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832 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Stellung- nahme zur Zollinitiative. (Vom 5. Juni 1894.) Tit. Unterm 18. Mai 1894 haben wir in Anwendung von Art. 5, Schlußsatz, des Bundesgesetzes über das Verfahren bei Volksbegehren der hohen Bundesversammlung unsern Bericht betreffend ein von 67,828 gültigen Unterschriften unterstütztes Initiativbegehren vor- gelegt, welches lautet: In die Bundesverfassung ist aufzunehmen als Art. 30bis: „Der Bund hat den Kantonen vom Gesamtbetrag der Zölle alljährlich 2 Franken per Kopf, nach Maß- gabe der durch die jeweilige letzte eidgenössische Volkszählung errai ttel ten Woh nb e voi kevu n g, zu ver- abfolgen. „Diese Verfassungsbestimmung tritt zum ersten- mal in Wirksamkeit für das Jahr 189 5." Wenn auch das citierte Bundesgesetz eine Vorschrift dar- über nicht enthält, daß der Bundesrat über solche Volksinitiativ- begehren materiell gegenüber der Bundesversammlung sich aus- zusprechen habe, so halten wir das gleichwohl für ein in der Bundesverfassung selbst begründetes und unbestreitbares Recht unserer Behörde, und wir betrachten es geradezu für unsere Pflicht,

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#ST# Botschaftdes

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Stellung-nahme zur Zollinitiative.

(Vom 5. Juni 1894.)

Tit.Unterm 18. Mai 1894 haben wir in Anwendung von Art. 5,

Schlußsatz, des Bundesgesetzes über das Verfahren bei Volksbegehrender hohen Bundesversammlung unsern Bericht betreffend ein von67,828 gültigen Unterschriften unterstütztes Initiativbegehren vor-gelegt, welches lautet:

I n d i e B u n d e s v e r f a s s u n g i s t a u f z u n e h m e n a l sArt . 30bis:

„ D e r B u n d h a t d e n K a n t o n e n v o m G e s a m t b e t r a gder Zöl le a l l j ä h r l i c h 2 F r a n k e n pe r K o p f , n a c h Maß-gabe der d u r c h d i e j e w e i l i g e l e t z t e e i d g e n ö s s i s c h eV o l k s z ä h l u n g erra i t tel ten Woh nb e voi k e v u n g, zu ver-abfo lgen .

„Diese V e r f a s s u n g s b e s t i m m u n g t r i t t z u m e r s t e n -mal in W i r k s a m k e i t für das J a h r 189 5."

Wenn auch das citierte Bundesgesetz eine V o r s c h r i f t dar-über nicht enthält, daß der Bundesrat über solche Volksinitiativ-begehren m a t e r i e l l gegenüber der Bundesversammlung sich aus-zusprechen habe, so halten wir das gleichwohl für ein in derBundesverfassung selbst begründetes und unbestreitbares Rechtunserer Behörde, und wir betrachten es geradezu für unsere Pflicht,

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das ablehnende Gutachten des Bundesrates gegenüber einem Ini-tiativbegehren zur Kenntnis der Bundesversammlung zu bringen,dessen Annahme die gegenwärtige Bundesverfassung in ihren Grund-lagen erschüttern müßte.

Der Bundesrat befindet sich mit seiner Auffassung durchausauf dem Boden des Postulates Forrer, welches der Nationalität amSchlüsse der jüngsten Dezembersession anläßlich der Behandlungder Initiative „Recht auf Arbeita bereits zum Beschlüsse erhobenhat, und wir können uns damit nur einverstanden erklären, wenndurch eine zustimmende Schlußnahme des Ständerates der Bundes-rat für die Zukunft v e r p f l i c h t e t wird, zu jedem Volksinitiativ-begehren auch materiell gegenüber der Bundesversammlung sichauszusprechen.

Der Bundesrat hat nicht die Absieht, sich eingehend mit demWortlaute des Initiativbegehrens zu beschäftigen. Immerhin ge-statten wir uns, darauf aufmerksam zu machen, daß schon die Re-daktion desselben eine ganz mangelhafte ist. Diese Abtretung von2 Franken per Kopf der Bevölkerung kann sich nicht direkt ausden Zolleinnahmen vollziehen. Unsere Zolleinnahmen fallen mitallen übrigen' Bundeseinnahmen : Kapitalzinse, Ertrag des Post- undPulverregals, Hälfte Militärpflichtersatz und allfällige Geldkontingenteder Kantone, in die Bundeskasse und aus der Gesamtheit dieserEinnahmen bestreitet der Bund die Gesamtheit seiner Verpflichtungen;reichen diese Einnahmen nicht hin, so muß Rat und Wandel ge-schaffen werden mit Rücksicht auf a l l e diese Verpflichtungen. DieInitianten fassen die Sache offenbar anders auf. Sie rechnen aufeine sichere und unwandelbare Einnahme von 6 Millionen Frankenfür die Kantone, welche vorweg in den kantonalen Budgets berück-sichtigt werden. Sie würden schwerlich auf einen Franken ver-zichten, selbst wenn die ganze Zolleinnahme eines Jahres infolgevon kriegerischen Verwicklungen und Daniederliegen von Handelund Gewerbe auf den Betrag von 6 Millionen Franken zurückgehenwürde.

Ein zweiter schwacher Punkt liegt in der Fassung des Nach-satzes, daß diese Verfassungsbestimmung zum erstenmal für d a sJ a h r 1895 in Kraft trete. Es könnte damit, sofern nicht dieBundesversammlung durch Erledigung der Initiative in der Juni-session den Bundesrat in den Stand setzt, die Volksabstimmungnoch im Jahre 1894 anzuordnen und das Budget pro 1895 für denFall der Annahme des Initiativbegehrens umzugestalten, der Falleintreten, daß das Budget pro 1895 in Kraft erwachsen ist und

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bleibt, auch wenn inzwischen zu dem im Zukunftsbuclget berechnetenDeficit von Fr. 4,000,000 noch ein weiterer ungedeckter Ausfallvon Fr. 6,000,000 hinzutritt und das Jahresdeficit dadurch aufFr. 10,000,000 ansteigt.

Der Buudesrat berührt diese Punkte keineswegs, um etwaeine Verbesserung des Initiativbegehrens herbeizuführen und dieBundesversammlung zur Aufstellung eines Gegenentwurfes zu ver-anlassen. Die unverhohlene Absicht der Initianten und die ungeheurematerielle Tragweite des Begehrens liegen klar vor uns, und gegendiese in j e d e r Fo rm sollen wir feste Stellung nehmen.

Ist im Initiativbegehren selber einzig durch die Worte vom^Gesamtbeträge der Zölle"1 eine gewisse Motivierung, ein Hinweisauf die wachsenden Zolleinnahmen des Bundes enthalten, so ent-nehmen wir der Befürwortung des Initiativbegehrens durch diePresse und in Versammlungen, daß ein Ausgleich zwischen denFinanzen des Bundes und der Kantone geschaffen werden müsse,welche bei der Bundesverfassungsrevision des Jahres 1874 über-vorteilt worden seien, daß der Stand der Bundesfioanzen und ins-besondere dessen hohe Zolleinnahmen dem Bunde gar wohl gestatten,von seinem „Überflüsse^ etwas abzutreten und damit den bedrängtenkantonalen Finanzen zu Hülfe zu kommen, und endlieh, daß dieseInitiative das beste Mittel sei, um die Bundesverwaltung zum Sparenzu zwingen.

Wir werden in nachstehendem diese Motivierung des Initiativ-begehrens einer eingehenden Prüfung unterziehen.

Der Finanzausgleich des Bundes mit den Eantonen.

Wir waren bislang der Ansicht, dieser Finanzausgleich habesich im Jahre 1874 loyalerweise und jedenfalls so vollzogen, daßdie Kantone nicht den kürzeren gezogen haben ; es wird nötig sein,die Verhältnisse, unter welchen damals der Ausgleich durch An-nahme der Verfassung von 1874 vollzogen wurde, in unser allerErinnerung zu rufen.

Ein Angelpunkt bei der Revisionshewegung zu Anfang der70er Jahre war offenbar das Bestreben, durch eine möglichst weit-gehende Centralisation die Ausbildung und Schlagfertigkeit unsererArmee, deren Mängel General Herzog in seinen Berichten über dieGrenzbesetzung von 1870/71 in rückhaltloser Weise aufgedeckt

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hatte, zu heben. Diese Reorganisation war nicht durchzuführen,ohne daß der Bund den größten Teil, wenn nicht die Gesamtheitder Kosten des Unterrichts, der Bewaffnung, Bekleidung und Aus-rüstung des Bundesheeres übernahm. Damit trat sofort die finanzielleSeite in den Vordergrund, und dieselbe war um so schwerwiegender,als ja niemand sich verhehlen konnte, daß die Reorganisation unseresMilitärwesens ganz bedeutende Mehrausgaben gegenüber der bis-herigen Belastung der Kantone im Gefolge haben werde, und alsdas Schicksal der ersten Revisionsvorlage von 1872, welche dieganze Militärpflichtersatzsteuer für den Bund in Anspruch genommenhatte, ein deutlicher Fingerzeig war, daß die Kantone nicht gewilltseien, bei den in Frage stehenden Kompensationen finanziell schlechtergestellt zu werden, als es unter der Herrschaft der alten Verfassungder Fall war.

So kam dann der Kompromiß von 1874 auf der Grundlagezu stände, daß Unterricht, Bewaffnung, Bekleidung und Ausrüstungausschließlich Sache des Bundes sein solle, wogegen die Kantoneauf die auf Grund der Verfassung von 1848 bezogenen Zoll- undPostentschädigungen ein für allemal zu verzichten und dem Bundeüberdies die Hälfte der von ihnen zu beziehenden Militärpflicht-ersatzsteuer abzutreten hatten. Hinwiederum erhielten die KantoneUri, Graubünden, Tessin und Wallis Entschädigungen im Gesamt-betrage von jährlich Fr. 530,000 (Art. 30 der Bundesverfassung)unter dem Titel der Schadloshaltung für den Unterhalt der sog.internationalen Alpenstraßen, in That und Wahrheit aber, um auchfür diese Kantone das finanzielle Schlußergebnis günstiger zu ge-stalten. Auf diesen Art. 30 bezog sich denn auch der Vorsvurf,man habe sich bei diesem Verfassungsentwurfe auf den Boden derKorruption begeben, welchen ein hochgestellter Staatsmann denRevisionsfreunden öffentlich entgegenschleuderte.

Was war nun die Zahlenbilanz dieses Kompromisses?

Wir verweisen auf die nachfolgende Tabelle I, welche auf densorgfältigen Erhebungen der nationalrätlichen Revisionskommissionvon 1871 aufgebaut ist.

Aus dieser Tabelle erhellen folgende Thatsachen :

Die Gesamtausgabe der Kantone für Militär-ausrüstung betrug Fr. 4,722,800

Die Entschädigung an die vier Kantone Üri,Graubünden, Tessin und Wallis „ 530,000

Fr. 5,252,800

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Übers ichtTabelle I.

Zu Seite 835.

der

Zollauslösungen, Postentschädigungen und der Hälfte Militärsteuer verglichen mit den Militärausgaben derKantone auf Grundlage der von der nationalrätlichen Revisionskommission im Jahre 1870 aufgestelltenBerechnungen.

Kantone.

Zürich . . .BernLuzern .Uri . . . . .SchwvzObwaldenNidwaiden . . . .GlarusZugFrei bürg . . . .Solothurn . . . .BaselstadtBasellandschaft . .Schaff hausen . . . .Appenzell A.-Rh. ., .Appenzell I.-Rh. . .St. Gallen . . . .Graubünden . . . .Aargau . . . .ThureauTessinWaadtWallisNeuenburg . . . .Genf

* Bezog keine Militai

Belastung der Kantone durch Abtretung von

Zollauslösung.

Fr.

135,213275,000

72,70572,50023,7357,2215,987

17,1368,946

68,59845,714

148,57164,85765,71423,9865,720

166,722260,000155,55764,286

284,200224,987108,402

34,22543,458

2,383,440

•Steuer.

Post-entschädigung.

Fr.

174,526187,39143.57422^3822,148

258172

7,7662,470

15,2777,887

89,51512,5992,392

10,740258

66,97525,223

110,28719,13711,209

156,23619,91456,14373,138

1,117,617

Hälite desErtrags der

Militärsteuer.

Fr.

104,37995,15818,901

7602,650

731«

2,4083,305

14,53333,2004,061

10,4099,316

«247

41,40319,38947,19719,1476,053

24,45212,16936,9724,235

511,075

Total.

Fr.

414,118557,549135,180

95,64228,5338,2106,159

27,31014,72198,40886,801

242,14787,86577,42234,7266,225

275,100304,612313,041102,570301,462405,675140,485127,340120,831

4,012,132

Besserstellung derKantone durch

Wegfall derMilitär-

ausgaben.

Fr.

519,100857,800257,600

20,90058,00013,90011,50060,50025,500

180,400136,300109,60078,00081,90086,20020,900

378,000166,500368,200129,300128,500497,000152,000165,200220,000

4,722,800

Subventionenüir Unterhaltder Alpen-

straßen.Art. 30 ß.-V.

Fr.

80,000

200,000

200,000

50,000

530,000

5,252,800

Vergleichung.

Gewinn.

Fr-

104,982300,251122,420

5,25829,467

5,6905,341

33,19010,77981,99249,499

4,47851,47414,675

102,90061,88855,15926,73027,03891,32561,51537,86099,169

1,383,080

Verlust.

Fr.

132,5479.865

142,412

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Übertrag Fr. 5,252,800Die Kantone hatten zu verzichten :

auf die Zollauslösung Fr. 2,383,440„ „ Postentschädigung . . . „ 1,117,617„ „ Hälfte der Militärpflicht-

ersatzsteuer „ 511,075„ 4,012,132

Der Gewinn der Totalität der Kantone betrugsomit Fr. 1,240,668

Da aber hierbei Baselstadt einenVerlust von Fr. 132,547und Baselland einen solchen von . „ 9,865

„ 142,412

erlitt, so betrug die B e s s e r s t e l l u n g a l l e rü b r i g e n K a n t o n e Fr. 1,383,080

Die Tabelle I bietet noch verschiedene interessante Einzelheiten.

Es ist durchaus richtig, daß die Kantone U r i , G r a u b ü n d e nund T essi u mit ihren verhältnismäßig hohen Zollauslösungssummenund kleinen Militärausgaben bei diesem Kompromisse ohne weitereKompensationen ein empfindliches Opfer hätten bringen müssen.

Es hatten zu verzichten auf:

Zoll- Post- Halbeaus- ent- Militär- Total,

läsung. Schädigung. Steuer.Fr. Fr. Fr. Fr.

U vi 72,500 22,382 760 95,6*2G r a u b ü n d e n . 260,000 25,223 19,389 304,612T essi n . . . . 284,200 11,209 6,053 301,462

Die Erleichterungen dagegen, welche den drei Kantonen durchdie Abnahme der Militärlasten erwuchs, betrugen nur :

für Uri Fr. 20,900„ G r a u b ü n d e n „ 166,500„ T e s s i n „ 128,500

wodurch ein jährlicher A u s f a l l entstanden wäre:für Uri von Fr. 7é,7é2„ G r a u b ü n d e n „ „ 138,112„ Tes s in „ „ 172,962

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Infolge der durch Art. 30 der Bundesverfassung ausgesprochenenSubventionen : Fr. 80,000 zu gunsten von Uri, je Fr. 200,000 vonGraubünden und Tessin, verwandelte sich indessen dieser drohendeAusfall in einen jährlichen G e w i n n :

für Uri von Fr. 5,258„ G r a u b ü n d e n „ „ 61,888„ Tess in „ „ 27,038

Hierzu müssen ferner noch gerechnet werden Fr. 40,000, welchebis zur Betriebseröfibung der Gotthardbahn den Kantonen U r iund Tes s in durch die Bundesverfassung von 1874 für den Schnee-bruch am Gotthard zugesichert wurden.

Anders gestaltete sich die Rechnung für W a l i i s.Seine Militärausgaben betrugen Fr. 152,000

Zollauslösung, Postentschädigung und halbe Militär-steuer zusammen „ 140,485

somit eine B e s s e r s t e l l u n g um Fr. 11,515

Wenn gleichwohl Wallis in Art. 30 der Bundesverfassungdurch eine Subvention von Fr. 50,000 mitberücksichtigt wurdeund seine jährliche Besserstellung damit auf Fr. 61,515 anstieg, sogeschah dies wohl deswegen, weil Wallis doch logischerweise mitaufgenommen werden mußte, wenn man Entschädigungen für denUnterhalt internationaler Alpenstraßen ausrichten wollte. Wie reich-lich diese Entschädigungen bemessen wurden, geht aus einer Ver-gleichung der durch Art. 30 der Bundesverfassung stipuliei-ten Sub-ventionen mit den wirklichen, durch die nationalrätliche Revisions-kommission "damals eruierten Kosten für Alpenstraßenunterhalthervor :

Wirkliche Sub- . Jährlicher

Uri . . .Graubünden .TessinWallis . .

Kosten.Fr.

39,100161,300106,30065,200

vention.Fr.

80,000200,000200,00050,000

Gewinn.Fr.

40,90038,70093,70015,200

371,900 530,000 158,100

Eine Einbuße beim Finanzausgleich von 1874 erlitten einzigB a s e l s t a d t und B a s e l l a n d , welche beide von 1848 bis 1874ebenfalls unverhältnismäßig hoher Zollentschädigungen sich zu er-freuen hatten; man vergleiche

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83'S

Baselstadt Fr. 148,571Baselland ,, 64,857

Fr. 213,428beispielsweise mit Zürich und dessen Zollentschädi-

gung von bloß „ 135,213Interessant ist auch der Hinweis darauf, daß die relativ meisten

Unterschriften gerade aus solchen Kantonen stammen, welche amallerwenigsten Ursache haben, sich über den Finanzausgleich von1874 zu beklagen, wie aus folgender Zusammenstellung erhellt:

Unterschriften Jährlicher Überschußper Mil le der Stimm- beim Finanz-

berechtigten, ausgleich von 1874.Fr.

1. Schwyz 487,48 29,4672 . Ur i . . . . . . . 473,44 5,2583. Nidwaiden 345,72 5,3414. Wallis 341,66 61,5155. Obwalden 314,62 5,6906. Luzern 306,ai 122,4207 . Graubünden . . . . 289,85 61,8888. Zug 263,04 10,7799. Appenzell I.-Rh. . . . 163,77 14,675

10. Tessin 158,68 27,03811. Solothurn 148,48 49,49912. Bern 114,9o 300,25113. Aargau 97,B7 55,15914. St. Gallen 79„62 102,90015. Freiburg (ohne die nach-

träglich eingereichten) . 41,69 81,992Wohl gerade aus dem Grunde, weil gegen alle diese Zahlen mit

der Behauptung nicht aufzukommen ist, die Kantone seien beimFinanzausgleich von 1874 übervorteilt worden, erhebt sich hie undda der alte Jammer über die Unterdrückung des Ohmgeldes, alseine Folge der Verfassungsrevision von 1874. Es ist wahr, dieseVerfassungsrevision hat aufgeräumt mit einer volkswirtschaftlichverwerflichen, übrigens im Rückgang befindlichen Steuer, mit einemunerträglichen Hemmnis im Verkehr von Kanton zu Kanton undim Absatz der Bodenprodukte unserer wein- und obstbautreiben-den Bevölkerung. Sie hat ferner ein schreiendes Uni-echt beseitigt,welches die 1848er Verfassung dadurch beging, daß sie den Fort-bezug der b e s t e h e n d e n Ohmgeldgebühren gestattete, den Nicht-ohmgeldkantonen aber die Einführung dieser Institution kategorischverbot.

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Wir haben weiter unten noch Gelegenheit, darauf einzutreten,welche anderweitige Aufgaben in Erleichterung der kantonalenFinanzen die. gleiche Verfassung dem Bunde zuwies, und wie esiu Ausführung der neuen Bundesverfassung möglich geworden ist,gesetzlich geregelte Subventionen auf allen die Wohlfahrt desVolkes fördernden Gebieten an die Kantone auszurichten.

Wir glauben aber auch an und für sich diese Klagen über dieFolgen des Art. 32, Schlußsatz, der Verfassung von 1874 als un-begründet zurückweisen zu sollen.^o*

Vor allem aus ist darauf hinzuweisen, daß dieser Wegfall derOhmgeldgebühren kein plötzlicher war; die Ohmgeldkantone er-hielten bis zum Ablauf des Jahres 1890, also 16 Jahre, Zeit, durchRevision ihrer Steuergesetzgebung ihre finanzielle Situation, soweitsie durch das Verschwinden der Ohrngeldeinnahmen alteriert erschien,neu zu ordnen. Es blieb jedoch bei wenigen vereinzelten Anläufenund Versuchen, und mit Besorgnis sah man den Zeitpunkt heran-kommen, in welchem für die Kantone eine jährliche Einnahme vonFr. 3,580,000 verschwinden sollte, ohne daß für einen Ersatz ge-sorgt worden wäre. Bei dieser Ohnmacht der Kantone trat derBund abermals in den Riß.

Was auf kantonalem Boden nie hätte zu Stande gebrachtwerden können, das schuf der Bund: das Alkoholmonopol. Mages auch manchem Kartoffelbauer schwer angekommen sein, auf dasalthergebrachte Brennen dieses Bodenproduktes zu verzichten, sosind es jedenfalls wiederum nicht die K a n t o n e , welche vomfinanziellen Standpunkte aus sich zu beklagen haben. Die ganzeMühe der Administration dieses ausgedehnten Dienstzweiges über-nahm der Bund, der ganze Reinertrag fällt unverkürzt den Kantonenzu. Das Alkoholgesetz wurde schon 1887 in-Vollzug gesetzt, aberes war dafür gesorgt, daß vor allem aus den Ohmgeldkantonen bisund mit 1890 der Durchschnittsertrag des Ohmgeldes nach dermaßgebenden Periode von 1880/84 voll und ganz zugeschiedenwurde. Noch mehr: Bei dem voraussichtlichen Ertrage des Al-koholmonopols stund für einige wenige Kantone ein Ausfall gegen-über dem frühern Ohmgeld bevor, aber auch dieser Verlust wurdedadurch gemildert und abgestuft, daß diesen Kantonen bis und mit1895 noch eine bevorzugte Stellung vor allen übrigen Kantonen ein-geräumt wurde, in der Weise, daß denselben von einem allfälligenFehlbetrage für das Jahr 1891 fünf Sechsteile, für 1892 vier Sechs-teile u. s. w. aus dem Gesamterträge zugeschieden wurden.

Und nun das bisherige finanzielle Resultat des Alkoholmonopolsfür die Kantone.

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840

Die nebenstehende Tabelle II zeigt unsden Ertrag der Monate September bis Dezember des Jahres 1887;den Ertrag der 6 Jahre 1888 bis 1893 einzeln;den Gesamtertrag vom 1. September 1887 bis 31. Dezember 1893;den durchschnittlichen Ohmgeldertrag der Jahre 1880/84.

Und was geht aus diesen Ziffern hervor?Gerade imposante Ziffern sind es, welche diejenigen Kantone,

welche früher kein Ohmgeld bezogen haben, als n e u e Einnahmenseit 1887 zu buchen im Falle sind.

Z ü r i c h Fr. 2,721,247S c h w y z (im ersten Rang der Unterschriften) . „ 404,331S c h a f f h a u s e n . . '. „ 303,991A p p e n z e l l A.-Rh „ 434,942A p p e n z e l l I.-Rh „ 103,566St. G a l l e n ,, 1,840,889T h u r g a u „ 843,696N e u e n b u r g „ 875,126G e n f (bezog als K a n t o n kein Ohmgeld) . . . ,, 388,432

S u m m a Fr. 7,916,220

Aher auch von den Ohmgeldkantonen kann die große Mehr-zahl sich über die Einführung des Alkoholmonopols nur freuen.

B e r n bei einem, jedoch stetig abnehmenden Ohmgeldertragvon Fr. 1,074,191hat vom 1. September 1887 bis 31. Dezember 1893bezogen „ 6,890,732

und dabei so ziemlich das Gleichgewicht innegehalten.

Nachstehende Ohmgeldkantone stellen sich günstiger alsv o r h e r : %

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Einnahmen aus dem Alkoholmonopol vom 1. September 1887 bis 31. Dezember 1893,verglichen mit dem. Ohmgeldertrag im Durchschnitt der Jahre 188O/1884.

Tabelle II.

Zu Seite 840.

Kantonebezw.

Octroigemeinden.

ZürichBern . . . .LuzernUriSchwyzObwaldenNidwaidenGlarusZÜBFreiburg . . . . .SolotburnBaselstadtBasellandSchaffhausenAppenzell A.-RhAppenzell I.-Rh. . . .St. GallenGraubündenAargau . . . . . .ThurgauTessinWaadtWallisNeuenburgGenf (exkl. Gemeinden Genf

u n d Carouge) . . . .Genf (Gemeinde) . . . .Carouge (Gemeinde) . . .

Total

1. Septemberbis 31. Dezember

1887.

Fr.

505,312. 87218,364. 61

36,378. 47

768. 208,682. 97

18,727. 956,499. 84

155,403. 49148,294. 0613,972. 3033,033. 61

30,949. 65129,715. 21

125,732. 07206,343. 36

19,274. 37

168,246. 8715,931. 27

1,841,631.18

1888.

Fr.

1,074,191.83375,521. 5462,721.02

19,359. 5013,678.1145,897. 5017,710.—

356,151.75240,270. 4347,373. 4051,454. 52

155,382. 99186,645. 85

161,139. 10326,381.4036,632. 96

386,619. 0223,994. 61

3,581,125.53

1889.

Fr.

304,074. 221,074,191.83

375,521.5462,721.0245,180. 3019,359. 5013,678.1145,897. 5020,737. 30

356,151. 75240,270. 4366,584. 8455,741.3133,968. 1848,600. 7911,572.64

205,702. 28155,382. 99186,400.8594,275. 24

161,139.10326,381.4091,330.0697,787. 21

43,403. 68386,619. 0223,994. 61

4,546,667. 70

1890.

Fr.

649,392. 651,074,191.83

375,521.5462,721.0296,488. 8528,786. 9523,979. 5564,725. 5544,287. 45

356,151.75240,270. 43142,201. 15119,043. 35

72,543. 75103,793. 7524,715.—

439,305. 75184,318. 55371,249. 55201,337. 85243,139. 25481,308. 15195,048. —208,838. 15

92,694. 65386,619. 0223,994. 61

6,306,668. 10

1891.

Fr.

618,107. 741,061,855. 71

359,306. 3058,173. 2091,840. 3927,400. 0722,824. 2861,607. 3342,153.83

337,632. 20229,509. 25135,350. 54113,308.34

69,048. 9298,793. 4123,524. 32

418,141. 90175,438. 87353,364. 34191,638. 27231,425. 81458,120. 85185,651.46198,777. 24

88,228. 98340,167.1521,944. —

6,013,334. 70

1892.

Fr.

595,217. 621,070,337. 17

339,471. 8153,164.5088,439. 3026,385. 3821,979. 0459,325. 8540,592. 76

315,925.21216,462. 53130,338. 15109,112.2366,491.8695,134. 8322,653. 16

402,657. 03168,941.91340,278. 34184,541.41222,855. 51441,155.45178,776. 20191,416.—

84,961. 62292,311.6319,741.38

5,778,667. 98

1893.

Fr.

554,455. 761,030,651. 49

311,946.4047,176. 2882,382. 78 '24,578. 4520,473. 8655,263. 0737,812. 88

287,444. 91198,558.95121,412.30101,639.98

61,938. 3588,619. 7821,101.81

375,082.15157,372.38316,975. 30171,903. 59207,593. 85410,944.12166,533.29178,307. 40

79,143.26241,473.28

17.215. 55

5,368,001.22

1. September 1887bis

31. Dezember 1893.

Fr.

2,721,247.996,890,732. 732.355,653. 74

383,055. 51404,331. 62146,638. 05125,295. 92351,444.75209,794. 06

2,164,861.061,513,636. 08

657,232. 68583,333. 34303,991. 06434,942. 56103,566. 93

'1,840,889.111.027,787. 351^884,629. 44

843,696. 361,353,024. 692,650,634. 73

873,246. 44875,126.—

388,432. 192.202,055. 99

'146,816. 03

33,436,096. 41

Die Ohmgeld-kantone und

Octroigemeindenhaben im Durch-

schnitt derJahre 1880/1884an Ohmgeld undOctroi bezogen

Fr.

1,074,191.83375,521.5462,721.02

19,359. 5013,67«. 1145,897. 5017,710.—

356,151.75240,270. 4347,373. 4051,454. 52

155,382. 99186,400. 85

161,139.10326,381.40

36,632. 96

386,619.0223,994. 61

3,580,880. 53

Kantonebezw.

Octroigemeinden.

Zürich.Bern.Luzern.Uri.Schwyz.Obwalden.Nidwaiden.Glarus.Zug.Freiburg.Solothurn.Baselstadt.Baselland.Schaffhausen.Appenzell A.-Rh.Appenzell I.-Rh.St. Gallen.Graubünden.Aargau.Thurgau.Tessin.Waadt.Wallis.Neuenburg.Genf (exkl. Gemeinden Genf

und Carouge).Genf (Gemeinde).Carouge (Gemeinde).

Total.

Page 12: #ST# Botschaf t

841

O b w a l d e n . . . .N i d w a i d e n . . . .G 1 ar u sZug (8. Rang) . . .B a s e l s t a d t .B a s e l l a n d . . . .G r a u b ü n d e n (7. Rang)A a r g a uTess inW a a d tW a 1 1 i s (4. Rang) . .

Ohmgeld.

Fr.19,35913,67845,89717,71047,37351,454

155,382186,400161,139326,38136,632

tMonopol-

antell1890.Fr.

28,78623,97964,72544,287

142,201119,043184,318371,249243,139481,308195,048

tMonopol-

anteil1893.Fr.

24,57820,47355,26337,812

121,412101,639157,372316,975207,593410,944166,533

Total1. Sept. 1887bis 31. Dez.

1893.Fr.

146,638125,295351,444209,794657,232583,333

1,027,7871,884,6291,353,0242,650,634j 5

873,246

9,863,056

Unter diejenige Gruppe, welche einen Ausfall zu verzeichnenhat, gehören die Kantone Uri, Luzero, Freiburg und Solothurn unddie Octroigemeinden Genf und Carouge.

Das Jahr 1890 kann hier nicht zur Vergleichung gezogenwerden, da dieser Gruppe laut Alkoholgesetz pro 1890 noch dervolle Ohmgeldertrag ausgerichtet werden mußte.

U r iL u z e r n . . .F re i b u r g . . . .S o l o t h u r n .

*Gemeinde G e n f . .Gemeinde C a r o u g e

Ohmgeldbezw.Octroi-ertrag.

Fr.62,721375,521356,151240,270

Monopol- Monopol-anteil anteil1891. 1893.

Fr.58,173359,306337,632229,509

Fr.47,176311,946287,444198,558

TotalSept. 1887

bis Dez.1893.

Fr.383,055

2,355,6532,164,8611,513,636

386,619 340,167 241,473 2,202,05523,994 21,944 17,215 146,816

8,766,076

Die Zahlen dieser Gruppe bedürfen noch eines Kommentars.

t Die beiden Kolonnen zeigen den höchsten und tiefsten Anteil seit 1890.

Page 13: #ST# Botschaf t

842

U r i hat sich in diese Gruppe thatsächlich verirrt; es verdanktdie hohe Ziffer von Fr. 62,721, mit welcher dieser kleine Kantonin die Kolonne „Ohmgeld1* hineingeraten ist, dem zufälligen Um-stände, daß in die maßgebende Periode 1880—84 die Erbauungder Gotthardbahn und eine großartige Zunahme des Verbrauchsan Wein und Spirituosen fiel. In den 1860er Jahren betrug das-selbe durchschnittlich Fr. 25,000, 1870/71 Fr. 31/32,000, Uri ge-hörte somit in That und Wahrheit unter die Gruppe der profitieren-den Kantone.

Für die Gemeinde Carouge ist der Ausfall kaum nennenswert,ganz wesentlich aber für die Gemeinde Genf, auch wenn man diecirka Fr. 80,000, welche der K a n t o n Genf jährlich lukriert, alsKompensation betrachten wollte.

Eine bleibende Mehrbelastung tritt ein für Luzern, Freiburgund Solothurn ; denn es ist nicht anzunehmen und auch nicht zuhoffen, daß der Genuß von gebrannten Wassern so zunehmen werde,daß auch diese 3 Kantone durch die Monopolerträgnisse schadlosgehalten werden können.

Aber w a r u m befinden sich die 3 Kantone in dieser excep-tionellen Lage? Einzig deswegen, weil sie vor Einführung desAlkoholmonopols ganz außerordentlich hohe Ohmgeldgebühren be-zogen haben.

Vielleicht danken im stillen die Unterthanen der 3 Länderihren Miteidgenossen dafür, daß sie, wenn auch mit etwas späterWirkung, durch die Verfassung von 1874 von einer volkswirt-schaftlich verwerflichen, die Einfuhr eines gesunden Weines undObstweines hindernden Steuer erlöst worden sind.

Die Abschaffung des Ohmgeldes aber als eine Schmälerungkantonaler finanzieller Interessen hinstellen zu wollen, ist angesichtsder Summe von Fr. 33,436,000, welche laut Tabelle II als Alkohol-monopolertrag vom 1. September 1887 bis 31. Dezember 1893 andie Kantone abgeliefert worden sind und welche auf 6^8 Jahreverteilt Fr. 5,279,383 per Jahr gegen Fr. 3,580,880 Ohmgeldertragausmachen, ein eigentümliches Unterfangen!

Wir ziehen vielmehr aus den angeführten Zahlen und Ver-hältnissen den Schluß, daß, von der finanziellen Seite betrachtet,bei der Verfassungsrevision von 1874 eine Übervorteilung derKantone nicht stattgefunden hat, und daß aus diesem Gesichts-punkte das Verlangen nach einem neuen Finanzausgleich zwischenBund und Kantonen jeder Berechtigung entbehrt.

Page 14: #ST# Botschaf t

843

Der angebliche Überfluß und die wirklichen Leistungen de»Bundes zur Erleichterung der kantonalen Finanzen.

In dem gleichen Momente, in welchem die Bundesverwaltung,nach den Staatsreehnungsdeficiten der 3 letzten Jahre:

1891 Fr. 3,970,1091892 „ 10,285,8061893 „ 8,074,912

und angesichts von weitem durch die Budgets der Jahre:

1894 auf Fr. 3,575.0001895 „ „ 4,085;0001896 „ „ 2,290,000

bezifferten Defieiten darnach ringt, das Gleichgewicht zwischen "denEinnahmen und Ausgaben der Eidgenossenschaft wieder herzustellen,muß es doch eigentümlich anmuten, wenn das Begehren nach einerVerteilung von Bundeseinnahmen unter die notleidenden Kantonemit dem Hinweise auf den im Überfluß schwimmenden Bund unter-stützt werden will.

Da sind es vor allem aus die wachsenden Zolleinnahmen desBundes — und es fehlt auch nicht an Ausfällen gegen die immerstärker angezogene Steuerschraube des Bundes — welche den Neidder Initianten erweckt haben. Dabei spricht man gerne kurzwegvon 38 Millionen Franken heutiger Einnahmen, welche Summeallerdings der R o h e i n n a h m e von 1893 entspricht, übersiehtaber dabei gänzlich, daß diesen Einnahmen auch Ausgaben gegen-überstehen, und daß letztere nichts weniger als stabil geblieben sind.

Wir haben deshalb für nötig erachtet, in der nachfolgendenTabelle III nach Gegenüberstellung der Roheinnahmen und derAusgaben die R e i n e i n n a h m e n darzustellen.

Aus dieser dritten Kolonne ergiebt sich nun allerdings dieThatsache, daß der Reinertrag der Zollverwaltung seit 1875 mitFr. 15,192,000 bis 1893 auf Fr. 35,198,000 gestiegen ist und sichsomit mehr als verdoppelt hat.

Auch die Zahlen der Tabelle III enthalten manches Lehrreiche.Einmal sollten sie den Initianten ein Fingerzeig sein, daß die Zoll-einnahmen eines Landes nicht stetig wachsen, sondern daß auchwieder Perioden des Rückganges eintreten können. Von Fr. 17,376,000des Jahres 1876 sind die Roheinnahmen im Jahre 1878 bis aufFr. 15,661,000 gesunken, ohne daß etwa kriegerische Ereignisseim AusJande das Resultat beeinflußt hätten.

Page 15: #ST# Botschaf t

Übersichtder

Tabelle 111.

Zu Seite 843.

Rechnungsergebnisse der Zollverwaltung von 1875*—1893, verglichen mit den Militär-ausgaben, den Gesamtausgaben der Bundesverwaltung und den Reinergebnissen dereidgenössischen Staatsrechnung während der nämlichen Periode.

Jahre.

187518761877187818791880188118821883188418851886188718881889189018911892

•1893

Rechnungsergebnisse derZollverwaltung.

Roh-einnahmen.

Fr.

17,135,94817,376,54415,728,22315,661,34816,825,85917,211,48217,436,40518,603,98520,121,99321,486,57721.191,43322,395,16724,632,28526,086,14427.636,05131^258,29631,543,32336,032,73338,378,517

Ausgäben!

Fr.

1,943,9351,545,2901,418,2431,410.4641,463^5601,504,5371,539,2561,548,9861,627,3381,678,0631,861,0671,882,7831,983,5992,130,7752,252,1342,636,4722,870,4923,036,0633,179,817

Rein-einnahmen.

Fr.

15,192,01315,831,25414,309,98014,250,88415,362,29915,706,94515,897,14917,054.99918,494^65519,808,51419,330,36620,512,38422,648,68623,955,36925,383.91728,621,82428,672,83132,996,67035,198,700

Rechnungsergebnisse der Bundesverwaltung.

Militärausgabenohne

Regieanstalten.

Fr.

11,018,30412,546,86013,108,87612,274,97612,943,67411,736,07012,453,18313,213,56813,455,48514,136,58814,093,51614,884,96316,778,03018,637,21419,730,33720,575,33624,045,83334,623,58032,320,075

Gesamt-ausgaben.

Fr.

43,235,69543,462,62542,625.87341,469^64139,525,27441,038,22742,717,49343,247,79650,033,76446,190,09146,278,68558,067,50656,829,99658,555,08764,435,60466,688,38173,012,03886,246,94186,301,438

Reinergebnisseder Staatsrechnnng.

Einnahmen-Überschuß.

Fr.

66,5851,930,9381,473.620

665^532488,309422,372

** 1,4 14,9872,114,011

** 3,029,9892,756,976

** 1,327,7751,136,094

932,870,

Ausgaben-Überschuß.

Fr.

827,6661,185,4841,836,630

3,970,10910,285,8068,074,912

* Das Jahr 1874 fällt außer Betracht, weil die Kantone noch die Militärlasten zu tragen hatten.** Aus diesen ßechnungsiiberschüssen wnrden in außerordentlicher Weise in den Invalidenfonds eingeleg

Jahre 1884 Fr. 1,100,000, im Jahre 1886 Fr. 1,000,000 und im Jahre 1888 Fr. 1.000,000, zusammen Fr. 3,100,000

Page 16: #ST# Botschaf t

844

Sodann ist die Einnahmenvermehrung nicht bloß eine Folgeder Zo l l l a r i f e rhöhungen , welche die Schweiz nur gezwungendurch die Zollpolitik des Auslandes und zu größerem Schutze unsererLandwirtschaft und der nationalen Industrie und nicht als Steuer-erhöhung vornahm, sondern zugleich die Wirkung des durch dieBevölkerungszunahme an und für sich und durch die gesteigertenLebensbedürfnisse aller unserer Bevölkerungsklassen vermehrtenKonsums.

Das beweist die Vermehrung, welche z. B. die Roheinnahmenvom tiefsten Punkte des Jahres 1878 mit Fr. 15,661,000 aufFr. 21,486,000 im Jahre 1884 aufweist, ohne daß inzwischen, miteinziger Ausnahme der Position Tabak, eine Tariferhöhung statt-gefunden hätte.

Ähnliche Erscheinungen zeigen die folgenden, zwischen denTailfänderungen von 1887 und 1892 liegenden Perioden.

Wenn nun auch auf der einen Seite diese Verdoppelung derZolleinnahmen vorhanden ist, so setzen wir vor allem aus einenWert darauf, zu konstatieren, daß aus diesem Faktum nicht diemindeste Berechtigung hergeleitet werden kann, am Bunde denbeabsichtigten Aderlaß von 6 Millionen Franken vorzunehmen. DieZolleinnahmeo als solche gehören schon seit 1848 dem B u n d e ;die Zollentschädigung, welche die 1848er Verfassung den Kantonennoch zusicherte, war nicht abhängig von der Höhe der Einnahmen,sie war fixiert auf „4 Batzen auf den Kopf nach dem Maßstab derGesamtbevölkerung, welche nach der Volkszählung von 1838 be-rechnet wird". Von 1874 an ist jeder rechtliche Anspruch derKantone auf die Zolleinnahmen oder auf Anteile an denselben, be-tragen dieselben 15 oder 35 Millionen Pranken, dahingefallen.

Aber besteht nicht wenigstens eine m o r a l i s c h e Verpflichtungdes Bundes, von diesen von niemand vorausgesehenen Mehreinnahmenden Kantonen, den frühern Trägern dieser Gefalle, wieder einenTeil abzutreten?

Man könnte in Versuchung kommen, diese Frage einer nähernPrüfung zu unterziehen, wenn nicht die Ausgaben des Bundes in-folge des Kompromisses von 1874 und der seit 1874 den Kantonenauszurichtenden Subventionen aller Art im gleichen Verhältnis ge-stiegen wären.

Die den Kantonen abgenommenen Militärlasten, welche anfangsder 1870er Jahre nach den Berechnungen der nationalrätlichenRevisionskommission nicht einmal den Betrag von fünf MillionenFranken erreichten, haben schon 1875, im ersten Jähre der neuenMilitärorganisation, Fr. 11,018,304 für den Bund betrugen und

Page 17: #ST# Botschaf t

845

sind in den Jahren 1892 und 1893, allerdings mit Einschluß voncirka 10 Millionen Franken außerordentlicher Ausgaben für dieKriegsbereitschaft, vorübergehend auf durchschnittlich 33 MillionenFranken angestiegen.

Und während die Reineinnahmen der Zollverwaltung von 1875bis 1893 um 20 Millionen Franken gestiegen sind, so betragen dieGesamtausgaben des Bundes 1893 Fr. 86,301,438gegenüber 1874 „ 43,235,695

gleich einer Vermehrung von Fr. 43,065,743

•oder, sofern man die außerordentlichen Militärausgaben eliminiert,immer noch von über 30 Millionen Franken.

Diese Ausgabenvermehrung mag als eine außerordentlich hohe•erscheinen, und es wird der Bundesverwaltung nicht minder als dem.ganzen Schweizervolk zu großer Beruhigung gereichen, daß wir amEnde der Periode der außerordentlichen Ausgaben für Neubewaffnungund Kriegsbereitschaft angelangt sind.

Allein der Bund konnte, so wenig wie die Kantone und Ge-meinden auf ihren Gebieten, den täglich sich mehrenden An-forderungen sich entziehen, welche auf Grund verfassungsmäßigerVorschriften an den Träger der Staatsgewalt gestellt wurden.

Stünde uns eine vollständige Statistik über den Finanzhaushaltder Kantone von 1874 bis 1893, und insbesondere auch der Ge-meinden, zu Gebote, es wäre wohl unschwer, den Beweis zu er-bringen, daß in diesem gleichen Zeitraum von zwanzig Jahren dieProgression der Einnahmen und Ausgaben in den meisten Kantonenund in der Mehrzahl der Gemeinden nicht weniger stark vor-handen ist. *)

Ob wohl die Kantone und ihre Vertreter in der Bundes-versammlung ebensowenig wie die Initianten es anerkennen, daßsie vom neuen Bunde in der Erfüllung der ihrem Wirkungskreisezugeschiedenen kulturellen und volkswirtschaftlichen Aufgabenkräftig unterstützt worden sind?

*) Anmerkung. Nach dem Statistischen Jahrbuch 1893 betrugen dieA u s g a b e n der .Kantone:

1850 Fr. 19,857,0001860 n 30,845.0001870 „ 46,307,0001880 „ 64,509,0001890 B 80,178,000

Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. II. 57

Page 18: #ST# Botschaf t

846

Wir sind gerne geneigt, das Gegenteil anzunehmen; aber dieBefürwortung, welche das Initiativbegehren in einem großen Teileder Presse gefunden hat und noch findet, lassen es uns gleichwohlals wünschenswert erscheinen, tabellarisch geordnet und nachKantonen ausgeschieden darzustellen, welche Summen der Bund— nicht von seinem Überfluß, der gar nicht vorhanden ist —wohl aber von seinen Einnahmen den Kantonen zugewendet hat.

Wir fügen deshalb in unsere Berichterstattung folgende weitereTabellen ein :

„Tabelle IV, B u n d e s b e i t r ä g e für g e w e r b l i c h e Be-r u f s b i l d u n g u n d A u s s t e l l u n g e n i m I n l a n d v o m J a h r1874 bis und mit 1893.a

Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, daß im Zeitraum von 1874bis 1893 Kantone, Private und Vereine, inbegriffen die Landes-ausstellung von 1883 in Zürich, bedacht worden sind mitFr. 3,688,488, und . es hat der Bund im gleichet! Zeiträumedie Beschickung von Weltausstellungen durch die schweizerischenIndustriellen unterstützt:

in Philadelphia 1876 mit Fr. 232,881„ Paris 1878 „ „ 358,8H„ Melbourne 1881 „ „ 38,431„ Paris 1889 „ T 599,645„ Chicago 1893 „ „ 275,000

Fr. 1,504,771

Fügen wir noch hinzu, daß der Bundesversammlung eineSubvention von Fr. 900,000 für die demnächstige schweizerischeLandesausstellung in Genf beantragt ist.

Tabelle V giebt Aufschluß über die der L a n d w i r t s c h a f tzugewiesenen S u b v e n t i o n e n , wobei wir darauf hinzuweisennicht unterlassen wollen, daß der Bundesbeschluß betreffend För-derung der Landwirtschaft durch den Bund erst seit 1884 io Kraftgetreten ist und daß das soeben in Kraft erwachsene n e u e Gesetzeine ganz bedeutende Vermehrung der Leistungen des Bundes imGefolge haben wird.

Nach dieser Tabelle betragen die bisherigen Leistungen desBundes an die Landwirtschaft:

Page 19: #ST# Botschaf t

Tabelle IV.

Übersicht Zu Seite 846.

der

Bundesbeiträge fUr gewerbliche Berufsbildung und Ausstellungen im Inland vom Jahre1874 bis und mit 1893.

a. Kantone.

ZürichBernLuzernUriSchwyzObwaldenNidwaiden . . . .GlarusZugFreiburgSolothurnßaselstadtBasellandschaft . . .Schaffhausen . . . .Appenzell A.-Rh. .Appenzell I.-Rh.St. GallenGraubünden . . . .

ThurgauTessin . . . .WaadtWallisNeuenburg . . . .Genf

b. Ausstellungen:1. Landesausstellun2. Kochkunst .3. Gewerbliche Be

, c. Private und Vereine

Für gewerbliche Berufsbildung.

Subventionen.

Fr.

679,219516,353

40,5431,2257,9727,4166,502

13,2653,400

48,92253,493

222,7688,741

14,0018,390

213,71516,85066,3598,800

72,04925,644

650250,462489,399

2,776,138

g in Zürich

Stipendien.

Fr.

35,02023,4955,940

200665

250870900

5,0907,1456,7201,360

7504,790

10010,015

7,33012,91011,110

5507,580

45014,3203,880

161,440

SonstigeBeiträge.

Fr.

12,1908,635

100150

50

150

100150

4,3132,230

493

28,561

rufsbildungsanstalten*

Aus-stellungen.

Fr.

1,000

1,000

2,000

433,4412,000

58,332

495,773

Privateund

Terelne.

fr.

1226,576

Total.

Fr.

726,429548,48346,583

1,5758,6877,4166,752

14,1354,450

54,01260,738

229,63810,10114,7511 3,180

4,413226,96024,18079,76219;910

72,59934.224

1^100264,782493,279

2,968,139

493,773

226,576

3,688,488

Page 20: #ST# Botschaf t

TJto ersich.tder

Tabelle V.

Zu Seite 846.

seit Inkrafttreten der bezüglichen Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse an Kantone, Vereine und Private bis 1893 für Hebung der Landwirtschaftverabfolgten beziehungsweise zugesicherten Bundessubventionen,

Kautone.

ZürichBernLuzernUriSchWyzObwaldenNidwaidenGlarus . .ZusFreiburgSolothurnBaselstadtBasellandschaftSchaffhausenAppenzell A.-Rh. .Appenzell I.-RhSt. GallenGraubünden . . . .ÂargauThurgauTessinWaadtWallisNeuen bürgGenf

Total KantoneLandwirtschaftliche Vereine

und Genossenschaften .Ausstellungen . . '.

Gesamttotal

* Im Gesamttotal sind für „B

Landwirt-schaftlichesUnterrichts-

wesen.

Fr.

239,372200,482

31,9331,5871,710

75120668

4,68871,055

5001,6241,419

575180

42,25916,32842,1035,0855,794

199,77713,488\ 54,16561,475

1,096,462

| 6,825

1,103,287

odenverbessen

Hebung der Tierzucht.

Rindvieh-zacht undKleinvieh-

zucht.

Fr.

102,704313,111104,38212,93837,30312,209

9,51011,84117,29299,67138,029

19,9159,822

20,6776,322

99,80.963,22572,56746,72732,69892,90769,31822,003

1,615

1,316,595

15,610

17,698

1,349,903

ngen" die in

Pferde-zucht.

Fr.

6,373296,02129,297

10041,624

7,885100

1,4401,450

48,43714,995

51014,041

670

71,64112,6216,1272,922

125,66628,17210,795

720,887

33,760

.

754,647

1er Rubrik „

Total.

Fr.

109,077609,132133,67913,03878,92720,094

9,61013,28118,742

148,10853,024

51033,9569,822

21,3476,322

171,45075,84678,69449,64932,698

218,57397,49032,7981,615

2,037,482

49,370

17,698

2,104,550

zugesicherte S

Bodenverbesserungen.

Zu-gesicherte

Sub-ventionen.

Fr.

33,836167,594' 6,800

25,7254,500

220525

29,8004,660

17,5001,500

164,818160,59523,673

1,13921,843

9,982

25,353

710,314

710,314

iibventionen"

Hiervon, bisEnde 1893

ausgerichtet.

Fr.

24,56875,095

842

14,150

213

7,943

5,056873

81,32654,7509,2591,8003,375

3,534

282,784

282,784

eingesetzten

Landwirt-schaftlicheSchäden.

Fr.

167,44368,55828,967

2493,3471,333

2373,650

10,17313,292

7718,7096,659

155

11,761244

23,72917,211

34,963

266,455206,607

874,513

874,513

Ziffern inbe

Vereineund

Genossen-schaften.

Fr.

1,195

1,195

591,103

592,298

griffen.

Vieh-seuchen^polizel.

Fr.

435

2961,0924,205

50014,632

40,00013,0004,7e33,666

82,5!

82,5!

(9

^9

Aus-stellungenund Ver-

schiedenes.

Fr.

17,3336,050

250

400

100

1,000

1,250

1,000

27,383

30,355

167,325

225,063

Gesamt-total.*

Pr.

568,2561,051,816

201,37914,625

107,04628,01611,28314,71127,080

259,13671,2261,781

62,08520,89226,282

7,102404^920253,013169,19983,33560,335

504,545123,978483^534274,363

4,829,938

677,653l

185,023

5,692,614

Kantone.

Zürich.Bern.Luzern. ;Uri.Schwyz.Obwalden,Nidwaiden.Glarus.Zug-Freiburg.Solothurn.Baselstadt.Basellandschaft.Schaffhausen.Appenzell A.-Rh.Appenzell I.-Rh.St. Gallen.Graubünden.Aargau.Thurgau.Tessin.Waadt.Wallis.Neuenburg.Genf.

Total Kantone.Landwirtschaftliche Vereine

und Genossenschaften.Ausstellungen.

Gesamttotal.

Page 21: #ST# Botschaf t

847

Für landwirtschaftliches Unterrichtswesen . . . Fr . 1,103,287„ Kindviehzucht und Kleinviehzucht . . „ 1,349,903„ Pferdezucht „ 754,647„ Bodenverbesserungen „ 710,314„ landwirtschaftliche Schäden ' „ 874,513„ Vereine und Genossenschaften „ 592,298„ Viehseucheupolizei „ 82,589„ Ausstellungen und Verschiedenes „ 225,063

Fr. 5,692,614

In Tabelle VI sind die an K a n t o n e , K o r p o r a t i o n e n ,V e r e i n e u n d P r i v a t e n v o m J a h r e 1874 b i s E n d e1893 v o m B u n d e f ü r d a s F o r s t w e s e n , d i e J agd u n dFischere i a u s g e r i c h t e t e n S u b v e n t i o n e n zusammenge-stellt,

Wir beschränken uns hier auf die Rekapitulation mit demBeifügen, daß künftig der Titel F o r s t w e s e n durch die Bundes-beiträge an die Besoldungen der kantonalen Forstbeamten eine be-trächtliche Mehrbelastung erfahren wird.

F o r s t w e s e n Fr. 1,004,914Jagd und V o g e l s c h u t z „ 194,756F i s c h e r e i w e s e n „ 237,260

Fr. 1,436,930

Ganz großartige Dimensionen endlich nehmen die Subventionenan, mit welchen der Bund die E r b a u u n g von s c h w i e r i g e nS t r a ß e n u n d B r ü c k e n , s o w i e d i e D u r c h f ü h r u n g v o nF l u ß k o r r e k t i o n e n u n d W i l d b a c h v e r b a u u n g e n denKantonen erleichterte und welche (nicht inbegriffen die Verwen-dungen aus der sogenannten Hülfsmillion und dem allgemeinenSchutzbautenfonds) nach mitfolgender Tabelle VII die Summe vonFr. 54,959,122 erreichen.

Wir reproduzieren auch hier im Texte unseres Berichtes nurdie Rekapitulationen unter Ausscheidung der Subventionen vorund nach 1874.

Page 22: #ST# Botschaf t

Zusammenstellung Tabelle VI.

der Zu Seite 847.

vom Jahr 1874 bis Ende 1893 an Kantone, Korporationen, Vereine und Privaten vom Bunde für das Forstwesen, die Jagd und Fischereiausgerichteten Subventionen,

Kantone.Korporationen and Vereine.

Private.

ZürichBernLuzern . . . .UriSchwyz

NidwaidenGlftrusZugFreiburgSolothurn .Baselstadt . . . .Basellandsehaft . . . .SchaffhausenAppenzell A.-Rh. . . .Appenzell I.-Rh. . . .St. GallenGraubündenAargauThurgauTessinWaadtWallisNeuen bürgGenf

Total KantoneKorporationen und VereinePrivate

Gesamttotal

Porstwesen.

Auf-forstungen

undVerbaue.

Fr.

360,4068,148

19,85037,54114,7576,426

15,4551,9739,821

4,518

68,75163,471

238,4202,264

32,094

883,8951,132

885,027

Diverses.

Fr.

29117,0291,5632,6635,0811,8891,5831,5214,3461,584

5,3591,090

10,23247,998

9,645

6,353

118,2271,000

660

119,887

Total.

Fr.

291377,435

9,71122,51342,62216,6468,009

16,9766,319

11,405

9,8771,090

78,983111,469

248,0652,264

38,447

1,002,1222,132

660

1,004,914

Jagd und Vogelschutz.

Wildhut-kosten.

Fr.

31,1442,0501,253

7582,3462,0498,703

12,697

4,2574,371

16,50525,491

24,10020,45924,150

180,333

180,333

Diverses.

Fr.

1,1592,079

1621

414931

1-2266

30531881

246151223

1468671526263

751,730

572' 704

625

10,6693,754

14,423

Total.

Fr.

1,15933,223

2,2121,254

7992,3952,0808,825

6613,002

31881

246151

4,4804,372

16,97326,162

526263

24,17522,18924,722

704625

191,0023,754

194,756

Fischerei.

Besoldungvon

Fischerei-aufsehern.

Fr.

12,6484,4761,6061,519

679720122936148

13,02996415033762

218

3,882

1,8042,774

2,842

6,08315,174

70,173

70,173

Fischzucht-anstalten.

Fr.

27,62019,89711,069

7054565

1,135205

16,4701,7532,6271,8193,100

13,93722

640537676

6,142550

16,419

2,2502,133

129,681

129,681

Diverses.

Fr.

4914,659

2181485413964

137204

2014280

425

221,181

11010,884

305

4,58680

1056,514

30,406

7,000

37,406

Total.

Fr.

40,75929,03212,8931,6031,309

8261,2961,205

16,75514,986

3,6112,1113,517

14,424240

225,703

64713,3649,221

55023,847

808,438

23,821

230,260

7,000

237,260

Gesamt-total.

Fr.

42,209439,69024,81625,37044,73019,86711,38527,00623,14039,3933,9292,1923,763

14,57514,597

5,484101,659138,278

13,8909,484

272,79048,30063,2499,142

24,446

1,423,3845,8867,660

1,436,930

Kantone.Korporationen und Tereine.

Private.

Zürich.Bern.Luzern.Uri.Schwyz.Obwalden.Nidwaiden.Glarus.Zug.Freiburg.Solothurn.Baselstadt.Basellandschaft.Scbaffhausen.Appenzell A.-Rh.Appenzell I.-Rh.St. Gallen.Graubünden.Aargau.Thurgau.Tessin.Waadt.Wallis.Neueuburg.Genf.

Total Kantone.Korporationen und Vereine.Private.

Gesamttotal.

Page 23: #ST# Botschaf t

Übersicht Tabelle VII.Zu Seite 847.

über

die von der Eidgenossenschaft bis 1. Januar 1894 den einzelnen Kantonen verabfolgten und über die von diesem Zeitpunkte an noch auszubezahlenden Beiträge für Strassenund Brücken, sowie für Flusskorrektionen und Wildbachverbauungen.

1Kantone.

Zürich . . . .Bern

U r i . . . .

Obwalden . . . .Nidwaiden . . . .

Zucr

Solothurn . . . .Baselstadt . . . .BasellandschaftSchaffhausenAppenzell I.-Rh. . .Appenzell A.-Rh. . .S t . Gallen . . . .Graubünden

WaadtWallis . . . .Neuenburg . . . .Genf . . . . .

Total

Nota. Die Beitrag

Strassen und Brücken.

Periode1854—1874.

Fr.

53,200. —

885,000. —250,000. —400,000. —

20,000. —

263,700. —

100,000. —1,240,000.—

1 33,500. —

387,700. —

3,733,100. —

e ans der sogenan

Periode1875—1893.

Fr.

545,100. —38,940. —

245,200. —55,260. —

71,000.—

52,900. —

1,008,400. —

nten Hfilfsmillion

Sind nochauszubezahlen.

Fr.

462,900. —

1,287,200. —

451,200.—

213,000.—

174,100.—

2,588,400. —

und dem allgemein

Zusammen.

Fr.

1,061,200.—38,940. —

2,417,400. —305,260. —400,000. —

20,000. —451,200. —

263,700. —

100,000.—1,240,000.—

417,500. —

614,700.—

7,329,900. —

ien Schntzbautenfo

Flusslzorrelitionen und. "Wildtoachvertoauungen.

Durch Bundesbeschlüsse.

Periode1863—1874.

Fr.

2,780,000. —24,250. -1 5,000. —

2,800,000. —350,000. —

5,100. —

110,000.—300,000. —

6,384,350. —

nds sind in obigen

Periode1875—1893.

Fr.

1,784,000.—3,115.222. 72

52,480. —

238,650. —155,000. —407,000. —345,015. 51165,000. — .

98,700. -

1 ,859,500. —586,881.13315,600: —810,000.—

1 ,034,035. 501,392,400.—3,070,983. 98

155,000. -773,500. —

16,358,968. 84

Zahlen nicht inbej

Sind nochauszubezahlen.

Fr.

1,372,000. —1,412,577.28

435,020. —

22,250. —55,000. -

152,000. -58,400. —

360,000. —

9,472,200. —133,834. 50170,000.—975,000. —888,464. 50

1,079,800.—149,516. 0210,000.—

16,746,062. 30

griffen.

Zusammen.

Fi.

3,156,000. —7,307,800. —

511,750.—15,000. -

260,900. -210,000. —559,000. —403,415. 51165,000. —360,000. —98,700. —

14,131,700.—1,070,715.63

485,600. —1,790,100. —1,922,500. -2,582,200. —3,520,500. —

165,000. —773,500. -

39,489,381.14

Durch Bundesratsbeschlüsse.

Periode1872—1874.

Fr.

20,500. —

6,800. — •

14,200. —223,000. —

33,600. —

29,800. —

327,900. —

Perlode1875—1893.

Fr.

35,466. —958,841.1991,834. 77

115,872.88285,933. 71131,234.31

74,467. 2!2171,347.41

101,155.3358,700. —

29.830. 31130,234.35

5,940.12288,089.13

1,256,079.9615,216. 9549,740. 24

392,530. 6489.854. 57

402,398.1493.652. —34,500. —

4,812,919. 23

Sind nochauszubezahlen.

Fr.

3,280. —546,274. 42157,515. 3773,897.12

152,817.745,820. —

30,489. 2067.260. —46^200 —15,216. —36,100. —

55,691.68

6,800. —229.016.13

1,001,741.36

92,393. 65172,599.6665,200. —

221,992. 16

18,718. -

2,999,022. 49

Zusammen.

Fr.

38,746. —1,525,615. 61

249,350. 14196,570. —438,751.45137,054. 31104,956. 42238,607. 4143,200. —

116,371.3394,800. —

29,830. 31185,926. 03

12,740. 12531,305. 26

2,480,821.3215,216. 95

142,133.89598,730. 30155,054. 57654,190.30

93,65-2. —53,218. —

8,139,841.72

Bundes-beschlüsse und

Bnndesrats-beschlussezusammen.

IV.

3,194,746.—8.833,415.61

761,100.14211,570.—438,751. 45397,954. 31314,956. 42797,607. 41449,615. 51281,371.33454,800. —98,700. —29,830. 31

185,926.03

12,740.1214,663,005.263,551,530. 95

500,816.951,932,233. 892,521,230.302,737,254. 574,174,690. 30

258,652. —826,718. —

47,629,222. 86

Gesamtbetragkantonsweise.

VT.

3,194,746. —9,894,615.61

800,040. 142,628,970. -

744,011.45797,954.31334,956.42

1,248,807. 41449,615.51545,071. 33454,800. —98,700. —29,830. 31

185,926. 03

12,740.1214,763.005.264,791,536.95

500,816.951,932,233.092,938,730. 302,737,254. 574,789,390. 30

258,652. —826,718. —

54,959,122. 86

i

Kantone.

Zürich.Bern.Luzern.Uri.Schwyz.Obwalden.Nidwaiden.Glarus.Zug.Freiburg.Solothurn.Baselstadt.Basellandschaft.Schaffhausen.Appenzell I.-Rh.Appenzell A.-Rh.St. Gallen.GraubUoden.Aargau.Thurgau.Tessin.Waadt.Wallis.Neuenburg.Genf.

Total.

Page 24: #ST# Botschaf t

848

Es betragen die Subventionen

In der Periode in der Periodebis 1874. 1875—1893.

Fr. Fr.an Straßen und Brücken . 3,733,100 3,596,800an Flußkorrektionen und

Wildbachverbauungen :a. Bundesbeschlüssab. Bundesratsbescblüsse

Total.Fr.

7,329,900

6,384,350 33,105,031 39,489,381327,900 7,811,941 8,139,841

10,445,350 44,513,772 54,959,122

Im übrigen lassen wir diese Zahlen selbst sprechen 5 sie öffnenvielleicht auch einem Teile der Initianten die Augen; sie zündenvielleicht etwas in diejenigen Kantone hinein, in welchen verhältnis-mäßig die meisten Unterschriften zusammengetrieben worden sindund welche mit folgenden Ziffern in der Tabelle figurieren :

EingegangeneUnterschriften.

Bern 13,164Luzern 9,549Wallis 9,399Graubünden 6,460Tessin 6,212Schwyz 6,102St. Gallen 4,132Aargau 3,943Solothurn 2,746Uri 1,979Zug 1,562Freiburg (unvollständig) . . 1,224Obwalden 1,156Nidwaiden 1,003

Total der Subventionen.Fr.

9.894,000'800,000

4,789,0004,791,0002,938,000

744,00014,763,000

500,000454,000

2,628,000449,000545,000797,000334,000

44,426,000

Es komparieren somit die 14 Kantone und Halbkantone,welche verhältnismäßig die meisten Unterschriften geliefert haben(siehe Seite 838), mit 81 °/o aller für Straßen, Flußkorrektionenund Wildbachverbauungen bis jetzt dekretierten Subventionen desBundes im Betrage von Fr. 54,959,122.

Page 25: #ST# Botschaf t

849

Wir wissen, daß die Reproduktion all' dieser Zahlen auf demGebiete der Subventionen des Bundes viele Initianten unangenehmberühren wird. Es muß ein sehr unbehagliches Gefühl gewesensein, welches einzelne Wortführer der Initiative veranlaßte, überdiese Subventionen die Achseln zu zucken und dieselben als eineBundesbettelei hinzustellen, mit welcher am besten so bald alsmöglich abgefahren werde. Diese Sprache ist ebenso ungerecht-fertigt als unaufrichtig.

Einmal drängt der Bund seine Subventionen niemandem auf;wer darin eine Bettelei zu erblicken geneigt ist, der unterlasseeinfach das Subventionsbegehren. Wir müssen aber an und fürsich energisch gegen dieses Epitheton uns aussprechen. Es gibtin der Förderung des Volkswohles Probleme, deren Lösung überdie Kräfte der einzelnen Kantone hinausreicht und welche nurdurch den Bund oder doch nur unter kräftiger Mithülfe des Bundesverwirklicht werden können; das Territorium der Kantone ist zubegrenzt und abgeschlossen, als daß diese letztern allen Aufgabengerecht werden könnten, welche ihnen die moderne Zeitauffassungauf volkswirtschaftlichem Gebiete zuweist.

Deshalb hat auch die Bundesverfassung von 1874, in einerMehrzahl von Artikeln, auf deren Aufzählung wir verzichten, denBund förmlich verpflichtet, die Durchführung solcher Aufgaben inden Kantonen durch Subventionen zu erleichtern, und wenn dieKantone von einem ihnen verfassungsmäßig zustehenden Rechte Ge-brauch machen und eine Bundessubvention anbegehren, so könnenwir darin keine Herabwürdigung der Kantone und noch wenigereine Bundesbettelei erblicken.

Reicht übrigens diese zur Schau getragene Entrüstung so weit,daß ein einziger Initiant im Ernste daran denkt, gegen diese Ab-tretung von i Franken aus den Zolleinnahmen auf die bisherigenSubventionen zu verzichten ? Beabsichtigt man in den Kantonenwirklich gegen diese Zollfranken auf die Alpenstrassensubventionenzu verzichten, die Verbauuiig von Flüssen und Bächen und dieHebung der Landwirtschaft als ein souveränes kantonales Recht zuerklären, bei dessen Ausübung man jede Einmischung, selbst diematerielle Hülfe des Bundes sich verbitte ?

Einstweilen und solange nicht die Initianten durch eine vor-gängige Verfassungsinitiative diese eidgenössischen Subventionenaus der Verfassung von 1874 eliminiert haben, erlauben wir unsüber die Aufrichtigkeit dieser Opferbereitwilligkeit unsere stärkstenZweifel auszuspreehen.

Wir resümieren diesen Abschnitt dahin, daß wir es als einverwerfliches Kampfmittel bezeichnen müssen, wenn angesichts der

Page 26: #ST# Botschaf t

850

Deficite der drei letzten Staatsrechnungen und der für die nächstendrei Jahre ferner berechneten Rückschläge im Lande herum derGlaube an einen Überfluß des Bundes verbreitet werden will;wohl aber hat der neue Bund, soweit seine Einnahmen reichten undnoch darüber hinaus, zur Hebung der geistigen und materiellenWohlfahrt des Volkes den Kantonen seine hülfreiche Hand dar-geboten.

Die Folgen einer anfälligen Annahme des Initiativ-begehrens.

Es siud ganz verschiedenartige Triebfedern und Hoffnungen,welche die Initianten zusammengeführt haben.

Eine ursprüngliche Absicht ging dahin, durch das Initiativ-begehren selber die Verwendung wenigstens der Hälfte dieser Zoll-franken zu Schul- und Armenzwecken vorzuschreiben und von denKantonen ein gewisses Maß von Leistungen auf diesen Gebieten zuverlangen.

Allein diese Fassung beliebte nicht; frei und ledig von allenFesseln und jeder Bundeskontrolle soll die beliebige Verwendungden Kantonen anheimgestellt wenden; nicht einmal der Scheinmehr wurde gewahrt, als wolle man den Armen und Bedrängtenbeispringen oder bessere Zustände auf dem Gebiete der Erziehunganbahnen.

Im Kanton Bern mußte das neue Schulgesetz und die ausdemselben resultierende finanzielle Mehrbelastung als Zugmitteldienen, um die Zahl der Unterschriften zu vermehren; die zwarwenig zahlreichen Freunde der Initiative im Kanton Zürich ge-dachten ihre sonst immer bundesfreuadlichen Mitbürger mit demHinweis auf das neue Straßengesetz zu gewinnen, das in Entlastungder Gemeinden dem Kanton erhebliche Mehrleistungen aufbürdet.In andern Kantonen erblicken die Initianten in diesem Finanz-ausgleich mit dem Bunde das einzige Mittel, um einer schon längstnotwendigen Revision der eigenen Steuergesetzgebung oder danneiner allgemeinen Erhöhung der Staatssteuern zu entgehen, odersie geben sich gar der angenehmen Hoffnung hin, auf diesem Wegedie kantonalen Steuern herabsetzen zu können. Diese letztereRechnung dürfte indessen wenigstens da durchkreuzt werden, wodie Unterstützung des Initiativbegehrens davon abhängig gemachtwerden wollte, daß das kantonale Betreffnis unberührt an die Ge-meinden abzutreten sei.

Page 27: #ST# Botschaf t

851

Daneben begegnet man auch vielfach der Behauptung, dieseAbtretung von 6 Millionen Franken an die Kantone sei das wirk-samste Mittel, um die Bundesverwaltung einmal zum Sparen zuz w i ngen .

Es wird notwendig sein, den Vorwurf der Vergeudung vonStaatsgeldern — denn ein solcher liegt offenbar in dieser Be-hauptung — auf sein richtiges Maß zurückzuführen und zu ent-kräften.

Allerdings stehen wir vor der Thatsache, daß unsere dreiletztabgeschlossenen Staatsrechnungen beträchtliche Deficite auf-weisen, welche sich, unter Nachwirkung derselben Ursachen, wennauch in wesentlich reduziertem Maße, auch in den nächsten 3 Jahrenneuerdings einstellen werden, wie aus folgender Zusammenstellungerhellt :

Deficit.

Rechnung 1891 Fr. 3,970,000„ 1892 „ 10,286,000„ 1893 „ 8,074,000

Budget 1894 „ 3,575,000„ 1895 „ 4,085,000„ 1896 „ 2,290,000

Fr. 32,280,000

Wären dièse Deficite die Folge von laufenden, jährlich wieder-kehrenden Ausgaben, um deren Deckung sich niemand bekümmerthätte, dann müßten Bundesrat und Bundesversammlung solcheVorwürfe als wohlverdiente hinnehmen; für einen solchen Staats-haushalt gäbe es keine Entschuldigung.

Allein glücklicherweise kann der Nachweis geleistet werden,daß diese ganze Summe aufgewogen wird durch die außerordent-lichen Ausgaben, welche die Bundesversammlung seit 1889 zu de-kretieren in die Notwendigkeit sich versetzt sah, um auch unsereArmee mit einer kleinkalibrigen Handfeuerwaffe mit rauchschwachemPulver und mit genügender Kontingentsmunition und unsern Land-sturm mit der unentbehrlichsten Bekleidung auszurüsten.

Diesen Nachweis leisten wir durch folgende Ziffern, welchealle auf Beschlüssen der Bundesversammlung beruhen :

Page 28: #ST# Botschaf t

852

Erstellung von 175,000 kleinkalibrigen Gewehrenà Fr. 90 ; . . Fr. 15,750,000

Abschreibung des Maschineuinventars der Waffen-fabrik „ 450,000

Kontingentsmunition für 175,000 Gewehre à 300Patronen = 52,500,000 à 10 Cts „ 5,250,000

Vermehrung der Kontingentsmunition für Auszugund Landwehr 150,000 Gewehre à 200 Patronen= 30,000,000 à 10 Cts „ 3,000,000

Einführung des rauchschwachen Pulvers für dieArtillerie „ 2,090,000'

Vermehrung der Kontingentsmunition der Artillerie „ 1,500,000Neue Kriegsfuhrwerke der Infanterie . . . . „ 400,00080,000 Landsturmkapüte à Fr. 30 „ 2,400,00080,000 Paar Reservehosen à Fr. 14. 50 ... „ 1,160,000>

Fr. 32,000,000

Alle übrigen Ausgaben für die Kriegsbereitschaft der Armee,,wie namentlich die Befestigungsbauten am Gotthard und in St. Maurice-saint zudienenden Geschützen und Munition — wie auch die so vielgeschmähten Postbauten — konnten aus den laufenden und normalenEinnahmen des Bundes bestritten werden.

Wenn die Initianten ihr Volksbegehren als ein Zwangsmittelzum Sparen bezeichnen, so haben sie offenbar in erster Linie die-Militärausgaben im Auge.

Wir glauben, es bedürfe eines solchen Mittels gar nicht, um-unsere Militärausgaben wieder auf denjenigen Punkt zu bringen, wo-das Militärbudget seine erschreckende Gestalt verloren hat. Siebetrugen :

. . Fr. 19,110,484. 26

. . „ 20,256.948. 62

. . „ 21,578,441. 68

. . „ 25,204,474. 08

. . ,, 36,152,149. 48

. . „ 32,320,075. 59

. . „ 24,332,214. —

. . „ 22,615,500. —

. . ,, 21,554,500. —. . „ 21,074,500. —

Wie wir schon in unserm vorläufigen Berichte zum Zukunfts-budget vom 2. Dezember 1893 uns ausgesprochen haben, illustriert

laut RechnungT) 11

•n nn nn n•n -n„ Budgetn -n•n -n•n tt

1888 .1889 .1890 .1891 .1892 .1893 .1894 .1895 .1896 .1897 .

Page 29: #ST# Botschaf t

853

diese Zusammenstellung am besten die große Belastung währendder Zeit der Befestigungsbauten und der Neubewaffnung, aber auchd i e a l l m ä h l i c h e u n d s i c h e r e R ü c k k e h r z u e i n e m n o r -m a l e n A u s g a b e n b u dge t des M i l i t ä r d e p a r t e m e n t s . MitAusnahme von einer Million Franken, welche noch für die Be-festigung der Luziensteig in Aussicht genommen, in unserm Zukunfts-budget aber bereits berücksichtigt ist, können die Befestigungsbauten-als abgeschlossen betrachtet werden, und ebenso enthält das Budgetpro 1895 die letzten Raten für außerordentliche Ausgaben derKriegsbereitschaft.

Seit einem Jahre beschäftigt sieh der Bundesrat mit dem ge-wissenhaften Studium der Wiederherstellung unseres finanziellenGleichgewichtes und es wird dabei gerade dem n o r m a l e n Militär-budget die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Solange die Schweizjedoch entschlossen ist, jedem Angriff auf unsere Integrität undjeder Überschreitung unserer Landesmarken durch kriegführendeNationen mit Waffengewalt entgegenzutreten, giebt es eine Grenze,welche nicht überschritten werden darf, weder in Bezug auf dieBewaffnung noch hinsichtlich der Ausbildung unserer Truppen.

Auch bezüglich der ö f f e n t l i c h e n B a u t e n wird unser Be-richt zum Gleichgewichtsbudget, der gerade wegen nochmaligergenauester Prüfung der Verhältnisse des Militärdepartements nochnicht zum Abschlüsse gekommen ist, Vorschläge enthalten, welcheallseitig beruhigen sollten, und wenn es auch kaum angehen wird,,über einige noch schwebende Projekte für Postneubauten in schwei-zerischen H a u p t s t ä d t e n hinwegzukommen, so ist der Bundesratfest entschlossen, weitergehenden Begehren und Begehrlichkeitenentgegenzutreten.

Bereits zeigt auch unser Zukunftsbudget in dieser Rubrik von1895 an — trotz des bereits berücksichtigten Parlamentsgebäudes —eine stetige Abnahme; aber wir bedürfen dieser Abnahme vollauf,

. um bis 1897 das finanzielle Gleichgewicht herzustellen, und eswäre eine arge Täuschung, anzunehmen, es könnten hier weitereMillionen erspart und im Sinne des Initiativbegehrens verwendetwerden.

Wir hoffen zuversichtlich, daß unser Bericht über das Gleich-gewiehtspostulat mit dem Resultate schließen wird, daß es derBundesverwaltung bis 1897 gelingen werde, die Periode der Deficitewieder abzuschließen: fü r d ie 6 M i l l i o n e n F r a n k e n d e rZ o l l i n i t i a t i v e a l l e r d i n g s b l e i b t i n u n s e r n B e r e c h -n u n g e n k e i n R a u m und es erwächst, im Falle der Annahmedes Initiativbegehrens, der Bundesvervvaltung die schwer zu lösende

Page 30: #ST# Botschaf t

•854

Aufgabe, Mittel und Wege ausfindig zu machen, wie die Eidgenossen--schaft die Gesamtheit ihrer um weitere 6 Millionen Franken ge-steigerten Verpflichtungen erfüllen kann, ohne ihre Schuldenlast,deren Amortisation bisher ihren regelmäßigen Verlauf genommenhat, von Jahr zu Jahr zu vermehren.

Vor allem aus kann die Bundesverwaltung nie zugeben, daßfür die Zwecke der Initianten etwa unsere Gold- und Wertschriften-veserven angetastet werden.

Die Goldreserve von Fr. 10,000,000 ist durch ein Bundesgesetzgeregelt und darf zu keinen laufenden Zwecken verwendet werden;sie ist bestimmt, bei einem Truppenaufgebote die ersten Barmittelzu liefern, und sie wird, sofern dieses Aufgebot auf den größernTeil unserer Armee ausgedehnt werden müßte, leider nur allzu-rasch aufgebraucht sein.

Ebensowenig darf auf die 20 Millionen Franken gegriffenwerden, welche nach Aufnahme des diesjährigen Anleihens inzinstragenden Wertschriften angelegt worden sind. Die Zweck-bestimmung des Anleihens, unter Ausschluß jeder Verwendungfür laufende Ausgaben, ist durch die Botschaft des Bundesratesin unzweideutigster Weise dokumentiert, und mit besonderemNachdrucke ist anläßlich der Genehmigung des Anleihens derBundesrat in beiden Räten bei seinen Erklärungen behaftet undverpflichtet worden, für ungeschmälerte Wiederanlage dieser Gelderin zinstragenden Kapitalien zu sorgen. Diese Operation ist bereitsvollzogen; die den Gegenwert des Anleihens bildenden Kapitaliensind in nnserm Wertschril'tenarchiv vorhanden; der Bundesrat wirdSorge dafür tragen, daß dieselben ihrer Zweckbestimmung nicht«ntr'remdet werden.

Ziemlich naheliegend ist die K ü r z u n g der Sub v e n t i o n en,sei es auf dem Wege von Verfassungsrevisionen, oder der Sus-pendierung bestehender Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, wie«s in der Mitte der 1870er Jahre geschehen ist.

Welche außerordentlich hohen Ziffern hier in Frage stehen,mögen die nachstehenden, der Staatsrechnung von 1893 entnommenenZahlen zeigen, welche sich als Subventionen an die Kantone unddie sonstigen Unterstützungen des Bundes zur Förderung des wissen-schaftlichen Lebens, von Handel, Industrie und Landwirtschaft prä-sentieren.

Page 31: #ST# Botschaf t

855

Departement des Auswärtigen:

Handels- und Verkehrswesen . . . Fr . 25,000Kommerzielles B i l d u n g s w e s e n . . . „ 90,000Weltausstellung in Chicago . . . „ 255,000

Fr. 370,000Departement des Innern:

Beiträge an Kantone für sanitarischeMaßnahmen Fr. 95,000

Beiträge an Arbeiten schweizerischerVereine „ 85,000

Permanente Schulausstellungen . . „ 8,000Verschiedenes „ 122,000

„ 310,000Beiträge an Kantone für öffentliche Werke . . . „ 2,547,000Entschädigungen der Alpenstraßen-Kantone . . . „ 530,000

Industrie- und Landwirtschaftsdepartement:

Abteilung Industrie '. . „ 528,000„ Landwirtschaft „ 986,000„ Forstwesen, Jagd und Fischerei . . . „ 276,000

Fr. 5,547,000

Im Zukunftsbudget 1894/97 sind die Beiträge des Bundes anöffentliche Werke, und zwar auf Grund der maßgebenden Bundes-beschlüsse, um durchschnittlich eine Million Franken höher an-gesetzt; beim Industrie- und Landwirtschaftsdepartement ist eineSteigerung von mehr als einer halben Million Franken vorgesehen,so daß sich von 1894/97 die Subventionen und Beiträge des Bundesauf der Ziffer von 7 Millionen Franken bewegen werden.

Wird durch Annahme der Zollinitiative eine neue und bleibendeAusgabe von 6 Millionen Franken geschaffen, so ist es absolut un-möglich, daß diese Subventionen in gleicher Weise wie bisher, oderwie vorgesehen, ausgerichtet werden können; namentlich den nochschwebenden oder erst noch einzureichenden Gesuchen stünde inAussicht, daß der Bund erklärt, gar nicht eintreten zu können.

Eine durch die Verfassung selbst gebotene, also bereits vor-handene und höchst eiofache Lösung wäre die E i n f o r d e r u n gv o n G e l d k o u t i n g e n t e n .

Page 32: #ST# Botschaf t

85G

Der Bund darf verfussungsgetnäß keine direkten Steuern be-ziehen, er ist laut Art. 42 der Bundesverfassung zur Bestreitungseiner Ausgaben angewiesen:

a. auf den Ertrag des Bundesvermögens,6. fl „ „ der schweizerischen Greuzzölle,c. „ „ v der Post- und Telegraphenverwaltung,d. „ „ „ der Pulververwaltung,e. „ die Hälfte des Bruttoertrages der von den Kantonen be-

zogenen Militärpflichtersatzsteuer,f. auf die Geldkontingente nach Maßgabe des zutreffenden

Bundesgesetzes.Diese Geldkontingente sind offenbar mit voller Absieht au

den Schluß der aufgezählten Einnahmsquellen versetzt worden; erstwenn alle vorher aufgezählten Einnahmen nicht hinreichet), soll dieSteuerkraft der Kantone herangezogen werden.

Der Bund ist glücklicherweise bis jetzt nicht in den Fall ge-kommen, auf die Geldkontiugente greifen zu müssen. Er hat sichdie Mittel für größere außerordentliche Ausgaben, wie wiederholteNeubewaffnungen und Grenzbesetzung, durch Aufnahme von An-leihen verschafft, welche verzinst und durch allmähliche Amortisa-tion wieder getilgt werden. Der gleiche Weg könnte zur Bestreitungeiner jährlieh wiederkehrenden ungedeckten Ausgabe von 6 MillionenFranken selbstverständlich nicht eingeschlagen werden; einer solchenFinanzwirtschaft würde das in- und ausländische Kapital seine Geldernicht mehr anvertrauen und schon beim ersten Versuche müßtenwir die bittere Erfahrung machen, daß das Initiativ begehren unsernStaatskredit, welcher beim letzten Anleihen von 20 Millionen Frankennoch so glänzend sich bewährte, unwiderruflich zertrümmert hat.

So ungläubig auch die Befürworter der Initiative diesen Hin-weis auf die verfassungsmäßigen Geldkontingente aufnehmen wer-den, so könnte doch deren Bezu° für uns zur bittern Notwendig-keit werden. Dabei würden allerdings ganz eigentümliche Zuständevon Kanton zu Kanton geschaffen.

Laut beigefügter Tabelle VIII und auf Grundlage der Volks-zählung von 1888 würde die Verteilung von 2 Franken per Kopfan die Kantone im Sinne des Initiativbegehrens eine Ausgabe vonFr. 5,866,663 verursachen.

Ein einfaches Geldkontingent nach Maßgabe der Klassifikationdes Bundesgesetzes vom 9. März 1875 würde abwerfen Fr. 1,302,353.Zur Deckung der ganzen verteilten Summe wären somit rund 4VaGeldkontingente mit einem Ertrage von Fr. 5,860,000 erforderlich.Damit hätte die Eidgenossenschaft i h r e Bilanz bis auf Fr. 6000wieder hergestellt.

Page 33: #ST# Botschaf t

Tabelle VIII.

Gegenüberstellung Zu Seite 856.von

Verteilung von 2 Franken per Kopf der Bevölkerung nach Maßgabe des Initiativbegehrensund

Bezug von 41/, Geldkontingenten auf Grundlage des Gesetzes vom 9. März 1875.

Kantone.

UriObwaldenNidwaiden . .Appenzell I.-Rh.SchwyzGraubünden . .Wallis . . . .Glarus . . . .Z u g . . . .Tessin . . . .Luzern . . . .Freiburg . . .Solothurn .Basellandschaft .Appenzell A.-Rh.Schaff hausen . .St. Gallen . .Thurgau . .Zürich . . . .Bern . . . .Aargau . . .Waadt . . .Neuen bürg . .Genf . . . .Basel-Stadt . .

Bevölkerungauf

1. Dezember1888

(Orts-anwesende).

17.28515^03012,52012,90450,37896,235

101,83733,79423,123

126,946135,722119,52985,70962,15454,19237,876

229,367105,121339,056539,405193,834251,297109,037106,738

74,245

2,933,334

Klassifikationnach Maßgabe des

Gesetzes vom9. März 1875.

1. Kl. 10 Rp2. „ 15 „f) f) V) f i

ï» fi fi f i

3- „ 20 „fi f> fi fif i 7) Tï f)4. „ 30 „fi f) f i f)

n n Y> T)5- „ 40 „VI fi f) f)

f) f) f i f)

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S - , . 50 *f) f) f> f)

f i f) f i f)

f) ° 7ï f i f)

f) f) f> f)7- „ ™ „8. „ 90 „

Beiragdes einfachen

Geld-kontingentseines jeden

Standes.

Fr.

1,7282,2541,8781,935

10,07519,24720,36710,1386,936

38,08354,28847,81134.28324^86121,67615,15091,74642,048

169,528269,70296,917

125,64854,51874,71666,820

1,302,353

Anteil einesjeden Standes

an derVergütung vonFr. 2 per Kopf

aUS denZolleinnahmen.

Fr.

34,57030,06025,04025,808

100,756192,470203,67467,58846,246

253,892271,444239,058171,418124,308108,38475,752

458,734210,242678,112

1,078,810387,668502,594218,074213,476148,490

5,866,668

Betragvon

4'/2 Geld-kontingenten.

Fr.

7,77610,143

8.4518,707

45,33786,61191,65145,62131,212

171,373244,296215,149154,273111,87497,54268,175

412,857189,216762,876

1,213,659436,126565,416245,331336,222300,690

5,860,584

Gewinn.

Fr.

26,79419,91716,58917,10155,419

105,859112,02321,96715,03482,51927,14823,90917,14512,43410,842

7.57745^87721,026

639,180

Yerlnst.

Fr.

84,764134,84948,45862,82227,257

122,746152,200

633,096

Page 34: #ST# Botschaf t

857

Wie stellt sich aber die Rechnung für die Kantone?Da im einen Falle die 2 Franken per Kopf g l e i c h m ä ß i g

auf alle Kantone verteilt werden, im andern Falle die Leistungender Kantone nach ihrer mehr oder weniger willkürlich geschätztenSteuerkraft in Klassen von 10 — 90 Rappen per Kopf a b g e s t u f ts i n d , so würden wir unausweichlich vor der Situation stehen,dass d i e e i n e n K a n t ou e e i n e j ä h r l i c h e K o n t r i b u t i o nvon c i r k a Fr. 630 — 640,000 be i den a n d e r n K a n t o n e ne r h e b e n ; die Initiative gestaltete sich zu einem Beutezug allerübrigen Stände gegenüber den Kantonen Zürich, Bern, Aargau,Waadt, Neuenburg, Genf und Baselstadt.

Besonders stark würden die beiden Städtekantone B a s e l undG e n f in Mitleidenschaft gezogen mit Fr. 152,200 resp. Fr. 122,746,Z ü r i c h könnte sein Betreffnis von cirka Fr. 84,000 ziemlich genaumit T e s s i n (Fr. 82,519) verstoßen, W a a d t (Fr. 62,800) mitSch w y z (Fr. 55,419), A a r g a u (Fr. 48,45«) mit St. G a l l e n{Fr.45,877), N e u e n b u r g (Fr. 27,257) mit L u z e r n (Fr.27,148),und B e r n würde für die Stellung von 13,000 Mann Hülfstruppenzum Initiativbegehren dadurch belohnt, daß es seine Mitverbündeten,vorab den Kanton G r a u b ü n d e n (Fr. 105,859), mit jährlichFr. 134,849 entschädigen dürfte, eine Konsequenz;, an welche diebernischen Urheber und Wortführer des Initiativbegehrens wohl-schwerlich gedacht haben mögen.

Wir glauben uns indessen nicht zu irren, wenn wir annehmen,sowohl die Verkürzung der bisherigen Subventionen, als die Ein-forderung von Geldkontingenten werde in der Bundesversammlungschwerem Widerstande begegnen. Was dann?

Für absolut ausgeschlossen halten wir, daß der Weg von An-leihen betreten werden könnte. Ein Land, dessen Institutionen esgestatten, daß die Bundeskasse zur Befriedigung von kantonalenBedürfnissen oder auch Gelüsten um jährlich 6 Millionen Franken —das nächste Jahr sind es vielleicht 12 Millionen — erleichtert werde,ohne daß gleichzeitig mich für die Deckung solcher alljährlichwiederkehrender Ausgaben gesorgt wird — ein solches Land wirddie bittere Erfahrung machen, daß es seinen Staatskredit mutwilligzertrümmert hat.

Das Kapital hat es vollkommen begriffen, wenn die Schweizfür die Durchführung der Neubewaffnung ein Anleihen von 25Millionen Franken und zur Verstärkung ihrer disponibeln Mittelund zinstragenden Gelder ein solches von 20 Millionen erhob. DieAufnahme, welche diese beiden Anleihen von Seiten des Anlagesuchenden Kapitals gefunden haben. war ein glänzender Beweisdes Zutrauens in die schweizerischen Staatsfinanzen.

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Neuen Anleihen aber, zu welchen infolge der Zweifranken-initiative die Eidgenossenschaft sich gezwungen sähe, würde dasKapital den Rücken kehren und wir hätten auch nichts Besseresverdient.

Unter diesen Umständen schafft das Initiativbegehren die großeGefahr einer nach allen Richtungen ganz v e r w e r f l i c h e n undu n g l ü c k s e l i g e n Z o l l p o l i t i k des Bundes uud einer ebensov e r k e h r t e n S t e u e r p o l i t i k de r Kantone.

Die Zolleinnahmen bilden die hauptsächlichste Einnahmsquelledes Bundes; wie nahe liegt da der Gedanke, durch eine Erhöhungder Zolltarifgebühren den Ausfall des Bundes zu decken und diegegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Kantone zu befriedigen?

Diese Zollgebühren sind eine jeden Einwohner der Schweizgleichmäßig belastende indirekte Steuer, welche heute schon, aufden einzelnen Kopf berechnet, cirka Fr. 12 beträgt und eine vier-köpfige Familie, ohne alle Rücksicht auf die Steuerkraft, mit jähr-lich Fr. 50 belastet. Es ist das die ungerechteste Verteilung derSteuerlasten, die es geben kann, und besonders schwer wird dieseSteuer in den Grenzkantonen empfunden.

Solche Tariferhöhungen würden in erster Linie die in denHandelsverträgen von 1892 n i c h t g e b u n d e n e n Positionen:P e t r o l e u m , K a f f e e , T a b a k f a b r i k a t e , Z u c k e r , S e i f eund somit neuerdings am schwersten die großen Massen unsererBevölkerung treffen.

Weitere Zolltariferhöhungen werden ferner die unausweichlicheFolge haben, daß der Abschluß von Handelsverträgen ungemeinerschwert, wo nicht verunmöglicht wird. Handel und Industrie,welche unter der Herrschaft der frühern Verträge sich erfreulichentwickeln konnten und seit 1892 schon unter außerordentlich un-günstigen Verhältnissen verkehren müssen, würde damit ein neuer>vielleicht tötlicher Schlag versetzt, und auch die Landwirtschaft,deren Vertreter vielfach eine energische Schutzpolitik verfechten,dürfte, wenn auch zu spät, erfahren, welche Wunden geschlagenwerden können, wenn die Nationen einmal so weit gekommensind, die Grenzen gegenseitig abzusperren.

Ebenso verderblich, volkswirtschaftlich betrachtet, wird dieWirkung in den Kantonen sein. In der großen Mehrzahl der Kan-tone war schon lange die Revision der kantonalen Steuergesetzeim Sinne einer gerechteren Verteilung der Steuerlasten eine absoluteNotwendigkeit geworden5 sie ist um so dringlicher, als auch inden Kantonen die Ansprüche der Gemeinden und der Bürger gegen-über dem Staate stetig sich mehren und die Ausgabenbudgets mehrund mehr anschwellen.

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Gelingt es nun aber diesem ersten Anlaufe, in totaler Um-wälzung der in den Verfassungen von 1848 und 1874 angenommenenGrundlagen, den Bund zum Zahlmeister der Kantone herabzuwürdigen,so werden alle diese so legitimen Steuerreformen in den Kantonenbegraben werden; denn ein einfacheres Mittel, sich Geld für jetzigeund künftige Bedürfnisse zu verschaffen , als die Verteilung einessolchen eidgenössischen Burgernutzer.s, könnte es ja gar nichtgeben. Mit der gleichen Leichtigkeit, mit welcher heute die zweiFranken in Bern geholt werden, kann man sich auch vier undzehn Franken votieren.

Vielleicht ginge es auch gar nicht mehr lange, bis jemandentdeckt, die Posteinnahmen von 1874 hätten bloß Fr. 14,465,000betragen, heute aber werfen sie Fr. 26,158,000 ab, und daß manauch hiervon wieder einen Anteil für die Kantone zu beanspruchensich anschickt.

Aber die ins Werk gesetzte Zollinitiative hat nicht nur finan-ziell und volkswirtschaftlich ihre bedenklichen Seiten, sie hat gleich-zeitig eine hochwichtige p o l i t i s c h e Bedeutung.

Wüßten wir es nicht aus andern symptomatischen Erscheinungen,so lassen uns schon die Ursprungsstätten dieser Zollinitiative keinenAugenblick darüber im Zweifel, daß wir es mit einer ausgesprochenrückschrittlichen, gegen den aus der Revisionsbeweguug der Jahre1872/74 hervorgegangenen Bund gerichteten Bewegung zu thunhaben; sind es doch die unversöhnlichsten Gegner der Verfassungvon 1874, welche sich auch heute wieder einträchtig zum Ansturmzusammengefunden haben. Sie fühlen sich nicht stark genug, umihr Ziel, die Schwächung der Bundesgewalt, auf dem Wege einergrundsätzlichen Verfassungsreform zu erreichen, und selber zuschwach, um die Leitung der eidgenössischen Politik in die Hände-zu nehmen, hoffen sie dadurch den weitern Ausbau der Bundes-verfassung von 1874 und die Fortentvficklung des neuen Bundeszum Stillstand zu bringen und schließlich das Rad nach rückwärts-zu drehen, daß sie den Bundesbehörden und der Bundesverwaltungdie nötigen Mittel zur Durchführung der dem neuen Bunde gesteckten-Ziele und Aufgaben entziehen.

Je deutlicher die Absicht und je berechneter die angewendeteTaktik, um so eindringlicher sollte die Mahnung an die Freundeder Bundesverfassung von 1874 ergehen, in Hochhaltung des eid-genössischen Staatsgedankens sich zusammenzuscharen und dengegnerischen Angriff gebührend zurückzuweisen.

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Wir mögen somit das Initiativbegehren betrachten von welcherSeite wir wollen — finanziell, volkswirtschaftlich, politisch — eserscheint uns gleich verwerflich und wir empfehlen der Bundes-versammlung, im Sinne unseres Schlußantrages das Initiativbegehrenabzulehnen und unter Verzichtleistung auf einen Gegenentwurf mitdem Antrage auf Verwerfung dem Volksentscheide zu unterbreiten.

Die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl Unterschriften ist vor-handen, das Initiativbegehren muß der Volksabstimmung unterbreitetwerden deren Resultat wir ruhig entgegensehen.

So verlockend auch für manchen Schweizerbürger die Aussichtauf vermehrte Einnahmen seines Heimatkantons sein mag, so ver-trauen wir doch auf den gesunden und patriotischen Sinn unseresVolkes, welches herausfühlen wird, daß es gerade im Interesse derkleinen und mit schwachen Hülfsmitteln ausgestatteten Kantoneliegen muß, einen finanziell kraftigen Bund über sich zu wissen,und daß nur ein finanziell und politisch kräftiger Bund , eine ge-einigte und starke Eidgenossenschaft im stände sind, die Würdeund das Ansehen unseres Vaterlandes nach außen zu wahren undunsere Integrität inmitten von Weltstürmen, die auch uns bedrohenkönnen, zu schirmen.

Der Zeitpunkt der Abstimmung.

Wenn es auch Sache des Bundesrates ist, innerhalb der ver-fassungsmäßigen und gesetzlichen Vorschriften den Zeitpunkt einerVolksabstimmung festzusetzen, so ist er dabei immerhin insofernvon der Bundesversammlung abhängig, als nach Art. 7 u. ff. desBundesgesetzes über das Verfahren bei Volksbegehren betreffendRevision der Bundesverfassung die Bundesversammlung zuerst einInitiativ begehren materiell zu behandeln hat und darüber schlüssigwerden muß, ob sie dem Initiativbegehren zustimme, und wennnicht, ob sie demselben ein Gegenprojekt gegenüberstellen wolle,welches neben dem ursprüngliches Initiativvorschlage und amgleichen Tage zur Volksabstimmung gelangen müßte.

Nun ist das Initiativbegehren so formuliert, daß d i e s e V e r -a b f o l g u n g v o n c i r k a 6 M i l l i o n e n F r a n k e n z u m e r s t e n -m a l e f ü r d a s J a h r 1895 i n W i r k s a m k e i t t r e t e n s o l l e .Über die Absicht der Initianten kann kein Zweifel obwalten: obdie Abstimmung noch im Jahre 1894* oder in irgend einem Zeit-punkte des Jahres 1895 vorgenommen werde, die 6 MillionenFranken sollen voll und ganz, nicht etwa pro rata temporis imJahre 1895 ausbezahlt werden.

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Darf nun die Bundesverwaltung für den Fall der Annahmedes Initiativbegehrens der Gefahr ausgesetzt werden, daß das Budgetdes Jahres 1895, welches vom Bundesrate, selbstverständlich ohneBerücksichtigung des Initiativbegehrens, in den Monaten August—Oktober vorbereitet und der Bundesversammlung auf die Dezember-session vorgelegt werden muß, mit Ende des Jahres in Kraft er-wachse, und daß dann im Laufe des Jahres 1895 eine neue Aus-gabe von 6 Millionen Franken hinzukomme, für deren Deckung beieinem ohnebin schon vorhandenen Deficit von mehreren MillionenFranken in keiner Weise vorgesorgt ist?

Der Bundesrat stellt sich ganz entschieden auf den Standpunkt,daß eine solche Situation nicht eintreten d ü r f e .

Bundesrat und Bundesversammlung sollen im Zeitpunkte derBeratung des Budgets pro 1895 genau wissen, ob sie mit dieser€ Millionenausgabe zu rechnen haben oder nicht; es ist das eineganz elementare Forderung eines geordneten Finanzhaushaltes. Wirdringen deshalb mit allem Nachdruck darauf, daß die Volks-abstimmung über das Initiativbegehren spätestens im Monat No-vember des Jahres 1894 stattfinde.

Der Bundesrat wird inzwischen das Budget pro 1895 in ge-wohnter Weise ausarbeiten und als Verband! ungsgegenstand für dieDezembersession bereithalten. Fiele die Volksabstimmung bejahendaus, so könnte der Bundesrat das auf ganz andern Voraussetzungenaufgebaute Budget nicht mehr als s e i n e Vorlage betrachten undbehandeln lassen; er sähe sich vielmehr genötigt, dasselbe zur Um-arbeitung zurückzuziehen und in einer außerordentlichen Sessionzu Anfang Januar den Räten neuerdings vorzulegen.

Wir richten daher an die hohe Bundesversammlung die ein-dringliche Mahnung, das vorliegende Initiativ begehren im Laufe derJunisession materiell behandeln und damit den Bundesrat in dieLage versetzen zu wollen, dasselbe noch im Laufe dieses Jahres,und jedenfalls vor der Beratung des Budgets für das Jahr 1895,der Volksabstimmung unterbreiten zu können.

Arn Schlüsse unserer Erörterungen angelangt, beehren wir uns,der hoben Bundesversammlung zu beantragen:

1. Sie möge in A n w e n d u n g von A r t . 8 u. ff . desB u n d e s g e s e t z e s ü b e r d a s V e r f a h r e n b e i V o l k s b e -g e h r e n b e t r e f f e n d R e v i s i o n d e r B u n d e s v e r f a s s u n gb e s c h l i e ß e n , e s s e i d a s I n i t i a t i v b e g e h r e n b e t r e f f e n d

Bnndesblatt. 46. Jahrg. Bd. H. 58

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V e r a b f o l g u n g v o n 2 F r a n k e n a u f d e n K o p f d e r B e -v ö l k e r u n g an d ie K a n t o n e a b z u l e h n e n u n d dasselbe,o h n e e i n e n G e g e n e n t w u r f d e r Bundesversammlungder A b s t i m m u n g des V o l k e s und der Stände zu unter-bre i ten .

2. Sie w o l l e i h r e B e s c h l u ß f a s s u n g so r e c h t z e i t i gv o r n e h m e n , d a ß d e r B u n d e s r a t i n d e n S t a n d g e s e t z tw i r d , d ie V o l k s a b s t i m m u n g n o c h vor der D e z e m b e r -s o s s i o n 1894 a n z u o r d n e n .

Genehmigen Sie, Tit., den Ausdruck unserer vollkommenen.Hochachtung.

B e r n , den 5. Juni 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,

Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Rangier.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften

Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées

Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Stellungnahme zur

Zollinitiative. (Vom 5. Juni 1894.)

In BundesblattDans Feuille fédéraleIn Foglio federale

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Band 2Volume

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Heft 23Cahier

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Datum 06.06.1894Date

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