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SPAR- POTENZIAL Acht Allround-Laufräder im Test Wer sein Rad leichter und schneller machen will, hat mit einem neuen Laufradsatz gute Chancen. Doch was bringen Gewicht und Aerodynamik wirklich? Procycling war mit 18 Laufradsätzen auf der Radrennbahn und im Labor. In Teil eins unseres Tests präsentieren wir acht Radsätze für den Allround-Einsatz. Text Caspar Gebel Fotografie Marco Felgenhauer (Produkte), Caspar Gebel E in Blick in die Radtests unserer letzten Ausgaben zeigt: Gerade in den mitt- leren Preisklassen sparen die Radhersteller oft genug an den Laufrädern. Für den Kunden ergibt sich daraus die Option, zu gegebener Zeit aufzurüsten, was im Falle des Radsatzes natürlich nicht „austau- schen“ bedeutet: Die vorhandenen Lauf- räder werden weiter genutzt, die neuen bleiben schönem Wetter, Wettkämpfen oder sonstigen Anlässen vorbehalten. Doch nach welchen Kriterien entschei- det man sich für einen Radsatz? Wie überall beim Rennrad gibt es „weiche“ und „harte“ Faktoren – Geschmack, Emotio- nen und Vorlieben auf der einen Seite, technische Merkmale wie Gewicht und Aerodynamik auf der anderen. Doch beide Bereiche überlagern sich, denn bei der Be- wertung und Gewichtung der technischen Merkmale lassen sich Radsportler oft ge- nug von ihren Emotionen leiten. Ein su- perleichtes Aero-Laufrad, das einfach „schnell“ aussieht, kann doch gar nichts anderes als schnell sein, oder? Was Faktoren wie Steifigkeit und Aero- dynamik angeht, muss der Sportler den Angaben des Herstellers Glauben schen- ken; einzig das Gewicht eines Radsatzes kann er konkret nachprüfen. Doch wie wirken sich 200 Gramm mehr oder weni- ger am Laufradsatz aus? Auch diese Frage wird of genug emotional entschieden. Wer sich den edlen Carbon-Radsatz leisten kann und will, wird auch irgendwie davon ausgehen, dass ihn die Gewichtsersparnis schneller macht. Wer dagegen aus Kos- tengründen die einfacheren, schwereren Räder wählt, wird sich denken: „Was sind schon 200 Gramm!“ Mit 18 aktuellen Laufradsätzen begab sich Procycling auf die Bahn, ins Testlabor und auf die Straße. Lars Teutenberg, Technischer Direktor bei Orica GreenEdge und aktiver Rennfahrer, führte für uns auf der Radrennbahn in Büttgen einen um- fangreichen und aussagekräftigen Aero- dynamik-Test durch; im Labor der Firma Syntace ermittelten wir Beschleunigungs- und Steifigkeitswerte. Dazu sammelten wird auf allen Laufradsätzen eifrig Kilo- meter, um etwas über die tatsächliche Performance aussagen zu können. Die Ergebnisse zu den einzelnen Laufrädern haben wir auf den folgenden Seiten zu- sammengetragen. Horst Teutenberg und sein schneller Sohn beim Mes- sen des Abroll- umfanges. Auch bei identischen Reifen und glei- chem Druck kön- nen sich mehrere Millimeter Unter- schied ergeben, was die Messung verfälschen würde. 80 PROCYCLING AUGUST 2014

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Spar-potenzial

Acht Allround-Laufräder im Test

Wer sein Rad leichter und schneller machen will, hat mit einem neuen

Laufradsatz gute Chancen. Doch was bringen Gewicht und Aerodynamik wirklich?

Procycling war mit 18 Laufradsätzen auf der Radrennbahn und im Labor.

In Teil eins unseres Tests präsentieren wir acht Radsätze

für den Allround-Einsatz.

Text Caspar Gebel Fotografie Marco Felgenhauer (Produkte), Caspar Gebel

Ein Blick in die Radtests unserer letzten Ausgaben zeigt: Gerade in den mitt-leren Preisklassen sparen die Radhersteller oft genug an den Laufrädern. Für den

Kunden ergibt sich daraus die Option, zu gegebener Zeit aufzurüsten, was im Falle des Radsatzes natürlich nicht „austau-schen“ bedeutet: Die vorhandenen Lauf-räder werden weiter genutzt, die neuen bleiben schönem Wetter, Wettkämpfen oder sonstigen Anlässen vorbehalten. Doch nach welchen Kriterien entschei-det man sich für einen Radsatz? Wie überall beim Rennrad gibt es „weiche“ und „harte“ Faktoren – Geschmack, Emotio-nen und Vorlieben auf der einen Seite, technische Merkmale wie Gewicht und Aerodynamik auf der anderen. Doch beide Bereiche überlagern sich, denn bei der Be-wertung und Gewichtung der technischen Merkmale lassen sich Radsportler oft ge-nug von ihren Emotionen leiten. Ein su-perleichtes Aero-Laufrad, das einfach „schnell“ aussieht, kann doch gar nichts anderes als schnell sein, oder? Was Faktoren wie Steifigkeit und Aero-dynamik angeht, muss der Sportler den

Angaben des Herstellers Glauben schen-ken; einzig das Gewicht eines Radsatzes kann er konkret nachprüfen. Doch wie wirken sich 200 Gramm mehr oder weni-ger am Laufradsatz aus? Auch diese Frage wird of genug emotional entschieden. Wer sich den edlen Carbon-Radsatz leisten kann und will, wird auch irgendwie davon ausgehen, dass ihn die Gewichtsersparnis schneller macht. Wer dagegen aus Kos-tengründen die einfacheren, schwereren Räder wählt, wird sich denken: „Was sind schon 200 Gramm!“ Mit 18 aktuellen Laufradsätzen begab sich Procycling auf die Bahn, ins Testlabor und auf die Straße. Lars Teutenberg, Technischer Direktor bei Orica GreenEdge und aktiver Rennfahrer, führte für uns auf der Radrennbahn in Büttgen einen um-fangreichen und aussagekräftigen Aero-dynamik-Test durch; im Labor der Firma Syntace ermittelten wir Beschleunigungs- und Steifigkeitswerte. Dazu sammelten wird auf allen Laufradsätzen eifrig Kilo-meter, um etwas über die tatsächliche Performance aussagen zu können. Die Ergebnisse zu den einzelnen Laufrädern haben wir auf den folgenden Seiten zu-sammengetragen.

Horst Teutenberg und sein schneller Sohn beim Mes­sen des Abroll­umfanges. Auch bei identischen Reifen und glei­chem Druck kön­nen sich mehrere Millimeter Unter­schied ergeben, was die Messung verfälschen würde.

80 PROCyCLinG AuGuST 2014

So haben wir geteStet

Auf der BahnMit jedem Laufradsatz fuhr Lars Teuten­

berg rund vier Kilometer im Oval bei kon­

stant 45 km/h. Inklusive Aufwärmen und

Vergleichsfahrten, um die Auswirkungen

der Temperaturunterschiede zwischen

Morgen und Mittagszeit zu ermitteln,

kam Teutenberg damit auf ein Tages­

pensum von rund 100 Kilometern – bei

Renn tempo. Durch die leichten Schlinger­

bewegungen, die selbst bei sehr konstan­

ter Fahrt auf der Bahn entstehen, kom­

men die Verhältnisse auf der Bahn einer

Anströmung von null bis drei Grad gleich.

Die frisch aufgezogenen Reifen (23er­

Conti Grand Prix TT) wurden auf acht bar

aufgepumpt, kurz gefahren, um sich set­

zen zu können, und dann wieder nachbe­

füllt, bevor der exakte Abrollumfang ge­

messen wurde.

Im LaborIm Labor der Firma Syntace ermittelten

wir die zur Drehbeschleunigung der Lauf­

räder nötigen Kräfte sowie die Seitenstei­

figkeit der Laufräder. Für Ersteres wird das

jeweilige Laufrad waagerecht liegend

eingespannt und gegen eine Feder in

Schwingungen versetzt. Aus der Dauer

der Pendelbewegung lässt sich die Kraft

berechnen, die benötigt wird, um das Rad

in eine Drehbewegung zu versetzen.

Die Seitensteifigkeit wird ermittelt, indem

das an der Nabe eingespannte Laufrad an

der Felge in seitlicher Richtung mit einer

definierten Kraft (20 Kilo) belastet wird.

Eine Radlast von 50 Kilogramm simuliert

dabei das Fahrergewicht. Die Auslenkung

der Felge wird in Millimetern angegeben.

Procycling August 2014 81

Ritcheys Alu-Radsatz gehört zu einer neuen Generation von Laufrädern, die analog zum Carbon-Vorbild mit deutlich breiteren Fel-gen ausgestattet ist. In der Theorie bietet das diverse Vorteile: Ist die Felge so breit wie der Reifen, nimmt dieser keine „Birnen-form“ an, sondern sitzt mit halbkreisförmi-gem Querschnitt auf der Felge. Das verbes-sert zum einen die Aerodynamik, zum anderen wird die Reifenaufstandsfläche da-durch geringfügig breiter und somit kürzer, was den Rollwiderstand verringert und bes-seres Handling bringt. Mit 22 Millimeter breiten und 24 Millimeter tiefen Felgen sind

Ritchey Zeta II

VR HR

Felgenhöhe 24 24

Felgenbreite 21 21

Speichenzahl 20 24

Gewicht (in Gramm) 660 852,2

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 3,39 3,8

Trägheit (in kg∙cm2) 458,4 489,3

779

die Zeta II als solide Allrounder angelegt und eine gute Wahl für Fahrer, die keine ganz bestimmten Einsatzbedingungen im Auge haben. Mit etwas über 1.500 Gramm liegt der Radsatz gewichtsmäßig im typi-schen Alu-Mittelfeld, die Seitensteifigkeit ist gerade am Hinterrad sehr hoch. Auf der Bahn schlucken die Ritcheys vergleichswei-se viel Leistung. Die konstruktiven Unter-schiede zu anderen Alu-Rädern sind zwar gering, könnten aber von Bedeutung sein: So ist der Flanschabstand am Vorderrad mit sieben Zentimetern recht groß, was die Speichen weiter nach außen bringt.

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 352,1

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 255

Satzgewicht (in Gramm) 1.512,2

Schon bei Geschwindigkeiten um 20 km/h macht sich die Aerodynamik

bemerkbar. Der Einsatz von Aero-Laufrädern ist also auch am Berg

sinnvoll, wenn es um Sekunden geht.

Tim

De

Wae

le

82 PRoCyCLInG AUGUST 2014

Die Racing 1 des italienischen Herstellers haben sich einen guten Ruf als solide, ver-gleichsweise leichte Allrounder erworben. Unter anderem punkten die Räder der Campagnolo-Tochter mit extrem hoch-wertigen Kugellagern, die weich laufen, gut gedichtet sind und sich einfach ein-stellen lassen. Angesichts der kantigen Felgen mit den auffälligen Verstärkungen im Bereich der Speichennippel würde man bei den Racing 1 nicht gerade Aero-Qualitäten vermuten, doch der Eindruck täuscht: Auf der Bahn lassen die Fulcrums so manchen Spezia-

Fulcrum Racing 1

VR HR

Felgenhöhe 23 27

Felgenbreite 21 21

Speichenzahl 16 7 li./14 re.

Gewicht (in Gramm) 647,9 885

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 4,44 4,4

Trägheit (in kg∙cm2) 440,2 479,2

879

listen mit tiefer Felge hinter sich. Ein Grund dafür könnte die Anordnung der Speichen im Hinterrad sein: Links sind es nur sieben, an der Antriebsseite 14. Auch die flächige Form der Speichen könnte sich positiv auswirken. Ein weitgehend bau- gleicher Vorläufer der aktuellen Racing 1 konnte sich vor Jahren im Windkanal auch bei seitlicher Anströmung hervorragend schlagen. Das Vorderrad ist nur mäßig seitensteif, das Hinterrad dagegen „steht“. Im Fahr-verhalten dürften sich diese Unterschiede allerdings nicht bemerkbar machen.

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 337,1

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 244,5

Satzgewicht (in Gramm) 1.532,9

Der günstige Alu-Radsatz von Oval setzt auf breite, mit 23 Millimetern eher flache Felgen, die mit 20/24-Speichen an den schlanken Naben befestigt sind. Der grazile Radsatz ist nicht übermäßig seitensteif, stellt in Sachen Gewicht aber fast die ge-samte Alu-Konkurrenz in den Schatten (mit Ausnahme der deutlich teureren Mavic R-Sys) und übertrifft sogar einige Car-bon-Radsätze. Würden es die Oval-Räder dabei be-wenden lassen, würde sich niemand wun-dern. Die große Überraschung sind aller-dings die Ergebnisse auf der Bahn: Der nicht eben ausgeklügelt wirkende Radsatz

ist aerodynamisch die Nummer eins, mit deutlichem Vorsprung vor ausgewiesenen Aero-Rädern. Im Vergleich mit den recht ähnlichen Ritchey Zeta II fällt die Vertei-lung der Speichen im Hinterrad auf – 16 an der Antriebsseite, acht links. Das wirkt sich positiv auf die Aerodynamik aus, macht das Laufrad allerdings in seitlicher Richtung weniger steif. Das Vorderrad ist mit seinem schmalen Flanschabstand das seitenweichste im Test, was beim Fahren aber kein Problem ist. Insgesamt erhält man mit dem Oval 724 einen leichten, aerodynamisch hervorragenden Radsatz zu einem sehr geringen Preis.

VR HR

Felgenhöhe 23 23

Felgenbreite 22 22

Speichenzahl 20 8 li./16 re.

Gewicht (in Gramm) 580,3 770,7

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 5,08 6,2

Trägheit (in kg∙cm2) 419,9 427,1

599

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 336

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 243,7

Satzgewicht (in Gramm) 1.351

Oval Concepts 724

PROCyCLING AUGUST 2014 83

Deutlich unter 900 Gramm leicht, wiegt der AX-Radsatz weniger als manches Hin-terrad – möglich machen das Bauteile wie die 215-Gramm-Felgen. Wer Gewicht an erste Stelle setzt, träumt von solchem Ma-terial, wobei der Preis der Premium Road noch vergleichsweise moderat ausfällt. Zwar ist gerade das Hinterrad nicht sonder-lich seitensteif, doch allein durch ihr mini-males Gewicht macht der Radsatz einen agilen, reaktionsschnellen Eindruck. Aller-dings fühlt sich die Lenkung mit dem su-perleichten Vorderrad deutlich nervöser an. Der Aufbau ist klassisch mit 20/24- DT-Swiss-Aerolite-Speichen, die sich am Hinterrad gleichmäßig auf beide Flansche

AX Lightness Premium Road 24

VR HR

Felgenhöhe 23 23

Felgenbreite 21 21

Speichenzahl 20 24

Gewicht (in Gramm) 363 508,2

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 4,9 6,6

Trägheit (in kg∙cm2) 240,8 255,6

2.29

9 €

der Tune-Nabe verteilen. Aerodynamisch haben die Premium Road einen schweren Stand; vom Bestwert auf der Bahn trennen sie fast 14 Watt. Dabei gehen allerdings rund vier Watt auf Kosten der mit acht bar befüllten Schlauchreifen (Conti Grand Prix TT) – bei ein, zwei bar Druck mehr dürfte der Rollwiderstandsnachteil zu-mindest geringer werden, wenn nicht ganz weg fallen. AX Lightness hat übrigens einen mit rund 1.060 Gramm ebenfalls extrem leichten Clincher-Radsatz im Programm. Dieser könnte mit seinen sehr breiten Fel-gen aerodynamisch besser abschneiden, kostet dann aber auch 2.990 Euro.

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 349,7

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 252,9

Satzgewicht (in Gramm) 871,2

Für welliges und bergiges Gelände emp-fiehlt DT Swiss den mit knapp 1.400 Gramm sehr leichten R 28 C Spline. Zu seinen Besonderheiten gehören die 28 Millimeter tiefen Carbon-Felgen und die Straight-Pull-Speichen im Hinterrad, die für Verdrehsteifigkeit beim Antritt sorgen und hohe Speichenspannung zulassen. In Sachen Seitensteifigkeit fällt das Hinterrad allerdings etwas ab – der Grund dürfte in der Anordnung der Speichenköpfe liegen,

DT Swiss R 28 C Spline

VR HR

Felgenhöhe 28 28

Felgenbreite 21 21

Speichenzahl 20 24

Gewicht (in Gramm) 583,4 804,2

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 3,4 5,7

Trägheit (in kg∙cm2) 384,4 406,7

1.4

88

die teils recht weit zur Nabenmitte hin platziert sind. Dass DT Swiss auf außen liegende Speichennippel verzichtet, sollte aero-dynamisch von Vorteil sein, insgesamt liegen die Schweizer Berglaufräder in dieser Disziplin jedoch recht weit hin-ten. Für Hochgeschwindigkeitspas -sagen sind sie freilich auch nicht ge-macht – von rasanten Abfahrten einmal abgesehen.

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 343,2

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 248

Satzgewicht (in Gramm) 1.387,6

84 PRoCyCLING AuGuST 2014

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Vom NutzeN der GewichtsersparNis

Das Gewicht ist eines der wichtigsten Faktoren bei der Be­

wertung sportlicher Fahrräder. Je leichter ein Rennrad bei

gleicher Stabilität ist, desto besser ist es; oberhalb von

3.500 bis 4.000 Euro geht so ziemlich jede Investition in die

Reduzierung des Gewichts. Doch was bringt einem die Diät

wirklich? Als Faustregel lässt sich sagen: Jedes Kilo, das

man zusätzlich den Berg hoch bewegt, kostet drei bis vier

Watt zusätzliche Leistung. Dabei macht es streng genom­

men mehr Sinn, das Körpergewicht zu reduzieren, denn

Körpermasse muss nicht nur bewegt, sondern auch mit

Blut und Nährstoffen versorgt werden.

Beim Fahrrad ist es unerheblich, wo man Einsparungen

vornimmt – ob an den Laufrädern, am Rahmen oder an den

Komponenten. Die Energie, die für die Rotationsbeschleu­

nigung der Laufräder draufgeht, ist minimal.

Was also machen die 500 Gramm aus, die einen super­

leichten Radsatz von einem mittelschweren trennen?

Isoliert man die Steigungsleistung, ergibt sich: Ein Fahrer

braucht bei einem Systemgewicht von 80 Kilo und einer

Dauerleistung von 250 Watt für die Überwindung von

1.000 Höhenmetern 52:19 Minuten; 500 Gramm Ge­

wichtsreduzierung bringen ihm einen Zeitgewinn von 19

Sekunden. Ein Fahrer mit 300 Watt Dauerleistung profi­

tiert nur noch mit 16 Sekunden von den 500 Gramm Ge­

wichtsersparnis, da er insgesamt weniger Zeit braucht.

Die prozentuale Zeitersparnis bleibt aber gleich.

Diese Berechnung läst jedoch den ungleich bedeu­

tenderen Luftwiderstand außer Acht, abenso den Roll­

widerstand. Und gerade ersterer hat es in sich: Bereits

bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h am Berg bringt

der Wechsel vom Oberlenker zu den Bremsgriffen in

etwa so viel wie 1.000 Gramm weniger Gewicht. Bei Tem­

po 25 an einer mittleren Steigung (fünf Prozent) benötigt

man an den Bremsgriffen 20 Watt weniger als am Ober­

lenker, um den Luftwiderstand zu überwinden. Wollte

man die gleiche Leistungsersparnis mit einer Gewichts­

reduktion erreichen, dürfte die Rennmaschine statt sie­

ben nur zwei Kilo wiegen.

Sieben Jahre nach ihrer Markteinführung können die R-Sys immer noch faszinieren mit ihren Car-bon-Speichen, die geringes Gewicht und hohe Stei-figkeit ermöglichen. Beides zeichnet die schwarz beschichteten R-Sys aus: Der Satz wiegt nur wenig über 1.300 Gramm und überzeugt mit einer hohen Seitensteifigkeit, die an Vorder- wie Hinterrad na-hezu gleich ist. Trotz ihres geringen Gewichts sind die R-Sys extrem haltbar, was unter anderem damit zusammenhängt, dass die Speichenspannung ge-ring ausfallen kann. Die Tracomp-Carbon-Stäbchen müssen nämlich nicht stark vorgespannt werden, um ihre Haltearbeit leisten zu können. Dazu neh-men sie in gewissem Umfang auch Druckkräfte auf. Auch die bekannt hohe Lagerqualität spricht für die französischen Leichtgewichte, die im Übrigen auch in einer 60 Gramm schwereren, dafür aber ganze 600 Euro günstigeren Variante zu haben sind. In Sachen Aerodynamik haben die R-Sys er-wartungsgemäß einen schweren Stand. Für High-speed-Fahrten in flachem Gelände sind sie aller-dings auch nicht vorgesehen; in bergigem Gelände glänzen sie dafür mit Agilität und Steifigkeit. Und wenn man es bergab rollen lässt, hat man nie das Gefühl, gebremst zu werden.

mavic R-Sys SLR C

VR HR

Felgenhöhe 23 23

Felgenbreite 19 19

Speichenzahl 16 20

Gewicht (in Gramm) 562,1 766,9

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 3,72 3,8

Trägheit (in kg∙cm2) 384,4 417,3

Gesamtleistung bei 45 km/h (in Watt)

349,8

Gesamtleistung bei 40 km/h (in Watt)

253,4

Satzgewicht (in Gramm)

1.329

1.8

00

Mit 29 Millimeter tiefen Felgen gehen die Reynolds Attack Carbon bereits stärker in Richtung Aero als manch anderes All-round-Laufrad. Die 25 Millimeter breiten Felgen sorgen einerseits für einen optimalen Reifenquerschnitt, der mit kürzerer Auf-standsfläche den Rollwiderstand reduziert und das Handling verbessert, und dürften andererseits auch aerodynamisch Vorteile bieten. Und in der Tat liegen die Attack Car-bon in etwa auf dem Niveau mancher Kon-kurrenten mit tiefen Aero-Felgen; insgesamt nehmen sie einen Platz im Mittelfeld ein. Ebenfalls im guten mittleren Bereich liegt die Seitensteifigkeit, wobei das Hin-

Reynolds Attack Carbon

VR HR

Felgenhöhe 29 29

Felgenbreite 25 25

Speichenzahl 20 24

Gewicht (in Gramm) 606,6 791,5

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 3,49 5,5

Trägheit (in kg∙cm2) 409,2 423,6

1.39

9 €

terrad gegenüber dem Vorderrad etwas ab- fällt – kein Wunder, ist doch der „Flansch-abstand“ (einen Nabenflansch im eigentli-chen Sinne gibt es nicht) vorne sehr groß. Straight-Pull-Speichen auf der Antriebs- seite verleihen dem Hinterrad auch beim Antritt Stabilität. Knapp 1.400 Gramm wiegt der Rey-nolds-Radsatz, was gerade für eine Clin-cher–Ausführung sehr gut ist. Mit einem Felgengewicht um 380 Gramm ist man nicht an die Grenzen gegangen, was ei-nerseits den recht günstigen Preis ermög-licht, andererseits aber auch Sicherheits-reserven erlaubt.

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 341,5

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 246,8

Satzgewicht (in Gramm) 1.398,1

Der französische Hersteller Roval bot vor über 30 Jahren die allerersten Aero-Laufrä-der an, schon damals mit innenliegenden Nippeln. Vor einigen Jahren hat Specialized den Namen und auch das Konzept über-nommen, wobei die Produktpalette nun ungleich größer ist. „Allround Performan-ce“ nennt sich die Produktgruppe, der die SLX 23 zugeordnet sind, und besser könnte man die Fusee SLX nicht beschreiben. Mit knapp 650 Euro ist der Radsatz erst einmal sehr preiswert, dabei mit rund 1.500 Gramm recht leicht. Die Steifigkeitswerte liegen im mittleren Bereich. Sehr gut ist die

Roval Fusee SLX 23

VR HR

Felgenhöhe 22 24

Felgenbreite 22 22

Speichenzahl 20 8 li./16 re.

Gewicht (in Gramm) 657,6 858,3

Seitensteifigkeit

(Auslenkung in mm

bei 20 kg Last) 3,8 5,13

Trägheit (in kg∙cm2) 477,5 485,2

64

9 €

Aerodynamik, die bei Windstille und null bis drei Grad Anströmwinkel, wie sie auf der Bahn durch die leichten Pendelbewegungen der Rennmaschine entstehen, auf dem Ni-veau von ausgewiesenen Spezialisten wie Zipp 404 und Mavic Cosmic Carbone liegt. Wie die Sache bei seitlichen Winden aus-sieht, könnte man nur im Windkanal klären – die Erfahrung zeigt aber, dass es auch in diesem Fall stark auf das Felgenprofil und andere Feinheiten ankommt. Insgesamt zeigt der Roval-Radsatz also ein sehr ausge-wogenes Bild, mit dem er sich sich nicht nur für Fahrer von Specialized-Rädern empfiehlt.

Gesamtleistung

bei 45 km/h (in Watt) 338,9

Gesamtleistung

bei 40 km/h (in Watt) 245,7

Satzgewicht (in Gramm) 1.515,9

86 PRoCyCLING AUGUST 2014

Die ergebnisse

Auf der Bahn spart das aerodyna-

misch günstigste Allround-Laufrad

rund 16 Watt gegenüber dem

schwächsten Kollegen in dieser Diszi-

plin; heruntergerechnet auf 40 km/h,

beträgt der Unterschied zwischen

dem Spitzenreiter und dem Schluss-

licht immer noch 11,3 Watt. Bei einem

Tempo zwischen 30 und 35 km/h

werden die Unterschiede geringer

sein. Bei Gegenwind machen sich

aerodynamisch optimierte Laufräder

allerdings schon bei langsameren Ge-

schwindigkeiten positiv bemerkbar.

Dabei addieren sich Fahr- und Windge-

schwindigkeit nicht einfach auf – nicht

vergessen werden darf die Tatsache,

dass sich die Laufräder bei niedrige-

rem Tempo langsamer drehen.

Ein interessantes Ergebnis von

Lars Teutenbergs Messfahrten ist,

dass man einem Laufrad seine Aero-

Qualitäten nicht unbedingt ansieht.

Die Fulcrum Racing 1 etwa sehen

nicht sehr windschnittig aus, über-

treffen aber so manches Laufrad mit

tiefer Felge. „Tief alleine hat noch

nichts zu sagen“, bestätigt Teuten-

berg; die Bauart sagt nur bedingt et-

was über die Aero-Qualitäten aus.

Ein sicheres Indiz für geringen

Luftwiderstand ist ein schmaler

Flansch abstand, der allerdings die

Seitensteifigkeit beeinträchtigen

kann. Hinterräder, die linksseitig we-

niger Speichen aufweisen als rechts,

sind ebenfalls im Vorteil, da die linken

Speichen flacher und damit stärker im

Wind stehen. Auch eine breite Felge

bringt Vorteile, so Teutenberg: „Sie ist

schneller – weniger Rollwiderstand,

bessere Aerodynamik – und führt zu

besserem Handling wegen der kürze-

ren Bodenaufstandsfläche des Reifens.“

Nicht vernachlässigen darf man

den Rollwiderstand der Bereifung.

Bei gleicher Bauart und mit gleichem

Druck gefahren, zogen Schlauchrei-

fen rund 4,5 Watt zusätzliche Leis-

tung. Allerdings lassen sie höhere

Drücke zu als Faltreifen und können

damit wieder aufholen.

Übrigens: Auch unterschiedliche

Faltreifen weisen teils Unterschiede im

Rollwiderstand auf, die größer sind als

das, was man durch einen aerodyna-

misch optimierten Laufradsatz raus-

holen kann. Um den Gesamtwiderstand

zu reduzieren, empfiehlt sich also erst

einmal der Umstieg auf erwiesen wi-

derstandsarme Reifen à la Conti GP

4000s und leichte Schläuche.

Sehr unterschiedliche Zahlenwerte

ergaben sich bei der Messung der

Trägheit – dazu passt die spürbar

bessere Beschleunigung leichter

Laufräder. Doch was man spüren

kann, ergibt nicht unbedingt einen

Unterschied beim Leistungsbedarf.

„Im Vergleich zur Gesamtleistung zur

Beschleunigung des Gesamtsystems

aus Fahrer und Rad ist die Leistung

zur Beschleunigung des Laufradsat-

zes fast vernachlässigbar“, urteilt

Syntace-Chef Jo Klieber. Wie gering

der Unterschied bei verschieden

schweren Radsätzen ist, zeigt das

folgende Rechenbeispiel: Angenom-

men wird die Beschleunigung von

null auf 36 km/h innerhalb von zehn

Sekunden. Dazu muss eine Arbeit

von rund 4.000 Wattsekunden ge-

leistet werden, was einer durch-

schnittlichen Leistung von 400 Watt

über die zehn Sekunden entspricht.

Für die Beschleunigung der Laufrä-

der (Rotationsbeschleunigung und

lineare Beschleunigung) gehen im

Fall eines 1.425 Gramm schweren

Radsatzes 10,24 Watt drauf; bei einem

Laufradsatzgewicht von 1.831 Gramm

sind es 12,93 Watt – also gerade mal

2,69 Watt Mehrleistung bei einer Ge-

wichtsdifferenz von stattlichen 406

Gramm. Schaut man sich nur die Ro-

tationsbeschleunigung an, ist der

Unterschied noch geringer: Um den

schwereren Radsatz in die Drehbewe-

gung zu versetzen, ist eine Mehrleis-

tung von 0,66 Watt nötig, was einem

Anteil an der Gesamtleistung (400

Watt) von 0,165 Prozent entspricht. In

Worten: ein Sechshundertstel.

Ein interessanter Aspekt ist, dass die

Zahlen zur Trägheit Rückschlüsse auf

die Gewichtsverteilung innerhalb des

Laufrades zulassen. Ist der Messwert

für die Trägheit bei gleichem Laufrad-

gewicht geringer, deutet das auf eine

leichte Felge und eine schwere Nabe

hin; ist der Wert höher, sitzt mehr Ge-

wicht außen. Dass die Trägheitszah-

len für Vorder- und Hinterrad eines

Satzes sehr nah beieinander liegen,

zeigt, dass das Nabengewicht in Sa-

chen Rotation völlig unerheblich ist.

Recht große Unterschiede zeigten

sich in der Seitensteifigkeit der Lauf-

räder: Die weichsten Exemplare las-

sen sich jeweils fast doppelt so weit

auslenken wie die steifsten. Der Sei-

tensteifigkeit förderlich ist ein breiter

Flanschabstand (Speichen stehen

flacher); die Tiefe der Felge allein

scheint keine Rolle zu spielen. „Bei

der Seitensteifigkeit liegt das Opti-

mum weder bei sehr steif noch bei

sehr weich“, erklärt Jo Klieber. „Eine

geringe Seitensteifigkeit kann beim

Rennrad etwa in Kurven vorteilhaft

sein, wenn der Untergrund rau oder

uneben ist, da hier auch minimal Fe-

derweg zur Verfügung steht, der Hin-

dernisse ,schluckt‘.“

Schwere, kräftige Fahrer können

eine geringe Seiten- oder Radialstei-

figkeit (hier nicht gemessen) in Form

eines weniger direkten Fahrgefühls

oder einer Schwammigkeit beim An-

tritt spüren. Für die Kraftübertragung

ist die Steifigkeit jedoch nicht relevant.

Zeitfahrer Lars Teutenberg kann extrem konstant

ein hohes Tempo fahren, ohne sei-

ne Körperhaltung auf dem Rad zu

verändern. Damit ist er der perfekte

Aero-Tester.

Procycling August 2014 87