Feldrichtung festgestellt werden.

All das mögen nur erste Anfänge eines tieferen Verständnisses der komplizierten Vorgänge in Iono­

und Magnetosphäre sein und wir hoffen, daß das kommende große internationale Bemühen um die Magneto­

sphäre (International Magnetospheric Study, IMS) zahlreiche der aufgeworfenen Fragen einer Lösung nä­

her bringen kann. Auf jeden Fall ist für den Ionosphärenforscher in den nächsten Jahren für Arbeit gesorgt.

Li te ra turve r z eichni s

MINNIS, C. M. : J. Atm. Terr. Phys. ~, 91,1955

SZENDREI, M.E. und M. W. McELHINNY: J. Atm. Terr. Phys.,Spec. Suppl. Vol. ~, 74, 1965

BURKARD, O. M.: J. Atm. Terr. Phys., Spec. Suppl. Vol. ~, 69, 1956

BRACE, L. H., H. G. MAYR, M. W. PHARO III, L. R. SCOTT, N. W. SPENCER und G. R. CARIGNAN:

LEJAY, R. P. und J. DURAND:

BURKARD, O. M. :

Preprint "The Electron Heating Rate and Ion Chemistry in the Thermo­sphere above Wallops Island during the Solar Eclipse of March 7, 1970" Goddard Space Flight Center, Greenbelt, May 1971

J. Atm. Terr. Phys., Spec. Suppl. Vol. ~, 85, 1965

Zeitschrift f. Geophysik~, 739, 1973

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- 67 - 4.3

4.3 POLARE IONOSPHÄRE

von

J. Oksman

Abteilung für Elektrotechnik, Universität Oulu,

Oulu, Finnland

1. Was ist die polare Ionosphäre?

Es gibt keine offizielle Definition für die polare Ionosphäre, aber wir können sie folgendermaßen

definieren:

Die polare Ionosphäre ist derjenige' Teil der irdischen Ionosphäre, der in der Umgebung der beiden

Pole etwa innerhalb der beiden Polarkreise liegt. In der polaren Ionosphäre herrschen also besondere

Verhältnisse, was den Sonnenstandwinkel und seine Variationen betrifft. Aber die polare Ionosphäre hat

auch einen engeren Kontakt mit dem erdnahen Raum, der sogenannten Magnetosphäre, als die übrigen Tei­

le der Ionosphäre. Dadurch entstehen in der polaren Ionosphäre vielfältige Störungen, die uns in zweierlei

Hinsicht interessieren. Einerseits ermöglichen sie es uns, Rückschlüsse auf die Phänomene in der Ma­

gnetosphäre zu ziehen, andererseits dienen sie oft als "Vorläufer" eines weltweiten ionosphärischen Stur­

mes, der einen markanten Einfluß auf den Kurzwellenverkehr hat.

2. Erforschung der polaren Ionosphäre

Die Erforschung der polaren Ionosphäre hat meines Wissens ihren Anfang im Jahre 1932 genommen,

als von Slough aus eine Expedition nach Tromsö in Norwegen gemacht wurde. Dabei wurden viele Erschei­

nungen entdeckt, die in Slough unbekannt waren. Später wurden feste Ionosphärenstationen in polaren Brei­

ten aufgebaut, aber ihre Zahl blieb aus natürlichen Gründen gering. Erst nach dem zweiten Weltkrieg, als

das allgemeine Interesse für die Ionosphärenforschung größer wurde, wuchs auch die Zahl der polaren

Ionosphärenstationen.

Vor dem Beginn des Internationalen Geophysikalischen Jahres in 1957-58 wollte das finnische Natio­

nalkomitee von URSI eine Ionosphärenstation in Sodankylä auf dem Gelände des geophysikalischen Obser­

vatoriums der Finnischen Akademie der Wissenschaften errichten. Es stellte sich heraus, daß durch Zu­

sammenarbeit mit dem MPI für Ionosphärenforschung, wie es damals hieß, eine kombinierte Senkrecht­

und Schräglotungsstation aufgebaut werden konnte. Dabei wurde die Tatsache berücksichtigt, daß die schwe­

dische Ionosphärenstation Uppsala fast genau im Mittelpunkt der Strecke Sodankylä-Lindau liegt, was den

Vergleich zwischen der Senkrechtlotung in Uppsala und der Schräglotung Sodankylä - Lindau ermöglichte.

Die Ionosphärenstation Sodankylä fing ihre Tätigkeit mit Hilfe einer Ionosonde im Sommer 1957 an.

Ihr Gerätesatz wurde im Laufe der Zeit mit vielen neuen Instrumenten ergänzt, die es möglich machten,

ein vielseitigeres Bild von der Ionosphäre in Nord-Finnland zu bekommen.

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4.3 - 68 -

Aber schon einige Monate nach dem Anfang der Ionosphärenmessungen in Sodankylä wurde der erste

künstliche Erdsatellit, der russische Sputnik I, gestartet, und das Zeitalter der Satelliten hatte angefan­

gen, das ganz neue Möglichkeiten zur Erforschung der oberen Atmosphäre und des erdnahen Raumes bot.

Auch im Rahmen der deutsch-finnischen Zusammenarbeit wurden Satellitenmessungen angefangen, zuerst

passive Messungen mit Hilfe von amerikanischen Satelliten, später aktive Messungen mit deutschen Sa­

telliten.

Mit dem Einsatz der Satelliten wurden aber die Bodenmessungen keineswegs überflüssig. Vielmehr

konnte durch Kombinieren der Satelliten- und Bodenmessungen ein viel besseres und vollständigeres Bild

über die obere Atmosphäre gewonnen werden als mit beiden Messungen allein. Im folgenden werde ich

dieses Bild skizzieren. Dabei werde ich die Messungen und Ergebnisse betonen, die im Rahmen der

deutsch-finnischen Zusammenarbeit gemacht und gewonnen wurden.

3. Die Formen der deutsch-finnischen Zusammenarbeit

Ich fange an mit einer Beschreibung der verschiedenen Messungen, die im Rahmen der Zusammen­

arbeit gemacht wurden. Die Geräte für diese Messungen wurden von Deutschland geliefert, die Räume

und das Wartungspersonal von der finnischen Seite zur Verfügung gestellt. Als Grundlage für diese Be­

schreibung dient die Karte in Abbildung 1, wo die finnische Stationskette mit ihrer Instrumentierung dar­

gestellt wird.

GEOCOSMOPHYSICAL RECORDING STATIONS IN FINLAND 1975.0

SOOANI{YLA 67"25'14" N 26"23' 36" E 0

SODANKYLA 67°22'09"N 26°37' 48" E 0 0 0 0

( A. -~ ~""""'f-::-=,----f-::=-:;-~=:C++++-+-f-+-H-++--+-ir1--+--~:-

SODANKYLA 67"21'50"N 26"38'07" E • • AOVANIEMI 66°33'26"N 25"sO'oo"e 01

KUUSAMO 65"54' 40"N 29"02'40" E 11

/

lJ'ro- I

'Iv--br'L~~'L .~~~:=~"~~~~i::~---;-:i:i=~=~=~:i=m':~:~:~~:i~;;;:;:;:;:;:;:-~HH-;:-;-:m::i: _L xl - - / ~:

) ~ ~ t-NU-R-M,-JA-RV-,--t-------t-t-t--t--f-f-+-f-H-I- x

OUlU 65"06'20" N 25"29' 16" E - • OULU 65~03'22" N 25"27' 54" E 0

KAJAANI 64"16' 52" N 27"40' 45" E

VAASA 63°02'34"N 2f45'52" E

JOENSUU 62°39'28"N 29n36'5S" E

JYVÄSKYlÄ 62"24' 4g"N 25~40'29~ E 0

lAPPEENRANTA 61°02'37" N 28"09'31" E

o '111; .,~~ - HELSINKI

60"30'34"N 24'39'20" E x x x x 0 • I x

60"19' 34" N 24"57'54" E ~ 60°10' 23M N 241)56'59" E xl 6Oo07'2B~N 19'154'3B"E -~-I ... ...- HElSINKI

~ J r--~·~ljA~M~N~-i~~~~~~~~+-+-~-+-+~+-+-~~· 20"

Abb. 1: Das finnische Stationsnetz für geokosmophysikalische Messungen --- mit Angabe über die Meßinstrumente auf jeder Station.

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- 69 - 4.3

3.1 Senkrechtlotung in Sodankylä

Das ist ein Standardverfahren, wo kurze Radiowellenimpulse mit variabler Frequenz mit Hilfe einer

Ionosonde nach oben gesendet und nach eventueller Reflexion in der Ionosphäre wieder empfangen wer­

den. Das Meßergebnis ist ein Senkrechtionogramm (Abb. 2), wo die scheinbare Reflexionshöhe als Funk­

tion der Frequenz wiedergegeben wird. Die Senkrechtdaten sind von mir und meinen finnischen Kollegen

in Sodankylä bearbeitet worden.

3.2 Schräglotung Sodankylä - Lindau und Lindau - Sodankylä

Die Radiowellenimpulse wurden in Sodankylä gesendet, in der Ionosphäre einmal oder mehrere Male

reflektiert und in Lindau empfangen oder in Lindau gesendet und in Sodankylä empfangen. Das Ergebnis

war ein Schrägionogramm, das wie ein verformtes Senkrechtionogramm aussieht (Abb.3). Die Schrägda­

ten wurden von Dr. Möller und seinen Mitarbeitern im MPI bearbeitet.

3.3 Schräglotungen Sodankylä - Kemi und Sodankylä - Kevo

Diese Messungen waren nur kurzzeitig in Betrieb. Die erste Strecke wurde von Dr. Rose vom MPI

als Kontrolle für Absorptionsmessungen benutzt, die zweite Strecke von Finnischen Forschern bearbeitet.

E ..x t

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h'F h' [

1000

800

600 400 200,

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I. 3

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3xC ./ , "

1" ('" L

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4 5

f! F 7 B

f zF

Abb. 2: Ein typisches Senkrechtionogramm (oben) und eine Linienzeichnung davon (unten). Mehrfache Reflexionen von der E - und F­Schicht sind sichtbar. Die kritischen Fre­quenzen und die scheinbaren Höhen der Schichten sind markiert worden. Die F­Schicht hat oft zwei Teile (F1 und F2).

3 4 5 6 7 8 9 10 12

f-MHz

~ Soden - Li ndeu kylä

Abb. 3: Ein Schrägionogramm (oben) und die --- Schrägstrecke Sodankylä - Lindau sche­

matisch (unten).

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4.3 - 70 -

3.4 Rückstreulotung in Sodankylä

Auch bei dieser Messung wurden die Radiowel­

len in Sodankylä schräg in Richtung Lindau gesendet.

Nach einer Reflexion in der Ionosphäre trafen die

Wellen den Erdboden, wo ein Teil der Energie zu­

rückgestreut wurde. Nach einer zweiten Reflexion

in der Ionosphäre konnte das Rückstreusignal am

Sende ort empfangen werden - wenn die Bedingun­

gen günstig waren (Abb. 4). Es konnte Streuung

-auch von der Ionosphäre registriert werden. Diese

Messungen wurden mit der Schrägionosonde ge­

macht.

3.5 Absorptionsmessungen Sodankylä­

Lindau und Sodankylä-Kemi

Es wurde von Sodankylä aus Dauerwelle ge­

sendet, deren Feldstärke am Empfangsort regi­

striert wurde. Die zwei Strecken wurden in ihrem

Verhalten miteinander verglichen. Der Sachbear­

beiter war Dr. Rose vom MPI in der Gruppe von

Dr. Möller.

~ Sodan­kyLä

Abb. 4: Ein Rückstreuionogramm (oben) und der --- Weg der Rückstreusignale (unten). Die

Rückstreuspur ist im Ionogramm rechts oben zu sehen.

3.6 Absorptionsmessungen mit Riometern auf einer Kette

von Stationen in Finnland

Das Riometer ist ein Instrument, das die Feldstärke des kosmischen Rauschens am Erdboden mißt

und seine Variationen, die zum großen Teil von der Ionosphäre verursacht werden, registriert. Die Rio­

meterdaten werden im MPI von Dr. Lange-Hesse und seiner Gruppe bearbeitet, aber auch in Finnland

benutzt.

3.7 Nordlichtphotographie und -photometrie in Sodankylä

Es wird der ganze Himmel in wolkenlosen Nächten einmal pro Minute mit sogenannten All-Sky-Kame­

ras photographiert und einige Spektrallinien des Nordlichtes mit einem schwenkbaren Photometer regi­

striert. Auch für diese Messungen ist die Gruppe von Dr. Lange-Hesse zuständig. Wir haben in Finnland

eine eigene Kette von Nordlichtkameras; für die Auswertung sorgt die geophysikalische Abteilung des Fin­

nischen Wetteramtes.

3.8 Messungen von Radionordlichtern

In der Nähe von sichtbaren Nordlichtern gibt es Elektronenwolken, die Radiowellen reflektieren

(Abb.5). Man kann die reflektierten Wellen registrieren, wenn die Geometrie günstig ist. DaS MPI hat

unter der Leitung von Dr. Lange-Hesse eine Reihe von Stationen aufgebaut, von denen eine in Nurmijärvi

in Süd-Finnland liegt. Wir Finnen betreiben eine eigene Messung zwischen Pihtipudas und Sodankylä.

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- 71 -

Abb. 5: Schematische Darstellung über die Reflexion der --- Radiowellen vom Radionordlicht [1].

3.9 Messung der Ausbreitung von VLF-Wellen (sehr langen Wellen)

in der Polarkappe

4.3

Man kann durch Registrieren der Feldstärke und Phase eines Langwellensenders den Zustand

der Ionosphäre in der Polarkappe überwachen (Abb. 6). Auch für diese Messung ist die Gruppe von Dr.

Lange-Hesse zuständig.

·····-Ma.imolePolorlicht-Zone:9"ZZ,5° 0= Magnetischer Oip-Pol B= MognetischerAchsen-Pol

-- VlF-linien

::::} FOO-linien

Abb. 6: VLF-Meßstrecken über die Polarkappe (dicke Linien).

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4.3 - 72 -

3.10 Messung€n des Elektroneninhaltes und der Unregelmäßigkeiten

der Elektronendichte mit Hilfe von Satelliten

Wenn ein Satellit vorbeifliegt und eine Dauerwelle sendet, beobachtet man eine Drehung der Polarisa­

tionsrichtung der Welle, die man mit einer linearen Antenne messen kann. Diese Drehung, die sog. Fara­

day-Drehung, wird von der Ionosphäre verursacht und ermöglicht es, den Elektroneninhalt der Ionosphäre

zwischen dem Satelliten und der Bodenstation zu messen. Auch die Doppler-Verschiebung der empfange­

nen Frequenz wird von der Ionosphäre beeinflußt, was eine andere Möglichkeit bietet, den Elektronenin­

halt zu bestimmen. Wenn Irregularitäten der Elektronendichte C'Elektronenwolken") in der Ionosphäre

vorhanden sind, was in den polaren Breiten oft der Fall ist, werden Szintillationen in der Amplitude und

Phase der Welle beobachtet. Für diese Messungen interessiert sich im MPI die Gruppe von Dr. Hartmann,

in Finnland meine Gruppe an der Universität Oulu. Neuerdings hat Dr. Schmidt vom MPI ein radiofrequen­

tes Holographieverfahren entwickelt, das er zusammen mit meinem Kollegen Dr. Tauriainen für die Mes­

sung von Irregularitäten angewandt hat.

3.11 Ballonmessungen der Röntgenstrahlung in

stratosphärischen Höhen

Wenn energetische Teilchen (z. B. Elektronen mit Energien von einigen zehn keV) in die Atmosphäre

hineindringen, erzeugen sie bei der Abbremsung Röntgenstrahlung, die Bremsstrahlung genannt wird. Die­

se Strahlung wird von der unteren Atmosphäre absorbiert, kann aber oberhalb der Höhe von etwa 30 km

registriert werden. Diese Messungen werden im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit koordi­

niert durchgeführt. Am MPI beteiligt sich die Gruppe von Prof. Pfotzer an dieser Arbeit, in Finnland die

Gruppe von Prof. Tanskanen an der Universität Qulu. Neuerdings hat man die Ballonsonden mit einer Ein­

richtung für die Messung des elektrischen Feldes ergänzt.

Außer mit dem MPI für Aeronomie haben wir Finnen Zusammenarbeit noch mit einigen anderen deut­

schen Instituten. Erdmagnetische Pulsationen werden in Zusammenarbeit mit dem Geophysikalischen In­

stitut der Universität Göttingen (Dr. Voelker und Dr. Hillebrand) gemessen und das Totalfeld mit Herrn

Maurer von der Technischen Hochschule Braunschweig. Ein sehr großes Vorhaben ist der Empfang der

Meßdaten der deutschen Satelliten Azur, Aeros A und Aeros B in Kevo im nördlichen Finnland, wofür

ein Vertrag mit der DFVLR abgeschlossen wurde. An der Instrumentierung des Satelliten Azur und der

Auswertung seiner Meßergebnisse waren auch viele Forscher dieses Instituts beteiligt, die Aeros-Satelli­

ten tragen wiederum einige Instrumente, die die Gruppe von Prof. Rawer entwickelt hat. Der Satellit Azur

hat hauptsächlich Größen des Strahlungsgürtels, die bei den Aeros-Satelliten, von denen der letztere noch

fliegt, Größen der Ionosphäre gemessen.

4. Neue Entdeckungen über den erdnahen Raum

Es ist jetzt aber Zeit, und zwar aus zwei Gründen, das versprochene Bild über die polare Ionosphäre

zu geben. Wir müssen von der Sonne anfangen. Die Satellitenmessungen haben nämlich gezeigt, daß die

Sonne ständig außer Wellenstrahlung, deren kurzweIliger Teil Ionisierung in der Erdatmosphäre verur­

sacht, auch einen Partikelfluß, den sogenannten solaren Wind, aussendet, der tiefgehende Wirkungen auf

den erdnahen Raum, besonders auf die polare Ionosphäre, hat.

Wenn der solare Wind, der aus Protonen und Elektronen besteht, das Erdmagnetfeld trifft, entsteht

in der Nähe der Erde eine Kluft, die Magnetosphäre (Abb. 7). In der Richtung der Sonne hat sie eine Aus-

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- 73 - 4.3

dehnung von etwa 10 Erdradien, in der entgegengesetzten Richtung ist sie sehr lang, sie erstreckt

sich hinter die Bahn des Mondes.

'ROUGH

MION 16HT SOUTH eOUNCARV OF OVAL

MAGNETOP'AU$li CURR'ENTS

Abb. 7: Schematische Darstellung der Magnetosphäre [2] • Die Sonne befindet sich auf der rechten Seite.

In dem Querschnitt in der Meridianebene (Abb. 8) sieht man klar die Verformung der erdmagneti­

schen Kraftlinien. Die Kraftlinien von den Polgebieten erstrecken sich weit hinten in den Schweif der Ma­

gnetosphäre, diejenigen im Gebiet der mittleren Breiten sind geschlossen. Weil wir wissen, daß die gela­

denen Teilchen sich leichter in der Richtung der Kraftlinien bewegen als quer dazu, sehen wir, daß die

polare Ionosphäre eine viel bessere Kopplung mit der Magnetosphäre als die Ionosphäre in mittleren Brei­

ten hat.

MAGNETOSMRE AN) TAL

Abb. 8: Schematischer Querschnitt der Magnetosphäre in der Meridianebene [3] .

Im Bereich der geschlossenen Kraftlinien gibt es in der Magnetosphäre zwei besondere Teilchenpopu­

lationen, nämlich den Strahlungsgürtel von energetischen Elektronen und Protonen (Abb. 9) mit einer ma­

ximalen Energiedichte in einer Entfernung von drei bis vier Erdradien und die Plasmasphäre von thermi­

schen Elektronen.und Protonen (Abb. 10) mit einem scharfen Gradienten, der Plasmapause, in einer Ent­

fernung von etwa vier Erdradien. Wenn wir die Fußpunkte der Kraftlinien mit einem Zahlenwert (L) ver­

sehen, der zeigt, in welcher Entfernung sie die Äquatorebene schneiden und die Punkte mit demselben

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4.3 - 74 -

L-Wert miteinander verbinden, sehen wir, daß das Gebiet zwischen Lindau und Sodankylä die Projektio­

nen des Maximums des Strahlungsgürtels und der Plasmapause umfaßt (Abb. 11). Wenn wir noch berück­

sichtigen, daß alle beide mit vielen ionosphärischen Erscheinungen verbunden sind und sich mit der Zeit

bewegen, verstehen wir, warum die Messungen, die ich früher aufgezählt habe, viele nützliche Informa­

tionen geliefert haben.

75'N 60'N 45'N 30'N /

/ . ./ ............. ;-::: . .... /. ........... /. ... . :z .......... <: ' • • ~ .• :.::: ..... ;::-.:':: •. .'.: .•.•.•••••••••• ". _IS'N

. -':-."-' .. -'.::':',::.

Abb. 9: Schematischer Querschnitt des Strahlungsgür­--- tels in der Meridianebene [4) . Das Maximum

des Elektronenflusses (schraffiertes Gebiet) liegt zwischen 3 und 4 Erdradien vom Erdmit­telpunkt.

h= 100km

75° N

\.."

\0.0 9P 'C.O

1P

G.O

,:>P t..~

60° t...O

'3~

3.0

Abb. 10: Schematischer Querschnitt der Plas­masphäre in der Meridianebene (schraffiertes Gebiet) [5) •

Abb. 11: Karte mit Linien gleichen L-Wertes (6) •

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- 75 - 4.3

5. Das mittlere Verhalten der polaren Ionosphäre

Wie überall in der Ionosphäre kann man auch in der polaren Ionosphäre beobachten, daß Perioden,

wo die Ionosphäre sich regelmäßig verhält, durch Störungen unterbrochen werden. Aber auch in ruhigen

Perioden gibt es Schwankungen, die es erschweren, ein klares Bild über die Variationen der ionosphäri­

sehen Größen zu bekommen. Wenn die Störungen nicht sehr zahlreich sind, liefern die Mittelwerte oder

lieber Medianwerte ein ausgeglichenes Bild.

5.1 Die Langzeitvariation

In Abbildung 12 sind die Monatsmediane der Mittagswerte der regelmäßigen Ionosphärenschichten

(F2, F1 und E) von Tromsö (in Nord-Norwegen) in den Jahren 1932 bis 1956 und von Kjeller (in Süd-Nor­

wegen) in den Jahren 1942 bis 1956 zusammen mit den mittleren Sonnenfleckenrelativzahlen dargestellt.

,- '.U 183. 18li~ ' ... ,." 10" '838 ,- 1041 1042 '043 ' ..... 10"~ , .. ' .. , ... 104. '.'" 10~1 ''''2 'O~l ' ... ,." JUS

V ffJ 11.- [! T~~ ~ I~~' •

~:l .xi ~~. t~ :/'-1.:. --li_ . '" l"v .n . .,-. l.~~ ~t-. ~ ~-:

~

" - '_.f.;'4t:" ,.,F .-:: ....... '-- ~~ .... or· -..... ,< .-. ..... ..<:':>. .. ,~\I'~:;::;- ".... ;~+~ . 3 .,:::. "'/"'v~ }oI':>! .. \ , !~. , .

V'-" -..J' ~ -r----"- / \. V

./ ............ -... ~ I /1 ./ -......: r-- ---- -- f'-..- V

~ 0- ____ -0 f.'2 ~12 : K ELl ER . • _, _._._._._ •• '.F'1

~o Uü

-\1' fJ-~ a .. ··· ····•·· .. ·•······ .. ··6 'oE ;A: "(. ~.

oV ~;1' '--~ ;;.. ~. I~ ~~ E ,

- .... ,=. ~3 ..... ... :lo". ",,' i

Abb. 12: Die monatlichen Mittagsmittelwerte von foF2, foFl und foE in Tromsö und in Kjeller (oben und unten) mit gleitenden Mittelwerten der Sonnenfleckenrelativ­zahl R über 13 Monate (in der Mitte) [7] •

Abb. 13: Die monatlichen Mit­tagsmedianwerte der kriti­schen Frequenzen der ver­schiedenen Schichten in So­dankylä in 1957-1965 [8] •

15

10

t 111 -u

::l: --ES ~

O~~~~~~~~~~~~~-r~~-r~ __ ~ ____ ~ AO J 0 J 0 J 0 J 0 J 1957 1958 1959 1960 1961 1962

o J 1963

o J 1964

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4.3 - 76 -

Man sieht auch in den Ionosphären­

größen einen deutlichen 11 jährigen

Sonnenfleckenzyklus, dem eine jähr­

liche Variation überlagert ist. Die

Ionosphäre ist am dichtesten, wenn

die Sonne viele Flecken hat. Eine

ähnliche Darstellung von den ersten

R

10

8

fo~ 7MHz 8 Jahren der Station Sodankylä zeigt

Abb. 13. In Abb. 14 sind die gleiten­

den Mittel über 12 Monate von sowohl

der Grenzfrequenz der F2 -Schicht

(foF2) in Sodankylä als der Sonnen­

fleckenrelativzahl R wiedergegeben.

Wenn die jährliche Variation in foF2

ausgefiltert worden ist, laufen die

Kurven schön parallel. Ein ähnliches

Ergebnis ergibt sich für die E-Schicht.

1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964

Abb. 14: Die gleitenden Mittel über 12 Monate von foF2 und R inSodankyläin 1957-1964 [8].

Die mittleren täglichen Variationen der Grenzfrequenzen der F- und E-Schicht in einem Wintermonat

in verschiedenen Breiten zeigt Abbildung 15. Man sieht einen klaren Tagesgang in höchsten Werten gegen

Mittag auf allen Stationen mit Ausnahme von Longyearbyen, das so weit nördlich liegt, daß die Sonne im

Mittwinter auf die Ionosphäre gar nicht scheint. Die Abnahme der Mittagswerte mit zunehmender Breite

ist klar ersichtlich. Die Nachtwerte von Longyearbyen sind anomal hoch, was auf einen Transport der

Ionisation hinweist. Dr. Kohl von diesem Institut hat zusammen mit Dr. King von Slough weltweite Wind­

systeme in der Ionosphäre und ihren Einfluß auf die Verteilung der Grenzfrequenzen untersucht und die

Beobachtungen in den Polgebieten weitgehend erklären können. Abbildung 16 zeigt die Tagesvariationen

~.-------------------------------------------

12

/11Hz 10

8

6 fo

4

2

Lindau Oslo Sodankylä

....... Longyearbyen

./ ._.-./

~ ...... ~.~~~-:::.>

Dezember 1957 bezw. 1958

00 W ~ 00 00 W ~ K ~ ~ m II ~

------~~ /I10Z Abb. 15: Tagesgang der Grenzfrequenz-Median­

werte der E -Schicht (unten) und der F­Schicht (oben) für Stationen in verschie­denen Breiten im Dezember 1957 bzw. 1958 [9] •

$,---------------------------------------,

14

12

Rom Lindau Sodankylä

September 1958

Longyearbyen ,..._._._._.':!l°N ._ ....... /

/11Hz i "\

fo

10 ,-

/ i ... / i/

8 '-'-', i/ \ i/

6

2

, .... / ... /

... , ...... <> ....... ....

~.....

. / .~ . ............•....... ~:. . ............................... _ ...........•..... ,

00 W ~ 00 00 W ~ K M ~ m II ~

-----I.~ /I10Z

Abb. 16: Tagesgang der Grenzfrequenz-Medianwerte der E-Schicht (unten) und der F-Schicht (oben) für Stationen in verschiedenen Brei­ten im September 1958 [9] •

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- 77 - 4.3

während eines Sommermonats. In den polaren Breiten sind die Werte ziemlich konstant, was damit gut

im Einklang ist, daß dort im Sommer die Sonne dauernd scheint.

Durch Kombinieren der Messungen von

mehreren Stationen hat man herausgefunden,

daß ein Minimum der Grenzfrequenz der

F-Schicht sich in den Winternächten bildet

(Abb. 17). Dieses Minimum, das Trog ge­

nannt wird, bewegt sich im Laufe der Nacht

ein wenig nach Süden und dann schnell zu­

rück nach Norden. An den Rändern des Tro­

ges existieren ziemlich starke Gradienten

der Elektronendichte. Solche Gradienten

wurden schon früh von Dr. Möller für die

Deutung seiner Schräglotungsergebnisse be­

nutzt. Es stellte sich nämlich heraus, daß

die höchste übertragene Frequenz im Mit­

tel höher war, als auf Grund der Senkrecht­

lotung in Uppsala gerechnet wurde, und die

Ursache dafür waren teilweise die horizon­

talen Gradienten in der Elektronendichte.

21"22 NOV 1968

~ ORBIT NP. 686 :J 70 >-- 3

"' 5 ESR

500 u LU 'f LYC

~ '" 0 NUR '" '" 60 upp

MIED c~o~J 50

Abb. 17: Linien gleicher Grenzfrequenz der F-Schicht in Skandinavien in der Nacht 21. -22. November 1968 [10] • Ein Minimum (Trog) ist klar zu er­kennen.

Die Faraday- und Doppler-Messungen mit Satelliten liefern den Elektroneninhalt der Ionosphäre, d. h.

die Zahl der Elektronen in einer Säule von 1m2 Querschnitt zwischen dem Satelliten und der Bodenstation.

Im Sommer und am Tage ist dieser Inhalt eine stetig abnehmende Funktion der Breite (Abb. 18), aber in

Winternächten ist der Trog auch darin zu sehen (Abb. 19), wie auch in den auf verschiedenen Höhen gemes­

senen Elektronenkonzentrationen. Es ist vorgeschlagen worden, daß der Trog und die Plasmapause mit­

einander verknüpft sind.

35,-----------------------------------------------------~

t

, 1016

30

25

20

EI/ni 2 15

10

5

3 7_ ••

4 ~ ..... . '--............. .

3 03. 07. 67 4 06.07. 67 7 05.08.67

. .................. .. ooooooo:.,COa:JJ:::rI=r=:fJ=3

Abb. 18: Gemessener Elektroneninhalt der Ionosphäre als Funktion der geographischen Breite an drei Tagen LU] •

Außer den regelmäßigen Schichten gibt es in der Ionosphäre auch weniger regelmäßige Anhäufungen

von Ionisation. Die in dem Höhenbereich der normalen E -Schicht, also in der Nähe von 100 km, auftreten­

de sporadische E-Schicht oder kurz Es-Schicht ist die Wichtigste von ihnen (Abb. 20). Die Es-Schicht ist

oft mit Störungen verbunden, die ich später behandeln werde, aber sie ist auch gewissen statistischen Re­

gelmäßigkeiten unterworfen.

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4.3

"e

110"

10

::r 5 w

- 78 -

1725

1652

OL,~~-------i.55'-------~60~------'~~------~7~O~------7~'5r-----

Geovraphic lotitude. "N

Abb. 19: Beispiele vom Auftreten des Troges im Elektroneninhalt [12)

h' km

400

300

"""

'00

0, 2 3 "'0.7MHz.

foEs fxEs

J ) L /

4 5 6

f/MHz

Abb. 20: Ein schematisches Ionogramm mit Erklärung der Werte von foEs und fbEs.

Eine Möglichkeit, um das Auftreten der Es-Ionisation zu untersuchen, ist die Zahl der Fälle zu zäh­

len, wenn die Grenzfrequenz foEs oder Abdeckfrequenz fbEs der Es-Schicht einen gewissen Wert, z. B.

3 oder 5 MHz, überschreitet. Abbildung 21 zeigt eine sogenannte Es-Karte, wo die tages- und jahreszeit­

lichen Variationen der Es-Schicht in Sodankylä zusammengefaßt worden sind. Wir sehen, daß die Es­

Schicht in Sodankylä im Sommer gegen Mittag am stärksten ist, was in den mittleren Breiten normal ist.

Ein zweites Maximum tritt in der Nacht auf und ist mit Nordlichtstörungen verbunden. Wir sehen also,

daß in Sodankylä die Es-Schicht Einflüsse sowohl von den mittleren Breiten als auch von den polaren Ge­

bieten hat. Auf Stationen, die näher am Pol liegen, überwiegt das nächtliche, auf südlicheren Stationen

das tägliche Maximum.

Die Es-Ionisation ist in verschiedene Typen klassifiziert worden danach, wie die Es-Spuren auf dem

Ionogramm aussehen. Diese Klassifizierung hat einige nützliche Informationen geliefert. Abbildung 22

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Abb. 21: Eine "Es-Karte", wo die täg­lichen und jährlichen Varia­tionen von foEs zusammenge­faßt wurden [13] • Die Punkte mit gleicher Wahrscheinlich­keit für das Überschreiten des Schwellenwertes 5 MHz sind miteinander verbunden worden. Die schwarzen Flä­chen bedeuten die höchste Wahrscheinlichkeit (>80%)

- 79 -

40 ~--~---r--~--~~--.---'---~--~----'---'---~---'

'" ... z

30

5 20 ...

10

o o 4

SODANKYLÄ

Ju ... July. August 1973

E. types

6 8 10 12 LT

14 16 18 20 22 24

Abb. 22: Das mittlere tägliche Auftreten der verschiedenen Es-Typen im Sommer 1973 in Sodanky1ä [14].

4.3

zeigt die täglichen Variationen in der Häufigkeit des Auftretens der verschiedenen Es -Typen in Sodankylä.

Wir sehen, daß die Typen hund c, die dem sog. sequentialen Es gehören, tagsüber überwiegen, und

daß der r-Typ, der mit Nordlichtstörungen verbunden ist, eine nächtliche Erscheinung ist.

Die unterste von den Ionosphärenschichten ist die D-Schicht, die unterhalb von 100 km liegt. Norma­

lerweise werden von ihr keine Reflexionen kommen, sondern sie verursacht Absorption der Radiowellen.

In Abbildung 23 sind die mittleren täglichen Variationen der Riometerabsorption auf verschiedenen finni­

schen Stationen gegeben. Die südlichen Stationen zeigen einen schönen und regelmäßigen Tagesgang mit

einem Mittagsmaximum, aber je nördlicher man kommt, desto unregelmäßiger wird der Tagesgang. In

Kevo hat man sogar ein Minimum am Tage.

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4.3

occurenc frequency

percent

10 "

10 "

10 "

10 "

10 "

00

16

- 80 -

KEVO

!VALO

SODANKVLÄ

OULU

NURMI JÄRVI

00 UT

Abb. 23~ Tägliche Variation in der Häufigkeit von Ab­sorptionsfällen zwischen 0.5 und 1. 0 dB in 1972 -73 auf verschiedenen Stationen in Finnland [15] •

D-Schicht - Dämpfung B IX) 400

November 196115 Tage)

3 \ \

200

100 \

dB'MHz 2 \

1

\ , \ '\, \

1 = Norddeich-Lindau ,

0 2 = Sodankylä-Undau 300 3 "" Kemi-50dankylä

I /6.November /96/

2 3 B

200

100

Xöqu.--_~~

Abb. 24: Darstellung der D-Schicht-Absorp­tion B in Abhängigkeit vom mittle­ren Sonnenstandswinkel für die drei ~eßstrecken Norddeich-Lindau (Kurve 1), Sodankylä-Lindau (Kur­ve 2) und Kemi-Sodankylä (Kurve 3) [16] • Die Steilheit der Kurven

nimmt nach Norden zu, was eine Intensivierung der Winteranomalie bedeutet.

Wie ich schon früher erzählte, wurde die Absorption von Dr. Rose mit Dauerwelle auf verschiedenen

Strecken gemessen. Die Absorption in mittleren Breiten folgt normalerweise dem Sonnenstand: je höher

die Sonne, desto größer die Absorption. Im Winter gibt es aber Perioden, in denen die Absorption viel

größer ist, als dem Sonnenstand entspricht. Diese Erscheinung nennt man die Winteranomalie der Absorp­

tion. Durch Vergleich der Dämpfung auf verschiedenen Strecken konnte gezeigt werden, daß die Stärke der

Winteranomalie nach Norden zunimmt (Abb. 24). Die Ursache der Winteranomalie dürfte entweder durch

eine Kopplung der D-Schicht mit der unteren Atmosphäre oder durch Ionisierung von einfallenden Teil­

chen zu erklären sein.

5.2 Gestörte polare Ionosphäre

Im Vergleich zu der Ionosphäre in mittleren Breiten ist die polare Ionosphäre sehr störanfällig. Die

Ursache ist die früher erwähnte enge Kopplung mit der ~agnetosphäre, wo kleinere oder größere Störun­

gen sehr häufig sind. Diesmal werde ich die kleinen Störungen außer acht lassen und mich auf die größe­

ren konzentrieren.

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- 81 - 4.3

Alles fängt wieder bei der Sonne an. Gelegentlich, besonders häufig in den Jahren von hohen Sonnen­

fleckenrelativzahlen, treten auf der Sonne Eruptionen, Flares, auf. Außer sichtbarem Licht senden diese

Eruptionen auch verstärkte Röntgenstrahlung aus, die auf der Sonnenseite der Erdionosphäre eine vor­

übergehende Erhöhung der D-Schichtionisation und dadurch eine Dämpfung der kurzen Radiowellen verur­

sacht (Mögel-Dellinger-Effekt). Diese Dämpfung tritt auch in den polaren Breiten auf, ist aber dort we­

gen des schrägeren Sonnenstandes schwächer als in niedrigeren Breiten.

Gleichzeitig mit dem Ausbruch in der Wellenstrahlung sendet die Sonne auch einen Strahl von energe­

tischen Teilchen, Protonen und Elektronen, aus. Falls dieser Strahl die Erde trifft, werden die Teilchen

vom Erdmagnetfeld in die Polarkappen gelenkt, wo sie tief in die Atmosphäre hineindringen und dort er­

höhte Ionisation hervorrufen. Diese Ionisation macht sich wiederum in der Form von Dämpfung der Radio­

wellen, der sog. Polarkappenabsorption (PCA), bemerkbar. Weil die Unterkante der Ionosphäre jetzt tie­

fer als normal liegt, sind auch die Ausbreitungsbedingungen der langen Wellen in dem Hohlraum zwischen

dem Erdboden und der Ionosphäre geändert, und deshalb kann man mit Hilfe von Langwellenmessungen in

der Polarkappe diese Anfangsphase der Störung, den sog. magnetosphärischen Sturm, erfassen, bevor sie

sich anderswo in der Ionosphäre bemerkbar gemacht hat. Solche Messungen hat in diesem Institut Dr. Rin­

nert in der Gruppe von Dr. Lange-Hesse gemacht.

Der Ausbruch auf der Sonne verursacht auch eine Intensivierung des solaren Windes. Wenn die Front

des dichteren Plasmas die Magnetosphäre trifft, entsteht ein Stoß, der überall auf der Erde als ein ma­

gnetischer Impuls zu beobachten ist. Jetzt kann man sicher sagen, daß eine weltweite Störung in der Ma­

gnetosphäre und Ionosphäre kommen wird.

Der erhöhte Druck des solaren Windes drückt die Magnetosphäre auf der Sonnenseite zusammen und

einen zusätzlichen Teil des Magnetfeldes in den Schweif, wo die Kraftlinien nach hinten gezogen werden

wie ein gespannter Bogen. Die dadurch in der Magnetosphäre gespeicherte Energie wird in einigen Stun­

den gelöst, entweder getriggert durch Umpolung der Polarität der Vertikalkomponente des interplanetaren

Magnetfeldes oder gesteuert von der internen Zeitkonstante der Magnetosphäre. Dabei wird ein Teil des

magnetosphärischen Plasmas beschleunigt und kann in den polaren Breiten tief in die Atmosphäre hinein­

dringen. Es entstehen sichtbare Nordlichter und vielerlei andere Störungen in der Ionosphäre. Die Abbil­

dungen 25 a, bund c zeigen, wie stark sich die Ionosphäre während einer solchen Störung ändert. Die

Grenzfrequenz der F-Schicht wird beeinflußt, es treten starke Streuechos in verschiedenen Höhen auf,

Nordlicht -Es -Schichten erscheinen, erhöhte Dämpfung wird beobachtet usw.

Auf der Abbildung 26 sehen wir, daß die Grenzfrequenz der F-Schicht durch die Störung im allgemei­

nen erniedrigt wird. Dies ist vermutlich teils auf eine Neuverteilung der Ionisation, teils auf erhöhte Ver­

lustprozesse zurückzuführen.

Während der Störung entstehen in der Ionosphäre Inhomogenitäten, teils durch Korpuskelionisation,

teils durch Instabilitäten. Diese Inhomogenitäten verursachen die Streuung der Radiowellen, die praktisch

auf alle Ionosphärenmessungen einen Einfluß hat. Dr. Möller hat diese Streuzentren mit seinen Schräg­

und Rückstreumessungen erfaßt und hat entdeckt, daß es zwei Gruppen von Streuzentren gibt, die nördli­

cheren und die südlicheren. Beide Gruppen bewegen sich im Laufe des Tages in der Nord-Süd-Richtung,

aber die Bewegungen sind verschieden (Abb. 27). In Abbildung 28 sind die Positionen der Plasmapause,

des Troges und der starken Streuzentren im Laufe der Nacht miteinander verglichen. Die vier Teilbilder

entsprechen verschieden starken erdmagnetischen Störungen. Die Streuzentren scheinen meistens polwärts

von der Plasmapause zu liegen, aber mit zunehmender Unruhe nähern sie sich der letzteren. Interessant

ist, daß die Streuzentren im Winter nördlicher zu liegen scheinen als im Sommer.

Die Streuzentren können auch mit Satellitensignalen erfaßt werden, weil sie Szintillationen darin ver­

ursachen. Abbildung 29 zeigt, wie die südliche Grenze der Streuzone sich im Laufe der Nacht gemäß der

Messungen in Oulu bewegt hat, und zwar getrennt im Winter und im Sommer. Auch diese Messungen

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- 83 -

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I //" , ~ Trams. 8

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Kiruna 8

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12

Slaugh 8

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00 06 12

Abb. 26: Mittlere tägliche Varia­tion von foF2 im Oktober 1956 un­ter ruhigen Verhältnissen (ausge­zogene Linien) und während Stö­rungen (gestrichelte Linien) auf verschiedenen Stationen [7] •

" ..... ~ "-

........... -.. .......... i'o..... . ~, o~ '""l{ .. __ ....

IB MET

6

5

4

L

4.3

1.10.1970 -1.4.1971

80° K(Wingst): • <> 0+ 1 • e 2

r ,6 ,6 0 A <> .0 3 <> <> <> 8 g 0 0

76° I-e <> <> 08 (]) o 0

o 0 e <> \J 0 o <> o 0

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o 0 <> <> 0 0 .9 0 0 <> <> <> <> 0 o <> <> o 00 0

C o ~ 00 0 0 O'l o ·~DDDD

Cl 68°

o 0 •

E • • • • • 0 • •

• • • • • • • (]) • • •• • O'l • • • • •• 64° I- •• • ••• • • • • • •

I 1 1 I I

Abb. 27: Bewegung der zwei Gruppen von Streu­zentren in der Nord-Stld-Richtung im Laufe des Tages [17].

K(Wingst) = 0-1 K(Wingst) = 2

I

3~.-.-~.-r-"-.-,-,-,,,, ~~~.-r-,,-.-,-,-,~~

Abb. 28: Tägliche Variation der L­Werte des Troges (LT), der Plas­mapause (L pp) und der Zonen von Streuzentren, beobachtet im Win­ter (LB-w) und im Sommer (LB-s) für verschieden hohe erdmagneti­sche Unruhe (KWingst) [18] •

5

4

3

K (Wlngst) = 3 K(Wingst) = 4

---- - ....... _- ....

-' ... .... ~:::-:') .. '",

2100 0000 0300 0600 2100 0000 0300 0600

loeal time

Lr -- Lpp - La-w ----- Ls -s ••••••••••••

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4.3 - 84 -

62

61

60

c:n \9 cu ~ -e- \8

\7 o 'Summer

56 "'Winter 1"1

55 11 'doubttul yolue

n ~:t ~ '" ~ L ~j e'"§

~ ~ l E~

~ ~ m... 12-1\ 1\-18 18-21 21-24 0-3 3 -6 6 -9 9-12 12-1\ lMI

~ part I) disturbed l888lI totolly disturbed

Abb. 29: Breitenbewegung der Satellitenszintillationszone im Laufe des Tages im Winter und im Sommer [19].

deuten darauf hin, daß die Streuzen -

tren im Winter weiter nördlich, also

näher am Pol,liegen als im Sommer.

Wenn diese Inhomogenitäten längs der

Projektion irgendeiner Grenzfläche

der Magnetosphäre liegen, würde die­

ses bedeuten, daß diese Fläche im Win­

ter sich auf höheren L-Werten befin­

det als im Sommer. Bisher fehlen zu­

verlässige Messungen über eine ent­

sprechende Erscheinung von der süd­

lichen Halbkugel, aber indirekte Mes­

sungen mit Hilfe von magnetischen

Pulsationen und Whistlern deuten dar­

auf hin, daß die Plasma sphäre im

nördlichen Winter im Mittel größer

sein könnte als im nördlichen Som­

mer. Die Erklärung für diese erstaun­

liche Erscheinung ist noch offen.

Weil die Streuzentren sowohl mit

200 ,----------------------------,15 Ionosonden als auch mit Satellitensi­

x 10"

150 N , E w ~

+Li +Ju 100

50 50° 55°

So +

+Ki

Up

SeI

60° 65°

geographie latitude

70°

10 N

I

6 N LL o

5 '+-

Abb. 30: Elektroneninhalt der Ionosphäre aus Satellitenmes­sungen, foF2 von Lindau, Juliusruh, Uppsala, Lyckse­le, Sodankylä und Kiruna, sowie die Lage der Szin­tillationszone (SCI) und der südlichen Grenze der Streuzentren (BSC) [18] •

1 : Q

gnalen lokalisiert werden können, lag

der Gedanke nahe, die Ergebnisse der

beiden Meßmethoden miteinander zu

vergleichen. Abbildung 30 zeigt einen

Fall, wo gleichzeitige Messungen vor­

lagen. Die ausgezogene Linie zeigt den

Verlauf des Elektroneninhalts als

Funktion von Breite, SCI bedeutet die

Zone der Satellitenszintillationen und

BSC die Position der Südkante der

Rückstreuung. Für die Position der

Streuzentren scheinen beidIe Methoden

50dankylä 20.-21.111957

o~~~~~~~~~~~~~~~~

Es ;~j-, __ ,-_,-_,-_,-_-,_-._~_

Abb. 31: Q-Werte, Es-Typ und höchste Frequenz der Es -Schicht während einer kurzen erd­magnetischen Störung in Sodankylä [9].

I jl ~ ___ ...-...~~ ffEsa 01:--" --., -~'--,,--,r---r, ---.-,

w m ~ II n 00 m ~

-----l .... OEZ

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- 85 - 4.3

weitgehend übereinstimmende Werte zu liefern. Die Streuzentren liegen nach dieser Messung an der

Nordflanke des Troges.

Mit holographischen Messungen ist man imstande gewesen, nicht nur die geographische Lage der

Streuzentren, sondern auch ihre Höhe zu bestimmen. Die Zentren befinden sich meistens in der F-Schicht,

aber teilweise auch in der E -Schicht der Ionosphäre. Wir hoffen, mit dieser Methode auch Informationen

über die Form der Streuzentren bekommen zu können.

Die E -Schicht der Ionosphäre ändert sich

während einer Störung noch mehr als die F­

Schicht. Abbildung 31 zeigt, wie die kritische

Frequenz der sporadischen E-Schicht in Sodan­

kylä im Laufe einer Störung zusammen mit der

erdmagnetischen Störung wächst, die oben mit

den BarteIssehen Q-Zahlen ausgedrückt ist. Die

magnetische Störung wiederum wird von einem

Stromsystetn verursacht, das teilweise in der

E-Region der Ionosphäre, teilweise höher in

der Magnetosphäre fließt und von elektrischen

Feldern getrieben wird, die während der Stö­

rung entstehen. Abbildung 32 zeigt, mit wel­

cher Wahrscheinlichkeit die verschiedenen

Es-Typen in Sodankylä als Funktion des Q­

Wertes auftraten. Die Wahrscheinlichkeit des

1- und f-Typs nimmt mit zunehmender Störung

ab, aber der r-Typ tritt bei mäßiger und der

a-Typ bei starker Störung auf.

"

----------~---------F

~-,~----~+---~r--Es

Abb. 33: Die Esr-Schicht ("retardierende" Es -Schicht) und die Erklärung da­für schematisch dargestellt.

80

60 %

r ~ 20

2 3 4 5

.. Q

Abb. 32: Häufigkeit der verschiedenen Es-Typen als Funktion des Q - Wertes in Sodankylä [9]

BORLÄNGE - KJELLER 145,960MHz

100% September - December 1967

50%

0%

100% January - December 1968

%

I 50%

N 0%

100%1 January - December 1969

50%

O%+----,~----~~--____ ~ __ o-T~ 1200 1800 2400 0600

t - LJ.(15°E)

Abb. 34: Tägliche Variation im Auftreten der Ra­dionordlichter in der Strecke Borlänge -Kjeller in den Jahren 1967-69 [20] •

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4.3 - 86 -

Der r-Typ von Es war problematisch (Abb. 33), weil auf dem Ionogramm oberhalb von ihm eine F­

Schicht sichtbar ist, obgleich die Esr-Spur ähnliche Verzögerungsspitzen wie eine dicke und undurchläs­

sige E - Schicht aufweist. Es konnte mit Hilfe von Beobachtungen von Sodankylä gezeigt werden, daß diese

scheinbare Diskrepanz dadurch erklärt werden kann, daß man in einem bestimmten Frequenzbereich

gleichzeitig senkrechte Reflexionen von der F-Schicht und schräge Reflexionen von der Es-Ionisation be­

kommt.

Die Messungen der Radionordlichter, die Dr. Czechowsky in der Gruppe von Dr. Lange-Hesse ge ­

macht hat, zeigen einen Tagesgang in der Häufigkeit der Echos, der zwei Maxima hat (Abb. 34). Das

abendliche Minimum dazwischen tritt zu der Zeit auf, wenn das Stromsyst~m in der Ionosphäre seine

Richtung ändert.

Vergleiche der Radionordlichtmessungen mit photographischen und photometrischen Messungen der

sichtbaren Nordlichter sowie mit magnetischen Messungen (Abb. 35) zeigen, daß Echos dann empfangen

werden, wenn der ionosphärische Strom in einem Bereich fließt, wo für das betreffende Stations paar die

Reflexionsgeometrie erfüllt ist. Der Strom muß einen Schwellenwert überschreiten, damit die Instabili­

tät entsteht, die die streuenden Inhomogenitäten erzeugt. Die Messungen haben aber auch gezeigt, daß die

existierenden Theorien die Beobachtungen nicht völlig erklären können.

Schließlich noch die Abbildung 36, die die Entwicklung der Absorption in der Nordlichtzone (in der

Zone, wo die Nordlichter häufig sind) zeigt. Die Absorption fängt am Mitternachtsmeridian an und verbrei­

tet s ich mit der Zeit meistens gegen die Morgenseite, aber auch ein wenig gegen die Abendseite. Ein ähn­

liches Bild geben auch die Ballonmessungen der

N

'" a. <: <t <: Z .2 ;:; >

'" Lü S

900

December 5/6, 1969

Photometer T romsö

1800

H

Z , Borlö

.c c;, " ~ Vi u 0; iL

2300 2400 0100 0200

UT

0300 0400

Abb. 35: Vergleich von optischen Nordlichtmessun­gen in Tromsö mit Radionordlichtmessun­gen in den Strecken Borlänge-Lycksele und Borlänge-Kjeller und mit magneti­schen Messungen in Abisko [21] .

Bremsstrahlung, und aus bei den Messungen

kann auf die Energieverteilung und Drift der ein­

fallenden Teilchen geschlossen werden, die die

Ionisation und Bremsstrahlung verursachen.

T =O-5MIN T- 5 -IOMIN

T= IO-30MIN T- 30MIN- IHR

Abb. 36: Entwicklung einer Absorptionsstörung vom Nordpol gesehen [22] • Die Zeit T wird vom Ausbruch der Störung ge­zählt.

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- 87 - 4.3

6. Zusammenfassung und Zukunftsaussichten

Wegen der Fülle des Materials ist das von mir skizzierte Bild über die polare Ionosphäre zwangs­

läufig oberflächlich und lückenhaft gewesen. Ich hoffe trotzdem gezeigt zu haben, daß man heutzutage

schon viel über die polare Ionosphäre weiß (obgleich viele Fragen noch offen sind) und daß durch die

deutsch-finnische Zusammenarbeit wesentliche Bestandteile dieses Wissens gesammelt wurden. Aber ich

habe wenig davon gesprochen, was man nicht weiß. Völlig oder teilweise unklar sind z. B. die folgenden

Fragen:

der exakte Mechanismus des Energietransportes vom solaren Wind in die Magnetosphäre,

das Triggern des magnetosphärischen Sturmes,

die Beschleunigungsmechanismen der magnetosphärischen Teilchen,

die Entstehung des elektrischen Feldes in der Magnetosphäre,

die longitudinalen Driftbewegungen der energetischen Teilchen,

der Zusammenhang zwischen den magnetosphärischen Grenzschichten und den

ionosphärischen Erscheinungen,

das Aufrechterhalten der nächtlichen F-Schicht-Ionisation,

die Entstehung des Troges in der F-Schicht,

mögliche jährliche Variationen in der Größe der Magnetosphäre und ihrer Teile

und die Ursachen dazu,

die genaue Erklärung für die Radionordlichter, um einige wichtige zu nennen.

Die Antworten auf diese Fragen sind wichtig für den Ionosphärenphysiker, weil es vom vorher Gesagten

hoffentlich klar geworden ist, daß die Erscheinungen der polaren Ionosphäre nicht durch Ionosphärenmes­

sungen allein verstanden werden können, sondern der Ionosphärenphysiker auch die Erscheinungen der Ma­

gnetosphäre und die Kopplung zwischen der Ionosphäre und der Magnetosphäre kennen muß.

Ein Beweis dafür, daß diese Tatsache allgemein anerkannt wird, ist die IMS-Periode (International

Magnetospheric Study), die im nächsten Jahr anfangen wird und 3 Jahre dauern soll. Während dieser Pe­

riode werden Boden-, Ballon-, Raketen- und Satellitenmessungen weltweit koordiniert durchgeführt und

die Ergebnisse miteinander kombiniert. Ein wesentlicher Beitrag von Europa zur IMS ist der europäische

geostationäre Satellit GEOS, der im nächsten Jahr gestartet werden und als Referenzsatellit von IMS die­

nen soll. GEOS wird sich eine lange Zeit an einer magnetischen Feldlinie befinden, deren Fußpunkt ein

wenig außerhalb der nord-norwegischen Küste liegt. Die Messungen von GEOS (verschiedene Teilchen­

und Feldmessungen) können also mit Boden-, Ballon- und Raketenmessungen in Skandinavien mit Vorteil

verglichen werden. Um letztere zu koordinieren, hat man eine Arbeitsgruppe gebildet (CCOG = Commit­

tee fOT the Coordination of Observations Associated with GEOS) mit Vertretern aus vielen europäischen

Ländern.

Ein großes Unternehmen wird auch das EISCAT-Projekt sein. Sechs Staaten (Norwegen, Schweden,

Finnland, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und England) wollen zusammen ein Meßsystem auf­

bauen, das unter Benutzung nicht-kohärenter Streuung die Ionosphäre vielseitig erforschen soll. Das Sy­

stem soll Stationen in Tromsö, Kiruna und Sodankylä haben. Die Messungen sollen i. J. 1978 anfangen und

10 Jahre dauern.

Wir können also feststellen, daß die Erforschung der polaren Ionosphäre keineswegs zu Ende ist,

sondern energisch mit alten und neuen Methoden fortgesetzt wird.

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4.3

[1] LEADABRAND, R. L.:

- 88 -

Literaturverzeichnis

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[4] KERTZ,W.:

[5] CARPENTER, D. L. :

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Die Ionosphäre in polaren Breiten. Sitzungsberichte der Finnischen Akademie der Wissenschaften 1959, 117 - 148, 1961.

LISZKA: Comparison of simultaneous satellite measurements of auroral particle precipitation with bottomside ionosonde measurements of the electron density in the F-region. J. Atm. Terr. Phys. 34, 365 - 372, 1972. --

[11] SCHMIDT, G. und A. TAURIAINEN: Bestimmung des Elektroneninhaltes der Ionosphäre über Oulu/Finnland mit Hilfe des Satelliten Explorer 22 (S-66) nach dem Faraday-Doppler-Hybrid Verfahren und Vergleich mit Lindauer Ergeb­nissen. BMBW Forschungsbericht W 70 - 50, 1970.

[12] LISZKA, L.: The high-latitude trough in ionospheric electron content. J. Atm. Terr. Phys. ~, 1243 - 1259, 1967.

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[14] TURUNEN, T.: The diurnal variation of Es layer parameters at Sodankylä in Summer 1973 based on ionospheric soundings utilizing low fixed gain. The Fin­nish Academy of Science and Letters, Sodankylä report No. 15, 1975.

[15] RANTA, H. and A. RANTA: Study of latitudinal, diurnal and seasonal variation of ionospheric ab­sorption according to observations of the riometer network in Finland. The Finnish Academy of Science and Letters, Sodankylä report No. 13, 1974.

[16] ROSE, G.: Über die Bestimmung der D-Schicht-Absorption für eine 2000 km lan­ge Meßstrecke und deren Endpunkte. Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Nr. 1511, 1965.

[17] MÖLLER, H. G.: The movement of curtains of strong irregularities in the polar F-layer. J. Atm. Terr. Phys. ~, 1487, 1974.

[18] MÖLLER, H.G. andA. TAURIAINEN: Observations ofintenseirregularitiesinthepolar F-region by HF backscatter and satellite scintillation measurements. J. Atm. Terr. Phys. ~, 161 - 167, 1975.

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- 89 - 4.3

[19] OKSMAN, J. and A. TA URIAINEN: On annua1 movements of the scintillation boundary of satellite signals. J. Atm. Terr. Phys. ~, 1727 - 1735, 1971.

[20] CZECHOWSKY, P., W. DIEMINGER and H. KOCHAN: Backscatter results from Lindau-I. Obser­vations of radio-auroras. J. Atm. Terr. Phys. ~, 955 - 966, 1974.

[21] CZECHOWSKY, P. and G. LANGE-HESSE: Optieal and radio observations of aurora. In 'The ra­diating atmosphere', ed. by B. M. Me Cormac, Reidel Publ. Co., 314 - 326, 1971.

[22] AKASOFU, S.: Polar and magnetospherie substroms. Reidel Publ. Co., p. 96, 1968.

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- 91 - 4.4

4.4 PLANETARE IONOSPHÄREN

von

S. J. Ba u e r

NASA, GSFC, Greenbelt, Maryland 20771, USA

Als vor 50 Jahren der experimentelle Nachweis der Existenz der Erdionosphäre erbracht wurde, -

in England durch Appleton und Barnett und fast gleichzeitig in Amerika durch Breit und Tuve -, war da­

mit eigentlich auch schon der Existenzbeweis für planetare Ionosphären erbracht worden. Denn bei den

planetaren Ionosphären handelt es sich, wie bei der Erdionosphäre, um die Bildung eines kalten Plasmas

durch die Einwirkung der ionisierenden Sonnenstrahlung auf eine neutrale Atmosphäre. Dadurch kann man

natürlich erwarten, daß jeder Planet oder Mond eines Planeten, der eine Atmosphäre besitzt, auch eine

Ionosphäre besitzen muß. Die tatsächliche experimentelle Beobachtung von planetaren Ionosphären ist je­

doch erst durch die Meßmethoden und die Möglichkeiten des Weltraumfluges zustande gekommen. Die er­

sten Messungen sind gerade vor 10 Jahren durchgeführt worden. Wenn wir versuchen, die Ionosphären

anderer Planeten zu verstehen, wollen wir uns natürlich zu aller erst mit Analogien mit der Erdionosphäre

beschäftigen. Sie liegt uns immerhin am nächsten,und wir haben jahrzehntelange Erfahrung auf diesem

Gebiet. Aus diesem Grunde möchte ich auch ganz kurz zusammenfassen, welche grundlegenden Aspekte

der Ionosphärenphysik auf die Erklärung von planet aren Ionosphären angewandt werden können. In dieser

Hinsicht kann ich mich mit einem ziemlich idealisierten Bild beschäftigen. Die Anomalien, die die vor­

hergehenden Sprecher behandelt haben, brauchen uns zur Zeit noch keine Sorgen zu machen, da wir bis­

her so wenige Beobachtungen haben, daß diese Anomalien noch nicht aufscheinen. Aus diesem Grund kön­

nen wir mit verhältnismäßig vereinfachten Modellen arbeiten.

Zuerst einmal zur Terminologie: In planetaren Ionosphären wollen wir die E-, F1-, F2- und

D-Schicht, falls diese existieren, mit der Erdionosphäre vergleichen. Das heißt natürlich nicht, daß alle

Schichten notwendigerweise in jeder planetaren Ionosphäre vorhanden sein werden, was aufgrund der Be­

obachtungen auch bestätigt ist. Für unsere Diskussion wollen wir als eine D-Schicht die unterste ionosphä­

rische Schicht, die in erster Linie durch Einwirkung kosmischer Strahlung und Röntgenstrahlung (auf der

Erde natürlich auch durch Lyman- a auf NO) zustande kommt, eine ~-Schicht, die sowohl durch Röntgen­

strahlung als auch zum Teil durch Ultraviolett-Strahlung verursacht wird, und eine F1-Schicht, wie schon

Prof. Burkard gestern erwähnte, als wirkliche Schicht betrachten, obwohl sie in der Erde natürlich nur

eine kleine Ausbuchtung im gesamten Profil wegen der Existenz der F2 -Schicht, darstellt. Wir werden im

folgenden sehen, daß eine F1-Schicht in planetaren Ionosphären sogar eine sehr große Rolle spielt. Als

eine Fl-Schicht wollen wir bezeichnen, wenn die Ionisationsquelle in erster Linie extremes Ultraviolett

ist und die Schicht aus molekularen Ionen besteht. Die F2 -Schicht ist das Resultat einer Kombination von

chemischen I;'rozessen und Diffusion, und aufgrund der Beobachtungsmethoden in den letzten Jahren ist

auch das Konzept einer unteren und oberen Ionosphäre entstanden; ("bottom" and "topside" sounders ha­

ben dazu geführt, daß man die obere Ionosphäre manchmal auch als "Topside"-Ionosphäre bezeichnet).

Ich möchte ganz kurz die zwei typischen ionosphärischen Schichten,mit denen wir es in den planetaren

Ionosphären zu tun haben, und ihre Charakteristiken diskutieren. Im Grunde genommen können die

D-, E -, F1-Schicht, wohlgemerkt idealisiert, als photochemische oder Chapman-Schichten betrachtet

werden, während die F2 -Schicht eine Schicht darstellt,die durch eine Kombination von chemischen und

Diffusionsprozessen entsteht. In einer vereinfachten photochemischen oder Chapman-Schicht entsteht die

Höhe des Ionisations -Maximums, wo die optische Dichte gleich 1 ist, d. h. der solare Ionisations-Fluß

auf l/e abfällt, und das Maximum der Ionenproduktion proportional der Sonnenintensität im EUV und

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4.4 - 92 -

umgekehrt proportional zur Skalenhöhe der Atmosphäre ist. In einer solchen Schicht wird im allgemeinen

der Rekombinationsprozeß nahezu unabhängig von der Höhe angenommen und daber ist die Höhe des Ioni­

sations-Maximums und die Höhe des Elektronendichte-Maximums am selben Platz; die maximale Dichte

einer solchen Schicht ist in ähnlicher Weise durch die Intensität der ionisierenden Strahlung gegeben und

die Höhe und die Dichte ist direkt vom Zenitwinkel der Sonnenstrahlung abhängig. Das heißt also, daß ein

Test, ob es sich um eine solche photochemische Schicht handelt, in erster Linie durch ihr Verhalten mit

dem solaren Zenitwinkel erstellt werden kann. Oberhalb des Maximums einer solchen Chapman-Schicht

ist die Elektronendichteverteilung durch die neutrale Skalenhöhe gegeben und dadurch ist es auch möglich,

einen Aufschluß über die Neutralgastemperatur oder die Temperatur des "ionisierbaren" Gases zu bekom­

men, wenn man dessen Komposition kennt. Im Kontrast dazu haben wir es mit der F2 -Schicht, die manch­

mal auch als Bradbury-Schicht bezeichnet wird, mit einer Schicht zu tun, wo das Maximum der Ionenpro­

duktion niedriger liegt als das Maximum der Ele'ktronendichte. Für das Beispiel der F2 -Schicht der Erde

liegt das Ionisations-Maximum in der Fl-Schicht, und aufgrund chemischer Reaktionen wächst die Elek­

tronendichte mit der Höhe an und erreicht ein Maximum, wo die chemische Zeitkonstante und die Zeitkon­

stante der Plasmadiffusion ungefähr gleich ist. Dadurch ist die maximale Elektronendichte durch das Ver­

hältnis von Produktion und chemischem Verlust gegeben und ist daher proportional zum Verhältnis der

Dichte des ionisierbaren Gases zu der Dichte des molekularen Gases, das in diesem chemischen Prozeß

eine Rolle spielt. Die Verteilung oberhalb des Maximums ist im Kontrast zur Chapman-Schicht durch die

Elektronen- und Ionentemperatur gegeben, und ich will diese Dinge aus diesem Grunde erwähnen, da wir

mit den planet aren Ionosphären vielfach Versuche anstellen, aus den beobachteten Elektronendichteprofi­

len Aufschluß über die anderen physikalischen Größen der Atmosphäre zu gewinnen.

Ganz schematisch ist das hier auch dargestellt: In einer planetaren Ionosphäre wird eine typische D-,

E - oder Fl-Schicht in erster Linie in einer Höhe vorhanden sein, die durch die Bedingung der optischen

Dichte gleich 1 gegeben ist; die tatsächliche Höhe wird natürlich durch die Skalenhöhe der Atmosphäre

noch definiert, aber im Grunde genommen ist die Bedingung durch diese Beziehung gegeben, daß der Säu­

leninhalt dem Kehrwert des Absorptionsquerschnittes entspricht und daher werden wir im allgemeinen eine

D-Schicht finden, wo der Säuleninhalt des ionisierbaren Bestandteils der Atmosphäre 1020 cm -2 beträgt,

während die Fl-Schicht bei einem Säuleninhalt von 10 17 cm -2 entstehen wird. Nur zum Vergleich: der

Säuleninhalt der Atmosphäre am Erdboden ist 1025 cm -2 in der Exosphäre 10 14 cm -2. Knapp vor der

Mariner-IV Mission, welche die ersten Messungen der Mars-Ionosphäre durchführte, wurden bereits Vor­

hersagen über eine Ionosphäre vom Mars gemacht (Abb. 1). Die tatsächliche Beobachtung zeigte, daß wir

es mit einer sehr verkümmerten Ionosphäre zu tun haben. Der Grund dafür liegt natürlich darin, daß man

mit einer direkten Analogie zur Erde gearbeitet hat, die, wie wir sehen werden, nur dadurch falsch ist,

daß die Voraussetzung dafür falsch ist. Analogien sind manchmal äußerst nützlich, in diesem Falle waren

jedoch unerwartete Umstände eingetreten, und die Erklärung der Ionosphäre vom Mars hat andere Ursa­

chen, als eine Analogie mit der Erdionosphäre erwarten ließ.

Die Möglichkeit der experimentellen Untersuchung von planetaren Ionosphären wurde durch die Mis­

sionen zu den Planeten möglich und man hat dabei eine Methode verwendet, die ähnlich wie in den frühen

Jahren der Ionosphärenforschung auf Radiowellenausbreitung zurückzuführen ist. In diesem Falle verwen­

det man die Radiosignale vom Telemetriesystem des Satelliten oder der Raumsonde, und zwar für plane­

tare Missionen im amerikanischen Programm ist das im 2,2 GHz und jetzt auch im 8,8 GHz-Bereich der

Fall. Die Meßmethode) die auch Radiookkultationsmethode heißt, beruht darauf, daß das Radiosignal, das

tangentiell zum Planeten durch die Atmosphäre und Ionosphäre dringt, zusätzlich zum Doppler-Effekt auf­

grund der Bewegung der Raumsonde noch einen Doppler-Effekt wegen des dispersiven Mediums der Iono­

sphäre und der Atmosphäre zeigt. Wenn man den Doppler-Effekt, der aufgrund der Flugbahn berechnet

wird, mit dem tatsächlich gemessenen vergleicht, so zeigt sich eine bestimmte Abweichung, und in dieser

äußerst geringen Abweichung ist die Information für die Ionosphäre und die untere Atmosphäre des Plane­

ten enthalten. Meistens werden diese "Doppler Residuals" als Refraktivität ausgedrückt, da die Disper­

sion vom Brechungsindex abhängig ist, und die Refraktivität ist die Abweichung des Brechungsindex von 1

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4.4 - 94 -

in Einheiten von Millionen. Das Beispiel für Mars (Abb. 2): Die Refraktivität ist negativ, weil der Bre­

chungsindex in der Ionosphäre geringer als 1 ist, und positiv in der unteren Atmosphäre, weil der Bre­

chungsindex größer ist, d. h. man kann sowohl Ionosphären- als auch Neutralgas-Charakteristiken aus die­

sem Radiookkultationsexperiment ableiten.

Die Mariner-IV Beobachtungen vom Mars waren die ersten einer planetaren Ionosphäre. Zu dieser

Zeit versuchte man,diese Ionosphäre mit E-, mit Fl- und F2-Schicht-Modellen zu vergleichen. Es wurde

bald klar, daß eine so tiefliegende Schicht mit einem F2-Schicht-Modell kaum zu erklären war, weil die

anderen physikalischen Größen, wie die Temperatur der Atmosphäre und die Dichte an der Höhe des Maxi­

mums, Widersprüche ergaben. Aufgrund dieser Messungen und der folgenden Mariner VI und VII Mes­

sungen,die eine stärker ausgebildete Ionosphäre zeigten, ist es heute klar, daß die Ionosphäre vom Mars

eine FI-Schicht ist und daß die Ionen molekulare Ionen sind. Das ist auch der Grund, warum die Analogie

mit der Erdatmosphäre nicht stimmt. Man wußte damals schon, daß die Atmosphäre vom Mars aus CO2 bestand und nahm natürlich an, daß wegen der Dissoziation durch die Sonnenstrahlung genügend atomarer

Sauerstoff vorhanden sei und ähnlich wie auf der Erde sich dadurch eine F-Schicht ausbilden würde. Tat­

sächlich jedoch zeigte es sich, daß die CO2 -Atmosphäre nahezu undissoziiert ist, - was fast ein Wider­

spruch ist, - da die Sonnenstrahlung zwar das CO2 in Sauerstoff und CO dissoziiert, aber die Rekombi­

nation in der Atmosphäre vom Mars so rasch vor sich geht (und zwar aufgrund von katalytischen chemi­

schen Reaktionen zusammen mit einer viel stärkeren Durchmischung als in der Erdatmosphäre), daß man

im Grunde genommen eine undissoziierte molekulare Atmosphäre vor sich hat. Daher ist diese eine nahe­

zu ideale Chapman-Schicht, mit molekularen Ionen, und zwar CO; und 0; Ionen, da sogar die geringen

atomaren Sauerstoffionen aufgrund chemischer Reaktionen leicht zu einer großen Anzahl von molekularen

Sauerstoffionen führen. Die Verschiedenheit der Profile ist heute erklärbar aufgrund der verschiedenen

Sonnenaktivität, die Neutralgastemperatur , die sich für Mariner IV ergibt, ist etwas geringer als 3000 K,

während die Mariner VI und VII-Beobachtungen ungefähr 400 0 K ergeben.

Durch die Beobachtungen mit Mariner IX, der im Umlauf vom Mars war, war es möglich, wiederholte

Messungen durchzuführen und es zeigte sich als Funktion des solaren Zenitwinkels, daß das Elektronen­

dichtemaximum tatsächlich einer Chapman-Schicht entspricht und daß auch dessen Höhe vom Zenitwinkel

abhängt. Man ist heute daher überzeugt, daß die Ionosphäre vom Mars durch eine einfache Chapman­

Schicht beschrieben werden kann. Chronologisch gesehen wurde nach Mariner IV die Ionosphäre von Ve­

nus beobachtet und man hatte damals natürlich schon eine geringere Ionosphäre wie beim Mars erwartet,

was auch tatsächlich der Fall war. Jedoch ein neuer Effekt wurde beobachtet; die Elektronendichte auf der

Tagesseite nahm in ca. 500 km Höhe plötzlich ab, während auf der Nachtseite eine Ionosphäre bis zu grö­

ßeren Höhen, aber mit sehr geringen Dichten, reichte (Abb. 3). Dies führte zur Vermutung, daß der Son­

nenwind für diese besondere Eigenschaft der Venus-Ionosphäre verantwortlich ist, denn sowohl Mars als

auch Venus, wie schon damals bekannt, haben ein geringes. oder vernachlässigbares magnetisches Feld.

Aus diesem Grund kann der Sonnenwind direkt bis in die Ionosphäre eindringen, und man kann, in verein­

fachter Form, diese scharfe Grenze oder "Ionopause" dadurch erklären, daß es ein Druckgleichgewicht

zwischen dem solaren Wind, Plasma und dem ionosphärischen Plasma gibt, und daß daher die Venus­

Ionosphäre durch die Einwirkung des Sonnenwindes und nicht durch ein magnetisches Feld kontrolliert

wird.

Die nächste Möglichkeit einer Beobachtung der Ionosphäre von Venus war vor zwei Jahren gegeben,

als Mariner X sowohl Venus als auch Merkur besuchte. Die Beobachtungsresultate ergaben ein kompli­

ziertes Bild. Auf der Tagesseite zeigt sich wiederum eine Abnahme der Elektronendichte, die man als

Einwirkung des Sonnenwindes auf die Ionosphäre erklären kann, aber zusätzlich noch eine Struktur, die

fast an eine zusätzliche Schicht erinnert. Eine Interpretation von mir und meinem Kollegen Hartle hat ver­

sucht, diese kleine Ausbuchtung als eine "verhinderte F2-Schicht" zu erklären. Auch die Mariner X Ul­

traviolett Airglow-Beobachtungen zeigten, daß zusätzlich zum Wasserstoff, der schon früher nachgewie-

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- 95 -

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Abbildung 3

4.4

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500~ t: ~

400 <t

300

200

100

10' 0

sen wurde, Helium, Heliumionen und auch atomarer Sauerstoff vorhanden war. Aufgrund der frühen Da­

ten erschien es möglich, diese "F2 ledge" als eine Kompression einer F2 -Schicht durch den Sonnenwind

zu erklären, so daß sich eigentlich keine F2 -Schicht ausbildet, sondern daß der Sonnenwind diese zusam­

mendrückt, und zwar mit einer nach unten gerichteten Geschwindigkeit von ungefähr 100 m/ sec. Zur Zeit

sieht es so aus, als ob die Sauerstoffdichten, die wir annahmen, nicht voll gerechtfertigt sind, - zumin­

dest aufgrund von Modellen, - und wir sind daher nicht in der Lage, eine zufriedenstellende Erklärung für

diese etwas eigenartige Struktur zu geben. -Ein anderer Vorschlag war, daß die Elektronentemperatur eine

Änderung des Rekombinationskoeffizienten verursachen würde und auf diese Weise eine solche kleine

Schicht verursachen könnte. Tatsächlich können wir zur Zeit über die Ionosphäre von Venus nicht mehr

aussagen, als daß der Sonnenwind eine wichtige Rolle spielt und daß eine Kompression der oberen Seite

der Ionosphäre von Venus stattfindet.

Mit den Pioneer X und XI Raumsonden war es nun möglich, auch in das äußere Sonnensystem vorzu­

dringen und Messungen in der Umgebung von Jupiter durchzuführen. Jupiter und die anderen großen Pla­

neten sind von den terrestrischen Planeten vollkommen verschieden, indem sie in erster Linie aus den

leichteren Elementen bestehen,z. B. die Jupiter-Atmosphäre hat ein Verhältnis von Wasserstoff zu Helium

von ungefähr 12: 1 und besitzt Spurengase wie Methan und Ammoniak. Vorher war bereits bekannt, daß

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4.4

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- 96 -

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104

ELECTRON DENSITY,

Abbildung 4

Jupiter ein Magnetfeld und eine Magnetosphäre besitzt, Direktmessungen wurden erst mit Pioneer X und

XI durchgeführt; und auch Radio-Okkultationsmessungen waren möglich. Diese zeigen eine Struktur, die

verglichen mit Mars und Venus äußerst große Details mit vielen kleinen Schichten aufweisen. Inwieweit

diese Schichten reell sind und inwieweit sie die Schwierigkeit der Okkultationsmethode darstellen, ist zur

Zeit noch nicht bekannt. Ein vereinfachtes Modell von Donahue und Olle gen zeigt, daß die Jupiter-Iono­

sphäre aus Protonen besteht und in der unteren Schicht aus H; ; im Grunde genommen wiederum eine che­

mische Gleichgewichtsschicht, nur in diesem Falle mit einem radiativen Rekombinationsprozeß, also ein

Fall, den wir auf der Erde nicht haben.

Eine andere interessante Möglichkeit bestand mit dem Pioneer X und XI, auch Okkultationsmessun­

gen des Jupiter-Mondes 10 durchzuführen. Es war schon aufgrund von Radiomessungen bekannt, daß die

dekametrische Radiostrahlung von Jupiter mit der Position des Mondes 10 in Zusammenhang steht. Tat­

sächlich wurde eine Ionosphäre von 10 gemessen (Abb. 5). Diese Ionosphäre wird zur Zeit erklärt als

aus Natrium-Ionen bestehend, und zwar vermutet man, daß Natrium in Ammoniak am Boden von 10 einge­

froren ist und durch die Einwirkung energiereicher Teilchen in der Magnetosphäre von Jupiter frei ge­

macht wird, und eine Natrium-Atmosphäre entstehen läßt und damit auch eine Ionosphäre. Man darf dabei

nicht vergessen, daß 10 's Umlaufbahn bei 6 Jupiterradien liegt, d. h. innerhalb des Strahlungsgürtels

von Jupiter. Hier haben wir es höchstwahrscheinlich mit einer Ionosphäre zu tun, die weniger von Ultra­

violett-Strahlung kontrolliert wird als von den energiereichen Teilchen der Jupiter-Magnetosphäre. Mit

den Beobachtungen der planet aren Ionosphären wurde es auch klar, daß die Rolle des solaren Windes

äußerst wichtig für das Verstehen dieser Ionosphären ist, besonders für die räumliche Ausdehnung einer

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- 97 -

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102 103 104 105

ELECTRON DENSITY, EL/cm-3

Abbildung 5

4.4

planetaren Ionosphäre. Wir haben im Falle von Venus gesehen, daß es hier eine direkte Einwirkung zwi­

schen dem solaren Wind und der Ionosphäre gibt, und daß also die Ausdehnung dieser Ionosphäre durch

den solaren Wind begrenzt wird. Aber auch für Planeten, die ein Magnetfeld besitzen und in deren Fall

die Ionosphäre vom direkten Einfluß des Sonnenwindes beschützt ist, hat doch der Sonnenwind einen großen

Einfluß auf die Ausdehnung der Ionosphäre. Wir wissen, daß die Plasmapause der Erde innerhalb der Ma­

gnetosphäre liegt. Nach heutigen Vorstellungen ist die Plasmapause eine Grenzschicht zwischen Plasma,

das korotiert, und Plasma, das in erster Linie durch Konvektion kontrolliert ist, die wiederum auf grund

der Einwirkung des Sonnenwindes mit der Magnetosphäre entsteht. Das heißt also, daß eine Grenzschicht

zwischen Ionosphäre und dem Plasma, das mit dem Sonnenwind in Kontakt steht, auch innerhalb einer Ma­

gnetosphäre durch zwei Größen gegeben ist; durch das elektrische Feld, das die Korotation bestimmt,

und das elektrische Feld, das die Konvektion bestimmt. Auf diesem Gebiet, besonders der Konvektion des

Plasmas, hat Dr. Axford große Beiträge geliefert und diese Ideen sind zum großen Teil auf seine und Co­

lin Rines' Pionierarbeiten zurückzuführen. Wenn man diese Vergleiche stellt zwischen Korotations - und

konvektionselektrischem Feld, zeigt es sich, daß für Jupiter das Korotationsfeld auch für äußerst große

Entfernungen immer größer als das konvektive elektrische Feld ist, d. h. also, daß die Magnetosphäre

und auch das kalte Plasma innerhalb der Magnetosphäre von Jupiter in erster Linie durch die Korotation

kontrolliert wird, m. a. W. eine Plasmapause im Sinne der Erde gibt es nicht. Für die Erde erscheint die

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4.4 - 98 -

Plasmapause, wo die bei den Felder gleich sind in einer Entfernung von 4 bis 5 Erdradien, aber das ist

natürlich eine vereinfachte Darstellung. Zur Zeit bestehen Gründe für die Annahme, aufgrund von russi­

schen Messungen mit Mars 2 und 3 und den folgenden Mars-Sonden, daß Mars ein geringes planetares

Feld besitzt. Wenn man dies annimmt, dann hat man es mit einer äußerst "kleinen" Magnetosphäre vom

Mars zu tun, aber die Ionosphäre vom Mars ist dadurch von der direkten Einwirkung des Sonnenwindes

geschützt. In diesem Falle sieht man den anderen Grenzfall, wo das konvektive elektrische Feld immer

größer ist als das korotationselektrische Feld, d. h. also, daß Konvektion des Plasmas in dieser Magne­

tosphäre vom Mars eine große Rolle spielen würde.

Nun eine Zusammenfassung für alle Planeten bezüglich ihrer Magnetosphäre, Ionosphäre und Atmo­

sphäre: Eine wirkliche Überraschung kam zustande, als Mariner X bei Merkur vorbeiflog und magneti­

sche Messungen durchführte. Es ist jetzt absolut. sicher, daß Merkur ein internes magnetisches Feld hat,

(ungefähr 400-500 Gamma) und eine wohlausgebildete Magnetosphäre besitzt. Allerdings ist die Polkappe

weitaus größer als auf der Erde, das hängt mit der geometrischen Konfiguration der Magnetosphäre zu­

sammen, so daß dadurch der solare Wind bis zum Boden auf Merkur einwirken kann. Man hat ja oft auf

die gemeinsame Bodenbeschaffenheit von Mond und Merkur hingewiesen, diese kann durch Einfluß des so­

laren Windes auf die Bodenbestandteile zustande kommen. Für Merkur ist es höchstwahrscheinlich auch

der Fall, daß der solare Wind über sehr große Breiten bis zur Oberfläche eindringen kann. Eine andere

interessante Tatsache ist, daß Merkur zwar eine Magnetosphäre besitzt, aber keine Ionosphäre, und nur

eine Exosphäre, d. h. also, wenn wir auf unsere Definition von früher zurückgehen, der Säuleninhalt ist

geringer als 1014; cm 2, und daher alle ionisierende Strahlung bis zum Boden von Merkur dringt und sich

aus diesem Grunde keine Ionosphären-Schicht ausbilden kann. Irgendwelche Ionisation, die vorhanden ist,

ist auch gleichzeitig in Kontakt mit dem Boden von Merkur. Die oberen Kohzentrations-Grenzen für Be­

standteile wie Helium, Argon und dgl. fallen innerhalb der Definition einer Exosphäre. Venus hat aller

Voraussicht nach kein internes magnetisches Feld, keine Magnetosphäre; Mars wahrscheinlich eine ganz

geringe Magnetosphäre mit einem Bodenfeld von ungefähr 60 Gamma, Jupiter aufgrund der Pioneer­

Messungen ein Magnetfeld von 12-14 Gauß, Saturn aufgrund von indirekten Radio-Messungen mit dem

Goddard Radio-Astronomie-Experiment auf IMP -6, dem Radioastronomie -Explorer und Vergleichen zwi­

sehen Erde und Jupiter, ein Magnetfeld von ungefähr 2 Gauß. Wir wissen, daß alle diese Planeten eine

Atmosphäre haben und daher eine Ionosphäre. Von diesen wissen wir für Venus, Erde, Mars und Jupiter

zumindestens die anfänglichen Eigenschaften, die der anderen Planeten sind unbekannt. Der Erd-Mond

besitzt eine Exosphäre, der Jupitermond 10 besitzt eine Atmosphäre und Ionosphäre, und der Saturn­

Mond Titan besitzt eine Atmosphäre, die mit astronomischen Methoden festgestellt wurde und daher be­

steht auch die große Möglichkeit, daß dort eine Ionosphäre vorhanden ist. Die Möglichkeit, Saturn und auch

Titan zu beobachten, wird sich in den 80er Jahren ergeben mit der Jupiter-Saturn-Mission. Wir können

im allgemeinen damit rechnen, daß im Laufe der nächsten 25 Jahre die Ionosphären der meisten Plane­

ten beobachtet werden. Die Frage jedoch, ob wir je die Menge von Daten, die wir für die Erd-Ionosphäre

besitzen, auch für die Ionosphären der Planeten besitzen werden, kann man schon heute als nahezu unmög­

lich beantworten. In gewisser Hinsicht wird dies jedoch die Erklärung der planetaren Ionosphären weitaus

vereinfachen. Wir wissen, daß je weniger Daten vorhanden sind, desto einfacher die Erklärungen sind,

und aus diesem Grunde wird vielleicht die Erforschung der planetaren Ionosphären die Möglichkeit erge­

ben, wirklich einfache Ionosphärenmodelle zu verwenden.

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Allgemeines

BAUER, S.J.:

- 99 -

Literaturverzeiehnis

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Ionosphären von Venus und Mars

4.4

WHITTEN, R. C. and L. COLIN: The lonospheres of Mars and Venus, Rev. Geophys. Spaee Phys. g, 155 - 192, 1974.

BAUER, S. J. and R. E. HARTLE: Venus lonosphere: An Interpretation of Mariner 10 Observations, Geophys. Res. Letters 1.., 7 - 9, 1974.

NAGY, A. F., S. C. LID, T. M. DONAHUE, S. K. ATREYA and P. M. BANKS: A Model of the Venus lonosphere, Geophys. Res. Letters ~, 83 - 86, 1975.

Ionosphären von Jupiter und 10

KLIORE, A., D. L. CAIN, G. FJELDBO, B. L. SEIDEL and S. I. RASOOL: Preliminary Results on the Atmospheres of 10 and Jupiter from the Pioneer 10 S-Band Oeeulta­tion Experiment, Scienee~, 323 - 324, 1974.

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GEHRELS, T. (ed.) : Jupiter the Giant Planet, The University of Arizona Press, 1976.

Page 86: Sonderheft Professor em. Dr. Walter Dieminger Zum 70. Geburtstag Am 7.7.1977: Ansprachen und Vortr¤ge anl¤sslich seiner feierlichen Verabschiedung aus Seinem Amt als Direktor Des

- 101 - 4.5

4.5 SUN-WEATHER RELATIONS:

A NEW BRANCH OF SOLAR-TERRESTRIAL PHYSICS

von

J. W. King

A P pIe ton Lab 0 rat 0 r y, D i t ton Par k , SI 0 u g h SL3 9JX, Eng I a n d

Abstract

Various ways in which the lower atmosphere is influenced by solar phenomena ranging from short­

lived events such as flares to the 11-year and 22 -year sunspot cycles are described. Some important con­

sequences for mankind of these "Sun-weather relationships" are discussed.

Future contributions to this interdisciplinary subject will be made by many different types of physicist

presently found at the Max-Planck-Institut, Lindau; the expertise built up there during recent decades

will be able to make major contributions to this new field of research.

1. Introduction

It has been suggested in many papers published in past decades that the weather is influenced by the

11- and 22 -year sunspot cycles. The accumulated evidence is now so compelling that it seems no longer

possible to deny the existence of strong connections between the weather and radiation changes associated

with a wh01e range of solar phenomena. Research on "Sun-weather relationships" is expanding rapidly at

the present time; this paper reviews some of the relevant results which have been brought to light in the

initial stages of this work. What are being sought now are (a) the mechanisms responsible for the compli­

cated Sun-weather relationships which exist and (b) greater insight into the practical consequences for

agriculture, energy consumption and national economies which stern from these relationships.

2. Relationships between the weather and the solar cycle

Figure 1 shows the result of a rainfall analysis published by Xanthakis (1973). He observed that at

high northern latitudes (700 - 80°) the ll-year solar cycle was positively correlated with a 10 cm oscil­

lation in the annual rainfall total; at latitudes still the correlation was negative before about 1915 A. D.

and positive after that. Bowen (1974) reported similar behaviour in the southern hemisphere (see Fig. 2)

where the phases of the rainfall oscillations asso<;iated with the 11-year sunspot cycle are opposite at

170 8 and 43°8. The solar-cycle-induced rainfall oscillations referred to range from about 3 % to 50 % of

the normal annual total; areduction of the rainfall by 25 % in each of several years around one of the ex­

tremes of the sunspot cycle is obviously of considerable importance.

Figures 3 and 4 show that the annual rainfall totals at Fortaleza in Brazil and at three locations in

80uth Africa were positively correlated with the "double" sunspot cycle for considerable periods of time.

The modulation associated with the double cycle amounted to about 35 % of the average annual total at For­

taleza and to about 25 % of the average rainfall at the 80uth African stations. Data from Fortaleza are

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4.5

(f) W I (.) Z

-l -l

157"W-81°E (jj 200 I STATIONS

;:;:: « 150 I

~ 100 « X

60 0_70 0 N a:: I 66°W-4[OE i=! 300 22 STATIONS

LL

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- 102 -

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Z

-« 450 1)3 ~ 400

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o 250 w ~ 200 o ~ 150

- SUNSPOT NUMBER ~RAINFALL

Cf)

o w [::,j -.J

100~ a::

50 ~

o

1098~80=---~18~90~--~19~00~--~S=10--~19~2~0~--1~9~~--~1~94~0~~19~~~--~1960 YEAR AD

2.----.----.----.----.----.----.----.-----.---,

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-l <i ~ 0:: o Z

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t t t t -2~--~---L--~----~--~--~----~--~--~

1880 1890 1900 1910 1920 1930 1960 1970 YEAR A.D.

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- 103 - 4.5

Fig. 1: Smoothed mean "excess" annual rainfalls in three northern hemisphere zones (after Xanthakis, --- 1973) compared with the corresponding "normalized" annual sunspot numbers.

Fig. 2: Curves showing the difference between the actual and normal annual rainfalls at two latitudes in --- Australia. The curves were obtained by applying an 8 - 15 year filter to the annual differences,

but it is significant that the extremes of the resulting oscillations occur very elose to sunspot minima and maxima (after Bowen, 1974).

available from 1865 onwards, but after the first 60 years the relationship between the rainfall and the

double cycle changed phase.

Particularly impressive evidence of an association between rainfall and the double sunspot cyele is

given in Fig. 5 which shows the date within each year from 1844 to 1944 by which one quarter of the

year 's rainfall at Adelaide (35 0 8, 1390 E) had fallen. This "quartile date" (Cornish, 1954) oscillates

0:: LIJ CD ~ :::> z ~ 0 0.. tI) Z :::> 0 tI)

C LIJ !:::! ..J <l ~ 0:: 0 Z

E 175 u ..J ..J

~ z <i 150 0:: ..J <l :::> Z Z <l

125

100~----~-------L------~------L-----~L-----~ 1865 1885 1905 1925

YEAR A.D.

Fig. 3: Upper box: 22-year cyele of normalized annual sunspot numbers. --- Lower box: Smoothed annual rainfall at Fortaleza in Brazil

(after Markham, 1974).

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4.5 - 104 -

between about April 15 and May 25 in phase with the double sunspot cyc1e (WhippIe, 1936). Cornish

showed that the dates of the other rainfall "octiles" exhibited similar oscillations; obviously changes of

up to six weeks in the date by which various fractions of the annual rainfall total have fallen are of consi­

derable importance to agriculture.

Another striking illustration of the influence of the double sunspot cycle on the weather has been pro­

vided by King et al. (1974) who showed (see Fig. 6) that during the period 1750 - 1880 the July tempera­

ture in central England exhibited an oscillation of nearly 10 C in phase with the double sunspot cycle. The

temperature variation was somewhat anomalous du ring the years 1840 - 1855 when the temperature ex­

tremes occurred around sunspot minima instead of near sunspot maxima.

b 100 a.. CI) z :::>IX: Cl)LIJ aal LIJ:::E 0 N:::> :Jz <t :iE IX: 0 100 z

...J

...J

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1910 1970 YEAR A.D.

Fig. 4: Upper box: 22 -year cyc1e of normalized annual sunspot numbers. --- Lower box: Smoothed annual rainfall at three locations in South

Africa (after Tyson, 1974). (a) Rustenburg; (b) Bethal; (c) Dundee.

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0 W~o:: !:'::l°w -.JQ..([) <t:Cf)~ ~ ~:::J 0:: Cf) Z 0 Z

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0

APRil

APR21

MAYI

MAYII

MAY21

MAY31

JUNIO 1844 1854 1864 1874

- 105 -

1884 1894 1904 1914

YEAR A.D.

4.5

1924 1934 1944

Fig. 5: Upper box: 22-year cyc1e of normalized annual sunspot numbers. Lower box: Ten-year smooth­ed means of the date by which one quarter of the Yearly rainfall fell at Adelaide, Australia

(after Cornish, 1954). The Cornish data points are slightly displaced because he used smoot­hed means for an even number of years.

~

° a.. Cf) z ::::> 0:: Cf) W 0 ([) W ~ N :::J .-J Z <t: ::E 0::

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0

100

15·0~--L---~--~---L---L--~--~-----L---L---~--JI----~-

1750 1800 1850 1880 YEAR A.D.

Fig. 6: Upper box: 22 -year cyc1e of normalized annua1 sunspot numbers. Lower box: Smoothed central ----- England July temperatures (after Manley, 1974).

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4.5 - 106 -

The double sunspot cycle appears to influence the climate of the United States in several ways.

Thompson (1973) and Roberts (1974) have shown that droughts in various parts of the country occur

around every second sunspot minimum; Newman (1965) has shown that winter temperatures in Boston

exhibit a 22 -year periodicity and Thompson (1973) has reported that the correlation between the July /

August temperature in the corn belt of the United States and the double sunspot cycle is "remarkable".

Striking evidence relating the double cycle and temperatures in the U. S. A. has been provided by Mather

(1974).

Figure 7 shows how the incidence of lightning in Great Britain, plotted on an arbitrary scale designed

to indicate variations in the number of power failures associated with lightning strikes, varied during four

sunspot cycles (Stringfellow, 1974). The number of events varied by a factor of nearly two in phase with

the sunspot cycle. Brooks (1934) first showed that a significant relationship existed between the occurrence

of thunderstorms and the annual sunspot numbers. Correlation coefficients up to 0.91 were obtained from

long series of data, with the largest correlation coefficients relating to high latitudes. Brooks and Carru­

thers (1953) wrote "There is a correlation coefficient of + 0.88 between the number of thunderstorms

recorded in Siberia and me an annual sunspot relative number. Since it is inconceivable that thunderstorms

in Siberia cause sunspots, it is reasonable to assurne that sunspots or some other solar phenomenon asso­

ciated with sunspots cause thunderstorms". They also established statistically that the observed variation

of the frequency of thunderstorms in the West Indies during the sunspot cycle was "definitely significant".

CI:: W ID ~ :::> z 100 b \ a.. \ V) z \ :::> 50 V)

0 W N ::J <t 0 ~ CI::

~

X W 0

110 ~ w u z w 0 (3 ~ Cl Z Z ~ :I: 52 ...J

50 1933 1943 1953 1963 1973

YEAR A.D.

Fig. 7: Upper box: 11-year cycle of normalized annual sunspot numbers. Lower box: Five-year means of the annual lightning incidence index for Great Britain, plotted on ascale proportional to the frequency of lightning strikes on the electricity distribution net­work (after Stringfellow, 1974).

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- 107 - 4.5

3. The response of the lower atmosphere to short-lived solar phenomena

In recent years several analyses have indicated that short-lived solar phenomena may trigger a re­

sponse in the lower atmosphere. In order to investigate the tropospheric response to solar flares, Schuur­

mans (1965) computed the change in the height of the 500 mb level over much of the northern hemisphere

during the first 24 hours after each of 53 flares;he conc1uded that the pattern of height changes "shows a

remarkable regularity with a symmetry with respeet to the geomagnetic rather than to the geographic

pole. The main features suggested by the pi:cture are a rise in height in the region of the geomagnetic po­

le and a wide region of fall in height coinciding quite weil with the auroral zone". Reiter (1973) showed

that the influx of stratospheric air to the 3 km level is enhanced on the second or third day after an H Cl

and/ or X-ray flare. He concluded that "the use of this statistically evident solar-terrestrial relationship

would be in order in the practical forecasting of influxes of stratospheric air into the biosphere". Results

such as these show that the circulation of the lower atmosphere is significantly modified after solar flares.

The circulation, as measured by the "vorticity area index" at various heights in the troposphere (Wilcox

et al. , 1974), also appears to be modified around times when the interplanetary magnetic field sector

boundaries cross the Earth. These boundaries originate at the Sun and sweep across the Earth as they ro­

tate during the 27 -day solar rotation. Figure 8 shows how the northern hemisphere vorticity area index

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E

I.CJ o X

X W o Z

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115

110

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115

110

105

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... \ /: , . . , I NOV - 15 JAN(315····.. ( .. ~ I

\Lw../ 1967 - 1970 (27)

110

105

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" ..... ~ , ....... / \,...-""

100~-~--~--~--~-_L-_~

-6 -4 -2 0 2 4 6 DAYS AFTER CROSSING SECTOR BOUNDARY

Fig. 8: Average behaviour of the northern hemisphere "vorticity area index" around the dates of 53 interplanetary magnetic field sec­tor boundary crossings, winter, 1964-1970 (after Wilcox et al. , 1974).

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4.5 - 108 -

varied on average during the 53 sector boundary crossings for which dates were known. It appears signi­

ficant that similar results were obtained irrespective of how the data set was subdivided: three different

methods were used (see Fig. 8) and in each case the average vorticity area index varied by about 10 %.

Solar phenomena tend to recur with periods of the order of 27 days, the synodic period of revolution

of the Sun. Panofsky (1967) has shown that "this period is elose to theperiod of the maximum fluctuations

of mean west winds" at upper middle latitudes. Riehl (1956) concluded, after an investigation of the

500 mb circulation along the auroral beH, that "circulation increases and decreases take place with a pe­

riod which can be related to the mean solar rotation in the (solar) equatorial zone". Berkes (1955) has re­

ported the existence of a 27-day periodicity in wind speed and Egyed (1961) noted a 27-day per:iodicity in

soil temperature.

13ur----~----~----~--~----~

-

-x w o ZIOO <{ w a:: <{ 90 >-~ ü ~ a:: 80 ~ ..c E o 70 o r<>

94 TROUGHS A PRECEDED BY / \ SHARP RISE IN // \ MAGNETIC \

A~TIVITY~/ \

/ L_, \ ,I \ \ I \ \ / \

I ~-134 TROUGHS \ I PRECEDED BY

10-DAY QUIET PERIOD

WINTERS, 1964-71

600 2 4 6 8 10 DAYS AFTER fiRST IDENTIFICATION OF TROUGH (ADD 3 DAYS ON AVERAGE TO GET INTERVAL AFTER INCREASE IN GEOMAGNETIC ACTIVITY)

Fig. 9: Average variation of the vorticity area index associated with --- winter troughs over the north Pacific and North America dur­

ing the first ten days after the troughs were identified. Broken curve: Troughs preceded by magnetic disturbances. Continuous curve: Troughs preceded by ten magnetically quiet days. (After Roberts and Olson, 1973).

Many authors ineluding Sazo­

nov (1965), Mustel (1966), Beynon

and Winstanley (1969), Roberts and

Olson (1973). Stolov and Shapiro

(1974) and Sidorenkov (1974) have

reported associations between mag­

netic activity and lower atmosphe­

ric phenomena. For example, Fig. 9

shows that the vorticity area index

for troughs preceded by a sharp

rise in magnetic activity is enhan­

ced by 40 % five days after the

magnetic disturbance. Stolov and

Shapiro (1974) analysed 24 years

of 700 mb heights from 20 0 N to

70 0 N and concluded that "the

700 mb height difference between

20 0 N and 55 0 N increases signifi­

cantly in winter four days follow­

ing geomagnetic disturbance" •

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- 109 - 4.5

4. The role of the Earth 's magnetic field in Sun-weather relationships

Several studies have shown that Sun-weather relationships are most pronounced in the vicinity of the

auroral zone. Sarukhanyan and Smirnov (1970), for example, concluded "the pattern of the amplitude

distribution of the 11-year variation of atmospheric pressure shows that the amplitude increases only up

to 70oN. Further north the amplitudes decrease. Thus the maximum amplitudes of the ll-year variations

are observed in the 65 - 70 0 N zone. This zone is known to have the maximum density of solar corpuscu­

lar radiation, maximum occurrence of auroras, and maximum frequency of magnetic disturbances" .

Figure 10 shows the latitudinal variation of the change in surface pressure(averaged around the Earth

at particular latitudes) between sunspot minimum and sunspot maximum, calculated by the author from

data published by Miles (1974). The pressure variation associated with the ll-year sunspot cycle is par­

ticularly large in the auroral be1t; unfortunately Miles did not publish data for higher latitudes and it is

not possible to use his data to confirm the observation of Sarukhanyan and Smirnov that the effect decrea­

ses at latitudes above 70oN; striking confirmation of this observation has, however, been provided by the

work of various authors including Clayton (see Wexler, 1953) and is reproduced in Fig. 10,

AURORAL I----i BELT SUMMER

1899-1939

AURORAL I----i BELT

0'5

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f­o~ o...:::J (J)<! Z llJ :::Jo:: (J):::J Zm Wo:: Ww 3::r: f-f­w<! mw w3: 0::. :::J(J) (J).

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&~:;; 0·5 0'5 t3~ wbE ~~ ~o...~ ~g ~(J)~ (J)~ o::z:::J :::J vsi75~ 0 0 ~~ ZZX W X -w<! ~<! ww~ z~

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LATITUDE (ON)

Fig. 10: Evidence suggesting that Sun-weather relationships are most pronounced in the auroral region. Upper and lower right: U. S. Weather Bureau data (Wexler, 1953). Upper left: From data published by Van Loon et al. (1973). Lower left: From data published by Miles (1974).

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4.5 - 110 -

The evidence suggesting that the lower atmosphere is influenced by the auroral zone is perhaps not con­

clusive, but it is certainly sufficient for us to hypothesize that some the observed Sun-weather relation­

ships are caused by energetic- particles that enter the atmosphere at auroral latitudes and, through some

unknown mechanism, influence the circulation of the lower atmosphere. If this were the case, it would

be expected that the geomagnetic field as a whole would influence the lower atmosphere. Several authors

including Sazonov (1974) and King (1974a) have in fact drawn attention to the similarity between meteo­

rological and geomagnetic contour maps. Figure 11, published by King (1974b), illustrates the remarkab1e

similarity between the spatia1 variations of three different meteoro1ogical parameters and the intensity

of the geomagnetic field. Such a high degree of similarity between different parameters is unusual in geo-

w Cl ;:) I-I­« -.J

RADIO REFRACTIVITY DRY TERM TROPOSPHERIC SCALE HEIGHT (km)

4

40

40

20~~~~~~ ___ ~~~~~F~IE=W=-~(C~G~S~U~N~IT.~S~) ________ ~ -180 -90 0 90 180

LONGITUDE (OE)

Fig. 11: Comparisons (after King, 1974b) of the spatial variations of three different meteorologica1 parameters with the intensity of the geo­magnetic field. The upper three boxes contain maps, published by Bean et al. (1966), which essentially show how the average tropospheric temperature, surface humidity and surface pressure, respective1y, vary over most of the northern hemisphere in Novem­ber. The 10west box contains a map of the intensity of the Earth 's magnetic field.

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- 111 - 4.5

physics and, although it does not prove anything, its implications should not be lightly dismissed, parti­

cularly since existing models of the atmosphere do not satisfactorily explain the behaviour observed at

high latitudes.

If the morpho1ogy of the lower atmosphere is indeed controHed by the Earth 's magnetic fie1d in some

way, changes of the field which occur as the nondipole component "rotates", or as the dipole field itself

changes, may weH be accompanied by climatic variations. Figure 12 shows that variations of tempera­

ture and magnetic intensity in the United Kingdom appear to have been associated during this century.

These results, and many similar onces reported by WoHin et al. (1973, 1974), show that the temporal

variations of magnetic intensity and temperature at various places are inversely correlated. Strong ne­

gative correlations have occurred not only over decades, but over much longer time spans. Figure 13,

for example, shows oxygen isotope data (which provide a measure of temperature) and magnetic intensity

values obtained from a single deep-sea core formed during a 500,000 year period; cold epochs occurred

when the magnetic intensity was relative1y high and vice versa.

3-6

a: 3'8 w ~ z~ -0 ~!... 4·0 Ow Za: «::) ..J~

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'475 1900 1920 1940 1960

YEAR A.D.

Fig. 12: Upper box: Smoothed Central England winter temperatures (after WoHin et al., 1973). Lower box: Intensity of the geo­magnetic field measured in England (after WoHin et al. , 1973) •

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4.5 - 112 -

920 0 CA)

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>-I­ü)~2 z. w 0> I- . Z;:) -~ U W F~ W­z~

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432 105 YEARS BP

MAGNETIC AND CLiMATIC DATA FROM A DEEP- SEA CO RE (AFTER WOLLIN ET AU

Fig. 13: Magnetic and c1imatic data obtained from a single deep-sea core (after Wollin et al. , 1974). Upper box: Oxygen isotope data used as an indicator of temper­ature. Lower box: Intensity of magnetization of the core.

5. Mechanisms which may be involved in Sun-weather relationships

o

It has been shown that various empirical Sun-weather relationships exist and that the Earth 's magne­

tic field may playa role in bringing some of .these about. It would, therefore, be useful to identify geophy­

sical phenomena that vary during the solar cyc1e and that are also influenced by the Earth 's magnetic field.

One such phenomenon is cosmic rays; Ney (1959) drew attention to the fact that at the 500 mb level the

amount of ionization associated with cosmic rays decreases by a factor of about four between sunspot mini­

mum and maximum and he suggested that "If there is a connection between atmospheric ionization and

thunderstorm activity for example, a solar-cycle modulation might be observed in climatological data".

The effects of the sunspot-cyc1e-induced changes of lower-atmosphere conductivity on atmospheric elec­

tric fields, c10ud formation, temperatures, thunderstorm activity and rainfall do not appear to be c1early

known at the present time and the possibility that the solar-cyc1e variation of cosmic rays may lead to

certain Sun-weather relationships cannot be rejected.

Another atmospheric parameter which varies during the sunspot cyc1e and possibly also during short­

lived solar events is the total ozone content. Various authors including Willet and Prohaska (1965),

Christie (1973) and Paetzold (1973) have described variations of ozone content that occurred during the

sunspot cyc1e, while Dobson et al. (1929) reported that " there is a small but definite tendency for days

with much ozone to be associated with magnetically disturbed conditions". Weeks et al. (1972) concluded

that the ozone content is reduced during strong solar proton events. Although it is not known whether such

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- 113 -

temporal variations of ozone cause or are caused by weather effects, it appears that ozone and

weather disturbances are associated.

4.5

Apart from cosmic rays and ozone, other mechanisms which may possibly be involved in Sun­

weather relationships inc1ude:

(a) The influence of energetically weak upper-atmosphere phenomena on lower-atmosphere systems

which are elose to resonance (Green, 1974).

(b) The solar-cyc1e variation of the frequency of occurrence of short-lived phenomena; the response

of the troposphere to the 11-year sunspot cycle may represent merely an integration of the ef­

fects caused by short-lived phenomena such as solar flares or geomagnetic storm,3 which are

much more frequent at sunspot maximum than at sunspot minimum.

(c) The effect of water vapour formed from solar wind protons as suggested by de Turville (1961a,

1961b).

(d) The effects of possible, but as yet unknown, solar-cycle changes in the 'Solar Constant", that is , in

the total electromagnetic energy radiated by the Sun.

(e) Variations of the efficiency of the coupling between the solar wind and the magnetosphere as the di­

rection of the interplanetary magnetic field varies (Svalgaard and Wilcox, 1974) during the sunspot

cyc1e.

(f) The variable reflection by the upper atmosphere of upward-propagating gravity-wave energy

(Hines, 1974).

6. Implications of Sun-weather relationships

6.1 Energy budgeting and electricity distribution

Mather (1974) has shown that between 1900 and 1960 in Maryland, Delaware and Virginia (U. S. A. )

oscillations of temperature averaging 2.5 0 C (4.5 0 F) occurred with "a marked cyclic movement with ab out

22 years between successive peaks" ; these oscillations are in phase with, and there seems little doubt

that they are associated with, the 22 -year sunspot cycle. A 2.5 °c temperature oscillation extending over

large areas will obviously affect the demand for energy; it should be noted in this connection that the fre­

quency of lightning strikes affecting electricity supplies (Fig. 7) is strongly correlated with the sunspot

cycle in certain parts of the World.

6.2 Food production and famines

Several authors have drawn attention to the influence of the sunspot cyc1e on agricultural productivity;

relationships between the solar cycle and agriculture are hardly surprising when one is reminded, for

example, that the phase of the annual rainfall variation can vary by six weeks du ring the double solar cycle

(Fig. 5).

Bray (1965) conc1uded after a study of forest growth that there appears to be a "relationship between

growing season, climate and solar activity" while King (1973) showed that the length of the growing sea­

son estimated for agricultural purpose varies in phase with the sunspot cycle. King et al. (1974) used the

World wheat production figures for 1949 - 73 to show how the sunspot cyc1e influences food production ;

they conc1uded that the present low level of World food reserves may be associated with the decline in so­

lar activity during the approach to the 1974 - 75 sunspot minimum.

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4.5 - 114 -

6.3 Inadvertent man-made weather modification

Helliwell and Katsufrakis (1974) have reported that the Canadian electrical power distribution system

appears to trigger VLF emissions in the magnetosphere. Such emissions are known to induce electron

precipitation and, if particle events do indeed affect the circulation of the troposphere as suggested in

Section 3, areal possibility exists that electricity distribution systems may influence the lower atmo­

sphere.

6.4 National economic systems

Several authors have gone so far as to suggest that solar-cycle-induced meteorological effects may

be sufficiently important to influence the economies of industrialized nations; a review of this subject was

published by Williams (1961). Current opinion on this matter (Sparkes, 1974) seems still to be that

reachedby the economist J. M. Keynes (1961) who concluded that the possibility of solar-cycle-induced

meteorological phenomena playing a part in harvest fluctuations which in turn affect the trade cycle "is

not to be lightly dismissed".

7. Conclusion

All the mechanisms referred to in Section 5 require further study in order to determine whether or

not they playa role in Sun-weather relationships. It appears unlikely that significant progress will be

made in this field until the global morphology of, and particularly the role of the auroral zone in, Sun­

weather relationships is known. The coincidence of major international meteorological and geophysical

programmes (GARP and the IMS) later in this decade may well stimulate and provide a golden opportunity

for collaboration between two groups of scientists who must surely interact more than they do at p.resent -

meteorologists and space physicists.

Progress in the new field of Sun-weather relationships will depend on understanding solar electromag­

netic and corpuscular radiation, the interplanetary magnetic fieId, the geomagnetic fieId, cosmic rays,

atmospheric heating and dynamics, the distribution of ozone over the Earth, etc., and 1 believe there is

no institute in the World that has more comprehensive expertise in all these subjects than the Max-Planck­

Institut, Lindau. The fact that this Institut is skilled in all these areas. which are highly relevant to a mo­

dern branch of Solar-Terrestrial Physics. is a great tribute to the foresight and leadership displayed by

Prof. Walter Dieminger during the last three decades.

Acknowledgment

The author wishes to thank Dr. J.A. Saxton, Director of the Appleton Laboratory. for supporting

this work.

References

Full details of the papers referred to can be obtained from the author.

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Verzeichnis der Mitteilungen aus dem Max-Planck-Institut

für Physik der Stratosphäre

Nr. 1/1953 Ober den Beitrag der von /-l - Mesonen angestoßenen Elektronen zu

den Ultrastrahlungsschauern unter Blei. G. Pfotzer

Nr. 2/1954 Ein Zählrohrkoinzidenzgerät zur Registrierung der kosmischen Ultra­

strahlung. A. Ehmert

Eine einfache Methode zur Einstellung und Fixierung des Expansions­

verhältnisses von Nebelkammern. G. Pfotzer

Nr. 3/1954 Optische Interferenzen an dünnen, bei -1900C kondensierten Eisschichten.

Erich Regener (vergriffen)

Nr. 4/1955 Ober die Messung der Temperatur des atmosphärischen Ozons mit Hilfe

der Huggins-Banden. H. Zschörner und H. K. Paefzold

Nr. 5/1956 Ein neuer Ausbruch solarer Ultrastrahlung am 23. Februar 1956. A. Ehmert

und G. Pfotzer, vergriffen (erschienen Z. Naturforschung 11a, 322, 1956)

Nr. 6/1956 Das Abklingen der solaren Ultrastrahlung beim Ausbruch am 23. Februar

1956 und die geomagnetischen Einfallsbedingungen. A. Ehmert und

G. Pfofzer

Nr. 7/1956 Die Impulsverteilung der solaren Ultrastrahlung in der Abklingphase des

Strahlungseinbruches am 23. Februar 1956. G. Pfotzer

Nr. 8/1956 Die atmosphärischen Störungen und ihre Anwendung zur Unfersuchung

der unteren Ionosphäre. K. Revellio

Nr. 9/1956 Solare Ultrastrahlung als Sonde für das Magnetfeld der Erde in groBer

Entfernung. G. Pfotzer

*

Die vorstehenden Hefte können beim Max-Planck-Institut für Aeronomie,

3411 lindau angefordert werden.

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Mitteilungen aus dem Max-Planck-Institut für Aeronomie

Nr. (5) 1959 Waibel: Messungen von Primärteilchen der kosmischen Strahlung.

Nr. 2 (5) 1959 Erbe: Auswirkung der Variationen der primären kosmischen Strahlung

auf die Mesonen- und Nukleonenkomponente am Erdboden.

Nr. 3 (I) 1960 Kohl: Bewegung der F-Schicht der Ionosphäre bei erdmagnetischen

Bai -Störungen.

Nr. 4 (I) 1960 Becker: Tables of ordinary and extraordinary refractive indices, group

refractive indices and h' o,x( 1)- curves or standard ionospheric

layer models.

Nr. 5 (5) 1961 Schröpl: Ober eine Neubestimmung des Absorptionskoeffizienten von

Ozon im Ultraviolett bei kleinen Konzentrationen.

Nr. 6 (5) 1961 Erbe: Ergebnisse der Ballonaufstiege zur Messung der kosmischen

Strahlung in Weissenau und lindau.

Nr. 7 (5) 1962 Meyer: Elektromag netische Induktion eines vertikalen magnetischen

Dipols über einem leitenden homogenen Halbraum.

Nr. 8 (I u. 5) 1962 Dieminger und Mitarb.: Die geophysikalischen Ereignisse des

12. - 14. November 1960.

Nr. 9 (5) 1962 Pfotzer, Ehmert, and Keppler: Time Pattern of lonizing Radiation

in Balloon Altitudes in High Latitudes.

Part A, Text; Part B, Figures and Diagrams.

Nr. 10 (5) 1963 Waibel: Eine Ballonsonde zur Messung von Röntgenstrahlung und

solarer Ultrastrahlung.

Nr. 11 (5) 1963 Voelker: Zur Breitenabhängigkeit erdmagnetischer Pulsationen.

Nr. 12 (5) 1963 Jaeschke: Registrierung von Pulsationen im südlichen Niedersachsen als

Beitrag zur erdmagnetischen Tiefensondierung.

Nr. 13 (5) 1963 Meyer: Elektromagnetische Induktion in einem leitenden homogenen

Zylinder durch äußere magnetische und elektrische Wechsel­

felder.

Nr. 14 (5) 1964 Kremser: Ober den Zusammenhang zwischen Röntgenstrahlungs-Aus-

Nr. 15 (5) 1964

Nr. 16 (5) 1964

Nr. 17 (5) 1964

Nr. 18 (5) 1965

brüchen in der Polarlichtzone und bayartigen erdmagnetischen

Störungen.

Keppler: Messung von Röntgenstrahlung und solaren Protonen mit

Ballongeräten in der Nordlichtzone.

Kirsch: Die Anisotropien der kosmischen Strahlung.

Guilino: Ausbau eines Wechsellichtmonochromators und seine Anwen­

dung zur Messung des Luftleuchtens während der Dämmerung

und in der Nacht.

Pfotzer and Ehmert: Measurements of High Energetic Auroral

Radiations with Balloon - Borne Detectors in 1962 and 1963

Part A to C, Text; Part D, Figures and Diagrams.

Page 102: Sonderheft Professor em. Dr. Walter Dieminger Zum 70. Geburtstag Am 7.7.1977: Ansprachen und Vortr¤ge anl¤sslich seiner feierlichen Verabschiedung aus Seinem Amt als Direktor Des

Nr. 1 9 (I) 1965 Hartmann : Bestimmung wichtiger Satellitenpositionen mit Hilfe graphischer

Darstellungen.

Nr.20 (5) 1965 Keppler: Ober die Eigenschaften von Zählrohren und Ionisationskammern

in verschiedenartigen Strahlungsfeldern. - Zur Interpretation von

Röntgenstrahlungsmessungen in Ballonhöhe in der Nordlicht-

Nr. 21 (S) 1965 Siebert:

Nr.22 (S) 1965 Meyer:

Nr.23 (5) 1965 Frisius:

Nr.24 (I) 1965 Ma:

zone.

Zur Theorie erdmagnetischer Pulsationen mit breitenabhängi­

gen Perioden.

Zur 27 täglichen Wiederholungsneigung der erdmagnetischen

Aktivität, erschlossen aus den täglichen Charakterzahlen C 8

von 1884-1964.

Ober die Bestimmung von Längstwellen - Ausbreitungsparame­

Iern aus Feldstärkemessungen am Erdboden.

Einfluß der erdmagnetischen Unruhe auf den brauchbaren Fre­

quenzbereich im Kurzwellen-Weitverkehr am Rande der Nord­

lichtzone.

Nr.25 (S) 1965 Kremser, Keppler, Bewersdorff, Saeger, Ehmert, Pfotzer, Riedler, Legrand :

X - Ray Measurements in the Auroral Zone from July to

October 1964.

Nr.26 (/) 1966 Stubbe: Theoretische Beschreibung des Verhaltens der nächtlichen

F-Schicht.

Nr.27 (S) 1966 Wilhelm: Registrierung und Analyse erdmagnetischer Pulsationen der Po­

larlichtzone, sowie ein Vergleich mit Bremsstrahlungsmessungen.

Nr. 28 (S) 1967 Fabian:

Nr.29 (S) 1967 Specht:

Ober eine neue Ozon radiosonde und Untersuchung von

Lufttransporten in der unteren Stratosphäre.

Ober die Absorptions- und Emissionsstrahlung der atmosphä­

rischen Ozonschicht bei der Wellenlänge 9,6 11.

Nr.30 (I) 1967 Rose und Widdel: Ein Meßgerät zur Bestimmung der Strömungsge-

schwindigkeit in kurzen Rohren (Ionenzählern ) bei niedrigem

Gasdruck.

Nr. 31 (I) 1967 Hartmann : Die Amplitudenregistrierungen des Satelliten Explorer 22, unter

besonderer Berücksichtigung der Effekte, die bei Elevations­

winkeln kleiner als 45 0 auftreten.

t-.Jr.32 (I) 1967 Rüster:

Nr.33 (5) 1968 Müller:

Nr.34 (S) 1968 Münch:

Lösung von Bewegungsgleichungen und Kontinuitätsgleichung

der F-Schicht mit speziellen Anwendungen auf erdmagnetische

Baistörungen.

Zur Modulation der kosmischen Strahlung.

Statistische Frequenzanalyse von erdmagnetischen Pulsationen.

Page 103: Sonderheft Professor em. Dr. Walter Dieminger Zum 70. Geburtstag Am 7.7.1977: Ansprachen und Vortr¤ge anl¤sslich seiner feierlichen Verabschiedung aus Seinem Amt als Direktor Des

Nr.35 (5) 1968 Schreiber: Das Magnetfeld des Ringsfroms während der Hauptphase

erdmagnetischer Stürme und ein Vergleich mit dem beobach­

teten Dst -Anteil des Störfeldes.

Nr.36 (I) 1968 Elling: Spezielle Näherungsformeln der Appleton-Hartree-Gleichungen

zur Interpretation der Absorption einer Mittelwellenausbreitung

im nächtlichen E - Gebiet der Ionosphäre.

Nr. 37 (I) 1 968 Jones: Application of the Geometrical Theory of Diffraction to T erre­

strial L F Radio Wave Propagation.

Nr. 38 (5) 1969 Zürn: Zum weltweiten Auftreten erdmagnetischer Pulsationen vom

Typ pc 4.

Nr.39 (5) 1969 Tiefenau: Untersuchungen an Kanal-Elektronen-Vervielfachern.

Nr.40 (5) 1970: Sonderheft zum 60. Geburtstag von Herrn Prof. Dr.-Ing. G. Pfotzer

am 29. November 1969 und Herrn Prof. Dr.-Ing. A. Ehmert

am 6. März 1970.

Nr.41 (5) 1970 Stratmann: Berechnung des Wellenfeldes eines Längstwellensenders im

Entfernungsbereich bis 1000 km zur kontinuierlichen Sondierung

der tiefen Ionosphäre durch Feldstärkemessungen in geeigne­

ten Entfernungen vom Sender.

Nr.42 (5) 1970 Pruchniewicz: Ober ein Ozon-Registriergerät und Untersuchung der zeitlichen

und räumlichen Variationen des Troposphärischen Ozons auf

der Nordhalbkugel der Erde.

Nr.43 (5) 1970 Richter:

Nr.44 (5) 1970 Niapour:

Nr.45 (5) 1971 Tiefenau:

Ober eine Ballonsonde für Polarlichtmessungen und über den

Vergleich von Polarlichternissionen, Röntgenstrahlen und iono­

sphärischen Absorptionen.

Untersuchungen über die mittlere Multiplizität der Verdamp­

fungsneutronen als Maß für die Veränderungen des Energie­

spektrums der kosmischen Strahlung.

Messungen von Ozonprofilen über dem Meer und Bestim­

mung des Ozonflusses in die Meeresoberfläche sowie der spezifischen Ozonzerstörungsrate in der maritimen Grenzschicht.

Nr.46 (5) 1972 Roeckner: Temperaturberechnung der Venusatmosphäre bis 80 km Höhe

aufgrund solarer und thermischer Strahlungsströme sowie konvek­

tiver und turbulenter Wärmetransporte.

Nr.47 (5) 1972 HolI: Zur Theorie thermisch angeregter Gezeiten in der E-Schicht der

Ionosphäre.

Nr.48 (I) 1972 Hartmann, Oberländer, Schmidt, Schödel: Satellite Beacon Observations

from 1964 to 1970.

Nr. 49 (5) 1972 Stüdemann: Direkte Teilchenmessungen im Morgensektor der Polarlichtzone.

Page 104: Sonderheft Professor em. Dr. Walter Dieminger Zum 70. Geburtstag Am 7.7.1977: Ansprachen und Vortr¤ge anl¤sslich seiner feierlichen Verabschiedung aus Seinem Amt als Direktor Des

Nr.50 (5) 1973 Jessen: Ein Rechenmodell zur Beschreibung des stratosphärischen Ozon­

kreislaufs.

Nr. 51 (I) 1974 Barke, Elling, Geisweid, Heimesaat, Loidl, Römer, Schwentek, Zellermann

The southern boundary region of the winter anomaly in iono­

spheric absorption in winter 1971/72 observed on board a

ship between 10° and 55° N.

Nr.52 (I) 1974 Stubbe:

Nr.53 (I) 1974 Rüster:

Das photochemische, dynamische und thermodynamische Ver­

halten der oberen Ionosphäre.

Thermospheric Winds and their Influence on the lonosphere

(Review)

Nr. 54 (S) 1975 Wi.lbrandt: Bestimmung der spezifischen Ozonzerstörungsrate über Busch­

steppe und des Ozonflusses in diese Oberfläche mit Hilfe von

Ozon- und Temperaturprofilmessungen an einem 120 m - Mast

in T sumeb/S. W. A.