Sonderpädagogische Förderung S. 100) RdErl. d. MK v. 1.2.2005 … · Schulwesen“ vom 1.10.2002...

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Sonderpädagogische Förderung RdErl. d. MK v. 1.2.2005 - 32 - 81027 VORIS 22410 Bezug a) Verordnung zur Feststellung sonderpädagogischen Förder- bedarfs vom 1.11.1997 (Nds. GVBl. S. 458; SVBl. S. 384) b) Ergänzende Bestimmungen zur Verordnung zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs vom 6.11.1997 (SVBl. S. 385) c) Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I vom 13.9.1983 (Nds.GVBl. S. 243; SVBl. S. 258), zuletzt geän- dert durch Verordnung vom 19.11.2003 (Nds. GVBl. S. 401; SVBl. 2004 S. 13) d) Erlass „Die Arbeit in der Schule für Lernbehinderte“ vom 30.7.1980 (SVBl. S. 314) zuletzt geändert am 21.6.1995 (SVBl. S. 181) e) Erlass „Schulen für Lernbehinderte (Sonderschulen) bei zu- rückgehenden Schülerzahlen“ vom 27.3.1984 (SVBl. S. 115) f) Erlass „Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen“ vom 24.5.2004 (SVBl. S. 305, berichtigt S. 505) g) Erlass „Die Arbeit in der Schule für geistig Behinderte“ vom 18.4.1989 (SVBl. S. 103) zuletzt geändert am 12.9.1996 (SVBl. S. 424) h) Erlass „Die Arbeit in der Schule für geistig Behinderte – hier: Einführung der Abschlussstufe und Änderung der Stundentafel“ – vom 1.7.1992 (SVBl. S. 225) i) Erlass „Die Arbeit in der Schule für Gehörlose“ vom 18.2.1987 (SVBl. S. 57) j) Erlass „Gebärdensprache in den Landesbildungszentren für Hörgeschädigte“ vom 26.6.2003 (nicht veröffentlicht) k) Erlass „Die Arbeit in der Schule für Schwerhörige“ vom 18.5.1988 (SVBl. S. 199) l) Erlass „Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Son- derschule; hier: Einsatz von Sonderschullehrern in der Grundschule“ vom 17.2.1987 (SVBl. S. 55) m) Erlass „Aufnahme körperbehinderter Schüler in die Orien- tierungsstufe, in die Hauptschule, in die Realschule und in das Humboldt-Gymnasium in Bad Pyrmont“ vom 7.7.1986 (Nds. Mbl. S. 764; SVBl. S. 201) n) Erlass „Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus gem. § 69 Abs. 1 NSchG“ vom 29.1.1997 (SVBl. S. 32) o) Erlass „Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeitern und Betreuungspersonal an Sonderschulen“ vom 28.9.1982 (SVBl. S. 297), geändert durch Erlass vom 19.7.1990 (SVBl. S. 314) p) Erlass „Zuweisung von Pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Schulen für geistig Behinderte und an Schu- len für Körperbehinderte“ vom 20.8.2002 (SVBl. S. 376) q) Erlass „Beschäftigung von Zivildienstleistenden in Schulen für geistig Behinderte und Körperbehinderte“ vom 20.4.1994 (SVBl. S. 148) r) Erlass „Rahmenrichtlinien für das allgemein bildende Schulwesen“ vom 1.10.2002 (SVBl. S. 377) s) Erlass „Ergänzende Bestimmungen zur Schulpflicht und zum Rechtsverhältnis zur Schule“ vom 29.8.1995, zuletzt geän- dert durch Nr. 2 des Erlasses vom 26.6.2003, SVBl. S. 227) t) Erlass „Förderung von Schülern mit besonderen Schwierig- keiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens“ vom 26.6.1979 (SVBl. S. 182) u) Erlass „Schriftliche Arbeiten in den allgemein bildenden Schulen“ vom 16.12.2004 (SVBl. 2005 S. 75) v) Erlass „Hausaufgaben an den allgemein bildenden Schulen“ vom 16.12.2004 (SVBl. 2005 S. 76) w) Erlass „Unterricht für Schülerinnen und Schüler ausländi- scher Herkunft“ vom 3.2.1993 (SVBl. S. 27) x) Erlass „Die Arbeit in der Grundschule“ vom 3.2.2004 (SVBl. S. 85) y) Erlass „Die Arbeit in der Hauptschule“ vom 3.2.2004 (SVBl. S. 94) z) Erlass „Die Arbeit in der Realschule“ vom 3.2.2004 (SVBl. S. 100) aa) Erlass „Die Arbeit in den Klassen 5 – 10 des Gymnasiums“ vom 3.2.2004 (SVBl. S.107) bb) Erlass „Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 der In- tegrierten Gesamtschule (IGS)“ vom 3.2.2004 (SVBl. S.122) cc) Erlass „Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 der Kooperativen Gesamtschule (KGS)“ vom 3.2.2004 (SVBl. S.115) dd) Verordnung zur Schulentwicklungsplanung (VO-SEP) vom 19.10.1994 (Nds. GVBl. S. 460; SVBl. S. 311), zuletzt geändert durch VO vom 19.11.2003 (Nds. GVBl. S.398, SVBl. 2004 S. 11) ee) Verordnung über Versetzungen, Aufrücken, Übergänge und Überweisungen an allgemein bildenden Schulen (Verset- zungsordnung) vom 19.6.1995 (Nds. GVBl. S. 184, 440; SVBl. S. 182, 330), zuletzt geändert mit Verordnung vom 19.11.2003 (Nds. GVBl. S. 404, SVBl. 2004 S. 18) ff) Erlass „Ergänzende Bestimmungen zur Versetzungsverord- nung“ vom 19.06.1995 (SVBl. S. 185, 238), zuletzt geän- dert durch Erlass vom 19.11.2003, (SVBl. 2004 S. 20). gg) Erlass „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemein bildenden Schulen“ vom 9.2.2004 (SVBl. S. 128) hh) Erlass „Zusammenarbeit von Schule, Jugendamt und freien Trägern der Jugendhilfe“ vom 25.1.1994 (SVBl. S. 91) ii) Erlass „Einrichtung von Vollen Halbtagsschulen und Integrationsklassen zum 1.8.1994“ vom 20.9.1993 (SVBl. S. 408) Inhaltsverzeichnis I. Allgemeiner Teil I.1 Stellung der sonderpädagogischen Förderung innerhalb des öffentlichen Schulwesens I.2 Sonderpädagogischer Förderbedarf I.3 Ziele sonderpädagogischer Förderung I.4 Grundlagen der Förderung I.5 Aufgaben sonderpädagogischer Förderung I.6 Früherkennung und Prävention I.7 Orte und Organisationsformen sonderpädagogischer För- derung I.7.1 Mobile Dienste I.7.2 Gemeinsamer Unterricht I.7.3 Kooperationsklassen I.7.4 Sonderpädagogische Grundversorgung I.7.5 Förderschulen I.8 Prinzipien sonderpädagogischer Förderung I.9 Einsatz von Medien I.10 Schule als Erfahrungs- und Lebensraum I.11 Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern I.12 Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten I.13 Vernetzung der sonderpädagogischen Förderung SVBl 2/2005 AMTLICHER TEIL 49

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Sonderpädagogische Förderung

RdErl. d. MK v. 1.2.2005 - 32 - 81027 VORIS 22410

Bezug a) Verordnung zur Feststellung sonderpädagogischen Förder-bedarfs vom 1.11.1997 (Nds. GVBl. S. 458; SVBl. S. 384)

b) Ergänzende Bestimmungen zur Verordnung zur Feststellungsonderpädagogischen Förderbedarfs vom 6.11.1997 (SVBl.S. 385)

c) Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I vom13.9.1983 (Nds.GVBl. S. 243; SVBl. S. 258), zuletzt geän-dert durch Verordnung vom 19.11.2003 (Nds. GVBl. S. 401;SVBl. 2004 S. 13)

d) Erlass „Die Arbeit in der Schule für Lernbehinderte“ vom30.7.1980 (SVBl. S. 314) zuletzt geändert am 21.6.1995(SVBl. S. 181)

e) Erlass „Schulen für Lernbehinderte (Sonderschulen) bei zu-rückgehenden Schülerzahlen“ vom 27.3.1984 (SVBl. S. 115)

f ) Erlass „Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen“ vom24.5.2004 (SVBl. S. 305, berichtigt S. 505)

g) Erlass „Die Arbeit in der Schule für geistig Behinderte“ vom18.4.1989 (SVBl. S. 103) zuletzt geändert am 12.9.1996(SVBl. S. 424)

h) Erlass „Die Arbeit in der Schule für geistig Behinderte –hier: Einführung der Abschlussstufe und Änderung derStundentafel“ – vom 1.7.1992 (SVBl. S. 225)

i) Erlass „Die Arbeit in der Schule für Gehörlose“ vom18.2.1987 (SVBl. S. 57)

j) Erlass „Gebärdensprache in den Landesbildungszentren fürHörgeschädigte“ vom 26.6.2003 (nicht veröffentlicht)

k) Erlass „Die Arbeit in der Schule für Schwerhörige“ vom18.5.1988 (SVBl. S. 199)

l) Erlass „Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Son-derschule; hier: Einsatz von Sonderschullehrern in derGrundschule“ vom 17.2.1987 (SVBl. S. 55)

m) Erlass „Aufnahme körperbehinderter Schüler in die Orien-tierungsstufe, in die Hauptschule, in die Realschule und indas Humboldt-Gymnasium in Bad Pyrmont“ vom7.7.1986 (Nds. Mbl. S. 764; SVBl. S. 201)

n) Erlass „Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus gem. § 69 Abs. 1 NSchG“ vom 29.1.1997 (SVBl. S. 32)

o) Erlass „Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeitern undBetreuungspersonal an Sonderschulen“ vom 28.9.1982(SVBl. S. 297), geändert durch Erlass vom 19.7.1990(SVBl. S. 314)

p) Erlass „Zuweisung von Pädagogischen Mitarbeiterinnen undMitarbeitern an Schulen für geistig Behinderte und an Schu-len für Körperbehinderte“ vom 20.8.2002 (SVBl. S. 376)

q) Erlass „Beschäftigung von Zivildienstleistenden in Schulenfür geistig Behinderte und Körperbehinderte“ vom20.4.1994 (SVBl. S. 148)

r) Erlass „Rahmenrichtlinien für das allgemein bildendeSchulwesen“ vom 1.10.2002 (SVBl. S. 377)

s) Erlass „Ergänzende Bestimmungen zur Schulpflicht und zumRechtsverhältnis zur Schule“ vom 29.8.1995, zuletzt geän-dert durch Nr. 2 des Erlasses vom 26.6.2003, SVBl. S. 227)

t) Erlass „Förderung von Schülern mit besonderen Schwierig-keiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens“vom 26.6.1979 (SVBl. S. 182)

u) Erlass „Schriftliche Arbeiten in den allgemein bildendenSchulen“ vom 16.12.2004 (SVBl. 2005 S. 75)

v) Erlass „Hausaufgaben an den allgemein bildenden Schulen“vom 16.12.2004 (SVBl. 2005 S. 76)

w) Erlass „Unterricht für Schülerinnen und Schüler ausländi-scher Herkunft“ vom 3.2.1993 (SVBl. S. 27)

x) Erlass „Die Arbeit in der Grundschule“ vom 3.2.2004 (SVBl. S. 85)

y) Erlass „Die Arbeit in der Hauptschule“ vom 3.2.2004 (SVBl. S. 94)

z) Erlass „Die Arbeit in der Realschule“ vom 3.2.2004 (SVBl. S. 100)

aa) Erlass „Die Arbeit in den Klassen 5 – 10 des Gymnasiums“vom 3.2.2004 (SVBl. S.107)

bb) Erlass „Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 der In-tegrierten Gesamtschule (IGS)“ vom 3.2.2004 (SVBl.S.122)

cc) Erlass „Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 der Kooperativen Gesamtschule (KGS)“ vom 3.2.2004 (SVBl.S.115)

dd) Verordnung zur Schulentwicklungsplanung (VO-SEP) vom19.10.1994 (Nds. GVBl. S. 460; SVBl. S. 311), zuletzt geändert durch VO vom 19.11.2003 (Nds. GVBl. S.398, SVBl. 2004 S. 11)

ee) Verordnung über Versetzungen, Aufrücken, Übergänge undÜberweisungen an allgemein bildenden Schulen (Verset-zungsordnung) vom 19.6.1995 (Nds. GVBl. S. 184, 440;SVBl. S. 182, 330), zuletzt geändert mit Verordnung vom19.11.2003 (Nds. GVBl. S. 404, SVBl. 2004 S. 18)

ff ) Erlass „Ergänzende Bestimmungen zur Versetzungsverord-nung“ vom 19.06.1995 (SVBl. S. 185, 238), zuletzt geän-dert durch Erlass vom 19.11.2003, (SVBl. 2004 S. 20).

gg) Erlass „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung anden allgemein bildenden Schulen“ vom 9.2.2004 (SVBl. S. 128)

hh) Erlass „Zusammenarbeit von Schule, Jugendamt und freienTrägern der Jugendhilfe“ vom 25.1.1994 (SVBl. S. 91)

ii) Erlass „Einrichtung von Vollen Halbtagsschulen undIntegrationsklassen zum 1.8.1994“ vom 20.9.1993 (SVBl.S. 408)

Inhaltsverzeichnis

I. Allgemeiner Teil

I.1 Stellung der sonderpädagogischen Förderung innerhalbdes öffentlichen Schulwesens

I.2 Sonderpädagogischer Förderbedarf

I.3 Ziele sonderpädagogischer Förderung

I.4 Grundlagen der Förderung

I.5 Aufgaben sonderpädagogischer Förderung

I.6 Früherkennung und Prävention

I.7 Orte und Organisationsformen sonderpädagogischer För-derung

I.7.1 Mobile Dienste

I.7.2 Gemeinsamer Unterricht

I.7.3 Kooperationsklassen

I.7.4 Sonderpädagogische Grundversorgung

I.7.5 Förderschulen

I.8 Prinzipien sonderpädagogischer Förderung

I.9 Einsatz von Medien

I.10 Schule als Erfahrungs- und Lebensraum

I.11 Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern

I.12 Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten

I.13 Vernetzung der sonderpädagogischen Förderung

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I.14 Therapeutische Maßnahmen

I.15 Leistungen, Zensuren und Zeugnisse, Abschlüsse

I.16 Besondere Regelungen für den Schulbesuch

I.17 Nachteilsausgleich

I.18 Einsatz und Qualifikation des Personals

I.19 Weiterentwicklung des Systems der sonderpädagogischenFörderung

II. Besonderer Teil

II.1 Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung

II.2 Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

II.3 Förderschwerpunkt Hören

II.4 Förderschwerpunkt Körperliche und Motorische Ent-wicklung

II.5 Förderschwerpunkt Lernen

II.6 Förderschwerpunkt Sehen

II.7 Förderschwerpunkt Sprache

II.8 Unterricht und Erziehung unter den Bedingungen vonKrankheit

III. Schlussbestimmungen

I. Allgemeiner Teil

I. 1 Stellung der sonderpädagogischen Förderung innerhalbdes öffentlichen Schulwesens

Alle allgemein bildenden Schulen haben die Aufgabe, durchpädagogisches Handeln in Unterricht und Erziehung die Schü-lerinnen und Schüler in ihrer umfassenden Persönlichkeitsent-wicklung zu fördern. Die Förderung umfasst die Entwick-lungsbereiche Wahrnehmung und Bewegung, Sprache undDenken sowie personale und soziale Identität. Fördern istGrundprinzip pädagogischen Handelns, Ausgangspunkt undKernaufgabe von Unterricht und Erziehung in der Schule.Sonderpädagogische Förderung ist notwendige Ergänzung undSchwerpunktsetzung der allgemeinen Förderung.

Sonderpädagogische Förderung

– erweitert die allgemeine Förderung durch andere Ziele, In-halte, Formen oder Verfahren,

– unterstützt und begleitet Kinder und Jugendliche durch in-dividuelle Hilfen bei der Entfaltung ihrer geistigen, emotio-nalen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten, ihrer Bega-bungen und Neigungen,

– verwirklicht das Recht von Kindern und Jugendlichen mitsonderpädagogischem Förderbedarf auf schulische Bildungund Erziehung nach ihren Bedürfnissen und Begabungen so-wie nach persönlichem Leistungsvermögen und individuellenMöglichkeiten.

I. 2 Sonderpädagogischer Förderbedarf

Sonderpädagogischer Förderbedarf umschreibt individuelleFörderbedürfnisse im Sinne erzieherischer und unterrichtlicherErfordernisse, deren Einlösung eine spezielle sonderpädago-gische Unterstützung oder Intervention erfordert. Sonder-pädagogischer Förderbedarf ist bei den Schülerinnen undSchülern gegeben, die in ihren Entwicklungs-, Lern- und Bil-

dungsmöglichkeiten so eingeschränkt sind, dass sie im Unter-richt zusätzliche sonderpädagogische Maßnahmen benötigen.

Sonderpädagogischer Förderbedarf wird von unterschiedlichenFaktoren bestimmt und ist vielfältig beeinflussbar. Körperlicheoder kognitive Beeinträchtigungen und Behinderungen sowiesoziale und wirtschaftliche Belastungen und Benachteiligungenkönnen zu Verzögerungen oder Einschränkungen in der Ent-wicklung führen und einen sonderpädagogischen Förderbedarfzur Folge haben.

Sonderpädagogischer Förderbedarf ist individuell unterschied-lich ausgeprägt und kann in verschiedenen Schwerpunktenvorliegen:

– Emotionale und Soziale Entwicklung,

– Geistige Entwicklung,

– Hören,

– Körperliche und Motorische Entwicklung,

– Lernen,

– Sehen,

– Sprache.

Die Festlegung von Förderschwerpunkten bildet die Grundla-ge für die Entwicklung einer differenzierten Förderplanungund dient der Zuordnung von Lehrkräften mit speziellen son-derpädagogischen Kompetenzen. Die Ermittlung des sonder-pädagogischen Förderbedarfs erfolgt durch eine kooperativeDiagnostik. Bei der Erhebung des Förderbedarfs sind Kinderund Jugendliche als ganzheitlich Handelnde und Gestaltendeder eigenen Entwicklung in ihrer Lebenswelt aufzufassen undnicht unter dem Blickwinkel einer Beeinträchtigung zu be-trachten. Bei der Ermittlung des sonderpädagogischen Förder-bedarfs sind die Fragestellungen auf die notwendigen Förder-maßnahmen gerichtet. Art und Umfang des sonderpädagogi-schen Förderbedarfs sind auf der Basis einer Betrachtung desKindes oder Jugendlichen in seinem Umfeld zu ermitteln. För-dermaßnahmen stellen eine angemessene Lernbegleitung derSchülerin oder des Schülers dar.

Das Verfahren zur Feststellung eines individuellen sonder-pädagogischen Förderbedarfs erfolgt nach der Verordnung zua) mit den Ergänzenden Bestimmungen nach b). Alle Ent-scheidungen über den individuellen sonderpädagogischen För-derbedarf erfordern eine regelmäßige Überprüfung.

I. 3 Ziele sonderpädagogischer Förderung

Durch sonderpädagogische Förderung sollen Schülerinnenund Schüler im Unterricht und bei der Erziehung eine ihrenpersönlichen Voraussetzungen und Bedingungen angemesseneUnterstützung und Hilfe erhalten. Sonderpädagogische Förde-rung für Schülerinnen und Schüler strebt einen größtmögli-chen Umfang schulischer und beruflicher Eingliederung, weit-gehende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in Selbst-bestimmung und Mitverantwortung sowie selbstständigeLebensgestaltung an.

Der Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit sonder-pädagogischem Förderbedarf berücksichtigt die individuelleEntwicklungssituation, die physisch-psychischen Vorausset-zungen und das Umfeld der Schülerin oder des Schülers. Son-derpädagogische Förderung setzt an den Stärken und Voraus-setzungen von Kindern und Jugendlichen sowie an den förder-lichen Bedingungen ihres lebensweltlichen Zusammenhangsan. Sonderpädagogische Förderung bezieht Fähigkeiten und

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Erfahrungen, Interessen und Neigungen, Sorgen und Nöte derKinder und Jugendlichen ebenso ein wie Belastbarkeit, Lern-vermögen, Lerntempo und Motivation sowie fördernde undhemmende Bedingungen des Umfelds.

Durch vielfältige Angebote und handelndes Lernen wird dieEntwicklung von Haltungen, Kenntnissen, Fähigkeiten undFertigkeiten in allen Kompetenzbereichen gefördert und unter-stützt.

Sonderpädagogische Förderung zielt darauf, den Schülerinnenund Schülern im Rahmen ihrer individuellen Voraussetzungendie unmittelbare Auseinandersetzung mit ihren Wünschenund Vorstellungen in Schule, Freizeit, Beschäftigung und Ar-beitsleben zu ermöglichen.

Sonderpädagogische Förderung unterstützt die Sinn- und Wert-orientierung. Die Schülerinnen und Schüler sollen erfahren,dass sowohl in der menschlichen Begegnung als auch in derEinbindung in Natur, Kultur und Weltanschauung wertstif-tende Elemente für ein sinnerfülltes Leben zu finden sind.Sonderpädagogische Förderung soll somit zu einer verantwort-lichen Lebensgestaltung auch unter erschwerten Bedingungenund zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten in der Ge-sellschaft befähigen.

I. 4 Grundlagen der Förderung

Die Kenntnis und Beachtung individueller Begabungen, Be-einträchtigungen und Benachteiligungen sowie ihrer Auswir-kungen und die Berücksichtigung der Lebenssituation sind beider sonderpädagogischen Förderung von besonderer Bedeu-tung.

Für jede Schülerin und für jeden Schüler in der sonderpädago-gischen Förderung ist die Dokumentation der individuellenLernentwicklung, wie sie auch in der Grundschule und in denweiterführenden Schulen erfolgt, als individuelle Förderpla-nung anzulegen.

Die Ermittlung des Förderbedarfs, die Festlegung der Förder-maßnahmen und das unterrichtliche und erzieherische Han-deln stehen in einer Wechselwirkung. Zielsetzungen, Metho-den und Inhalte müssen den jeweiligen individuellen Erforder-nissen entsprechen.

Fördermaßnahmen sind immer prozessorientiert. Ihre Ergeb-nisse und ihre Fortschreibungen bestimmen die Auswahl vonLernangeboten sowie die Planung und Durchführung von dif-ferenzierendem und individualisierendem Unterricht.

Förderdiagnostische Erkenntnisse sind Grundlage der Gestal-tung der Unterrichts- und Schulorganisation sowie des Schul-lebens. Bei der individuellen Förderplanung werden unterBerücksichtigung der Lernausgangslage einer Schülerin odereines Schülers und im Hinblick auf die in einem bestimmtenZeitraum erreichbaren Unterrichts-, Erziehungs- und Entwick-lungsziele die notwendigen und realisierbaren Unterstützungenund Fördermaßnahmen dargestellt, Entwicklungsschritte do-kumentiert und fortgeschrieben. Hinweise auf schulische undaußerschulische Bedingungen sind Bestandteile der Planung.

Bei der Planung wird vom Grundsatz der Ganzheitlichkeitausgegangen. Isolierte Betrachtungen von Einzelbereichen sindzu vermeiden. Der Zusammenhang der EntwicklungsbereicheBewegung, Wahrnehmung, Sprache und Denken, Emotiona-lität sowie Soziabilität ist zu beachten. Die Ergebnisse der Förderung einschließlich der weiteren Förderziele und -inhalte sind jährlich festzuhalten.

Das Erstellen der Förderplanung ist gemeinsame Aufgabe allerbeteiligten Lehrkräfte und Pädagogischen Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter. Schülerinnen und Schüler und deren Erzie-hungsberechtigte wirken mit. Die Schriftform dient der verläss-lichen Absprache, der kontrollierten Begleitung der Förderar-beit, der notwendigen Auswertung und der kontinuierlichenFortschreibung.

Die individuelle Förderplanung für eine Schülerin oder einenSchüler und die curricularen Vorgaben bilden die Grundlagefür das Erstellen von Klassenlehrplänen. In diesen sind die Un-terrichtseinheiten didaktisch-methodisch aufbereitet. Förder-planung und Klassenlehrpläne werden mit den konzeptionel-len Grundlagen der Schule für Unterricht und Erziehung ver-bunden.

I. 5 Aufgaben sonderpädagogischer Förderung

Sonderpädagogische Förderung dient der Herstellung und Un-terstützung von förderlichen Entwicklungsbedingungen amFörderort des Kindes oder Jugendlichen. SonderpädagogischeFörderung unterstützt

– Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen För-derbedarf vorbeugend und pädagogisch begleitend in allenallgemeinen Schulen, um der Entstehung eines individuellensonderpädagogischen Förderbedarfs entgegenzuwirken,

– Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädago-gischen Förderbedarf in allen Schulen,

– die Lehrkräfte der allgemeinen Schulen bei der Förderung.

I. 6 Früherkennung und Prävention

Das frühzeitige Erkennen von Beeinträchtigungen und vonGefährdungen und Verzögerungen der Entwicklung ist Vor-aussetzung für eine erfolgreiche Förderung. Maßnahmen derFrüherkennung sollen daher zum frühestmöglichen Zeitpunkteinsetzen. Diagnostische und unterstützende pädagogisch-psychologische Fördermaßnahmen sollen wohnortnah und interdisziplinär durchgeführt werden. In der Schule soll an dia-gnostische und therapeutische Maßnahmen aus dem vorschu-lischen Bereich angeknüpft werden.

Sonderpädagogische Förderung unterstützt und begleitet dieSchülerinnen und Schüler durch möglichst frühzeitig einset-zende und vorbeugende Hilfen. Auswirkungen von Beein-trächtigungen vor allem in den grundlegenden Bereichen derLernentwicklung wie Denken, Merkfähigkeit, sprachlichesHandeln, Wahrnehmung, Motorik, Emotionalität und Inter-aktion werden gemindert und durch Förderung individuellerStärken ausgeglichen. Soziokulturell bedingte Benachteiligun-gen sind zu berücksichtigen.

Nach der differenzierten Ermittlung des Entwicklungsstandesklären die beteiligten Lehrkräfte in Zusammenarbeit mit denErziehungsberechtigten das Profil des individuellen Förderbe-darfs. Mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten könnendabei Erkenntnisse aus dem Vorfeld und Umfeld der schuli-schen Förderung, einschließlich der Kinder- und Jugendhilfe,einbezogen werden. Danach wird geprüft, welche Fördermaß-nahmen die zuständige Schule anbieten kann. Die zuständigeSchule muss alle für das Kind notwendigen Fördermaßnah-men feststellen und den Eltern die Möglichkeiten für einebestmögliche Förderung aufzeigen. Die Fördermaßnahmenwerden mit den Erziehungsberechtigten abgestimmt.

Zu vorbeugenden Maßnahmen gehören:

– differenzierende Maßnahmen im Unterricht,

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– Einrichtung von Stütz- und Fördermaßnahmen auch inKleingruppen oder als zeitlich begrenzte Einzelförderung,

– umfassende dialogische Beratung von Lehrkräften und Erzie-hungsberechtigten,

– Zusammenarbeit mit Beratungsdiensten,

– Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen,

– Beratung mit Förderschulen.

Soweit sich Maßnahmen als notwendig erweisen, die von derzuständigen Schule nicht zu leisten sind, werden im Zusam-menwirken von Lehrkräften und Erziehungsberechtigten wei-tere schulische und außerschulische Einrichtungen einbezogen.Die Förderung und die Entwicklung sind nachvollziehbar zudokumentieren.

I. 7 Orte und Organisationsformen sonderpädagogischerFörderung

Sonderpädagogischer Förderbedarf kann an einer allgemeinenSchule oder an einer Förderschule erfüllt werden. Sonder-pädagogische Förderung ist damit Aufgabe aller Schulen. Son-derpädagogische Förderung bezieht alle Schulstufen undSchularten ein. Sie umfasst eine Vielfalt von Förderformenund Förderorten, vorbeugende Maßnahmen und Formen ge-meinsamer Erziehung und des Gemeinsamen Unterrichts vonKindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förder-bedarf mit anderen Kindern und Jugendlichen.

Vorrangiges Ziel ist es, dem sonderpädagogischen Förderbedarfeiner Schülerin oder eines Schülers zu entsprechen. Dabei istals Förderort die zuständige allgemeine Schule anzustreben.Wenn die pädagogischen Maßnahmen und Möglichkeiten derallgemeinen Schule für eine angemessene individuelle Förde-rung nicht hinreichen, sind Fördermaßnahmen in Zusammen-arbeit mit einer Förderschule durchzuführen.

Eine Förderschule ist der geeignete Förderort, wenn die För-dermöglichkeiten der allgemeinen Schule ausgeschöpft sindund eine sonderpädagogische Förderung an der allgemeinenSchule nicht oder nicht mehr gewährleistet werden kann.

Zur sonderpädagogischen Förderung gehören über den Unter-richt hinaus Unterstützungs- und Beratungsangebote im schu-lischen und außerschulischen Umfeld sowie die Kooperationmit allen am Bildungs- und Erziehungsprozess Beteiligten.

Die sonderpädagogische Förderung erfolgt in individuums-und systembezogenen Organisationsformen:

– durch Maßnahmen Mobiler Dienste,

– im Gemeinsamen Unterricht,

– in Kooperationsklassen,

– in einer sonderpädagogischen Grundversorgung,

– in Förderschulen.

I. 7.1 Mobile Dienste

Förderschullehrkräfte im Mobilen Dienst können zur vorbeu-genden und unterstützenden Förderung in allen allgemein bil-denden Schulen tätig werden.

Vorbeugende Förderung umfasst alle Maßnahmen, die daraufabzielen,

– der Entstehung eines individuellen sonderpädagogischenFörderbedarfs durch frühzeitige Unterstützung und Hilfenentgegenzuwirken,

– weitergehende Auswirkungen einer Benachteiligung oder be-stehenden Beeinträchtigung zu vermeiden oder zu begrenzen.

Ergänzende Förderung umfasst alle Maßnahmen zur Unter-stützung zielgleicher oder zieldifferenter Förderung. Zieldiffe-rente Förderung setzt die Feststellung eines sonderpädago-gischen Förderbedarfs voraus. Die Förderung wird im engenZusammenwirken der Lehrkräfte der allgemeinen Schule unterEinbeziehung der Erziehungsberechtigten verwirklicht und ge-gebenenfalls mit außerschulischen Einrichtungen, Fachkräftenund Beratungsdiensten abgestimmt.

Förderung und Unterstützung durch Mobile Dienste erfolgenals zielgleiche oder zieldifferente Integration auf der Grundlageder Vorgaben für die Fächer der von der Schülerin oder demSchüler besuchten Schulform. Mobile Dienste für alle Förder-schwerpunkte arbeiten in allgemein bildenden Schulen in ei-nem System gestufter Hilfen. Sie sind Stützung und Ergän-zung der Förderung im Unterricht der allgemeinen Schule, umdort dem sonderpädagogischen Förderbedarf zu entsprechenund bei der Bewältigung von Problemen zu helfen. Der MobileDienst ist einerseits eine Verknüpfung der sonderpädagogi-schen Möglichkeiten mit den unterrichtlichen und erzieheri-schen Anforderungen der allgemeinen Schule. Andererseitsträgt der Mobile Dienst dazu bei, die Tragfähigkeit der zustän-digen allgemeinen Schule für Schülerinnen und Schüler mitsonderpädagogischem Förderbedarf zu steigern.

Aufgaben der Mobilen Dienste sind die Beratung und Unter-stützung von Lehrkräften in Bezug auf pädagogische, didakti-sche, methodische und unterrichtsorganisatorische Aufgaben.

Dazu gehören:

– Hilfen bei der Ausstattung der Arbeitsplätze,

– Beratung bezüglich der Gewährung von Nachteilsausglei-chen,

– Beratung hinsichtlich behinderungsspezifischer Hilfsmittel,

– Ausstattung mit speziellen Lehr- und Lernmaterialien,

– Auswahl und Bereitstellung schulischer Hilfsmittel,

– Beratung und Unterstützung der Lehrkräfte im Umgang mitden Schülerinnen und Schülern,

– Information von Lehrkräften, Mitschülerinnen und Mit-schülern über spezielle Behinderungen,

– Koordination der Förderarbeit,

– Beratung der Erziehungsberechtigten hinsichtlich schuli-scher, erzieherischer und sozialer Probleme oder hinsichtlichder Versorgung mit speziellen Hilfsmitteln, der Gewährungvon Integrationshilfe und von therapeutischen Maßnahmen,

– Vorbeugende, begleitende und ergänzende Unterstützungder Schülerinnen und Schüler im Unterricht.

I. 7.2 Gemeinsamer Unterricht

Klassen an allgemein bildenden Schulen, in denen Schülerin-nen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf mitanderen Schülerinnen und Schülern unterrichtet und erzogenwerden, sind Klassen mit Gemeinsamem Unterricht. Die För-derung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogi-schem Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht ist Aufgabeder allgemein bildenden Schule.

Gemeinsamer Unterricht soll Kindern und Jugendlichen mitsonderpädagogischem Förderbedarf ermöglichen, zusammen

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mit anderen Schülerinnen und Schülern ohne solchen Förder-bedarf die wohnortnahe allgemeine Schule zu besuchen. AllenSchülerinnen und Schülern, die am Gemeinsamen Unterrichtteilnehmen, sollen durch diese Form des Unterrichts über kog-nitives und emotionales Lernen hinaus erweiterte soziale Lern-erfahrungen ermöglicht werden.

Gemeinsamer Unterricht in allen Schulstufen und Schulfor-men kann in Art und Umfang in Abhängigkeit sowohl vonden Voraussetzungen eines Kindes oder Jugendlichen als auchvon den schulischen Bedingungen realisiert werden. Gemein-samer Unterricht kann zielgleich oder zieldifferent organisiertwerden. Klassen mit zieldifferentem Unterricht für einzelneoder mehrere Schülerinnen und Schüler werden als Integrati-onsklassen geführt.

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förder-bedarf mit den Schwerpunkten Lernen oder Geistige Entwick-lung können in Grundschulen und in weiterführenden Schu-len mit von den allgemeinen Schulen abweichender Zielset-zung unterrichtet und erzogen werden. Grundlage desUnterrichts für diese Schülerinnen und Schüler sind die curri-cularen Vorgaben der entsprechenden Förderschulen. Gemein-samer Unterricht in einer zieldifferenten Integrationsklasse istin Form einer Einzelintegration oder der Integration von meh-reren Schülerinnen und Schülern möglich. Für Integrations-klassen werden Lehrerstunden für die sonderpädagogische För-derung zur Verfügung gestellt. Bei Bedarf können Pädago-gische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterrichtsbe-gleitender und in therapeutischer Funktion mitwirken. Esmuss sichergestellt werden, dass die Schülerinnen und Schülermit sonderpädagogischem Förderbedarf im Gemeinsamen Un-terricht mit abweichender Zielsetzung individuelle Lernzieleerreichen können.

Voraussetzung ist, dass die notwendigen personellen, sächli-chen und räumlichen Rahmenbedingungen geschaffen werdenkönnen und dass dem sonderpädagogischen Förderbedarf,dem Bildungsanspruch und den Lebensperspektiven der Schü-lerin oder des Schülers angemessen entsprochen wird.

Die Einrichtung von Integrationsklassen erfolgt auf Antrag derSchule, des Schulelternrats oder des Schulträgers. Anträge derSchule oder des Schulelternrats können nur im Einvernehmenmit dem Schulträger gestellt werden. Der schriftliche Antragauf die Einrichtung einer Integrationsklasse ist jeweils bis zum15. Februar des Jahres, in dem die Einrichtung zum Schul-jahrsbeginn erfolgen soll, bei der Schulbehörde zu stellen.

I. 7.3 Kooperationsklassen

Förderschulen und allgemeine Schulen sind gehalten, eineenge pädagogische Zusammenarbeit zu pflegen. Diese kanngemeinsame Feste und Feiern, Vorhaben und Projekte sowieFormen Gemeinsamen Unterrichts umfassen. Kooperationenzwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen erschließenallen Beteiligten im Schulleben und im Unterricht Möglich-keiten zur wechselseitigen Annäherung und zur Erfahrung vonmehr Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander.

Klassen von Förderschulen können an allen anderen allgemeinbildenden Schulen als Kooperationsklassen geführt werden.Die beteiligten Schulen treffen eine Vereinbarung, in der dieZielsetzungen und Inhalte der Kooperation festgehalten sind.Der Träger der Schülerbeförderung ist zu beteiligen. Koopera-tionsklassen gehören organisatorisch zu einer Förderschule.Kooperationsklassen ermöglichen durch die direkte räumliche

Nähe eine tägliche intensive Zusammenarbeit in Schullebenund Unterricht. Dadurch ergeben sich unterschiedliche An-knüpfungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, die dazu beitra-gen, wohnortnah angemessene sonderpädagogische Förderan-gebote zu sichern.

I. 7.4 Sonderpädagogische Grundversorgung

Eine sonderpädagogische Grundversorgung der Grundschulenkann Wohnortnähe und Passung sonderpädagogischer Hilfensowie Prävention sicherstellen. Förderschulen werden für dieFörderung von Schülerinnen und Schülern mit Problemenbeim Lernen, im emotionalen und sozialen Bereich, in derSprache und beim Sprechen in den Grundschulen dauerhaftzusätzliche Stunden sonderpädagogischer Förderung zur Verfü-gung gestellt. Eine Überweisung in die Förderschule ist damitfür die Schülerinnen und Schüler, die einen sonderpädagogi-schen Förderbedarf in diesen Schwerpunkten haben, in derRegel nicht erforderlich.

Sonderpädagogische Grundversorgung in der Grundschule er-fordert eine intensive Kooperation der Lehrkräfte innerhalbdes Kollegiums und mit dem Umfeld der Schule. Die beteilig-ten Schulen erstellen ein Förderkonzept, in das sowohl Ge-meinsamer Unterricht als auch Unterricht in zeitlich begrenz-ten Fördergruppen aufgenommen werden können. Die För-derschule entscheidet in Zusammenarbeit mit den in einerRegion kooperierenden Grundschulen, wie die auf der Grund-lage eines genehmigten Konzepts zugewiesenen Förderschul-lehrerstunden eingesetzt werden. Der Grundansatz beträgtzwei Stunden pro Klasse.

Das Verfahren der Zuweisung von Förderschullehrerstundenfür die sonderpädagogische Grundversorgung wird durch dasKultusministerium festgelegt.

I. 7.5 Förderschulen

In Förderschulen werden Schülerinnen und Schüler unterrich-tet und erzogen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarfhaben und die entsprechende Förderung nicht in einer allge-meinen Schule erhalten können.

Förderschulen unterscheiden sich nach der Art ihrer sonder-pädagogischen Förderschwerpunkte, nach dem Angebot anBildungsgängen und nach deren Dauer.

I. 7.5.1 Bezeichnungen

Förderschulen können geführt werden als

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Emotionale und SozialeEntwicklung,

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung,

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Hören (Schwerhörige,Gehörlose),

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Körperliche und Moto-rische Entwicklung,

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen,

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Sehen (Sehbehinderte,Blinde),

– Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache,

– Förderschule mit den Schwerpunkten Hören und Sehen(Taubblinde).

Schülerinnen und Schüler mit einem spezifischen sonder-pädagogischen Förderbedarf besuchen die Förderschule mitdem entsprechenden Schwerpunkt.

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I. 7.5.2 Übergang von der Förderschule zur allgemeinen Schule

Die Dauer der Förderung einer Schülerin oder eines Schülersin Förderschulen ist individuell unterschiedlich. Ein wichtigesZiel der sonderpädagogischen Förderung in Förderschulen istdie Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf einenÜbergang in die allgemeine Schule. Die Förderschulen habendie Aufgabe, diesen Übergang anzustreben und zu begleiten.Auf Durchlässigkeit zu anderen Schulen ist zu achten.

Für einige Kinder und Jugendliche bietet die Förderschule beieiner zeitlich begrenzten Aufnahme im Sinne einer Durch-gangsschule die Möglichkeit, konzentriert die notwendige son-derpädagogische Unterstützung zu erhalten und eine persönli-che Stabilisierung zu erreichen, die eine Rück- bzw. Umschu-lung in die allgemeine Schule oder eine Eingliederung in denberufsbildenden Bereich ermöglicht.

I. 7.5.3 Aufgaben der Förderschule

Aufgaben der Förderschule sind:

– Unterricht und Erziehung für Schülerinnen und Schüler derFörderschule,

– Beratung und Unterstützung der Kinder und Jugendlichenmit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinenSchulen und in Risikolagen,

– Beratung und Unterstützung wichtiger Personen des Um-felds der jungen Menschen, vor allem der Lehrkräfte, der Er-zieherinnen und Erzieher und der Erziehungsberechtigten,

– Zusammenarbeit mit anderen schulischen und außerschuli-schen Einrichtungen.

I. 8 Prinzipien sonderpädagogischer Förderung

I. 8.1 Didaktische Prinzipien

Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbe-darf erfahren in der Schule Geborgenheit und Zuwendung so-wie Anerkennung und Wertschätzung, um Selbstwertgefühlund Leistungskraft entfalten zu können. Das Vertrauen in dieeigenen Fähigkeiten soll gestärkt werden. Dadurch könnensich individuelle Leistungsbereitschaft und -fähigkeit sowieLernfreude und Lebensmut entwickeln. SonderpädagogischeFörderung geht von den individuellen und lebensweltlichenEntwicklungsvoraussetzungen und -bedingungen der Schüle-rinnen und Schüler aus und schließt passende Hilfen für eineumfassende Persönlichkeitsentwicklung ein. Sie erwirkt aus-dauerndes und zielstrebiges Lernen und erzieht zu Eigenver-antwortlichkeit und Partnerschaft.

Die Kinder und Jugendlichen eignen sich Normen und Struk-turen sowie Regeln für Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaftan und üben sich in prosoziales Verhalten ein. Der Unterrichtbezieht sich sowohl auf die Lebens- und Erfahrungssituationender Kinder und Jugendlichen als auch auf ihre Lebensperspek-tiven mit unterschiedlichen kulturellen Ausprägungen. Kenn-zeichen des Unterrichts sind neben Lebensbedeutsamkeit undGegenwarts- und Zukunftsbedeutung Ermuntern und Ermu-tigen sowie Zumuten und Zutrauen. Bei wirklichkeits- und lebensnahen Aufgaben sollen sich die Kinder und Jugendli-chen ihren Möglichkeiten entsprechend selbstbestimmt han-delnd einbringen können.

Die Ausdifferenzierung und Erweiterung der Erfahrungen derKinder und Jugendlichen erfolgen an motivierenden Sachver-halten und problemhaltigen Aufgabenstellungen, die mit Hilfeanregungsreicher Materialien durch handelndes Erschließenstrukturiert angeeignet werden.

Die prinzipielle Heterogenität der Lernvoraussetzungen in ei-ner Lerngruppe erfordert sowohl eine individuelle und diffe-renzierte Förderplanung und -durchführung als auch eineBerücksichtigung der Anforderungen der gesamten Lerngrup-pe. Individuelle Förderung darf nicht zur dauerhaften Tren-nung einer Schülerin oder eines Schülers von der Lerngruppeführen.

I. 8.2 Organisatorische Prinzipien

Für die pädagogisch-didaktische Konzeptbildung und die För-der- und Unterrichtspraxis sind neben der speziellen sonder-pädagogischen Kompetenz im Förderschwerpunkt fächerüber-greifendes Denken und kooperatives Handeln unerlässlich.Grundlegend für die sonderpädagogische Förderung sind Viel-falt und Offenheit differenzierter und flexibler Lernangeboteund -aufgaben.

Innere Differenzierung erfolgt im Unterricht vor allem durch

– die unterschiedlichen Niveaus der Anforderungen,

– Variationen des Lerntempos, der Lernschritte, der unter-schiedlichen Phasen des Übens und Festigens, der Aktions-und Sozialformen und der Medien,

– das Maß der Hilfen.

Erfahrungen des Gemeinsamen, des Lernens und Lebens inder Gruppe und in der Schulgemeinschaft ergänzen die not-wendige Individualisierung und Differenzierung. Begegnungund Auseinandersetzung in der Gruppe schaffen Möglichkei-ten der Fremd- und Selbstwahrnehmung, des Sich-Einübens in Helfen und Unterstützen sowie des Aushaltens und Bewäl-tigens von Konflikten. Soziales Lernen im Rahmen der son-derpädagogischen Förderung ist wesentliche Voraussetzung fürdie Entwicklung einer Ich-Identität.

In der sonderpädagogischen Förderung ist die Umsetzung of-fener Unterrichtsformen im Rahmen eines differenzierendenUnterrichts unabdingbar. Zu den offenen Unterrichtsformengehören: Tages- und Wochenplanarbeit, Arbeit an Stationen,Freiarbeit, Projektunterricht und Werkstattunterricht. OffeneUnterrichtsformen im Wechsel mit Lernen in Lehrgängen er-möglichen einen entwicklungsgerechten Arbeitsrhythmus unddie Gestaltung eigener Lernwege.

Auf Förderschulen sind, soweit sie Aufgaben anderer Schular-ten wahrnehmen, die Vorschriften für die jeweilige Schulartentsprechend anzuwenden, sofern nichts Anderes geregeltwird. Jede Förderschule entwickelt im Rahmen ihres Schul-konzepts auf der Grundlage der Stundentafeln der Grundschu-le und der weiterführenden Schulen auf die Förderschwer-punkte der Schülerinnen und Schüler bezogene Arbeits- undFörderpläne. Die ausgewiesenen Stunden für die einzelnenFächer und Fachbereiche stellen für die Förderschulen schul-jahres- oder schulstufenbezogene Kontingente dar, die anteiligerhalten bleiben. Auf Grund der Voraussetzungen der Schüle-rinnen und Schüler und zu Gunsten von sach- und themenbe-zogenen Vorhaben kann die Aufteilung in einzelne Unter-richtsfächer aufgehoben werden.

Fächer-, klassen- und jahrgangsübergreifende Organisation imRahmen der Öffnung von Schule ermöglicht in der Förder-schule eine wirklichkeitsnahe und lebensbedeutsame Auseinan-dersetzung mit den Unterrichtsgegenständen. Dafür geeigneteFormen können sein: Ausstellungen und Aufführungen, Ar-beitsgemeinschaften, Unterrichtsgänge, Aufsuchen außerschu-lischer Lernorte, Versuche und Experimente, Rollenspiele, Fall-

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studien, Planspiele, Darstellendes Spiel, Wandertage, Schul-landheimaufenthalte, Klassenfahrten, Jugendwaldeinsätze, Zu-sammenarbeit mit Kirchen, Vereinen und anderen Organisa-tionen, Partner- und Patenschaften mit anderen Schulen undBetrieben, Betriebserkundungen und -praktika, Projekttage undProjektwochen und Einbeziehen anderer Personen in die Schu-le.

I. 9 Einsatz von Medien

Der Einsatz vielfältiger und zeitgemäßer Medien in allen Be-reichen der sonderpädagogischen Förderung ist unabdingbar.Medien sollen

– Motivation für die inhaltliche Auseinandersetzung wecken,

– Differenzierung und Individualisierung unterstützen,

– Selbstkontrolle ermöglichen,

– für spezifische Beeinträchtigungen Hilfestellungen geben.

Medien werden aus der Lebensumwelt der Schülerinnen undSchüler ausgewählt, sie sollen möglichst alle Sinne ansprechen.

I. 10 Schule als Erfahrungs- und Lebensraum

Eine anregende Klassenraum- und Schulgestaltung sowie eineentspannte Lernatmosphäre fördern aktives Lernen, die Kom-munikation und Interaktion von Schülerinnen und Schülernsowie Lehrkräften im Sinne einer lernenden Gemeinschaft.Die Schule ist ein Lebens-, Lern- und Handlungsraum fürSchülerinnen und Schüler, in dem sie in der entwicklungsför-dernden Auseinandersetzung mit Lerngegenständen, mit sichund mit anderen eigene Aktivitäten entwickeln, Aufgaben lö-sen, Konflikte verarbeiten sowie Erfahrungen und Anregungenaufnehmen, weiterführen und auf neue Ziele hinlenken können.

Die Wirksamkeit von Unterricht und Erziehung wird durchdie schuleigenen Rhythmisierungen der Abläufe, ihre Halt ge-benden Regeln und Rituale sowie die Art und Form der Ge-staltung des Schullebens verstärkt. Formen sinnvoller Rhyth-misierungen sind ein gleitender Tagesbeginn, die Gliederungdes Schultages in Zeitblöcke von unterschiedlicher Dauer, ver-schieden akzentuierte Unterrichtsphasen, Morgen- und Wo-chenschlusskreise, tägliche Spiel- und Bewegungszeiten, Ruhe-phasen, gemeinsame Mahlzeiten und Tages- und Wochen-pläne.

I. 11 Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern

Bei der Entwicklung und Stärkung der Gesamtpersönlichkeitder Schülerinnen und Schüler kommt der Schaffung von Mit-wirkungsmöglichkeiten in der Schule eine besondere Bedeu-tung zu. Die gezielte Einübung und die selbstständige Aus-übung von Mitwirkung und Mitgestaltung sind wesentlicheVoraussetzungen zur späteren Übernahme von persönlicher,beruflicher und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Schüle-rinnen und Schüler wirken entwicklungsgemäß bei der Pla-nung des Unterrichts und der Gestaltung des Klassen- undSchullebens mit. Sie erproben sich bei Feiern und Schulfestenund übernehmen Verantwortung bei der Pausen- und Freizeit-gestaltung. Es ist Aufgabe der Schule, die Schülerinnen undSchüler durch gezielte pädagogische Hilfen zu einer altersange-messenen Beteiligung an schulischen Entscheidungsprozessenzu befähigen. Die Schule schafft dafür die notwendigen Rah-menbedingungen.

Formen der Mitwirkung in Schülervertretungen lassen das Zu-sammenleben in der Schule bewusst als partnerschaftlichesHandeln erfahren und erleben. Die Schülerinnen und Schüler

werden aktiv in die Gestaltung des Schullebens einbezogen, in-dem sie Aufgaben innerhalb der Schule übernehmen und sichan der Vorbereitung und Durchführung von Mahlzeiten, Ver-sammlungen, Festen und Feiern, Ausstellungen, Schulwande-rungen und Schullandheimaufenthalten beteiligen. Auf dieseWeise erhalten die Schülerinnen und Schüler Anregungen füreine aktive Gestaltung ihrer Freizeit.

I. 12 Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten

Für die Qualität und die Wirksamkeit der sonderpädagogi-schen Förderung von Schülerinnen und Schülern ist eine ver-trauensvolle, partnerschaftliche und intensive Zusammenarbeitvon Erziehungsberechtigten und Lehrkräften von entscheiden-der Bedeutung. Die Schule benötigt, wenn sie in Anforderun-gen und Beurteilungen der einzelnen Schülerin und dem ein-zelnen Schüler gerecht werden will, Informationen der Erzie-hungsberechtigten über ihre Kinder. Die Lehrkräfte profitierenbei der Entwicklung ihres pädagogischen Angebots von derMitwirkung der Erziehungsberechtigten. Es ist davon auszuge-hen, dass manche Erziehungsberechtigte ein weit reichendesExpertenwissen erworben haben, andere Erziehungsberechtigtedagegen der Unterstützung und Aktivierung bedürfen.

Die Erziehungsberechtigten müssen über die Entwicklung ih-res Kindes in der Schule, über sein Lern- und Sozialverhaltenund über Lernerfolge und -erschwernisse informiert werden.Die gegenseitige Information ist erforderlich, um den Bil-dungsprozess angemessen begleiten und unterstützen zu kön-nen. Der notwendigen Zusammenarbeit zwischen Elternhausund Schule dienen u. a. Elternabende, Teilnahme der Erzie-hungsberechtigten an Veranstaltungen der Schule und Besucheim Unterricht. Beratungsstunden für Erziehungsberechtigteund Besuche der Lehrkräfte im Elternhaus können das Ver-ständnis der Erziehungsberechtigten für die Bemühungen derSchule wecken und deren Unterstützung bewirken. Darüberhinaus verständigen sich die Lehrkräfte mit den Erziehungsbe-rechtigten über weiterführende Hilfen, therapeutische Angebo-te und Familien unterstützende Maßnahmen außerschulischerTräger sowie über andere Möglichkeiten der Förderung derKinder und Jugendlichen. Absprachen zwischen Lehrkräften,Erziehungsberechtigten und Maßnahmeträgern über zu verein-barende Förder- und Erziehungsziele sollen zur Umsetzung dernotwendigen und realisierbaren Maßnahmen führen.

I. 13 Vernetzung der sonderpädagogischen Förderung

Die Zusammenarbeit der Förderschulen mit allen anderenSchulen in ihrem Einzugsgebiet einschließlich der berufsbil-denden Schulen gewährleistet einen kontinuierlichen Bil-dungsgang für die Schülerinnen und Schüler. Die Zusammen-arbeit ist sicherzustellen.

Sonderpädagogische Förderung in der Schule wird durchMaßnahmen unterschiedlicher Dienste und Leistungsträger er-gänzt. Förderschulen vernetzen sich mit Gesundheits-, Sozial-und Jugendämtern, den schulpsychologischen, schul- undfachärztlichen Diensten, Institutsambulanzen, Einrichtungender Frühförderung und Erziehungsberatungsstellen sowie an-deren Trägern und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhil-fe. Im Hinblick auf die Eingliederung in das Arbeitsleben arbeiten die in der sonderpädagogischen Förderung Tätigenmit der Arbeitsverwaltung, den Kammern und Betrieben zu-sammen. Die Kooperation mit Kirchen und Religionsgemein-schaften, Vereinen und Einrichtungen des öffentlichen Lebenswie Polizei und Justiz erschließt vielfältige Gestaltungsmöglich-keiten. Eine Öffnung der Schule in die Gemeinde oder den

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Stadtteil ermöglicht die Wahrnehmung der vielfältigen Kul-turangebote und die Mitwirkung der Erziehungsberechtigtenals Lehrende und Lernende.

Um den Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten für ihreFreizeitgestaltung zu erschließen, wirken die Lehrkräfte mitTrägern außerschulischer Sport-, Freizeit- und Bildungsange-bote zusammen.

I. 14 Therapeutische Maßnahmen

Der Unterricht bei Schülerinnen und Schülern mit sonder-pädagogischem Förderbedarf mit den Schwerpunkten Geistigeoder Körperliche und Motorische Entwicklung wird durchtherapeutische Maßnahmen unterstützt und ergänzt.

Die Therapie für die Schülerinnen und Schüler fördert und er-hält ihre körperlichen und motorischen Funktionen für dieAktivitäten der täglichen Lebensbewältigung sowie für die Er-weiterung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten. Jede therapeuti-sche Maßnahme ist Bestandteil der individuellen Förderpla-nung und des schulischen Förderkonzepts.

Dem ganzheitlichen Ansatz sonderpädagogischer Förderungentsprechend finden therapeutische Maßnahmen möglichstunterrichtsimmanent statt. Therapeutische Hilfen erforderndeshalb eine enge Zusammenarbeit in Planung und Durch-führung zwischen unterrichtenden Lehrkräften, therapeuti-schen Fachkräften, sozialpädagogischen Fachkräften und Er-ziehungsberechtigten.

I. 15 Leistungen, Zensuren und Zeugnisse, Abschlüsse

Ein Ziel der pädagogischen Bemühungen liegt darin, das Zu-trauen in die eigene Leistungsfähigkeit zu stärken und Erfolgs-erlebnisse zu ermöglichen. Bei der Leistungsbeurteilung ist dieindividuelle Entwicklungssituation zu beachten. Den Schüle-rinnen und Schülern sind zunehmend die Anforderungen anLeistungen zu vermitteln, damit sie die Fähigkeiten zur Selbst-einschätzung und zur Eigenverantwortung erwerben können.

Feststellung und Beurteilung der Leistung dienen dem Aufbauund der Sicherung von Bereitschaft und Fähigkeit zur Leistungund der Entwicklung eines positiven Selbstbildes. Die Schuleentspricht dieser Zielsetzung durch differenzierte Leistungsan-forderungen. Schülerleistungen sind als Schritte und Resultateim individuellen Lernprozess zu sehen. Leistungsfeststellungund Leistungsbeurteilung orientieren sich am individuellenLernfortschritt und nach Alter und Bildungsgang zunehmendan den Anforderungen des Lehrplans und des angestrebtenSchulabschlusses.

Form und Anzahl der Leistungsfeststellungen und -beurteilun-gen werden unter Berücksichtigung der Vorgaben für die je-weilige Schulform auch von pädagogischen Erfordernissen be-stimmt. Dabei sind je nach Eigenart des Lernbereichs vielfälti-ge mündliche, schriftliche und praktische Arbeitsformenzugrunde zu legen. Dazu gehören Beiträge zum Unterrichts-gespräch, Erzählen und Berichten, mündliches oder schriftli-ches Abfragen der Hausaufgaben, mündliche oder schriftlicheÜberprüfungen, schriftliche Übungen zur Sicherung der Er-gebnisse einzelner Unterrichtsstunden, schriftliche Lernkon-trollen, praktische Arbeiten im künstlerisch-musischen und imnaturwissenschaftlich-technischen Bereich sowie Leistungenim Sport.

Alle zur Leistungsfeststellung herangezogenen Arbeitsformenmüssen im Unterricht geübt worden sein. Zur Feststellung desindividuellen Leistungsstandes bietet sich die unterrichtsbe-gleitende Beobachtung an. Die Leistungsbeurteilung erfolgt

punktuell und epochal. Der Unterricht muss genügend bewer-tungsfreie Abschnitte enthalten.

I. 15.1 Leistungsbeurteilung

Leistungen werden nach dem Grad des Erreichens von Lern-anforderungen beurteilt. Die Beurteilung berücksichtigt dieLern- und Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler,ihre Leistungsbereitschaft und ihren individuellen Lernfort-schritt. Die Leistungsbeurteilung ist Teil der differenzierten, anden Möglichkeiten der Schülerin oder des Schülers orientier-ten Förderung. Wenn erforderlich, werden für eine Schülerinoder für einen Schüler individuelle Lernziele bestimmt, diesich an den jeweiligen spezifischen Voraussetzungen und anden curricularen Vorgaben orientieren. Die Feststellung undBewertung der Leistung beziehen sich dann zunächst auf dieindividuelle Lernentwicklung im Hinblick auf die Zielvorga-ben der Förderplanung.

Leistungsbeurteilungen sind ein selbstverständlicher Bestand-teil des Lernprozesses. Beurteilungen stellen eine Hilfe undeine Orientierung zur Selbsteinschätzung dar. Kriterien für Be-urteilungen sollen zunehmend mit den Schülerinnen undSchülern im Unterricht erarbeitet werden. Persönliche An-strengungen und Fortschritte sind grundsätzlich zu würdigenund anzuerkennen.

Verbale Beurteilungen vermitteln differenzierte Informationenüber die Lern- und Leistungsstände, aber auch das Sozial- undArbeitsverhalten der Schülerin oder des Schülers.

I. 15.2 Hausaufgaben

Innerhalb der Unterrichtszeit sind entsprechende Phasen derÜbung, Wiederholung, Vertiefung oder Vorbereitung anzuset-zen. An Förderschulen in Halbtagsform sind Hausaufgaben sovorzubereiten und zu stellen, dass die Schülerinnen undSchüler sie ohne außerschulische Hilfe bewältigen können.Art, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Hausaufgaben sinddem Alter, der Beeinträchtigung und dem individuellen Lei-stungsvermögen der Schülerinnen und Schüler anzupassenund mit den Erziehungsberechtigten und Schülerinnen undSchülern in angemessenen Zeitabständen zu besprechen. Dietägliche Gesamtbelastung der Schülerinnen und Schüler ist zuberücksichtigen. Die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrerachtet auf die Einhaltung dieser Regelung. Angefertigte Haus-aufgaben werden im Unterricht besprochen und überprüft.

An Förderschulen mit Ganztagsunterricht ist in der Regel vonHausaufgaben abzusehen.

I. 16 Besondere Regelungen für den Schulbesuch

Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem För-derbedarf kann die Schulbesuchszeit über die in § 65 Abs. 1NSchG festgelegte Schulbesuchszeit von zwölf Jahren hinausauf Antrag durch die Schule verlängert werden, wenn

– Aussicht besteht, dass eine Schülerin oder ein Schüler da-durch den Abschluss an dem von ihr oder ihm besuchtenFörderschultyp erreichen kann,

– bei Beendigung der Schulpflicht die Schule weniger als neunJahre besucht wurde,

– bei Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischemFörderbedarf mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklungdie weitere Förderung pädagogisch begründet werden kann.

Anträge zur Verlängerung der Schulbesuchszeit über das 21. Lebensjahr hinaus können bei Schülerinnen und Schülernmit sonderpädagogischem Förderbedarf mit dem Schwerpunkt

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Geistige Entwicklung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahresauf deren Antrag oder auf Antrag ihrer Betreuerin oder ihresBetreuers in Ausnahmefällen durch die Schule genehmigt wer-den, wenn

– aufgrund eines pädagogischen Gutachtens einer weiterenFörderung an der Schule eindeutig der Vorzug vor einer Ein-gliederung in die Werkstatt für Menschen mit Behinderun-gen zu geben ist,

– die personelle, räumliche und sächliche Ausstattung derSchule eine Verlängerung zulässt.

I. 17 Nachteilsausgleich

Für Schülerinnen und Schüler mit erheblichen Beeinträchti-gungen in der Sprache, in der Motorik, in der Sinneswahrneh-mung und mit umfänglichen physisch-psychischen und sozia-len Belastungen können die äußeren Bedingungen für mündli-che, schriftliche oder praktische Leistungsfeststellungenverändert werden.

Veränderungen können in qualitativer und quantitativer Formvorgenommen werden, insbesondere durch

– zusätzliche Bearbeitungszeit und zusätzliche Pausen,

– Verwendung spezieller Arbeitsmittel oder technischer Hilfs-mittel,

– personelle Unterstützung,

– alternative Präsentation von Aufgaben und Ergebnissen,

– alternative Leistungsnachweise, zum Beispiel mündlicherstatt schriftlicher Leistungsnachweis,

– unterrichtsorganisatorische Veränderungen,

– individuelle Leistungsfeststellung in Einzelsituationen.

I. 18 Einsatz und Qualifikation des Personals

Sonderpädagogische Förderung erfolgt in vielfältigen Aufga-benfeldern und Handlungsformen. Die Aufgaben der sonder-pädagogischen Förderung umfassen: Diagnostizieren, Erstellenvon individuellen Förderplanungen, Durchführen und Aus-werten von Fördermaßnahmen, Beraten, Unterrichten, Erzie-hen und Beurteilen.

Im Bereich der sonderpädagogischen Förderung arbeiten wis-senschaftlich ausgebildete Lehrkräfte und sozialpädagogischund medizinisch-therapeutisch qualifizierte Fachkräfte.

Für sonderpädagogische Förderung sind grundlegende Kennt-nisse über Wirkungszusammenhänge von Beeinträchtigungenund Behinderungen, ihre Erscheinungsformen und möglichepsychosoziale Zusammenhänge und Auswirkungen ebensonotwendig wie didaktisch-methodische und kommunikativeFähigkeiten.

Teamsitzungen, Beratungen, Hospitationen, Fortbildungsver-anstaltungen, Weiterbildungsmaßnahmen und Supervisionendienen dem Erhalt und der Erweiterung der fachlichen undpersonalen Kompetenz.

I. 19 Weiterentwicklung des Systems der sonderpädagogi-schen Förderung

Die sonderpädagogischen Hilfen und Angebote entwickelnund verändern sich vor allem auf Grund der sich wandelndenSchülerschaft. Es entstehen dabei unterschiedliche regionaleAusprägungen des Systems der sonderpädagogischenFörderung. Bei der Weiterentwicklung der Systeme sonder-

pädagogischer Förderung vor Ort oder in der Region sind vorallem zu berücksichtigen:

– der Anspruch jeder Schülerin und jeden Schülers mit sonder-pädagogischem Förderbedarf auf eine angemessene individu-elle Förderung und

– die Zielvorgabe des Gemeinsamen Unterrichts und dergemeinsamen Erziehung von Schülerinnen und Schülern mitsonderpädagogischem Förderbedarf mit anderenSchülerinnen und Schülern.

Für die Organisation des Systems der sonderpädagogischenHilfen vor Ort oder in einer Region sollen vielfältige offene undflexible Organisationsformen entwickelt und fortgeschriebenwerden, in die sich die Beteiligten einbringen können. Lokaleund regionale Voraussetzungen und Bedingungen müssenberücksichtigt werden.

II Besonderer TeilII. 1 Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Ent-wicklung

1.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem SchwerpunktEmotionale und Soziale Entwicklung

Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem SchwerpunktEmotionale und Soziale Entwicklung ist bei Kindern undJugendlichen anzunehmen, die auf Grund vonBeeinträchtigungen der emotionalen und sozialenEntwicklung, des Erlebens und der Selbststeuerung erheblichund längerfristig in ihren Bildungs-, Lern- undEntwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt sind.

Der sonderpädagogische Förderbedarf entwickelt sich in einemProzess, der durch sich wechselseitig beeinflussendeBedingungen gekennzeichnet ist.

Von erheblicher Auswirkung können dabei sein:

– Verlust an Geborgenheit und Vertrauen,

– Mangel an positiver Orientierung und Autorität,

– Unklarheit von Strukturen,

– Vernachlässigung und Ausgegrenztsein,

– zu wenig Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung,

– erhebliche Umweltbelastungen,

– kritische Lebensereignisse,

– organische Bedingungen.

Ungünstige Entwicklungsbedingungen und defizitäreLebenserfahrungen können nachhaltig die Erlebens- undVerhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen beeinträchti-gen, die als von gesellschaftlichen Normen abweichend wahr-genommen werden können. Die gesellschaftlicheWahrnehmung ist allerdings abhängig von den Normen derBetrachter und unterliegt einem stetigen Wandel.

Abweichendes oder herausforderndes Verhalten zeigt sich ineiner Vielzahl von Erscheinungsformen und in individuellaußerordentlich unterschiedlicher Weise.

Unter anderem werden Erscheinungsformen auffälligerVerhaltensweisen wahrgenommen als:

– übersteigerte Aggressivität bis zur Autoaggression,

– unkontrollierte Gefühlsäußerungen,

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– motorische Unruhe und Impulsivität,

– fehlende Selbststeuerung,

– ausgeprägte Labilität,

– Bindungsschwäche,

– Vermeidungs- und Fluchtverhalten,

– Verunsicherung und ängstliches Zurückgezogensein,

– Verharren in Passivität,

– ausgeprägtes Gehemmtsein.

Auffällige Erlebens- und Verhaltensweisen bilden sich vor al-lem als Folge einer inneren Erlebens- und Erfahrungswelt her-aus und zeigen sich in Interaktionsprozessen im persönlichen,familiären, schulischen oder gesellschaftlichen Umfeld. Siesind nicht auf unveränderliche Eigenschaften der Personzurückzuführen. Die Verhaltensweisen sind aber nicht nur in-dividuelle Probleme eines Kindes oder Jugendlichen. Sie kön-nen auch als subjektive Problemlösungen verstanden werdenund Hinweise auf vorhandene Konflikte geben. Diese könnenim Verhältnis der einzelnen Person zu sich selbst oder zu ihrerpsychosozialen und sächlich-räumlichen Umwelt begründetsein.

Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischenFörderbedarf im Schwerpunkt Emotionale und Soziale Ent-wicklung benötigen Hilfe und Unterstützung, um sich in an-gemessener Weise entwicklungsfördernd mit sich selbst undihrer psychosozialen Umwelt auseinander zu setzen, schuli-schen Anforderungen zu entsprechen und dem Bildungsgangfolgen zu können.

1.2 Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfs

Die Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfsberücksichtigt die Bedeutung des Umfelds für das emotionaleVerhalten und das Sozialverhalten sowie für das Arbeits- undLernverhalten. Bei der interdisziplinär angelegten Ermittlungdes sonderpädagogischen Förderbedarfs ist häufig die Zusam-menarbeit mit psychosozialen, psychiatrischen, psychothera-peutischen und medizinischen Diensten erforderlich.

Die Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe, demSchulpsychologischen Dienst, insbesondere den Erziehungsbe-ratungsstellen, der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ist si-cherzustellen.

1.3 Pädagogische Ausgangslage

Sonderpädagogische Förderung soll das Recht der Kinder undJugendlichen mit Förderbedarf im Bereich der emotionalen undsozialen Entwicklung auf eine ihren individuellen Möglichkei-ten entsprechende schulische Bildung verwirklichen helfen.

Die sonderpädagogische Förderung orientiert sich grundsätz-lich an den Bildungszielen der allgemeinen und der berufsbil-denden Schulen. Darüber hinaus hat sie Erziehungs- und Bil-dungsaufgaben zu erfüllen, die sich aus der individuellen För-derplanung der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfim emotionalen Erleben und sozialen Handeln ergeben.

Die Schülerinnen und Schüler können unabhängig vom jewei-ligen Förderort die Bildungsabschlüsse der Schularten erwer-ben, nach deren curricularen Vorgaben sie unterrichtet wur-den.

Die sonderpädagogische Förderung ist in erster Linie auf dieWeiterentwicklung der differenzierten Fähigkeiten zu emotio-

nalem Erleben und sozialem Handeln gerichtet. Sie unterstütztund begleitet diese Kinder und Jugendlichen durch ein Ange-bot spezifischer Hilfen, um

– die Motivation für dauerhafte Veränderungen zu unterstüt-zen und die Steuerungsfähigkeit ihres Verhaltens langfristigzu stabilisieren,

– die Fähigkeit zur Reflexion ihres eigenen Denkens und Han-delns sowie des Denkens und Handelns anderer zu erwei-tern, dabei Rücksichtnahme und Toleranz gegenüber ande-ren zu entfalten,

– die Interessen für das Lernen, das Verständnis für die Zu-sammenarbeit und den Sinn für das Handeln mit anderen zuvermitteln,

– die Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung für eigenesHandeln zu entwickeln.

1.4 Präventive Förderung

Durch vorbeugende Maßnahmen können die Verfestigung so-zial unangemessener Handlungsmuster frühzeitig verhindert,erwünschte angebahnt und dadurch die schulische Entwick-lung positiv beeinflusst werden. Zu den vordringlichen Aufga-ben gehört es,

– die Bedingungen für das Entstehen einer Störung der emo-tionalen und sozialen Entwicklung, ihre Eigendynamik undinnere Logik zu verstehen,

– die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich die Schüle-rinnen und Schüler mit ihrem Selbstkonzept, ihrem emotio-nalen Befinden sowie ihrem sozialen Handeln auseinandersetzen können,

– Fragen der Annahme und Abgrenzung, der Nähe und derDistanz, der Orientierung und der Identifikation, des Bezie-hungsaufbaus und der Grenzsetzung, der sozialen Verant-wortung und der Kooperation und der Gruppenfähigkeit zurGrundlage pädagogischen Handelns zu machen,

– die jungen Menschen zunehmend die Verantwortung fürihre Entscheidungen und für die Lösung ihrer eigenen Pro-bleme übernehmen zu lassen,

– Handlungsalternativen durch eine dialogische Problemanalyseund Lösungssuche zu entwickeln und Entscheidungshilfenbei deren Umsetzung, Modifikation und Kontrolle zu geben,

– Voraussetzungen für ein möglichst wohnortnahes, flexiblessonderpädagogisches Förderangebot unter Einbeziehung vonSchulsozialarbeit, sozialpädagogischen, psychologischen undmedizinisch-therapeutischen Hilfen zu schaffen.

In Fällen tief greifender Störungsbilder oder Erkrankungen er-folgt die sonderpädagogische Förderung in Zusammenarbeitmit psychiatrischen oder forensischen Einrichtungen.

1.5 Förderschulen mit dem Schwerpunkt Emotionale undSoziale Entwicklung

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förder-bedarf mit dem Schwerpunkt Emotionale und Soziale Ent-wicklung, für die eine hinreichende Förderung in allgemeinenSchulen nicht gewährleistet werden kann, werden in Förder-schulen unterrichtet. Die Förderschule mit dem SchwerpunktEmotionale und Soziale Entwicklung umfasst den Primarbe-reich oder den Primar- und Sekundarbereich I. Die Förder-schule ist als Durchgangsschule konzipiert. Sie arbeitet

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grundsätzlich nach den Vorgaben der Fächer des für die Schü-lerin oder den Schüler entsprechenden Bildungsgangs.

An der Förderschule können neben den Lehrkräften auchPädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetztwerden.

1.6 Ziele von Erziehung und Unterricht

Erziehung und Unterricht von Schülerinnen und Schülern mitdem Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklungzielen in allen Formen und an allen Orten sonderpädagogi-scher Förderung neben dem Erwerb von Wissen und der Ent-wicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere aufden Aufbau und die Festigung von positiven Einstellungen,Werthaltungen und Verhaltensmustern. Der Förderbedarf derSchülerinnen und Schüler erfordert eine spezifische Gestaltungder Erziehungs- und Unterrichtsangebote.

Es ist besonders wichtig zu lernen, wie durch die selbstständigeEntwicklung von Handlungskompetenzen mit Belastungen imBereich des Erlebens und der sozialen Erfahrung umgegangenwerden kann.

Wesentlicher Bestandteil der schulischen Förderung ist unterder Berücksichtigung individueller Interessen und Neigungen,Wünsche und Hoffnungen, aber auch von Sorgen und Äng-sten, der Aufbau verlässlicher Gemeinschaften, die Halt undOrientierung bieten und die Voraussetzung dafür schaffen,dass Schülerinnen und Schüler ihre persönlichen Kräfte undFähigkeiten entfalten können.

Voraussetzung für wirkungsvolles pädagogisches Handeln isteine tragfähige Schüler-Lehrer-Beziehung. Sie zeichnet sichdurch ein hohes Maß an Verständnis, durch besondere persön-liche Zuwendung und pädagogisch-psychologische Unterstüt-zung aus. Hierzu gehört, dass Grenzen gesetzt und Normenund Regeln vereinbart und eingehalten werden. Unterrichtli-che und erzieherische Unterstützung zur Orientierung im so-zialen Umfeld und zur Selbststeuerung dienen der Verarbei-tung von belastenden Lebenseindrücken und sollen zu einerindividuell und gesellschaftlich akzeptierten Lebensführungbeitragen.

Alle an der Erziehung von Schülerinnen und Schülern mitFörderbedarf im Bereich des emotionalen Erlebens und sozia-len Handelns Beteiligten haben den Auftrag, die Beziehungs-fähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Eine klargegliederte Ordnung innerhalb eines verlässlichen und belast-baren Rahmens bietet den Schülerinnen und Schülern Orien-tierung für die Gestaltung und Stabilisierung von Beziehungenim Schulalltag und darüber hinaus. Authentisches Verhalten,Klarheit und Konsequenz bei Interventionen, Flexibilität beider Unterrichtsplanung und -durchführung, Berechenbarkeitsowie Verlässlichkeit des Lehrerverhaltens sind für die Schüle-rinnen und Schüler wichtige Hilfen, um sich auf die Lernpro-zesse und die Beziehungen zu den Personen in der Schule ein-lassen zu können.

II. 2 Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

2.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwer-punkt Geistige Entwicklung

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förder-bedarf im Schwerpunkt Geistige Entwicklung zeigen unter-schiedliche Erscheinungsbilder in den verschiedenen Entwick-lungsbereichen. Vielfach wird die Lern- und Lebenssituationder Kinder und Jugendlichen durch körperliche, psychische

und soziale Bedingungen und Beeinträchtigungen in individu-eller Ausprägung zusätzlich erschwert. Aufgrund dieser Aus-gangslage verfügen sie über unterschiedliche Entwicklungs-möglichkeiten, die durch Erziehung und Unterricht beeinfluss-bar sind.

Ausdrücklich sind Schülerinnen und Schüler einbezogen, dieaufgrund der Schwere ihrer Beeinträchtigungen in allen Ent-wicklungs- und Lernbereichen auf fremde Hilfen angewiesensind. Medizinisch-therapeutische, pflegerische, technische,psychologische und soziale Kompetenzen können erforderlichsein, um die sonderpädagogische Unterstützung im Unterrichtzu gewährleisten.

Der individuelle Entwicklungsstand, die Begabungen und dieFähigkeiten, die Ergebnisse der bisherigen Förderung und dieGegebenheiten des sozialen Umfelds bestimmen den Förderbe-darf.

Die sonderpädagogische Förderung im Schwerpunkt GeistigeEntwicklung hat die Aufgabe, jeder Schülerin und jedemSchüler Hilfen zur Entwicklung der individuell erreichbarenFähigkeiten und Fertigkeiten zu geben. SonderpädagogischeFörderung im Schwerpunkt Geistige Entwicklung beinhalteteine alle Entwicklungs- und Persönlichkeitsbereiche umfassen-de Förderung in Unterricht und Erziehung mit den Zielen desZugangs zu einer aktiven Lebensbewältigung, der Selbstentfal-tung in sozialer Integration und zu allen Bereichen von Bil-dung und Kultur einschließlich der Kulturtechniken. DieSchülerinnen und Schüler können Förderung bei der Entwick-lung von Wahrnehmung, Bewegung, Sprache, Denken undHandeln sowie Unterstützung zur selbstständigen Lebens-führung und bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit benötigen.

Unterricht und Erziehung haben den Auftrag, ein Lernumfeldzu gestalten, in dem Kinder und Jugendliche ihre Persönlich-keit entfalten können, damit sie zur größtmöglichen Eigen-ständigkeit gelangen und Chancen zur eigenen Entwicklungnutzen. Dadurch wird es den Schülerinnen und Schülern er-möglicht, soziale Kompetenz zu erwerben, Umwelt zu erfahrenund aktiv zu gestalten, Wissen zu erwerben sowie selbstbe-stimmt zu handeln.

2.2 Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklungumfasst

– den Primarbereich mit den Schuljahrgängen 1-4,

– den Sekundarbereich I mit den Schuljahrgängen 5-9,

– den Sekundarbereich II mit den Schuljahrgängen 10-12.

Alle Bereiche bilden eine pädagogische und organisatorischeEinheit.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklungverfügt über die konzeptionellen, personellen, baulichen undsächlichen Voraussetzungen für eine umfassende Lern- undEntwicklungsförderung. Unter Berücksichtigung der regiona-len Besonderheiten und Rahmenbedingungen stellt sie ein fle-xibles und differenziertes schulisches Angebot bereit. Unter-richt und Erziehung werden in möglichst altershomogenenGruppen auf die jeweiligen Bedürfnisse des einzelnen Schülersund der einzelnen Schülerin abgestimmt und im pädagogi-schen Gesamtangebot für die Klasse verwirklicht. Für beson-dere Lerninhalte können zur Differenzierung klasseninterneund klassenübergreifende Lerngruppen gebildet werden.

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Therapeutische Maßnahmen sind einzeln oder in Kleingrup-pen unterrichtsbegleitend einzubeziehen, damit den Schülerin-nen und Schülern eine durchgängige Teilhabe am Unterrichtermöglicht wird. In gleicher Weise sind notwendige medizi-nisch-pflegerische Maßnahmen einzubinden.

Die Bildungsziele und -inhalte beziehen sich auf das spätereprivate und berufliche Leben sowie auf das Hineinwachsen inkulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge. Der Grund-satz der Ganzheitlichkeit und die verschiedenartigen entwick-lungsspezifischen Förderbedarfe bedingen ein hohes Maß anDifferenzierung des Personaleinsatzes sowie Teamarbeit.

Förderschullehrerinnen und Förderschullehrer, PädagogischeMitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterrichtsbegleitenderund in therapeutischer Funktion stimmen die verschiedenenMaßnahmen in Bezug auf die gemeinsamen Förderziele auf-einander ab. Die Organisation und Koordination der interdis-ziplinären Zusammenarbeit liegen bei der Klassenleitung. Dar-über hinaus sind eine intensive Zusammenarbeit mit Erzie-hungsberechtigten und eine Vernetzung mit außerschulischenEinrichtungen erforderlich.

Auf der Grundlage der Lernausgangslage und der Entwick-lungsbedingungen der Schülerinnen und Schüler richtet sichder Unterricht nach

– der individuellen Förderplanung für jede Schülerin und je-den Schüler,

– den curricularen Vorgaben,

– der kurzfristigen Unterrichtsplanung als didaktisch-methodi-sche Aufbereitung der Unterrichtseinheiten, in der auch diespeziellen Aufgaben für die Pädagogischen Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter festgelegt werden,

– der Klassenplanung, die einen Überblick über das Unter-richtsangebot in überschaubaren Zeiträumen gibt,

– dem Schulkonzept als schulinternem Verteilungsplan, derdie altersspezifischen Inhalte unter Berücksichtigung regio-naler Gegebenheiten festlegt.

Unterricht wird in Form von speziellen Erlebnis- und Hand-lungseinheiten von unterschiedlicher Dauer, Vorhaben,Fächern, Projekten, Kursen, Lehrgängen und Arbeitsgemein-schaften erteilt. In der Förderschule mit dem SchwerpunktGeistige Entwicklung erstrecken sich unterrichtliches und er-zieherisches Handeln über den gesamten schulischen Tagesab-lauf. Die Vorbereitung und Einnahme der Mahlzeiten gehörenzu den unterrichtlichen Aufgaben.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklungwird in der Regel als Schule mit ganztägigem Unterricht ge-führt. Durch gemeinsame Aktivitäten mit anderen Schulfor-men und durch die Teilhabe am kulturellen und gemeinschaft-lichen Leben in der näheren und weiteren Umgebung wird diesoziale Eingliederung gefördert.

In der Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwick-lung werden Klassenarbeiten und schriftliche Überprüfungennicht gefordert. Die Bewertung der Lernfortschritte erfolgtdurch ein Zeugnis am Schuljahresende, bei Schulwechsel undbei Entlassungen. Die Zeugnisse enthalten Berichte über dieFortschritte in den einzelnen Lernbereichen und Fächern statteiner Benotung von Leistungen. Grundlage dafür sind die in-dividuellen Förderpläne und Klassenpläne. Die Schülerinnenund Schüler rücken unabhängig vom Leistungsstand in dennächsten Schuljahrgang auf.

Beim Verlassen der Schule erhält die Schülerin oder derSchüler ein Abgangszeugnis, das in freier Form den allgemei-nen Leistungsstand in allen Lernbereichen und Fächern be-schreibt. Es ist zu vermerken, ob die Schülerin oder derSchüler die Schulpflicht erfüllt hat. Alle Zeugnisse und Be-richte und die sich daraus ergebenden Maßnahmen sind mitden Erziehungsberechtigten zu erörtern.

2.3 Tagesbildungsstätten

Kinder und Jugendliche mit einem sonderpädagogischen För-derbedarf mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung kön-nen ihre Schulpflicht auch in einer anerkannten Tagesbil-dungsstätte erfüllen. Tagesbildungsstätten sind ein wesentlicherBestandteil der umfassenden Eingliederungsmaßnahmen fürKinder und Jugendliche mit einem Förderbedarf im Schwer-punkt Geistige Entwicklung. die Schulbehörde kann mit Zu-stimmung der Erziehungsberechtigten auch entscheiden, dasKinder und Jugendliche eine anerkannte wohnortnahe Tages-bildungsstätte zu besuchen haben, wenn der Träger der Ein-richtung zustimmt. Das Einvernehmen mit dem Träger derSchülerbeförderung ist herzustellen.

Für die Tagesbildungsstätten gilt der im NiedersächsischenSchulgesetz festgelegte Erziehungs- und Bildungsauftrag. DieArbeit in den Tagesbildungsstätten ist darauf gerichtet, jederSchülerin und jedem Schüler zu einer ihr und ihm möglichenSelbstentfaltung in sozialer Eingliederung zu verhelfen.

Die pädagogischen und therapeutischen sowie die inhaltlichenund organisatorischen Angebote in den Tagesbildungsstättenorientieren sich grundsätzlich an denen der Förderschulen mitdem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Das verbindlicheLeistungsangebot einer Tagesbildungsstätte ist in der Lei-stungsbeschreibung festgelegt, die der zuständige Träger mitdem Land Niedersachsen abgeschlossen hat. Das Angebot be-inhaltet das Vorhandensein einer Konzeption für die jeweiligeTagesbildungsstätte.

II. 3. Förderschwerpunkt Hören

3.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwer-punkt Hören

Bei Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen desHörens und der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung istin der Regel ein sonderpädagogischer Förderbedarf gegeben.Art und Grad der Hörbeeinträchtigung, Ergebnisse der bishe-rigen Förderung, weitere Beeinträchtigungen und Gegebenhei-ten des Umfeldes bestimmen einen unterschiedlichen Förder-bedarf. Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen desHörens bedürfen in Erziehung und Unterricht der sonder-pädagogischen Unterstützung. Dabei sind häufig ergänzendetherapeutische und soziale Hilfen außerschulischer Maßnah-meträger notwendig.

In der Regel bestehen vom frühen Lebensalter an Schwierig-keiten, vor allem gesprochene Sprache aufzufassen. Eine vonfrüher Kindheit an beeinträchtigte Sprachaufnahme führt zuVerzögerungen im Spracherwerb und zur Einschränkung despassiven und aktiven Sprachbesitzes. Der unvollständige Er-werb und die lückenhaften Kenntnisse grammatischer Formenund Satzstrukturen wirken sich auf das Sprachverständnis so-wie auf den mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch aus.Begriffe sind oft nicht bekannt und auf den konkreten Wort-inhalt oder auf einen Teilinhalt eingeengt.

Die Hörschädigung führt bei verspäteter Diagnose und unzu-reichender Förderung zu einer Beeinträchtigung der kommu-nikativen Kompetenz. Fehlende Hör- und Spracherfahrungen

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können Entwicklungsstörungen im emotionalen, sozialen undkognitiven Bereich sowie im Spracherwerb zur Folge haben.

3.2 Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfs

Der sonderpädagogische Förderbedarf mit dem SchwerpunktHören wird im Rahmen einer breit angelegten, interdiszi-plinären Verlaufsdiagnostik ermittelt. Dabei müssen Art undGrad der individuellen Hörbeeinträchtigung, persönlicheFähigkeiten, Lernstärken und Lernschwächen, Entwicklungs-verläufe, Interessen und Zukunftserwartungen sowie das erzie-herische und sprachliche Umfeld des Kindes oder Jugendli-chen einbezogen werden.

Für Art und Umfang der sonderpädagogischen Förderung sinddie Voraussetzungen und Möglichkeiten der elementaren Ent-wicklungsbereiche

– Wahrnehmung, vor allem auditive Wahrnehmung,

– Motorik,

– Motivation,

– Kognition,

– Kommunikation in Laut-, Schrift- und Gebärdensprache so-wie mit manuellen Kommunikationshilfen,

– Sozialverhalten,

– Emotionalität sowie

– Kreativität

in eine Betrachtung des Kindes in seinem Umfeld einzubezie-hen.

Im Rahmen der Feststellung des sonderpädagogischen Förder-bedarfs mit dem Schwerpunkt Hören hat die PädagogischeAudiologie einen besonderen Stellenwert.

Aufgabe der sonderpädagogischen Diagnostik ist es, neben derErmittlung des Hörstatus das Bedingungsgefüge der Hörschä-digung als eine erhebliche Beeinträchtigung der Wahrneh-mung und mögliche Auswirkungen auf die Gesamtentwick-lung der Kinder und Jugendlichen zu erkennen. Die Ergeb-nisse der diagnosegeleiteten Förderung im Rahmen der frühenHilfen sowie des Kindergartens für Hörgeschädigte sind zuberücksichtigen.

Diagnostik im Förderschwerpunkt Hören erfordert grundsätz-lich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die PädagogischeAudiologie kooperiert mit den Fachdisziplinen Phoniatrie undPädaudiologie, HNO-Heilkunde, Pädiatrie und Hörgerä-teakustik und fasst die verschiedenen Befunde und Erkennt-nisse zusammen. Die Mitwirkung von gehörlosen und schwer-hörigen Fachkräften ist anzustreben. Bei Kindern und Jugend-lichen mit Hörbeeinträchtigungen und mit zusätzlichenBeeinträchtigungen liegt ein weiterer Abklärungsbedarf alsVoraussetzung für eine grundlegende Förderung vor. Dies giltin besonderem Maße für Menschen mit Hörschädigungen undFörderbedarf im Schwerpunkt Geistige Entwicklung.

3.3 Pädagogische Ausgangslage

Der Förderbedarf im Schwerpunkt Hören ist sehr unterschied-lich ausgeprägt. Die meisten Menschen mit Hörschädigungensind nach einer frühen hörtechnischen Versorgung und beson-deren Fördermaßnahmen in der Lage, Lautsprache auf auditi-vem Wege zu erwerben und anzuwenden.

Aus pädagogischer Sicht gelten Kinder und Jugendliche alsschwerhörig, deren Hörfähigkeit infolge einer Schädigung desperipheren oder des zentralen Teils des Hörorgans erheblich

eingeschränkt ist. Sie können aber die Lautsprache mit Hilfevon Hörhilfen wie Hörgeräten, Cochlea-Implantaten undHöranlagen identifizieren und eigenes Sprechen über die audi-tive Rückkoppelung kontrollieren.

Aus pädagogischer Sicht gelten Kinder und Jugendliche alsgehörlos, deren Hörfähigkeit so stark eingeschränkt ist, dass sieauch unter Einsatz von Hörhilfen nicht in der Lage sind, aku-stische Signale und Lautsprache auf dem auditiven Weg aufzu-nehmen oder zu erwerben. Sie sind auf die visuelle Unterstüt-zung wie die Nutzung des Absehens, des Einsatzes der Schrift-sprache und manueller Kommunikationsmittel wieLautzeichensystem und Fingeralphabet sowie auf Kommunika-tionsformen wie lautsprachbegleitende Gebärden oder Deut-sche Gebärdensprache angewiesen. Aus pädagogischer Sichtbenötigen Kinder und Jugendliche mit auditiven Verarbei-tungs- und Wahrnehmungsstörungen in der Regel hörgeschä-digtenspezifische Förderung.

Eine Hörschädigung oder Beeinträchtigung der auditiven Ver-arbeitung und Wahrnehmung bei Kindern und Jugendlichenist mit sprachlichen und psychosozialen Begleiterscheinungenverbunden.

3.4 Ziele und Aufgaben sonderpädagogischer Förderung

Sonderpädagogische Förderung soll das Recht der Kinder undJugendlichen mit Förderbedarf im Bereich des Hörens, der au-ditiven Verarbeitung und Wahrnehmung, der Kommunikati-on, des Spracherwerbs sowie des Umgehen-Könnens mit einerHörschädigung auf eine ihren persönlichen Bedingungen ent-sprechende schulische Bildung und Erziehung verwirklichen.Sie strebt die bestmögliche Entwicklung der Hörfähigkeit, derWahrnehmung und Kommunikation sowie der Laut- undSchriftsprachkompetenz an. Sie soll die Schülerinnen undSchüler mit Hörschädigungen zur Eingliederung in die Weltder Hörenden befähigen und auf die Gemeinschaft von Men-schen mit Hörschädigungen vorbereiten.

Sonderpädagogische Förderung trägt zur Identitätsfindungund Persönlichkeitsbildung bei, vor allem durch die Gestal-tung vielfältiger Kontakte zu anderen Menschen. DeutscheGebärdensprache oder andere gebärdensprachliche Kommuni-kationsformen sind in Abhängigkeit zur entwickelten Hör-und Kommunikationsfähigkeit angemessen einzusetzen.

Die sonderpädagogische Förderung von Kindern und Jugend-lichen im Schwerpunkt Hören umfasst unterschiedliche Auf-gaben:

Entwicklung des Hörens und der Lautsprache

Als zentrale Förderaufgabe gilt die Entwicklung des Hörensund der Lautsprache. Beim Kind müssen durch frühestmögli-che Erfassung und Förderung die Voraussetzungen für dasHineinwachsen in die Lautsprache geschaffen werden. Um dieLautsprache zu erschließen, benötigt das Kind eine frühzeitigeVersorgung mit technischen Hilfsmitteln und eine baldmög-lichst beginnende Hör- und Spracherziehung. Die Sprachent-wicklung und die hierfür notwendige Auswahl muttersprachli-cher Mittel orientieren sich an den Zielen der hörgerichtetenFörderung. Der neurophysiologisch organisierte Hör- undSprachlernprozess setzt besonders bei Kindern mit Hörschädi-gungen kontinuierlich auditive Reize und daraus resultierendefrühe Lernprozesse voraus.

Eine erlebnis- und handlungsorientierte ganzheitliche Förde-rung schafft durch das Hörenlernen in Alltags- und Spielsitua-

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tionen der Familie die Voraussetzungen für einen strukturier-ten und reflektierten Sprachlernprozess. Hörgerichtete Erzie-hung ist kein herkömmlicher Sprachaufbau, sondern eine ander natürlichen Hör- und Sprachentwicklung angelehnte mut-tersprachliche Zugehensweise, die nach der frühestmöglichenhörtechnischen Versorgung eine kontinuierliche pädaudiologi-sche Kontrolle erfordert.

Die hörgerichtete Förderung greift auf die Umgangssprachezurück und betont in besonderer Weise die prosodischenMerkmale. Besondere Übungen zur individuellen Sprechfähig-keit, zum Hörtraining und zum Absehen werden abhängigvom individuellen Bedarf und situativ in die Förderung einbe-zogen.

Hörgerichtete Erziehung hat insbesondere folgende Zielset-zungen:

– Verbesserung der auditiven Verarbeitung und Wahrneh-mung,

– Ermöglichen des Erfassens auditiver sprachlicher Strukturen,

– Aufgreifen rhythmischer, dynamischer und melodischerMerkmale der Sprache,

– Erarbeitung von Schemata für das Erfassen sprachlicher In-halte,

– Verbesserung des Sprachgedächtnisses,

– Erweiterung der Sprechgliederung.

Erziehung zur Hörgerichtetheit ist unabdingbarer Bestandteilder Gesamterziehung im Rahmen der Unterrichtsgestaltung.Das Streben nach Hörgerichtetheit erweist sich auch bei gerin-gem Hörvermögen als notwendig und nützlich. Voraussetzun-gen sind die bestmögliche Anpassung und frühestmöglicheGewöhnung an die ständige Nutzung technischer Hörhilfensowie deren sachgerechter und pfleglicher Einsatz. Kinder soll-ten möglichst früh für ihre regelmäßige Verwendung motiviertwerden. Eine stetige Überprüfung der Hörhilfen ist unver-zichtbar.

Individuelle Sprechförderung

Die individuelle Sprechförderung ist während der gesamtenSchulzeit unerlässlich. Das verständliche Sprechen wird durchÜbung und Kontrolle der Sprechbewegungen, der Stimme, derSprechatmung sowie durch Beachtung von Rhythmus, Dyna-mik und Sprachmelodie gefördert. Als wichtige Maßnahmenzur Förderung der Sprechfertigkeit gelten:

– Hörerziehung,

– basale Schulung der Motorik,

– Atem- und Stimmgebung,

– Rhythmisch-melodische Sprecherziehung,

– Artikulation von Einzellauten und Lautgefügen,

– Übung von Sprechbewegungsabläufen,

– Sicherung des Lautbestandes,

– Beseitigung individueller Sprechfehler.

Schulung des Absehens

Der Schulung des Absehens kommt bei der Wahrnehmung ge-sprochener Sprache eine hohe Bedeutung zu. Der Einsatz tech-nischer Hörhilfen wird durch das Absehen wirkungsvoll er-gänzt. Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass prägnanteund deutlich wahrnehmbare Mund-Absehbilder beim Sprech-

ablauf erfolgreiches Lernen unterstützen. Auf optimale Sicht-verhältnisse ist zu achten. Geeignete optische, akustische undtaktile Hilfsmittel sowie manuelle Zeichen verhelfen zu verbes-sertem Absehen.

Aufgaben der Abseherziehung sind vor allem:

– Ausweitung und Durchgliederung der visuellen Wahrneh-mung,

– Schulung gerichteter visueller Wahrnehmung,

– Hilfestellung bei der Einordnung der Wahrnehmungsinhaltein Zusammenhänge,

– Koppelung der Inhalte visueller und auditiver Wahrneh-mung mit taktilem Empfinden.

Entwicklung der Schriftsprache

Dem Erwerb der Schriftsprache kommt bei Schülerinnen undSchülern mit Hörschädigungen eine herausragende Bedeutungzu. Schriftsprache als Darstellung der Lautsprache in sichtbarerForm unterstützt die Entwicklung und Entfaltung der Laut-sprache. Die Schriftsprache ist vor allem für Kinder mit hoch-gradiger Hörschädigung und mit spezifischen Lernbeeinträch-tigungen von besonderer Wichtigkeit. Schriftsprache ist einwichtiges Kommunikationsmittel im Kontakt mit Hörenden.

Rhythmisch-musikalische Erziehung

Rhythmisch-musikalische Erziehung unterstützt den Lernpro-zess in den Bereichen des Hörens und der Lautsprache undschafft Freude an Musik und Bewegung. Sie trägt zur Ent-wicklung der kindlichen Persönlichkeit bei und steigert dieUnterscheidungsfähigkeit hinsichtlich der Struktur vonSprechbewegungs- und Lautgestalten. Das Kind lernt, Eigen-schaften der Lautsprache in Tonfall, Dynamik, Rhythmus, Mi-mik und Gestik darzustellen. Rhythmisch-musikalische Erzie-hung verhilft dazu, Sprachformen zu empfinden und zu unter-scheiden, etwa Frage, Aufforderung, Antwort und Aussage. Siemacht Sprachstrukturen begreifbar. Das Rhythmisieren desSprechens gibt der Sprache einen lebendigen Charakter. Esstützt die Sprachauffassung, das Sprachverständnis und dasGefühl für sprachliche Gliederung.

Gebrauch gebärdensprachlicher und manueller Kommunika-tionsmittel

Kinder und Jugendliche mit Hörschädigungen, die Lautspra-che nur eingeschränkt kontrollieren können, sind auf den Ge-brauch lautsprachbegleitender Gebärden und anderer manuel-ler Kommunikationsmittel angewiesen. LautsprachbegleitendeGebärden, Fingeralphabet und Phonembestimmtes Manual-system bilden visuelle Ergänzungssysteme, die strukturell denjeweiligen Regeln der Laut- und Schriftsprache folgen. Laut-sprachbegleitende Gebärden und andere manuelle Kommuni-kationsmittel zielen darauf ab, Wahrnehmung und Produktionlautsprachlicher Äußerungen zu erleichtern und zu unterstüt-zen. Darüber hinaus ermöglichen Angebot und Verfügbarkeitvon Gebärden und von manuellen Kommunikationsmittelneine entspannte Kommunikation.

Förderung im psychosozialen Bereich

Hörschädigungen führen häufig zu Erfahrungsmängeln undBeziehungsstörungen. Das Nachholen von Umwelterfahrun-gen und das Einüben sozialer Verhaltensweisen sowie das An-bahnen neuer Kontakte sind daher vorrangige Aufgaben derFörderung. Das Erlernen vielfältiger sozialer Normen, Regelnund Verhaltensweisen erfordert die wirklichkeitsnahe Begeg-

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nung und Auseinandersetzung mit Personen, Gegenständenund Institutionen, die für die Lebensgestaltung des Menschenmit Hörschädigung bedeutsam sind. Sozialerziehung muss da-her in den Freizeitbereich hineinwirken.

Hörgeschädigtenkunde und Kommunikationstaktik

Hörgeschädigtenkunde umfasst jene Lerninhalte, die durch dieLebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen bestimmtwerden. Sie lernen Ursachen und Formen ihrer Hörschädigungkennen. Sie lernen, mit hörtechnischen Hilfen umzugehenund sammeln Erfahrungen über kompensatorische Fähigkei-ten und Fertigkeiten. Sie nutzen Möglichkeiten zur Unterstüt-zung und Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit. Sie set-zen sich mit der Welt der Hörenden auseinander und machensich zugleich in den Gemeinschaften der Gehörlosen und derSchwerhörigen kundig. Der sich natürlich entwickelnde, aberauch geförderte Kontakt mit Hörenden der jeweiligen Alters-gruppe wird gepflegt. Ebenso wichtig sind Begegnungen mitErwachsenen mit Hörschädigungen.

Förderung im psychosozialen Bereich

Hörschädigungen führen häufig zu Erfahrungsmängeln undBeziehungsstörungen. Das Nachholen von Umwelterfahrun-gen und das Einüben sozialer Verhaltensweisen sowie das An-bahnen neuer Kontakte sind daher vorrangige Aufgaben derFörderung. Das Erlernen vielfältiger sozialer Normen, Regelnund Verhaltensweisen erfordert die wirklichkeitsnahe Begeg-nung und Auseinandersetzung mit Personen, Gegenständenund Institutionen, die für die Lebensgestaltung des Menschenmit Hörschädigung bedeutsam sind. Sozialerziehung muss da-her in den Freizeitbereich hineinwirken.

3.5 Organisationsformen sonderpädagogischer Förderung imSchwerpunkt Hören

Unterricht und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mitsonderpädagogischem Förderbedarf im Schwerpunkt Hörenkönnen mit Unterstützung durch Mobile Dienste in allgemei-nen Schulen sowie in Förderschulen in kommunaler Träger-schaft oder in Landesbildungszentren erfolgen.

3.5.1 Pädagogisch-Audiologisches Beratungszentrum

Das Pädagogisch-Audiologische Beratungszentrum überprüftKinder und Jugendliche mit Hörschädigungen und berät Er-ziehungsberechtigte, Lehrerinnen und Lehrer. PädagogischeAudiologie kooperiert mit den Bereichen Medizin, Akustik,Technik, Pädagogik und Psychologie. Periphere Hörschädenund auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungensind abzuklären. Fachlich qualifizierte Pädagogen erheben re-gelmäßig den Hörstatus betroffener Kinder und Jugendlicher.Die Effizienz der individuellen Hörhilfen wird umfassendüberprüft und vor dem Hintergrund der Hörschädigung re-flektiert. Bei Bedarf sind Reparaturen zu veranlassen. Alle wei-teren technischen Hörhilfen wie Hör-Sprech-Anlagen bzw.Sende- und Empfangsanlagen sind auf ihren Wirkungsgradhin zu überprüfen und individuell anzupassen. Die Konse-quenzen aus den Ergebnissen der pädagogischen Audiologiesind Gegenstand der Beratung von Erziehungsberechtigtenund Lehrkräften. Die audiologische Begutachtung ist Grundla-ge bei der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfsim Schwerpunkt Hören.

3.5.2 Sonderpädagogische Förderung durch vorbeugendeMaßnahmen

Frühe Lernprozesse sind für die Entwicklung bei Kindern mitHörschädigungen von grundlegender Bedeutung. Um Ent-wicklungsverzögerungen und Fehlentwicklungen zu verhin-

dern, zu mindern oder weitergehende Auswirkungen einerHörschädigung zu vermeiden, müssen die Hörschädigung sofrüh wie möglich erkannt und Fördermaßnahmen durchge-führt werden. Erfolgreiche Frühförderung beruht auf engemZusammenwirken mit den Erziehungsberechtigten, anderenpädagogischen Einrichtungen, Ärzten und Behörden.

Sichergestellt wird die Frühförderung in den Landesbildungs-zentren durch

– Hausfrühförderung,

– Eltern-Kind-Kurse,

– Kindergarten für gehörlose und schwerhörige Kinder,

– Beratungstätigkeit in Kindertagesstätten und Kindergärten.

3.5.3 Förderschule mit dem Schwerpunkt Hören

Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbe-darf im Bereich des Hörens sowie der auditiven Verarbeitungund Wahrnehmung, deren Förderung in allgemeinen Schulennicht ausreichend gewährleistet werden kann, werden in ent-sprechenden Bildungsgängen in Förderschulen unterrichtet.

Die Förderschule arbeitet im Primarbereich nach den curricu-laren Vorgaben für die Grundschule und im Sekundarbereich Inach den curricularen Vorgaben für die Hauptschule oder Re-alschule. Kinder und Jugendliche, die darüber hinaus einensonderpädagogischen Förderbedarf im Schwerpunkt Lernenhaben, werden nach den curricularen Vorgaben für die Förder-schule mit dem Schwerpunkt Lernen unterrichtet. Die Förder-schulen mit dem Schwerpunkt Hören umfassen die Schuljahr-gänge 1 bis 10. Der Besuch einer 10. Klasse in der Haupt-schule ist freiwillig. Primarbereich und Sekundarbereich bildenorganisatorisch und pädagogisch eine Einheit.

3.5.4 Kommunikationsgruppen

Ausgehend vom individuell festgestellten Förderbedarf werdendie Schülerinnen und Schüler bei der Einschulung je nach er-worbener Hör- und Sprachkompetenz und ihrer Kommunika-tionsfähigkeit einer Kommunikationsgruppe zugeordnet. DieEingruppierung basiert auf einer breit angelegten Eingangsdia-gnostik, die Erkenntnisse vorschulischer Bildung und Erzie-hung aufgreift. Die Entscheidung wird im Kontext einer dia-gnostisch geleiteten Förderung regelmäßig überprüft. Die För-derung in einer Kommunikationsgruppe berücksichtigt dieindividuellen Fähigkeiten sowie das Kommunikationsbedürf-nis der Schülerinnen und Schüler und trägt zur Persönlichkeits-entwicklung und zur Identitätsfindung bei. Die Einrichtungder Kommunikationsgruppen erfolgt jahrgangsbezogen oderjahrgangsübergreifend.

Schülerinnen und Schüler mit auditiven Verarbeitungs- undWahrnehmungsstörungen werden sowohl in eigenen Kommu-nikationsgruppen als auch in hörsprach- und hörsehgerichte-ten Kommunikationsgruppen gefördert. Hauptmerkmale derFörderung sind die Strukturierung der Erfahrungs- und Le-benswelt sowie eine umfassende Hör-Spracherziehung. DieUnterrichtsgestaltung erfolgt handlungsorientiert unter Einbe-ziehung psychomotorischer und rhythmisch-musikalischerElemente.

Hörsprachgerichtete Kommunikationsgruppe

Die Schülerinnen und Schüler verfügen auf Grund des hörge-richteten Spracherwerbs über eine weitgehend altersgemäßeund normgerechte Lautsprache. Sie haben gelernt, gesproche-ne Sprache über das Gehör zu identifizieren und das eigene

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Sprechen auditiv zu kontrollieren. Lautsprache ist das kommu-nikative Führungsmittel. Hierbei sind didaktisch-methodischePrinzipien des Hör- und Sprachunterrichts anzuwenden. Vor-handene Auffälligkeiten in der Lautbildung und im sprachli-chen Ausdruck werden korrigiert.

Hörsehgerichtete Kommunikationsgruppe

Die Schülerinnen und Schüler verfügen auch unter Verwen-dung optimal angepasster Technik über eine eingeschränkteHörfähigkeit. Die Lautsprache ist kommunikatives Führungs-mittel. Der verstärkte Einsatz von Schrift und Absehbild un-terstützt das Verstehen sowie die Hör- und Lautsprachentwick-lung. Die Anwendung sprachstrukturell-systematischer Mittelermöglicht die Reflexion über die Sprache. Im Mittelpunkt derFörderung stehen Sprachwahrnehmung, Sprachverarbeitungund Sprechverbesserung sowie die Erweiterung von sprachli-cher und kommunikativer Kompetenz.

Hörsehgerichtete Kommunikationsgruppe mit manuellenHilfen

Die Schülerinnen und Schüler benötigen bei der lautsprachli-chen Förderung visuelle Wahrnehmungshilfen, da die tragendeFunktion des Hörens und der Lautsprache nicht vorausgesetztwerden kann. Im Mittelpunkt der Förderung stehen Auf- undAusbau eines gesicherten Laut- und Schriftsprachbestandes so-wie die Erweiterung der kommunikativen Kompetenz. Zur Si-cherung der Kommunikation bedarf es eines verstärkten Ein-satzes von Schrift- und Absehbild sowie von Fingeralphabetund lautsprachbegleitenden Gebärden. Lautanbahnung undSprechfehlerkorrektur erfolgen wesentlich über das Hören undmit Hilfe des phonembestimmten Manualsystems.

Sehgerichtete Kommunikationsgruppe mit Deutscher Gebär-densprache

Die Schülerinnen und Schüler machen Kommunikations- undLernerfahrungen in der Deutschen Gebärdensprache und inder Lautsprache in betont interaktivem Wechsel durch das Zu-sammenwirken von hörenden und gehörlosen Lehrkräften.Schwerpunkte der Förderung sind:

– Erwerb und Erweiterung der Gebärdensprache durch Um-gang mit Texten in Gebärdensprache und schöpferischemUmgang mit Gebärdensprache,

– Aneignung lautsprachlicher Fähigkeiten,

– Aufbau und Festigung schriftsprachlicher Kompetenz,

– individuelle Verbesserung des Sprechens sowie

– Schulung des Absehens.

Die kontrastive Sprachbetrachtung ist ein wesentlicher Be-standteil des Sprachunterrichts.

Hier werden sprachliche Strukturen in der Lautsprache und inder Gebärdensprache vergleichend gegenübergestellt.

II. 4. Förderschwerpunkt Körperliche und Motorische Ent-wicklung

4.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem SchwerpunktKörperliche und Motorische Entwicklung

Sonderpädagogischer Förderbedarf ist bei Kindern und Jugend-lichen anzunehmen, die aufgrund ihrer körperlichen undmotorischen Ausgangslage in ihren Bildungs-, Entwicklungs-und Lernmöglichkeiten so eingeschränkt und beeinträchtigtsind, dass sie im Unterricht der allgemeinen Schulen ohne son-derpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördertwerden können. Ausdrücklich sind Schülerinnen und Schüler

einbezogen, die aufgrund der Schwere ihrer Beeinträchtigungenin allen Entwicklungs- und Lebensbereichen auf fremde Hilfeangewiesen sind. Medizinisch-therapeutische, pflegerische,technische, psychologische und soziale Kompetenzen könnenerforderlich sein, um die notwendige sonderpädagogischeUnterstützung im Unterricht zu gewährleisten.

Sonderpädagogischen Förderbedarf weisen Kinder undJugendliche auf, die

– in ihrer Bewegungsfähigkeit und in ihren Bewegungsabläufenso umfangreich beeinträchtigt sind, dass sie lernen müssen,ihre Bewegungsmöglichkeiten zu erweitern oder zu erhalten,dabei geeignete Hilfsmittel zu benutzen und deren Gebrauchzu üben,

– in ihrer körperlichen Entwicklung beeinträchtigt sind undlernen sollen, im Hinblick auf medizinisch angezeigteNotwendigkeiten durch Selbstbeobachtung und Eigenkon-trolle Selbstständigkeit zu erwerben, ihren eigenen Lebens-rhythmus zu gestalten und Sicherheit in der Organisationihres Tagesablaufs zu gewinnen,

– aufgrund der Schwere ihrer Beeinträchtigung in allenBereichen ihrer körperlichen Entwicklung kontinuierlich auffremde Hilfe angewiesen sind und deshalb lernen müssen,diese zur Erfüllung ihrer elementaren Lebensbedürfnisseanzunehmen, Kontakte mit anderen Menschen aufzunehmenund die für ihr Leben notwendigen Kommunikations-möglichkeiten zu erweitern und zu differenzieren,

– durch fortschreitende oder chronische Krankheiten in ihrenkörperlichen und motorischen Funktionen beeinträchtigtsind und deshalb lernen sollen, in Gemeinschaft mit anderenMenschen zu leben und deren Hilfen im persönlichenBezugsfeld als entlastend anzunehmen,

– aufgrund ihrer körperlichen und motorischen Beein-trächtigungen solche Verhaltensweisen entwickelt haben, dieihr Lernen und ihre soziale Eingliederung erschweren und diedeshalb lernen müssen, sich situationsangemessen zu verhal-ten und mit anderen gemeinsame Ziele anzustreben und zuverwirklichen.

Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen in ihrer kör-perlichen und motorischen Entwicklung benötigen aufgrundihrer physiologischen Entwicklung, ihrer Einschränkungen inden motorischen und sensorischen Erfahrungen und Wahrneh-mungen häufig imkognitiven Bereich besondere Unterstützung.Bei der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfssind darüber hinaus folgende Aspekte zu berücksichtigen:

– die Selbstständigkeit bei der Verrichtung der elementarenLebensbedürfnisse,

– die Bewegungsmöglichkeiten,

– der Therapiebedarf,

– der Pflegebedarf,

– die Hilfsmittelversorgung,

– die baulich-räumlichen Voraussetzungen.

4.2 Aufgaben und Ziele sonderpädagogischer Förderung

Sonderpädagogische Förderung für Kinder und Jugendlichemit Beeinträchtigungen in ihrer körperlichen und motorischenEntwicklung trägt dazu bei, dass sie trotz ihrer Abhängigkeitenzur größtmöglichen Eigenständigkeit finden und ihre individu-ellen Entwicklungspotenziale nutzen, um Handlungsmöglich-keiten, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen zu erwerben.

Erziehung und Unterricht haben die Aufgabe, Schülerinnenund Schüler im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu befähigen, ein

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Leben mit einer körperlichen, motorischen und gesundheitsbe-dingten Beeinträchtigung sinnerfüllt und weitgehend selbst-ständig führen und gestalten zu können.

Sonderpädagogische Förderung schafft dabei in lebensbedeut-samen Handlungsfeldern vielfältige Wahrnehmungs- undBewegungsmöglichkeiten und fördert Körperschema, räumli-che und zeitliche Strukturen, Formen und Gestalten sowie dieHerausbildung von kognitiven Strukturen. Ein ganzheitlichund auf die Entwicklung kognitiver und sozial-emotionalerKompetenzen ausgerichteter Unterricht bezieht dabei die aufneurophysiologischer Basis aufbauenden Handlungs- undBewegungsabläufe in das Unterrichtsgeschehen ein und verbes-sert auf diese Weise die Bewegungskoordination und dieBelastbarkeit der Schülerinnen und Schüler.

Der Unterricht schafft Anregungen zur Kommunikation sowiezu Erfahrungen in sozialen Handlungsfeldern. BesondereAspekte, Aufgaben und Ziele, die Bestandteil des Unterrichtsauf der Grundlage einer individuellen Entwicklungsplanungsein können, sind:

– Umgang mit dem Rollstuhl und anderen Mobilitätshilfen,

– Akzeptanz der Behinderung,

– Vorbereitung auf ein Leben mit behinderungsbedingtenAbhängigkeiten,

– Erarbeitung individueller Systeme der unterstütztenKommunikation mit Schülerinnen und Schülern, die sichlautsprachlich nicht ausreichend verständigen können.

– Einführung und Einübung im Umgang mit technischenHilfsmitteln,

– Berücksichtigung verlangsamten Lerntempos und ungleich-zeitiger und ungleichmäßiger Lernfortschritte,

– individuelle Anwendungsformen der Möglichkeiten zumNachteilsausgleich,

– Anwendung besonderer Möglichkeiten zur Rhythmisierungdes Schulalltags wie Berücksichtigung von zusätzlichen Ruhe-und Erholungsphasen bei reduzierter Belastbarkeit oderbesondere Gestaltung des Tagesanfangs, um die Folgen derlangen Fahrtzeiten im Rahmen der Schülerbeförderung zuberücksichtigen,

– Beratung der Erziehungsberechtigten bezüglich schulischerFördermöglichkeiten und weitergehender Hilfsangebote,

– die pädagogische Begleitung progressiv erkrankter Schüler-innen und Schüler,

– Intensive, wirklichkeitsnahe Begleitung des Übergangs zurnachschulischen Zeit durch Eingliederung in das Berufsleben,

– die Vermittlung von lebenspraktischen Alltagskompetenzen,

– Freizeiterziehung und Entwicklung sinnvoller Lebenspers-pektiven,

– Einbindung pflegerischer und therapeutischer Inhalte in denUnterricht.

Therapie fördert und erhält die körperlichen und motorischenFunktionen der Schülerinnen und Schüler für die Aktivitätender täglichen Lebensbewältigung sowie für die Erweiterungihrer Entwicklungsmöglichkeiten. Therapeutische Maß-nahmen sind möglichst in den Unterricht einzubeziehen. Jedetherapeutische Maßnahme ist Bestandteil des individuellenFörderplans und des schulischen Förderkonzepts. Therapeu-tische Hilfen erfordern in ihrer Planung und Durchführungeine enge Zusammenarbeit zwischen den unterrichtendenLehrkräften, den Pädagogischen Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern in unterrichtsbegleitender Funktion und in thera-peutischer Funktion. Die Therapien sollen in die schulischenAlltagsabläufe und in das Schulleben integriert werden.

Angebahnte Bewegungs- und Kommunikationsabläufe werdenin die Unterrichtsbereiche eingebunden. Damit wird dieSelbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler in Handlungs-situationen gefördert.

4.3 Förderschule mit dem Schwerpunkt Körperliche undMotorische Entwicklung

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Körperliche und Mo-torische Entwicklung führt die Schuljahrgänge 1 bis 9 oder 1 bis 10. Es können jahrgangs- und bildungsgangsübergrei-fende Klassen gebildet werden. Die Förderschule arbeitetgrundsätzlich nach den Vorgaben der Fächer des für die Schü-lerin oder den Schüler entsprechenden Bildungsgangs.

Schülerinnen und Schüler, die aufgrund ihres Förderbedarfsim Schwerpunkt Körperliche und Motorische Entwicklungeine Förderschule besuchen, haben einen Bedarf hinsichtlichder Entwicklung ihrer sozialen Kompetenz im Umgang mitanderen Schülerinnen und Schülern. Ziel ist es, sich auf einLeben im sozialen Umfeld des Erwachsenenalters und auf einemöglichst umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Lebenvorzubereiten. Aufgabe der Zusammenarbeit mit anderenSchulen, mit Vereinen, Freizeitstätten und anderen Einrich-tungen ist es, kontinuierliche und verlässliche Begegnungs-und Handlungsfelder mit anderen Kindern, Jugendlichen undErwachsenen mit und ohne Behinderungen zu erschließenund dabei Gemeinsamen Unterricht oder gemeinsame Vorha-ben zu verwirklichen.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Körperliche und Mo-torische Entwicklung unterstützt wie andere FörderschulenUnterricht und Erziehung von Kindern und Jugendlichen inanderen Schulen durch Mobile Dienste. Besondere Angebotestellen in diesem Zusammenhang oft die rehabilitationstechni-sche Beratung bezüglich des Einsatzes technischer Hilfsmittelwie Kommunikationsmittel, besondere Rechner-Tastaturenund Ansteuerungsmöglichkeiten sowie Beratung zur unter-stützten Kommunikation und zu Schreib- und Lernhilfen dar.

4.4 Personal der Förderschule

Schülerinnen und Schüler mit einem Förderbedarf in der kör-perlichen und motorischen Entwicklung erfordern aufgrundder sehr verschiedenartigen Ansprüche an ihre Förderung, beiden Zielsetzungen, bei den Unterrichtsinhalten, bei der Unter-richtsgestaltung und bei der therapeutischen und pflegerischenUnterstützung eine hohe Differenzierung des Personaleinsat-zes. Bei der Vielfalt der verschiedenen Berufsgruppen in dieserFörderschulform kommt der Teamarbeit eine besondere Be-deutung zu. Die verschiedenen fachlichen Sichtweisen in derschulischen Förderung müssen in ein einheitliches und ge-meinsam verfolgtes Erziehungs- und Unterrichtskonzept ein-bezogen werden.

II. 5. Förderschwerpunkt Lernen

5.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwer-punkt Lernen

Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwerpunkt Ler-nen ist bei Kindern und Jugendlichen gegeben, deren Lern-und Leistungsentwicklung so erheblich eingeschränkt ist, dasssie auch mit zusätzlichen Hilfen der allgemeinen Schulen nichtihren Möglichkeiten, Fähigkeiten und Begabungen entspre-

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chend gefördert werden können. Sie benötigen sonderpädago-gische Unterstützung, um eine bestmögliche Förderung zu er-halten und um umfassende Kompetenzen zu erwerben. Dabeikönnen zusätzliche sozialpädagogische, psychologische undmedizinisch-therapeutische Hilfen außerschulischer Maßnah-meträger notwendig sein. Diese bedürfen einer sorgfältigenAbstimmung mit der sonderpädagogischen Förderung. Indivi-duelle Förderplanungen und Hilfepläne, die auf der Grundlagedes Jugendhilferechts erstellt werden, sind aufeinander abzu-stimmen.

Bei Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem För-derbedarf kommt es wesentlich darauf an, Voraussetzungenzum altersgemäßen Lernen und Handeln zu schaffen und da-bei das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken. Hier-durch können sich Leistungsbereitschaft und Leistungsfähig-keit entwickeln.

5.2 Pädagogische Ausgangslage

Die pädagogische Ausgangslage von Kindern und Jugendli-chen mit Beeinträchtigungen des Lern- und Leistungsverhal-tens, insbesondere des schulischen Lernens, stellt sich vielfachin Verbindung mit Beeinträchtigungen der sensorischen, mo-torischen, emotionalen, sozialen, sprachlichen sowie kogniti-ven Fähigkeiten dar.

Die Beeinträchtigungen können unmittelbare Auswirkungenauf alle grundlegenden Entwicklungsbereiche haben und zei-gen sich vor allem

– in der Grob- und Feinmotorik,

– in den Wahrnehmungs- und Differenzierungsleistungen,

– im sprachlichen Handeln,

– in der Entwicklung von Lernstrategien,

– in der Aneignung von Bildungsinhalten,

– in den Transferleistungen,

– in der Aufmerksamkeit,

– in der Motivation,

– im sozialen Handeln,

– im Aufbau eines Selbstwertgefühls und einer realistischenSelbsteinschätzung.

5.3 Ziele und Aufgaben

Sonderpädagogische Förderung soll das Recht der Kinder undJugendlichen mit Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen aufeine ihren individuellen Möglichkeiten entsprechende schuli-sche Bildung und Erziehung verwirklichen. Sie zielt vor allemauf die Bildung der Gesamtpersönlichkeit der Schülerin unddes Schülers.

Sonderpädagogische Förderung soll die Schülerinnen undSchüler mit Beeinträchtigungen des Lernens darauf vorberei-ten, ihr Leben in der Familie und in der Freizeit, in der Naturund in der Umwelt, in der Gesellschaft sowie in der Berufs-und Arbeitswelt weitgehend selbstständig zu bewältigen. ÜberLernerfolge werden Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ge-stärkt.

Sonderpädagogische Förderung im Schwerpunkt Lernen hatdie Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern eine sachlicheund realistische Einschätzung ihrer Stärken und Schwächen,ihrer Wünsche und Vorstellungen zu ermöglichen.

5.4 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung

Sonderpädagogische Förderung geht sowohl von den individu-ellen Voraussetzungen als auch von der sozialen Situation derKinder und Jugendlichen mit Lernbeeinträchtigungen aus.Vorrangiges Prinzip ist die Entwicklung von Unterrichtsfor-men, die einen lebensnahen und altersgemäßen Umgang mitUnterrichtsgegenständen zulassen und die helfen, Vorausset-zungen des Wissenserwerbs zu erschließen. Die Anregung undEntwicklung aller Sinne und ein variabler sowie vielgestaltigerEinsatz von Medien sind zu beachten.

Verlangsamte und erschwerte Lernprozesse erfordern, dass daszu Lernende veranschaulicht, gegliedert, sprachlich gefasst undangewendet wird. Darüber hinaus ist im Unterricht ein ausge-wogener Wechsel von Anspannung und Entspannung sowievon Konzentrations- und Ruhephasen anzustreben.

Die Aneignung von Wissen und Können wird durch vielfälti-ge Formen des Übens verstärkt und gesichert. GeeigneteÜbungen wecken die Neugierde und regen die Aktivität derSchülerinnen und Schüler an. Arbeitsinhalte und darauf abge-stimmte Formen wie Einzel-, Gruppen- und Partnerarbeit, Ar-beit mit Tages- und Wochenplänen, Arbeit an Stationen sowieFreiarbeit unterstützen diese Prozesse. Der Unterricht berück-sichtigt entwicklungshemmende Gegebenheiten bei den Schü-lerinnen und Schülern wie die aufgrund von Misserfolgen be-stehende Abneigung gegenüber schulischem Lernen.

5.5 Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen ist eine Regel-schulform im Primarbereich und im Sekundarbereich I. Siekann die Schuljahrgänge 1 bis 10 umfassen. Der Besuch des10. Schuljahrgangs ist freiwillig. Den Schülerinnen undSchülern kann hierdurch der Erwerb des Hauptschulabschlus-ses ermöglicht werden.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen hat die Auf-gaben, die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zuhandlungsfähigen, selbstständigen und eigenverantwortlichenPersönlichkeiten zu ermöglichen und ihnen eine grundlegendeAllgemeinbildung zu vermitteln. Die Arbeit geht von anforde-rungs- und situationsbezogenen und damit kontextgebunde-nen Aufgabenstellungen und Zielsetzungen aus und verbindetfunktionale und allgemeine Bildungsziele. Die Schülerinnenund Schüler erwerben in der Auseinandersetzung mit vielfälti-gen Aufgabenstellungen auf unterschiedlichen Anforderungs-niveaus komplexe Fähigkeiten oder Kompetenzen.

Hierdurch sollen den Schülerinnen und Schülern entspre-chend ihrer individuellen Lernentwicklung

– der Wechsel in eine Grund- oder Hauptschule,

– die Erlangung des Hauptschulabschlusses,

– die Erlangung des Abschlusses der Förderschule mit demSchwerpunkt Lernen mit einer qualifizierten Vorbereitungauf einen beruflichen Bildungsweg,

– die Teilnahme am Erwerbsleben und eine eigenverant-wortliche Lebensführung auch unter erschwerten Bedin-gungen ermöglicht werden.

5.5.1 Arbeitsschwerpunkte an der Förderschule

Im Einzelnen ergeben sich für die Förderschule mit demSchwerpunkt Lernen verschiedene Arbeitsbereiche:

Entwicklung und Stärkung durch die Schule als Lebensraum

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen muss die Be-friedigung der grundlegenden Bedürfnisse der Schülerinnen

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und Schüler nach Sicherheit, Wertschätzung und emotionalerZuwendung ermöglichen und Handlungswege zur selbststän-digen Gestaltung eröffnen. Sie ist ein Ort der Begegnung, andem Spiel- und Freizeitangebote, Versammlungen, Aufführun-gen sowie Feste und Feiern zum Alltag gehören. Die vielfälti-gen unterschiedlichen Lebensformen, religiösen und weltan-schaulichen Überzeugungen der Schülerinnen und Schülersind bei der Entwicklung von Selbstvertrauen, Selbstbewusst-sein und Toleranz und als Chancen für umfassende und vertie-fende Auseinandersetzungen zu nutzen.

Entwicklung und Stärkung der grundlegenden Entwick-lungsbereiche

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen entwickeltmit den Schülerinnen und Schülern die Voraussetzungen füraltersangemessenes Lernen und Handeln und stärkt deren Ver-trauen in die eigenen Fähigkeiten, indem sie die Eigenwahr-nehmung, die sensorischen und motorischen Fähigkeiten undderen Integration sowie angemessenes sprachliches Handelnanbahnt oder weiterentwickelt. Sie gestaltet dies durch geziel-tes Spielen und Lernen mit vielfältigen Körper- und Umwelt-erfahrungen.

Entwicklung und Stärkung von Grundfertigkeiten

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen entwickeltmit ihren Schülerinnen und Schülern eine sprachliche Grund-sicherheit in Wort und Schrift, in der Lesefähigkeit sowie inmathematischen Grundfertigkeiten und -fähigkeiten. In anre-gungsreichen Lern-, Erfahrungs- und Übungsfeldern werdenim Rahmen der individuellen Lernentwicklung ein sicheresBeherrschen der Kulturtechniken, eine Weiterentwicklungfremdsprachlicher Fähigkeiten, die Förderung der musisch-ästhetischen und sportlichen Fähigkeiten sowie grundlegendeEinsichten in Gesellschafts- und Naturwissenschaften ange-strebt. Ausgehend von der Lebenswelt der Schülerinnen undSchüler eröffnet die Förderschule handlungsorientierte Zugän-ge zu allen Lernbereichen und lebensbedeutsamen Bildungsin-halten.

Entwicklung und Stärkung von Methodenkompetenz

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen entwickeltmit ihren Schülerinnen und Schülern die Grundlagen einesArbeits- und Lernverhaltens, das eine zunehmend eigenständi-ge Aneignung von Lerninhalten begünstigt und das lebenslan-ge Weiterlernen vorbereitet. Sie bezieht arbeitsvorbereitendeund -begleitende Tätigkeiten wie Bereithalten von Arbeitsma-terialien und Strukturierung des Arbeitsplatzes in die Vermitt-lung ein.

Die Anbildung einer pragmatischen Kompetenz erfordert dieSchulung der Sinne, des Verstehens von Fragestellungen undAufgaben, der Planungsfähigkeit und eine angemesseneDurchführung und Kontrolle der Handlungen. MotorischeGeschicklichkeit, handwerkliche Grundfertigkeiten und er-werbsbedeutsame Arbeitsmethoden werden intensiv und um-fassend eingeübt. Die Schülerinnen und Schüler eignen sichgrundlegende Kenntnisse in den Informations- und Kommu-nikationstechnologien an.

Entwicklung und Stärkung der Personal- und Sozialkompetenz

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen entwickeltmit ihren Schülerinnen und Schülern deren Personal- und So-zialkompetenz. Sie stärkt die Schülerinnen und Schüler in ih-rer Gesamtpersönlichkeit, indem sie zu Selbstverantwortlich-keit, Anstrengungsbereitschaft, Zuverlässigkeit und Teamfähig-keit erzieht. Sie unterstützt die Schülerinnen und Schüler bei

der Entwicklung einer realistischen Selbsteinschätzung und ei-nes zunehmend selbstbewussten Handelns. Für das Zusam-menleben mit anderen eignen sich die Schülerinnen prosozialeVerhaltensweisen an. Hierzu werden altersangemessene For-men mit ihren Regeln vorgelebt, gelernt und eingeübt. DieSchülerinnen und Schüler sollen lernen, sich anderen gegen-über situationsangmessen, rücksichtsvoll und hilfsbereit zu ver-halten, selbstbewusst einen eigenen Standpunkt zu entwickelnund zu vertreten, eigene Wünsche durchzusetzen oder zurück-zustellen und Enttäuschungen auszuhalten.

Entwicklung und Stärkung durch berufliche Orientierung

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen entwickelt dieGeschäfts- und Beschäftigungsfähigkeit ihrer Schülerinnenund Schüler und stärkt deren Ausbildungs- und Berufsfähig-keit. Die Ausbildung und Stärkung der Schlüsselqualifikatio-nen wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Fleiß, Belastbarkeit,Ordnung und Teamfähigkeit sind unerlässlich. Diese werdenin konkreten Situationen eingeübt und angeeignet. Hierzusind in den Schulen Handlungsfelder zu gestalten, in denendie Schülerinnen und Schüler Verantwortung für Abläufe, Pro-dukte und Personen übernehmen. Praxisorientierte Lernpha-sen sind ein fester Bestandteil des Unterrichts. Diese Lernpha-sen sollen durch schulinterne Arbeitsprojekte vorbereitet undaufgearbeitet werden, um die Komplexität der Realerfahrun-gen für die Schülerinnen und Schüler durchschaubar zu ma-chen und ihnen einen persönlichen Bezug zu ermöglichen.Dabei arbeitet die Förderschule eng mit den Betrieben, denberufsbildenden Schulen und Einrichtungen wie Kammern,Wirtschaftsverbänden und der Arbeitsvermittlung zusammen.In Verzahnung mit den innerschulischen Lernfeldern findenBetriebserkundungen, Betriebspraktika und Praxistage statt.Die Betriebs- und Praxistage können in der Regel an einemTag in der Woche durchgeführt werden. Die Tage könnenauch geblockt werden.

Entwicklung und Stärkung durch sozialpädagogische Unter-stützung

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen kann die Ent-wicklung und Stärkung der Gesamtpersönlichkeit ihrer Schü-lerinnen und Schüler auch mit Hilfe sozialpädagogischer Un-terstützung erreichen. Sozialpädagoginnen und Sozialpädago-gen können an der Entwicklung und Umsetzung der Förder-und Erziehungskonzepte mitwirken. Sie stärken die Schülerin-nen und Schüler und deren Erziehungsberechtigten bei der all-täglichen Lebensgestaltung durch Beratung, Begleitung, Anlei-tung und helfen ihnen damit, sich für schulisches Lernen zuöffnen. Sie übernehmen eine wichtige Funktion bei der Kon-taktaufnahme mit anderen sozialen Einrichtungen wie der Ju-gendhilfe, den Beratungsstellen sowie bei der Berufsorientie-rung und Berufsfindung der Schülerinnen und Schüler, indemsie gemeinsam mit den Lehrkräften die Zusammenarbeit ge-stalten und umsetzen.

Entwicklung und Stärkung durch Öffnung von Schule

Der gesellschaftliche Wandel verlangt von den Schülerinnen undSchülern ein hohes Maß an individueller Anpassungsleistung.Insbesondere die eingeschränkten Lern- und Entwicklungsmög-lichkeiten der Schülerinnen und Schüler, geschlechtsspezifischeBedingungen des Aufwachsens, schwierige wirtschaftliche Situa-tionen, unklare und ungünstige Zukunftsperspektiven und dieAuseinandersetzung mit unterschiedlichen kulturellen Wertori-entierungen erfordern neben veränderten Unterrichtsformenund Unterrichtsinhalten eine Öffnung der Förderschule im Sin-ne von Kooperation und Vernetzung.

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Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen arbeitet mitaußerschulischen Einrichtungen wie Kirchen, Büchereien,Freizeiteinrichtungen, Vereinen, Verbänden, Musik- undKunstschulen zusammen. Dadurch sollen die schulischen Ar-beiten erweitert und den Schülerinnen und Schülern Möglich-keiten zu sinnvoller Freizeitgestaltung eröffnet werden. DieFörderschule mit dem Schwerpunkt Lernen arbeitet mit allenkommunalen Einrichtungen zusammen, die die Schülerinnenund Schüler bei der Entwicklung und Stärkung ihrer Gesamt-persönlichkeit unterstützen können.

5.5.2 Unterricht im Primarbereich

Im Primarbereich der Förderschule mit dem Schwerpunkt Ler-nen wird die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Einrichtun-gen des Elementarbereichs und der Grundschule fortgesetzt.Erziehung und Unterricht bilden eine Einheit, die die Ent-wicklung der Gesamtpersönlichkeit fördert.

Zunächst steht der Aufbau von Basiskompetenzen in den Be-reichen Wahrnehmung, Motorik und Sprache im Vorder-grund. Besondere Berücksichtigung findet dabei der Aufbauvon Konzentrationsfähigkeit und Sozialkompetenz. Daranschließt sich die Vermittlung grundlegender Kenntnisse,Fähigkeiten und Fertigkeiten an. Eine besondere Rolle kommtdabei dem Sachunterricht zu, der ganzheitlich und fächerüber-greifend angelegt ist und vielfältige Lern- und Erfahrungsfelderschafft. Zur Sicherung der Durchlässigkeit zu den allgemeinbildenden Schulen ist Unterricht in Englisch unerlässlich.

Im Primarbereich wird ein fundiertes Förderkonzept erstellt,welches Aufschlüsse über die weitere Schullaufbahn des Kindesgibt. Möglichkeiten der Umschulung in die Grundschule sindin geeigneten Zeitabständen zu prüfen. Eine intensive Zusam-menarbeit bzw. Vernetzung zwischen beiden Schulen ist uner-lässlich.

5.5.3 Unterricht im Sekundarbereich I

Die Entwicklung und Stärkung eines situationsangemessenenArbeits- und Sozialverhaltens bleibt übergreifendes Ziel desUnterrichts. Um selbstständiges und deutlicher inhaltsbezoge-nes Lernen zu ermöglichen, ist eine umfängliche Methoden-kompetenz zu erarbeiten. Hierzu gehören verschiedene For-men der Aneignung, Verarbeitung und Darstellung von Lern-inhalten und der Kommunikation. Fachbezogene Inhalte sindin konkreten, an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schülerorientierten Lernsituationen zu erarbeiten.

Diese können sein:

– Unterrichtsprojekte,

– Schülerfirmen,

– Schulgartenarbeit,

– Werkstattunterricht,

– Arbeit an außerschulischen Lernorten.

Wochen- und Tagesplanarbeit stehen in sinnvollem Zusam-menhang mit lehrgangsmäßigen Unterweisungen. Klassen-und jahrgangsübergreifende sowie außendifferenzierte Unter-richtsangebote sind Ergänzungen zum individualisierten Un-terricht.

5. 6 Organisatorische Regelungen

5.6.1 Weitergehende sonderpädagogische Förderung

Für einzelne Schülerinnen und Schüler kann eine weitergehen-de individuelle Förderung stattfinden. Hierzu eignen sich För-

derbänder, in die außerschulische Förderung einbezogen wer-den kann. Zusätzlich können zeitlich begrenzte Förderprojek-te, auch Fachunterricht ersetzend, zum nochmaligen Aufbauvon Lese-, Schreib- oder anderen grundlegenden Kompetenzeneingerichtet werden.

5.6.2 Hausaufgaben und Übendes Lernen

Hausaufgaben dienen vor allem der Übung, Wiederholungund Ergebnissicherung. Die Schülerinnen und Schüler werdenhierdurch angeregt, Lernen als eine über den schulischenRaum hinausgehende Beschäftigung zu begreifen.

Darüber hinaus ist es gerade für Schülerinnen und Schüler mitsonderpädagogischem Förderbedarf im Schwerpunkt Lernenwichtig, vielfältige inhaltliche und zeitliche Möglichkeitenwahrzunehmen, um neue Lerninhalte zu festigen.

5.6.3 Schuleigene Arbeitspläne

Die Konferenzen erstellen auf der Grundlage der Vorgabenschuleigene Arbeitspläne. In ihnen sind die verbindlichen Inhal-te und Lernziele aufzunehmen. Die individuellen Lernmöglich-keiten der Schülerinnen und Schüler sind darauf abzustimmen.Diese Pläne dienen sowohl einer detaillierten Beschreibung derEntwicklungsbedingungen als auch einer differenzierten Förder-planung.

Die für eine Rückschulung oder die Erlangung des Haupt-schulabschlusses nach dem 10. Schuljahr notwendigen Diffe-renzierungsmaßnahmen und Lernangebote wie Englischunter-richt sind in enger Zusammenarbeit mit der Grund- undHauptschule durchzuführen und aufzunehmen.

5.6.4 Stundentafel

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen orientiert sichan den Stundentafeln der Grund- und der Hauptschule. DieUnterrichtszeiten und Fächer sind altersangemessen zu rhyth-misieren. Die Belastbarkeit, die Aufmerksamkeitsspanne unddas Bewegungsbedürfnis der Schülerinnen und Schüler sind zubeachten. Projekte, Lehrgänge und übendes Lernen müssensich sinnvoll ergänzen. Fördermaßnahmen und Arbeitsgemein-schaften können klassen-, jahrgangs- und schulübergreifendeingerichtet werden.

5.6.5 Individuelle Lernentwicklung, Leistungsbewertung undZeugnisse

Jede Schülerin und jeder Schüler hat Anspruch auf Anerken-nung des individuellen Lernfortschritts. Die Beobachtung, Fest-stellung und Bewertung der Lernergebnisse erfüllen für sie diepädagogische Funktion der Bestätigung und Ermutigung sowiedie Möglichkeit zur Selbsteinschätzung und Lernkorrektur.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen führt ihreSchülerinnen und Schüler entsprechend ihren Fähigkeitenschrittweise an eine angemessene Einschätzung ihrer Leis-tungsfähigkeit heran. Entsprechend der Persönlichkeitsent-wicklung der Schülerinnen und Schüler werden die Beobach-tungen durch mündliche, schriftliche und andere fachspezi-fische Lernkontrollen ergänzt. Andere fachspezifischeLeistungen sind unter anderem Projektergebnisse, erstellte Pro-dukte, Präsentationen und Versuchsdurchführungen.

In den Schuljahrgängen 1 und 2 der Förderschule mit demSchwerpunkt Lernen ist von Klassenarbeiten abzusehen. Inden Klassenstufen 3 und 4 können Klassenarbeiten nur in denFächern Deutsch und Mathematik gefordert werden.

In den Schuljahrgängen 1 bis 4 der Förderschule mit demSchwerpunkt Lernen erfolgt die Leistungsbeurteilung in Formeiner Beschreibung der erbrachten Leistungen in den einzelnenLernbereichen auf der Grundlage der individuellen Lernziele.

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Dabei sind insbesondere die erzielten Fortschritte im Lern-,Leistungs- und Sozialverhalten zu berücksichtigen.

In den Schuljahrgängen 5 und 6 der Förderschule mit demSchwerpunkt Lernen werden Schülerleistungen in den FächernDeutsch und Mathematik, in den Schuljahrgängen 7 bis 9 undim freiwilligen 10. Schuljahr alle Schülerleistungen nach demsechsstufigen Zensurensystem benotet.

In den Klassenstufen 5 und 6 der Förderschule mit demSchwerpunkt Lernen sind die Leistungsbeurteilungen in be-schreibender Form zu erläutern, in den Schuljahrgängen 7 bis9 und im freiwilligen 10. Schuljahr können sie zusätzlich er-läutert werden.

5.6.6 Zusammenarbeit mit anderen Schulen, unterstützen-den und weiterführenden Einrichtungen

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen unterstütztdie Präventions- und Fördermaßnahmen aller anderen Schul-formen, die darauf abzielen, der Entstehung eines individuel-len sonderpädagogischen Förderbedarfs entgegenzuwirken.Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen arbeitet mitder Grund- und der Hauptschule zusammen, um die pädago-gischen und fachlichen Voraussetzungen für eine kontinuierli-che Fortsetzung der Lernentwicklung und Rückschulung derSchülerinnen und Schüler zu schaffen. Inhaltliche und struk-turelle Vernetzungen sollen zu höherer Transparenz undDurchlässigkeit zwischen den Schulen führen. Hierbei kann essinnvoll sein, dass in einzelnen Fächern und Arbeitsgemein-schaften gemeinsam unterrichtet wird.

II. 6. Förderschwerpunkt Sehen

6.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwer-punkt Sehen

Sonderpädagogischer Förderbedarf ist bei Kindern und Ju-gendlichen anzunehmen, die aufgrund einer Sehschädigung inihren Entwicklungs-, Lern- und Bildungsmöglichkeiten so ein-geschränkt sind, dass sie im Unterricht der allgemeinen Schuleohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend ge-fördert werden können. Dabei können medizinisch-therapeu-tische, pflegerische, technische, psychologische sowie sozialeMaßnahmen in oder außerhalb der Schule notwendig sein.Maßnahmen und Hilfen sind abzustimmen und in einempädagogischen Förderkonzept auszuweisen. Die Feststellung,ob eine Sehschädigung vorliegt, geschieht immer durch eineaugenärztliche Untersuchung.

Ein Gutachten gibt Auskunft über Art und Umfang der Seh-schädigung und enthält Angaben über:

– die Sehschärfe in der Ferne mit bester Korrektur,

– die Sehschärfe in der Nähe mit bester Korrektur,

– das beidäugige Sehen,

– das Gesichtsfeld,

– das Farbensehen,

– das Kontrastsehen,

– die Hell-Dunkel-Adaptation (Lichtsinn, Blendempfindlich-keit),

– den Verlauf (Prognose).

Angaben über die notwendigen Korrekturen der Brechungs-fehler durch Brillen, Kontaktlinsen oder andere Hilfsmittelsind aufzunehmen. Das Gutachten sollte Angaben über vorge-sehene oder bereits durchgeführte Operationen und Medika-

tionen sowie Hinweise auf mögliche Einschränkungen für denSportunterricht beinhalten.

Aufgaben der Überprüfung bei der Ermittlung des sonder-pädagogischen Förderbedarfs sind die Erfassung des funktiona-len Sehens und die Interpretation der vorhandenen Informa-tionen über das Sehen im Hinblick auf die Auswirkungen aufdas Lernen.

Durch die Überprüfung soll festgestellt werden, wie Kinderund Jugendliche mit Sehschädigungen mit ihrem vorhande-nem Sehvermögen oder ihrer Blindheit umgehen und auf wel-che Art die visuelle und interaktive Bewältigung von unter-schiedlichen Alltagssituationen erschwert wird. Die pädagogi-sche Überprüfung führt über die augenärztlich ermitteltenBefunde hinaus und stellt Persönlichkeitsmerkmale, wie z.B.Erfahrungen, Wissen, kognitive Verarbeitungs- und problem-orientierte Handlungsstrategien, emotionale Befindlichkeit,Kommunikationsfähigkeit, Motivation und Einstellungen, so-wie psychomotorische Fertigkeiten unter Beachtung der nicht-visuellen Sinne in den Vordergrund.

6.2 Pädagogische Ausgangslage

Sehschädigungen können sich in unterschiedlichen Ausprä-gungen und Folgeerscheinungen zeigen. Blinde Kinder und Ju-gendliche können nicht oder nur in sehr geringem Maße aufder Grundlage visueller Eindrücke lernen. Sie eignen sich ihredingliche und personale Umwelt in kommunikativ-kooperati-ven Austauschprozessen unter Einbeziehung der nicht-visuel-len Sinne an. Die kompensierenden Funktionen dieser Sinnewerden durch geeignete Lernangebote und spezielle technischeHilfsmittel entwickelt und gefördert.

Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung nutzen ihreingeschränktes Sehvermögen. Sie sind aber in vielen Situatio-nen auf spezielle Hilfen angewiesen. Sie bedürfen besondererAnleitung und Beratung, sonderpädagogischer Förderung undtechnischer Hilfen. Dies kann auch bei gering gradigen Beein-trächtigungen des beidäugigen Sehvermögens oder bei funktio-naler Einäugigkeit notwendig sein.

Sonderpädagogische Förderung soll das Recht der Kinder undJugendlichen mit Förderbedarf im Schwerpunkt Sehen, visuelleWahrnehmung und Umgehen-Können mit der eigenen Seh-schädigung, auf eine ihren persönlichen Möglichkeiten ent-sprechende schulische Bildung und Erziehung verwirklichen.

Sie soll dazu beitragen, Schülerinnen und Schülern mit Seh-schädigungen aller Arten und Grade die Umwelt zu er-schließen und die Entwicklung von Orientierung und situati-onsangemessenem Verhalten bei Anforderungen des Alltags inbekannter und unbekannter Umgebung zu fördern sowie dieEntfaltung einer selbstbewussten Persönlichkeit zu stärken.

Aus diesem Grunde werden Sehfähigkeiten und blindenspezi-fische Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickelt und gefördert,die die Ausbildung der Orientierung und Mobilität, den Er-werb lebenspraktischer Fertigkeiten sowie Begriffsbildung undKommunikationstechniken besonders unterstützen oder an-bahnen.

In einer stark auf Visualität ausgerichteten Umwelt ist das Um-gehen-Können mit der eigenen Sehschädigung von besondererBedeutung. Die betroffenen Menschen sollen befähigt werden,ihr Leben mit einer Sehschädigung sowohl in der Begegnungmit nicht Behinderten als auch mit Menschen mit Sehschädi-gungen sinnerfüllt zu gestalten und sich mit den Auswirkun-gen der Schädigung aktiv auseinander zu setzen und Kompen-sationsmöglichkeiten auszuschöpfen.

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6.3 Förderschule mit dem Schwerpunkt Sehen für sehbehin-derte, blinde und taubblinde Menschen

Die schulischen Einrichtungen für sehbehinderte, blinde undtaubblinde Menschen sind Lernorte für diejenigen Kinder undJugendlichen, bei denen ein umfänglicher und spezifischersonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich Sehen vorliegt.Sie bieten sehgeschädigten- und taubblindenpädagogische För-derung in unterschiedlicher Form an und sind dafür personell,technisch, medial und baulich ausgestattet.

Die Förderschulen

– machen Angebote zur Auswahl und zur Erprobung von spe-ziellen, vor allem optischen und elektronischen Hilfsmitteln,

– bieten Gelegenheit zum Training von lebenspraktischen Fer-tigkeiten, zur Orientierungs- und Mobilitätserziehung,

– eröffnen den Zugang zu weiteren Bereichen sonderpädagogi-scher Förderung,

– informieren Erziehungsberechtigte und Kostenträger überFinanzierungsmöglichkeiten notwendiger sonderpädagogi-scher Maßnahmen und Medien.

Mobile Dienste unterstützen im Zusammenwirken mit denFörderschulen Unterricht und Erziehung von Schülerinnenund Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sehen in allen all-gemein bildenden Schulen.

Zu der Unterstützung im Gemeinsamen Unterricht gehöreninsbesondere die Bereitstellung notwendiger sehgeschädigten-spezifischer Lehr- und Lernmittel sowie die Beratung bei derBeschaffung der Hilfsmittel.

6.3.1 Förderschule mit dem Schwerpunkt Sehen als Schulefür Kinder und Jugendliche mit Sehbehinderungen

In der Förderschule (Schule für Sehbehinderte) werden Kinderund Jugendliche mit Sehschädigungen unterschiedlicher Artenund Grade im Primar- und im Sekundarbereich I auf verschie-denen Anforderungsstufen unterrichtet. Der Unterricht orien-tiert sich an den curricularen Vorgaben der allgemeinen Schu-len. Die Schule vermittelt alle Abschlüsse des Sekundarbe-reichs I.

Die Schule für Sehbehinderte hat den Auftrag, den Kindernund Jugendlichen eine positive Persönlichkeitsentwicklung zuermöglichen, sie zu stärken, zu ermutigen und sie bei der Aus-weitung ihrer Lebensmöglichkeiten zu unterstützen. Die Schu-le schafft Rahmenbedingungen, damit Schülerinnen undSchüler mit Sehbehinderungen angstfrei, zunehmend selbstbe-stimmt und sozial integriert lernen können. Hierzu gehört, dieeigenen visuellen Möglichkeiten wahrzunehmen, realistischeinzuschätzen und einzusetzen, wobei Sehhilfen unterstützendhinzugezogen werden. Der bestmöglichen Nutzung des vor-handenen Sehvermögens kommt in der schulischen Arbeit einebesondere Rolle zu.

Der Unterricht ist durch ein stark individualisierendes und dif-ferenzierendes Vorgehen gekennzeichnet. Für das Lernen spieltdie visuelle Wahrnehmung eine wesentliche Rolle. Dem Auf-bau visueller Erfahrungen kommt daher in der unterrichtli-chen Arbeit eine hohe Bedeutung zu.

Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderungen brauchenbei der Entwicklung ihrer visuellen Fähigkeiten Hilfen, um dasvorhandene Sehvermögen optimal einzusetzen, das Gesehenezu verstehen und mit Erfahrungen in anderen Wahrnehm-ungsbereichen zu verbinden.

Visuelle Erfahrungen werden durch systematische Anleitungund Hilfestellung kontinuierlich aufgebaut. Hierzu gehört, dieeigenen visuellen Möglichkeiten bewusst wahrzunehmen, rea-listisch einzuschätzen und sie gezielt einzusetzen. Das vorhan-dene Sehvermögen wird durch Low-Vision-Training geschult.

Die Schule schafft Rahmenbedingungen, die zum Sehen anre-gen und das Sehen erleichtern, durch

– Raumgestaltung (höhen- und neigungsverstellbare Arbeitsti-sche und blendfreie Beleuchtung am Arbeitsplatz,

– die Ausstattung mit Sehhilfen (Lupen, Monokulare undelektronische Lesegeräten, Bildschirmlesegeräte),

– Rechner-Ausstattung mit Software für Vergrößerungen undSpracherkennung.

Die Schule ermöglicht den Schülerinnen und Schülern mitBeeinträchtigungen des Sehens Bewegungserfahrungen zu ma-chen, durch die ihnen bisher unbekannte Bereiche erschlossenwerden. Die Schülerinnen und Schüler können so mehr Si-cherheit erhalten und ein größeres Bewegungsrepertoire auf-bauen. Dazu dienen eine spezielle Auswahl an Sportangeboten,Fördermaßnahmen im psychomotorischen Bereich, Rhythmik,ein spezielles Schwimmtraining sowie die Anpassung der Be-wegungsräume mit Hilfe von Orientierungszeichen und -markierungen.

Die Schule bietet gezielte Wahrnehmungsförderung und eineintensive Schulung aller Sinne an, damit die Schülerinnen undSchüler diese kompensatorisch einzusetzen lernen, um sicheine umfassende Vorstellung von ihrer Umwelt aufzubauen.Zum Erwerb personaler Kompetenzen und Fähigkeiten derSelbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung werden Maßnah-men wie Sensibilisierungs- und Selbsterfahrungsübungen,Selbstbehauptungskurse und unterschiedliche Formen derAuseinandersetzung mit Selbst- und Fremdeinschätzungdurchgeführt. Kommunikationsfähigkeit und Interaktions-fähigkeit werden durch eine Schulung des nonverbalen, mi-misch-gestischen Ausdrucks, der verbalen Ausdrucksfähigkeit,des rhythmisch-musikalischen Ausdrucks sowie durch Tanzentwickelt.

Um besondere Erschwernisse bei der Bewältigung von alltägli-chen Verrichtungen zu kompensieren und die Chance einerselbstständigen Lebensführung zu erhöhen, werden lebens-praktische Fertigkeiten speziell trainiert. Eingeschränkte Seh-fähigkeit, geringe Übersichtsleistungen und unscharfes Sehenin nur kurzer Distanz verringern die Chance, sich sicher undzügig in fremder Umgebung zurechtzufinden. Maßnahmenwie Mobilitätserziehung und ein spezielles Training in Orien-tierung und Mobilität sollen Kindern und Jugendlichen mitSehbehinderungen die selbstständige Teilhabe am gesellschaft-lichen Leben ermöglichen.

Der Unterricht ist auf konkrete Umweltbegegnung ausgerich-tet, damit Schülerinnen und Schüler, die aufgrund ihrer einge-schränkten visuellen Möglichkeiten nicht auf umfassende Er-fahrungen aufbauen können, realistische Vorstellungen von ih-rer Umwelt entwickeln. Außerschulischen Lernorten und derBegegnung mit nicht sehbehinderten Gleichaltrigen kommtdabei eine große Bedeutung zu.

6.3.2 Landesbildungszentrum für blinde Menschen

Das Landesbildungszentrum für blinde Menschen ist eineüberregionale Einrichtung für hochgradig sehbehinderte undblinde Schülerinnen und Schüler. Das Förderangebot im Lan-desbildungszentrum differenziert sich in verschiedene Bereiche.

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Pädagogische Frühförderung

Die pädagogische Frühförderung erfasst blinde Kinder von derGeburt bis zum Einschulungsalter. Die Beratung und Förde-rung erfolgen zu Hause in der Familie, in Kindergärten und -horten oder in anderen Einrichtungen. Frühförderung berätdie Erziehungsberechtigten in Fragen der Behinderung undhilft durch gezielte pädagogische Maßnahmen, die auf die Be-dürfnisse und Möglichkeiten des Kindes abgestimmt sind.Darüber hinaus vermittelt sie Kontakte zu anderen betroffenenErziehungsberechtigten und berät Erziehungsberechtigte undBehörden.

Schulzweig für blinde Schülerinnen und Schüler

Der Schulzweig für blinde Schülerinnen und Schüler gliedertsich in Grundschule und Hauptschule einschließlich des 10. Schuljahrgangs. Schülerinnen und Schüler mit dem zusätz-lichen Förderschwerpunkt Lernen werden zieldifferent in denKlassen unterrichtet. Schülerinnen und Schüler mit dem zu-sätzlichen Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung werden ineinem eigenen Schulzweig unterrichtet.

Die curricularen Vorgaben der allgemeinen Schulen werdenblindenspezifisch modifiziert. Der Unterricht weist folgendeSchwerpunkte auf:

– Intensive Schulung und Nutzung der anderen Sinne wieTastsinn, Gehör und Geruch. Der Einsatz des noch vorhan-denen Sehvermögens wird gezielt trainiert.

– Verstärkte Vermittlung von konkreten Sacherfahrungen, dieauf Grund der eingeschränkten Wahrnehmung nicht immerunmittelbar abrufbar sind.

– Förderung der Selbstständigkeit in besonderem Maße vor al-lem durch die Steigerung der physischen Eigenaktivität unddes bewussten Hinwendens zum Objekt.

– Exakte Verbalisierung bei der Erklärung von Objekten undVorgängen, so dass die Umwelt durch Sprache gedanklichbewältigt werden kann.

– Dem erhöhten Zeitaufwand wird durch Zeitzugaben ent-sprochen.

Weitere Merkmale des Schulzweigs für blinde Schülerinnenund Schüler sind auf die Behinderung abgestimmte Raumaus-stattungen insbesondere mit Rechner-Arbeitsplätzen, speziellenSchülertischen und Beleuchtung. Die individuellen Förderpro-gramme für jedes Kind werden durch spezifischen Unterrichtwie Blindenkurzschrift und Sehförderung ergänzt.

Organisation und Inhalte des Unterrichts für blinde Schülerin-nen und Schüler mit einem zusätzlichen Förderbedarf imSchwerpunkt Geistige Entwicklung orientieren sich an denVorgaben des Schwerpunkts Geistige Entwicklung.

Neben den didaktischen Grundsätzen der Förderschule mitdem Schwerpunkt Geistige Entwicklung werden besondereHilfestellungen, Fördermaßnahmen, Unterrichtsverfahren undUnterrichtsmittel berücksichtigt:

– Förderung des eventuell vorhandenen Sehrests durch Low-Vision-Training und Einsatz von Bildschirmlesegeräten undanderen Sehhilfen,

– Kommunikationshilfen wie Alpha Talker, BIG-MÄC, Ge-bärden, Punktschrift,

– Einsatz von Unterrichtsmaterialien und Hilfsmitteln, die mitanderen Sinnen erfasst werden können,

– Einsatz von Orientierungs- und Mobilitätshilfen wie Mobi-fit, NF-Walker, Langstock,

– blindengemäße Einrichtung der Klassenräume, Schulflureund Schulgelände durch Handläufe, unterschiedliche Bo-denbeläge, akustische und taktile Orientierungspunkte,

– sehgeschädigtenspezifische Angebote im Sportunterricht undFreizeitbereich durch Anpassung und Auswahl der Sport-und Bewegungsangebote sowie der Spielgeräte an die beson-deren Bedürfnisse der Blindheit bzw. hochgradigen Sehbe-hinderung,

– verstärkte Angebote im musikalischen Unterricht mit Beto-nung des Instrumentalunterrichts.

6.3.3 Bildungszentrum für Taubblinde

Das Angebot des Bildungszentrums für Taubblinde umfasst

– ambulante Frühförderung,

– schulvorbereitende Maßnahmen innerhalb der Einrichtung,

– Schule und Wohnen,

– Rehabilitationsmaßnahmen für taubblinde Erwachsene und

– beratende Dienste.

Das Einzugsgebiet ist länderübergreifend.

Bei Taubblindheit liegt sowohl eine Schädigung des Hörens alsauch des Sehens vor. Der Grad der Beeinträchtigung der ein-zelnen Sinne kann sehr unterschiedlich sein. Da die Ausfälledes einen Sinns nicht oder nur mangelhaft durch den anderenkompensiert werden können, ist Taubblindheit eine Schädi-gung eigener Art. Taubblindheit kann zu erheblichen Beein-trächtigungen der Gesamtentwicklung führen und mit jederanderen Behinderung oder Erkrankung auftreten.

Taubblinde Kinder und Jugendliche haben über den Förder-schwerpunkt Sehen hinaus einen Förderbedarf in anderen Bereichen, insbesondere im Bereich Hören. Auf Grund derHörschädigung gilt es, ein den Fähigkeiten des Kindes oder Jugendlichen entsprechendes Kommunikationssystem zu ent-wickeln. Neben Laut- und Gebärdensprache erhalten Bezugs-objekte, taktile Gebärden und Handalphabete eine besondereBedeutung. Die Art und Weise der Kommunikation ist vomGrad der Hör- und Sehschädigung, vom Zeitpunkt ihres Ein-tritts und von zusätzlichen Beeinträchtigungen abhängig. EineEinteilung in Kommunikationsgruppen wie sie im Förder-schwerpunkt Hören erfolgt, trifft auch auf taubblinde undhörsehbehinderte Kinder und Jugendliche zu.

Schwerpunkte der Arbeit im Bildungszentrum für Taubblindesind:

– die Verminderung der Isolation und die Entwicklung sozia-ler Kompetenzen im Rahmen kleiner überschaubarer Grup-pen und vertrauter Bezugspersonen,

– die Anbahnung und Förderung der Kommunikation durcheine auf die Taubblindheit abgestimmte Interaktion und denEinsatz taubblindenspezifischer Hilfen,

– die Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeit durch Hörer-ziehung, Seherziehung und Förderung der haptischen Wahr-nehmung,

– die Förderung der Motorik bis hin zur Orientierungs- undMobilitätsschulung,

– die Förderung der lebenspraktischen Fertigkeiten.

Die Lehrinhalte, Unterrichtsverfahren und Freizeitangebotewerden individuell an die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Fertig-

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keiten der taubblinden Schülerinnen und Schüler angepasst.Das unterrichtliche Angebot erstreckt sich von der basalenFörderung bis zu den Unterrichtsangeboten der allgemeinenSchulen. Besonderen Stellenwert im Bildungszentrum fürTaubblinde haben die motorische und die rhythmisch-musika-lische Erziehung. Die Förderung manueller Fertigkeiten imBereich Werken, Textiles Gestalten und Töpfern nimmt beiden älteren Schülerinnen und Schülern einen großen Raumein. Ständige Arbeitsgemeinschaften wie Therapeutisches Rei-ten, Rudern und Psychomotorik bereichern das Freizeitange-bot. Eine Strukturierung des Tages, der Woche und des ganzenJahres durch wiedererkennbare Rituale gehört zu den Prinzipi-en der Förderung. Die Lebens- und Lernumgebung im Bil-dungszentrum für Taubblinde ist so gestaltet, dass die Kinderund Jugendlichen Vertrauen entwickeln und ihre Kräfte undMöglichkeiten entfalten können.

Die Kinder und Jugendlichen besuchen die Schule vom 1. biszum 13. Schuljahrgang entweder als Tagesschülerinnen und -schüler im Sinne einer Ganztagsschule oder als Schülerinnenund Schüler des Internats. Schule und Internat bilden eine Ein-heit, die Schülerinnen und Schüler werden in ihrer Lebensum-gebung unterrichtet und erzogen. Die Gruppen sind nach demFamilienprinzip zusammengesetzt. Vier bis sechs Mädchen undJungen unterschiedlichen Alters leben in einer Wohngemein-schaft und werden vorwiegend einzeln unterrichtet.

Taubblinde Kinder und Jugendliche sind in hohem Maße aufBezugspersonen angewiesen, die ihnen einen Zugang zur sach-lichen und personalen Umwelt und die Teilnahme daran er-möglichen. Daher ist für ihre Erziehung und schulische Förde-rung ein Team zuständig, das aus einer Taubblindenlehrerinoder einem Taubblindenlehrer und bis zu fünf Erzieherinnenund Erziehern besteht. Das Team wird von Fachlehrerinnenund Fachlehrern sowie begleitenden Diensten aus den Berei-chen Therapie, Psychologie und Medizin unterstützt.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kliniken, Hörgerä-teakustikern, Optikern, Hilfsmittelherstellern und anderensonderpädagogischen Einrichtungen ist unabdingbar. Die Zu-sammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten hat im Bil-dungszentrum für Taubblinde einen hohen Stellenwert. Hospi-tationen und Elternwochenenden werden gefördert, die Teil-nahme von Erziehungsberechtigten an Schulaktivitäten undGebärdenkursen ermöglicht.

II. 7. Förderschwerpunkt Sprache

7.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwer-punkt Sprache

Sonderpädagogischer Förderbedarf im sprachlichen Handelnist bei Schülerinnen und Schülern gegeben, die in ihren Bil-dungs-, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten hinsichtlich desSpracherwerbs, der Sprachverarbeitung, des sinnhaften Sprach-gebrauchs oder der Sprechtätigkeit so beeinträchtigt sind, dasssie im Unterricht der allgemeinen Schule ohne sonderpädago-gische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden kön-nen. Sonderpädagogischer Förderbedarf kann in jeder Phasedes Spracherwerbs und in jedem Lebensalter, überwiegend imElementar- und im Primarbereich, auftreten. Die Betonungsonderpädagogischer Förderung im Schwerpunkt Sprache liegtdaher in den ersten Schuljahren.

Bei der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs imBereich Sprache wird geprüft, ob durch eine begleitende medi-zinische oder psychologisch-psychotherapeutische Behandlung

oder durch den Einsatz technischer und apparativer Hilfsmit-tel die Lernvoraussetzungen der Schülerin oder des Schülersverbessert werden können.

Folgende sprachlichen Bereiche erfahren primär Berücksichti-gung:

– Atmung, Stimme, Artikulation,

– Sprachbegleitende Gestaltungsmittel,

– Sprachlaute und Sprachlautgruppen unter Berücksichtigungder bedeutungsdifferenzierenden Funktion,

– Begriffsbildung, begriffsgebundene Wortbedeutung undWortschatz, Wortbildung, Satzbildung,

– Sprachverarbeitung und Kommunikativer Sprachgebrauch.

Darüber hinaus sind die auditive und visuelle Wahrnehmungsowie der fein- und grobmotorische Bereich besonders zuberücksichtigen.

7.2 Pädagogische Ausgangslage

Sprache und Sprechen haben in ihrer sinn- und identitätsstif-tenden Wirksamkeit und in ihren Kulturtradierenden Funktio-nen sowie durch ihre wechselseitigen Bezüge zu den verschiede-nen Bereichen der Persönlichkeit eine herausragende Bedeutungfür die Entwicklung des einzelnen Menschen. Beeinträchtigun-gen im Bereich der Sprache und des Sprechens wirken sich aufdie Person in ihren vielfältigen Beziehungen zur Außenwelt undauf ihre Entwicklungs- und Lernprozesse aus.

Dabei spielen die Entwicklung und das Zusammenwirken vonSensorik, Motorik, Kognition, Emotion, Soziabilität undKommunikation eine große Rolle. Jede Sprachhandlung wirdin Bezug zum Kommunikationspartner, mit Bezug zum Inhaltund im Rahmen der eigenen sprachlichen und nicht sprachli-chen Mittel realisiert. Eine besondere Bedeutung erfahren da-bei die Art und Weise, wie das Kind seine Sprache in Laut undSchrift aufbaut und als Mittel der Erkenntnis, der Darstellung,des Ausdrucks, der Kommunikation und der Reflexion ge-braucht. Die pädagogische Bedeutung dieser Bedingungen, ih-rer Verflechtungen und ihrer Entwicklungsdynamik prägt denindividuellen Förderbedarf im Hinblick auf die Kommunikati-onsfähigkeit.

7.3 Aufgaben sonderpädagogischer Förderung

Die sonderpädagogische Förderung im Bereich Spracheberücksichtigt die allgemeinen und besonderen Bedingungen,Ausgangslagen und Vorgänge, unter denen Kinder und Ju-gendliche Sprache in ihren Funktionen, Formen und Bedeu-tungen aufnehmen, verarbeiten und gebrauchen. Die Förde-rung knüpft daran an, wie sie Fähigkeiten, Fertigkeiten undKenntnisse auf allen Ebenen der Sprachgestaltung in Laut undSchrift einschließlich der Fähigkeit, über die Sprache zu reflek-tieren, erwerben.

Insbesondere umfasst die sonderpädagogische Förderung dieAufgaben

– einer Entstehung oder Verfestigung von Beeinträchtigungenim sprachlichen Handeln entgegenzuwirken und damit Aus-wirkungen auf die personale und soziale Entwicklung zu ver-hindern,

– die jeweilige sprachliche Beeinträchtigung und deren Aus-wirkungen in ihren Ausprägungen und ihrer Regelhaftigkeit,in ihrem Bedingungsgefüge und ihrer Entwicklungsdynamikzu erkennen,

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– die Bedeutung einer sprachlichen Beeinträchtigung für dasindividuelle Erleben und schulische Lernen der Schülerinnenund Schüler, für ihre personale und soziale Entwicklung undinsbesondere für ihre sprachlich-kommunikativen Möglich-keiten zu erschließen und individuelle pädagogische Förder-notwendigkeiten in Erziehung und Unterricht zu begründen,

– Wege einer entsprechenden Förderung aufzuzeigen und mitden Schülerinnen und Schülern zu verwirklichen,

– Beeinträchtigungen sprachlichen Handelns nach Möglich-keit aufzuheben, um eine bestmögliche schulische und be-rufliche Eingliederung oder Wiedereingliederung und ge-sellschaftliche Teilhabe zu erlangen,

– Auswirkungen auf den schriftsprachlichen Bereich zu ver-meiden helfen.

Sonderpädagogische Förderung hat zum einen die Aufgabe,der Entstehung und Verfestigung sprachlicher Beeinträchti-gungen in Laut und Schrift vorzubeugen und frühzeitig Aus-wirkungen auf andere Entwicklungs- und Lernbereiche zu ver-hindern. Zum anderen erschließt sie mit den Schülerinnenund Schülern Wege, ihre sprachlichen und nicht sprachlichenHandlungsmöglichkeiten zu erkennen, zu erweitern und aus-zugestalten sowie Sprache, Sprechen und Schrift als Mittel undGegenstände sprachlichen Handelns zu nutzen. Sonder-pädagogische Förderung verhilft auch dazu, trotz einer sprach-lichen Beeinträchtigung zu eigenständigem Handeln in kom-munikativen Bezügen zu finden, sowie Begrenzungen sprachli-chen Handelns zu überwinden, zu mindern oder anzuerkennen.

7.4 Ziele sonderpädagogischer Förderung

Sonderpädagogische Förderung im Bereich Sprache soll dasRecht der Kinder und Jugendlichen auf eine ihren persönli-chen Möglichkeiten entsprechende schulische Bildung und Er-ziehung verwirklichen helfen. Kinder und Jugendliche sollenüber einen dialoggerichteten Gebrauch Sprache aufbauen undausgestalten, diese in Bewährungssituationen anwenden, sichals kommunikationsfähig erleben und lernen, mit sprachlichenBeeinträchtigungen und deren Auswirkungen umzugehen. Siesollen eine Handlungskompetenz aufbauen und eine selbstbe-stimmte Verständigungsfähigkeit erwerben. Sprachliches Han-deln hat als Ausgangspunkt die alltägliche Lebenspraxis derMenschen, in der sich Sprachgebrauch, Sprachverstehen undSprechtätigkeit zu bewähren haben und in der Sprachfunktio-nen und Sprachformen erst ihren Sinn erlangen.

7.5 Formen und Orte sonderpädagogischer Förderung imSchwerpunkt Sprache

Sprachliche Förderung erfolgt in verschiedenen Formen undan unterschiedlichen Orten: Schülerinnen und Schüler werdenim Rahmen des Mobilen Dienstes oder im Rahmen der Son-derpädagogischen Grundversorgung in Grundschulen geför-dert. Daneben besteht die Möglichkeit der Einrichtung vonFörderklassen mit dem Schwerpunkt Sprache in Grundschu-len, die als Außenstellen von Förderschulen oder als zurGrundschule zugehörige Klassen geführt werden. Weiterhinbestehen Förderschulen mit dem Schwerpunkt Sprache alsSchulen im Primarbereich sowie Förderschulen mit demSchwerpunkt Sprache mit Primar- und Sekundarbereich I.

Sonderpädagogische Förderung in der Förderschule mit demSchwerpunkt Sprache knüpft an die Frühförderung an und istauf eine weitgehende Integration der Kinder und Jugendlichenin Grund- und Hauptschulen ausgerichtet. Die Förderschule

sowie die Förderklassen nehmen Schülerinnen und Schülerauf, deren Förderbedarf so umfangreich ist, dass sie durch am-bulante schulbegleitende oder zeitlich begrenzte stationäreMaßnahmen nicht hinreichend gefördert werden können.Durch die spezifischen Maßnahmen der Förderschule und derFörderklassen können sie die Ziele der Grundschule oder einerweiterführenden Schule erreichen.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache ist als Durch-gangsschule konzipiert und zielt auf eine frühestmöglicheRück- oder Umschulung.

Grundlegend für die Arbeit in der Förderschule mit demSchwerpunkt Sprache sind die curricularen Vorgaben und Be-stimmungen für die Grund- und Hauptschule.

Neben den äußeren Rahmenbedingungen wie kleinen Lern-gruppen oder spezifisch ausgebildeten Förderschullehrkräftenentwickeln die Förderschulen für den Unterricht Konzepte zur

– Vernetzung der Förderung von sprachlichen, perzeptivenund motorischen Auffälligkeiten,

– Erweiterung oder Überwindung eingeschränkter kommuni-kativer Fähigkeiten und Fertigkeiten und

– Stabilisierung emotional-sozialer Prozesse.

Die besonderen Bedingungen der Förderschule ermöglichenden Schülerinnen und Schülern durch Einbezug spezifischerMethoden und die Nutzung technischer Medien eine angemes-sene Kommunikation sowie durch die größere Homogenitätder Lerngruppen die Entwicklung eines angemessenen Selbst-wertgefühls. Durch diese Bedingungen können beginnendeLernschwierigkeiten aufgrund der engen Beziehung zwischenSprache und Lernen überwunden und individuelle Lernprozes-se eingeleitet werden, die ein erfolgreiches Lernen ermöglichen.

Die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten, der zu-ständigen Grund- oder Hauptschule oder der berufsbildendenSchule sowie mit außerschulischen Institutionen hat eine be-sondere Bedeutung, um angemessene Bedingungen zur erfolg-reichen individuellen Förderung zu schaffen.

7.6 Prinzipien sonderpädagogischer Förderung

Unabhängig vom Förderort sind im Unterricht im Förder-schwerpunkt Sprache insbesondere folgende Prinzipien zu be-achten:

– Bestimmung und Berücksichtigung individueller Sprachför-derziele,

– Orientierung an handlungsorientierten Unterrichtsinhalten,

– Strukturierung und Rhythmisierung des Unterrichts,

– Einbeziehung personeller und räumlicher auditiver Gege-benheiten,

– Einbeziehung spezifischer Förderbedingungen wie Sportför-derunterricht, Förderung der auditiven und visuellen Wahr-nehmung, Lese-Rechtschreibförderung,

– Einbeziehung rhythmisch-musikalischer Elemente,

– Einsatz der Techniken des Modellierens wie Präsentation,Expansion und Extension,

– Einbeziehung der Vielfalt sprachlicher Funktionen wieDialogführung, Diskurs, Erzählen, Erklären, Konflikt-regelung, Präsentation und Rollenspiel,

– Visualisierungshilfen,

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– Einsatz sprachbegleitender Zeichen beim Leselernprozess,

– Berücksichtigung lautsprachlicher Bedingungen beimSchriftspracherwerb.

7.7 Rahmenbedingungen der sonderpädagogischen Förderung

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den sprachlichenFähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schülerund den immanenten sprachlichen Anforderungen derUnterrichtsgegenstände ist Voraussetzung dafür, dass dieSchülerinnen und Schüler die jeweiligen Lernsituationen undLerninhalte sprachlich bewältigen.

Darüber hinaus muss der Unterricht einen hohenAufforderungscharakter für die Schülerinnen und Schülerhaben, sprachhandelnd tätig zu werden. Verstehen undSprachgebrauch werden durch das Bedürfnis nach Entdeckung,Eigentätigkeit und Sinnfindung angestoßen und bestimmt.

Die aus der Sache begründeten Anlässe und Notwendigkeitenzur Versprachlichung, zur spontanen Mitteilung von Ent-decktem, zur gegenseitigen Abstimmung und Zusammenarbeitkönnen für Schülerinnen und Schüler eine Herausforderungdarstellen, Sprache handlungsbegleitend und zugleich hand-lungsleitend zu verwenden. Der Unterricht soll dazu ermuti-gen, Sprache unter fachlicher Begleitung nach Inhalt und Formeigentätig zu gebrauchen und zu verinnerlichen.

Die dabei erworbenen sprachlichen Kompetenzen und Lern-und Handlungsstrategien müssen in neuen Sachzusammen-hängen und Lernsituationen erprobt, variiert, gesichert und er-weitert werden.

In Schule und Unterricht sind für Kinder und Jugendliche mitFörderbedarf im Schwerpunkt Sprache Rahmenbedingungenzu schaffen, die eine erfolgreiche Kommunikation für alleBeteiligten ermöglichen und sprachliches Lernen begünstigen.Ein sprachliches Vorbild, ein kindgemäßes sprachlichesUmfeld, die Gestaltung einer anregenden kommunikativenAtmosphäre, sprachliche und nicht sprachliche Impulse zurSprachanregung, das gegenseitige Zuhören und Verstehen unddie inhaltliche Absicherung des Unterrichtsgegenstandes stellendabei förderliche Bedingungen dar. Es sind Sprechanlässe zuschaffen und zu gestalten, z.B. durch Beobachtungshinweise,Anregungen zu Vermutungen, Angebote von Aufgaben undProblemstellungen, die unter Einsatz sprachlicher Mittel sowiedurch Partnerarbeit, Unterrichtsgespräche, Erzählen, Berichtenund Rollenspiele gelöst werden können.

Das handlungsbegleitende Sprechen, Chorsprechen und Chor-singen und insbesondere die Sensibilisierung für Sprachformenhelfen, sprachliche Strukturen zu verdeutlichen und sprachli-ches Lernen zu unterstützen. Die Zeitanteile, in denen dieSchülerinnen und Schüler sprachlich tätig sind, müssen stetigzunehmen. Im pädagogischen Dialog stehen hierbei das ver-trauensvolle Miteinandersprechen und das aktive Mitgestaltenim Vordergrund.

II. 8. Unterricht und Erziehung unter den Bedingungen vonKrankheit

8.1 Besonderer pädagogischer Förderbedarf

Schülerinnen und Schüler, die auf Grund einer Erkrankung fürlängere Zeit oder in regelmäßigen Abständen zu Hause oder imKrankenhaus, einschließlich der Abteilungen für Kinder- undJugendpsychiatrie oder in ähnlichen Einrichtungen stationärbehandelt werden und die Schule nicht besuchen, könnenwährend dieser Zeit Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus

erhalten. Grundsätzlich liegt bei Schülerinnen und Schülern,die langfristig oder wiederkehrend erkrankt sind, besondererpädagogischer Förderbedarf vor.

Die deutlich veränderten Lerngegebenheiten dieser Schüler-innen und Schüler erfordern besondere pädagogische Hilfen imUnterricht. Ziele, Inhalte, Methoden und Medien werden dembesonderen Förderbedarf entsprechend ausgewählt. Das schuli-sche Lernen wird unter Berücksichtigung der Belastungen, diesich aus der jeweiligen Krankheit ergeben, flexibel organisiert.

8.2 Sonderpädagogischer Förderbedarf

Sonderpädagogischer Förderbedarf ist bei Schülerinnen undSchülern anzunehmen,

– die langfristig und wiederkehrend erkrankt sind und

– die lernen müssen, auf Dauer mit der Erkrankung zu lebenund

– im Unterricht ohne sonderpädagogische Hilfen nicht hinrei-chend gefördert werden können.

Medizinisch-diagnostische Aussagen und ärztliche Behand-lungsmaßnahmen sind in einen individuellen schulischenFörderplan einzubinden.

Sonderpädagogischer Förderbedarf hat Konsequenzen für dieErziehung und für die didaktisch-methodischen Entscheidung-en sowie die Gestaltung der Lernsituationen im Unterricht.Sonderpädagogischer Förderbedarf lässt sich nicht allein vonschulfachbezogenen Anforderungen her bestimmen. SeineKlärung, Beschreibung und Umsetzung müssen gleichermaßenArt und Grad der Krankheit der Schülerin oder des Schülersund die persönlichen Fähigkeiten, Interessen sowie Zukunfts-erwartungen beachten.

Sonderpädagogische Förderung berücksichtigt die Bedeutungeiner Erkrankung für den Bildungs- und Lebensweg der Be-troffenen, die Folgen für das schulische Lernen sowie die Aus-wirkungen auf das persönliche Befinden vor dem Hintergrundschulischer Anforderungen.

8.3 Ziele der Pädagogik bei Krankheit

Erziehung und Unterricht sind für die psychische und physi-sche Situation kranker Kinder und Jugendlicher von besonde-rer Bedeutung.

Angestrebt werden:

– Persönliche Stabilisierung und Stärkung des Willens zurGenesung durch Aufbau von Zuversicht und Selbstvertrauen,

– Vermittlung von Lebensfreude durch freie Arbeitsformen undin einem angstfreien Lernklima,

– Gewährleistung schulischer Kontinuität und Normalität inschwierigen und belastenden Lebenssituationen,

– Aufrechthaltung des Leistungsstands und Vermeidung vonLernrückständen,

– Vorbereitung der Wiederaufnahme in die Stammschule,

– Vorbereitung und Durchführung von Schulabschlüssen.

Das Unterrichtsangebot soll erlauben, den für eine medizinischeBehandlung günstigsten Zeitpunkt zu nutzen. DasHinausschieben notwendiger Krankenhausaufenthalte in dieFerien wird dadurch vermieden. Für Kinder und Jugendliche,

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Page 27: Sonderpädagogische Förderung S. 100) RdErl. d. MK v. 1.2.2005 … · Schulwesen“ vom 1.10.2002 (SVBl. S. 377) s) Erlass „Ergänzende Bestimmungen zur Schulpflicht und zum Rechtsverhältnis

die längerfristig erkrankt sind, ist Unterricht eine wichtigeVoraussetzung für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

8.4 Pädagogische Ausgangslage

Kinder und Jugendliche erleben und verarbeiten Krankheit jenach Art, Schwere und Verlauf individuell verschieden. Dabeikönnen physische, psychische, soziale, kognitive, willentlicheund affektive Lebensfunktionen beeinträchtigt werden.

Erkrankungen sind oft mit Begleiterscheinungen verbunden:

– Einschränkung der Mobilität,

– schnelle Ermüdbarkeit und Konzentrationsmangel,

– Störungen des Selbstwertgefühls und der Motivation,

– Veränderungen der emotionalen Befindlichkeit,

– Erschwerung der sozialen Integration,

– Einschränkungen bei der kommunikativen Interaktion sowie

– Probleme bei der Erledigung schulischer Aufgaben.

Aufgabe sonderpädagogischer Förderung ist es, dem Aspekt derGanzheitlichkeit von Krankheit und dem schulischen Lernenzu entsprechen. Der Grundsatz der Ganzheitlichkeit gilt dem-nach für die unmittelbar von der Krankheit bestimmteLebenssituation, für die Auswahl der Lernziele undLerninhalte, für die Themen des Unterrichts sowie für die Wahlder methodischen Formen.

Es bedarf der interdisziplinären Zusammenarbeit vonLehrkräften und behandelnden sowie betreuenden Fachkräften,um die bestmögliche Wirksamkeit von Unterricht undKrankenhausversorgung zu erreichen. Dabei sindInformationen über die Besonderheiten des Krankheitsbildes,der geistig-seelischen Situation der Patientin oder des Patientenund ihrer oder seiner Umfeldprobleme notwendig. Durchgegenseitige Information und entsprechende koordinierteMaßnahmen werden die notwendigen Voraussetzungen füreinen situationsangemessenen Behandlungs- und Förderplangeschaffen.

8.5 Unterrichtsgestaltung

Der Unterricht für kranke Schülerinnen und Schüler kann alsHausunterricht oder als Krankenhausunterricht erfolgen.Dabei wirken die Schulen und Behörden mit den Trägern derKrankenhäuser zusammen, um die wirkungsvolle und kontinu-ierliche Durchführung der schulischen Förderung verlässlich zugewährleisten. Der Unterricht von Schülerinnen und Schülernim Krankenhaus erfordert die organisatorische Abstimmungzwischen dem schulischen Team der örtlichen Pädagoginnenund Pädagogen und dem Krankenhausbetrieb unterBerücksichtigung der Aufgaben und Erfordernisse beiderBereiche.

Die Einrichtungen stellen geeignete Räumlichkeiten und dienotwendige Ausstattung zur Verfügung. Die Teilnahme amUnterricht erfolgt in Abstimmung mit den behandelnden Ärz-tinnen und Ärzten. In den Kliniken und im Kranken-hausunterricht werden die Schülerinnen und Schüler in fle-xiblen Lerngruppen unterrichtet. Bei Bedarf kann Einzel-unterricht erteilt werden.

Dem Unterricht sind die curricularen Vorgaben für die Fächerdes jeweiligen Bildungsgangs zugrunde zu legen. Bei derAuswahl der Lernziele und der Unterrichtsinhalte sowie bei dermethodischen Vorbereitung ist die krankheitsbedingte indivi-duelle Lernsituation zu berücksichtigen. Die zuständige Schule

stellt alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung. Hierzugehören insbesondere die Informationen über die bereitserreichten sowie die geplanten Lernziele und Unterrichtsinhalteund den Leistungsstand. Die Prinzipien der Individualisierung,der Differenzierung, der Selbsttätigkeit und der Ganzheit-lichkeit sowie der Einsatz von entsprechenden Lehr-, Lern-,Arbeitsmitteln und Medien sind bei der Unterrichtung krankerSchülerinnen und Schüler von besonderer Bedeutung.

Schülerinnen und Schüler mit begrenzter Lebenserwartungbenötigen eine auf ihre persönliche Situation zugeschnittenespezifische sonderpädagogische Förderung. Sie können häufigaufgrund spezieller gesundheitlicher Beeinträchtigung nichtregelmäßig die Schule besuchen. Die spezifische Lebens-situation dieser Schülerinnen und Schüler erfordert intensivepädagogische Begleitung auf der Suche nach Möglichkeiteneiner sinnvollen und erfüllten Lebensgestaltung und bei derBefriedigung aktueller Bedürfnisse.

8.6 Gewährung von Haus- und Krankenhausunterricht

Der Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus fürSchülerinnen und Schüler, die wegen einer längerfristigenErkrankung die Schule nicht besuchen können, soll auf Antragder Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerinoder des volljährigen Schülers oder nach deren Anhörung vonAmts wegen in angemessenem Umfang genehmigt oder ange-ordnet werden. Von einer längerfristigen Erkrankung istgrundsätzlich dann auszugehen, wenn diese den Schulbesuchfür voraussichtlich länger als vier Wochen ausschließt.Zuständig für die Entscheidung über den Unterricht zu Hauseist die Schule, über den Unterricht im Krankenhaus entschei-det die Schulbehörde. Der Unterricht zu Hause oder imKrankenhaus ist durch schulinterne oder schulübergreifendePersonalmaßnahmen im Rahmen der bestehenden Beschäf-tigungsverhältnisse und der verfügbaren Haushaltsmittelsicherzustellen. Die Genehmigung oder Anordnung des Haus-und Krankenhausunterrichts ist zu befristen und mit einemWiderrufsvorbehalt zu versehen.

Auf Anforderung der Schule oder der Schulbehörde ist von denErziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerin oderdem volljährigen Schüler auf eigene Kosten eine ärztliche oderfachärztliche Bescheinigung vorzulegen.

8.7 Einsatz und Qualifikation des Personals

Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus wird vonLehrkräften aller Lehrämter erteilt. Sie unterrichten nachMöglichkeit im Rahmen ihrer Lehrbefähigungen. ImHausunterricht und im Krankenhausunterricht sollen nur sol-che Lehrkräfte unterrichten, die für die Besonderheiten diesesUnterrichts aufgeschlossen und bereit sind, sich dieser Aufgabezu stellen, sowie über Berufserfahrungen verfügen.

III. Schlussbestimmungen Einzelne Schulen können mit Genehmigung desKultusministeriums von den Regelungen dieses Erlasses abwei-chende Modelle erproben.

Dieser Erlass tritt zum 1.8.2005 in Kraft.

Die Bezugserlasse zu d), e), g), h) i), j), k), l), n), o) werden auf-gehoben.

Im Bezugserlass zu s) werden die Nrn. 6.1 bis 6.3 und 8.1 so-wie 8.2 aufgehoben.

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