Sonnabend, 10. August 2019 | Seite 25 KULTUR & LEBENKuratorin Birgit Streicher pr-sentiert knapp 350...

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keiten. Einige Werke sind auch im Rahmen des Projekts „Lieber Mahler, male mir ...“ entstanden, bei dem der Künstler auf Zuruf Wunschbilder fürs Publikum hergestellt hat. Anderes mag beim Essen ent- standen sein: „Sudan + Gomera“ hat der Künstler auf einen Wurst- teller aus Papier geschrieben. Darunter hängt, ebenfalls auf einen Pappteller gemalt, eine Wurst mit kleinem Algenmantel – „Curry Sushi“ hat Mahler dazu geschrieben. Auf einem anderen Wurstbild versucht ein bäuerli- cher Geselle, eine Riesenwurst sozusagen auf ex zu verspeisen. Manches ist derb, manche Wer- ke wie die winzigen roten und gelben Flecken, unter denen die Worte „Wein“ und „Käse“ ste- hen, zeugen von Mahlers Fähig- keit zur poetischen Verdichtung. „Don’t postpone Happiness“ Und die beiden Wolken, die auf einer Postkarte aus Rom über dem Kolosseum schweben und denen er mit wenigen Strichen Wo die Wolken lächeln Die Galerie Feinkunstraum zeigt Kleinigkeiten des verstorbenen Künstlers Hannes Malte Mahler Hannes Malte Mahler war ein leidenschaftlicher Maler. Anders als normale Maler malen leiden- schaftliche Maler immer. Kaum ein Tag im Leben des Künstlers, der im Sommer 2016 im Alter von 48 Jahren bei einem Verkehrs- unfall ums Leben kam, verging, ohne dass er etwas schuf. Er arbeitete nicht nur an Großpro- jekten, sondern widmete sich auch allerlei Kleinkram. Und zwar mit Lust. Etwa 350 Gelegenheitsarbei- ten von Hannes Malte Mahler sind jetzt unter dem Titel „Aus gegebenem Anlass. Quisquilien & Kram“ im Feinkunstraum an der Roscherstraße zu sehen. Die Kuratorin Birgit Streicher prä- sentiert knapp 350 Werke, die von 40 Leihgebern zur Verfü- gung gestellt worden sind, in den Räumen der Galerie, die sich um Mahlers künstlerisches Erbe kümmert. Wurst im Algenmantel Dicht an dicht hängen dort Auf- tragswerke, Geschenke, kleine Abrechnungen, lauter Witzig- Von Ronald Meyer-Arlt Kuratorin Birgit Streicher und Oliver Rohde vom Feinkunstraum mit Arbeiten von Hannes Malte Mahler – darunter auch eine bemalte Post- karte aus Rom (Bild rechts). FOTOS: MORITZ FRANKENBERG (2) K INITIAL Shakespeares Mechaniker K omödie ist Tragödie plus Zeit“, sagt ein kluger Zyniker in einem älteren Woody-Allen-Film. Im Fernsehen ist es oft umgekehrt, und manchmal gilt beides gleichzeitig. „Big Brother“, das im Februar 2000 bei RTL II auf Sendung ging, muss bis heute als Goldstandard für alles Fal- sche, Hässliche und Schlechte im TV herhal- ten. Erinnern wir uns kurz, auch wenn es wehtut: 13 Menschen wurden in einen Con- tainer gesperrt, Tag und Nacht überwacht und schließlich rausgewählt, bis einer übrig blieb. George Orwell traf Unterhemd, Neuro- se Bierdose. Und da war Zlatko Trpkovski, ein damals 24-jähriger Automechaniker, der in wenigen Wochen erreichte, was die meisten Politiker, Sportler und Künstler ein ganzes Leben lang nicht schaffen: 75 Prozent aller Deutschen wussten damals, wer Zlatko ist, der nicht wusste, wer Shakespeare ist. Nein, die hellste Zündkerze im Motor war er nicht, eher eine Art Mensch gewordenes Mahnmal, wenn et- wa Klaus Bresser 2000 „wider die Zlatkoisie- rung des Fernsehens“ wetterte. Als er aus dem Container musste, feierten ihn 5000 Fans. Bis heute müssen wir Zlatko dankbar sein, dass er sich nicht entschloss, in die Politik zu gehen, sondern ein paar Lieder aufzunehmen und beim deutschen ESC-Aus- scheid vorzusingen. 2001 war das. Als ihn das Publikum auspfiff, verließ er die Bühne mit den Worten „Vielen herzlichen Dank, ihr Fotzköpfe!“. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt. Fortan existierte er als Phantom. Aber nun ist er zurück – bei Sat.1 und „Promi Big Brother“. Begrüßen wir ihn mit einem Shakespeare- Zitat: „Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist.“ Haben wir Zlatko unterschätzt? Jürgen Kleindienst ZITAT DES TAGES Die ökologischen Probleme lassen nicht mit sich diskutieren. Wilhelm Schmid, Philosoph und Bestsellerautor KULTURNOTIZEN Lana Del Rey singt gegen Waffengewalt in USA Kurz nach den jüngsten Massakern in den USA hat Popsängerin Lana Del Rey einen neuen Song gegen Waffengewalt veröffentlicht. Unter dem Titel „Looking for America“ (Suche nach Ameri- ka) beschreibt sie ihren Traum von einem Land ohne Waffen. Auf Instagram postete Del Rey ein Video, in dem sie in einem Tonstudio sitzt und den Song singt. Dazu schrieb die 2011 mit dem Popsong „Video Games“ berühmt gewordene Musikerin, die Ereignisse der vergangenen Tage hätten sie stark beschäftigt und zu dem Text be- wegt. „MarkusMusikWochen“ starten am 25. August Die evangelische Markuskirche in Hannover star- tet zum achten Mal die Konzertreihe „MarkusMu- sikWochen“. Unter dem Leitmotiv „Passagen“ geben international bekannte Musiker am 18. Au- gust, 25. August und 1. September jeweils um 18 Uhr Konzerte, wie der evangelische Kirchen- sprengel Hannover am Freitag mitteilte. Am 18. August spielt die 1989 in Bochum geborene Pianistin Schaghajegh Nosrati. Am 25. August sind der mehrfach ausgezeichnete Oboist Juri Vallentin sowie der Pianist Philipp Heiß zu Gast. Vallentin gewann in diesem Jahr als erster Oboist den Tchaikowsky-Wettbewerb in Sankt Petersburg. Am 1. September singt die Mezzo- sopranistin Yajie Zhang. Ihr 2010 in Shanghai be- gonnenes Gesangstudium führt Zhang seit 2015 in Hannover fort. Ihr Professor, Justus Zeyen, be- gleitet sie in der Markuskirche am Klavier. Die Künstler musizieren vor den Abendkonzerten je- weils auch ab 10.30 Uhr im Gottesdienst. Tanz auf Distanz Das L.A. Dance Project ist zu Gast beim Tanzfestival Movimentos und präsentiert drei Produktionen von Benjamin Millepied – dem Choreografen des Films „Black Swan“ B evor Benjamin Millepied Choreograf wurde, war er Tänzer am New York City Ballet. 2010 war eine Cho- reografie von ihm Teil des berühm- ten Ballettfilms „Black Swan“ (bei den Dreharbeiten lernte er die Schauspielerin Natalie Portman kennen, die später seine Ehefrau wurde). 2012 gründete Benjamin Millepied seine eigene Company, das L.A. Dance Project, im Jahr da- rauf wurde er Direktor des Balletts der Pariser Oper. Jetzt ist seine Company beim Movimentos-Festival in der Auto- stadt zu Gast. Es ist das erste Gast- spiel, das die Company in Deutsch- land gibt. Drei Choreografien prä- sentiert das Ensemble. Neben zwei kleineren Arbeiten steht eine länge- re Produktion auf dem Programm: „Bach Studios (Part 1)“. In lockerer Werkstattatmosphäre – die Bühne ist zu allen Seiten offen – bewegen sich neun Tänzerinnen und Tänzer zu Musik aus Bachs „Matthäus-Pas- sion“. Der Tanz erzählt keine Ge- schichte, kommentiert oder inter- pretiert die Musik nicht, sondern macht nur das, was Tanz eben ma- chen muss: Er verleiht der Musik Be- wegung. Eindruck von Distanziertheit Auffällig ist, dass die Bewegungs- muster des klassischen Balletts ein- gebunden sind in Szenen von großer Erdgebundenheit und Abgewandt- heit. Oft bewegen sich die Tänzerin- nen und Tänzer am Boden, oft wen- den sie dem Publikum den Rücken zu. Die schwarz-weiß gehaltenen Kostüme (Alessandro Sartori für Er- menegildo Zegna Couture, verrät das Programmheft) verstärken den Eindruck von Distanziertheit (und einer gewissen Noblesse) noch. In die meist fließenden Bewegungen des Ensembles mischt sich zuweilen eine merkwürdige Ruppigkeit, hef- tig werden Handflächen nach oben gedreht, Arme gewinkelt, Füße an- gezogen, auch diese bewusst einge- setzte Eckigkeit trägt zur abweisen- den Note der Choreografie bei. Zwei Welten In „Orpheus Highway“, der zweiten Arbeit des Abends (nach der schi- cken Aufwärmübung „Homeward“ zu einer Komposition von Bryce Dessner), setzt sich Millepied zu Steve Reichs „Triple Quartet“ mit Von Ronald Meyer-Arlt Aufstrebend: Rachelle Rafailedes tanzt Eurydike in „Orpheus Highway“. FOTO: MATTHIAS LEITZKE dem Mythos von Orpheus und Eury- dike auseinander. Die beiden Welten, von denen der Mythos erzählt, das Reich der Lebenden und das Reich der Toten, präsentiert der Choreograf hier als Welt der Bühne und des Films. Ge- tanzt wird hintereinander: Oben sind die Filmfiguren auf der Lein- wand zu sehen, davor bewegen sich die Tänzerinnen und Tänzer der Company in ähnlichen Mustern. Weil der Film auf einem nächtlichen Parkplatz neben einer viel befahre- nen Straße gedreht wurde. wirken die getanzten Szenen auf der Lein- wand erstaunlicherweise viel le- bensnaher als die Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne. Der Film liefert nicht einfach nur einen interessanten Hintergrund für den Tanz, der Tanz kommentiert den Film nicht, beide Medien, Film und Bühne, stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das ist sehr raffi- niert – wie vieles an Millepieds Cho- reografien. Die Bühne im Hafen 1, der neuen Event-Location der Wolfsburger Autostadt, hat sich in den ersten vier Gastspielen beim Movimentos-Fes- tival als hervorragender Ort für zeit- genössischen Tanz erwiesen. Die Lichttechnik, die Projektionen, der Sound – alles war bisher wunderbar. Nun aber, beim vorletzten Gast- spiel, schien es Probleme mit der Kli- maanlage zu geben. Andauernd war im Hintergrund das Rauschen der Lüftung zu hören – was bei Mu- sik aus Bachs „Matthäus-Passion“ besonders störend ist. Oder fiel das Rauschen nur auf, weil der Tanz diesmal nicht ganz so packend war wie bei den ersten drei Gastspielen? Tanz am Boden: Szene aus der Choreografie „Bach Studios (Part 1).“ FOTO: MATTHIAS LEITZKE Termine bei Movimentos Das L.A. Dance Project ist noch bis Sonnabend, 10. August, im Hafen 1 in der Autostadt in Wolfs- burg zu sehen. Vom 15. bis 17. August tritt die Gruppe des Choreogra- fen Russell Maliphant mit der Choreografie „The Thread“ zur Musik von Vangelis in der Autostadt auf. zwei Gesichter verpasst hat, zei- gen, mit welcher Leichtigkeit er es verstand, den Alltag und über- haupt alles ein ganzes Stück freundlicher zu machen. „Don’t postpone Happiness“ war ein Wahlspruch von Hannes Malte Mahler. Er hat sich das Glück nicht für später aufgespart. Und das war gut so. Vielen seiner kleinen Arbeiten ist diese Hal- tung anzusehen. Die Ausstellung zeigt, wie witzig, lebensfroh, wie vergnügt und frech Hannes Malte Mahler war. Und: wie sehr er fehlt. Info Hannes Malte Mahler: „Aus gegebenem Anlass. Quisquilien & Kram“. Bis 25. Oktober im Fein- kunstraum, Roscherstraße 5. Mehr unter www.feinkunst.org. A Summer’s Tale erst 2021 Das Festival A Summer’s Tale bei Luhmühlen in der Nordheide macht Zwangspause. Wie der Veranstalter mitteilte, soll das Konzept überarbeitet werden. Die sechste Auflage wird erst 2021 stattfinden – vom 22. bis 25. Juli. „Das A Summer’s Tale ist ein Herzensprojekt für uns, das wir mit viel Liebe zum Detail auf- gebaut haben“, betonte Folkert Koopmanns, Chef des Veranstal- ters FKP Scorpio. „Wir möchten unseren Gästen hier weiterhin langfristig ein hochwertiges Fes- tivalerlebnis garantieren.“ Der Musikmanager hatte das Konzept eines hochwertigen Fa- milienfestivals mit vielfältigem Programmangebot und ent- spannter Atmosphäre in England entdeckt und nach Niedersach- sen geholt. Zuletzt waren rund 13 000 Besucher gekommen, um hochkarätige Künstler und New- comer wie Amy Montgomery zu sehen. Die Pause sei notwendig, um neue Auflagen am Standort, dem Eventpark Luhmühlen, um- setzen zu können. Zudem will FKP Scorpio am Konzept feilen, um noch besser auf Wünsche der Zielgruppe eingehen zu können, so Koopmanns. kae KULTUR & LEBEN Sonnabend, 10. August 2019 | Seite 25

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Page 1: Sonnabend, 10. August 2019 | Seite 25 KULTUR & LEBENKuratorin Birgit Streicher pr-sentiert knapp 350 Werke, die von 40 Leihgebern zur Verf-gung gestellt worden sind, in den Ru men

keiten. Einige Werke sind auchim Rahmen des Projekts „LieberMahler, male mir ...“ entstanden,bei dem der Künstler auf ZurufWunschbilder fürs Publikumhergestellt hat.

Anderes mag beim Essen ent-standen sein: „Sudan + Gomera“hat der Künstler auf einen Wurst-teller aus Papier geschrieben.Darunter hängt, ebenfalls aufeinen Pappteller gemalt, eineWurst mit kleinem Algenmantel– „Curry Sushi“ hat Mahler dazugeschrieben. Auf einem anderen

Wurstbild versucht ein bäuerli-cher Geselle, eine Riesenwurstsozusagen auf ex zu verspeisen.Manches ist derb, manche Wer-ke wie die winzigen roten undgelben Flecken, unter denen dieWorte „Wein“ und „Käse“ ste-hen, zeugen von Mahlers Fähig-keit zur poetischen Verdichtung.

„Don’t postpone Happiness“Und die beiden Wolken, die aufeiner Postkarte aus Rom überdem Kolosseum schweben unddenen er mit wenigen Strichen

Wo die Wolken lächelnDie Galerie Feinkunstraum zeigt Kleinigkeiten des verstorbenen Künstlers Hannes Malte Mahler

Hannes Malte Mahler war einleidenschaftlicher Maler. Andersals normale Maler malen leiden-schaftliche Maler immer. Kaumein Tag im Leben des Künstlers,der im Sommer 2016 im Alter von48 Jahren bei einem Verkehrs-unfall ums Leben kam, verging,ohne dass er etwas schuf. Erarbeitete nicht nur an Großpro-jekten, sondern widmete sichauch allerlei Kleinkram. Undzwar mit Lust.

Etwa 350 Gelegenheitsarbei-ten von Hannes Malte Mahlersind jetzt unter dem Titel „Ausgegebenem Anlass. Quisquilien& Kram“ im Feinkunstraum ander Roscherstraße zu sehen. DieKuratorin Birgit Streicher prä-sentiert knapp 350 Werke, dievon 40 Leihgebern zur Verfü-gung gestellt worden sind, in denRäumen der Galerie, die sich umMahlers künstlerisches Erbekümmert.

Wurst im AlgenmantelDicht an dicht hängen dort Auf-tragswerke, Geschenke, kleineAbrechnungen, lauter Witzig-

Von Ronald Meyer-Arlt

Kuratorin Birgit Streicher und Oliver Rohde vom Feinkunstraum mit Arbeiten von Hannes Malte Mahler – darunter auch eine bemalte Post-karte aus Rom (Bild rechts). FOTOS: MORITZ FRANKENBERG (2)

K INITIAL

ShakespearesMechaniker

Komödie ist Tragödie plus Zeit“, sagtein kluger Zyniker in einem älterenWoody-Allen-Film. Im Fernsehen istes oft umgekehrt, und manchmal gilt

beides gleichzeitig. „Big Brother“, das im Februar 2000 bei RTL II auf Sendung ging, muss bis heute als Goldstandard für alles Fal-sche, Hässliche und Schlechte im TV herhal-ten. Erinnern wir uns kurz, auch wenn es wehtut: 13 Menschen wurden in einen Con-tainer gesperrt, Tag und Nacht überwacht und schließlich rausgewählt, bis einer übrig blieb. George Orwell traf Unterhemd, Neuro-se Bierdose.

Und da war Zlatko Trpkovski, ein damals24-jähriger Automechaniker, der in wenigen Wochen erreichte, was die meisten Politiker, Sportler und Künstler ein ganzes Leben lang nicht schaffen: 75 Prozent aller Deutschen wussten damals, wer Zlatko ist, der nicht wusste, wer Shakespeare ist. Nein, die hellsteZündkerze im Motor war er nicht, eher eine Art Mensch gewordenes Mahnmal, wenn et-wa Klaus Bresser 2000 „wider die Zlatkoisie-rung des Fernsehens“ wetterte.

Als er aus dem Container musste, feiertenihn 5000 Fans. Bis heute müssen wir Zlatko dankbar sein, dass er sich nicht entschloss, in die Politik zu gehen, sondern ein paar Lieder aufzunehmen und beim deutschen ESC-Aus-scheid vorzusingen. 2001 war das. Als ihn das Publikum auspfiff, verließ er die Bühne mit den Worten „Vielen herzlichen Dank, ihr Fotzköpfe!“. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt. Fortan existierte er als Phantom. Aber nun ist er zurück – bei Sat.1 und „Promi Big Brother“.

Begrüßen wir ihn mit einem Shakespeare-Zitat: „Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist.“ Haben wir Zlatko unterschätzt? Jürgen Kleindienst

ZITAT DES TAGES

Die ökologischen Probleme lassen nicht

mit sich diskutieren.Wilhelm Schmid,

Philosoph und Bestsellerautor

KULTURNOTIZEN

Lana Del Rey singt gegen Waffengewalt in USAKurz nach den jüngsten Massakern in den USA hat Popsängerin Lana Del Rey einen neuen Song gegen Waffengewalt veröffentlicht. Unter dem Titel „Looking for America“ (Suche nach Ameri-ka) beschreibt sie ihren Traum von einem Land ohne Waffen. Auf Instagram postete Del Rey ein Video, in dem sie in einem Tonstudio sitzt und den Song singt. Dazu schrieb die 2011 mit dem Popsong „Video Games“ berühmt gewordene Musikerin, die Ereignisse der vergangenen Tage hätten sie stark beschäftigt und zu dem Text be-wegt.

„MarkusMusikWochen“ starten am 25. August Die evangelische Markuskirche in Hannover star-tet zum achten Mal die Konzertreihe „MarkusMu-sikWochen“. Unter dem Leitmotiv „Passagen“ geben international bekannte Musiker am 18. Au-gust, 25. August und 1. September jeweils um 18 Uhr Konzerte, wie der evangelische Kirchen-sprengel Hannover am Freitag mitteilte. Am 18. August spielt die 1989 in Bochum geborene Pianistin Schaghajegh Nosrati. Am 25. August sind der mehrfach ausgezeichnete Oboist Juri Vallentin sowie der Pianist Philipp Heiß zu Gast. Vallentin gewann in diesem Jahr als erster Oboist den Tchaikowsky-Wettbewerb in Sankt Petersburg. Am 1. September singt die Mezzo-sopranistin Yajie Zhang. Ihr 2010 in Shanghai be-gonnenes Gesangstudium führt Zhang seit 2015 in Hannover fort. Ihr Professor, Justus Zeyen, be-gleitet sie in der Markuskirche am Klavier. Die Künstler musizieren vor den Abendkonzerten je-weils auch ab 10.30 Uhr im Gottesdienst.

Tanz auf DistanzDas L.A. Dance Project ist zu Gast beim Tanzfestival Movimentos und präsentiert drei

Produktionen von Benjamin Millepied – dem Choreografen des Films „Black Swan“

B evor Benjamin MillepiedChoreograf wurde, war erTänzer am New York CityBallet. 2010 war eine Cho-

reografie von ihm Teil des berühm-ten Ballettfilms „Black Swan“ (beiden Dreharbeiten lernte er dieSchauspielerin Natalie Portmankennen, die später seine Ehefrauwurde). 2012 gründete BenjaminMillepied seine eigene Company,das L.A. Dance Project, im Jahr da-rauf wurde er Direktor des Ballettsder Pariser Oper.

Jetzt ist seine Company beimMovimentos-Festival in der Auto-stadt zu Gast. Es ist das erste Gast-spiel, das die Company in Deutsch-land gibt. Drei Choreografien prä-sentiert das Ensemble. Neben zweikleineren Arbeiten steht eine länge-re Produktion auf dem Programm:„Bach Studios (Part 1)“. In lockererWerkstattatmosphäre – die Bühneist zu allen Seiten offen – bewegensich neun Tänzerinnen und Tänzerzu Musik aus Bachs „Matthäus-Pas-sion“. Der Tanz erzählt keine Ge-schichte, kommentiert oder inter-pretiert die Musik nicht, sondernmacht nur das, was Tanz eben ma-chen muss: Er verleiht der Musik Be-wegung.

Eindruck von DistanziertheitAuffällig ist, dass die Bewegungs-muster des klassischen Balletts ein-gebunden sind in Szenen von großerErdgebundenheit und Abgewandt-heit. Oft bewegen sich die Tänzerin-nen und Tänzer am Boden, oft wen-den sie dem Publikum den Rückenzu. Die schwarz-weiß gehaltenenKostüme (Alessandro Sartori für Er-menegildo Zegna Couture, verrätdas Programmheft) verstärken denEindruck von Distanziertheit (undeiner gewissen Noblesse) noch. Indie meist fließenden Bewegungendes Ensembles mischt sich zuweileneine merkwürdige Ruppigkeit, hef-tig werden Handflächen nach obengedreht, Arme gewinkelt, Füße an-gezogen, auch diese bewusst einge-setzte Eckigkeit trägt zur abweisen-den Note der Choreografie bei.

Zwei WeltenIn „Orpheus Highway“, der zweitenArbeit des Abends (nach der schi-cken Aufwärmübung „Homeward“zu einer Komposition von BryceDessner), setzt sich Millepied zuSteve Reichs „Triple Quartet“ mit

Von Ronald Meyer-Arlt

Aufstrebend: Rachelle Rafailedes tanzt Eurydike in „Orpheus Highway“.FOTO: MATTHIAS LEITZKE

dem Mythos von Orpheus und Eury-dike auseinander.

Die beiden Welten, von denender Mythos erzählt, das Reich derLebenden und das Reich der Toten,präsentiert der Choreograf hier alsWelt der Bühne und des Films. Ge-tanzt wird hintereinander: Obensind die Filmfiguren auf der Lein-wand zu sehen, davor bewegen sichdie Tänzerinnen und Tänzer derCompany in ähnlichen Mustern.Weil der Film auf einem nächtlichenParkplatz neben einer viel befahre-nen Straße gedreht wurde. wirkendie getanzten Szenen auf der Lein-wand erstaunlicherweise viel le-bensnaher als die Bewegungen derTänzerinnen und Tänzer auf derBühne.

Der Film liefert nicht einfach nureinen interessanten Hintergrund fürden Tanz, der Tanz kommentiertden Film nicht, beide Medien, Filmund Bühne, stehen gleichberechtigtnebeneinander. Das ist sehr raffi-niert – wie vieles an Millepieds Cho-reografien.

Die Bühne im Hafen 1, der neuenEvent-Location der WolfsburgerAutostadt, hat sich in den ersten vierGastspielen beim Movimentos-Fes-tival als hervorragender Ort für zeit-genössischen Tanz erwiesen. DieLichttechnik, die Projektionen, derSound – alles war bisher wunderbar.Nun aber, beim vorletzten Gast-spiel, schien es Probleme mit der Kli-maanlage zu geben. Andauerndwar im Hintergrund das Rauschender Lüftung zu hören – was bei Mu-sik aus Bachs „Matthäus-Passion“besonders störend ist. Oder fiel dasRauschen nur auf, weil der Tanzdiesmal nicht ganz so packend warwie bei den ersten drei Gastspielen?

Tanz am Boden: Szene aus der Choreografie „Bach Studios (Part 1).“ FOTO: MATTHIAS LEITZKE

Termine beiMovimentosDas L.A. Dance Project ist noch bis Sonnabend, 10. August, im Hafen 1 in der Autostadt in Wolfs-burg zu sehen. Vom 15. bis 17. August tritt die Gruppe des Choreogra-fen Russell Maliphant mit der Choreografie „The Thread“ zur Musik von Vangelis in der Autostadt auf.

zwei Gesichter verpasst hat, zei-gen, mit welcher Leichtigkeit eres verstand, den Alltag und über-haupt alles ein ganzes Stückfreundlicher zu machen. „Don’tpostpone Happiness“ war einWahlspruch von Hannes MalteMahler. Er hat sich das Glücknicht für später aufgespart. Unddas war gut so. Vielen seinerkleinen Arbeiten ist diese Hal-tung anzusehen.

Die Ausstellung zeigt, wiewitzig, lebensfroh, wie vergnügtund frech Hannes Malte Mahlerwar. Und: wie sehr er fehlt.

Info Hannes Malte Mahler: „Aus gegebenem Anlass. Quisquilien & Kram“. Bis 25. Oktober im Fein-kunstraum, Roscherstraße 5. Mehr unter www.feinkunst.org.

A Summer’s Tale erst 2021

Das Festival A Summer’s Tale beiLuhmühlen in der Nordheidemacht Zwangspause. Wie derVeranstalter mitteilte, soll dasKonzept überarbeitet werden.Die sechste Auflage wird erst2021 stattfinden – vom 22. bis25. Juli. „Das A Summer’s Tale istein Herzensprojekt für uns, daswir mit viel Liebe zum Detail auf-gebaut haben“, betonte FolkertKoopmanns, Chef des Veranstal-ters FKP Scorpio. „Wir möchtenunseren Gästen hier weiterhinlangfristig ein hochwertiges Fes-tivalerlebnis garantieren.“

Der Musikmanager hatte dasKonzept eines hochwertigen Fa-milienfestivals mit vielfältigemProgrammangebot und ent-spannter Atmosphäre in Englandentdeckt und nach Niedersach-sen geholt. Zuletzt waren rund13 000 Besucher gekommen, umhochkarätige Künstler und New-comer wie Amy Montgomery zusehen. Die Pause sei notwendig,um neue Auflagen am Standort,dem Eventpark Luhmühlen, um-setzen zu können. Zudem willFKP Scorpio am Konzept feilen,um noch besser auf Wünsche derZielgruppe eingehen zu können,so Koopmanns. kae

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