Spielt ihr denn auch Nena?€¦ · spielt er auch Nena". Es sind größtenteils Fragen nach...

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Nr. 253 -121. Jah rgang Während der Sendung klingelt das Telefon fast pausenlos: "Spielt ihr denn auch Nena?" Das Club-Wunschkonzert mit Günter Fink - ein Blick hinter die Kulissen Hamburg/Soltau. Ansager Hans Sievers macht's kurz: "Und nun hören Sie das NDR-I1-Wunschkonzert. Am Mikrofon: Günter Fink". Toningenieur Peter Maier fährt das Band mit der Erkennungsmelodie ab, der Moderator lächelt, kontaktet noch einmal mit dem Kollegen von der Technik und begrüßt die Hörer zu einer neuen Ausgabe der Sendung - allwöchentliche Routine für den 34jährigen Rundfunk- Journalisten. Knapp zwei Stunden beträgt die Sendezeit; Unterhal- tung und lockere Sprüche sind angesagt. Die Studioleitung hat Heike Kröger. Sie sitzt zusammen mit dem Toningenieur im Neben- raum. Durch eine Glasscheibe be- steht S ic htk onta kt zum Modera- tor. Das ist vor allem für Mixer Maier wichtig. Auf Handzeichen fährt er "Jingles" (Sprüche und Gags) oder "Trailer" (Ankündi- gungen) ab . Sein Mischpult, er- hlt der 39jährige, sei "der letz te Ausgang des Funkhauses" und Zuverlässigkeit daher oberstes Gebot. Drückt er den falschen Knopf, kann das für Fink unt er Umstän den peinlich werd en. Heike Kröger nimmt hrend der Sendung vo r allem Telefonge- spräche entgegen oder hlt Hö- rer an. Der erste Anruf erreichte sie schon, bevor die Sendu ng überhaup t begonnen hatte. Ein Mädchen wollte noch etwas für die Kontaktecke loswerden, doch Heike Kröger winkte ab - nur schriftliche Wünsche werden be- rücksichtigt - Prinzip. In dr ingenden Fällen, räumt die Studioleiterin ein, würden a uc h mal Ausnahmen gemacht. Bei- spiel: Ei nma l riefen zwei Seeleute an, die in einer Discothek von ei- ne.• Mädchen gebeten worden waren, auf ihr Portemonna ie auf- zupassen. Einziger Haken: Man f and sich im Getümmel wie- de r. Weil die Männer ab er am Sonntagabend bereits in See ste- ch en mußten, sollte der No rd- · deut sche Rundfunk helfen. "Aber ohne Erfolg", resümiert Heike Kröger achselzuckend. Dann klingelt das Telefon er- neut. Ein kleiner Junge möchte wissen, ob Günter Fink auch Ne- na spielt. Die 23jährige wirft ei- nen Blick auf den Sendeplan: "Ja", sagt sie, "so gegen halb acht spielt er auch Nena". Es sind größtenteils Fragen nach Musiktiteln, die Heike Krö- ger beantwortet - entweder, je- mand möchte wissen, ob ein Song gespielt wird oder wie das Stück hieß, das gerade zu hören war. Die Studioleiterin gibt dann bereit- willig Auskunft. Manchmal, er- zählt sie, riefen einsame Men- schen an, die lediglich reden woll- ten, was jedoch bei hektischen Sendungen schwierig sei. Doch es passieren auch lustige Sachen: Ein Anrufer wollte sie so- gar schon mal zum Essen einla- den. Aber Heike Kröger hat abge- lehnt - "aus grundsätzlichen Verantwortung hinter den Kulissen: Toningenieur Peter Maler. Gründen", wie sie sagt. Und dann erzählt sie von weinenden Mäd- chen, die anriefen - aus Liebes- kummer und so. Die wollten dann meist etwas für die Kontaktecke loswerden und ihrem Verflosse- nen mitteilen, daß sie ihn noch mögen. Heike Kröger muß von Zeit zu Zeit, auch Telefonverbindungen herstellen. So möchte Günter Fink einen zuvor ausgelosten Hö- rer für die Rubrik "Car Wish" in der Sendung interviewen. Die 23jährige wählt den betreffenden an, der ist baß erstaunt. "Das gibt's doch nicht!" frohlockt er am anderen Ende der Leitung. Spontanität ist gefragt, ein Vor- gespräch fällt aus. Bevor der Mann auf Sendung geht, erhält er noch Instruktionen: Er soll sein Radiogerät ausschalten, damit kein Pfeifton - Rückkoppelung genannt - entsteht. Sonst zucken die Hörer zu Hause am Gerät zu-" sammen. Nach dem nächsten Mu- siktitel wird der Mann eingeblen- det. Er grüßt seine Freundin, die mit ihrem Wagen auf der Auto- bahn 7 in Richtung Hannover un- terwegs ist. Als die Kontaktecke gegen 19.20 Uhr beginnt, hat Heike Krö- ger Non-Stop-Telefondienst. Der Apparat klingelt pausenlos - Fragen nach Musikti teln, Wün- sche für die Kontaktecke (siehe dazu auch nebenstehenden Ka- sten) und die Bitt e, Songs auszu- spielen, damit man sie daheim am Radiogerät in voller Länge auf- nehmen kan n. Von der Studiolei- terin kommt dann sinngemäß im- mer das gleiche Argument: Das Wu nschkonzert ist zum Anhören, nicht zum Aufnehmen gedacht. Dirk Geile f#I/lJt JJ q tJ,1 Sonnabend, 27 . Oktober 1984/ Seite 11 Günter FInk Im Studio: Platten legt der Moderator selbst auf. Post in Mass en Etwa 2500 Zuschriften pro Sendung dg Hamburg/Soltau. Seit 1978 gibt es das Wunschkonzert in der NDR-Club-Reihe. Das Ziel- publikum, sagt Günter Fink, seien "einfach junge Leute". Der Moderator zum Konzept: "Die einzig verbindliche Ge- schichte ist, daß sich Hörer Mu- siktitel wünschen." Manche Bestan dteile der Sen- dung, erzä hlt der 34jährige, der 1971 beim NDR volonti erte , da- nach freiberuflich tätig war und seit 1976 fest angestellt ist, gin- gen auf Hör eran regungen zu- ck. So die Rubrik Filmmusik und Soundtrack. Anders die Konta kt ec ke. "Die Idee ist mir mal so in den Sinn geschossen", eri nnert sieh Fink, d er damit anscheinend ins Schwarze ge- troffen ha t. Durchschnittlich 2500 Karten und Briefe erreich- ten die Redaktion pro Woche, davon etwa 1200 für die Kon- taktecke. Doch nur wenige ha- ben das Glück, daß ihr Wunsch üb er den Äther geht. Hörer, die sich angesprochen fühlen, sc hreiben an den NDR, d er die Adr esse an den Suchen- den weiterleitet - sofern das er- folgverspr echend zu sein sche in t. "Denn oft ze igt sich, daß die gar nicht richtig zuge- hört haben" , resümiert der Mo- de r at or. Di e Zuschriften we rt et er zusa mmen mit seiner Sekre- ri n Heike Kr öger aus, die währ end der Sendung auch die St udioleitung übernimmt. In- zwi sc hen, dagt Fink, habe man schon "eine ge wi sse Routine" d ar in. Bei Musikwünschen wi rd na ch fol gendem Prinzip verf ah- ren: Maximal 25 Titel können pro Sendung gespielt werden. Die Hälfte davon wird nach der Zahl der meisten Zuschriften ausgewählt, 'dann entscheidet das Los, Zum Vergleich: Ge- wün scht werden, so Finks Schätzung, et wa 180 0 Titel.

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Nr. 253 - 121. Jahrgang

Während der Sendung klingelt das Telefon fast pausenlos:

"Spielt ihr denn auch Nena?" Das Club-Wunschkonzert mit Günter Fink - ein Blick hinter die Kulissen

Hamburg/Soltau. Ansager Hans Sievers macht's kurz: "Und nun hören Sie das NDR-I1-Wunschkonzert. Am Mikrofon: Günter Fink". Toningenieur Peter Maier fährt das Band mit der Erkennungsmelodie ab, der Moderator lächelt, kontaktet noch einmal mit dem Kollegen von der Technik und begrüßt die Hörer zu einer neuen Ausgabe der Sendung - allwöchentliche Routine für den 34jährigen Rundfunk­Journalisten. Knapp zwei Stunden beträgt die Sendezeit; Unterhal­tung und lockere Sprüche sind angesagt.

Die Studioleitung hat Heike Kröger. Sie sitzt zusammen mit dem Toningenieur im Neben­raum. Durch eine Glasscheibe be­steht Sichtkontakt zum Modera­tor. Das ist vor allem für Mixer Maier wichtig. Auf Handzeichen fährt er "J ingles" (Sprüche und Gags) oder "Trailer" (Ankündi­gungen) ab. Sein Mischpult, er­zählt der 39jährige, sei "der letzte Ausgang des Funkhauses" und Zuverläss igkeit daher oberstes Gebot. Drückt er den falschen Knopf, kann das für Fink unter Umständen peinlich werden.

Heike Kröger nimmt während der Sendung vor allem Telefonge­spräche entgegen oder wählt Hö­rer an. Der erste Anruf erreichte sie schon, bevor die Sendung überhaupt begonnen hatte. Ein Mädchen wollte noch etwas für die Kontaktecke loswerden, doch Heike Kröger winkte ab - nur schriftliche Wünsche werden be­rücksichtigt - Prinzip.

In dringenden Fällen, räumt die Studioleiterin ein, würden auch mal Ausnahmen gemacht . Bei­spiel: Einmal riefen zwei Seeleute an, die in einer Discothek von ei­ne .• ~ Mädchen gebeten worden waren, auf ihr Portemonnaie auf­zupassen. Einziger Haken: Man fand sich im Getümmel ni~ht wie­der. Weil die Männer aber am Sonntagabend bereits in See ste­chen mußten, sollte der Nord- · deutsche Rundfunk helfen. "Aber

ohne Erfolg", resümiert Heike Kröger achselzuckend.

Dann klingelt das Telefon er­neut. Ein kleiner Junge möchte wissen, ob Günter Fink auch Ne­na spielt. Die 23jährige wirft ei­nen Blick auf den Sendeplan: "Ja", sagt sie, "so gegen halb acht spielt er auch Nena".

Es sind größtenteils Fragen nach Musiktiteln, die Heike Krö­ger beantwortet - entweder, je­mand möchte wissen, ob ein Song gespielt wird oder wie das Stück hieß, das gerade zu hören war. Die Studioleiterin gibt dann bereit­willig Auskunft. Manchmal, er­zählt sie, riefen einsame Men­schen an, die lediglich reden woll­ten, was jedoch bei hektischen Sendungen schwierig sei.

Doch es passieren auch lustige Sachen: Ein Anrufer wollte sie so­gar schon mal zum Essen einla­den. Aber Heike Kröger hat abge­lehnt - "aus grundsätzlichen

Verantwortung hinter den Kulissen: Toningenieur Peter Maler.

Gründen", wie sie sagt. Und dann erzählt sie von weinenden Mäd­chen, die anriefen - aus Liebes­kummer und so. Die wollten dann meist etwas für die Kontaktecke loswerden und ihrem Verflosse­nen mitteilen, daß sie ihn noch mögen.

Heike Kröger muß von Zeit zu Zeit, auch Telefonverbindungen herstellen. So möchte Günter Fink einen zuvor ausgelosten Hö­rer für die Rubrik "Car Wish" in der Sendung interviewen. Die 23jährige wählt den betreffenden an, der ist baß erstaunt. "Das gibt's doch nicht!" frohlockt er am anderen Ende der Leitung. Spontanität ist gefragt, ein Vor­gespräch fällt aus. Bevor der Mann auf Sendung geht, erhält er noch Instruktionen: Er soll sein Radiogerät ausschalten, damit kein Pfeifton - Rückkoppelung genannt - entsteht. Sonst zucken die Hörer zu Hause am Gerät zu-" sammen. Nach dem nächsten Mu­siktitel wird der Mann eingeblen­det. Er grüßt seine Freundin, die mit ihrem Wagen auf der Auto­bahn 7 in Richtung Hannover un­terwegs ist.

Als die Kontaktecke gegen 19.20 Uhr beginnt, hat Heike Krö­ger Non-Stop-Telefondienst. Der Apparat klingelt pausenlos ­Fragen nach Musiktiteln, Wün­sche für die Kontaktecke (siehe dazu auch nebenstehenden Ka­sten) und d ie Bitte, Songs auszu­spielen, damit man sie daheim am Radiogerät in voller Länge auf­nehmen kann. Von der Studiolei­terin kommt dann sinngemäß im­mer das gleiche Argument: Das Wunschkonzert ist zum Anhören, nicht zum Aufnehmen gedacht.

Dirk Geile

f#I/lJt ~ (S~fcut JJq tJ,1 Sonnabend, 27. Oktober 1984/ Seite 11

Günter FInk Im Studio: Platten legt der Moderator selbst auf.

Post in Massen Etwa 2500 Zuschriften pro Sendung

dg Hamburg/Soltau. Seit 1978 gibt es das Wunschkonzert in der NDR-Club-Reihe. Das Ziel­publikum, sagt Günter Fink, seien "einfach junge Leute". Der Moderator zum Konzept: "Die einzig verbindliche Ge­schichte ist, daß sich Hörer Mu­siktitel wünschen."

Manche Bestandteile der Sen­dung, erzählt der 34jährige, der 1971 beim NDR volontierte, da­nach freiberuflich tät ig war und seit 1976 fest angestellt ist , gin­gen auf Höreranregungen zu­rück. So die Rubrik Filmmusik und Soundtrack. Anders die Kontaktecke. "Die Idee ist mir mal so in den Sinn geschossen" , erinnert sieh Fink, der damit anscheinend ins Schwarze ge­troffen hat. Durchschnittli ch 2500 Karten und Briefe erreich­ten die Redaktion pro Woche, davon etwa 1200 für die Kon­taktecke. Doch nur wenige ha­

ben das Glück, daß ihr Wunsch über den Äther geht.

Hörer, die sich angesprochen fühlen, schreiben an den NDR, der d ie Adresse an den Suchen­den weiterleitet - sofern das er­folgversprechend zu sein schein t. "Denn oft zeigt sich, daß di e gar nicht richtig zuge­hört haben" , resümiert der Mo­derator. Die Zuschriften wertet er zusammen mit seiner Sekre­tärin Heike Kröger aus, die während der Sendung auch die Studioleitung übernimmt. In­zwischen, dagt Fink, habe man schon "eine gewisse Routine" darin.

Bei Musikwünschen wird nach folgendem Prinzip verfah­ren : Maximal 25 Titel können pro Sendung gespielt werden. Die Hälfte davon wird nach der Zahl der meisten Zuschriften ausgewählt , 'dann entscheidet das Los, Zum Vergleich: Ge­wünscht werden, so Finks Schätzung, etwa 1800 Titel.