Spuren der Aneignung von Multimodalität

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Sascha Michel Universität Koblenz-Landau [email protected] SPUREN DER ANEIGNUNG VON MULTIMODALITÄT IM ÖFFENTLICHEN RAUM AM BEISPIEL VON WAHLPLAKATEN. ODER: „DER BÜRGER HAT DAS BILD“.

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In dem Vortrag geht es um die Aneignung von Politik im öffentlichen Raum, beispielhaft analysiert an der multimodalen Modifizierung von Wahlplakaten. Es wird gezeigt, dass sich hier - ganz im Sinne der Cultural Studies - ein Ermächtigungspotential seitens der Bürger ausgeschöpft wird.

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Page 1: Spuren der Aneignung von Multimodalität

Sascha Michel

Universität Koblenz-Landau

[email protected]

SPUREN DER ANEIGNUNG VON

MULTIMODALITÄT

IM ÖFFENTLICHEN RAUM

AM BEISPIEL VON WAHLPLAKATEN.

ODER: „DER BÜRGER HAT DAS BILD“.

Page 2: Spuren der Aneignung von Multimodalität

1. Kommunikation im öffentlichen Raum:

Stadtkommunikation

2. Die Kommunikationsform Plakat

3. Die Textsorte Wahlplakat

4. Analysen/Schlussfolgerungen

5. Ausblick

GLIEDERUNG

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1. STADTKOMMUNIKATION

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1. STADTKOMMUNIKATION

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1. STADTKOMMUNIKATION

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Städte als Räume, die sich von Orten (= punktuelle Ordnungen)

dadurch unterscheiden, dass sie durch kommunikative

Interaktion erst konstituiert werden (semiotischer Zugang)

Stadtkommunikation: Textur (architektonische Zeichen) und

Textwelt (semasiologische Zeichen, d.h. Sprache, Bilder, Töne

etc.) (vgl. Meiler 2012, Domke 2010a, b).

„Mesokommunikation“: Zwischen Face -to-face- und

Massenkomunikation (vgl. Domke 2010a, b, 2013 für

Bahnhof- und Flughafenkommunikation)

Stärkere Berücksichtigung der Medialität-Materialität, der

Situation, Temporalität und Ortsgebundenheit

Empraktische (zur Unterstützung eines Ziels) Funktion (z. B.

Fahrplan) vs. die Empraxis simulierende, ausnutzende (z. B.

Werbung)

1. STADTKOMMUNIKATION

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2. KOMMUNIKATIONSFORM PLAKAT

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Wahrnehmungsmodalität visuell

Kommunikationsrichtung unidirektional, monologisch

Kommunikationspartner 1:n (n ortsbedingt zu einem Zeitpunkt

stark eingeschränkt)

Kommunikationsmedium Übertragungsmedium mit spezifischer

Dauer

Medienmaterial unbeweglich bzw. fixiert, fest

Zeichensystem Schriftsprache, Farben, Bilder, Symbole

etc.

Zeitgebundenheit relativ zeitgebunden, relativ eingeschränkt

rezipierbar

Ortsgebundenheit ortsgebunden, inhaltlich evtl. exklusiv

Raumgenerierung eingeschränkt generierbarer

Rezeptionsraum

Rezipientenprofil sich fortbewegend, stehend, (sitzend)

sehend

2. KOMMUNIKATIONSFORM PLAKAT

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3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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situativ e und kontextuelle Dimension • Kommunikationsbereich: Politik

• Handlungsbereich: öffentlich, 1:n

• Handlungsfeld: politische Werbung

• Produzent: Parteien und Politiker

• Rezipient: Wähler

• raum-zeitlich asynchron

• Diskursivität/Intertextualität

strukturelle Dimension • Sprache: Slogan, Parteikürzel,

intertextuelle deiktische Verweise

• Bild: Personen (Politiker und/oder

Normalbürger als Testimonial oder

Betroffene), Symbole

• arrangiertes Layout (Ordnung der

Elemente, farbl. Gestaltung etc.)

thematische Dimension deskriptiv-argumentative

Themenentfaltung

funktionale Dimension • informativ-persuasiv

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Interaktionsrollen und -konstellationen:

Produzent – Rezipient (monologisch)

Klassische Interaktionsrollen der Plakatkommunikation

Produzent – Rezipient – Produzent/Rezipient (quasidialogisch)

Der Rezipient „kommuniziert“ mit dem Produzent, al lerdings aufgrund fehlender Reziprozität nur zum Schein; der Produzent ist nur sekundärer Adressat, die Mitrezipienten sind die primären Adressaten; aufgrund der Öffentl ichkeit keine soziale Parainteraktion

Produzent – Rezipient –> sekundärer Produzent – Produzent/Rezipient

Der Rezipient wird zum sekundären Produzenten des Wahlplakats, indem er strukturelle, thematische und/oder funktionale medien-materiale Veränderungen vornimmt und somit ein sekundäres Kommunikat erstellt

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

1. Aneignung als Quasidialog

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Kommentierung des Wahlplakats bei (Aus -)Nutzung der

Medialität-Materialität

Das Wahlplakat als Kommunikat wird nur materiell verändert,

die Materialität dient als Medium für die Scheininteraktion

Kommentierung oft sprachlich

Hinweise auf die Aneignung von Wahlplakaten: Kommentare

geben Aufschluss darüber, wie sich die Rezipienten die

komplexen multimodalen Kommunikate aneignen, in Bezug auf

strukturelle Eigenschaften, Themen und Aneignungshandlungen:

bewertend, (um-)deutend, interpretierend, (vgl. Klemm 2000,

2008)

Aneignung politischer Kommunikation im öffentlichen Raum (im

Unterschied zur privaten fernsehbegleitenden Kommunikation

(vgl. Klemm/Michel 2014b, Michel i. Dr.)

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Materialität (additiv vs. subtraktiv)

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Modifikationen auf Sprachebene

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Modifikationen auf Bildebene

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Modifikationen auf Sprach- und Bildebene

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Modifikationen betreffen hauptsächlich die strukturelle Ebene der

Textsorte Wahlplakat auf Produzentenseite

Veränderungen auf thematischer und funktionaler Ebene er folgen durch

komplexe multimodale Transkriptionsprozesse (vgl. Holly ) auf

Rezipientenseite : Durch intracodale (Text-Text/Bild-Bild) und intercodale

(Bild-Text/Text-Bild) Transkriptionen wird das Kommunikat

lesbar/anders lesbar gemacht, d.h. es entsteht eine neue Bedeutung

(evtl . neue Funktion)

Die multimodale Aneignung/Transkriptivität des Sekundärkommunikats

kann nur gelingen, wenn das Primärkommunikat als Vergleichsfolie

rekonstruierbar und identifizierbar bleibt, einerseits, um die kreative

Veränderung auf struktureller, thematischer und funktionaler Ebene

nachzuvollziehen, andererseits aber, um die nicht -professionelle und

nicht- institutionelle – und somit als „Gegenmacht“ materiell in

Erscheinung tretende – Collage zu inszenieren

3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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3. TEXTSORTE WAHLPLAKAT

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Kommunikationstheoretisch/-strukturell:

Ortsgebundenheit, Medialität -Materialität und Öf fentl ichkeit als wesentl iche Kommunikationsformenparameter

Flexible „Kommunikationsformenadressen“ (vgl. Meiler 2013):

Rezipient -> (sekundärer) Produzent

Produzent -> Rezipient

Rezeptions- und Aneignungsraum nicht statisch (vgl. Domke 2010a,b) sondern dynamisch (veränderbar) und flexibel

Textsortenebene: Textsor tenvarianten ( je nach Emittent)

Kommunikationssoziologisch:

Vergnügliche, widerständige An- und Umdeutung öf fentlicher pol it ischer Kommunikate als kulturelle Al ltagspraktik

subversive Form polit ischer Gegenmacht im Sinne der Cultural Studies; „ the people“ vs. „the power block“ (de Certeau 1988, Eco 1967/1985, Fiske 1989)

Anknüpfung an künstlerischen (Street Ar t , Graf fit i) und körperlichen Formen (z. B. Protestmärschen) pol it ischer Protestkommunikation in der Stadt

4. ANALYSEN/SCHLUSSFOLGERUNGEN

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4. ANALYSEN/SCHLUSSFOLGERUNGEN

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5. AUSBLICK

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5. AUSBLICK

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Persönliche Teilöffentlichkeiten durch soziale Netzwerke wie

Twitter: 1 . Crossmediale Interaktion (Politiker/Parteien eignen

sich die sekundären Kommunikate ihrerseits an, werden also zu

Rezipienten), 2. Aneignung und Verbreitung sekundärer

Kommunikate durch Medien (Journalisten), Bürger und andere

Politiker

Kreativ -spielerische, produktive und taktische Nutzung dieses

Potentials durch strategische Einbeziehung im Wahlkampfs als

eine Alternative für Politiker und Parteien zur weithin

vorherrschenden negativen Betrachtung als Vandalismus,

Zerstörung und Beschmierung.

5. AUSBLICK

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5. AUSBLICK

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VIELEN DANK !!!