Sonografie-Atlas Geburtsmedizin/...
Transcript of Sonografie-Atlas Geburtsmedizin/...
Franz Kainer (Hrsg.)
Sonografie-Atlas Geburtsmedizin / Gynäkologie
Inhaltsverzeichnis
1 Erstes Trimenon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2 3D-Sonografi e in der Pränataldiagnostik . . . 512.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562.3 Pathologische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
3 Kopf, ZNS, Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
4 Gesicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1494.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1494.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1504.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
5 Thorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2175.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2175.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2185.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
6 Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2426.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
7 Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2757.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2757.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2777.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
8 Urogenitaltrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3098.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3098.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3118.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
9 Skelett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3499.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3499.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3519.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354
10 Fetale Infektionen und Hydrops fetalis . . . . . 38110.1 Fetale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38110.2 Hydrops fetalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
11 Mehrlingsschwangerschaften . . . . . . . . . . . . . 41711.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41711.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41911.3 Pathologische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
12 Fetale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43512.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43512.2 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
13 Plazenta, Nabelschnur, Zervixsonografi e . . . . 44513.1 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446
14 Maternofetale Dopplersonografi e . . . . . . . . . 45514.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45514.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45714.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462
15 Fetale Magnetresonanztomografi e . . . . . . . . 47915.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47915.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48015.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484
16 Gynäkologische Ultraschalldiagnostik . . . . . . 501
17 Mamma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52917.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52917.2 Normalbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53017.3 Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53217.4 Bildbeispiele: axilläre Lymphknoten . . . . . . . . . . . 562
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
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250 6 Herz
6
6.3 Fallbeispiele
Fallbeispiel 1
Klinische Angaben29-jährige Patientin zum zweiten Trimester Screening-Ultra-schall.
Fragen1. Welche Schnittebene ist dargestellt? 2. Was fällt auf?3. Wie kann eine systematische Untersuchung den Verdacht
erhärten?4. Verdachtsdiagnose/Diagnose?
Abb. 6.15 Fallbeispiel 1
Antworten1. Eine Schnittebene im oberen Abdomen und in der Vier-
kammerblick-Ebene2. Es fällt auf, dass Magen und Herz auf unterschiedlichen
Seiten liegen. Magen und Aorta descendens wahrschein-lich links und das Herz zeigt nach rechts.
3. Durch die systematische Untersuchung erkennt man, dass die Aorta liegt links, während die Herzspitze nach rechts zeigt. Die Pulmonalvenen lassen den linken Vorhof erkennen. Die Form der Ventrikel lässt die anatomischen Ventrikel diff erenzieren.
4. Hier liegt eine Dextrokardie vor, z. B. ein Situs inversus thoracalis. Ohne Beurteilung der großen Gefäße kann eine Enddiagnose nicht gestellt werden.
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2516.3 Fallbeispiele
6
M E R K EVor der Einstellung des Vierkammerblicks immer zuerst auf die La-ge vom Magen im Abdomen achten!Bei Dextrokardie auch an nicht kardiale Erkrankungen wie Zwerch-felldefekt denken.
Typische HinweiszeichenDrehungsanomalien können wie ein Situs inversus komplett oder partiell sein. Viel häufi ger treten dagegen komplexe An-omalien auf, die als Heterotaxie /Isomerien bezeichnet wer-den. Bei diesen werden häufi g Herzfehler gefunden, die das Venensystem betreff en (Lungenvenenanomalien oder Feh-len der V. cava inferior) bzw. der Milz (Asplenie/Polysple-nie). Lageanomalien des Herzens lassen sich nur durch die systematische Untersuchung der Lage von Magen, Aorta und Herz entdecken.
P R A X I S T I P PEs wird empfohlen, zuerst die Orientierung direkt am Fetus vorzu-nehmen und dann erst die Lage vom Magen und Herz zu überprü-fen. Man sollte nicht den Fehler machen und die Lage des Magens (oder Herz) als links defi nieren.
PrognoseDie Prognose hängt im Wesentlichen immer von der kardia-len Einschränkung und Obstruktionen ab, die in diesem Fall nicht vorliegen.
ProzedereVerlaufskontrollen in der Schwangerschaft und nach der Ge-burt.
LITERATUROztunc F et al. Diagnosis and outcome of pregnancies with prenatally diagnosed fetal dextrocardia. J Matern Fetal Neonatal Med, 2015; 28: 1104–1107.
a b
Abb. 6.16 Fallbeispiel 1: Dextrokardie. AoD = Aorta descendens, FW = Fruchtwasser, IVS = interventrikuläres Septum; LA = linker Vorhof, Li = links, LV = linker Ventrikel, Ma = Magen, MK = Mitralklappe, Pulm. V = Pulmonalvenen, RA = rechter Vorhof, Re = rechts, Ri = Rippe; RV = rechter Ventrikel; TK = Trikuspidalklappe; VCI = V. cava inferior, WS = Wirbelsäule.
_21901_Kainer.indb 251_21901_Kainer.indb 251 10.02.2020 09:41:1510.02.2020 09:41:15
252 6 Herz
6
Fallbeispiel 2
Klinische Angaben29-jährige Patientin, überwiesen wegen auff älligem Herzen im Screening-Ultraschall.
Fragen1. Welche Schnittebene ist dargestellt?2. Was fällt auf?3. Welche Zusatzinformation gibt der Farbdopplerultra-
schall?4. Verdachtsdiagnose/Diagnose?5. Worauf sollte im weiteren Verlauf geachtet werden?
a b
Abb. 6.17 Fallbeispiel 2
_21901_Kainer.indb 252_21901_Kainer.indb 252 10.02.2020 09:41:1710.02.2020 09:41:17
2536.3 Fallbeispiele
6
Antworten1. Vierkammerblick-Ebene2. Das Herz füllt mehr als die Hälft e des Th oraxraums, es
handelt sich um eine Kardiomegalie . Vor allem der rechte Vorhof ist dilatiert. Die Trikuspidalklappe liegt tiefer im rechten Ventrikel als üblich.
3. Im Farbdoppler erkennt man eine schwere Trikuspidalin-suffi zienz.
4. Ebstein-Anomalie 5. Eine schwere Klappeninsuffi zienz kann auch zur Herzin-
suffi zienz und Hydrops fetalis führen.
Typische HinweiszeichenBei der Ebstein-Anomalie liegt eine Dysplasie der Trikuspi-dalklappe vor. Die Klappe inseriert tiefer im rechten Ventri-kel als üblich. Ein Teil des Ventrikels wird demnach Teil des rechten Vorhofs (Atrialisierung des rechten Ventrikels). Die Trikuspidalklappe ist oft schwer insuffi zient und im Farbdoppler leicht zu erkennen. Die Insuffi zienz trägt noch mehr zu einer Erweiterung des rechten Vorhofs bei.
M E R K ENicht jede Kardiomegalie bzw. nicht jede Trikuspidalinsuffi zienz sollte als Ebstein-Anomalie klassifi ziert werden. Eine Kardiomega-lie kann auch funktionell bedingt sein, z. B. bei Volumenbelastung (z. B. Anämie, arteriovenöse Fistel, Akzeptor beim fetofetalen Transfusionssyndrom etc.)
PrognoseDie Prognose kann bei der Ebstein-Anomalie nicht vorher-gesagt werden. Vom intrauterinen Fruchttod mit Hydrops bis zum guten Outcome kann sie variieren. Je früher der Be-fund entdeckt wird, umso schlechter ist oft die Prognose. Je größer das Herz insgesamt, desto schwerer ist der Verlauf.
ProzedereVerlaufskontrollen in der Schwangerschaft und Entbindung am Perinatalzentrum mit anwesendem Neonatologen.
LITERATURFreud LR, Escobar-Diaz MC, Kalish BT et al. Outcomes and Predictors of Perinatal Mortality in Fetuses With Ebstein Anomaly or Tricuspid Valve Dysplasia in the Current Era: A Multicenter Study. Circulation, 2015; 132: 481–489.
a b
Abb. 6.18 Fallbeispiel 2: Ebstein-Anamolie. a) Die Pfeile zeigen die tief liegende Trikuspidalklappe, die typisch für die Ebstein-Anomalie ist. b) Die Farbe zeigt die schwere Insuffi zienz der dysplastischen Trikuspidalklappe bei der Ebstein-Anomalie. AoD = Aorta descendens, FO = Foramen ovale, IAS = interatriales Septum, IVS = interventrikuläres Septum, LA = linker Vorhof, Li = links, Lu = Lunge, LV = linker Ventrikel, MK = Mitralklappe, Pulm.V = Pulmonalvenen, RA = rechter Vorhof, Re = rechts, Ri = Rippe, RV = rechter Ventrikel, TK = Trikuspidalklappe, WS = Wirbelsäule.
_21901_Kainer.indb 253_21901_Kainer.indb 253 10.02.2020 09:41:1810.02.2020 09:41:18
254 6 Herz
6
a b
Abb. 6.19 Fallbeispiel 3
Fallbeispiel 3
Klinische Angaben29-jährige Patientin mit Epilepsie unklarer Genese seit der Kindheit und antikonvulsiver Th erapie. Vorstellung zur feta-len Echokardiografi e bei Risikoschwangerschaft .
Fragen1. Welche Schnittebene ist dargestellt?2. Was fällt auf?3. Welche Zusatzinformation gibt der Farbdoppler?4. Verdachtsdiagnose/Diagnose?5. Kann der Befund genetisch erklärbar sein?6. Worauf sollte auch diagnostisch geachtet werden?
Antworten1. Vierkammerblick-Ebene2. Großer hyperechogener Tumor links, der in den linken
Ventrikel hineinragt3. Der Farbdoppler zeigt, dass der Blutfl uss gut in beide
Ventrikel gelangt.4. Rhabdomyom5. Häufi g liegt eine tuberöse Hirnsklerose vor (Morbus
Bourneville Pringle ). Die genetische Krankheit ist autoso-mal-dominant. Daher liegt wahrscheinlich eine Vererbung von der Mutter vor, denn ihre Epilepsie kann Ausdruck von intrazerebralen Knötchen bei dieser Erkrankung sein. Typi-scherweise kann sie im Gesicht kleine derbe Knötchen sowie am Integument Café-au-Lait-Flecken haben.
6. Meistens fi ndet man mehrere Tumoren, die im Verlauf der Schwangerschaft sichtbar werden. Sehr selten verle-gen sie den fetalen Kreislauf am Herzen mit einer Herzin-suffi zienz als Folge. Man sollte auch ab der 28. SSW trans-vaginal oder mittels MRT nach intrazerebralen Herden, wie kortikale Heterotopien oder Tubera, suchen da sie ty-pisch für die Erkrankung sind. Molekulargenetisch lässt sich die Mutation nachweisen.
_21901_Kainer.indb 254_21901_Kainer.indb 254 10.02.2020 09:41:1910.02.2020 09:41:19
2556.3 Fallbeispiele
6
Typische HinweiszeichenVerursacht in 80 % der Fälle durch eine Mutation der TSC-1- oder TSC-2-Gens, tritt die Erkrankung in 80 % der Fälle spontan und in 20 % der Fälle durch Vererbung von Mutter oder Vater auf. Herztumoren können ab der 20. SSW ent-deckt werden und vermehren und vergrößern sich oft im Verlauf der Schwangerschaft . Sie sind häufi g in den Ventri-keln und am interventrikulären Septum zu fi nden. Im Ultra-schallbild sind sie immer homogen. Andere Tumore sind deutlich seltener und auch an anderen Stellen lokalisiert.
PrognoseDie Prognose seitens des Tumors ist meistens sehr gut. Sie schrumpfen praktisch immer in den ersten Monaten nach der Geburt. Das Hauptproblem sind die Hirnbefunde, die mit einer Epilepsie einhergehen können und auf Dauer bei thera-pieresistenten Formen eine geistige Beeinträchtigung zur Folge haben können. Medikamentös können inzwischen rechtzeitig sowohl die Tumore und Hirnbefunde als auch die Epilepsien behandelt werden.
ProzedereViele Schwangere lassen in der Schwangerschaft die weiter-führende Diagnostik, wie Molekulargenetik nach Amniozen-tese und MRT-Untersuchung durchführen. Sonografi sche Verlaufskontrollen und eine rechtzeitige Anbindung an einer Kinderklinik mit Langzeit-Follow-up in der kinderneurolo-gischen Sprechstunde ist sinnvoll.
LITERATURCarrilho MC, Tonni G, Araujo Júnior E. Fetal cardiac tumors: prenatal diagnosis and outcomes. Rev Bras Cir Cardiovasc, 2015; 30: VI–VII.
a b
Abb. 6.20 Fallbeispiel 3: Herztumor. AoD = Aorta descendens, IVS = interventrikuläres Septum, LA = linker Vorhof, Li = links, Lu = Lunge, LV = lin-ker Ventrikel, Plac = Plazenta, RA = rechter Vorhof, Re = rechts, Ri = Rippe, RV = rechter Ventrikel, WS = Wirbelsäule.
_21901_Kainer.indb 255_21901_Kainer.indb 255 10.02.2020 09:41:2010.02.2020 09:41:20
KAPITEL
1010.1 Fetale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381Fallbeispiele: CMV-Infektion . . . . . . . . . . . . . 382Fallbeispiele: Toxoplasmose . . . . . . . . . . . . . 386Fallbeispiele: Parvovirus-B19-Infektion . . . . . 390
10.2 Hydrops fetalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397Fallbeispiele: Hydrops fetalis unklarer Genese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398Fallbeispiele: genetisch-syndromaler Hydrops fetalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404Fallbeispiele: Hydrops fetalis bei fetalem Tumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410Fallbeispiel: Kein Hydrops fetalis . . . . . . . . . 415
Matthias Meyer-Wittkopf
Fetale Infektionen und Hydrops fetalis
10.1 Fetale Infektionen
Einführung
Verbesserungen in der fetalen Infektionsdiagnostik resultie-ren vor allem aus innovativen serologischen und molekular-genetischen Labormethoden und weniger aus Fortschritten der Ultraschalltechnologie. Generell gilt, dass viele fetale In-fektionen gar keine oder nur sehr unspezifi sche sonografi -sche Zeichen einer fetalen Beeinträchtigung aufweisen und die pränatale Sonografi e häufi g nur in Kombination mit maternalen Labormethoden eine Aussagekraft besitzt. Oh-ne maternale Serologiebefunde ist die sonografi sche Diag-nostik von fetalen Infektionen zumeist erst in fortgeschritte-nen, symptomatischen Infektionsstadien richtungsweisend. Bei Infektionsverdachtszeichen sollte nie bis zur Geburt ab-gewartet werden, da ein pränataler Infektionshinweis bei so-fortiger Abklärung sehr wohl Auswirkungen auf den optima-len Th erapiezeitpunkt und -modus hat.
Insgesamt sind 1–3 % der reif geborenen Kinder in der Bun-desrepublik Deutschland von einer pränatalen, meist vertikal erworbenen (d. h. die Transmission erfolgt hämatogen-diapla-zentar von der Mutter auf das Ungeborene) Infektion betroff en. Für Zytomegalie-(CMV), HIV-, HBV- und HCV-Infektionen gibt es auch intra- und postpartale Transmissionen, einschließ-lich einer Übertragung beim Stillen. Die beiden wichtigsten in der BRD in relevanter Häufi gkeit auft retenden vorgeburtlichen fetalen Infektionen sind die Zytomegalie (CMV) und die Par-vovirus-B19-Infektion. Aufgrund der hohen Impfungs- bzw. Durchseuchungsrate sind eine Rötelnembryopathie oder ein kongenitales Varizellensyndrom sehr viel seltener und auf jähr-lich einige wenige Fälle beschränkt (< 1:100.000 Lebendgebur-ten). Auch die symptomatischen Toxoplasmoseinfestationen
von Neugeborenen betragen gemäß der bestehenden Melde-pfl icht in den letzten Jahren weniger als 5 Fälle pro 100.000 Le-bendgeburten bei allerdings lückenhaft er Meldevigilanz.
Stellenwert der sonografi schen vorgeburt-lichen Infektionszeichen
Die für fetale Infektionen charakteristischen pränatalen Ultra-schallzeichen (z. B. periventrikuläre Hyperdensitäten oder thalamostriatale Kalzifi kationen bei zerebraler CMV-Infek-tion) erfordern immer eine sofortige vorgeburtliche serolo-gische und/oder invasive Diagnostik zur Infektionssiche-rung bei Mutter und Fetus. Zumeist sind leider erst fort-geschrittene fetale Infektionen mit diversen unspezifi schen Ultraschallauff älligkeiten, wie Hydrops, Mikrozephalus, Poly-hydramnion, Aszites, Perikard- oder Pleuraergüssen, hypere-chogenem Darm, vergesellschaft et. Als allgemeine Regel gilt, dass mit Ausnahme der Varizellen- und Rötelnembryopathie bzw. -fetopathie vier von fünf der später als infi ziert oder in-fektiös geschädigt diagnostizierten Feten vorgeburtlich über-haupt keine sonografi schen Verdachtsmomente aufweisen. Bei speziellen Fragestellungen mit inkonklusiven Sonografi e- und Laborbefunden hat sich in den letzten Jahren die vorge-burtliche Kernspintomografi e (MRT) als additives Bildge-bungsverfahren speziell bei der Beurteilung zerebraler Beson-derheiten des Fetus bewährt. Nachfolgend werden in sonogra-fi schen Fallbeispielen die fetalpathologisch zahlenmäßig relevantesten teratogenen Pränatalinfektionen dargestellt.
_21901_Kainer.indb 381_21901_Kainer.indb 381 10.02.2020 09:44:0110.02.2020 09:44:01
382 10 Fetale Infektionen und Hydrops fetalis
10
Fallbeispiele: CMV-Infektion
Fallbeispiel 1
Klinische Angaben22-jährige Patientin in der 25. SSW. Normosomer Fetus mit Oligohydramnion und Mikrozephalie.
Schallkopfführung• Kopfquerschnitt von transabdominal bei I. SL• Seitenventrikel und Mittellinie symmetrisch• Pfeilmarkierung ist im Bereich der periventrikulären
Hirnrindenanteile unterhalb des linken Seitenventrikel-hinterhorns positioniert.
Orientierungspunkte• Falx cerebri und Th alamusanteile sichtbar• Linker Plexus choroideus im linken Hinterhorn sichtbar
Fragen1. Welche Schnittebene ist dargestellt?2. Was fällt auf?3. Verdachtsdiagnose/Diagnose?4. Welche Zusatzinformation bringt der gepulste Farbdoppler?5. Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen empfehlen
Sie?
Antworten1. Die Kopfumfangsebene2. Periventrikuläre Echogenitätsvermehrung (sog. Halo -
Ring)3. V. a. infektiöse Ventrikulitis/Enzephalitis als zerebrale fe-
tale Infektionszeichen des Fetus4. Vmax-Beurteilung der Dopplerfl ussprofi le in der fetalen
A. cerebri media zur Diff erenzialdiagnose einer eventuel-len fetalen Begleitanämie
5. Immer Amniozentese ggf. mit ergänzender fetaler Nabel-schnurpunktion zur virologischen und hämatologischen Diff erenzialdiagnostik aus Fruchtwasser/Fetalblut anbieten
Abb. 10.1 Fallbeispiel 1
Abb. 10.2 Fallbeispiel 1: periventrikuläre Echogenitätsvermehrung (sog. Halo-Ring, markiert durch Pfeilspitzen) bei V. a. infektiöse Ventri-kulitis/Enzephalitis als zerebrale Infektionszeichen einer fetalen CMV-In-fektion. FC = Falx cerebri, HH = Hinterhorn der fetalen Hirnseitenventri-kel, TH = Thalamus.
_21901_Kainer.indb 382_21901_Kainer.indb 382 10.02.2020 09:44:0110.02.2020 09:44:01
38310.1 Fetale Infektionen
10
Fallbeispiel 2
Klinische Angaben31-jährige IIIG IIP in der 27. SSW. IUGR und progrediente Mikrozephalie.
Schallkopfführung• Kopfquerschnitt von abdominal bei I. SL• Fetale Seitenventrikel und Mittellinie symmetrisch
Orientierungspunkte• Falx cerebri und Hemisphärenanteile sichtbar• Plexus choroideus im linken Seitenventrikel sichtbar
Fragen1. Welche Schnittebene ist dargestellt?2. Was fällt auf?3. Verdachtsdiagnose/Diagnose?4. Warum sollte man evtl. Zusatzinformationen durch Be-
rufs- oder Reiseanamnese einholen?5. Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen empfehlen Sie?
Antworten1. Fetale zerebrale Kopfumfangs-/Hirnseitenventrikel-Ebene2. Periventrikuläre Echogenitätsvermehrung und fokale ze-
rebrale Kalzifi kationen 3. Infektiöse Enzephalitis mit sekundärer Mikrozephalie des
Fetus4. Zur Detektion einer möglichen berufl ichen oder geografi -
schen Teratogen-Exposition5. Maternale Serologie und Amniozentese ggf. mit ergän-
zender fetaler Nabelschnurpunktion zur infektiologischen Diff erenzialdiagnostik
Abb. 10.3 Fallbeispiel 2
Abb. 10.4 Fallbeispiel 2: periventrikuläre Echogenitätsvermehrung (sog. Halo-Ring, markiert durch senkrechte Pfeilspitzen) bei V. a. infek-tiöse Ventrikulitis/Enzephalitis, mit fokalen zerebralen Kalzifi kationen (waagerechte Pfeilspitze) als zerebrale Infektionszeichen einer fetalen CMV-Infektion. FC = Falx cerebri, HH = Hinterhorn des fetalen Hirnsei-tenventrikels, VH = Vorderhorn des fetalen Hirnseitenventrikels.
_21901_Kainer.indb 383_21901_Kainer.indb 383 10.02.2020 09:44:0210.02.2020 09:44:02
384 10 Fetale Infektionen und Hydrops fetalis
10
Fallbeispiel 3
Klinische Angaben37-jährige IIIG IIP in der 33. SSW. Zuweisung wegen Mikro-zephalie und Seitenventrikulomegalie links.
Schallkopfführung• Zerebraler Querschnitt in der Kopfumfangsbiometrieebe-
ne bei I. SL
Orientierungspunkte• Cavum septum pellucidum, III. Ventrikel, Th alamus so-
wie Ventrikel-Hinterhorn-Anteile
Fragen1. Welche Schnittebene ist dargestellt?2. Was fällt auf?3. Verdachtsdiagnose/Diagnose?4. Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen empfehlen
Sie?
Antworten1. Zerebrale Kopfb iometrieebene2. Fokale intrazerebrale Kalzifi kationen und Zystenbildun-
gen (in diesem Fall durch CMV – aber auch teratogene Varicella- oder Zika-Infektionen zeigen ähnliche sono-morphologische Bilder)
3. Postinfektiöse, zerebrale Hirnpathologien des Fetus4. Maternale TORCH-Serologie und Amniozentese zur viro-
logischen Diff erenzialdiagnostik – ggf. ergänzendes feta-les Hirn-MRT zur Prognosesicherung
Abb. 10.6 Fallbeispiel 3: fokale intrazerebrale Kalzifi kationen (markiert durch senkrechte Pfeilspitze) und Zystenbildungen (markiert durch waa-gerechte Pfeilspitze) nach pränataler, infektiöser Ventrikulitis/Enzephali-tis durch eine fetale CMV-Infektion. HH = Hinterhorn des fetalen Hirn-seitenventrikels, TH = Thalamus, III Ven. = dritter Hirnventrikel.
Abb. 10.5 Fallbeispiel 3
_21901_Kainer.indb 384_21901_Kainer.indb 384 10.02.2020 09:44:0210.02.2020 09:44:02
38510.1 Fetale Infektionen
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Typische Hinweiszeichen• Relative Ventrikulomegalie bei ringförmiger periventri-
kulärer Echogenitätsvermehrung• Zum Teil periventrikuläre/intrazerebrale Kalzifi kations-
herde und intraparenchymatöse Zystenbildung als postin-fl ammatorische Folge einer infektiösen fetalen Enzephali-tis
C A V E !Bei erst kürzlich erfolgter maternaler Infektserokonversion immer serielle Wiederholungssonografi en vereinbaren, da fetale Infek-tionszeichen häufi g erst viele Wochen später auftreten können! Bei fetalen Anämien durch eine maternofetale B19-Infektion kön-nen in bis zu 30 % der Fälle messbare maternale IgM-Titer schon wieder fehlen.
PrognoseDie Prognose hängt sehr vom Ausmaß bzw. den funktiona-len Auswirkungen der infektiösen zerebralen Destruktionen ab und ist sowohl motorisch als auch kognitiv erfahrungsge-mäß deutlich beeinträchtigt bis schlecht, unabhängig vom infektiösen Agens.
P R A X I S T I P PInsbesondere bei zerebralen Infektzeichen und Schädellage immer ergänzende transvaginale Sonografi e zur Detaildiagnostik versuchen und lageunabhängig additive fetale MRT-Bildgebung zur möglicherweise exakteren Prognoseeinschätzung und opti-mierter interdisziplinärer Beratungsgrundlage anbieten.
Prozedere• Interdisziplinäre Beratung über Prognose und Th erapieli-
mitationen, falls erforderlich mit ergänzendem pränata-len Hirn-MRT
• Je nach parentalem Entscheid über den Schwanger-schaft sfortgang und infektiöser Ursache entweder spezifi -scher medikamentöser (antibiotisch oder antiviral) Pallia-tionsversuch oder medizinisch-maternale Indikationsstel-lung
• Bei fehlender Makrozephalie durch massive Ventrikulo-megalie immer vaginalen Entbindungsweg in einem Peri-natalzentrum anstreben.
M E R K EBei entsprechender Reiseanamnese der Eltern (Dengue- oder Ma-laria-Regionen) immer auch an teratogene Arboviren-Infektionen (z. B. durch ZIKA-Dengue) des Fetus denken.
LITERATURACOG. Practice Bulletin Cytomegalovirus, Parvovirus B19, Varicella
Zoster. Obstet Gyn, 2015; 125(6): 1510–1525.Rasmussen SA. Human Teratogens Update 2011: Can We Ensure Sa-
fety during Pregnancy? Birth Defects Res A Clin Mol Teratol, 2012; 94(3): 123–128.
Rasmussen SA, Meaney-Delman DM, Petersen LR, Jamieson DJ. Stu-dying the Effects of Emerging Infections on the Fetus: West Nile and Zika Viruses. Birth Defects Research, 2017; 109: 363–371.
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